Urteile zur Fahrzeugversicherung

Nachfolgend finden Sie eine der umfassendsten Sammlung interessanter und aktueller Urteile zur Kfz-Versicherung der letzten Jahre. Weitere Urteile im Versicherungsrecht zu anderen Versicherungssparten finden Sie auf der Übersichtsseite.

Die Urteile werden fortlaufend aktualisiert und zusammengestellt von Rechtsanwalt Dr. Carsten Fuchs, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht.

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Verpflichtung zum Überlassen von Belegen und Kfz-Schlüsseln

OLG Saarbrücken

1. Verweigert sich der anwaltlich vertretene VN im Entwendungsfall grundlos der Aufforderung seines Kfz-Kaskoversicherers, Belege über die Entrichtung des Kaufpreises des versicherten Fahrzeugs vorzulegen, nachdem hierzu widersprüchliche Angaben erfolgt waren, und die bei ihm vorhandenen Fahrzeugschlüssel zu Untersuchungszwecken herauszugeben, kann dies eine zur vollständigen Leistungsfreiheit führende arglistige Verletzung der Auskunftsobliegenheit begründen.

2. In diesem Zusammenhang abgegebene Erklärungen seines bei der Schadensabwicklung als Wissenserklärungsvertreter agierenden Rechtsanwalts muss sich der VN zurechnen lassen.

 

Zerkratzen eines PKW als Unfall in der Kaskoversicherung

OLG Hamm

1. Das Zerkratzen eines Fahrzeuglacks durch einen Dritten stellt ein plötzlich von außen kommendes Ereignis und damit einen Unfall im Sinn der Kaskoversicherung dar.

2. Die Unfreiwilligkeit gehört nicht zum Begriff des Unfalls in der Kaskoversicherung; vielmehr hat der VR den entsprechenden Vorsatz des VN als Voraussetzung einer Leistungsfreiheit gemäß § 81 Abs. 1 VVG darzulegen und zu beweisen.

 

Halterhaftung für in einer Werkstatthalle in Brand geratenes Kraftfahrzeug

BGH

Zur Reichweite der Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeug nach § 7 Abs. 1 StVG.

 

Kollision nach Überholen eines Radfahrers

OLG Saarbrücken

1. Bei einer langsamen Bergauffahrt ist beim Überholen eines Fahrradfahrers ein Seitenabstand von 1,30 Meter ausreichend, insbes. dann, wenn an einer Stelle überholt wird, die wegen des Straßenverlaufs über mehrere Kilometer hinweg die einzige Überholmöglichkeit bietet.

2. Gerät ein Fahrzeugführer auf einer Landstraße in einer Kurve auf die außen gelegene Gegenfahrbahn und kommt es dort zu einem Unfall, spricht es nach der allgemeinen Lebenserfahrung dafür, dass er die Beherrschung über sein Fahrzeug aufgrund einer zu hohen Geschwindigkeit oder einer unvorsichtigen Lenkbewegung verloren hat. Gegen ihn greift ein Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO.

3. Das Fahrverhalten eines entgegenkommenden Fahrzeugs – hier: Überholen eines Radfahrers auf der eigenen Fahrspur ohne Überqueren der Mittellinie – nimmt dem Geschehen die für den Anscheinsbeweis erforderlich Typizität nur dann, wenn hierdurch eine nachweisbare objektive Gefahrenlage geschaffen wurde.

 

Gesamtschuldnerausgleich zwischen Haftpflichtversicherer des Unfallgegners und dem dinglich anwartschaftsberechtigten Halter

BGH

Zum Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners und dem

Halter als dem dinglich Anwartschaftsberechtigten aus einem Sicherungsvertrag bei ungeklärtem Unfallhergang und rechtskräftig festgestellter 100 %-iger Haftung des Haftpflichtversicherers gegenüber der kreditgebenden Bank des Halters als Sicherungseigentümerin.

 

Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten für ein Luxusfahrzeug

OLG Celle

1. Grundsätzlich darf im Haftpflichtschadenfall ein typengleiches Luxusfahrzeug als Ersatz angemietet werden.

2. Das gilt aber nicht völlig schrankenlos: Einem Geschädigten kann es zugemutet werden, für kurze Zeit – hier elf Tage – auf eine Luxusausstattung, das Prestige und/oder die besondere Fahrfreude eines Sportwagens zu verzichten, wenn ein typengleiches Fahrzeug nur für eine besonders hohe Miete erhältlich ist (hier das Vierfache des Tagespreises für ein Fahrzeug der höchsten Klassen nach den Schwacke- und Fraunhofer-Listen).

 

Auslegung eines Teilungsabkommens zwischen Kfz-Haftpflichtversicherer und Sozialversicherungsträger zur Frage der Abgrenzung von Zweit- und Erstunfall

OLG Celle

1. Verletzt sich ein Monteur bei den Bergungsarbeiten eines bei einem Unfall beschädigen Laternenmastes, nachdem die unfallbeteiligten Pkw bereits von der Unfallstelle entfernt waren, resultiert der dabei entstandene (Personen-) Schaden nicht aus einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung eines der unfallbeteiligten Pkw, die sich im Bergungsvorgang „aktivierte“, realisierte, fortwirkte oder nur mitursächlich war. Er unterfällt auch nicht dem Gebrauch eines Pkw.

2. Der Schaden kann daher nicht dem Haftpflichtversicherer eines der an dem vorangehenden Unfall beteiligten Pkw zugewiesen werden.

3. Zur Auslegung eines Teilungsabkommens.

 

Auskunftsanspruch gegen den VN bei Mehrfachversicherung

LArbG Hamm

Führt der Mitarbeiter eines Unternehmens des Kfz-Gewerbes als Fahrer schuldhaft einen Unfall mit dem Kfz eines Kunden herbei und leistet die Kfz – Haftpflichtversicherung des Kunden Schadensersatz an den Unfallgegner, so steht der Kfz – Haftpflichtversicherung ein Auskunftsanspruch über das Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung für Kfz-Handel und Handwerk gegen das Unternehmen zu.

 

Neuwertentschädigung steht Leasingnehmer zu

BGH

Bei vorzeitiger Beendigung eines Kraftfahrzeug-Leasingvertrags (hier aufgrund Diebstahls des Fahrzeugs) steht die den Wiederbeschaffungs- und den Ablösewert übersteigende Neuwertspitze einer Versicherungsleistung aus einer vom Leasingnehmer auf Neupreisbasis abgeschlossenen Vollkaskoversicherung nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer zu.

 

Differenzbesteuerung bei fiktiver Abrechnung

OLG Brandenburg

Die falsche Datumseingabe über das Display im Steuergerät des (gestohlenen) Kfz stellt kein ausreichendes Indiz für eine Unglaubwürdigkeit des VN dar.

Für die Berechnung der Höhe des abzuziehenden Mehrwertsteuerbetrages kommt es bei fiktiver Abrechnung darauf an, ob vergleichbare Fahrzeuge regelbesteuert gem. § 10 UStG, differenzbesteuert gem. § 25 a UStG oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden.

Ist von einer Differenzbesteuerung auszugehen, ist der Brutto-Wiederbeschaffungswert (hier 22.000 EUR) um 2,4 % zu kürzen.

 

Hineinfahren in Wasseransammlung (Überschwemmung)

KG Berlin

1. Eine unmittelbare Einwirkung einer Überschwemmung liegt auch vor, wenn das Kfz in die Wasseransammlung hineingefahren ist.

2. Dadurch ist zugleich ein (in der Vollkaskoversicherung versicherter) Unfall gegeben, der Anprall auf eine Wasserfläche mit einem Fahrzeug steht dem Anprall gegen einen festen Gegenstand gleich.

 

Irreführendes Blinken des Vorfahrtsberechtigten

OLG Karlsruhe

1. Jeder Verkehrsteilnehmer muss grundsätzlich mit der Möglichkeit rechnen, dass der rechte Blinker eines bevorrechtigten Fahrzeugs versehentlich gesetzt sein kann. Wer an einer Kreuzung wartepflichtig ist, darf in der Regel nicht allein im Vertrauen auf den rechten Fahrtrichtungsanzeiger des anderen Fahrzeugs in die Kreuzung einfahren, wenn die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass das bevorrechtigte Fahrzeug trotz des Blinkers geradeaus weiterfährt.

2. Kommt es zu einem Kreuzungsunfall, weil der wartepflichtige Fahrzeugführer wegen des rechts gesetzten Blinkers auf ein Abbiegemanöver des Vorfahrtsberechtigten vertraut hat, trifft den Wartepflichtigen in der Regel das überwiegende Verschulden.

3. Wenn – außer der Vorfahrtsverletzung einerseits und dem fehlerhaft gesetzten Blinker andererseits – keine sonstigen wesentlichen Verursachungsbeiträge der Beteiligten zu berücksichtigen sind, kommt eine Haftungsquote von 70 % zu 30 % zu Gunsten des Vorfahrtsberechtigten in Betracht.

 

Mithaftung eines ordnungswidrig geparkten Fahrzeugs

LG Saarbrücken

Das Halteverbot an Bushaltestellen nach § 41 Abs. 1 StVO iVm VZ 224 (Anl. 2) betrifft nicht nur die Fahrbahn an der Haltestelle, sondern auch den angrenzenden Seitenstreifen, um neben dem Schutz der ein- und aussteigenden Fahrgäste auch ein gefahrloses Ein- und Ausfahren seitlich ausschwenkender Busse zu gewährleisten.

 

Halterhaftung für in einer Werkstatthalle in Brand geratenes Kraftfahrzeug II

BGH

Zur Reichweite der Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG.

 

Abrechnung auf Neuwagenbasis nur bei Ersatzbeschaffung

BGH

Zur Abrechnung auf Neuwagenbasis bei Beschädigung eines fabrikneuen Fahrzeugs.

 

Voraussetzungen der Steuerpflichtigkeit einer als „Verdienstausfall“ bezeichneten Schadenersatzleistung

BFH

Erhält ein im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses 12-jähriges Verkehrsunfallopfer von der Versicherung des Schädigers nach Schweizer Recht Ersatz für den verletzungsbedingt erlitten, rein hypothetisch berechneten Erwerbs- und Fortkommensschaden, kommt eine Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht in Betracht, wenn die Vereinbarung der an der Schadensregulierung Beteiligten …trotz der Bezeichnung der gewährten Versicherungsleistung als „Verdienstausfall“ … nicht dahin gedeutet werden kann, dass damit Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer konkreten, d.h. bestimmten oder jedenfalls hinreichend bestimmbaren Einkunftsquelle i. S. des „ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG gezahlt werden sollte.

 

Aufwand für Tierhaltung im Rahmen des Naturalunterhalts (Haushaltsführungsschaden)

OLG Naumburg

Hinsichtlich des Naturunterhalts sind Tierhaltungskosten (Kaninchen, Hund etc.) nicht zu berücksichtigen, da es sich insoweit um ein Hobby handelt.

 

Keine Grobe Fahrlässigkeit beim Einschlafen am Steuer

OLG Celle

Für die Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens bedarf es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch der Feststellung eines in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoßes gegen die Anforderung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Ein Sekundenschlaf kann „einfach fahrlässig“ nicht vorhergesehen werden, weil objektiv vorhandene Übermüdungserscheinungen subjektiv nicht wahrgenommen werden. Es wäre nicht völlig unentschuldbar, wenn der Bekl. auf die Gegenfahrbahn geraten ist, weil er bei Dunkelheit und Nebel infolge einer Fahrbahnsenke die Lichter aus dem Gegenverkehr und die Rückleuchten der ihm vorausfahrenden Fahrzeuge aus den Augen verloren hätte und deswegen kurzzeitig orientierungslos gewesen wäre.

 

Auslesung von Fahrzeugdaten nach Unfall

OLG Köln

Die Weigerung des VN nach einem Unfall mit unklarem Unfallhergang die Fahrzeugdaten auslesen zu lassen, stellt eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar.

 

Kürzung um 75 % bei Kfz – Diebstahl (steckender Schlüssel)

OLG Dresden

Eine Leistungskürzung auf null wegen der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls kommt nur ausnahmsweise in Betracht; dass das Fahrzeug unverschlossen und mit Fahrzeugschlüssel im Zündschloss abgestellt wird, reicht hierfür jedenfalls dann nicht aus, wenn dies für Dritte auch aufgrund des Abstellorts nicht sofort zu erkennen ist.

 

Auslegung der Ausschlusstatbestände „Leihe“ und „besonderer Verwahrungsvertrag“ sowie der „Benzinklausel“ in der PHV

OLG Saarbrücken

1. Wird dem VN von seinem Arbeitsgeber vereinbarungsgemäß ein Kraftfahrzeug zur betrieblichen und privaten Nutzung überlassen, liegt darin weder eine vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Leihe, noch ist das Fahrzeug deshalb Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages.

2. Wird das Fahrzeug dadurch beschädigt, dass der VN beim Montieren eines Fahrradträgers zu privaten Zwecken versehentlich den automatischen Öffnungsmechanismus der Heckklappe betätigt, so schließt eine Klausel, wonach „die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs sowie eines versicherungspflichtigen Anhängers wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs/Anhängers verursacht werden“, nicht versichert ist, die Deckung nicht aus.

3. Ist die tatsächliche Verfügungsgewalt des VN über das vom Arbeitsgeber überlassene Fahrzeug zugunsten des Arbeitsgebers eingeschränkt, ist der VN nicht als „Halter“ des Kfz anzusehen.

4. Es ist nicht angängig, sämtliche Handlungen, die nach A.1.22 AKB als „fahrertypisch“ angesehen werden, aus dem Deckungsbereich der privaten Haftpflichtversicherung auszunehmen, weil die Benzinklausel dafür keinen Anhalt bietet.

 

Kollision mit im Halteverbot geparktem Fahrzeug

LG Hamburg

In der Abwägung der Betriebsgefahren eines im absoluten Halterverbot geparkten Fahrzeugs, das den fließenden Verkehr nicht unerheblich erschwert, trifft den Gegner, dem es bei entsprechender Aufmerksamkeit und geringerer Geschwindigkeit grundsätzlich möglich gewesen wäre, das stehende Fahrzeug wahrzunehmen und dieses zu umfahren die weit überwiegende Haftung (hier: 80 %).

 

Kosten für eine Fahrzeugdesinfektion nach konkreter Reparatur

AG Heinsberg

Bei Abrechnung konkret angefallener Reparaturkosten sind die Kosten für eine Fahrzeugdesinfektion in Zeiten der Corona-Pandemie zu erstatten.

 

Höhe des Hinterbliebenengeldes bei Schockschaden und Mitverschulden

OLG Koblenz

1. Ausgehend von der Gesetzesbegründung und dem Sinn und Zweck des § 844 Abs. 3 BGB stellt der Betrag von 10.000 EUR für das Hinterbliebenengeld eine „Richtschnur“ oder Orientierungshilfe dar.

2. Angesichts der Klarstellung in der Gesetzesbegründung, dass bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen der Anspruch auf Ersatz des Schockschadens am Anspruch auf Hinterbliebenengeld vorgehen solle, liegt der Hinterbliebenengeldbetrag jedenfalls im Regelfall unter dem für sog. Schockschäden zuzuerkennenden Betrag.

3. Verstirbt das 20-jährige Kind des Kl., welches im Haushalt des geschiedenen Ehegatten lebte, in Folge eines Verkehrsunfalles, hinsichtlich dessen Zustandekommen das verstorbene Kind ein Mitverschulden von mindestens 50 % trifft, steht dem Kl. ein nicht über 5.000 EUR hinausgehender Anspruch auf Hinterbliebenengeld zu.

 

Vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht

OLG Braunschweig

Auch wenn der VN davon ausgeht, dass der ihm entstandene Schaden von seinem Unfallgegner ersetzt wird und er deswegen seinen Kaskoversicherer nicht rechtzeitig informiert, nimm er die hierin liegende Verletzung der Anzeigeobliegenheit billigend in Kauf.

 

Umfang der Wartepflicht bei Aufklärungsobliegenheit (Verkehrsunfallflucht)

OLG Karlsruhe

1. Es stellt keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gemäß E.1.1.3.1. Spiegelstrich AKB 2015 dar, wenn der Versicherte nach einem schweren Verkehrsunfall ohne Fremdbeteiligung und bei klaren Haftungslage zur Nachtzeit im Januar auf einer Landstraße in dörflicher Gegend, bei dem er sich eine blutende Kopfverletzung zugezogen hatte, trotz eines verursachten Fremdschadens von ca. 200 EUR den Unfallort zur ärztlichen Abklärung seines Gesundheitszustandes ohne Einhaltung einer Wartezeit verlässt.

2. Jedenfalls ist in einem solchen Fall das Entfernen von der Unfallstelle berechtigt.

3. Mit der telefonischen Unterrichtung der Polizei am nächsten Morgen wird in diesem Fall einer etwaigen Obliegenheit zur unverzüglichen nachträglichen Ermöglichung von Feststellungen noch genügt.

 

Anrechnung des Minderwertausgleichs durch den Haftpflichtversicherer auf den Anspruch des Leasinggebers auf Restwertausgleich

BGH

1. Der Leasinggeber ist verpflichtet, die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen eines Versicherers, dem Leasingnehmer zugutekommen zu lassen, indem er sie für die Reparatur oder Wiederbeschaffung des Fahrzeugs verwendet oder diese bei Vertragsende auf den Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch anrechnet

2. Eine Zahlung, die der Leasinggeber als Minderwertausgleich von dem Haftpflichtversicherer erhalten hat, mindert deshalb – unabhängig davon, ob der Leasinggeber von einem vertraglich vereinbarten Andienungsrecht Gebrauch macht oder das Fahrzeug verwertet – dessen Anspruch auf Restwertausgleich.

 

Nachweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach Verkehrsunfall

OLG Nürnberg

1. Dem Geschädigten, dem nach erlittener Verletzung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erteilt wird und der deshalb berechtigterweise seine Arbeitsunfähigkeit annimmt und deshalb nicht arbeitet, kann hierdurch ein ersatzfähiger normativer Schaden (Gewinnentgang) entstehen. Anderes kann gelten, wenn eine ärztliche Bescheinigung in für den Geschädigten deutlich erkennbarer Weise unzutreffend ist, etwa weil sie auf unwahren eigenen Angaben des Geschädigten gegenüber dem Arzt beruht, oder eine Gefälligkeitsattest vorliegt.

2. Zur Berechnung des entgangenen Gewinns bei einer freiberuflichen Krankengymnastin.

 

Zurechnung der Betriebsgefahr bei Brand eines in einer Werkstatthalle abgestellten Lkw infolge defekter Betriebseinrichtung

BGH

Zur Reichweite der Haftung des Halters eines in der Werkstatthalle in Brand geratenen Kfz nach § 7 Abs. 1 StVG

 

Kein Anspruch des VN auf Nutzungsausfallentschädigung bei Verzug des Versicherers

OLG Koblenz

Erstattet der Kfz-Vollkaskoversicherer einen vom VN geltend gemachten Wiederbeschaffungsaufwand für das verunfallte Fahrzeug erst drei Monate nach Schadensanzeige und Vorlage des Schadensgutachtens, steht dem VN gegenüber der Versicherungsgesellschaft ein Anspruch auf Schadensersatz in Form einer Nutzungsausfallentschädigung nicht zu, da die durch den Verzug eventuell entgangenen Nutzungsmöglichkeiten (der Sache an sich) keinen ersatzfähigen Schaden darstellen; den Versicherer treffen nur die üblichen Verzugsflogen bei Nichtzahlung, wie z.B. die Verpflichtung zur Tragung der Verzugszinsen.

 

Voraussetzungen der Pflicht des VN zur Rücknahme des nach einer Entwendung wiederaufgefundenen Kfz

OLG Saarbrücken

1. Sehen die Bedingungen eines Kaskoversicherers die Verpflichtung des VN zur Rücknahme des entwendeten Fahrzeugs für den Fall vor, dass dieses „innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige“ wieder aufgefunden wird, so setzt auch die mündliche (telefonische) Anzeige der Fahrzeugentwendung gegenüber dem Versicherungsvertreter die Monatsfrist in Lauf.

2. Gibt der Versicherer das Fahrzeug nach Fristablauf an den VN heraus, weil dieser trotz des bereits anhängigen Klage auf die Neupreisentschädigung weiter auf Herausgabe beharrt, liegt darin zwar regelmäßig noch kein Verzicht des VN auf bereits entstandene vertragliche Ansprüche, wohl aber die konkludente Vereinbarung, sich dadurch erlangte Vermögensvorteile auf die Klageforderung anrechnen zu lassen.

