Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes

Neue Regelungen im Kreislaufwirtschaftsrecht für Elektro- und Elektronik-Altgeräte und für Verpackungen

Mit der Novellierung des Elektro- und Elektronikgesetzes und des Verpackungsgesetzes wurden in der zu Ende gehenden Wahlperiode des Bundestags noch zwei wichtige Gesetzgebungsvorhaben auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft zu Ende gebracht. Die Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes wurde am 27. Mai im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt weitestgehend am 1. Januar 2022 in Kraft. Die Novelle des Verpackungsgesetzes wurde am 14. Juni veröffentlicht und tritt zum größten Teil bereits am 3. Juli in Kraft.

Hier die wichtigsten Änderungen:

Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes

Die Novelle verfolgt vor allem das Ziel, mehr Elektro- und Elektronikaltgeräte einer Verwertung zuzuführen, denn nach wie vor landen zu viele solcher Geräte in der heimischen Mülltonne oder werden über zweifelhafte Kanäle entsorgt, dabei vielfach ins Ausland. Auf Grund europarechtlicher Vorgaben muss seit 2019 für Altgeräte eine Sammelquote von mindestens 65 % erreicht werden. Eine solche kann in Deutschland – übrigens auch in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten – bei weitem nicht erreicht werden. 2019 betrug sie 44,3 %.

Elektro- und Elektronikaltgeräte können bisher an Sammelstellen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger abgegeben werden oder werden in bestimmten Fällen von diesen abgeholt. Darüber hinaus sind bisher Geschäfte mit einer Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte von mindestens 400 Quadratmetern verpflichtet, beim Kauf eines neuen Geräts ein Altgerät der gleichen Art kostenlos zurückzunehmen. Bis zu drei Kleingeräte, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, müssen sie unabhängig von einem Neukauf zurücknehmen. Diese Rücknahmepflicht trifft nun auch Lebensmittelmärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 800 m², sofern mehrmals im Kalenderjahr Elektro- und Elektronikgeräte angeboten werden.

Das Gesetz sieht ferner vor, dass künftig neben Kommunen und Vertreibern von Elektro- und Elektronikgeräten auch die Betreiber von zertifizierten Erstbehandlungsanlagen Altgeräte sammeln dürfen. Das ist bisher oft schon geschehen, war aber nicht legal. Die Anlagenbetreiber dürfen sich hierfür auch Dritter bedienen und Holsysteme anbieten, womit de facto die gewerbliche Sammlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten ermöglicht wird. Vor allem dadurch wird mehr Transparenz bei der Entsorgung solcher Geräte, die bisher schon diesen Weg gegangen sind, erwartet.

Erweiterte Informationspflichten gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern treffen insbesondere auch die Hersteller. Vertreiber haben durch gut sicht- und lesbare, im unmittelbaren Sichtbereich des Hauptkundenstroms platzierte Schrift- oder Bildtafeln über die Rücknahme zu informieren. Eine Informationspflicht trifft künftig auch die Hersteller von Geräten, die nicht an private Haushalte gehen. Ausdrücklich weist das Gesetz auch auf die Eigenverantwortung solcher Endnutzer im Hinblick auf das Löschen personenbezogener Daten auf den zu entsorgenden Altgeräten hin.

Die Verpflichtung aller in- und ausländischen Hersteller, sich bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) registrieren zu lassen, da sie für die kostenlose Rücknahme und Verwertung von Altgeräten verpflichtet sind, wird nicht immer eingehalten. Das ist insbesondere auf Online-Marktplätzen und bei Fulfilment-Dienstleistern festzustellen. Deshalb haben deren Betreiber künftig eine Prüfpflicht, ob die Hersteller auf der Plattform bei der Stiftung EAR registriert sind. Nicht ordnungsgemäß registrierte Produkte dürfen dann nicht mehr vertrieben bzw. versendet werden, ansonsten drohen Herstellern, Händlern, Plattformbetreibern und Dienstleistern hohe Bußgelder sowie potentielle zivilrechtliche Maßnahmen wie beispiels­weise Abmahnungen (Vertriebsverbot).

Während diese Regelung erst am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, gelten die meisten anderen Änderungen ab 1. Januar 2022.

Ebenfalls am 1. Januar 2022 tritt eine neue Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Behandlungsverordnung in Kraft. Sie ersetzt die bisherige Anlage 4 „Selektive Behandlung von Wertstoffen und Bauteilen von Altgeräten“ zum Elektro- und Elektronikgerätegesetz und konkretisiert Aspekte der Schadstoffentfrachtung und Ressourcenschonung. Außerdem werden Behandlungsanforderungen an Photovoltaikmodule eingeführt.

