Update Coronavirus - Rechte und Pflichten im Betrieb, Kurzarbeit

 

1. Rechte und Pflichten im Betrieb


Maßnahmen zum Schutz vor Infektion im Betrieb

Nach den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsschutzes (§ 4 ArbSchG) und entsprechend der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichten (§ 618 BGB) muss der Arbeitgeber die Mitarbeiter über die Infektionsgefahren und Schutzmaßnahmen informieren und zumutbare Schutzmaßnahmen, vor allem Desinfektionsmittel in den Sanitärräumen und Zugängen des Betriebes bereitstellen.

Die Mitarbeiter müssen ihrerseits angeordneten angemessenen Schutzmaßnahmen Folge leisten, insbesondere sich regelmäßig die Hände zu waschen bzw. zu desinfizieren, Reiseverbote und Besuchsverbote etc. zu beachten. Bei derartigen Anordnungen ist ein bestehender Betriebsrat zu beteiligen.

Hingegen wird der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht zwingen können, sich ohne dringenden Verdacht einer Infektion ärztlich untersuchen oder sogar vorbeugend impfen zu lassen, sobald ein Impfstoff erhältlich ist.

 

Informationspflichten des Arbeitnehmers bei eigener Infektion

Bei allen hochansteckenden und gefährlichen Infektionskrankheiten wie dem Coronavirus ergibt sich aus der allgemeinen arbeitsrechtlichen Treuepflicht die Pflicht des Arbeitnehmers, sich nicht nur unverzüglich krank zu melden, sondern ausnahmsweise auch die Art der Erkrankung mitzuteilen und natürlich zu Hause zu bleiben!

 

Meldepflichten des Arbeitgebers bei Verdacht /bestätigtem Fall einer Corona-Infektion

Bei Verdacht oder Feststellung einer Infektion eines Mitarbeiters mit dem Corona-Virus ist unverzüglich Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufzunehmen. Außerdem sind Schutzmaßnahmen für die restliche Belegschaft zu ergreifen (s.o.). Bei Verdacht auf Corona-Symptome bei anderen Mitarbeitern (Fieber, Husten, Schnupfen, Halskratzen und in manchen Fällen auch Durchfall) sollten diese unmittelbar nach Hause geschickt werden.

 

Aus Angst zu Hause bleiben

Nur wenn der Arbeitgeber dies gestattet, darf der Mitarbeiter ohne konkreten Infektionsverdacht im Betrieb von zu Hause arbeiten. Liegt dagegen ein konkreter Verdacht oder die Bestätigung vor, dass ein anderer Mitarbeiter sich mit dem Corona-Virus infiziert hat, dürfen (nicht müssen!) bei konkreter Ansteckungsgefahr Arbeitnehmer von zu Hause arbeiten, wenn ihre Tätigkeit und ihre Wohnsituation das ermöglichen. Auch in diesem Zusammenhang ist ein bestehender Betriebsrat zu beteiligen.

Verweigert ein Mitarbeiter aus Angst vor einer Ansteckung die Arbeit, obwohl kein konkreter Verdacht auf eine Infektion besteht, ist dies ein Abmahnungs- und im Wiederholungsfall sogar Kündigungsgrund.

 

Rechte der Eltern bei erkrankten Kindern bzw. Schulschließung

Ist das Kind eines Mitarbeiters am Corona-Virus erkrankt, hat der Mitarbeiter das Recht zu Hause zu bleiben und sein Kind zu pflegen, für die Frage der Vergütung gelten die allgemeinen „Kind-krank“-Regelungen.

Schließen Schulen oder Kitas als Vorsichtsmaßnahme, ist das hingegen nach herrschender Auffassung Risiko der Eltern, die sich dann z.B. Urlaub nehmen oder unbezahlt von der Arbeit freistellen lassen können. Wenn die Bestimmung des § 616 BGB nicht arbeits- oder tarifvertraglich ausgeschlossen ist, kommt nach Auffassung einiger Fachleute für einen Ausfall von wenigen Tagen (max. 5 Tage) auch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Betracht; diese Meinung vertritt auch das Bundesarbeitsministerium.

