Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) verabschiedet

Eine Jahrhundertreform – wesentliche Änderungen im Personengesellschaftsrecht verabschiedet

Am 24. Juni 2021 hat der Bundestag mit nachfolgender Billigung des Bundesrats das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) verabschiedet. Es betrifft insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), aber auch die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG (GmbH & Co. KG). Das Recht der GbR ist seit dem Inkrafttreten des BGB im Jahre 1900 unverändert. Weiterentwicklungen kamen allein über die Rechtsprechung. Wir stellen in dieser Information die wesentlichen Grundsätze der Reform überblicksartig dar.

GbR

Bedeutung der GbR für die Wirtschaft

Das MoPeG enthält in erster Linie Vorschriften zur ‚Änderung des  Rechts der GbR. GbRs sind für alle Zwecke zulässig. Sie ist die Auffangrechtsform für alle gemeinsam ausgeübten Aktivitäten. Sie darf auch gewerbliche Ziele verfolgen, es sei denn, die Tätigkeit ist ein Handelsgewerbe, erfordert also einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. In diesem Fall ist sie automatisch eine OHG, wenn die Parteien keine andere Gesellschaftsform wählen.

GbRs kommen in vielfältigsten Formen vor, z.B. zur Ausübung freiberuflicher Tätigkeiten, als Grundstücksgesellschaften, als Familien-Holding, Stimmbindungs-Pools, Arbeitsgemeinschaften zur gemeinsamen Projektverwirklichung von Bau- oder Infrastrukturprodukten (ARGE), Bietergemeinschaften in Vergabeverfahren, Transport- oder Bietergemeinschaften oder Projekten zur Zusammenarbeit in der Forschung.

Das Gesellschaftsregister zur Eintragung von GbRs – Außen- oder Innengesellschaft

Im MoPeG wird die GbR als die Grundform der Personengesellschaft verankert. Auf ihr bauen die Vorschriften für die Personenhandelsgesellschaften auf. Die Rechtsfähigkeit der GbR wird nunmehr auch gesetzlich ebenso anerkannt wie die Fähigkeit, eigenes Vermögen halten. Bisher wurde es als in gesamthänderischer Verbundenheit der Gesellschafter stehend angesehen.

Die GbR kann am Geschäftsleben teilnehmen, indem sie z.B. Grundstücke oder Anteile besitzt. Diese werden als Vermögen der Gesellschaft anerkannt. Dann sollte sie sich in das neu zu schaffende Gesellschaftsregister eintragen lassen. Sie erhält dann zu ihrer Firma den Rechtsformzusatz eGbR. Die Eintragung im Gesellschaftsregister ist nicht verpflichtend, aber mit Anreizen verbunden. Es genießt Gutglaubensschutz wie das Handelsregister.

Im Gesellschaftsregister werden die Vertretungsverhältnisse, die Firma der GbR und die Gesellschafter eingetragen. Gesellschafterveränderungen brauchen dann nicht mehr z.B. im Grundbuch oder Handelsregister berichtigt zu werden, sondern nur noch im Gesellschaftsregister. Das führt zu erheblichen Erleichterungen in der Praxis. Gleiches gilt für den Nachweis der Vertretung der GbR, wenn vom Prinzip der Gesamtvertretung abgewichen wird. Dies ist ja häufig der Fall, wenn die GbR am Rechtsverkehr teilnimmt. Auch für bestehende Grundstücksgesellschaften empfiehlt sich die Eintragung im Gesellschaftsregister. Veränderungen im Gesellschafterkreis werden nach Inkrafttreten des MoPeG anderenfalls nicht mehr eingetragen. Anders ist die Rechtslage beim gewerblichen Rechtsschutz: Schutzrechtsanmeldungen für Marken, Patente, Gebrauchsmuster und Designs können weiterhin von der GbR vorgenommen werden, ohne dass sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist.