 

Keine Gesamtschuld von Haftpflichtversicherer und gegnerischem Fahrzeughalter

BGH

Zum Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners und dem Halter als dem dinglich Anwartschaftsberechtigten aus einem Sicherungsvertrag bei ungeklärtem Unfallhergang und rechtskräftig festgestellter 100 %-iger Haftung des Haftpflichtversicherers gegenüber der kreditgebenden Bank des Halters als Sicherungseigentümerin.

 

Auch bei „besonderer“ Beweisnot muss VN Nachweis des „äußeren Bildes“ eines Fahrzeugdiebstahls erbringen

OLG Hamm

Behauptet der VN einen Kfz-Diebstahl, muss er das sog. „äußere Bild“ beweisen: Das Kfz muss zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt und dann dort zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt – gegen den Willen des Berechtigten – nicht wieder aufgefunden worden sein. Wurde das Kfz (zuletzt) von einem Dritten genutzt und kann (deshalb) der VN selbst zum Abstellen und Nichtwiederauffinden keine Angaben machen, ist dieser Dritte regelmäßig als Zeuge zu hören. Ist er verstorben und sind auch sonst hinreichende Feststellungen zum „äußeren Bild“ nicht möglich, bleibt der VN beweisfällig (hier: bejaht). Dass für den VN bei einem Diebstahl an sich die Vermutung der Redlichkeit streitet, hilft diesem dann nicht.

 

Begriff der unklaren Verkehrslage

OLG Hamm

Das Überholen ist nach der StVO unter anderem bei unklarer Verkehrslage unzulässig. Eine unklare Verkehrslage liegt u.a. vor, wenn sich ein Fahrzeug - vorliegend ein Traktorgespann - zur Fahrbahnmitte einordnet und erkennbar die Geschwindigkeit reduziert. Allein das Überholen eines langsam fahrenden Traktorgespanns begründet hingegen nicht den Vorwurf eines Verstoßes gegen dieses Überholverbot. Bei der Abwägung tritt die einfache Betriebsgefahr eines zulässig überholenden PKW hinter der durch einen unfallkausalen Verstoß des Fahrers gegen § 9 Abs. 1 StVO erhöhten Betriebsgefahr des Traktorgespanns zurück.

 

Auskunftsanspruch einer Haftpflichtversicherung bei einem Kfz-Unfall eines Mitarbeiters

LAG Hamm

Führt der Mitarbeiter eines Unternehmens des Kfz-Gewerbes schuldhaft einen Unfall mit dem Kfz eines Kunden herbei und leistet die Haftpflichtversicherung des Kunden Schadensersatz an den Unfallgegner, so steht der Haftpflichtversicherung ein Auskunftsanspruch über das Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung für Kfz-Handel und Handwerk gegen das Unternehmen zu. Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die Auskunftspflichten des Versicherers gegen Dritte in den Fällen einer Mehrfachversicherung nach § 78 Abs. 1 VVG ausdrücklich regelt. In einer solchen Fallgestaltung gebietet die Interessenlage eine analoge Anwendung der Vorschriften §§ 31 Abs. 2, 77 Abs. 1 VVG.

 

Haftungsverteilung bei einem Zusammenstoß zwischen einem in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden und einem dieses überholenden Fahrzeugs

OLG München

Hat ein in ein Grundstück abbiegender Fahrzeugführer entweder gegen die normierte Pflicht zur sogenannten zweiten Rückschau verstoßen oder das Fahrzeug des überholenden weiteren Unfallbeteiligten schlichtweg aus Unachtsamkeit übersehen, kann eine Mithaftungsquote des Abbiegenden von 1/3 sachgerecht sein.

 

Tiergefahr versus Betriebsgefahr bei Unfall wegen Ausweichens eines Motorradfahrers vor einer die Straße kreuzenden Katze

OLG Zweibrücken

1. Wird durch ein Tier die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist gemäß § 833 S. 1 BGB derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

2. Weicht ein Motorradfahrer einer die Straße kreuzenden freilaufenden Katze aus, kann es für die Unfallursächlichkeit dahinstehen, ob es zu einem Zusammenstoß zwischen Tier und Motorrad gekommen ist, wenn der Motorradfahrer aufgrund der plötzlichen ausweicht Bewegung zu Fall kommt. Denn nach allgemeinen Regeln genügt es, dass das Verhalten des Tieres den Unfall unmittelbar verursacht hat (OLG Saarbrücken, Urteil vom 17. Januar 2006, 4 U 615/04).

3. Wenn es in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang bei der Begegnung mit einem Tier zu einem Unfall eines Verkehrsteilnehmers kommt, spricht bereits der 1. Anschein dafür, dass dieser durch das Bewegungsverhalten und damit die von ihm ausgehende Tiergefahr verursacht worden ist (OLG Hamm, Urteil vom 21. Juli 2008, Az. 6 U6/08).

4. Die spezifische Tiergefahr realisiert sich, wenn der Schaden auf der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung beruht. Das ist nicht nur der Fall, wenn das Tier ausschlägt, beißt oder eine Person anspringt, sondern bereits dann, wenn ein Tier-wie im Streitfall-ausbricht, sich unkontrolliert fortbewegt und ein Verkehrshindernis bildet (OLG Hamburg, Urteil vom 08. November 2019, 1 U 155/18).

5. Generell ist anerkannt, dass bei einem Unfall zwischen Tieren und Kraftfahrzeugen deren Betriebsgefahr dergestalt zu berücksichtigen ist, dass sich die Haftung des Tierhalters nicht unerheblich reduziert (OLG Celle, Urteil vom 10. April 2018,14 U 147/17 [50%]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 1994. 22 U 170/93 [1/3]; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. März 2009, 4 U 166/07 [25%].

6. Eine solche Berücksichtigung ist nicht nur dann geboten, wenn es – wie in den genannten Fällen – im gleichgerichteten Verkehr zu einem Unfall mit einem Tier kommt, sondern auch dann, wenn ein Tier plötzlich vor einem Fahrzeug die Fahrbahn kreuzt und es deshalb-mit oder ohne ausweicht – bzw. Bremsmanöver des Fahrzeugführers-zu einem Unfall kommt (OLG Hamm, Urteil vom 25. April 2006, 9 U 7/05 [1/3]; Urteil vom 27. September 2005, 9 W 45/05 [50%]; OLG Köln, Urteil vom 16. November 2000, 7 U 64/00 [20%].

 

Haftungsbeschränkung der Teilnehmer an einer Fahrrad-Trainingsfahrt

OLG Frankfurt am Main

Bei einer sportlich angelegten Trainingsfahrt von Radfahrern gibt es keinen generellen Ausschluss der Haftung für gegenseitig verursachte Unfälle, wenn sich nicht das typische Risiko der gemeinsamen Trainingsfahrt im Pulk realisiert hat (hier: Teilnehmergruppe war bereits auseinandergezogen).

 

Beschränkung des Versicherungsschutzes auf bei (fiktiver) Vollkaskoversicherung verbleibende wirtschaftliche Folgen

OLG Dresden

1. Der Versicherungsschutz einer Gruppenrestschuldversicherung kann auf die Erstattung der wirtschaftlichen Folgen beschränkt sein, die dem Darlehensnehmer bei (fiktivem) Eintritt einer Vollkaskoversicherung für den Schaden verblieben wären. Die Auslegung des Versicherungsvertrages kann insoweit ergeben, dass der Leistungsumfang einer Vollkaskoversicherung nur abstrakter Maßstab ist, es also unerheblich ist, ob tatsächlich eine solche Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde.

2. Bei der Auslegung von Klauseln einer Gruppenrestschuldversicherung ist nicht auf das Verständnis des Darlehensnehmers, sondern der darlehensgebenden Bank als VN abzustellen.

 

Unterschlagung eines Autos während Probefahrt

BGH

1.Ein Kaufinteressent, der eine Probefahrt mit einem Kraftfahrzeug unternimmt, ist nicht Besitzdiener des Verkäufers.

2.Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht anderweitig überwachten Probefahrt eines Kaufinteressenten auf öffentlichen Straßen für eine gewisse Dauer (hier eine Stunde) ist keine Besitzlockerung, sondern führt zu einem freiwilligen Besitzverlust.

3.Wird das Fahrzeug in einem solchen Fall nicht zurückgegeben, liegt daher kein Abhandenkommen im Sinne des § 935 BGB vor.

 

Unzulässigkeit einer fiktiven Abrechnung auf Neuwagenbasis

BGH

Zur Abrechnung auf Neuwagenbasis bei Beschädigung eines fabrikneuen Fahrzeugs (Bestätigung BFH v. 9.6.2009 – VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 = VersR 2009, 1092).

 

Dauer der dem Versicherer zuzugestehenden Prüfungs- und Regulierungsfrist

OLG Koblenz

Wird der Verursacher eines Verkehrsunfalls bewusstlos in seinem Pkw aufgefunden, kann sein Kfz-Haftpflichtversicherer aus dem Umstand, dass es ihm noch nicht gelungen ist, Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen, keine Verlängerung der ihm üblicherweise zuzubilligenden Bearbeitungsdauer herleiten.

 

Keine Beratungspflicht des Versicherers über fehlenden Versicherungsschutz im asiatischen Teil der Türkei

OLG Hamm

Der Kfz-Kaskoversicherer schuldet keine Beratung darüber, dass nach dem Vertrag im asiatischen Teil der Türkei kein Versicherungsschutz besteht, wenn zwar der VN einen augenscheinlich „türkischen“ Namen hat, der Versicherer aber keine konkrete Kenntnis über Reiseabsichten des deutschen VN in den asiatischen Teil der Türkei hatte (Abgrenzung zu OLG Stuttgart v. 8.4.1993 – 7 U 263/92), wobei es auf etwa weiter gehende Kenntnisse des den Vertrag vermittelnden Maklers nicht ankommt; und zwar auch dann, wenn der VN in der Folgezeit – zur Kfz-Haftpflichtversicherung – eine „grüne Versicherungskarte“ angefordert und erhalten hat, in welcher zwar das Länderkürzel „TR“ nicht gestrichen ist, in welcher aber ausdrücklich vermerkt ist, dass es für den Bereich der Kaskoversicherung bei der räumlichen Beschränkung auf das Gebiet von Europa und der außereuropäischen Gebiete der EU verbleibt (Abgrenzung zu OLG Oldenburg, VersR 2000, 1010).

 

Treuepflichten bei Nichtherausgabe eines Schadensgutachtens

OLG Schleswig

1. Ein nicht einstandspflichtiger Vollkaskoversicherer verletzt gegenüber dem VN, dem er ein ihm vorliegendes Schadensgutachten nicht unaufgefordert übersendet, weder eine versicherungsvertragliche noch eine leistungsunabhängige Rücksichts- oder leistungsbezogene Treuepflicht.

2. Ein Vollkaskoversicherer ist nach § 810 BGB jedenfalls nicht ohne Geltendmachung eines Einsichtsrechts durch den VN verpflichtet, diesem Einsicht in ein Schadensgutachten zu gewähren oder ihm dasselbe zu überlassen.

3. Stellt der Vollkaskoversicherer ein Schadensgutachten auf Anforderung nicht zur Verfügung, kann dies eine Treuepflichtverletzung darstellen.

4. Die Treuepflicht endet nicht mit der Leistungsablehnung durch den Vollkaskoversicherer.

 

800.000 € Schmerzensgeld für beidseitige Unterschenkelamputation und körperliche Verunstaltung

OLG Oldenburg

1. Im Fall schwerster und dauerhafter Schädigungen, die der Geschädigte in jungen Jahren bewusst erlebt und von denen anzunehmen ist, dass sie ihn lebenslang in der Lebensführung erheblich beeinträchtigen werden, kann ein Schmerzensgeld von 800.000 € angemessen sein.

2. Das Bewusstsein um den Verlust der bisherigen Lebensqualität und die voraussichtlich lebenslange Dauer der Schädigungen sind maßgebliche Gesichtspunkte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes.

3. Schmerzensgelder, die wegen Verlustes der Persönlichkeit zugesprochen sind, taugen nicht als Referenzmaßstab für Fälle, in denen der Geschädigte ohne jede intellektuelle Einschränkung die Leiden und den Verlust lebenslang bewusst erlebt.

 

Arglistige Verletzung der Auskunftsobliegenheit wegen Nichtvorlage von Belegen über Entrichtung des Kfz-Kaufpreises

OLG Saarbrücken

1. Verweigert sich der anwaltlich vertretene VN im Entwendungsfall grundlos der Aufforderung seines Kfz-Kaskoversicherers, Belege über die Entrichtung des Kaufpreises des versicherten Fahrzeugs vorzulegen, nachdem hierzu widersprüchliche Angaben erfolgt waren, und die bei ihm vorhandenen Fahrzeugschlüssel zu Untersuchungszwecken herauszugeben, kann dies eine zur vollständigen Leistungsfreiheit führende arglistige Verletzung der Auskunftsobliegenheit begründen.

2. In diesem Zusammenhang abgegebene Erklärungen seines bei der Schadensabwicklung als Wissenserklärungsvertreter agierenden Rechtsanwalts muss sich der VN zurechnen lassen.

 

Keine pauschale Bemessung des Haushaltsführungsschadens anhand von Tabellen

OLG Dresden

Die verfügbaren Tabellen zum Haushaltsführungsschaden bieten aus sich heraus keine hinreichende Grundlage für eine Schadensschätzung. Sie können daher nicht zur Begründung der Höhe des Ersatzanspruchs, sondern lediglich zur Prüfung der Plausibilität der Angaben des Geschädigten herangezogen werden.

 

Haftung für rein psychische Schäden aus Verkehrsunfall

OLG Frankfurt

1. Erleidet ein Kraftfahrer bei einem Zusammenstoß mit einem Motorrad, dessen Fahrer dabei tödlich verunglückt, lediglich psychische Schäden in Form einer pathologischen Verarbeitung des Geschehens, steht ihm ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu.

2. Hinsichtlich der Bewertung der Beeinträchtigungen kann der Grad der Schädigungsfolgen herangezogen werden, wobei der Senat hinsichtlich der Plausibilität der Schmerzensgeldhöhe auf die Dauer der Beeinträchtigung abstellt.

3. Auf einer weiteren Stufe ist allerdings eine wertende Betrachtung vorzunehmen, die zu einer Herabsetzung des Schmerzensgeldes führt, da allein die Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr das Risiko in sich birgt, Zeuge eines Fremdunfalls zu werden und damit psychisch traumatisierende Situationen zu erleben.

 

Zum Vorsteuerabzug berechtigter Geschädigter kann Wertminderung nur netto verlangen

AG Wipperfürth

1. Der zum Vorsteuerabzug berechtigte Geschädigte kann nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot die Wertminderung nur netto ersetzt verlangen.

2. Die gesetzliche Regelung, wonach Umsatzsteuer zu erstatten ist, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, steht dem nicht entgegen, da es sich um eine Frage der tatsächlichen Schadenshöhe handelt.

 

Umfang einer blanko erteilten vorläufigen Deckung

KG Berlin

Auch wenn ein Hauptvertrag über eine Kfz-Versicherung nicht zustande gekommen ist, weil im Versicherungsantrag ein anderes Fahrzeug ausgewiesen wurde als im Versicherungsschein und der VN das darin liegende neue Angebot mangels Prämienzahlung nicht angenommen hat, so bleibt die Leistungspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers aus der vorläufigen Deckung bestehen, wenn das den Unfall verursachende Fahrzeug mit einer „blanko“ erteilten elektronischen Versicherungsbestätigung zugelassen wurde.

 

Zum Regress bei absoluter Fahruntüchtigkeit

AG Hamburg-St. Georg

Das Fahren unter Alkoholeinfluss stellt stets eine erhebliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und Sachwerte dar und ist im hohen Maße geeignet, einen Schadenfall zu verursachen. Daher ist ein Regress des Kfz – Haftpflichtversicherers bis 5000 EUR zulässig.

 

Kfz-Kaskoversicherung, Versicherungsfall Überschwemmung

OLG Karlsruhe

Wenn Regenwasser unmittelbar in das Fahrzeuginnere gelangt, ohne zuvor zu einer Überflutung des Geländes geführt zu haben, handelt es sich nicht um eine versicherte Überschwemmung.

 

Zur Abgrenzung von Unfall und Betriebsschaden bei Schaden am Kfz durch Überfahren einer Bodenschwelle

OLG Stuttgart

Ein schadenverursachendes Überfahren einer Fahrbahnschwelle stellt keinen Unfall im Sinne der AKB 2015, sondern lediglich einen von der Vollkaskoversicherung nicht abgedeckten Betriebsschaden dar, da sich lediglich ein Risiko auswirkt, dem das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.

 

Keine sekundäre Darlegungslast der Erben für Medikamentenkonsum

KG

Die in Anspruch genommenen Erben trifft keine sekundäre Darlegungslast, wenn nicht feststeht, dass sie Kenntnis von einem bestimmten Medikamentenkonsum und einem eventuellen Missbrauch hatten

 

Leistungsfreiheit wegen rauschmittelbedingter Fahruntüchtigkeit

KG

Versicherer kann den Versicherungsnehmer wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Kfz Haftpflicht-Kaskoversicherung bzw. wegen einer Obliegenheitsverletzung nicht in Regress nehmen, obwohl nach dem Unfall ein positiver Wirkstoff gefunden des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann.
 

Mitverschulden von 1/3 bei Verlassen eines liegengebliebenen Fahrzeugs ohne Einschalten des Warnblinkers

OLG Celle

Kommt es im Kreuzungsbereich infolge des Verstoßes eines Verkehrsteilnehmers gegen § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO zu einem Unfall, verlässt der Unfallverursacher sein mittig auf der Kreuzung liegengebliebenes Fahrzeug, ohne Einschalten des Warnblinklichts, und kommt es sodann zur Kollision eines nachfolgenden, mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden und gegen das Sichtfahrgebot verstoßenden oder unaufmerksamen Verkehrsteilnehmers mit dem liegengebliebenen Fahrzeug des Erstunfalls, kann die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zwischen den beiden schuldhaft handelnden Verkehrsteilnehmern eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten desjenigen ergeben, der den Erstunfall verursacht hat.

 

Zur sachlichen Kongruenz als Voraussetzung für die Haftung des Unfallverursachers für Kosten von Attesten, Rezepten, Arztberichten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Gutachten, Portokosten etc., welche der Dienstherr im Rahmen der freien Heilfürsorge gegenüber einem Beamten aufgewendet hat.

AG Koblenz

Kongruenz im Sinne einer Deckungsgleichheit zwischen den vom Dienstherrn gegenüber dem Geschädigten zu erbringenden Leistungen der Heilfürsorge und der Schadenersatzpflicht des Schädigers besteht nur insoweit, als es um die unmittelbaren zur Wiederherstellung der Gesundheit des Geschädigten erforderlichen Maßnahmen geht. Sachliche Kongruenz besteht nur dann, wenn die zu zahlende Sachleistung gerade dazu dient, die gesundheitliche Beeinträchtigung des Geschädigten unmittelbar zu beheben, also nur für direkte, die Verletzung unmittelbar betreffende Schadenbeseitigungsmaßnahmen und nicht für die Kosten für Atteste, Rezepte, Arztberichte, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Gutachten, Portokosten etc., welche als lediglich mittelbare Vermögenseinbußen des Klägers nicht auszugleichen sind.

 

Nur eindeutige Entscheidung des Versicherers beseitigt Verjährungshemmung

OLG Celle

Gemäß § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG in der Fassung vom 26.11.2001 muss die schriftliche Entscheidung des Versicherers eindeutig, erschöpfend und umfassend sein, um die durch die Anspruchsmeldung geschaffene Verjährungshemmung zu beseitigen. Eine Erklärung des Versicherers, in der dieser lediglich auf eine bestimmte Mithaftungsquote des Geschädigten hinweist, erfüllt diese Voraussetzung nicht.

 

Schaden durch Überfahren einer Fahrbahnschwelle ist kein versicherter Betriebsschaden

OLG Stuttgart

Ein schadenverursachendes Überfahren einer Fahrbahnschwelle stellt keinen Unfall im Sinne der AKB 15, sondern lediglich einen von der Vollkaskoversicherung nicht abgedeckten Betriebsschaden dar, da sich lediglich ein Risiko auswirkt, dem das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.

