- Das Schiedsverfahren: Kompetente, effiziente und ökonomische
Form der Beilegung wirtschaftlicher Streitigkeiten -
I. Vorteile einer Streitbeilegung durch Schiedsgerichte
Der Deutsche Bundestag hat kürzlich in erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Schiedsverfahrensrechts behandelt. Schiedsverfahren haben eine große Bedeutung für die Lösung von Streitigkeiten im Wirtschaftsleben. Sie werden vertraulich geführt, die Parteien können geeignete Schiedsrichter benennen und das Verfahren steuern. Schiedsverfahren folgen bewährten internationalen Standards und Verfahrensregeln. Sie werden meist nach den Regeln einer Schiedsinstitution geführt und von dieser verwaltet. In Deutschland wählen die Parteien am häufigsten die Regeln der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS – www.disarb.org) bzw. der International Chamber of Commerce (ICC - www.iccwbo.org) geregelt.
Schiedsurteile sind im Ausland erheblich leichter zu vollstrecken als gerichtliche Urteile. Grund hierfür ist, dass mehr als 170 Staaten das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ratifiziert haben. Dieser Staatsvertrag enthält erleichterte Vollstreckungsvoraussetzungen und bewährte Beschränkungen für die Anfechtung von Schiedsurteilen. Angesichts von weltweit verteilten Vermögenswerten, in die Gläubiger oft vollstrecken wollen, ist die erleichterte Durchsetzung eines Schiedsurteils für die Parteien von großem Wert.
II. Überblick über das Reformvorhaben
Die wichtigsten Neuregelungen der Reform beziehen sich auf folgende Aspekte:
- Künftig sollen Schiedsvereinbarungen im kaufmännischen Verkehr formfrei abgeschlossen werden. Dies erleichtert es den Parteien, Schiedsverfahren führen zu können.
- Der Reformvorschlag enthält auch Regelungen zur Digitalisierung des Schiedsverfahrens.
- Zum einen soll nach Anhörung der Parteien die mündliche Verhandlung auch per Bild- und Tonübertragung geführt werden können, es sei denn, die Parteien treffen eine andere Vereinbarung.
- Darüber hinaus sollen Schiedsurteile künftig, wenn keine Partei widerspricht, auch elektronisch erlassen werden können. Das Dokument muss dann mit der qualifizierten elektronischen Signatur jedes der Mitglieder des Schiedsgerichts versehen sein.
- Weitere Regelungen des Gesetzentwurfs berücksichtigen den häufig internationalen Charakter von Schiedsverfahren. Schiedsverfahren werden von Verfahrensregeln beherrscht, die sich gegenüber prozessualen Normen des nationalen Rechts unabhängig und international einheitlich entwickelt haben. Zusammen mit den einleitend beschriebenen Erleichterungen bei der Vollstreckung von Schiedsurteilen stärkt dies die Eignung von Schiedsverfahren für den grenzüberschreitenden Kontext.
Bei aller Gestaltungsfreiheit der Parteien sowie der Schiedsrichter unterliegen Schiedsverfahren natürlich der Kontrolle der staatlichen Gerichte, insbesondere was u.a. die ordnungsgemäße Bestellung von Schiedsrichtern, die Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen schwerwiegender Verfahrensfehler oder Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung (ordre public), die Vollstreckbarerklärung oder deren Aufhebung betrifft.
Wenn nun Parteien aus verschiedenen Ländern vor deutschen Gerichten Verfahren im Zusammenhang mit einem vor einem Schiedsgericht in englischer Sprache anhängigen Prozess führen, ist ihnen daran gelegen, dieses Verfahren vor den deutschen Gerichten so umfassend wie möglich auf Englisch zu führen. Sehr belastend wirkt sich in der Praxis vor allem aus, wenn alle für das gerichtliche Verfahren relevanten Dokumente in deutscher Sprache vorgelegt werden müssen. Oft sind davon umfangreiche Vertragskonvolute betroffen, in denen z.B. die Schiedsklausel enthalten ist.
Hier kann sich der Reformvorschlag das im Sommer 2024 verabschiedete Justizstandort-Stärkungsgesetz zunutze machen. Darin werden die Bundesländer nämlich ermächtigt, durch Rechtsverordnungen bei den Oberlandesgerichten bzw. den Obersten Landesgerichten Spezialsenate einzurichten (sog. Commercial Courts), vor denen komplexe wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten mit Streitwerten über EUR 500.000 Euro in englischer Sprache geführt werden können. Als Rechtsmittel gegen die Urteile dieser Senate kann dann (ohne das Erfordernis einer Zulassung) Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.
Im Reformvorschlag werden die Landesregierungen für den Fall, dass sie Commercial Courts einrichten, ermächtigt, diesen auch die Führung der mit einem Schiedsprozess verbundenen gerichtlichen Verfahren zu übertragen. Um ein solches Verfahren vor dem Commercial Court zu führen, müssen die Parteien damit natürlich ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden sein.
Aber auch wenn das gerichtliche Verfahren mit Bezug zum Schiedsprozess auf Deutsch geführt wird, sollen die Parteien jedes in englischer Sprache gefasste Dokument, das mit dem Schiedsverfahren in Zusammenhang steht, auf englischer Sprache vorlegen können.
III. Bewertung und Ausblick
Der Reformvorschlag enthält noch weitere Regelungen; wir haben uns in dieser Übersicht für unsere Mandanten und Geschäftspartner auf die nach unserer Einschätzung wesentlichen Regelungen konzentriert.
Der Gesetzentwurf stärkt Deutschland als Standort für die Führung von internationalen Schiedsprozessen, indem flankierende gerichtliche Verfahren auf Englisch geführt werden können, soweit sie in die Zuständigkeit der neuen Commercial Courts fallen. Wie schnell diese eingerichtet werden, ist Ländersache. Vielleicht motiviert der Wettbewerb, welches Bundesland den ersten Commercial Court einrichtet, die Bundesländer zum Handeln. Der Ort des ersten Commercial Court eignet sich dann auch als Sitz für in Deutschland geführte Schiedsverfahren mit Parteien aus verschiedenen Ländern.
Wenn allerdings dem Amtsgericht, das Unterstützung in einer im Schiedsverfahren vorgesehenen Beweisaufnahme gewähren soll, das Dokument mit den Beweisthemen für die Vernehmung oder Ladung eines Zeugen auf Englisch vorgelegt wird, geht es in erster Linie darum, den Parteien des Schiedsverfahrens den Kosten- und Zeitaufwand für die Übersetzung abzunehmen. In Bezug auf solche, ganz praktische Themen empfiehlt sich noch eine Überprüfung des derzeitigen Textes des Gesetzentwurfs. Die Amtsgerichte dürften mit dieser Anforderung überfordert sein, was die Dauer der Amtshilfe für das Schiedsgericht unnötig verlängert.
Die Förderung der Digitalisierung von Schiedsverfahren ist sicher zu begrüßen. Mit der ebenfalls im Gesetzentwurf vorgesehenen Möglichkeit zur Veröffentlichung von Schiedssprüchen in anonymisierter Form wird auch dem für Schiedsverfahren in gleicher Weise wie für vor Gerichten geführten Prozessen geltenden Transparenzgebot Rechnung getragen. Schiedsrichter sind genau wie Richter Organe der Rechtspflege und unterliegen der Kontrolle durch die Öffentlichkeit.
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