 

II            Kurzarbeit bei CORONA

 

Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit in einem Arbeitsverhältnis bedeutet die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls. Von der Kurzarbeit können alle oder nur Teile der Arbeitnehmer eines Betriebes betroffen sein.

 

Wer kann Kurzarbeit beantragen?

Sämtliche Unternehmen, die mindestens einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, können Kurzarbeitergeld (KuG) beantragen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dazu vorliegen.

 

Gestattung durch Zustimmung der Mitarbeiter bzw. Betriebsvereinbarung /Tarifvertrag

Der Arbeitgeber darf Kurzarbeit nicht einseitig anordnen, Kurzarbeit ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Mitarbeiter oder entsprechender Regelung in einem anwendbaren Tarifvertrag oder einer im Betrieb gültigen Betriebsvereinbarung zulässig. In Krisenzeiten sind die Betriebsräte regelmäßig zu dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit bereit (notfalls könnte diese zwar sogar über eine Einigungsstelle erzwungen werden, was aber wegen des Zeitfaktors praktisch ausgeschlossen sein dürfte).

 

Aktuelle Corona-Erleichterungen

Die aktuelle Corona-Gesetzesänderung zu § 96 SGB III bedeutet:

  • Es reicht, wenn 10 Prozent der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind, damit ein Unternehmen Kurzarbeit beantragen kann. Sonst muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein.
  • Sozialversicherungsbeiträge werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet.
  • Kurzarbeitergeld ist auch für Beschäftigte in Zeitarbeit möglich.
  • In Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet.

Diese Erleichterungen müssen zwar zunächst noch durch Rechtsverordnung der Bundesregierung in Kraft gesetzt werden; der Bundesarbeitsminister hat jedoch am 16.03.2020 angekündigt, dass dies rückwirkend zum 01.03.2020 erfolgen wird, so dass die Erleichterungen für den gesamten Monat März 2020 in Kraft treten und auf ihrer Grundlage auch rückwirkend KuG ausgezahlt wird.

Ansprechpartnerin ist die Agentur für Arbeit vor Ort.

Auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit finden Sie das offizielle Merkblatt zum KuG und auch den Wortlaut des Coronagesetzes.

 

Inhalte des Antrages

Wichtig für den auch onlinefähigen KuG-Antrag ist die Darstellung des verringerten Arbeitsvolumens und die Gründe dafür. Dies kann beispielsweise mit der verringerten Kundenfrequenz (sowohl persönlich als auch telefonisch) begründet werden, die dann 10% der Arbeitnehmer des Betriebes oder eines abgegrenzten Betriebsteiles ereilen muss. Dabei zählen auch weiterhin nur diejenigen Arbeitnehmer in diese Quote hinein, deren Arbeitsausfall jeweils 10% beträgt. Dies bedeutet aber nicht, dass Arbeitnehmer mit einem geringeren Arbeitsausfall keinen Anspruch auf KuG haben, die werden lediglich bei der Berechnung der Mindestschwelle des Arbeitszeitausfalls nicht berücksichtigt.

Wichtig: KuG kann nur gewährt werden, wenn die Anzeige des Arbeitsausfalls (Formular KuG 101 der Agentur für Arbeit) spätestens am letzten Tag des Monats, in dem die Kurzarbeit begonnen hat, bei der zuständigen Agentur für Arbeit vorliegt. Auch Verzögerungen im Postlauf gehen zu Lasten des Arbeitgebers und stehen einer Gewährung von KuG für diesen Monat entgegen.