 

Geschädigter muss sich einen vom Kfz-Hersteller für Neuwagen eingeräumten Nachlass für Menschen mit Behinderung anrechnen lassen

BGH

Der Geschädigte, der im Wege der konkreten Schadensberechnung Ersatz der Kosten für ein fabrikneues Ersatzrad begehrt, muss sich einen Nachlass für Menschen mit Behinderung anrechnen lassen, den er vom Hersteller aufgrund von diesem generell und nicht nur im Hinblick auf ein Schadensereignis gewährter Nachlässe erhält.

 

Für Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer ist bei Totalschaden an den Leasinggeber als Kfz-Eigentümer abzustellen

OLG Dresden

1. Hat der Leasingnehmer für das Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen, kommt es im Fall eines Totalschadens für die Erstattung der Mehrwertsteuer allein auf die im Zeitpunkt des Schadensfalles bestehenden Verhältnisse des Leasinggebers an.

2. Überträgt der Versicherungsnehmer trotz eines zu Gunsten des Leasinggebers bestehenden Sicherungsscheins seine Ansprüche an einen Dritten und erstattet die Versicherung diesen im Anschluss irrtümlich auch die Mehrwertsteuer, hat sich einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger.

 

Schmerzensgeldrente neben Schmerzensgeldkapital bedeutet keinen Vorteil für den Verletzten

OLG München

Eine Aufteilung des Schmerzensgeldanspruchs in einen Kapitalbetrag und eine Schmerzensgeldrente ist nicht angezeigt, wenn trotz schwerster Verletzungen und besonders gravierenden Dauerfolgen (hier Querschnittslähmung) kein besonderer Vorteil für die Geschädigte gegenüber der einheitlichen Abfindung durch einen Kapitalbetrag zu sehen ist.

 

Anforderungen an die Restwertermittlung bei der Regulierung eines Verkehrsunfalls

OLG Hamm

Die Restwertermittlung im Schadensgutachten ist anhand der Einholung dreier Restwertangebote auf dem regionalen Markt am Wohnsitz des Geschädigten vorzunehmen. Der Geschädigte ist weder verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus noch eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen oder einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen, noch ist er gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote vorzulegen.

 

Keine grobe Fahrlässigkeit bei Zusammenstoß mit Straßenbahn

LG Düsseldorf

Bei fehlender Ortskenntnis kann bezüglich eines Unfalls eine grob fahrlässige Herbeiführung zu verneinen sein, wenn örtliche Besonderheiten vorliegen, die sich einem Ortsunkundigen nicht sogleich erschließen.

 

Haftung bei Schaden durch Öffnen der Beifahrerür

OLG Celle

1. Kollidiert der Vorbeifahrende mit der geöffneten Fahrertüre eines geparkten Fahrzeugs, streitet i. d. R. ein Anscheinsbeweis zu Lasten des Türöffnenden – dann kann die Betriebsgefahr des Vorbeifahrenden vollständig zurücktreten, wenn ein Verstoß gegen den gebotenen Sicherheitsabstand nicht feststeht.

2. Die Sorgfaltsanforderung des § 14 Abs. 1 StVO gilt für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs, also für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei der Vorgang des Einsteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür, der Vorgang des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist.

3. § 6 StVO (Vorbeifahren) schützt nur den entgegenkommenden und den nachfolgenden Verkehr, für die Pflichten gegenüber dem haltenden Fahrzeug gilt § 1 StVO.

 

Haftung des Fahrzeuginsassen bei Schaden durch Öffnen der Tür

OLG Köln

Öffnet ein Insasse eines – zulässigerweise – an der linken Straßenseite haltenden Taxis die rechte Tür und kommt es so zur Kollision mit einem anderen Fahrzeug, trägt der Insasse wegen überwiegenden Verschuldens im Innenverhältnis den Schaden allein.

 

Kollision eines rechts in die Vorfahrtstraße einbiegenden Mofas mit bevorrechtigtem Pkw

OLG Hamm

1. Ein Idealfahrer würde in Annäherung an eine Straßeneinmündung, bei der für den einbiegenden Verkehr eine erhebliche Sichtbehinderung besteht, nicht in nahezu voller Breite die Gegenfahrbahn nutzen, sondern sich nach dem Vorbeifahren an dem ersten geparkten PKW zumindest so weit nach rechts orientiert haben, dass ein Zweiradfahrer genügend Platz zum Einbiegen gehabt hätte.

2. Die Sorgfaltsanforderungen im Straßenverkehr sind für einen minderjährigen Mofa-Fahrer nicht herabgesetzt.

3. Auch durch die erlaubte Benutzung der linken Fahrbahnseite kann die Betriebsgefahr eines unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges erhöht und eine Mithaftung gerechtfertigt sein.

 

Keine Obliegenheitsverletzung bei berechtigtem Entfernen vom Unfallort

OLG Dresden

1. Es stellt keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gem. Nr. E.1.1.3 1. Spiegelstrich AKB 15 dar, wenn der Versicherte nach einem schweren Verkehrsunfall ohne Fremdbeteiligung und bei klarer Haftungslage zur Nachtzeit im Januar auf einer Landstraße in dörflicher Gegend, bei dem er sich eine blutende Kopfverletzung zugezogen hatte, trotz eines verursachten Fremdschadens von ca. 200 € den Unfallort zur ärztlichen Abklärung seines Gesundheitszustands ohne Einhaltung einer Wartezeit verlässt.

2. Jedenfalls ist in einem solchen Fall das Entfernen von der Unfallstelle berechtigt.

3. Mit der telefonischen Unterrichtung der Polizei am nächsten Morgen wird in diesem Fall einer etwaigen Obliegenheit zur unverzüglichen nachträglichen Ermöglichung von Feststellungen noch genügt.

 

Beweisanforderungen für Diebstahl aus verschlossenem Kfz mittels der „Relay-Attack“

AG Frankfurt

1. Fehlen Aufbruchspuren an dem Kfz, aus dem Gegenstände gestohlen sein sollen, ist es nur möglich, dass der VN das Kfz nicht verschlossen hat, der Schließvorgang mithilfe eines elektronischen Störsenders („Jammer“) verhindert wurde, oder das Funksignal des Funkschlüssels mittels der „Relay-Attack“-Methode verstärkt, verlängert und reproduziert wurde.

2. Für die Behauptung, dass ein Dritter die „Relay-Attack“-Methode verwendet hat, um das ordnungsgemäß verschlossene Kfz nachträglich zu öffnen, ist der VN darlegungs- und beweisbelastet.

 

Zur Erhöhung des Streitwertes bei der Geltendmachung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten

BGH

Der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Wert des Beschwerdegegenstands nicht, soweit er neben der Hauptforderung geltend gemacht wird, für deren Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung jedoch nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung.

 

Leistungsfreiheit wegen Verstosses gegen Anzeigeobliegenheit

OLG Braunschweig

Der Versicherungsnehmer verletzt auch dann schuldhaft seine Obliegenheit aus dem Versicherungsvertrag zur unverzüglichen Anzeige des Versicherungsfalls, wenn er zunächst die berechtigte Erwartung hatte, der Unfallgegner werde für den Schaden aufkommen.

 

Klausel über Erstattung des Wiederbeschaffungswertes nur nach Reparatur und Vorlage einer Rechnung ist wirksam

OLG Saarbrücken

1. Eine Regelung in den AVB eines Kaskoversicherers, wonach die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes nur gezahlt werden, wenn das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wird und der Versicherungsnehmer dies durch eine Rechnung nachweist, während bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur nur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts erstattet werden, ist wirksam.

2. Eine vom Versicherungsnehmer vorgelegte Rechnung, die zahlreiche Ungereimtheiten aufweist und bei der wesentliche steuerliche Pflichtangaben (vgl. § 14 UStG) fehlen bzw. nicht zutreffen, erfüllt bei sachgerechter Bewertung nicht die Anforderungen an einem ausreichenden Reparaturnachweis.

3. Auch ein Kfz-Kaskoversicherer kann dazu verpflichtet sein, seinem Versicherungsnehmer Einsicht in ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten zu gewähren. Dieser aus Treu und Glauben folgende vertragliche Nebenpflicht findet ihre Grenzen aber dort, wo überwiegende schutzwürdige Interessen des Versicherers berührt sind (hier: angesichts durchgreifender Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers und der Berechtigung der von ihm geltend gemachten Forderung).

 

Kreuzungskollision durch irreführendes Blinken

OLG Dresden

1. Der Wartepflichtige an einer Kreuzung, der in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, darf nur dann vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte seinerseits abbiegen will, wenn dieser blinkt und zusätzlich die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich und erkennbar herabsetzt oder zweifelsfrei bereits mit dem Abbiegen begonnen hat. Es reicht dem gegenüber nicht aus, wenn der Vorfahrtsberechtigte sich dem Kreuzungsbereich mit einer geringen als der dort zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nähert, ohne diese jedoch weiter zu verlangsamen.

2. Eine Haftungsverteilung zu Lasten des Wartepflichtigen von 1/3 zu 2/3 ist gerechtfertigt, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat.

3. Teil das Gericht den Parteien mit, dass es beabsichtigte, ein Gutachten aus einem Straf- oder Ermittlungsverfahren zu verwerten, führt die rüglose Antragstellstellung dazu, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz nicht mehr eingewandt werden kann.

 

Erschütterung des Anscheinsbeweises bei Vorfahrtsverstoß

LG Saarbrücken

Der Anscheinsbeweis eines Vorfahrtsverstoßes ist erst nach erschüttert, wenn eine Geschwindigkeit des Vorfahrtsberechtigten feststeht, bei der zumindest die Möglichkeit besteht, dass er für den Wartepflichtigen im Zeitpunkt seines Anfahrentschlusses nicht erkennbar. Der Nachweis einer solchen Geschwindigkeit obliegt dem Wartepflichtigen, weil er Umstände zu beweisen hat, die dem Unfallgeschehen die für einen Vorfahrtsverstoß sprechende Typizität nehmen.

 

Vorfahrtsregelung in Flughafenparkhaus

OLG München

Kommt bei einer Kollision im Bereich einer Parkhauseinfahrt keinem der beiden befahrenen Bereiche Straßencharakter zu, sind die Fahrbahnen auch sonst vergleichbar gestaltet und gibt es keine anderen für die Fahrzeugführer erkennbaren Anzeichen für die Unterordnung einer der beiden Fahrbahnen, kann es bei einer Kollision zu einer hälftigen Haftungsteilung kommen.

 

Kollision mit überholtem Linksabbieger

OLG Düsseldorf

1. Wer unter Außerachtlassung der Sorgfalt des § 9 Abs. 5 STVO in ein Grundstück abbiegen will, kann gegenüber demjenigen, der den Abbieger in unzulässiger Weise überholt, zu 60 % haften.

2. Im Jahr 2014 bestand kein allgemeines Verkehrsbewusstsein für Kraftradfahrer, zum eigenen Schutz (neben dem nach § 21 a Abs. 2 STVO vorgeschriebenen Helm) auch (weitere) Schutzkleidung zu tragen; ein anspruchskürzendes Mitverschulden wegen Fehlens solcher Schutzkleidung scheidet daher aus.

 

Beratungspflicht wegen fehlendem Versicherungsschutz im asiatischen Teil der Türkei

OLG Hamm

Ein Hinweis des Versicherers auf die räumliche Beschränkung des Kasko-Versicherungsschutzes auf Europa und die zum Geltungsbereich der europäischen Union gehörenden Gebiet ist nur dann erforderlich, wenn für den Versicherer Umstände erkennbar sind, aus denen sich ein entsprechender Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers ergibt.

 

Gefahrerhöhung bei Verstoß gegen Tarifierungsmerkmal „Garage“?

LG Magdeburg

Das Parken eines Fahrzeuges vor der Garage kann eine Gefahrerhöhung darstellen, welche den Kaskoversicherer im Falle eines Diebstahls zur Kürzung in Höhe von 30 % berechtigt, wenn versicherungsvertraglich vereinbart ist, dass das Fahrzeug nachts in einer Garage untergestellt wird.

 

Zerkratzen eines Kfz ist ein versicherter „Unfall“

OLG Hamm

Nach den üblichen Bedingungen der Kfz-Vollkaskoversicherung (AKB) ist das zerkratzen des Kfz ein versicherter „Unfall“, und zwar auch dann, wenn das Kfz durch eine Vielzahl von Kratzern beschädigt worden ist, was einige Minuten gedauert haben muss. Gleichwohl handelt es sich um ein „plötzliches“ Ereignis.

 

Schadensersatzanspruch nach Verkehrsunfall: Anscheinsbeweis bei Überholen trotz unklarer Verkehrslage

OLG Düsseldorf

Es ist untersagt, bei unklarer Verkehrslage zu überholen. Von einer unklaren Verkehrslage im Sinne der Straßenverkehrsordnung kann ausgegangen werden, wenn nach den Umständen mit einem gefahrlosen Überholen nicht gerechnet werden darf, etwa wenn sich nicht verlässlich beurteilen lässt, was der Vorausfahrende sogleich tun werde, wenn er sich unklar verhält, in seiner Fahrweise unsicher erscheint oder wenn es den Anschein hat, er wolle abbiegen, ohne dass dies vollkommen eindeutig angezeigt wird. Bei Kollisionen mit dem nachfolgenden Verkehr gibt es einen Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Linksabbiegers. Dem Erfordernis der doppelten Rückschau ist nur genügt, wenn der Abbiegende vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen Rückschau hält und dabei sowohl den Innen- als auch der Außenspiegel benutzt.

 

Linksabbieger haftet allein bei Verstoß gegen Rückschaupflicht

OLG München

Kommt es zu einer Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Fahrzeug, so haftet der Linksabbieger allein, da er gegen die Rückschaupflicht im Sinne des § 9 Abs. 1, Abs. 5 StVO verstoßen hat. In diesem Fall handelt er grob verkehrswidrig.

 

Versicherungsrechtliche Einordnung eines Schadensereignisses als Betriebsschaden

OLG Stuttgart, 30.07.2020, 7 U 57/20

Ein schadenverursachendes Überfahren einer Fahrbahnschwelle stellt keinen Unfall im Sinne der AKB 2015, sondern lediglich einen von der Vollkaskoversicherung nicht abgedeckten Betriebsschaden dar. Denn es wirkt sich in einem solchen Fall lediglich ein Risiko aus, dem das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.

 

Rücksichtsbezogene Treupflicht eines nicht einstandspflichtigen Vollkaskoversicherers

OLG Schleswig

Ein nicht einstandspflichtiger Vollkaskoversicherer verletzt gegenüber dem Versicherungsnehmer, dem er ein ihm vorliegendes Schadensgutachten nicht unaufgefordert übersendet, weder eine versicherungsvertragliche noch eine leistungsunabhängige Rücksichts- oder leistungsbezogene Treuepflicht. Mit der endgültigen Leistungsablehnung des Versicherers enden, solange der Versicherer an ihr festhält, die Verhandlungen über eine Entschädigungsleistung, während derer der Versicherer auf Angaben eines redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Nur bis zu der Erklärung, die Leistung abzulehnen, besteht daher die besondere Schutzbedürftigkeit des Versicherers, der im Versicherungsrecht mit der Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhaft begangener Obliegenheitsverletzungen Rechnung getragen werden darf. Hieraus folgt aber nicht, dass mit der Leistungsablehnung auch alle Treuepflichten - zumal des Versicherers - enden könnten. Allerdings kann es eine Treuepflichtverletzung darstellen, wenn der Vollkaskoversicherer ein Schadensgutachten auf Anforderung nicht zur Verfügung stellt.

 

Mithaftung bei Nutzung der Fahrbahnbreite trotz Sichtbehinderung

OLG Hamm

Kommt es zu einer Kollision eines die Gegenfahrbahn fast in voller Breite beanspruchenden Fahrzeugs des fließenden Verkehrs mit einem in Gegenrichtung an unübersichtlichger Stelle auf die Fahrbahn einbiegenden Mofa, so trifft das Fahrzeug des fließenden Verkehrs eine Mithaftung von 25%, wenn es trotz Sichtbehinderung die Gegenfahrbahn fast in voller Breite mit benutzte. Denn der Fahrer des Fahrzeugs des fließenden Verkehrs wäre als Idealfahrer nicht in die konkrete Gefahrensituation geraten, da er bei Annäherung an eine Straßeneinmündung mit erheblicher Sichtbehinderung nicht die nahezu volle Breite der Straße benutzt hätte. Das Rechtsfahrgebot gilt zwar grundsätzlich nur dem Schutz des gleichgerichteten Verkehrs, es schließt jedoch nicht aus, dass sich durch die Benutzung der linken Fahrbahnseite die Betriebsgefahr eines unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges erhöht.

 

Haftung eines Linksabbiegers bei Kollision mit überholendem Fahrzeug

OLG München

Kommt es zu einer Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Fahrzeug, so haftet der Linksabbieger allein, da er gegen die Rückschaupflicht verstoßen hat. Dies gilt jedenfalls, wenn der Linksabbieger den Fahrtrichtungsanzeiger nicht gesetzt hat.

 

Haftung bei Kollision mit sich öffnender Autotür bei Einfahren in Parktasche bemisst sich nach § 1 Abs. 2 StVO

OLG Düsseldorf

Kommt es auf einem abgetrennten Teil eines Supermarkt-Parkplatzes zu einer Kollision eines in eine Parktasche einfahrenden Fahrzeugs mit der sich öffnenden Tür eines daneben abgestellten Fahrzeugs, so ist eine Haftungsverteilung von 1/4 zu 3/4 zu Lasten des abgestellten Pkw jedenfalls dann angezeigt, wenn bereits eine Person ausgestiegen und daher damit zu rechnen war, dass weitere Personen das stehende Fahrzeug verlassen würden. § 14 Abs. 1 S. 1 StVO ist auf Parkplätzen und in Parkhäusern insoweit nur mittelbar über § 1 Abs. 2 StVO anwendbar.

 

Versicherungsrechtliche Einordnung eines Schadensereignisses als Betriebsschaden

OLG Stuttgart

Ob ein Ereignis, das die wesentlichen Merkmale eines Unfalls aufweist, als Betriebsschaden oder als Unfallschaden anzusehen ist, hängt entscheidend von der konkreten Verwendung des Fahrzeugs ab. Schäden, die durch Ereignisse und Umstände hervorgerufen werden, in denen sich Gefahren verwirklichen, denen das Fahrzeug im Rahmen seiner vorgesehenen konkreten Verwendung üblicherweise ausgesetzt ist, die also nur eine Auswirkung des normalen Betriebsrisikos sind, das in Kauf genommen wird, sind Betriebsschäden. Daher stellt ein schadenverursachendes Überfahren einer Fahrbahnschwelle keinen Unfall im Sinne der AKB 2015, sondern lediglich einen von der Vollkaskoversicherung nicht abgedeckten Betriebsschaden dar, weil sich lediglich ein Risiko auswirkt, dem das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.

 

Darlegung eines Haushaltsführungsschadens

OLG Celle

Für den Haushaltsführungsschaden sind die konkreten Umstände des Falls maßgeblich. Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte daher im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können; ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht. Eine zeitliche Begrenzung für den Ersatz des Haushaltsführungsschadens, z B. bis zum 75. Lebensjahr, ist nicht vorzunehmen, sofern keine konkreten Umstände in der Person des Geschädigten vorliegen, die eine Begrenzung rechtfertigen würden. Eine Tenorierung, wonach die Zahlungen "auf Lebenszeit" zu erbringen sind, ist unbedenklich.

 

Nicht notwendigerweise grobe Fahrlässigkeit bei einem Sekundenschlaf eines Pkw-Fahrers

OLG Celle

Ein leichtes Einnicken (sog. Sekundenschlaf) begründet nur dann den Vorwurf eines leichtfertigen Handelns, wenn sich der Fahrer bewusst über von ihm erkannte Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt hat. Es ist nicht völlig unentschuldbar, wenn der beklagte Fahrzeugfahrer auf die Gegenfahrbahn geraten ist, weil er bei Dunkelheit und Nebel infolge einer Fahrbahnsenke die Lichter aus dem Gegenverkehr und die Rückleuchten der ihm vorausfahrenden Fahrzeuge aus den Augen verloren hat und deswegen kurzzeitig orientierungslos gewesen ist.

