UPDATE Corona-Krise: Brandaktuelle Gesetzesvorhaben vom 23.03.2020

A         Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Änderungen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht (Artikel 2)

Aus der offiziellen Gesetzesbegründung:

„Wesentliche Aspekte der vorübergehenden Erleichterungen für die AG, KGaA und SE sind die Möglichkeit, dass der Vorstand der Gesellschaft auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen kann, die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten, die Möglichkeit der Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage sowie die Ermächtigung für den Vorstand, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Zudem wird die Möglichkeit eröffnet, eine Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres durchzuführen, das heißt die bisherige Achtmonatsfrist wird verlängert. Für die GmbH wird vorübergehend die erleichterte Möglichkeit einer Beschlussfassung in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe geschaffen.

Für Genossenschaften und Vereine werden ebenfalls vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Versammlungen ohne physische Präsenz oder die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen, auch ohne entsprechende Satzungsregelungen, geschaffen. Im Übrigen werden für Genossenschaften, Vereine, Stiftungen und Wohnungseigentümergemeinschaften Regelungen für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organ-bestellungen getroffen, sollten diese Ablaufen, ohne dass neue Organmitglieder bestellt werden können. Um die Finanzierung der Gemeinschaften der Wohnungseigentümer sicherzustellen, wird angeordnet, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Be-schluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt.

Im Umwandlungsrecht wird zudem die Frist gemäß § 17 Absatz 2 Satz 4 UmwG auf zwölf Monate verlängert, um zu verhindern, dass aufgrund fehlender Versammlungs-möglichkeiten Umwandlungsmaßnahmen an einem Fristablauf scheitern.“

ACHTUNG: Soll jeweils nur für GJ 2020 gelten!!!

 

Änderungen im Zivilrecht – Änderungen im BGB-Einführungsgesetz

Für viele Schuldverhältnisse wird in Artikel 240 § 1 des BGB Einführungsgesetzes bis zum 30. Juni 2020 ein Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmen begründet, die die Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen, die Dauerschuldverhältnisse sind und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden, derzeit wegen der Folgen der COVID-19-Pandemie nicht erfüllen können. Damit wird für Verbraucher und Kleinstunternehmen gewährleistet, dass sie insbesondere von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekommunikation, soweit zivilrechtlich geregelt auch Wasser) nicht abgeschnitten werden, weil sie ihren Zahlungspflichten krisenbedingt nicht nachkommen können.

Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räumewird das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaummietverträge. Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen. Dies gilt für Pachtverhält-nisse entsprechend.

Im Hinblick auf Verbraucherdarlehensverträge soll nach Artikel 240 § 3 eine gesetzliche Stundungsregelung und eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt werden, mit der Möglichkeit für die Vertragsparteien, eine abweichende Vertragslösung zu finden. Flankiert wird dies von einem gesetzlichen Kündigungsschutz. Dem Bundesminis-terium der Justiz und für Verbraucherschutz wird nach § 3 Absatz 8 die Möglichkeit einge-räumt, im Wege einer Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Fi-nanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Regelungen auf weitere Gruppen von Darlehensnehmern zu erstrecken.

 

Änderungen im Insolvenzrecht

Die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote werden bis zum 30. September 2020 ausgesetzt, es sei denn die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Zudem werden Anreize geschaffen, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten. Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen soll im Verordnungswege bis zum 31. März 2021 verlängert werden können.

 

B         Sozialschutzpaket

Der Entwurf soll bereits kommenden Sonntag, den 29. März 2020, in Kraft treten.

Auszüge aus dem Paket:

ALG II (Hartz IV) für Bewilligungszeiträume vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2020:

eine befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen,

eine befristete Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen und

Erleichterungen bei der Berücksichtigung von Einkommen in Fällen einer vorläufigen Entscheidung.

Die Bundesregierung kann den Zeitraum für die erleichterten Bedingungen durch Rechtsverordnung bis zum 31. Dezember 2020 verlängern.

Die Jobcenter werden durch die Möglichkeit entlastet, Weiterbewilligungen auch ohne Antrag vorzunehmen.