Auch für eine GbR, die keine registrierungspflichtigen Vermögensgegenstände hält, empfiehlt sich die Eintragung im Gesellschaftsregister, wenn sie am Rechtsverkehr teilnimmt. Dies gilt z.B. für ARGE oder sonstige als GbR geführte Arbeits-, Einkaufs- oder Bietergemeinschaften, die nach außen auftreten. Auch größere Arztpraxen oder Ingenieurbüros kommen insoweit in Betracht.

Werden verschiedene Zwecke in einer GbR verfolgt, so kommt in Betracht, die GbR in Bezug auf die im Gesellschaftsregister zu registrierenden Aktivitäten von nicht zur Registrierung geeigneten zu trennen. Dieser Aspekt dürfte insbesondere bei Familiengesellschaften relevant sein. Für diese besteht ein berechtigtes Interesse, für die Publizität notwendige von nicht zu veröffentlichenden Aktivitäten zu trennen.

Die Gesellschafter können aber auch den Status als reine Innengesellschaft wählen. Diese tritt nicht nach außen auf und hat kein eigenes Vermögen, etwa eine eine Kooperation für eine Veranstaltung, andere Fälle einer vorübergehenden Zusammenarbeit oder eine nicht nach außen bestimmte Poolung von Stimmrechten. Eine Eintragung im Gesellschaftsregister ist in solchen Fällen im Zweifel nicht gewollt.

Die Eintragung im Gesellschaftsregister bringt die Pflicht zur Meldung wirtschaftlich Berechtigter zum Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mit sich.

Erleichterte Umwandlung von GbRs in andere Gesellschaftsformen

Die eGbR kann in eine Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft umgewandelt werden und selbst Übertragender oder Empfänger in Bezug auf Abspaltungen, Ausgliederungen oder Aufspaltungen sein. Die Umschreibung der eGbR vom Gesellschaftsregister in ein anderes Register (Handels- oder Partnerschaftsregister) wird als Statutenwechsel bezeichnet. Diese Maßnahmen erhöhen die Attraktivität der GbR, etwa als Vorstufe einer Handelsgesellschaft. Umstrukturierungen können flexibel erfolgen. Eine Anmeldung des Umwandlungsvorgangs ist nur beim abgebenden Register erforderlich.

Änderungen im Gesellschaftsrecht der GbR

Weitere Änderungen betreffen Einzelfragen des Rechts der GbR, z.B. die Willensbildung nach der Höhe der Beteiligung statt nach Köpfen und die Umwandlung der bisherigen persönlichen Auflösungs- in Ausscheidensgründe. An den Grundfesten der GbR hat sich nichts geändert: Die umfassende persönliche Haftung der Gesellschafter, Selbstorganschaft und Gesamtvertretung durch alle Gesellschafter hat sich nichts geändert. Dennoch haben die Neuregelungen zusammen mit den nachfolgend für alle Personengesellschaften dargestellten Änderungen z.T. erhebliche Auswirkungen auf die Struktur der GbR. Die steuerlichen Verhältnisse der GbR sollen durch die umfassende Reform unverändert bleiben.

Dies macht eine Überprüfung der Gesellschaftsverträge erforderlich. Diese Prüfung zielt darauf, wie sich die Regelungen in bestehenden Gesellschaftsverträgen mit den Vorschriften des MoPeg vertragen und welcher Anpassungsbedarf daraus entsteht.

Neuregelungen im MoPeG für GbR und Personenhandelsgesellschaften

Der oben für die GbR beschriebene vereinfachte Wechsel zwischen den verschiedenen Registern (Statuswechsel) gilt auch für die Personenhandelsgesellschaften. 

Grenzüberschreitende Sitzverlegung und Umwandlung

Geklärt wird nunmehr auch für Personengesellschaften, den Verwaltungssitz ins Ausland zu verlegen. Im Recht der Kapitalgesellschaften besteht diese Option schon seit langem. Die Sitzverlegung ins Ausland bleibt aus Sicht des deutschen Rechts gesellschaftsrechtlich ohne Auswirkungen auf den Fortbestand der Gesellschaft.