 

Auswirkungen der Geltendmachung nicht unfallbedingter Vorschäden

LG Hagen

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls verliert seinen berechtigten Anspruch auf Ersatz feststehend unfallbedingter Schäden im Hinblick auf § 242 BGB nicht dadurch, dass er auch von ihm verschwiegene, nicht unfallbedingte Vorschäden mit geltend macht. Die Geltendmachung des Schadensersatzes, der auf Ausgleich der festgestellten unfallbedingten Schäden gerichtet ist, stellt sich vor diesem Hintergrund nicht als unzulässige Rechtsausübung dar. Es ist anerkannt, dass eine Kfz-Haftpflichtversicherung, die den geltend gemachten Schaden des Unfallgeschädigten auf Basis der Schätzung des gerichtlichen Sachverständigen übersteigenden Schäden erstattet, nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen denjenigen Geldbetrag zurückverlangen kann, der auf den nicht zuordnungsfähigen Schaden entfällt, wenn sich nach der sachverständigen Neubegutachtung und Beweisaufnahme im Prozess herausstellt, dass der reparierte Schaden nicht vollständig auf das Unfallgeschehen zurückzuführen ist.

 

Unfallfahrt als betriebliche Tätigkeit

OLG Celle

1. Der Begriff der betrieblichen Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist weit auszulegen. Als betriebliche Tätigkeit des Schädigers ist grundsätzlich jede gegen Arbeitsunfall versicherte Tätigkeit zu qualifizieren. Hierzu zählt auch die Durchführung von Fahrten mit Betriebsfahrzeugen im Straßenverkehr.

2. Eine betriebliche Tätigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Fahrt im Betriebsinteresse des Arbeitgebers des Versicherten durchgeführt wird. Grobe Fahrlässigkeit kann anzunehmen sein, wenn ein Fahrzeugführer auf gerader Strecke bei ungeminderter Erkennbarkeit von hinten auf ein ordnungsgemäß und hinreichend beleuchtetes Trecker-Anhänger-Gespann auffährt, ohne auszuweichen oder abzubremsen.

 

Ersatzfähigkeit von Schäden einer Krankenkasse bei verringerten Krankenkassenbeiträgen

KG Berlin

Der Schaden, den eine Krankenkasse dadurch erleidet, dass ein Mitglied als Folge eines ärztlichen Behandlungsfehlers ihrer früheren Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen kann, wodurch sich der Krankenkassenbeitrag verringert, ist als mittelbarer Schaden nicht erstattungsfähig. Ein Ersatzanspruch der Krankenkasse ergibt sich weder aus § 224 Abs. 2 SGB V analog i.V.m. § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X und § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V, noch aus dem Behandlungsvertrag nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte oder der Drittschadensliquidation.

 

Leistungspflicht eines Kfz-Haftpflichtversicherers aus einer vorläufigen Deckung

KG Berlin

Auch wenn ein Hauptvertrag über eine Kfz-Versicherung nicht zustande gekommen ist, weil im Versicherungsantrag ein anderes Fahrzeug ausgewiesen wurde als im Versicherungsschein und der Versicherungsnehmer das darin liegende neue Angebot mangels Prämienzahlung nicht angenommen hat, so bleibt die Leistungspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers aus der vorläufigen Deckung bestehen, wenn das den Unfall verursachende Fahrzeug mit einer "blanko" erteilten elektronischen Versicherungsbestätigung (eVB) zugelassen wurde. Indem der Kfz-Versicherer dem Unfallgegner die eVB-Nummer zur Verfügung gestellt und dieser davon Gebrauch gemacht hat, ist ein Vertrag über vorläufigen Versicherungsschutz für das zugelassene Fahrzeug zustande gekommen.

 

Begriff der relativen Fahruntüchtigkeit des Versicherungsnehmers

OLG Brandenburg

Ein Recht, seine Versicherungsleistung zu kürzen, hat der Versicherer laut Abschn. A. 2.21.1 Satz 3 AKB dann, wenn der Versicherungsfall vom Versicherungsnehmer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Diese Regelung schränkt § 81 Abs. 2 VVG - in zulässiger Weise - zugunsten des Versicherungsnehmers ein. Um eine relative Fahruntüchtigkeit des Wagenlenkers zu bejahen, deren Unfallkausalität tatsächlich vermutet wird, genügt nicht allein die Feststellung einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 0,2 und 1,1 Promille, sondern es müssen sich - anders als bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach neuerer Rechtsprechung bei 1,1 Promille beginnt - weitere Gegebenheiten, speziell alkoholtypische Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler, konstatieren lassen, die den Schluss rechtfertigen, der Fahrer sei nicht mehr in der Lage gewesen, sein Automobil sicher im Verkehr zu steuern.

 

(Mit-)Haftung eines Liegenbleibers für einen Auffahrunfall

KG Berlin

Den Halter eines Fahrzeugs, das unfallbedingt auf der Autobahn auf Stand- und rechtem Fahrstreifen liegen bleibt und nur teilweise gesichert ist, kann für einen Auffahrunfall anderer Fahrzeuge eine Mithaftung treffen, die sich bei Annäherung an die Unfallstelle ihrerseits sorgfaltswidrig verhalten haben. In einem solchen Fall fehlt es nicht an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Eigenunfall und dem Auffahrunfall. Der Erstunfall prägt in einer solchen Fallgestaltung trotz der bereits vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen das nachfolgende Unfallgeschehen.

 

Vorsätzliche Herbeiführung eines Schadensereignisses in suizidaler Absicht

OLG München

Der Versicherungsnehmer, der in Selbsttötungsabsicht einem mit hoher Geschwindigkeit herannahenden ICE-Zug entgegengeht, um sich von diesem überfahren zu lassen, handelt hinsichtlich der Schäden an dem Zug und der daraus resultierenden Folgeschäden vorsätzlich, wenn er trotz seiner psychischen Ausnahmesituation nach seinem Bildungsstand und seinen Kenntnissen von den Folgen eines derartigen Selbstmordes damit rechnen musste, dass solche Schadensfolgen zwangsläufig eintreten. Nichts anderes kann gelten, wenn sich der Versicherungsnehmer in einem Pkw einem mit hoher Geschwindigkeit herannahenden ICE-Zug entgegenstellt. Steht die Selbstmordabsicht des Versicherungsnehmers fest, so hat er (hier: beim Umfahren einer Schranke) auch vorsätzlich im Sinne des § 103 VVG gehandelt.

 

Beweislast nach Fahrzeugdiebstahl

OLG Dresden

Mit einem aufgrund seines Aussageverhaltes unglaubwürdigen Zeugen lässt sich der Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung in der Kfz-Versicherung nicht führen.

 

Beweislast bei Fahrzeugdiebstahl

OLG Hamm

Behauptet der Versicherungsnehmer einen Kfz-Diebszahl, muss er das sogenannte „äußere Bild“ beweisen: Das Kfz muss zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt und dann dort zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt – gegen den Willen des Berechtigten – nicht wieder aufgefunden worden sein . Wurde das Kfz (zuletzt) von einem Dritten genutzt und kann (deshalb) der Versicherungsnehmer selbst zum Abstellen und nicht wieder Auffinden keine Angaben machen, ist dieser Dritte regelmäßig als Zeuge zu hören. Ist der Verstorben und sind auch sonst hinreichende Feststellungen zum äußeren Bild nicht möglich, bleibt der Versicherungsnehmer beweisfällig. Dass für den Versicherungsnehmer bei einem Diebstahl an sich die Vermutung der Redlichkeit streitet, hilft diesem dann nicht.

 

Die Haftungsbeschränkung in §§ 104 ff. SGB VII ist ebenfalls auf Ansprüche auf Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB anwendbar.

LG Koblenz

Durch das Gesetz zur Einführung eines Hinterbliebenengeldanspruchs v 17.7.2017 (BT-Drs 18/11397, BGBl I 2421) ist Abs 3 angefügt worden. Nahen Angehörigen eines Getöteten, nicht aber eines schwer Verletzten, steht nach Abs 3 auch dann ein Entschädigungsanspruch zu, wenn sie keine eigene Gesundheitsbeschädigung iSv § 823 Abs. 1 und § 253 Abs. 2 BGB erlitten haben, ihr seelisches Leid also nicht über das hinausgeht, was Hinterbliebene angesichts des Todes naher Angehöriger erfahrungsgemäß erleiden. Für eine Herausnahme des in § 844 Abs. 3 BGB geregelten Hinterbliebenengeldes aus der Privilegierung der §§ 104, 105 SGB VII ist aus systematischen Gründen kein Raum.

 

Hälftiger Regress bei LKW-Gespannunfall in Deutschland, auch wenn der ausländische (hier dänische) Versicherungsvertrag für den Anhänger nur eine subsidiäre Haftung vorsieht

OLG Schleswig

1. Bei Unfällen eines Fahrzeuggespanns haben die beiden Versicherer im Innenverhältnis je zur Hälfte den Schaden zu tragen, wenn Zugmaschine und Auflieger bei zwei unterschiedlichen deutschen Versicherungen haftpflichtversichert sind.

2. Dieser Innenausgleich kann nach deutschem Recht nicht durch eine Subsidiaritätsvereinbarung des einen Haftpflichtversicherers mit seinem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden, da ein solcher Ausschluss auf einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter hinauslaufen würde. Eine Abbedingung wäre grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den Versicherern möglich.

3. Der Innenregress ist auch dann möglich, wenn ein dänischer Versicherer mit seinem Versicherungsnehmer hinsichtlich des Anhängers/Aufliegers eine nach dänischem Recht wirksame Subsidiaritätsklausel vereinbart hat. Denn der Versicherungspflicht nach deutschem Recht kommt bei einem Unfall in Deutschland nach Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I-VO Vorrang zu. Ein im EU-Ausland geführtes Fahrzeug erhält damit den am Nutzungsort gesetzlich erforderlichen, ggf. erweiterten vertraglichen Versicherungsschutz.

 

Zu den Grenzen des Einsichtsrechts des Versicherungsnehmers in das Gutachten des Kasko-Versicherers (hier: bejaht bei Zweifeln an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers)

OLG Saarbrücken

1. Eine Regelung in den AVB eines Kaskoversicherers, wonach die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes nur gezahlt werden, wenn das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wird und der Versicherungsnehmer dies durch eine Rechnung nachweist, während bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur nur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts erstattet werden, ist wirksam.

2. Eine vom Versicherungsnehmer vorgelegte Rechnung, die zahlreiche Ungereimtheiten aufweist und bei der wesentliche steuerliche Pflichtangaben (vgl. § 14 UStG) fehlen bzw. nicht zutreffen, erfüllt bei sachgerechter Bewertung unter Umständen nicht die Anforderungen an einen ausreichenden Reparaturnachweis.

3. Auch ein Kaskoversicherer kann dazu verpflichtet sein, seinem Versicherungsnehmer Einsicht in ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten zu gewähren. Diese aus Treu und Glauben folgende vertragliche Nebenpflicht findet ihre Grenzen aber dort, wo überwiegende schutzwürdige Interessen des Versicherers berührt sind; hier: angesichts durchgreifender Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers und der Berechtigung der von ihm geltend gemachten.

 

Begriff der relativen Fahruntüchtigkeit des Versicherungsnehmers

OLG Brandenburg

Ein Recht, seine Versicherungsleistung zu kürzen, hat der Versicherer laut Abschn. A. 2.21.1 Satz 3 AKB dann, wenn der Versicherungsfall vom Versicherungsnehmer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Diese Regelung schränkt § 81 Abs. 2 VVG - in zulässiger Weise - zugunsten des Versicherungsnehmers ein. Um eine relative Fahruntüchtigkeit des Wagenlenkers zu bejahen, deren Unfallkausalität tatsächlich vermutet wird, genügt nicht allein die Feststellung einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 0,2 und 1,1 Promille, sondern es müssen sich - anders als bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach neuerer Rechtsprechung bei 1,1 Promille beginnt - weitere Gegebenheiten, speziell alkoholtypische Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler, konstatieren lassen, die den Schluss rechtfertigen, der Fahrer sei nicht mehr in der Lage gewesen, sein Automobil sicher im Verkehr zu steuern.

 

(Mit-)Haftung eines Liegenbleibers für einen Auffahrunfall

KG Berlin

Den Halter eines Fahrzeuges, das unfallbedingt auf der Autobahn auf Stand- und rechtem Fahrstreifen liegen bleibt und nur teilweise gesichert ist, kann für einen Auffahrunfall anderer Fahrzeuge eine Mithaftung treffen, die sich bei Annäherung an die Unfallstelle ihrerseits sorgfaltswidrig verhalten haben. In einem solchen Fall fehlt es nicht an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Eigenunfall und dem Auffahrunfall. Der Erstunfall prägt in einer solchen Fallgestaltung trotz der bereits vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen das nachfolgende Unfallgeschehen.

 

Kollision nach 270 Grad Anfahr-Wende-Abbiege-Manöver

LG Wuppertal

1. Sowohl gegen den Wendenden, als auch den vom Bürgersteig auf die Fahrbahn einfahrenden Verkehrsteilnehmer spricht der Anscheinsbeweis.

2. Dies gilt auch für den so genannten berührungslosen Unfall.

 

Türöffnerunfall auf öffentlichem Parkplatz

OLG Düsseldorf

Auch § 14 Abs. 1 Satz 1 StVO ist auf Parkplätzen und in Parkhäusern nur mittelbar über § 1 Abs. 2 StVO anwendbar.

 

Ersatz der Kosten für eine Betreuungsperson

BGH

Zur Verpflichtung des Schädigers, die Kosten einer verletzungsbedingt erforderlichen Begleitung des Geschädigten durch Betreuungspersonen zu ersetzen (hier: behinderungsbedingte Mehrkosten einer Reise nach Cran Canaria)

 

Sorgfaltspflichten bei einem Wechsel des Fahrstreifens in einem Kreisverkehr

OLG Hamm

Der Wechsel vom kurveninneren auf den äußeren Fahrstreifen eines Kreisverkehrs zwecks Abbiegens aus dem Kreisverkehr darf nur unter Beachtung der Sorgfaltspflichten nach § 9 Absätze 1 und 3 StVO erfolgen. In diesem Zusammenhang ist nicht auf § 7 Abs. 5 StVO und auf einen Anschein für einen Verstoß gegen diese Vorschrift abzustellen. Gegenüber dem bevorrechtigten gleichgerichteten Verkehr auf der rechten äußeren Spur ist eine ähnlich hohe besondere Sorgfalt zu wahren wie im Falle eines Fahrstreifenwechsels.

 

Bemessung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in einer Verkehrsunfallsache

OLG Brandenburg

Eine anwaltliche Tätigkeit in einer Verkehrsunfallsache ist nicht allein deshalb überdurchschnittlich, weil neben dem materiellen Schaden auch ein Personenschaden zu regulieren ist. Der Umstand, dass der Geschädigte kein eigenes Erinnerungsvermögen an den Unfall besitzt, erschwert die Tätigkeit ebenfalls nicht. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers stellt in durchschnittlichen Fällen die Schwellengebühr von 1,3 eine Regelgebühr dar. Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind alle Umstände im Einzelfall zu berücksichtigen, vor allem der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nach Nr. 2300 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin überdurchschnittlich war.

 

Schadensersatz nach bauartbedingtem Umkippen eines Sonderschutzfahrzeugs

OLG Celle

Der Fahrer eines Sonderschutzfahrzeugs, das wegen seiner Aufpanzerung beim zügigen Rückwärtsfahren mit eingeschlagener Lenkung schon nach wenigen Metern umkippt, handelt nicht fahrlässig, weil diese Gefahr nicht vorhersehbar war, insbesondere auch nicht allgemein bekannt gemacht worden ist. Insbesondere fehlt es an der Voraussehbarkeit. Diese bezieht sich nur auf den Haftungstatbestand und nicht auf die weitere Schadensentwicklung. Wann Vorhersehbarkeit zu bejahen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn der Schuldner sich so verhält, wie es ihm von empfohlenen Fachleuten empfohlen worden ist, handelt er nicht fahrlässig. Wenn sich mit dem Umstürzen des Fahrzeugs eine Gefahr realisiert hat, die dem Fahrzeug bauartbedingt innewohnte, ohne dass der Fahrer hierauf besonders hingewiesen worden wäre, so ist das durchgeführte Fahrmanöver nicht als sorgfaltswidrig anzusehen.

 

Anpassung der Geschwindigkeit bei starkem Regen auf einer Autobahn

AG Tübingen

Bei starken Regenfällen kann eine Geschwindigkeit eines Kraftfahrzeuges von 100 Km/h auch auf einer Autobahn zu hoch sein. Bei der angepassten Geschwindigkeit ist auch die Art und der Zustand der Bereifung zu berücksichtigen. Bei 345 Millimeter breiten Reifen mit einer Profiltiefe von nicht mehr als zwei Millimetern kann die angepasste Geschwindigkeit bei 60 Km/h liegen. Wenn der Betroffene das Fahrzeug mit mindestens 100 km/h führte, obwohl infolge der Straßen- und Wetterverhältnisse eine Geschwindigkeit von 60 Km/h angepasst gewesen wäre, hat er gegen § 3 Abs. 1 Satz 1, 2 StVO verstoßen. Eine Verurteilung nach § 3 Abs. 1 StVO setzt voraus, dass das Gericht eine klare Vorstellung über die objektive und die subjektiv zulässige Fahrgeschwindigkeit hat. Der Betroffene muss bei starken Regenfällen damit rechnen, dass sich Wasser auf der Fahrbahn sammelt und dann auch auf einer Autobahn eine Fahrgeschwindigkeit von 100 Km/h zu hoch ist.

 

Preissteigerungen bei der fiktiven Schadensberechnung

BGH

Bei der fiktiven Schadensberechnung ist für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs materiell-rechtlich der Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung, verfahrensrechtlich regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung maßgeblich. Vorher eintretende Preissteigerungen für die günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt, auf die der Schädiger den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB verweisen darf, gehen daher in der Regel zu Lasten des Schädigers.

 

Mitverschulden bei Überholen einer stockenden Kolonne mit Warnblinklicht ohne die Gewissheit einer Einscherlücke und Kollision

OLG Schleswig

1. Wer eine stockende Kolonne überholen will, muss nach der Örtlichkeit gewiss sein, dass kein Vorausfahrender links abbiegen will und dass eine Einscherlücke vorhanden ist.

2. Beim Überholen sind nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 StVO grundsätzlich nur Schall- und Leuchtzeichen gestattet. Die übermäßige Verwendung von Warnblinklicht ist zu vermeiden.

3. Der Zeit- und Verdienstausfall für die Regulierung eines Verkehrsunfalls ist Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos und wird nicht ersetzt.

 

Reichweite der Haftung des Halters eines Anhängers nach § 7 Abs. 1 StVG

BGH

Wird ein Schaden dadurch verursacht, dass der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Sattelauflieger durch starken Seitenwind gegen den auf demselben Parkplatz abgestellten Pkw der Klägerin geschoben wurde, hat sich damit die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Windeinfluss verwirklicht, die durch das Abstellen noch nicht beseitigt war, auch wenn dieses ordnungsgemäß erfolgte. Diese Gefahr wird vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG erfasst, wenn sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Unfallverursachung im Verkehrsraum befand. Der notwendige Zusammenhang zwischen dem Betriebsvorgang und der streitgegenständlichen Schadensursache ist dann gegeben, unabhängig davon, ob sich der Anhänger zum Zeitpunkt seiner Verschiebung schon in Bewegung befand oder durch den Wind "in Richtung der Räder" bewegt wurde. Unerheblich ist auch, ob sich der Unfall im privaten oder öffentlichen Verkehrsraum ereignet.

 

Anwendbares Recht bei Verkehrsunfall in Luxemburg unter Beteiligung von Personen mit ständigem Aufenthalt  

OLG Saarbrücken

1. Haben die an einem ausländischen Unfallgeschehen – hier in Luxemburg – beteiligten Personen ihren ständigen Aufenthaltsort in Deutschland, richtet sich die Haftung für den Verkehrsunfall nach deutschem Recht (Art. 4 Abs. 2 ROM II-VO); die Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 ROM II-VO kommt nicht zur Anwendung. Welche Verursachungs- und Verschuldensbeiträge in die gemäß § 17 Abs. 2 StVG vorzunehmende Haftungsabwägung einzustellen sind, beurteilt sich demgegenüber gemäß Art. 17 ROM II-VO nach dem am Unfallort geltenden Straßenverkehrsrecht.2. Inwieweit zu Lasten eines Unfallbeteiligten ein Anscheinsbeweis in Betracht kommt, ist im Ausgangspunkt dem jeweils geltenden Sachrecht (lex causae) zu entnehmen. Im Anwendungsbereich des Art. 17 ROM II-VO kann jedoch alleine auf die mit den am Tatort geltenden (Verkehrs-)Regeln im Zusammenhang stehenden Anscheinsbeweise zurückgegriffen werden.3. Wird das ausländische Sachrecht trotz erkannter Entscheidungserheblichkeit nicht ermittelt, so stellt dies einen schweren Verfahrensfehler und damit einen Zurückverweisungsgrund nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO dar.