Ferner sollten Arbeitgeber trotz der aktuell eher hektischen Situation bemüht sein, die in den Formularen der Agentur für Arbeit abzugebenden Angaben sorgfältig und umfassend zu beantworten und insbesondere die Angaben zum Arbeitsausfall durch Beifügung von Unterlagen glaubhaft zu machen. Aufgrund der erwarteten Welle von KuG-Verfahren steht – ähnlich wie bereits infolge der Bankenkrise nach 2009 – zu erwarten, dass die Agentur für Arbeit die Angaben nur oberflächlich und sehr großzügig prüft. Bei oder auch nach der Auszahlung des KuG werden jedoch umfangreiche Prüfungen stattfinden. In der Bankenkrise jedenfalls wurden viele Arbeitgeber bei festgestellten Fehlangaben mit empfindlichen Strafen belegt.

 

Höhe des KUG

KuG wird in Höhe von 60% oder 67% (mit Kindern) der Nettolohndifferenz zwischen Soll- und IST-Entgelt (Ausfallquote) auf Basis einer pauschalierten Berechnung und maximal in Höhe der so umgerechneten Beitragsbemessungsgrundlage in der Arbeitslosenversicherung gezahlt. Im Extremfall kann die Arbeitszeit sogar auf „Null“ reduziert werden.

 

Weitere Voraussetzungen für KUG – Vorrangiger Urlaubsabbau

Die weiteren Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind im Sozialgesetzbuch III genau geregelt.

Kurzarbeit kann der Arbeitgeber demnach anmelden, wenn der Arbeitsausfall unvermeidbar ist und der Betrieb alles getan hat, um ihn zu vermindern oder zu beheben. Damit ist der Arbeitgeber zunächst verpflichtet, betriebsinterne Möglichkeiten der Überbrückung des Arbeitszeitausfalls zu nutzen.

§ 96 Abs. (4) SGB III

Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt insbesondere ein Arbeitsausfall, der

(..)

2. durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder ...

Das bedeutet, dass zunächst Urlaub angeordnet werden muss, soweit die betreffenden Urlaubstage nicht schon genehmigt sind. Urlaub, der schon genehmigt ist, kann vom Arbeitgeber nicht ohne weiteres wieder gestrichen werden.

In der jetzigen Pandemie-Situation ist es nach Einschätzung von Fachleuten denkbar, dass Arbeitnehmer ca. die Hälfte ihres aktuellen Urlaubsanspruchs erst einmal einsetzen müssen. Dringende betriebliche Gründe stehen dann den Urlaubswünschen der Arbeitnehmer entgegen. Entsprechendes gilt für etwaigen auf Vorjahren übertragenen Alturlaub, dieser ist vollständig vorrangig einzusetzen.

Nach der gesetzlichen Regelung geht diese betriebsinterne Pflicht zu Überbrückungsmaßnahmen sogar so weit, dass selbst etwaig bestehende Arbeitszeitkonten mit einen negativen Saldo zu belasten wären, bevor ein Anspruch auf KuG besteht; diese Bestimmung wird jedoch durch die ausstehende Rechtsverordnung infolge des Coronagesetzes für die Corona-Krise aufgehoben.

 

Auswahl der Kurzarbeits-Bereiche im Betrieb?

Bei der Auswahl der Arbeitnehmer für Kurzarbeit wird es entscheidend darauf ankommen, in welchen Bereichen der Arbeitsausfall eintritt. Wenn dann noch eine Auswahlmöglichkeit für den Arbeitgeber verbleibt, wird die Auswahl nach billigem Ermessen erfolgen müssen. Der Arbeitgeber kann also nicht willkürlich verfahren.

In Betrieben mit Betriebsräten unterliegen die Einführung der Kurzarbeit und die Regelung der Einzelheiten zudem der Mitbestimmung des Betriebsrats.

 

Bei Zweifelsfragen hierzu berät Sie unser Kompetenzteam „Arbeit & Personal“ jederzeit gerne.  

 

Tim Schwarzburg, Fachanwalt für Arbeitsrecht

® KUNZ Rechtsanwälte