Welche Versicherung zahlt für die gestrigen Schäden durch Starkregen, Überflutungen und Hochwasser?

Ausgelöst durch Jahrhundertniederschläge sind gestern insbesondere in unserer Region Straßen überflutet, Bäume entwurzelt worden, Fahrzeuge von den Wassermassen davongetragen und sogar ganze Häuser eingestürzt. Für die Betroffenen stellt sich nun die Frage, welche Versicherer diese existenziellen Schäden übernimmt und wie sie sich in dieser Ausnahmesituation verhalten müssen, um diese Ansprüche auch durchsetzen zu können.

Individueller Versicherungsvertrag entscheidend
Vorweg ist zu beachten: einen einheitlichen Versicherungsschutz gibt es nicht. Versicherungsverträge enthalten individuelle Vereinbarungen, die teils erhebliche Unterschiede aufweisen. Im Zweifel muss daher der Vertrag nebst „Kleingedrucktem“ sogfältig daraufhin geprüft werden, was versichert ist und was nicht.


Versicherungsschutz für Autofahrer – viele Naturgefahren schon in Teilkasko enthalten
Die gestrigen Bilder von Autos, die von vormals gemütlichen Flüssen mitgerissen werden oder bis zur Fensterlinie im Wasser versanken, verdeutlichen das Ausmaß der Naturkatastrophe. Erleichterung werden viele Besitzer daher verspüren, dass diese Schäden an Kraftfahrzeugen in der Regel bereits über die Teilkaskoversicherung gedeckt sind. Hier gehören Überschwemmungsschäden zum Standard des Leistungskataloges des Versicherers. Anders liegt der Fall bei selteneren Ereignissen wie Erdrutsch und Erdsenkung, für die je nach Anbieter und Tarif der Versicherungsschutz variiert.


Gebäude- und Hausrat – „erweiterte Natur-/Elementargefahren“ als aufpreispflichtiges Extra
Der übliche Basisschutz in der Gebäude- und Hausratversicherung beschränkt sich bei den Naturgefahren auf die Ereignisse Brand, Blitzschlag, Sturm und  Hagel. Von außen eindringendes natürliches Wasser ist dann nur versichert, wenn ein „Sturm“ (also eine Luftbewegung von mindesten 62 Km/h) die Öffnung herbeigeführt hat, was bei den gestrigen Ereignissen durchweg nicht der Fall gewesen sein dürfte. Dringt (regen-) Wasser oder Hochwasser auf andere Weise von außen in das Gebäude ein, besteht in den Basistarifen daher kein Versicherungsschutz.

Nur die zusätzliche Absicherung gegen „erweiterte Naturgefahren“ oder „erweiterten Elementargefahren“ kann hier den Betroffenen helfen. Hinter dieser Begrifflichkeit verbergen sich typischerweise

  • der Fall einer „Überschwemmung“ im Sinne einer Überflutung des versicherten Grundstücks durch Regen oder über die Ufer tretende Flüsse
  • ein Rückstau von Wasser durch die Wasserleitungen des Gebäudes wegen Regen oder Überschwemmung
  • Erdrutsch, Erdsenkung und Schneedruck


„Starkregen“ häufig nicht versichert – Versicherungsschutz überprüfen, rechtlichen Rat einholen
Ausgerechnet der gestern vielerorts abseits der ufernahen Grundstücke für den Schaden allein verantwortliche Starkregen ist in der Gebäude- und Hausratversicherung kein unproblematischer Fall. Denn (zum Glück) bot sich nicht überall das Bild von überfluteten Grundstücken. Gestern – und auch sonst immer häufiger – traten lokal massive Regenmengen urplötzlich auf und verschwanden auch schnell wieder. Die Frage, ob während der Niederschläge und des Eindringens von Wasser in das Gebäude auch eine „Überflutung“ von Grund und Boden vorliegt, bleibt oft ungeklärt. Denn der Versicherungsnehmer kämpft mit allen Kräften gegen das eindringende Wasser und beobachtet nicht sein Grundstück für die rechtlich nicht einfache Abgrenzung, ab wann eine „Überflutung“ vorliegt und wann nicht. Da der Versicherungsnehmer in der Beweislast ist, führt dies immer wieder zu ernüchternden Ergebnissen für Gebäudeeigentümer.