 

Keine Verpflichtung des Geschädigten eines Verkehrsunfalls zur Inanspruchnahme einer Vollkaskoversicherung

OLG Brandenburg

Ein Geschädigter ist in der Regel nicht verpflichtet, seinen Vollkaskoversicherer in Anspruch zu nehmen, denn Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers. Dem Geschädigten ist je nach Ausmaß des Schadens regelmäßig eine gewisse Zeit für die Wahl zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung zuzugestehen. Im Übrigen muss er sich um eine zügige Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung bemühen. Eine Verzögerung der Reparatur durch die beauftragte Werkstatt oder wegen der Dauer der Ersatzteilbeschaffung geht grundsätzlich zu Lasten des Schädigers und nicht des Geschädigten. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn dem Geschädigten - etwa bei der Auswahl der Werkstatt oder bei der Überwachung des Reparaturbetriebes - ein Verstoß gegen seine Schadensminderungsobliegenheit vorzuwerfen ist.

 

Anspruchsmindernde Wirkung der Betriebsgefahr

OLG München

Die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges kann sich zwar in erweiternder Auslegung des § 254 BGB grundsätzlich anspruchsmindernd auswirken. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich der Geschädigte die Betriebsgefahr seines Kfz dem Schädiger gegenüber zurechnen lassen muss. Dies ist beim nicht haltenden Fahrzeugeigentümer (Leasingfahrzeug) nicht der Fall.

 

Bemessung des Mitverschuldens bei einem Nichtanlegen des Sicherheitsgurts

OLG München

Die Bemessung des Mitverschuldens wegen des Nichtanlegens des Sicherheitsgurts durch einen Unfallbeteiligten erfolgt auch in Ansehung des Umstandes, dass für jede erlittene Verletzung das Nichtanlegen des Gurtes von unterschiedlichem Gewicht gewesen sein kann, einheitlich. Grundsätzlich können dem Schädiger auch bei der Frage, ob die vom Geschädigten erlittenen Verletzungen ganz oder zum Teil auf das Nichtanlegen des Gurtes zurückzuführen sind, die Regeln des Anscheinsbeweises zugutekommen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unfall einer der hierfür typischen Gruppen von Unfallabläufen zuzuordnen ist. Wegen der Nichtanlegung des Sicherheitsgurtes ist eine Mitverschuldensquote von 30% angemessen.

 

Umfang und Grenzen der Sorgfaltspflichten eines Fahrers eines Einsatzfahrzeuges

LG Detmold

Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. Dabei gilt, dass umso höhere Anforderungen an die Sorgfalt des Sonderrechtsfahrers zu stellen sind, je mehr dieser von den Verkehrsregeln abweicht. Fahrer von Einsatzfahrzeugen haben darauf Bedacht zu nehmen, dass bei der Einsatzfahrt keine anderen Verkehrsteilnehmer zu Schaden kommen. Der Fahrer eines Einsatzfahrzeugs ist grundsätzlich von den allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkungen befreit. Bei Annäherungen an eine Kreuzung oder Einmündung im Falle einer Rotlicht zeigenden Ampel ist er verpflichtet, so zu fahren, dass er sich durch Einblick in die vorfahrtsberechtigte Straße vergewissert hat, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sein Vorrecht erkannt haben.

 

Recht eines Unfallgeschädigten zur Abrechnung auf Basis der tatsächlich angefallenen Reparaturkosten

OLG Hamm

Bei dem Vergleich der Reparatur- mit den Wiederbeschaffungskosten gehen das Werkstatt- und das Prognoserisiko zu Lasten des Schädigers, wenn der Geschädigte nach entsprechender Information den Weg der Schadensbehebung mit dem vermeintlich geringeren Aufwand wählt. Etwas anderes gilt, wenn ausnahmsweise dem Geschädigten insoweit ein Auswahl- bzw. Überwachungsverschulden zur Last fällt, das vom Schädiger darzulegen und zu beweisen ist. Grundsätzlich ist es daher so, dass der Schädiger das sogenannte Prognose- und Werkstattrisiko trägt. Der Zeitpunkt, in dem das hier einschlägige Prognoserisiko auf den Schädiger übergeht, ist der, in dem der Geschädigte auf der Grundlage eines Schadensgutachtens berechtigterweise sich für die Instandsetzung entscheidet und den Reparaturauftrag erteilt.

 

Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung bei einer Überschwemmung

OLG Karlsruhe

1. Eine Wasseransammlung auf einer Straße von bis zu 90 cm Tiefe nach einem Starkregen ist eine Überschwemmung im Sinne der üblichen Bedingungen in der Teilkaskoversicherung.

2. Der Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung greift nicht nur dann ein, wenn eine Überschwemmung ein stehendes oder geparktes Fahrzeug ergreift. Vielmehr besteht Versicherungsschutz auch dann, wenn ein Fahrzeug in einem überschwemmten Bereich der Straße hineinfährt und dort durch das stehende Wasser beschädigt wird.

3. Eine „unmittelbare Einwirkung“ der Überschwemmung auf das Fahrzeug liegt vor, wenn sich das Fahrverhalten des Fahrzeugführers darauf beschränkt, dass er auf der von ihm befahrenen Straße „normal“ weiterfährt, und auf diese Weise in den überschwemmten Straßenbereich hineingerät.

4. Ein fahrlässiges Verhalten des Fahrzeugführers, der seine Fahrt trotz der Wasseransammlung in Verkennung der Gefahr fortsetzt, ändert nichts daran, dass der Schaden am Fahrzeug durch eine unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung entstanden ist.

 

Zu den Voraussetzungen der (relativen) Fahruntüchtigkeit (hier 0,49 Promille)

OLG Brandenburg

Eine (relative) Fahruntüchtigkeit kann sich auch aus typisch alkoholbedingten Fehlern ergeben. Es obliegt jedoch nicht dem klagenden Versicherungsnehmer, die von ihm behauptete – alkoholunabhängige – Unfallursache zu beweisen, vielmehr muss der Versicherer die Sachdarstellung des Versicherungsnehmers widerlegen.

 

Arglist bei Unfallflucht

Landgericht Osnabrück

Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers kann sein Verhalten gegenüber den strafrechtlichen Ermittlungsbehörden sprechen.

 

Beschädigung des eigenen Fahrzeugs bei Ausparken eines fremden Fahrzeugs

Landgericht Saarbrücken

Der Haftungsausschluss des § 8 Nr. 2 StVG erfasst auch die Schädigung von Rechtsgütern des bei dem Betrieb Tätigen, die nur zufällig in den Gefahrenkreis des Betriebs eines Kraftfahrzeugs geraten sind.
 

Ermittlung ausländischen Rechts durch den deutschen Tatrichter

BGH

Auf einen Regressanspruch eines litauischen Kfz-Haftpflichtversicherers eines in Litauen zugelassenen Kraftfahrzeugs gegen einen Fahrzeugführer, der mit dem Fahrzeug in Deutschland unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht hat, ist litauisches Recht anwendbar. Die Anwendbarkeit des litauischen Rechts auf das Schuldverhältnis ergibt sich aus Art. 7 Abs. 4 Buchst. b) Rom I-VO, Art. 46d EGBGB. Der Tatrichter hat das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Dabei hat der deutsche Richter das ausländische Recht so anzuwenden, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. An die Ermittlungspflicht werden umso höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder je fremder im Vergleich zum eigenen das anzuwendende Recht ist. Von Einfluss auf das Ermittlungsermessen können auch Vortrag und sonstige Beiträge - etwa Privatgutachten - der Parteien sein.

 

Zum Begriff des unabwendbaren Ereignisses

OLG Stuttgart

1. Als unabwendbar gilt ein Ereignis gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 StVG dann, wenn sowohl Fahrer als auch Halter jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Diese Sorgfalt erfordert ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB hinaus. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein "Idealfahrer" verhalten haben. Dieses Erfordernis dient lediglich der Ausgrenzung von fremden Gefahrenkreisen, für die, wenn sie sich im Schadensereignis aktualisieren, die Gefährdungshaftung nach ihrem Sinn und Zweck nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Die Prüfung darf sich deshalb nicht auf die Frage beschränken, ob der Fahrer in der konkreten Gefahrensituation wie ein "Idealfahrer" reagiert hat; vielmehr ist sie auf die weitere Frage zu erstrecken, ob ein "Idealfahrer" überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre. Der sich aus einer abwendbaren Gefahrenlage entwickelnde Unfall wird nicht dadurch unabwendbar, dass sich der Fahrer in der Gefahr nunmehr (zu spät) "ideal" verhält. Der "Idealfahrer" muss auch die Erkenntnisse berücksichtigen, die nach allgemeiner Erfahrung geeignet sind, Gefahrensituationen nach Möglichkeit zu vermeiden.

2. Nach diesen Grundsätzen kann sich ein Fahrer nicht auf § 17 Abs. 3 StVG berufen, wenn ein Idealfahrer erkannt hätte, dass das rückwärtige Ausfahren aus der Garage angesichts eines nur schmalen Zwischenraums zwischen Garagenfront und Lkw, der für das Ausfahren zur Verfügung stand, ein Rangieren erfordert, dass der Pkw also längerfristig in diesem Bereich bewegt werden muss. Ein Idealfahrer hätte bedacht, dass ein auf der Fahrerseite des Lkw sich nähernder Fahrer den auf der Beifahrerseite des Lkw rangierenden Pkw unter Umständen nicht sehen würde. Ein Idealfahrer hätte erkannt, dass auch er unter Umständen nicht sehen würde, wenn sich der Fahrer des Lkw diesem auf der Fahrerseite nähert und einsteigt. Ein Idealfahrer hätte in Erwägung gezogen, dass der Fahrer des Lkw mit einem im Zwischenraum zwischen Garagenfront und Beifahrerseite des Lkw rangierenden Fahrzeug nicht rechnen und deshalb vor dem Losfahren sein Augenmerk nicht darauf richten könnte. Ein Idealfahrer hätte bemerkt, dass angesichts der baulichen Verhältnisse auf dem Betriebsgelände nicht nur die Möglichkeit eines Wegfahrens des Lkw nach vorn geradeaus, sondern auch die Möglichkeit eines Wegfahrens nach vorn unter Einlenken nach links bestand. Ein Idealfahrer hätte erkannt, dass sich das Heck des Lkw in diesem Fall in den Bereich hineinbewegen würde, den er zum Rangieren in Anspruch nehmen musste, und dass er nach Einleitung des Rangiervorgangs auf ein Losfahren des Lkw unter Weglenken nach links unter Umständen nicht mehr unfallvermeidend würde reagieren können. Aus diesen Gründen hätte ein Idealfahrer vor dem Ausfahren aus der Garage in geeigneter Weise sichergestellt, dass es während des Rangiervorgangs nicht zu einem Wegfahren des Lkw nach vorne links kommen kann. Diese Sicherstellung hätte ein Idealfahrer etwa durch den Auftrag an einen Dritten, im Falle des Erscheinens des Lkw-Fahrers diesen auf den hinter dem Lkw rangierenden Pkw aufmerksam zu machen, erreichen können.

 

Zur Bindung der Zivilgerichte an den vorzeitigen Pensionierungsbescheid eines Bundesbeamten

OLG Schleswig

1. Die Nachprüfung der Richtigkeit von Verwaltungsakten hinsichtlich der Frühpensionierung eines Beamten ist grundsätzlich den ordentlichen Gerichten entzogen. Dies gilt nur dann nicht, wenn es sich „um einen gesetzlich überhaupt nicht zu rechtfertigenden Akt reiner Willkür“ handelt. In diesem Fall sind die Zivilgerichte gem. § 242 ZPO wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot nicht an die Entscheidung des Dienstherrn, den geschädigten Beamten unfallbedingt in den Ruhestand zu versetzen, gebunden.

2. Ist die vorzeitige Pensionierung aus erkennbar sachfremden Erwägungen erfolgt (z. B. aus rein fiskalischen Gründen), kann gegen den Regress des Dienstherrn der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) erhoben werden. Hat der Geschädigte „unangemessen auf seine Zur-Ruhe-Setzung gedrängt“ oder sich nicht „energisch genug dagegen gewehrt“, kann dies als Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB eingewendet werden. Evtl. Vorerkrankungen, die ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit zu einer vorzeitigen Pensionierung geführt hätten, sind im Wege der überholenden Kausalität beachtlich.

3. Hing die Einschätzung der unfallbedingten Dienstunfähigkeit durch den maßgeblichen Amtsarzt ohne die erforderlichen Befunderhebungen erkennbar in der Luft, erfolgte die Frühpensionierung „willkürlich“ i.S. der Rechtsprechung. Das gilt insbesondere dann, wenn der Beamte nicht einmal drei Monate nach der amtsärztlichen Untersuchung nach eigenen Angaben gegenüber seinem behandelnden Arzt „subjektiv weitgehend unter voller Belastung beschwerdefrei“ war.

4. Aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 78 BBG) folgt auch eine Verpflichtung des Dienstherrn, im Rahmen des Möglichen die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu fördern. Etwaig noch bestehenden leichten Beschwerden eines Beamten mit sitzender Tätigkeit kann durch Maßnahmen, wie etwa der Einräumung einer Möglichkeit zum vorübergehenden Hochlegen des Beines, der Bewilligung von Pausen oder das Zurverfügungstellen höhenverstellbarer Schreibtische begegnet werden. Ein größerer öffentlicher Arbeitgeber wie die Bundesanstalt für Arbeit dürfte dazu auch in der Lage sein.

 

Nutzungsausfallentschädigung bei finanzieller Reparaturunmöglichkeit

OLG Frankfurt am Main

Steht ein Motorrad dem Geschädigten als einziges Fahrzeug zur Verfügung, kann im Fall der Beschädigung Nutzungsausfallentschädigung verlangt werden. Es kann für eine längere Zeit Nutzungsausfallentschädigung verlangt werden, wenn dem Geschädigten eine Reparatur finanziell nicht möglich ist und der Schädiger darüber informiert wurde. Denn es ist die Regel, dass der Geschädigte die Reparatur nicht vorfinanzieren muss.

 

Anscheinsbeweis im Falle eines Verkehrsunfalls beim Einfädeln in den fließenden Verkehr

OLG Dresden

Wer sich in den fließenden Verkehr einfädelt, hat die größtmögliche Sorgfalt zu beachten. Kommt es gleichwohl zu einem Unfall, streitet der Anscheinsbeweis gegen ihn. Dies gilt nicht, wenn der Einfahrvorgang im Unfallzeitpunkt bereits beendet war. Von einer Beendigung des Einfahrvorgangs ist dann auszugehen, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat. Ein örtlicher Zusammenhang von zehn bis zwölf Metern vom Ort des Anfahrens gehört noch unmittelbar zum Einfädel- oder Einfahrvorgang. Für die Bestimmung der Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall sind nur erwiesene Tatsachen heranzuziehen.

 

Wasseransammlung auf einer Straße nach einem Starkregen als Überschwemmung

OLG Karlsruhe

Eine Wasseransammlung auf einer Straße von bis zu 90 cm Tiefe nach einem Starkregen ist eine Überschwemmung im Sinne der üblichen Bedingungen in der Teilkaskoversicherung. Der Begriff ist nicht auf über die Ufer getretene Gewässer beschränkt, sondern schließt auch die Überschwemmung auf einer Straße durch einen Starkregen mit ein. Versicherungsschutz besteht auch dann, wenn ein Fahrzeug in einen überschwemmten Bereich der Straße hineinfährt, und dort durch das stehende Wasser beschädigt wird. Eine "unmittelbare Einwirkung" der Überschwemmung auf das Fahrzeug liegt vor, wenn sich das Fahrverhalten des Fahrzeugführers darauf beschränkt, dass er auf der von ihm befahrenen Straße "normal" weiterfährt, und auf diese Weise in den überschwemmten Straßenbereich hineingerät.

 

Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum Werkstattrisiko auch bei gewillkürter Prozessstandschaft

AG Münster

Hat der Geschädigte eines Verkehrsunfalls das geschädigte Fahrzeug zur Sicherheit an eine Bank übereignet, so kann ihm als gewillkürter Prozessstandschafter ein Anspruch auf restlichen Schadensersatz gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung zustehen. Der Schadenersatzanspruch der Bank kann auch die von der Reparaturwerkstatt fakturierten Reparaturkosten betreffend Vorbereitungs- und Lackierkosten für den Türgriff und die Tür umfassen, unabhängig davon, ob eine Lackierung tatsächlich stattgefunden hat, sowie unabhängig davon, ob diese erforderlich war oder nicht. Zudem umfasst der Anspruch auch die Kosten für die Reinigung nach der Lackierung des Fahrzeugs. Nach der Rechtsprechung zum sogenannten Werkstattrisiko macht es keinen Unterschied, ob die Werkstatt unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise in Ansatz bringt, oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt wurden.

 

Wartepflichtig an einer Kreuzung

OLG Dresden

Der Wartepflichtige an einer Kreuzung, der in eine Vorfahrtsstraße einbiegen will, darf nur dann darauf vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte seinerseits abbiegen will, wenn dieser blinkt und zusätzlich die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich und erkennbar herabsetzt oder zweifelsfrei bereits mit dem Abbiegen bereits begonnen hat. Es reicht demgegenüber nicht aus, wenn der Vorfahrtberechtigte sich dem Kreuzungsbereich mit einer geringeren als der dort zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nähert, ohne diese jedoch weiter zu verlangsamen. Eine Haftungsverteilung zu Lasten des Wartepflichtigen von 1/3 zu 2/3 ist gerechtfertigt, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat.

 

Keine Haftung des Straßenbaulastträgers bei nicht angepasster Geschwindigkeit

OLG Koblenz

Ein Kraftfahrer hat nach § 3 StVO seine Geschwindigkeit grundsätzlich den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen. Er darf nur so schnell fahren, dass er innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit anhalten kann. Verliert ein Fahrzeugführer aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug und durchbricht er aus diesem Grund ein an einer Gemeindestraße als Abgrenzung zu einer sich anschließenden Böschung angebrachtes Straßengeländer, wobei er durch eine sich aus dem Geländer lösende Stange erheblich verletzt wird, kann er den Straßenbaulastträger nicht wegen Verletzung der straßenrechtlichen Verkehrssicherungspflicht auf Schadensersatz (hier insbesondere Schmerzensgeld) in Anspruch nehmen. Eines besonderen Warnhinweises oder besonderer Schutzmaßnahmen bedarf es nicht, wenn das Gefahrenpotenzial einer Gemeindestraße (hier: besonders schmale Fahrbahn, Straßenführung durch Neigungsverlauf und Kurvenführung erkennbar unübersichtlich) offenkundig hervortritt.

 

Keine Entkräftung des Anscheinsbeweises durch verkehrsübliche Geschwindigkeitsüberschreitung

OLG Dresden

Stößt der wendende Fahrzeugführer mit dem fließenden Verkehr zusammen, so spricht ein Anscheinsbeweis für dessen Fehlverhalten als Unfallursache, da ein Wendemanöver gemäß § 9 Abs. 5 StVO nur dann zulässig, wenn dabei eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Wendende in diesem Fall allein haftet. Eine verkehrsübliche Geschwindigkeitsüberschreitung des Unfallgegners, die regelmäßig in einer Höhe von bis zu 50 % der zulässigen Höchstgeschwindigkeit anzunehmen ist, reicht allein nicht aus, um den Anscheinsbeweis zu entkräften. Dieser Beitrag zur Unfallverursachung fließt jedoch in die vorzunehmende Abwägung ein, sofern er sich entweder auf das Unfallgeschehen oder aber auf die Schwere der Unfallfolgen ausgewirkt hat. Liegt in diesem Zusammenhang eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 8 km/h bei zulässigen 50 km/h vor, ist von einer Mithaftungsquote von nicht mehr als 25 % auszugehen. Werden durch einen unfallbedingten Beschäftigungsausfall berufsbedingte Aufwendungen erspart, besteht die Möglichkeit, das auf den Ausfallzeitraum entfallende Nettoeinkommen mit 10 % zu schätzen, sofern keine näheren Ausführungen zu der Ersparnis erfolgen.