Allerdings muss die aufnehmende Rechtsordnung die deutsche Gesellschaft anerkennen. Das ist innerhalb der EU sicher gestellt.  Im Verhältnis zu Drittstaaten wird diese Frage in Abkommen (z.B. mit den USA) oder im internationalen Gesellschaftsrecht des Aufnahmestaates geregelt.

Aufgrund der Neuregelung im MoPeG wird der über den ausländischen Verwaltungssitz der Komplementär-GmbH im Aufnahmestaat befindliche Sitz der GmbH & Co. KG  anerkannt. Vorteile einer Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland können steuerliche, insolvenzrechtliche, eine von den operativen Interessen räumlich getrennte Konzernführung sowie Aspekte im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge sein. Bei einer solchen Sitzverlegung sind aber auch die Auswirkungen nach deutschem Steuerrecht zu berücksichtigen.

Neben der Verlegung des Verwaltungssitzes können Gesellschaften auch über die Verlegung des Satzungssitzes umziehen: Innerhalb der EU stehen für einen ‚Umzug‘ der grenzüberschreitende Formwechsel unter Wahrung der Identität der Gesellschaft sowie eine grenzüberschreitende Verschmelzung in Betracht. Beim Umzug ins Ausland außerhalb der EU kommt es zu einer Liquidation der deutschen und Neugründung der ausländischen Gesellschaft mit den damit verbundenen Folgen insbesondere betreffend die Liquidationsbesteuerung in Deutschland.

Was beim Wegzug funktioniert, klappt auch beim Zuzug: Ausländische EU-Gesellschaften können ihren Sitz ins Inland verlege oder eine grenzüberschreitende Umwandlung aus dem EU-Ausland ins  Inland vornehmen. Im Verhältnis zum Ausland außerhalb der EU gelten für den Zuzug die vorhin zum Wegzug gemachten Ausführungen.

Weitere Neuregelungen

Weitere Neuregelungen im MoPeG betreffen die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung, Informationsrechte der Gesellschafter sowie die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Diese Vorschriften geben Anlass, bestehende Gesellschaftsverträge auf folgende Fragen hin zu überprüfen: Sollen die in Abbedingung der gesetzlichen Vorschriften im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Regelungen beibehalten werden oder empfiehlt es sich, dem künftigen Recht nach MoPeG zu folgen. Sind gesellschaftsvertragliche Regelungen mit den Vorschriften des MoPeG vereinbar, z.B. was die Beschränkungen von Informationsrechten betrifft.  

Vorschriften im MoPeG nur für Personenhandelsgesellschaften

Beschlussanfechtung

In diesem Zusammenhang ist an vorderster Stelle die Neufassung des Rechts zur Beschlussanfechtung zu nennen. Hier erfolgt eine Angleichung an die Regeln zur Aktiengesellschaft: Waren fehlerhafte Beschlüsse nach bisherigem Recht stets nichtig, so werden sie in Zukunft prinzipiell anfechtbar und nur bei schwerwiegenden Mängeln nichtig sein. Diese Änderung entspricht den Bedürfnissen der Praxis und wurde auch schon in dieser Form in Gesellschaftsverträgen geregelt.

Öffnung der Personengesellschaften für Freiberufler

Eine wichtige Neuerung sieht vor, dass Freiberufler Personenhandelsgesellschaften als Rechtsform ihrer Berufsausübung nutzen können. Diese Öffnung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Nutzung dieser Rechtsformen auch nach dem jeweiligen Berufsrecht zulässig ist. Insoweit besteht noch Handlungsbedarf der zuständigen Institutionen. Freiberufler sollten sich zu den damit verbundenen Fragen umfassend beraten lassen.

