- Erlass vom 25.03.2022/22.06.2022
Mit dem Erlass „Lieferengpässe und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs“ BWI7-70437/9#4 vom 25.03.2022 bzw. BWI7-70437/9#4 in der ergänzten Fassung vom 22.06.2022 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen auf die anhaltenden Lieferengpässe und Preissteigerungen reagiert.
Dieser Erlass war zunächst befristet bis zum 30.06.2022. Unter dem 22.06.2022 wurde er mit sofortiger Wirkung bis zum 31.12.2022 verlängert und ein weiteres Formblatt 225 a VHB beigefügt (ist diesem Beitrag unten angehangen).
Nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau RLP vom 31.05.2022 soll der vorstehende Erlass auch in RLP bei Baumaßnahmen des Landes und der Kommunen Anwendung finden. Abweichungen bzw. Ergänzungen für Rheinland- Pfalz finden Sie auf der Homepage des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau RLP:
Nationale Vergabeverfahren mwvlw.rlp.de
Sie finden dort im Seitenbanner rechts unter Downloads Vereinfachung Vergaberecht:
sämtliche vorgenannten Erlasse, Rundschreiben und Ergänzungen für Rheinland-Pfalz
Der Erlass BW17-70437/9#3 vom 21.05.2021 zu Materialengpässen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gilt nicht mehr.
II. Die wichtigsten Neuerungen
Es sollen weiterhin Stoffpreisgleitklauseln - ggf. unter alternativer Anwendung des neuen Formblatts 225 a VHB- vereinbart werden, wenn Stoffe ungewöhnlichen Preisveränderungen ausgesetzt sind. Wichtig: Bei Anwendung des Formblatts 225 a VHB werden Stoffpreise nicht nachgefordert.
- Neue Ausschreibungen
- Zur Ermittlung des Basiswertes 1 ist es nun ausdrücklich zulässig, auf kommerzielle Preisdatenbanken oder auch von Bauwirtschaftsverbänden bereit gestellte Preisübersichten zurückzugreifen. Nach dem neuen Formblatt 225 a VHB kann auf den Basiswert 1 verzichtet werden, sollte ein Basiswert 1 nicht ermittelbar sein. Alternativ ist dann der Stoffpreis durch den Bieter im neuen Formblatt 225a anzugeben und ersetzt den Basiswert 2. Damit entfällt für Auftraggeber die Ermittlung des Basiswertes 1 und dessen Fortschreibung auf Basiswert 2.
- Der Mindestzeitraum wurde zwischen Angebotsabgabe und dem vereinbarten Abrechnungspunkt auf einen Monat verkürzt.
- Stoffpreisgleitklauseln können auch für im Erlass vom 25.03.2022 nicht genannte Stoffe vorgesehen werden.
- Bis 31.12.2022 können Stoffpreisklauseln bereits vereinbart werden, wenn der Stoffkostenanteil des betroffenen Stoffes 0,5 % der geschätzten Auftragssumme beträgt. Dies gilt jedoch nur für die im Erlass vom 25.03.2022 ausdrücklich benannten Stoffe.
- Allgemein wurde eine Mindesthöhe der Stoffkosten ergänzt: 5.000,00 Euro
- Es ist zu prüfen, ob der der Preisgleitung unterworfene Stoffpreis wirtschaftlich ist.
2. Laufende Vergabeverfahren
- Die Absenkung der Aufgreifschwelle (0,5%) gilt auch für bereits laufende Vergabeverfahren und kann dazu führen, dass im weiteren Vergabeverfahren eine Stoffpreisgleitklausel erstmals vorzusehen bzw. die bereits vorgesehene um zusätzliche Stoffe zu erweitern ist.
- Es ist immer eine Abwägung der Vor- und Nachteile im Einzelfall erforderlich.
3. Bestehende Verträge
- Als bestehende Verträge gelten alle Verträge, die bis zu 14 Kalendertage nach Kriegsausbruch, d.h. vor dem 11.03.2022, ohne Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel submittiert wurden.
- Als Nachweis der erforderlichen Preisanpassung ist die Vorlage von Absageschreiben von 3 Baustofflieferanten, sofern verwaltungsseitig der Mangel nicht bekannt ist, ausreichend.
- Die Regelungen des § 313 BGB werden ohne pauschale Größe angewendet.
4. Berücksichtigung von Selbstbehalten
- Im Rahmen von § 313 BGB/§ 58 BHO soll eine Stoffkostensteigerung von über 15 % dem Unternehmen nicht mehr zumutbar sein.
- Mangels anderer Anhaltspunkte soll die Kostensteigerung zwischen Auftraggeber und Unternehmen geteilt werden.
- Grundsätzlich ist ein Selbstbehalt i.H.v. 10 % auch bei Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel zu vereinbaren.
- Bei länger bestehenden Verträgen, die schon vor Kriegsbeginn geschlossen wurden, sollen nur Preissteigerungen einer Preisgleitung unterworfen werden, die nach Kriegsausbruch am 24.02.2022 eingetreten sind
5. Betriebsstoffe
- Bei maschinenintensiven Gewerken ist eine Ordnungsziffer festzulegen und die Menge des ab Kriegsbeginn noch erforderlichen Betriebsstoffes zu ermitteln. Die Ordnungsziffer erfasst die der Preisgleitung unterworfene Stoffmenge.
- Im Übrigen verbleibt es bei der bisherigen Preisvereinbarung. Als Basiswert 2 ist der Preis für den Betriebsstoff am 24.02.2022 festzulegen. Lässt sich dieser Preis nicht ermitteln, kann stattdessen der aktuelle Preis rückindiziert werden.
- Der Unternehmer muss auf Verlangen zusätzlich den Nachweis führen, dass er keine eigenen Treibstoffvorräte vorhält.
6. Laufzeit
- Nachträglich vereinbarte Stoffpreisgleitklauseln sollen bis zum jeweiligen Vertragsende weiter gelten.
- Die Regelungen sind auf Liefer-/Rahmenvereinbarungen für die im Erlass vom 25.03.2022 benannten Stoffe anwendbar.
7. Ergänzende Hinweise gem. Rundschreiben vom 31.05.2022 des Ministeriums für Wirtschaft,
Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau RLP:
- Nach § 58 Abs. 1S. 1 Nr. 1 LHO ist primär zu prüfen, ob die Vertragsänderung zu einem Nachteil für das Land führt, insbesondere wenn keine Verpflichtung zur Vertragsänderung oder Aufhebung besteht.
- Kommunen haben diese Prüfung nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit durchzuführen.
- Einzelheiten zur Ergänzung zu den besonderen Vertragsbedingungen für die Abrechnung von Betriebsstoffen und den Anwendungshinweisen zu dieser Preisgleitklausel finden sich in der Anlage zu dem Rundschreiben.
- Evaluierung: bis 31.07.2022 eingeleitete Vergabeverfahren, in denen die Preisgleitklausel für Betriebsstoffe eingesetzt wird, sind in der dem Schreiben ebenfalls beigefügten Tabelle zu erfassen und bis 15.08.2022 an das Ministerium zu übermitteln.
- Weitere besondere Regelungen für Lieferleistungen und Stoffpreisgleitklauseln für Betriebsstoffe bei Fahrdienstleistungen und Transportleistungen
- Das Rundschreiben ist bis zum 30.09.2022 befristet.
Ihr Ansprechpartner:
David Frisch MLB
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Master of Law & Business (MLB)
Immobilienverwalter (IHK)