Kostenvorteile für Eisenbahninfrastrukturunternehmen - Folgen der Neufassung des § 13 AEG zum 01.07.2021

Zum 1. Juli 2021 ist die Gesetzesänderung im Allgemeinen Eisenbahngesetz in Kraft getreten. Auch die Kostenregelung bezüglich Anschlussweichen in § 13 AEG ist davon betroffen.

Insbesondere das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 3. März 2016, Az.: 6 C 64.14) über die Kostenverteilung von Anschlussweichen hat bisher gemäß § 13 AEG zu nachteiligen Konsequenzen für Industrieunternehmen und sonstige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (Anschließer) geführt. Mit der Neufassung des § 13 AEG wird diese Rechtsprechung revidiert.

 

1. Der Hintergrund der Gesetzesänderung:

Anschlussweichen im Sinne von § 13 AEG werden von Eisenbahninfrastrukturunternehmen benötigt, um ihre Schienenwege an die der Schienenwegbetreiber, wie insbesondere der DB Netz AG, anzuschließen.

Dazu werden im Rahmen von Infrastrukturanschlußverträgen Kostenregelungen hinsichtlich der Anschlussweiche getroffen. Regelungsbedürftig sind dabei die Kosten für die Errichtung, eine etwaige Erweiterung und den späteren Rückbau des Anschlusses sowie die Kosten für den laufenden Betrieb einschließlich Instandhaltung und Instandsetzung sowie die Kosten für Modernisierungsinvestitionen.

Zwar war der Anschluss gemäß der bisherigen Fassung des § 13 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes “unter billiger Regelung der Bedingungen und der Kosten zu gestatten” (§ 13 Abs. 1 S. 1 AEG a.F.). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2016 darüber, welche Kostenverteilung der Billigkeit entspricht, fiel jedoch zum Nachteil der Anschließer und zum Vorteil des Schienennetzbetreibers aus.

Mit der Gesetzesänderung soll nun eine faire Kostenverteilung zwischen dem anschlussgewährenden und dem anschlussnehmenden Unternehmen erzielt werden. Entgegenstehende Vertragsregelungen sind unwirksam, allerdings wurde eine Übergangszeit von 24 Monaten seit Inkrafttreten der Neuregelung vorgesehen.

Hintergrund ist das Bestreben nach einem das Land erschließenden Schienennetzes und der damit einhergehenden Verkehrsverlagerung zugunsten der Schiene. Es liegt daher im öffentlichen Interesse, die Position der Anschließer rechtlich zu stärken und damit Anschlusseinrichtungen und einen Ausbau des Schienennetzes zu fördern. (BT.-DRs. 19/28828, S. 14, 15)

 

2. Die Änderungen im Einzelnen:

Der neuen Kostenregelung liegt eine Unterscheidung zwischen einmaligen und laufenden Kosten zugrunde. Diesen Positionen sind die anfallenden Kosten zuzuordnen. Die Verteilung der jeweiligen Kosten auf das anschlussnehmende und/oder das anschlussgewährende Unternehmen ist nunmehr gesetzlich geregelt. (BT.-DRs. 19/28828, S. 13)

Vertragliche Abweichungen von den gesetzlichen Kostenregelungen sind unwirksam, wenn sie zum Nachteil des Anschließers ausfallen. (§ 13 Abs. 3 S. 2 AEG) Die Normierung einer “relativen Unwirksamkeit” soll eine Abweichung von Abs. 2 für den Fall, dass eine Mehrzahlung für den Anschließer nicht nachteilig ist, ermöglichen, da die Entstehung neuer Anschlüsse im öffentlichen Interesse liegt. (BT.-DRs. 19/28828, S. 15).

2.1 Einmalige Kosten:

Einmalige Kosten für die Anschlusseinrichtung sind hälftig zu teilen.

Darunter fallen einmalig anfallende Kosten, die durch den Anschluss beziehungsweise das Anschlussbegehren verursacht werden. Dies sind Kosten für den Bau, den Ausbau, den Ersatz und den Rückbau.

Mit der Anschlusseinrichtung ist üblicherweise die Anschlussweiche gemeint. Die Infrastruktur des Anschließers bis zur Weiche ist nicht umfasst. Diesbezügliche Kosten trägt der Anschließer allein.

Grundlegende Modernisierungen des Streckenabschnitts fallen nicht in den Anwendungsbereich, da sie der allgemeinen Ertüchtigung der Strecke dienen und nicht durch das Anschlussbegehren verursacht wurden.