Weitere Neuregelungen

Weitere Regelungen im MoPeG betreffen Regelungen zur Beschlussfassung in Gesellschafterversammlungen, die Gewinnermittlung und –verteilung, Stärkung der Informationsrechte und Verschärfung der Haftung der Kommanditisten für vor der Eintragung vorgenommene Geschäfts und eine erstmalige gesetzliche Regelung zur sog. Einheits-KG. Bei dieser hält die KG sämtliche Anteile an der Komplementär-GmbH identisch. Diese Änderungen erfordern eine genaue Prüfung und ggf. Anpassung bestehender Gesellschaftsverträge. Regelungen zur Einschränkung der Informationsrechte von Kommanditisten können unwirksam sein. Aufgrund des neu eingeführten Prinzips der Vollausschüttung ist den für den Erfolg mittelständischer Unternehmen so wichtigen Regelungen zur Gewinnthesaurierung besondere Bedeutung beizumessen.

Inkrafttreten des MoPeG

Leider kommt das MoPeG im Moped-Tempo: Es tritt erst am 1. Januar 2024 in Kraft. Grund sind die für die Einrichtung des Gesellschaftsregisters auf Ebene der Länder durchzuführenden Maßnahmen. Im Jahre 2022, so lässt sich absehen, werden die Länder noch mit der Umsetzung der Anforderungen der EU-Digitalisierungsrichtlinie befasst sein. Große Ereignisse, wie diese umfassende Reform, werfen ihre Schatten voraus. Es besteht nun die Chance, sich rechtzeitig und umfassend auf die Veränderungen vorzubereiten.

Das KUNZ MoPeG Beratungsangebot

KUNZ Rechtsanwälte hat Schwerpunkte in einigen Branchen, in denen es häufig GbR gibt. Dazu gehören die Sektoren Bau, Immobilien und Transport sowie die Rechtsbereiche Transport-, Vergabe- und Medizinrecht. Im Falle von Gelegenheitsgesellschaften ist den Beteiligten das Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses oft gar nicht aktuell bewusst. Wir beraten Sie im Team der Experten aus den genannten Fachbereichen gemeinsam mit den Gesellschaftsrechtlern zu allen Fragen betreffend die Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses. Dazu gehört insbesondere, ob eine Eintragung im Gesellschaftsregister anzustreben ist. Außerdem kommt es auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die Teilnahme der GbR am Rechtsverkehr an.

Ein weiteres wichtiges Beratungsangebot von KUNZ Rechtsanwälte bezieht sich auf die Gestaltung neuer und Überprüfung bestehender Gesellschaftsverträge im Hinblick auf die Anforderungen des MoPeG und die künftig geltenden gesetzlichen Standardregelungen. Die umfassende Reform schafft insoweit erheblichen Anpassungsbedarf. Unabhängig vom MoPeG sind auch aus der Pandemie entstandene Formen der digitalen Formen der Behandlung von Gesellschafterangelegenheiten im Gesellschaftsvertrag zu verankern, soweit noch nicht geschehen. Dieser Prozess sollte frühzeitig im Gesellschafterkreis initiiert werden. Lösungen unter Zeitdruck zu erarbeiten, führt vor allem in Familiengesellschaften zu Ergebnissen von geringerer zukunftsweisender Tragweite und weniger langfristiger Stabilität. Besser erscheint es, Themen rechtzeitig anzusprechen und mit zeitlichem Vorlauf für Abwägung und Abstimmung zu lösen.

Schließlich berät KUNZ Rechtsanwälte in enger Zusammenarbeit mit seinen Kooperationskanzleien im Ausland und mit verbundenen Steuerberatern zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung und Umwandlung. Das MoPeG hat hierzu ja für die im Mittelstand so verbreitete Rechtsform der Personengesellschaft Klarheit geschaffen. Diese kann nun genutzt werden.

Köln, den 12. Juli 2021
 

Dr. jur. Hermann J. Knott LL.M. (UPenn)                                       Hareth Ghalaini
Partner                                                                                                Rechtsanwalt
Rechtsanwalt (Deutschland und New York)