Um eine Absicherung für solche Starkregenereignisse zu bieten, haben zahlreiche Versicherer mittlerweile ihre Bedingungen erweitert oder bieten entsprechende Zusatzoptionen an. Dann hängt beispielsweise nur von der tatsächlichen Niederschlagsmenge und nicht vom Vorliegen einer (in vielen Fällen nicht beweisbaren) Überflutung ab, ob ein Versicherungsfall gegeben ist oder nicht. Versicherungsnehmer sollten daher ihre Versicherungsverträge regelmäßig auf Anpassungsbedarf überprüfen lassen. Sollte sich nach einem Schadenfall herausstellen, dass Sie nicht bestmöglich abgesichert waren, stellt sich zusätzlich die Frage danach, ob Sie hinsichtlich der Versicherungsvertrages korrekt beraten wurden. Lassen Sie diese Frage überprüfen, falls der Versicherer Zahlungen unter Verweis auf fehlenden Versicherungsschutz verweigert.


Verhaltenstipps bei und nach dem Auftreten eines Schadens
Um Ansprüche gegen den Versicherer nachweisen und durchsetzen zu können, sind einige Dinge zu beachten, insbesondere sind die in den Versicherungsverträgen normierten Obliegenheiten dringend zu beachten, da sonst Leistungskürzungen bis hin zum völligen Anspruchsverlust drohen.

  • Anzeigepflicht: informieren Sie unverzüglich jede Versicherung, die möglicherweise betroffen ist. Dazu sind Sie nach den Vertragsbedingungen verpflichtet.
  • Schadenminderungspflicht: versuchen Sie, den Schaden so klein wie möglich zu halten. Sie müssen alles unternehmen, was möglich und zumutbar ist, um Hausrat und Gebäude vor Schäden zu bewahren – Maßstab ist hierbei, wie sich jemand ohne Versicherungsschutz verhalten würde
  • Nichtveränderung der Schadenstelle: grundsätzlich dürfen Sie nach den vertraglichen Vereinbarungen die Schadenstelle nicht verändern, bevor der Versicherer Ihnen entsprechende Weisungen erteilt hat. Ausnahmen hiervon sind Notmaßnahmen. Wenn Sie die Schadenstelle verändern müssen, sollten Sie Fotos anfertigen und die beschädigten Bauteile dringend aufbewahren.
  • Weisungen einholen: nehmen Sie Kontakt mit der Versicherung auf, bevor Sie Reparatur­aufträge vergeben, Gegenstände neu kaufen oder ein Hotel oder eine Ersatzwohnung anmieten. Klären Sie vorab, was versichert ist oder nicht
  • Beweissicherung: um dem Versicherer die Leistungsprüfung zu ermöglichen und im Streitfall Ansprüche durchsetzen zu können, sollten Sie bestmöglich alle Beweise sichern. Idealerweise fertigen Sie bereits Fotos vom versicherten Ereignis, zum Beispiel der Überflutung im Garten, den beschädigten Sachen etc. an. Erstellen sie eine Verzeichnis der beschädigten Gegenstände und fügen Sie idealerweise Anschaffungsbelege, Fotos etc. bei, um möglichst zeitnah und lückenlos den eingetretenen Schaden plausibel machen zu können. Davon kann maßgeblich abhängen, ob eine zügige problemfreie Regulierung gelingt oder nicht. Erteilen sie entsprechende Auskünfte schriftlich oder in Textform gegenüber dem Versicherer und lassen Sie sich Zusagen schriftlich geben, damit sie später nachvollzogen werden können.


Wir stehen mit Rat und Tat zur Seite
Unser Kompetenzteam "Versicherung und Haftung" bietet den Betroffenen eine kostenlose Erstberatung durch unsere Spezialisten im Versicherungsrecht an, falls es zu Fragen und Problemen im Zusammenhang mit den verheerenden Ereignissen von gestern kam.


Ihr Ansprechpartner:

Christian Rech
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht