VGH Saar: Urteil - Messungen von Traffistar S 350 unverwertbar!

Mit Urteil vom 05. Juli 2019 hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes entschieden, dass Blitzer der Marke „Traffistar S 350“ der Firma Jenoptik mangels Speicherung von Rohmessdaten unverwertbare Messungen durchführen, welche keine rechtmäßige Grundlage eines Bußgeldbescheides sein können. Das verfassungsmäßige Recht auf wirksame Verteidigung ist verletzt.

Rohmessdaten sind alle Werte, die ein Blitzgerät erhoben hat, um eine Geschwindigkeit zu berechnen und in Folge dessen bei einer festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung auszulösen und das berühmte „Blitzerfoto“ abzuliefern. Solche speichert Traffistar S 350 nicht. Es werden lediglich Anfangs- und Endzeitpunkt der Messung gespeichert. Diese Daten genügen nicht, um die Messung nachvollziehen und überprüfen zu können.

Ausgeurteilt ist bereits, dass Betroffene im Sinne des Gebots des rechtlichen Gehörs ein umfassendes Recht auf Akteneinsicht haben, welches insbesondere Einblick in die beschriebenen Rohmessdaten verlangt. (VGH Saar, 27.04.2018, Az.: 1/18)

Daraus schließt der VGH Saar:

Der bloße Hinweis von Jenoptik und dem Physikalisch-technischen Bundesamt (PTB), der Messvorgang von Traffistar sei überprüft und fehlerfrei, genügt nicht den Anforderungen an ein faires Verfahren. Der Bürger benötigt belastbare Erkenntnisse über einen technischen Vorgang, um ihn überprüfen zu können. Zudem erfolgt die Prüfung durch PTB Jahre vor der konkreten Messung und kann daher über sie keine Aussage treffen. Insbesondere vorübergehende Störungen können nicht ausgeschlossen werden.

Jenoptik kann auch keinen anderen durchgreifenden Grund anführen, weshalb Rohmessdaten nicht gespeichert werden. Dadurch werden unzulässig wesentliche Verteidigungsmittel für Betroffene abgeschnitten. Auch größte Verlässlichkeit eines Messverfahrens darf dessen Überprüfbarkeit nicht ausschließen.

Nach derzeitigem Erkenntnisstand bedeutet dies:

Wurden Sie von einem Traffistar S 350 geblitzt und werden sie als Betroffener angehört, lohnt es sich durch einen Rechtsanwalt Akteneinsicht zu nehmen. Haben sie einen Bußgeldbescheid erhalten, ist binnen 2 Wochen durch den Verteidiger Einspruch einzulegen.

Das Urteil des VGH Saar bindet zwar zunächst die Gerichte im Saarland. Sie wird aber Indizwirkung für Gerichte im restlichen Bundesgebiet haben. Möglicherweise werden zukünftig Messergebnisse ähnlich funktionaler Geräte, die keine Messdaten speichern, ebenfalls von den Gerichten als unverwertbar angesehen.

Für die Durchführung der Akteneinsicht und des Einspruchsverfahrens stehen Ihnen gerne die Anwälte unserer Kanzlei zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!