Neue Regelwerke zum Umgang mit Bauabfällen und zum Bodenschutz

Mit der sogenannten Ersatzbaustoffverordnung ist am 16. Juli im Bundesgesetzblatt ein neues Regelwerk veröffentlicht worden, das Anforderungen an die Verwertung von mineralischen Abfällen regelt. Damit korrespondierend und deshalb auch zeitgleich wurde eine Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung veröffentlicht. Beide Verordnungen sind die wesentlichen Teile einer sogenannten „Mantelverordnung“, zu der auch Folgeänderungen der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung gehören. Damit ist das letzte große Regelwerk im Bereich der Kreislaufwirtschaft und des Bodenschutzes in der zu Ende gehenden Legislaturperiode des Bundestags veröffentlicht worden. In Kraft tritt die Mantelverordnung, ein 154 Seiten starkes, vorwiegend technisch geprägtes Regelwerk, nach einer rund zweijährigen Übergangsfrist am 1. August 2023. Für bis zum 16. Juli 2021 zugelassene Verfüllungen von Abgrabungen gilt eine deutlich längere, nämlich zehnjährige Übergangsfrist bis zum 1. August 2031.

Die Mantelverordnung hat eine 16jährige Vorgeschichte. 2005 baten die Länder den Bund, bundeseinheitliche Regelungen an die Verwertung mineralischer Abfälle zu treffen. Bereits 2004 hatte die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall Eckpunkte für eine Bundesverordnung formuliert, um ein kompliziertes Nebeneinander von Abfallrecht und Bodenschutzrecht sowie unterschiedliche Gepflogenheiten in den Ländern zu beenden. Es folgten langwierige, höchst streitige Auseinandersetzungen zwischen Bund, Ländern und Wirtschaft, die erst 2017 in einen Verordnungsentwurf der Bundesregierung mündeten. Die kontroversen Diskussionen waren damit jedoch nicht beendet. Und selbst als der Bundesrat im November 2020 mit erheblichen Maßgaben (es gab über 100 Änderungsanträge) dem Verordnungsentwurf zustimmte, drohte dieser wegen eines aufgekommenen Dissenses in der Bundesregierung zu scheitern, dem schlussendlich mit einer „Länderöffnungsklausel“ (dazu untern mehr) Rechnung getragen wurde.

Mit den mineralischen Abfällen ist der mit weitem Abstand größte Abfallstrom Gegenstand der Regelwerke. Dazu gehören vor allem Bau- und Abbruchabfälle und Böden, aber auch Schlacken aus der Metallindustrie sowie Aschen aus thermischen Prozessen. Zum größten Teil sind diese Abfälle stofflich verwertbar. Zugleich wächst in der Bauwirtschaft der Bedarf an Sekundärbaustoffen, da die Gewinnung primärer Rohstoffe zunehmend schwierig wird. Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Verwertung von Sekundärrohstoffen, die bundesweit gelten und die auf Akzeptanz stoßen, sind deshalb für die gesamte Bauwirtschaft von größter Bedeutung.

Geregelt werden insbesondere Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken sowie die Verwertung von Materialien zur Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen. Sie ersetzen Regelwerke der Bund/Länderarbeitsgemeinschaften Abfall und Bodenschutz, die in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen waren. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Tongrubenurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2005 zu nennen, das zur Aufhebung eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz führte.

Obwohl das Hauptziel der Mantelverordnung darin bestand, bundeseinheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, ist auf Druck des Bundesbauministeriums eine „Länderöffnungsklausel“ aufgenommen worden, nachdem der Bundesrat der Mantelverordnung bereits zugestimmt hatte. In einer erneuten Bundesratsbefassung wurde diese akzeptiert, um ein Scheitern des Gesamtprojekts zu vermeiden.

§ 8 Abs. 8 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung erlaubt demnach den Ländern, Regelungen zu treffen, wonach auch andere als die in Absatz 1 genannten Materialien zur Verfüllung genutzt werden können und Überschreitungen der Werte nach Anlage 1 Tabellen 4 und 5 zulässig sind, wenn nachgewiesen wird, dass eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung erfolgt.

Ein weiterer Streitpunkt blieb im Verfahren ungelöst: Die Bauwirtschaft verwendet nur ungern Abfälle im rechtlichen Sinn als Ersatzbaustoffe. Deshalb wäre es akzeptanzfördernd gewesen, wenn in der Verordnung Anforderungen an das Ende der Abfalleigenschaft mineralischer Abfälle normiert worden wären. Auf dieser Grundlage wäre bundeseinheitlich festgelegt worden, wann aufbereitete mineralische Abfälle als Produkt und nicht mehr als Abfall angesehen werden können. Gemäß § 5 Abs. 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind solche verbindlichen Anforderungen möglich. Die Entscheidung darüber bleibt nun weiterhin dem Vollzug in den Ländern vorbehalten. Immerhin kündigte Staatssekretär Pronold im Bundesrat an: „Wir haben uns vorgenommen, vor Inkrafttreten der Mantelverordnung zu einer verbindlichen europarechtskonformen Regelung zu kommen, was das Ende der Abfalleigenschaft für bestimmte Stoffströme angeht.“ Es wäre zu wünschen, dass dies innerhalb der nächsten zwei Jahre gelingt.

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Prof. Dr. Gottfried Jung
Rechtsanwalt
Ministerialdirigent a. D.
Honorarprofessor an der Hochschule Trier