 

Zeugenbeweis für Vorschaden im aktuellen Schadensbereich

OLG Frankfurt am Main

Wenn ein Fahrzeug einen Vorschaden im aktuellen Schadensbereich erlitten hat, muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass der Schaden fachgerecht repariert wurde. Das Gericht muss eine Beweisaufnahme durchführen, wenn der Geschädigte ein detailliertes Schadensgutachten vorlegt und behauptet, dass die Reparatur entsprechend den dortigen Vorgaben erfolgt ist. Ein entsprechender Beweis durch Zeugenvernehmung ist nicht abgeschnitten, wenn der Geschädigte keine Ersatzteilrechnungen vorlegen kann.

 

Notwendigkeit einer Beweiserhebung zur Frage der Reparatur von Vorschäden eines Fahrzeugs

OLG Hamm

Zwar kommt dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls für die Darlegung und Beweisführung § 287 ZPO zu Gute, jedoch sind auch für eine Schadensschätzung greifbare Tatsachen erforderlich, die der Geschädigte im Einzelnen darlegen oder beweisen muss. Zwar kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der behauptet, von einem Vorschaden keine Kenntnis und das Fahrzeug in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, auch Aufklärung über diese Punkte verlangen und ist insofern grundsätzlich nicht gehindert, eine nur vermutete Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Ein solches prozessuales Vorgehen wird jedoch unzulässig, sobald die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Dies ist der Fall, wenn keinerlei valide Indizien für eine sach- und fachgerechte Reparatur des Vorschadens vorgetragen werden.

 

Darlegungspflicht bei Vorunfällen des Unfallfahrzeugs im Rahmen bestrittener unfallbedingter Kausalität

OLG Koblenz

Sofern ein Fahrzeug mehrere Unfälle erleidet, obliegt dem Geschädigten bei Vorschäden im erneut beschädigten Bereich und bei bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens die Pflicht, im einzelnen ausschließen, dass Schäden der gleichen Art und des gleichen Umfangs noch vorhanden waren. Selbst wenn der Geschädigte bei Ankauf des ggf. gebrauchten Fahrzeugs nicht über den Vorunfall in Kenntnis gesetzt worden ist, hat er im einzelnen zu der Art der Vorschäden und der Art der behaupteten Reparatur im Rahmen einer sog. Reparaturhistorie vorzutragen. Die Tatsache, dass dem Käufer eines Gebrauchtwagens ein Vorschaden oder der Umfang eines Vorschadens nicht bekannt gewesen ist, fällt in seinen Verantwortungsbereich.

 

Anrechnung des Mitverschuldens eines unterhaltsberechtigten Angehörigen des verstorbenen nicht angeschnallten Mitfahrers auf Schadensersatzanspruch

OLG Koblenz

Wenn ein Unfall durch einen Fahrzeugführer verursacht wird, der während der Fahrt auf der Autobahn eingeschlafen ist, und bei diesem Unfall ein nicht angeschnallter Mitfahrer zu Tode kommt, muss sich ein unterhaltsberechtigter Angehöriger des Verstorbenen auf seinen Schadensersatzanspruch nach § 844 Abs. 2 BGB ein Mitverschulden in Höhe von 1/3 anrechnen lassen, wenn der Mitfahrer den Unfall aller Wahrscheinlichkeit nach nahezu unversehrt überlebt hätte, wenn er angeschnallt gewesen wäre und ein sog. "Regelsachverhalt" vorliegt. Sofern der Eintritt besonders schwerer Verletzungen als Folge des Unterlassens der Anschnallpflicht wahrscheinlich gewesen wäre, kann die Quote sogar auch in einem Bereich von bis zu 50 % liegen.

 

Autovermieter müssen sich an Kaskoversicherung orientieren

OLG Hamm

1. Es widerspricht dem Leitbild der Vollkaskoversicherung und benachteiligt den Fahrzeugmieter unangemessen, dem berechtigten, aber nicht mitversicherten Fahrer, der weder am Abschluss des Versicherungsvertrags mitgewirkt hat, noch sonstige Kenntnis von seinem Inhalt hatte, Obliegenheiten aufzuerlegen und an deren grobfahrlässige oder vorsätzliche Verletzung durch den berechtigten Fahrer Sanktionen im Hinblick auf die vereinbarte Haftungsfreistellung insgesamt zu knüpfen.

2. Die Inanspruchnahme des Mieters für eine fahrlässige Unfallverursachung durch den anschließend sich unerlaubt vom Unfallort entfernten berechtigten Fahrer benachteiligt den Mieter unangemessen, weil nach der Regelung in Ziffer A. 2. 8 AKB im Rahmen der Vollkaskoversicherung ein Regress ausscheidet.

 

Kollision eines Busses mit einer geöffneten PKW-Tür

OLG Frankfurt

1. Kann sich der Geschädigte (Busunternehmen) auf die Vermutung des § 1006 BGB berufen, die er auch im Fall der Besitzdienerschaft (hier: Busfahrer) gilt, reicht einfaches Bestreiten des Eigentums nicht aus.

2. Ereignet sich der Schaden im Bereich der absoluten Sorgfaltspflicht des § 14 STVO, greifen die Grundsätze des Anscheinsbeweises zu Lasten des Ein- und Aussteigenden ein.

3. Ein Omnibus hat nicht aus sich heraus eine erhöhte – abstrakte – Betriebsgefahr.

 

Ersatzansprüche des Dienstherrn einer Beamtin

OLG Celle

1. Gemäß § 3 Satz 3 PflVG a.F. muss die schriftliche Entscheidung des Versicherers eindeutig, erschöpfend und umfassend sein, um die durch die Anspruchsanmeldung geschaffene Verjährungshemmung zu beseitigen. Eine Erklärung des Versicherers, in der dieser lediglich auf eine bestimmte Mithaftungsquote des Geschädigten hinweist, erfüllt diese Voraussetzung nicht, selbst wenn in der Folgezeit einvernehmlich zwischen den Parteien entsprechend dieser Quote reguliert wurde.

2. Soweit der Dienstherr aus Anlass eines Schadensereignisses an einen Beamten Leistungen erbracht hat und dieser aus übergegangenem Recht gegenüber dem Gegner geltend machen möchte, unterliegt die Anwendung des Quotenvorrechts nicht der Dispositionsfreiheit des Dienstherren. Denn die Aktivlegitimation des Dienstherren besteht nur für die nicht vom Quotenvorrecht betroffenen Beträge.

 

Zweitunfall auf Autobahn ohne Berührung mit dem liegengebliebenen Kfz aus dem Erstunfall

OLG Celle

Die an einem Unfall beteiligten Fahrzeuge prägen einen nachfolgenden Zweitunfall (Kollision eines nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den zuvor verunfallten, liegengebliebenen Fahrzeugen) mit, so dass eine Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG gegeben ist. Dies gilt auch dann, wenn ein gewisser Zeitraum zwischen Erst- und Zweitunfall liegt. Kommt es auf einer Autobahn infolge des Verstoßes eines Verkehrsteilnehmers gegen §§ 5 Abs. 4 Satz 1 und 7 Abs. 5 StVO zu einem Unfall und später zur Kollision eines unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 2, 4 StVO nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den liegengebliebenen Fahrzeugen des Erstunfalls, kann die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zwischen den beiden schuldhaft handelnden Verkehrsteilnehmern eine Haftungsverteilung von 30 zu 70 zu Lasten desjenigen ergeben, der den Erstunfall verursacht hat.

 

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit einem links überholenden Motorrad

OLG Koblenz

Kommt es an einer Stelle, an welcher die Fahrbahn 3,30 m breit ist, rechts durch einen Bordstein und links durch eine Verkehrsinsel begrenzt wird, zu einem Verkehrsunfall, nachdem der vorausfahrende Fahrzeugführer rechtzeitig vor Einleiten des Abbiegevorgangs durch Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers und einer linksorientierten Fahrweise unter Reduzierung der Geschwindigkeit seines Fahrzeugs die Abbiegeabsicht erkennbar kundgetan hat, während ein mit ca. 50 km/h nachfolgendes Leichtkraftrad ungebremst noch vor dem Ende der Verkehrsinsel gleichwohl zu einem Überholvorgang ansetzt, so sind allein die Verstöße des Motorradfahrers gegen §§ 5 Abs. 7 Satz 1, 3 Abs. 1 StVO unfallursächlich. Mit einem solchen Fehlverhalten des Motorradfahrers, das mit einem extrem hohen Gefährdungspotenzial verbunden war und fast zwangsläufig zu einer Kollision mit dem klägerischen Fahrzeug führen musste, konnte und brauchte der Fahrzeugführer nicht zu rechnen.


Haftungsverhältnis aus erhöhter Betriebsgefahr eines landwirtschaftlichen Gespanns wegen Überbreite und großer Masse im Verhältnis zum Verschulden eines Pkw-Fahrers wegen Geschwindigkeitsüberschreitung und Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot auf einer schmalen Straße ohne Fahrbahnmarkierungen bei Dunkelheit

OLG Celle

1. Bei Dunkelheit auf einer nur 4,95 m breiten Straße ohne Fahrbahnmarkierungen und nicht befestigtem Seitenstreifen sowie erkennbaren Gegenverkehr (landwirtschaftliches Gespann mit Überbreite) in einer leichten Rechtskurve ist gemäß § 3 Abs. 1 S. 5 StVO auf halbe Sicht zu fahren.

2. Wer ein landwirtschaftliches Gespann mit Überbreite auf einer schmalen Straße, die er befahren darf, so weit nach rechts steuert, wie es tatsächlich möglich ist, verstößt nicht gegen § 1 Abs. 2 StVO.

3. Kommt es im Begegnungsverkehr auf einer nur 4,95 m breiten Straße ohne Fahrbahnmarkierungen bei Dunkelheit zu einer Kollision zwischen einem landwirtschaftlichen Gespann mit Überbreite, das so weit nach rechts gesteuert wird, wie es tatsächlich möglich ist, mit einem Pkw, der die Fahrbahnmitte grundlos leicht überschreitet, so tritt die Haftung aus Betriebsgefahr für das landwirtschaftliche Gespann nicht zurück, sondern fließt mit 30 % in die Haftungsquote gemäß § 17 Abs. 1 StVG ein.

 

Beseitigungsaufwand nach Ölverunreinigungen durch Unfall

AG Brandenburg

Zum Schadensersatzanspruch wegen Ölverunreinigungen auf einer Verkehrsfläche und zur Frage der Vergabe des Auftrags zur Reinigung dieser Verkehrsfläche auf der Grundlage einer vorherigen Ausschreibung (§ 249 BGB, § 7 StVG).

 

Zulässigkeit des Rechtsüberholens bei einem Reißverschlussverfahren

OLG Hamm

Überholt ein Kraftfahrer auf einer auslaufenden rechten Fahrspur außerorts, an deren Ende im Reißverschlussverfahren auf den linken, in dieselbe Richtung verlaufenden Fahrstreifen gewechselt werden muss, bereits mehrere hundert Meter vor dem Ende des rechten Fahrstreifens, ein auf diesem befindliches Fahrzeug rechts, so handelt es sich nicht um ein Einordnen im Reißverschlussverfahren. Ein Rechtsüberholen ist in einer solchen Situation nur dann nicht verkehrsordnungswidrig, wenn einer der gesetzlich abschließend geregelten Fälle zulässigen Rechtsüberholens vorliegt. Denn das Reißverschlussverfahren ist "unmittelbar vor Beginn der Verengung" durchzuführen. Nur in diesem Zusammenhang, also im Rahmen des Verkehrsgeschehens unmittelbar vor Beginn der Verengung, kann im Einzelfall auch ein Rechtsüberholen zulässig sein.

 

Haftungsverteilung bei Kollision an einer Kreuzung mit einem Vorfahrtsverstoß des Geschädigten

OLG Dresden

Der Wartepflichtige kann nur dann auf ein Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten vertrauen, wenn über ein bloßes Betätigen des Blinkers hinaus in Würdigung der Gesamtumstände, sei es durch eine eindeutige Herabsetzung der Geschwindigkeit oder aber einen zweifelsfreien Beginn des Abbiegemanövers, eine zusätzliche Vertrauensgrundlage geschaffen worden ist, die es im Einzelfall rechtfertigt, davon auszugehen, das Vorrecht werde nicht (mehr) ausgeübt. Eine Haftungsverteilung zu Lasten des Wartepflichtigen von 1/3 zu 2/3 ist gerechtfertigt, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat.

 

Kein Ausgleichsanspruch zwischen deutschen Versicherern von Zugmaschine und Anhänger bei Unfall im Ausland (hier: Schweiz)

OLG Celle

Für den Ausgleichsanspruch zwischen deutschen Versicherern von Zugmaschine und Anhänger bei einem Unfall im Ausland (hier: Schweiz) ist auf das Deliktstatut des Art. 4 Abs. 1 Rom-II-VO abzustellen bzw. der Art. 3 HStVÜbk, weil es sachgerecht ist, für ein- und dasselbe Geschehen stets dasselbe Recht anzuwenden. Die Anwendbarkeit des Deliktstatuts des Art. 4 Abs. 1 Rom-II-VO kann daher bei einem Unfall in der Schweiz zur Anwendung schweizerischen Rechts führen, das einen Ausgleichsanspruch zwischen den Versicherern von Zugmaschine und Anhänger nicht kennt. Unstreitig haftet nach schweizerischem Recht der Halter der Zugmaschine allein.

 

Anforderungen an eine schriftliche Entscheidung des Versicherers nach dem PflVG a.F.

OLG Celle

Gem. § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F. gilt: Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, so ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt. Es können nur solche positiven Bescheide als Entscheidung im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift gewertet werden, die eine klare und umfassende Erklärung des Versicherers aufweisen. Die schriftliche Entscheidung des Versicherers muss eindeutig, erschöpfend und umfassend sein, um die durch die Anspruchsanmeldung geschaffene Verjährungshemmung zu beseitigen. Eine Erklärung des Versicherers, in der dieser lediglich auf eine bestimmte Mithaftungsquote des Geschädigten hinweist, erfüllt diese Voraussetzung nicht, selbst wenn in der Folgezeit einvernehmlich zwischen den Parteien entsprechend dieser Quote reguliert wurde.

 

Haftungsverteilung bei Unfall und Zweitunfall auf einer Autobahn

OLG Celle

Die an einem Unfall beteiligten Fahrzeuge prägen einen nachfolgenden Zweitunfall in Form einer Kollision eines nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den zuvor verunfallten, liegengebliebenen Fahrzeugen mit, sodass die Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG gegeben ist. Dies gilt auch dann, wenn ein gewisser Zeitraum zwischen Erst- und Zweitunfall liegt. Kommt es auf einer Autobahn infolge des Verstoßes eines Verkehrsteilnehmers gegen § 5 Abs. 4 Satz 1 StVO, § 5 Abs. 4 Satz 7 StVO und § 5 Abs. 5 StVO zu einem Unfall und später zur Kollision eines unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 4 StVO nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den liegengebliebenen Fahrzeugen des Erstunfalls, kann die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zwischen den beiden schuldhaft handelnden Verkehrsteilnehmern eine Haftungsverteilung von 30 zu 70 zu Lasten desjenigen ergeben, der den Erstunfall verursacht hat.

 

Haftungsverteilung bei einer Kollision im Bereich einer Straßenkreuzung

OLG Dresden

Kommt es auf Straßenkreuzungen oder -einmündungen zu einem Zusammenstoß zwischen den Fahrzeugen eines nach links einbiegenden Wartepflichtigen und eines Vorfahrtberechtigten, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Wartepflichtige die Vorfahrt des Berechtigten schuldhaft verletzt hat. Verkehrsverstöße des Bevorrechtigten führen nicht zum Verlust der Vorfahrt, sondern in der Regel nur zu einer Mithaftung. Eine Haftungsverteilung zu Lasten des Wartepflichtigen von 1/3 zu 2/3 ist gerechtfertigt, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat.

 

Bei Linkseinbiegen in mehrspurige Straße hat Vorausfahrender Wahlrecht bezüglich einer Fahrspur

KG Berlin

Der in dem einzigen zulässigen Linksabbiegerfahrstreifen Nachfolgende darf dem Voranfahrenden dessen Recht, zwischen mehreren markierten Fahrstreifen der Straße, in die abgebogen wird, zu wählen, nicht vorzeitig durch starkes Beschleunigen streitig machen, sondern hat abzuwarten, bis sich der Voranfahrende endgültig eingeordnet hat. Das Wahlrecht des Voranfahrenden endet dabei erst mit seiner endgültigen Einordnung in einen Fahrstreifen, d.h. i.d.R. frühestens 15 bis 20 m nach dem Beginn der Fahrstreifenmarkierungen.

 

Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung (hier: in der Haftpflichtversicherung)

OLG Celle

Für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) gibt es objektive Kriterien. Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Prüfung des Vorliegens einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung erfordert eine systematische Befragung des Geschädigten (hier: eines Verkehrsunfalls) zu den Symptomen einer PTBS. Zudem darf eine körperliche Untersuchung des Geschädigten nicht fehlen, weil sie Aufschluss über Trainingszustand und Aktivität des Probanden gibt. Verfügt der Geschädigte über ein tadelloses Erinnerungs-, Konzentrations- und Kommunikationsvermögen, so spricht dies gegen das Vorliegen einer PTBS, die ein wesentliches Vermeidungsverhalten und psychische Auffälligkeiten mit Dissoziation, Intrusionen, Flashbacks, Erregungen, körperliche Veränderungen und Gedächtnislücken erwarten lässt.

 

Ersatzfähigkeit der Mehrwertsteuer bei unfallbedingt angeschafftem Leasingfahrzeug

OLG Brandenburg

Im Falle der Beschädigung eines Leasingfahrzeuges durch wirtschaftlichen Totalschaden, der die Beendigung des Leasingvertrages zur Folge hat, kann der Leasingnehmer grundsätzlich vom Schädiger die für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges erforderlichen Kosten verlangen. Hat der Geschädigte bereits vor dem Unfall ein Fahrzeug geleast und nun wiederum im Wege der Ersatzbeschaffung einen Leasingvertrag abgeschlossen, so ist die in den Leasingraten enthaltene Mehrwertsteuer nur dann ersatzfähig, wenn diese vom Geschädigten auch tatsächlich zu tragen ist. Ist er durch die Zahlung eines Ablösebetrages von der Pflicht zur Zahlung weiterer Leasingraten einschließlich der Umsatzsteuer befreit worden, so stellt der Abschluss eines erneuten Leasingvertrages mit der Folge, dass der Geschädigte wiederum Leasingraten einschließlich Umsatzsteuer zahlt, keinen ihm entstandenen zusätzlichen Schaden dar.

 

Bestimmtheit einer Vollmacht im Prozess gegen eine Haftpflichtversicherung

AG Münster

Eine Vollmacht, die nur den Schädiger, aber nicht die Haftpflichtversicherung, als Gegner aufführt, genügt im Prozess des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung (ohne prozessuale Beteiligung des Schädigers) nicht. An die Bestimmtheit einer Vollmacht sind zum Schutz der Rechtssicherheit strenge Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist, dass aus der Vollmacht selbst unzweifelhaft die Bevollmächtigung für das Verfahren hervorgeht. Dem vollmachtlosen (anwaltlichen) "Bevollmächtigten" des Klägers können nach dem sogenannten Veranlassungsprinzip die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden. Hat der Vollmachtsmangel die Abweisung der Klage zur Folge, so sind die Kosten des Rechtsstreits abweichend von §§ 91 ff. ZPO demjenigen aufzuerlegen, der das Auftreten des vollmachtlosen Vertreters veranlasst hat (sog. Veranlassungsprinzip

 

Haftung bei Kollision zwischen rechtsabbiegendem Lkw und einem Fahrradfahrer

OLG Düsseldorf

Der Führer eines Kraftfahrzeuges muss sich sorgfältig vergewissern, dass er gefahrlos abbiegen kann. Insbesondere befreit das Setzen des Blinkers einen Lkw-Fahrer nicht davon, sich sorgfältig zu vergewissern, dass während seines Stehens während der Rotlichtphase kein bevorrechtigter Radfahrer zu ihm aufschließt und an seinem Lkw entlang fährt. Trotz der technischen Schwierigkeiten muss von dem wartenden Lkw-Fahrer verlangt werden, dass er sich vor dem Rechtsabbiegen vergewissert, dass sich rechts neben seinem Fahrzeug keine Radfahrer eingeordnet haben. Er muss zumindest solange mit dem Abbiegen warten, bis sichergestellt ist, dass Radfahrer, die möglicherweise im toten Winkel vor der Ampelanlage warten und dann bei Grün anfahren, in seinen Sichtbereich gelangt sind. Der Lkw-Fahrer kann sich nicht darauf berufen, die Radfahrer müssten ihrerseits die beschränkte Sichtmöglichkeit eines Lkw-Fahrers in Betracht ziehen und ihrerseits hierauf Rücksicht nehmen.