Novelle des Verpackungsgesetzes

Bereits am 3. Juli 2021 wird weitgehend die Novelle des Verpackungsgesetzes mit einer ganzen Reihe von Änderungen am bestehenden Gesetz in Kraft treten. Anlass für diese Novelle ist vor allem die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, insbesondere der EU-Einwegkunststoffrichtlinie, aber auch der Abfallrahmenrichtlinie.

Deutliche Veränderungen gibt es im Hinblick auf die Verpflichtung zur Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister: Künftig gilt diese Registrierungspflicht nicht nur für die Hersteller solcher Verpackungen, die sich an einem dualen System beteiligen müssen, sondern für sämtliche Hersteller von mit Ware befüllten Verpackungen. Auch Erstinverkehrbringer, die Serviceverpackungen mit Waren befüllen und an Kunden weitergeben, müssen sich nunmehr registrieren lassen. Ebenso werden die Hersteller von Transport-, Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern anfallen, sondern in Industrie, Handel und Gewerbe (“B2B”) und die dort entsorgt werden, in die Registrierungspflicht einbezogen. Diese Verpflichtung gilt erst ab 1. Juli 2022.

Betreiber elektronischer Marktplätze und Fulfilment-Dienstleister müssen mit Blick auf ein immer wieder festzustellendes sog. „Trittbrettfahrertum“ bei ihren Partnern die Einhaltung der Registrierungspflicht überprüfen. Sie dürfen systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht verkaufen, wenn der Hersteller nicht an einem System beteiligt ist. Fulfilment-Dienstleister dürfen ebenfalls nicht für Hersteller arbeiten, die nicht an einem System beteiligt sind.

Für die jährlich erstmals in Verkehr gebrachten Einwegkunststoffgetränkeflaschen gilt Folgendes:     Ab dem 1. Januar 2025 müssen mindestens 77 % der kalenderjährlich erstmals in Verkehr gebrachten Einwegkunststoffgetränkeflaschen getrennt gesammelt werden. Ab dem 1. Januar 2029 müssen mindestens 90 % zum Zwecke des Recyclings getrennt gesammelt werden.

Um eine möglichst hochwertige Verwertung von Kunststoffrezyklaten zu erreichen, müssen ab 2025 PET-Flaschen einen Mindestrezyklatanteil von 25 % enthalten. Ab 2030 wird für alle Einwegkunststoffflaschen ein Rezyklatanteil von mindestens 30 % verlangt.

Deutlich eingeschränkt werden die bisher noch vorhandenen Ausnahmen bei der Pfandpflicht für Getränke in Einwegverpackungen. Die bisher geltenden Ausnahmen werden aufgehoben, soweit die Getränke in Einwegkunststoffflaschen abgefüllt sind. Dies gilt auch für in Einwegkunststoffgetränkeflaschen abgefüllte Milch, Milchmischgetränke und sonstige trinkbare Milcherzeugnisse, wobei die Pfandpflicht bei diesen Getränken erst ab 2024 in Kraft tritt. Dadurch sind also spätestens ab dem Jahr 2024 nahezu alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen von der Pfandpflicht erfasst, unabhängig von der enthaltenen Getränkeart. Auch in Dosen abgefüllte Getränke unterliegen künftig ohne Ausnahme einer Pfandpflicht.

Über die europarechtlichen Vorgaben hinausgehend verlangt der deutsche Gesetzgeber für bestimmte Einweglösungen Mehrwegalternativen: Lebensmittel und Getränke zum Sofortverzehr, die in Einwegkunststoffverpackungen bzw. sogenannten To-go-Bechern angeboten werden, müssen alternativ auch in einer Mehrwegverpackung angeboten werden. Höhere Preise dürfen dafür nicht verlangt werden. Ausgenommen von der Verpflichtung zu Mehrwegangeboten sind Letztvertreiber mit einer Verkaufsfläche bis zu 80 Quadratmetern und bis zu fünf Mitarbeitern. Sie sollen stattdessen Verbrauchern anbieten, Waren in deren eigene Behälter abzufüllen.

Gerne berät Sie hierzu unser Kompetenzteam "Umwelt, Klima und Energie"; insbesondere Ihr Ansprechpartner in allen abfallrechtlichen Fragestellungen:

Prof. Dr. Gottfried Jung
Rechtsanwalt
Ministerialdirigent a. D.
Honorarprofessor an der Hochschule Trier