Whistleblower oder Hinweisgeber können innerhalb eines Unternehmens wirksam dazu beitragen, dass Fehlentwicklungen rechtzeitig entgegengewirkt werden kann. Oftmals werden Verstöße innerhalb eines Unternehmens durch die Arbeitnehmer aus Sorge vor Repressalien oder gar Verlust des Arbeitsplatzes nicht gemeldet. Mit dem neuen Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz, der am 13.04.2022 vorgelegt wurde, sollen Unternehmen zur Schaffung von Meldemöglichkeiten verpflichtet werden. Ziel des Gesetzes ist es, hinweisgebende Angestellte im weiteren Verlauf ihrer beruflichen Karriere zu schützen. So heißt es dazu von Seiten des Bundesministeriums der Justiz, dass Hinweisgeber „Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen“ und daher „Schutz vor Benachteiligungen“ verdienen[1].
1. Anwendungsbereich
Für Unternehmen ergeben sich aus dem Gesetzentwurf eigene Pflichten. Darüber hinaus werden Rechte der Hinweisgeber gegenüber den Beschäftigungsgebern festgeschrieben.
Der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst nach § 1 Abs. 1 alle natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder in deren Vorfeld Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die vorgesehenen Meldestellen weitergeben. Nach Absatz 2 sind darüber auch Personen geschützt, die Gegenstand einer Meldung sind oder von ihr betroffen werden.
Sachlich erfasst das Gesetz nach § 2 strafbewehrte Verstöße, sowie Verstöße gegen bußgeldbewehrte Vorschriften, soweit diese dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Des werden auch Verstöße gegen verschiedene weitere Rechtsvorschriften erfasst, so z.B. solche zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung oder mit Vorgaben zum Umweltschutz.
Wenn eine Meldung Informationen enthält, die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates betreffen, fällt sie nach § 5 Abs. 1 nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes. Das gleiche gilt für Meldungen, denen beispielsweise das richterliche Beratungsgeheimnis oder die Verschwiegenheitspflicht von Rechtsanwälten, Notaren oder Ärzten entgegensteht, § 5 Abs. 2.
2. Meldestellen
Die Hinweisgeber sollen zwischen internen und externen Meldestellen wählen können. Die Meldestellen haben dabei die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person, der Personen, die Gegenstand der Meldung sind sowie der sonstigen in der Meldung genannten Personen zu wahren. Von diesem Identitätsschutz ausgenommen sind nach § 9 Abs. 1 Personen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Meldungen machen. Eine Weitergabe an Strafverfolgungsbehörden oder Verwaltungsbehörden ist indes möglich.
Die Meldestellen müssen die Meldungen in dauerhaft abrufbarer Weise dokumentieren, wobei der Schutz der Vertraulichkeit der Identität der Hinweisgeber zu gewähren ist.
Der Bund errichtet beim Bundesamt für Justiz eigene externe Meldestelle, die Länder können außerdem eigene externe Meldestellen einrichten.
Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten werden nach § 12 Abs. 1, 2 dazu verpflichtet, interne Meldestellen zu errichten, an die sich die Beschäftigten wenden können. Die internen Meldestellen betreiben die Meldekanäle, führen das sich an die Meldung anschließende Verfahren und ergreifen Folgemaßnahmen wie beispielsweise interne Ermittlungen. Sie müssen außerdem leicht zugänglich Informationen über externe Meldeverfahren bereitstellen. Die Unternehmen können wählen, ob sie eigene Beschäftigte oder Dritte mit den Aufgaben der internen Meldestelle betraut. Sie können nach § 14 Abs. 2 auch mit anderen privaten Beschäftigungsgebern eine gemeinsame Stelle einrichten.
3. Rechte und Pflichten der Hinweisgeber
Nach § 36 Abs. 1 sind gegen Repressalien gegen Hinweisgeber verboten. Das gleiche gilt für die Androhung von Repressalien. Die hinweisgebende Person wird durch eine Beweislastumkehr weiter geschützt: so wird vermutet, dass Benachteiligungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nach einer Meldung Repressalien sind.
Nach § 37 Abs. 1 ist der Verursacher eines Verstoßes gegen das Verbot der Repressalien der hinweisgebenden Person zum Schadensersatz verpflichtet. Ein Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses folgt daraus aber nicht.
Sofern der Hinweisgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Informationen meldet, ist er zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
4. Sanktionen
Das Behindern von Meldungen, Ergreifen von Repressalien und das Nichteinrichten und -betreiben der internen Meldestellen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.
Fazit:
Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition wurde sich bereits auf ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren geeinigt. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der Entwurf zeitnah als Gesetz in Kraft treten wird. Auf Unternehmen kommen dann Pflichten zu, die nicht zuletzt mit Finanz- und Personalaufwand verbunden sind. Der Gesetzgeber hat in § 42 des Entwurfes eine Übergangsregelung für Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis zu 249 Beschäftigten getroffen. Sie müssen ihre internen Meldestellen erst ab dem 17.12.2023 einrichten.
Bei Fragen zu unternehmerischen Verpflichtungen aus dem Hinweisgeberschutzgesetz sprechen Sie gerne unseren Kompetenzbereich "Compliance und Strafrecht" an.
[1] BMJ | Aktuelle Gesetzgebungsverfahren | Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden zuletzt abgerufen am 31.05.2022