 

Kürzung um 75 % wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls bei steckendem Fahrzeugschlüssel im Zündschloss

OLG Dresden

Eine Leistungskürzung auf 0 wegen der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls kommt nur ausnahmsweise in Betracht; dass das Fahrzeug unverschlossen und mit Fahrzeugschlüssel im Zündschloss abgestellt wird, reicht hierfür jedenfalls dann nicht aus, wenn dies für Dritte auch aufgrund des Abstellortes nicht sofort zu erkennen ist.

 

Erhöhte Selbstbeteiligung bei vertragswidrig noch nicht 24-jährigem Fahrer

Amtsgericht Zeitz

1. Eine Klausel, wonach – unter Gewährung besonders günstiger Konditionen – die Nutzung des versicherten Kfz durch Fahrer unter 24 Jahren ausgeschlossen wird und im Schadensfall bei Nutzung des versicherten Kfz durch einen Fahrer unter 24 Jahren eine zusätzliche Selbstbeteiligung von 2.500,00 € erhoben wird und die höheren Versicherungsbeträge für einen Fahrer unter 24 Jahren nachgefordert werden, ist weder überraschend noch verstößt sie gegen Treu und Glauben.

2. Ein medizinischer Notfall liegt nur vor, wenn eine medizinische Notfallversorgung erforderlich ist, d. h. der Betroffene dringlich einer medizinischen Diagnostik bzw. Behandlung zuzuführen ist.

 

Haftung eines von zwei Beteiligten eines Vorunfalls

OLG Hamm

1. Die Beteiligten eines Erstunfalls, bei dem Teile vom Kraftfahrzeug des Beklagten auf die Fahrbahn gelangen, die von einem nachfolgenden Kraftfahrer überfahren werden (Zweitunfall), haften dem durch den Zweitunfall geschädigten Kläger mit einer Gesamtquote als eine Haftungseinheit. Dies gilt so lange, als der Beklagte die Unabwendbarkeit des Erstunfalls für sich nicht beweisen kann.

2. Zu welchem Anteil im Innenverhältnis die Beteiligten des Erstunfalls den Schaden aus dem Erstunfall zu tragen haben, betrifft deren Innenverhältnis und nicht das Außenverhältnis zum Geschädigten des Zweitunfalls.

 

Kollision mit Fahrzeug eines Vorunfalls auf der Autobahn

OLG Celle

1. Die an einem Unfall beteiligten Fahrzeuge prägen einen nachfolgenden Zweitunfall (Kollision eines nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den zuvor verunfallten, liegen gebliebenen Fahrzeugen) mit, so dass die Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG gegeben ist. Dies gilt auch dann, wenn ein gewisser Zeitraum zwischen Erst- und Zweitunfall liegt.

2. Wird ein Kraftfahrer, der die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten hat, in einen Unfall verwickelt, so kann er sich auf die Unabwendbarkeit des Unfalls im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG berufen, es sei denn, er weist nach, dass es auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h zu dem Unfall mit vergleichbar schweren Folgen gekommen wäre.

3. Kommt es auf einer Autobahn infolge des Verstoßes eines Verkehrsteilnehmers gegen § 5 Abs. 4 Satz 1 und § 7 Abs. 5 StVO zu einem Unfall und später zur Kollision eines unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 2, 4 StVO nachfolgenden Verkehrsteilnehmers mit den liegen gebliebenen Fahrzeugen des Erstunfalls, kann die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen zwischen den beiden schuldhaft handelnden Verkehrsteilnehmern eine Haftungsverteilung von 30 zu 70 zu Lasten desjenigen ergeben, der den Erstunfall verursacht hat.

 

Kollision eines Fluchtfahrzeugs mit einem die Fahrbahn blockierenden Fahrzeug

OLG Celle

1. Entfallen der Betriebsgefahr aus § 7 Abs. 1 StVG bei der bewussten Bildung eines Hindernisses auf der Fahrbahn.

2. Derjenige, der mit seinem Fahrzeug bewusst ein Hindernis auf der Fahrbahn bereitstellt, um einen Auffahrunfall zu provozieren, haftet allein.

 

Zum Abzug „Neu für Alt“ bei unfallbedingt beschädigter Brille

LG Osnabrück

Ist Schadensersatz für eine beschädigte Brille zu leisten, ist ein Abzug "neu für alt" nicht bereits deshalb vorzunehmen, weil die Dioptrienwerte der neuen und der beschädigten Brille voneinander abweichen.


Betrunkener Fahrer: 400.000 Euro Schmerzensgeld für querschnittsgelähmten Geschädigten

LG Frankenthal

Für eine Querschnittslähmung, unter die der Geschädigte auch psychisch erheblich leidet und deretwegen er in einem Pflegeheim leben muss, ist ein Schmerzensgeld von 400.000 EUR angemessen.

 

Versicherungsschutz nur bei Anbringen beider roter Kennzeichen

LG Stuttgart

Bei nicht zugelassenen Fahrzeugen begründet allein das deutlich sichtbare Anbringen beider roter Kennzeichen den Versicherungsschutz. Das Tatbestandsmerkmal der Anbringung ist hierfür konstitutiv.

 

Erstattung der vollen Umsatzsteuer bei Erwerb eines regelbesteuerten Neufahrzeugs

Landgericht Wuppertal

Erwirbt der Versicherungsnehmer, nachdem sein versicherter PKW gestohlen worden war, ein regelbesteuertes Neufahrzeug, ist der Wiederbeschaffungswert mit voller Umsatzsteuer (und nicht nur differenzbesteuert) jedenfalls dann zu erstatten, wenn gleichwertige Gebrauchtfahrzeuge überwiegend regelbesteuert werden.

 

Berücksichtigung von Großkundenrabatten des Geschädigten bei fiktiver Schadensabrechnung

BGH

1. Sind dem Geschädigten von markengebundenen Fachwerkstätten auf dem allgemeinen regionalen Markt Großkundenrabatte für Fahrzeugreparaturen eingeräumt worden, die er ohne weiteres auch für die Reparatur des Unfallfahrzeuges in Anspruch nehmen könnte, so ist dies ein Umstand, der im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch bei fiktiver Schadensberechnung grundsätzlich zu berücksichtigen ist.

2. Zum Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bei einem Verkehrsunfall.

 

Zum Vorsteuerabzug berechtigter Geschädigter kann Wertminderung nur netto verlangen

Amtsgericht Düsseldorf

Von dem vom Sachverständigen ermittelten merkantilen Minderwert ist beim zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % in Abzug zu bringen. Schadensrechtlich ist ihm nur derjenige Betrag zu erstatten, der ihm verblieben wäre, wenn er aktuell die Wertminderung durch Veräußerung des reparierten Kfz realisieren würde.

 

Erstattungsfähigkeit von Verbringungskosten auch in der Kaskoversicherung

Amtsgericht Coburg

Verbringungskosten sind auch in der Kaskoversicherung erforderliche Kosten der Reparatur und damit genauso erstattungsfähig wie bei Haftpflichtschäden

 

Entfernung vom Unfallort ohne erheblichen Fremdschaden

LG Magdeburg

Kommt der Versicherungsnehmer von der Straße ab und fährt in den Graben, wobei an einem Baum etwas Rinde abgeschabt wird, ist das kein solcher Fremdschaden, der einen Verbleib an der Unfallstelle gebietet. Fährt der Versicherungsnehmer vom Unfallort nach Hause, ohne polizeiliche Feststellungen zu ermöglichen, berechtigt das den Vollkaskoversicherer nicht, die Leistungen wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu verweigern.

 

Benachteiligung eines Fahrzeugmieters durch Allgemeine Vermietbedingungen

OLG Hamm

Die Inanspruchnahme des Mieters eines Fahrzeugs für eine fahrlässige Unfallverursachung durch den anschließend sich unerlaubt vom Unfallort entfernenden berechtigten Fahrer benachteiligt den Mieter unangemessen, weil nach der Regelung in A. 2.8 AKB im Rahmen der Vollkaskoversicherung ein Regress ausscheidet. In der Vollkaskoversicherung ist es nämlich so, dass der berechtigte Fahrer, der dort nicht Mitversicherter mit eigenen vertraglichen Obliegenheiten ist, gem. A. 2.8 der AKB 2015 nur dann in Regress genommen werden kann, wenn er den Schaden selbst grob fahrlässig oder gar vorsätzlich verursacht hat. Hat dagegen der berechtigte Fahrer den Schaden nur einfach fahrlässig verursacht, sieht A. 2.8 AKB einen Regress gegen ihn auch dann nicht vor, wenn der Fahrer etwa eine Unfallflucht begeht.

 

Versicherungsschutz bei Brand des Fahrzeugs nach Art. 3 Richtlinie 200/103/EG v. 16.12.2009

EuGH

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2009 über die Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass ein Sachverhalt wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende - in dem ein in einer Privatgarage eines Hauses abgestelltes, entsprechend seiner Funktion als Beförderungsmittel verwendetes Fahrzeug Feuer fing, durch das ein Brand, dessen Ursache beim Schaltkreis des Fahrzeugs lag, ausgelöst und das Haus beschädigt wurde - unter den Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ im Sinne der genannten Bestimmung zu subsumieren ist, auch wenn das Fahrzeug seit mehr als 24 Stunden vor Brandentstehung nicht bewegt worden war.

 

Kein Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung in der Kfz-Versicherung durch unglaubwürdigen Zeugen

OLG Dresden

Mit einem aufgrund seines Aussageverhaltens unglaubwürdigen Zeugen lässt sich der Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung in der Kfz-Versicherung nicht führen.

 

Ohne Kostenübernahmeerklärung ist Unfallgeschädigter nicht verpflichtet, dem gegnerischen Haftpflichtversicherer Unterlagen zur Prüfung der unfallkausalen Schäden zuzusenden

LG Stuttgart

1. Ein Versicherer darf gemäß § 119 Abs. 3 VVG vom Kläger die Übersendung von Unterlagen zur Prüfung der unfallkausalen Schäden verlangen, jedoch kann ein Geschädigter die Übersendung derselben davon abhängig machen, dass der Versicherer hinsichtlich der Kosten der Beschaffung und Übersendung zuvor eine Kostenübernahmeerklärung abgibt.

2. Wenn ein Versicherer die Regulierung aus einem Verkehrsunfall davon abhängig macht, dass vom Geschädigten zuvor Unterlagen zur Prüfung der unfallkausalen Schäden übersandt werden, ohne eine vom Geschädigten verlangte eindeutige Kostenübernahmeerklärung abzugeben, gibt der Versicherer Anlass zur Klage und hat im Falle eines Anerkenntnisurteils die Kosten zu tragen.

 

Aufklärungspflicht des Verkehrsunfallgeschädigten gegenüber dem Gutachter

OLG Düsseldorf

Grundsätzlich hat der Geschädigte die Obliegenheit, den Schadensgutachter von sich aus über alle Schäden aufzuklären, die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Allein offenbare Gebrauchsspuren und Schäden, von denen er erwarten kann, dass der Gutachter diese aufgrund seiner Unfallbeschreibung ohnedies nicht ins Kalkül ziehen wird, können unerwähnt bleiben. Diese Obliegenheit betrifft zudem grundsätzlich nicht nur unreparierte, sondern auch reparierte Vorschäden, weil diese regelmäßig für die Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes von Bedeutung sind. Hat allerdings derselbe Schadensgutachter bereits den Vorschaden begutachtet, entfällt die Aufklärungspflicht, weil der Geschädigte darauf vertrauen darf, dass der Gutachter von sich aus den Altschaden beachten und bei seiner Kalkulation berücksichtigen wird.

 

Kein Versicherungsschutz nach Beschädigung eines Reklameschildes durch

die auf der Hebebühne eines Transporters stehende Fahrerin bei der Entladung des Fahrzeuges

LG Wuppertal

Das Be- und Entladen mittels Hebebühne eines Fahrzeuges ist typischerweise dem Gebrauch

eines Kraftfahrzeuges zuzuordnen und daher regelmäßig nach der sog. Benzinklausel vom Versicherungsschutz der privaten Haftpflichtversicherung ausgeschlossen.

 

Neupreisentschädigung steht Leasinggeber zu

OLG Köln

Ist ein kaskoversichertes Kfz gestohlen worden und ist deshalb der Kaskoversicherer zur Erstattung des Neupreises verpflichtet, steht der Anspruch auf die volle Versicherungsleistung (Neupreis) dem Leasinggeber zu.

 

Keine Geltendmachung von auf den Kaskoversicherer übergegangenen Ansprüchen durch Versicherungsnehmer

Landgericht Karlsruhe

Der Kaskoversicherer ist nicht verpflichtet, der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung der auf ihn nach § 86 Abs. 1 VVG übergegangenen Ansprüche durch seinen Versicherungsnehmer zuzustimmen oder jedenfalls nicht zu widersprechen.

 

Kollision von links abbiegendem mit überholendem Fahrzeug

OLG Düsseldorf

1. Ein Leasingnehmer hat keinen originären Anspruch auf unfallbedingte Wertminderung.

2. Gegen einen nach links in ein Grundstück bzw. einen grundstücksgleichen Bereich Abbiegenden spricht bei einer Kollision mit dem nachfolgenden, überholenden Verkehr der Beweis des ersten Anscheins.

3. Die Betriebsgefahr desjenigen, der unter Außerachtlassung der Sorgfalt des § 9 Abs. 5 StVO in ein Grundstück oder in einen grundstücksgleichen Bereich abbiegt, ist in der Regel doppelt so hoch zu bewerten, wie die Betriebsgefahr desjenigen, der den Abbieger in unzulässiger Weise überholt.

4. Zur Dauer des Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung nachfolgend zum Ersatz von Mietwagenkosten.

 

Kollision von links Abbiegendem mit überholendem Fahrzeug

OLG Brandenburg

1. Verstößt ein nach links in einen Feldweg Abbiegender gegen seine zweite Rückschaupflicht und kommt es zur Kollision mit einem den abbiegenden und ein hinter diesem fahrenden Fahrzeug überholenden Motorrades, so kann auch ohne Annahme eines Verstoßes gegen ein Überholverbot eine Mithaftung des Überholenden von 25 % gerechtfertigt sein.

2. Alleine die Verringerung der Geschwindigkeit eines vorausfahrenden Fahrzeugs führt nicht zum Vorliegen einer unklaren Verkehrslage, wenn keine weiteren Umstände hinzutreten, die auf ein unmittelbar bevorstehendes Abbiegen des vorausfahrenden Fahrzeuges nach links hindeuteten. Dies gilt selbst dann, wenn das vorausfahrende Fahrzeug sich bereits zur Straßenmitte hin orientiert hat.

 

Geradeausüberqueren einer Ampelkreuzung vom Linksabbiegerstreifen aus

OLG Hamm

1. Ein Linksabbieger darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug, das auf einer mit dem Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO gekennzeichneten Linksabbiegerspur fährt, seiner Verpflichtung entsprechend links abbiegen wird. Es besteht daher grundsätzlich keine Wartepflicht des Linkabbiegers gegenüber einem auf einer mit dem Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO gekennzeichneten Linksabbiegespur entgegenkommenden Fahrzeug.

2. Demjenigen, der ohne Not aus selbstsüchtigen Motiven gegen das durch Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO angeordnete Fahrtrichtungsverbot verstößt, ist es als unzulässiger Selbstwiderspruch verwehrt, Ansprüche oder Einwendungen daraus herzuleiten, dass ein anderer mit seiner grob verkehrswidrigen Fahrweise nicht gerechnet hat.

 

Pflichten des Versicherers bei bedingungsgemäßem Rücktransport im Rahmen eines Kfz-Schutzbriefs

Landgericht Stuttgart

1. Die Formulierung in einem Kfz-Schutzbrief zum Rücktransport eines Fahrzeuges „sorgt der Versicherer für den Transport des Fahrzeuges zu einer Werkstatt und trägt die hierdurch entstehenden Kosten bis zur Höhe der Rücktransportkosten“ ist aus Sicht eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers nicht so zu verstehen, dass es sich lediglich um eine Passivenversicherung handelt.

2. Selbst wenn man die Formulierung als Passivenversicherung auslegt, bestehen für den Versicherer im Fall des bedingungsgemäßen Rücktransports eines Fahrzeuges über einen von ihm beschafften Frachtführer besondere Hinweispflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer. Dabei hat der Versicherer den Versicherungsnehmer spätestens bei Transportbeginn darauf hinzuweisen, dass er Schadensersatzansprüche gegenüber dem Frachtführer direkt geltend machen muss. Hierfür hat er den Versicherungsnehmer auch auf die Beschränkungen des CNR hinzuweisen und ihm die Kontaktdaten des Frachtführers mitzuteilen.

3. Besteht an einem Fahrzeug ein von einer Garantie vollständig abgedeckter Schaden (hier: Getriebeschaden) und kommt es bei diesem Fahrzeug zu einem weiteren Schaden (hier: Unfallschaden), bevor der Garantieschaden behoben wurde, so ist für die Schadensberechnung (insbesondere dem Wiederbeschaffungswert) der Garantieschaden als nicht bestehend anzusehen.

 

Höhe des Hinterbliebenengeldes für Ehefrau, Kinder und Bruder des Verstorbenen

Landgericht Tübingen

1. Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld besteht nur, wenn der Hinterbliebene keinen eigenen Schmerzensgeldanspruch hat. Der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass der Schmerzensgeldanspruch nach den §§ 823, 253 Abs. 2 BGB den Schaden für das zugefügte Leid umfasst und diesen konsumiert. Das Gericht kann, wenn der Hinterbliebene als Geschädigter einen Schmerzensgeldanspruch hat, das durch die Tötung hervorgerufene seelische Leid bei der Bemessung des Schmerzensgeldanspruches berücksichtigen.

2. Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld ist kein Schmerzensgeldanspruch. Entscheidungen zum Schmerzensgeld können aber analog auf das Hinterbliebenengeld angewendet werden.

3. Eine Richtschnur für die Bemessung des Hinterbliebenengeldes ist ein Betrag von 10.000,00 €. Ein weit darüber hinausreichender Betrag würde der Rechtsprechung zu den „Schockschäden“ widersprechen und das gewachsene Gefüge der Schmerzensgeldzuerkennung strapazieren.

4. Hinterbliebenengeld in Höhe von 12.000,00 € für eine Ehefrau, deren Ehemann nach einer langjährigen Ehe mit geregelter Aufgabenteilung, geprägt von gegenseitigem Vertrauen und wohl auch einer finanziellen Abhängigkeit der Ehefrau, bei einem Verkehrsunfall getötet wird.

5. Für die vier volljährigen Kinder des Verstorbenen, die mit diesem, da jünger, nicht genauso lange mit dem Getöteten zusammengelebt haben wie der Ehegatte und die nicht mehr auf die Fürsorge des Vaters angewiesen waren, ist das Hinterbliebenengeld mit 7.500,00 € niedriger zu bewerten als für die Ehefrau.

6. Für den Bruder des Verstorbenen, der den Unfall hautnah miterlebt hat und der etwa einmal in der Woche über Telefon oder Kurznachrichten Kontakt zu ihm gehabt hatte und mehrfach mit ihm Motorradfahrten unternommen hatte, ist ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 5.000,00 € angemessen.

 

Haftungsverteilung bei Kollision mit einem eine Kolonne überholenden Motorrad

OLG Koblenz

Bildet sich auf einer Landstraße vor einer ampelgeregelten Baustelle ein kolonnenartiger Rückstau und überholt - in einer Phase, in welcher kein Gegenverkehr naht - ein Motorrad mit mäßiger Geschwindigkeit (ca. 15 km/h) diese Kolonne, trifft den Motorradfahrer auch unter Berücksichtigung der von seinem Motorrad ausgehenden Betriebsgefahr keine Mithaftung, wenn aus der Kolonne ohne jegliche Vorankündigung ein Pkw nach links ausschert, um in einen dort befindlichen Wirtschaftsweg einzubiegen, und es hierdurch zu einer Kollision mit dem bereits auf (nahezu) gleicher Höhe befindlichen Motorrad kommt. Ohne Hinzutreten von besonderen Umständen, die für ein unmittelbar folgendes Ausscheren sprechen, muss der eine Fahrzeugkolonne Überholende nicht damit rechnen, dass ein in der Kolonne befindliches Fahrzeug unvermittelt nach links ausschert.