 

Kinderzuschlag: soll befristet so umgestaltet werden, dass er für Familien, die die Leistung beantragen, die aktuelle krisenbedingte Lebenslage besser erfasst. Die Prüfung des Kinderzuschlags soll ausnahmsweise auf das Einkommen im letzten Monat vor Antragstellung bezogen werden. Zudem erfolgt eine befristete Aussetzung der Berücksichtigung des Vermögens, um die Leistung unbürokratischer zugänglich zu machen und die aktuellen Notsituationen leichter abzufangen. Um die Familienkasse zu entlasten und Familien im Kinderzuschlag einfacher zu unterstützen, soll außerdem eine einmalige Verlängerung für sogenannte Bestandsfälle mit dem höchstmöglichen Kinderzuschlag eingeführt werden.

 

§ 421c SGB III neu: Vorübergehender Verzicht auf die vollständige Anrechnung des Entgelts aus einer während Kurzarbeit aufgenommenen Beschäftigung auf das Kurzarbeitergeld

 

Zeitgrenzen für die geringfügige Beschäftigung in Form der kurzfristigen Beschäftigungwerden befristet auf eine Höchstdauer von fünf Monaten oder 115 Tagen ausgeweitet.

 

Arbeitszeitgesetz: Es wird eine Verordnungsermächtigungfür bundeseinheitlicheAusnahmen aufgenommen. Ein Verordnungsentwurf liegt indes noch nicht vor.

Artikel 8

Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Dem § 14 des Arbeitszeitgesetzes vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170, 1171), das zuletzt durch Artikel 12a des Gesetzes vom 11. November 2016 (BGBl. I S. 2500) geändert worden ist, wird folgender Absatz 4 angefügt:

 „(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, für Tätigkeiten der Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen zulassen, die über die in diesem Gesetz und in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und in Tarifverträgen vorgesehenen Ausnahmen hinausgehen. Diese Tätigkeiten müssen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern notwendig sein. In der Rechtsverordnung sind die notwendigen Bedingungen zum Schutz der in Satz1 genannten Arbeitnehmer zu bestimmen.“

 

Die Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt soll erleichtert werden: Im Jahr 2020 können statt bisher 6.300 Euro 44.590 Euro hinzuverdient werden, ohne dass die Altersrente gekürzt wird.

 

Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen finanziell unterstützt werden, damit sie nicht in ihrem Bestand gefährdet sind. Dies wird umgesetzt mit einem Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen. Voraussetzung hierfür ist, dass die sozialen Dienstleister und Einrichtungen auch zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie beitragen. Hierzu sollen sie in geeignetem und zumutbarem Umfang Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung stellen.

 

Vorhaben zur Erweiterung des IFSG

Aktuelle Mitteilung des BMAS vom 23.03.2020:

„In das Infektionsschutzgesetz wird auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie aufgenommen.

Ziel der Entschädigungsregelung ist die Abmilderung von Verdienstausfällen, die erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern bis zum 12. Lebensjahr erleiden, wenn sie ihre Kinder aufgrund der Schließung selbst betreuen müssen und daher ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen können.

Voraussetzung ist, dass die Betroffenen keine anderweitige zumutbare Betreuung (z.B. durch den anderen Elternteil oder die Notbetreuung in den Einrichtungen) realisieren können.

Risikogruppen wie z. B. die Großeltern des Kindes müssen dazu nicht herangezogen werden.

Ein Verdienstausfall besteht nicht, wenn es andere Möglichkeiten gibt, der Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben wie etwa der Abbau von Zeitguthaben. Auch gehen Ansprüche auf Kurzarbeitergeld dem Entschädigungsanspruch vor.

Die Entschädigung in Höhe von 67 % des Nettoeinkommens wird für bis zu sechs Wochen gewährt und ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro begrenzt. Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der bei der zuständigen Landesbehörde einen Erstattungsantrag stellen kann.

Die Regelung gilt nicht für Zeiten, in denen die Einrichtung wegen der Schulferien ohnehin geschlossen wäre, und ist befristet bis Ende des Jahres.“