Eine derartige Kostenaufteilung erfolgt nicht für Vorhaben, für die eine Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund, einem Land oder einem Dritten und dem Netzbetreiber besteht, die nicht die Anschlusseinrichtung betrifft. (BT.-DRs. 19/28828, S. 14)

Für den Anschließer besteht die Möglichkeit, seine Kosten über die Gleisanschlussförderrichtlinie fördern zu lassen. Begehren mehrere Anschließer eine Anschlusseinrichtung, können sie sich die Kosten teilen. (BT.-DRs. 19/28828, S. 15)

Grund für die gleichmäßige Kostenverteilung ist, dass beide Seiten von dem Gleisanschluss profitieren. Für den Netzbetreiber ergeben sich positive Effekte aus dem Verkehrsanstieg auf seinem Schienennetz, während der Anschließer von der Erweiterung seines Aktionsradiuses profitiert. (BT.-DRs. 19/28828, S. 14)
 

2.2 Laufende Kosten:

Laufende Kosten sind allein vom anschlussgewährenden Unternehmen zu tragen.

Darunter fallen wiederkehrende Kosten. Dies sind insbesondere der Unterhalt, die Kosten des Vertriebs und die Kosten der Administration des Infrastrukturanschlussvertrages.

Gründe für die alleinige Kostentragung sind, dass der Netzbetreiber in der Regel der Eigentümer der Weiche ist und die Weichenabnutzung vor allem durch den Verkehr im Hauptstrang verursacht wird und weniger durch das Abbiegen zum Schienennetz des Anschließers. (BT.-DRs. 19/28828, S. 14)

 

3. Der richtige Umgang mit der Gesetzesänderung:

3.1 Vertragsschluss bis zum 1. Juli 2021:

Bereits vor dem 1. Juli 2021 geschlossene Verträge müssen grundsätzlich angepasst werden. Ein Bestandsschutz für Altverträge besteht nicht. (§ 38 Abs. 9 AEG)

Es überwiegt hier das starke öffentliche Interesse an dem Erhalt der bestehenden Anschlussweichen, der durch die derzeitige Kostenbelastung der Anschließer gefährdet ist. Da die Bestandsverträge oftmals eine sehr lange Laufzeit aufweisen, ist der Zweck der Gesetzesänderung nur durch eine Anpassung bestehender Verträge zu erreichen. Etwaiges Vertrauen auf den Bestand geschlossener Altverträge kann dahinter zurücktreten. Zum einen besteht ein angemessener Übergangszeitraum, zum anderen werden die Netzbetreiber dadurch entlastet, dass sie die laufenden Kosten in den Trassenpreis einpreisen können. (BT.-DRs. 19/28828, S. 16)

Die Übergangszeit beträgt vierundzwanzig Monate nach Inkrafttreten der Neuregelung.

Nur wenn der Vertrag innerhalb dieses Übergangszeitraums ausläuft, muss keine Anpassung vorgenommen werden.

Um die Realisierung eines Vertrags zu den neuen Konditionen voranzutreiben, sollten Bestandsverträge der Prüfung unterzogen werden. Es ist im Einzelfall zu klären, ob der Altvertrag gekündigt und ein neuer Vertrag abgeschlossen werden kann, um von den Vorteilen der neuen Gesetzeslage schon vor Ablauf der Übergangszeit zu profitieren.

In der Regel werden die Herstellungskosten/Erweiterungsmaßnahmen derzeit vom Anschließer getragen, künftig ist eine Kostenteilung vorgesehen, laufende Kosten sind bisher vom Anschließer zu tragen und künftig hinsichtlich der Anschlussweiche vom Schienenwegsbetreiber zu tragen, die Rückbaukosten trägt bisher der Anschließer und diese sind künftig zu teilen und auch die Ersatzinvestitionen fallen bisher in der Regel dem Anschließer zur Last und nach der gesetzlichen Neuregelung ist eine Kostenteilung vorgesehen.


3.2 Vertragsschluss nach dem 1. Juli 2021:

Infrastrukturanschlussverträge, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. Juli 2021 geschlossen werden, sollten auf die Einhaltung der neuen gesetzlichen Vorgaben überprüft werden.

 

Gerne berät Sie unser Kompetenzteam „Eisenbahn und Schiene“ in allen Fragen des öffentlichen und zivilrechtlichen Eisenbahnrechts und unterstützt Sie bei der Vertragsgestaltung und dem Schadensmanagement nach Eisenbahnunfällen 

 

Michael Frohn                                              Dr. Hanna Deutgen
Partner                                                             Rechtsanwältin         
Rechtsanwalt