 

Vorausfahrendenrecht auf Auswahl zwischen mehreren Fahrstreifen

KG Berlin

Der in einem einzigen zulässigen Linksabbiegerfahrstreifen Nachfolgende darf dem Voranfahrenden dessen Recht der Auswahl zwischen mehreren markierten Fahrstreifen der Straße, in die abgebogen wird, nicht vorzeitig durch starkes Beschleunigen streitig machen. Er muss stattdessen abwarten, bis sich der Voranfahrende endgültig eingeordnet hat. Erst mit seiner endgültigen Einordnung in einen Fahrstreifen endet das Wahlrecht des Vorausfahrenden. Dies ist in der Regel frühestens 15 bis 20 m nach dem Beginn der Fahrstreifenmarkierungen.
 

Unschlüssiger Vortrag zum Erwerbsvorgang kann Kaskoentschädigung entgegenstehen

OLG Saarbrücken

1. Den Parteien eines Fahrzeugversicherungsvertrags steht es frei, auch andere Interessen als das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers zu versichern. Gibt es hierfür indes keinerlei Anhalt und behauptet der VN einzig, er habe durch einen Versicherungsfall einen wirtschaftlichen Wert eingebüßt, der ihm zuvor infolge eines Erwerbsvorgangs zugeflossen war, kann es einer erfolgreichen Geltendmachung einer Kaskoentschädigung entgegenstehen, wenn er die Umstände jenes Erwerbsvorgangs, etwa das Erlangen der tatsächlichen Sachherrschaft, nicht einmal schlüssig vorträgt (Bestätigung von OLG Saarbrücken, VersR 2018, 1183).

2. Das äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls muss zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden. War der VN selbst weder beim Abstellen des Fahrzeugs noch bei der Feststellung des Abhandenkommens zugegen und bietet er hierfür Zeugenbeweis an, muss der Zeuge persönlich glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft sein. Auch Unstimmigkeiten in Angaben zum bloßen Randgeschehen können hierbei geeignet sein, unüberwindliche Zweifel an der Richtigkeit des an sich widerspruchsfrei geschilderten Abstellens und Nichtwiederauffindens zu begründen.

3. Das äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls ist danach nicht bewiesen, wenn der Zeuge bei der polizeilichen und der gerichtlichen Vernehmung widersprüchliche Angaben zum Erwerbsvorgang des Fahrzeugs sowie dazu macht, mit wem er an dem angeblichen Tattag unterwegs gewesen ist, und auch Unstimmigkeiten zur Laufleistung des Fahrzeugs und zu behaupteten Arbeiten während eines Werkstattbesuchs zu Tage treten.

 

Auslegung einer Klausel in einem Kfz-Schutzbrief zum Rücktransport eines Fahrzeugs

LG Stuttgart

Die Formulierung in einem Kfz-Schutzbrief zum Rücktransport eines Fahrzeugs "sorgt der Versicherer für den Transport des Fahrzeugs zu einer Werkstatt und trägt die hierdurch entstehenden Kosten bis zur Höhe der Rücktransportkosten" ist aus Sicht eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers nicht so zu verstehen, dass es sich lediglich um eine Passivenversicherung handelt. Die Klausel ist vielmehr so auszulegen, dass der Versicherer den Vertragsschluss mit dem Frachtführer nicht lediglich andient, sondern selbst die Pflicht übernimmt, das Fahrzeug zurück zu transportieren. Selbst wenn man die Formulierung als Passivenversicherung auslegt, bestehen für den Versicherer im Falle des bedingungsgemäßen Rücktransports eines Fahrzeugs über einen von ihm beschafften Frachtführer besondere Hinweispflichten für den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer.

 

Mitverschulden bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes

OLG München

Die Bemessung des Mitverschuldens wegen des Nichtanlegens des Sicherheitsgurts durch einen Unfallbeteiligten erfolgt auch in Ansehung des Umstandes, dass für jede erlittene Verletzung das Nichtanlegen des Gurtes von unterschiedlichem Gewicht gewesen sein kann, einheitlich. Bei der Frage, ob die vom Geschädigten erlittenen Verletzungen ganz oder zum Teil auf das Nichtanlegen des Gurtes zurück zu führen sind, kommen dem Schädiger die Regeln des Anscheinsbeweises zugute. Wegen der Nichtanlegung des Sicherheitsgurtes kann eine Mitverschuldensquote von 30 % angemessen sein.

 

Kein Anscheinsbeweis gegen in Kreisverkehr zuletzt Einfahrenden bei Kollision in der Kreisbahn selbst

OLG Dresden

Ein Anscheinsbeweis zu Lasten des in einen Kreisverkehr Einfahrenden kommt nur dann in Betracht, wenn es noch im Einmündungsbereich der Kreisfahrbahn zu einer Kollision kommt. Dagegen ist er ausgeschlossen, wenn sich der Unfall im Kreisverkehr ereignet, auch wenn feststeht, dass der Einfahrende erst nach dem Unfallgegner und unmittelbar vor dem Zusammenstoß mit erhöhter Geschwindigkeit auf die Kreisbahn eingebogen ist.

 

Haftungsverteilung bei Zweitunfall aufgrund von Kfz-Teilen auf der Fahrbahn

OLG Hamm

Die Beteiligten eines Erstunfalls, bei dem Teile vom Kraftfahrzeug des Beklagten auf die Fahrbahn gelangen, die von einem nachfolgenden Kraftfahrer überfahren werden (Zweitunfall), haften dem durch den Zweitunfall Geschädigten mit einer Gesamtquote als eine Haftungseinheit. Dies gilt solange, als der beklagte Schädiger die Unabwendbarkeit des Erstunfalls für sich nicht beweisen kann. Eine Mehrfachquotenbildung mit kombinierter Gesamt- und Einzelabwägung ist im Fall einer Haftungseinheit von vornherein nicht veranlasst. Zu welchem Anteil im Innenverhältnis die Beteiligten des Erstunfalls den Schaden aus dem Erstunfall zu tragen haben, betrifft deren Innenverhältnis und nicht das Außenverhältnis zum Geschädigten des Zweitunfalls.

 

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Öffentlichkeit der Verkehrsfläche

OLG Zweibrücken

Der Umstand, dass ein im privaten Eigentum stehende und als Privatparkplatz gekennzeichnete Verkehrsfläche aufgrund eines Defektes an der Schrankenanlage "faktisch für die Öffentlichkeit zugänglich" ist und dies vom Verfügungsberechtigten geduldet wird, genügt zur Begründung der für eine Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort erforderliche Öffentlichkeit der Verkehrsfläche insbesondere dann nicht, wenn die einzelnen Stellplätze vermietet sind. Ein Verkehrsraum ist dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird.

 

Beschränkte zivilrechtliche Überprüfung des vorzeitigen Pensionierungsbescheides eines Landesbeamten wegen unfallbedingter Personenschäden

OLG Schleswig

1. Grundsätzlich ist die Nachprüfung von Verwaltungsakten den ordentlichen Gerichten auch dann entzogen, wenn sie für die Beteiligten oder Dritte unmittelbar oder mittelbar vermögensrechtliche Wirkungen nach sich ziehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn es sich „um einen gesetzlich überhaupt nicht zu rechtfertigenden Akt reiner Willkür“ handelt.

2. Für die Bewertung der adäquaten Ursächlichkeit kommt es nicht darauf an, ob die vorzeitige Pensionierung aufgrund der unfallbedingten Verletzungen sachlich geboten war, denn dies betrifft die der Beurteilung durch die Zivilgerichte entzogene Richtigkeit des Pensionierungsbescheides. Es ist lediglich zu prüfen, ob der verletzte Beamte tatsächlich wegen unfallbedingter körperlicher Beeinträchtigung zur Ruhe gesetzt worden ist oder ob die Zur-Ruhe-Setzung nicht aus anderen Gründen (z.B. der Absicht des Dienstherrn, sich eines unliebsamen Beamten zu entledigen oder aufgrund anderer Vorerkrankungen) erfolgt ist.

3. Ist die vorzeitige Pensionierung aus erkennbar sachfremden Erwägungen erfolgt (z. B. aus rein fiskalischen Gründen), kann gegen den Regress des Dienstherrn der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) erhoben werden.

4. Hat der Geschädigte „unangemessen auf seine Zur-Ruhe-Setzung gedrängt“ oder sich nicht „energisch genug dagegen gewehrt“, kann dies als Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB auch gegenüber dem Zessionar eingewendet werden. Evtl. Vorerkrankungen, die ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit zu einer vorzeitigen Pensionierung geführt hätten, sind im Wege der überholenden Kausalität beachtlich.

5. Bei dem derzeitigen Lehrermangel erscheint die Annahme abwegig, das Land habe sich durch die vorzeitige Pensionierung einer „unliebsamen Beamtin“ entledigen wollen. Die Geschädigte war erst kurze Zeit vor dem Unfall zur Konrektorin befördert worden. Der Lehrermangel, insbesondere auch hinsichtlich Schulleiterpositionen, ist in Schleswig-Holstein allgemein bekannt.

 

Ersatzfähigkeit der Kosten der Anmietung eines Luxus-Sportcabrios anstelle einer Luxuslimousine nach einem Verkehrsunfall

KG

1. Für die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens durch den Geschädigten ist nicht allein die motorisierte Fortbewegung der Maßstab, weshalb ein Verweis auf die Nutzung von Taxis und Ähnliches nur im Ausnahmefall in Betracht kommt.

2. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte, weshalb ausschließlich erheblich ist, dass das für die Ausfallzeit gemietete Fahrzeug (Ferrari California T) dem beschädigten Fahrzeug (Rolls-Royce Ghost) wirtschaftlich gleichwertig ist; der Fahrzeugtyp ist dafür grundsätzlich unerheblich.

 

Nutzung von Betriebseinrichtungen in der Waschstraße sind dem Fahrzeugbetrieb zuzurechnen

OLG Celle

Wird eine Betriebseinrichtung (wie Bremse, Lenkung) eines Kfz in einer Waschanlage genutzt und kommt es infolge dessen zu einem Unfall in der Waschstraße, ist dieser dem Betrieb des Kfz zuzurechnen. Eine Haftung aus § 7 StVG scheidet grundsätzlich nur dann aus, wenn bei dem Pkw des in Anspruch genommenen Unfallgegners die Fortbewegungs- und Transportfunktion keinerlei Rolle gespielt hat. Ein Kraftfahrzeug ist nur dann nicht im Betrieb im Sinn von § 7 Abs. 1 StVG, wenn es sich mit ausgeschaltetem Motor auf dem Förderband einer Waschstraße befindet und vollständig abhängig von den automatisierten Transportvorgängen innerhalb der Waschstraße ist.

Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers wegen arglistiger Obliegenheitsverletzungen

LG Köln

1. Der Vollkaskoversicherer wird wegen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers leistungsfrei, wenn dieser sich wahrheitswidrig als Fahrzeugführer ausgibt, um seinen Sohn als tatsächlich zutreffenden Fahrzeugführer zu „decken“ und weitere Nachfragen des Versicherers zu verhindern.

2. Der Versicherer wird ferner leistungsfrei, wenn als Unfallursache eine Pfütze behauptet wird, die aber als solche vor Ort gar nicht vorhanden gewesen ist und damit eine ganz andere Unfallursache verdeckt werden soll

3. Für eine arglistige Obliegenheitsverletzung genügt es dabei, wenn die begehrte Regulierung durch falsche Angaben vereinfacht werden soll, um kritische Nachfragen oder Prüfungen in Richtung einer etwaigen Minderung oder eines Wegfalls der Leistungspflicht von vorneherein zu verhindern.

4. Auf die Frage einer ordnungsgemäßen Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG kommt es im Fall einer arglistigen Obliegenheitsverletzung nicht an.

 

Parken vor statt in der Garage als Gefahrerhöhung

LG Magdeburg

Das Parken eines Fahrzeugs vor der Garage kann eine Gefahrerhöhung darstellen, welche den Kaskoversicherer im Falle eines Diebstahls zur Kürzung berechtigt, sofern versicherungsvertraglich vereinbart ist, dass das Fahrzeug nachts in einer Garage untergestellt wird.

 

Wirksamkeit einer Kündigung bei unterbliebener Kündigungsbestätigung durch den Versicherer

OLG Braunschweig

Zur Wirksamkeit einer durch den Versicherungsnehmer erklärten Kündigung des Versicherungsvertrages bedarf es keiner Bestätigung der Kündigung durch den Versicherer. Es besteht keine Nebenpflicht des Versicherers aus dem Vertragsverhältnis, die Kündigung des Versicherungsvertrages von sich aus zu bestätigen. Hat der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag gekündigt, so trifft den Versicherer aus dem Grundsatz von Treu und Glauben auch keine Hinweispflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer bezüglich dessen Versicherungsstatus oder eines etwa fehlenden Versicherungsschutzes.

 

Erwerb eines regelbesteuertes Neufahrzeuges nach Diebstahl des versicherten Pkws des Versicherungsnehmers bei Vollkaskoversicherung

LG Wuppertal

Erwirbt der Versicherungsnehmer, nachdem sein versicherter Pkw gestohlen worden war, ein regelbesteuertes Neufahrzeug, ist der Wiederbeschaffungswert mit voller Umsatzsteuer im Rahmen einer Kaskoversicherung jedenfalls dann zu erstatten, wenn gleichwertige Gebrauchtfahrzeuge überwiegend regelbesteuert werden. Hinsichtlich der Frage, in welcher Höhe die Mehrwertsteuer zu erstatten ist, ob also ein Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 % oder lediglich ein Anspruch auf Zahlung der Differenzsteuer gemäß § 25a UStG besteht ist Ziffer A. 2.6.1 AKB entsprechend anzuwenden, mithin auf den Preis abzustellen, den die Versicherung für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeuges am Tag des Schadensereignisses hätte bezahlen müssen.

 

Waschstraßenunfall durch Kfz-Betrieb

OLG Celle

Dem Betrieb eines Kfz ist ein Unfall in einer Waschstraße zuzurechnen, wenn eine Betriebseinrichtung eines Kfz, wie eine Bremse oder Lenkung, in einer Waschanlage genutzt wird (hier: Unterlassen der Deaktivierung der Funktion der Parkbremse). Der dadurch entstandene Schaden kann fiktiv abgerechnet werden.

 

Berufsspezifisches Risiko bei Verletzung befreundeter Rettungskräfte

OLG Schleswig

Zum berufsspezifischen Risiko und damit zum allgemeinen Lebensrisiko eines Rettungsassistenten gehört es, an einer Unfallstelle Schwerverletzte versorgen zu müssen. Dies gilt auch, wenn bei dem Rettungseinsatz befreundete Feuerwehrleute des Rettungsassistenten verletzt werden. Nicht zum berufsspezifischen Risiko eine Rettungsassistenten gehört es, an einer Unfallstelle selbst einer Explosion ausgesetzt zu sein. Unmittelbare psychische Folgen daraus können Schadenersatzansprüche begründen. Das Schmerzensgeld beträgt nur 2.500 Euro, wenn der Rettungsassistent zwar infolge der Gasexplosion am Unfallort eine psychische Anpassungsstörung erleidet, für sein Betroffen sei jedoch nach eigenem Vortrag auch die entschädigungslos hinzunehmende mittelbare Betroffenheit durch die Verletzungen befreundeter Rettungskräfte bestimmend war.

 

Obliegenheitsverletzung eines elfjährigen Kindes bei einem Verkehrsunfall

OLG Schleswig

Jedem elfjährigen Kind muss klar sein, dass es sich bei einem kombinierten Rad-/Fußweg in unmittelbarer Fahrbahnnähe nicht um einen Spielplatz handelt. In dieser Altersgruppe besitzen Kinder bereits eine ausreichende intellektuelle Einsichtsfähigkeit, um die generell mit dem Straßenverkehr verbundenen Gefahren zu erkennen und sich allgemein darauf einzustellen. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 StVO sind Sport und Spiel auf Radwegen nicht erlaubt. Toben und Spielen von Kindern in unmittelbarer Nähe der Fahrbahn ist sehr gefährlich. Der Verursachungsanteil des Geschädigten kann in einem solchen Fall mit 25 % zu bewerten sein, wenn sich ein grober Verstoß des Fahrzeugführers gegen § 3 Abs. 2a StVO nicht feststellen lässt.

 

Versicherungsschutz für beförderte Sachen

OLG Jena

1. Die Regelung in A 1.5.5 AKB 2008 bedeutet, dass grundsätzlich alle Schäden an Sachen, die in dem verunfallten Fahrzeug „befördert“, also mitgenommen, werden, von dem Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, sofern keine Ausnahme nach A 1.5.5 Satz 2 und Satz 3 AKB 2008 eingreift.

2. Unter „Befördern“ ist nicht nur der Transport zu unternehmerischen Zwecken zu verstehen, sondern auch, wenn das Fahrzeug im privaten Bereich als Transportmittel verwendet wird.

3. Für die Anwendung des Ausschlusstatbestands genügt, wenn das Fahrzeug auch zum Transport bzw. zur Mitnahme von Sachen, etwa von Gepäckstücken, genutzt wird.

4. Bei einem im Wohnwagen mitgeführten elektrisch betriebenen Rollstuhl mit einem Gesamtgewicht von über 40 kg handelt es sich nicht um eine Sache, die „Insassen eines Fahrzeugs üblicherweise mit sich führen“ im Sinne von Satz 2 der Klausel A 1.1.5 AKB 2008.

5. Der VN, der den Rollstuhl für eigene Zwecke mitführte, ist als Fahrer des verunglückten Kraftfahrzeugs keine beförderte Person im Sinne von Satz 3 der Klausel 1.5.5 AKB 2008.

 

Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen

LG Münster

Das Verweigern der Fortsetzung der Verhandlungen gemäß § 203 BGB setzt keine entsprechende ausdrückliche Erklärung voraus. Es gelten die allgemeinen Regeln für die Auslegung von Willenserklärungen entsprechend. Der unmissverständlichen, ohne weitere Einschränkungen erfolgten Anspruchszurückweisung kann ein Verweigern der Fortsetzung der Verhandlungen zu entnehmen sein.

 

Schaden bei Be- und Entladen des Fahrzeugs mit eigener Entladevorrichtung des Fahrzeugs kein Fall des Privat-/Betriebshaftpflichtrisiko

LG Wuppertal

Es besteht kein Versicherungsschutz nach Beschädigung eines Reklameschildes durch die auf der Hebebühne eines Transporters stehende Fahrerin bei der Entladung des Fahrzeuges, wenn eine so genannten Benzinklausel in der privaten Haftpflichtversicherung vereinbart wurde. Nach dieser Benzinklausel ist die Haftpflicht u.a. des Führers eines Kraftfahrzeuges wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeuges verursacht werden, nicht versichert. Hierfür ist es unerheblich, wenn das betreffende Fahrzeug im Zeitpunkt der Schadenszufügung steht.

 

Anwaltliche Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Abgeltungsvergleichs

OLG Frankfurt

1. Erwägt die Mandantin den Abschluss eines Vergleichs, muss ihr ihre Rechtsanwältin dessen Vor- und Nachteile darlegen. Dies gilt im besonderem Maße, wenn es sich um einen Abfindungsvergleich handelt.

2. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile eines Vergleichsabschlusses ist der Rechtsanwältin ein Ermessensspielraum zuzubilligen.

 

Kollision beim Kreuzungsräumen

KG

Die Grundsätze, nach denen einem Nachzügler bei einer durch Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzung durch den eigentlich nunmehr bevorrechtigten Querverkehr das Verlassen der Kreuzung ermöglicht werden soll, gelten dann nicht, wenn der Nachzügler beim Wechsel der Lichtzeichen noch nicht den inneren Bereich der Kreuzung erreicht hat (so genannter unechter Kreuzungsräumer).

 

Übergang eines Schadensersatzanspruchs auf einen bestimmten Versicherungsträger

BGH

Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen (sachliche Kongruenz) und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen (zeitliche Kongruenz). Dazu gehören auch die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind. Die Bundesagentur für Arbeit gilt als Versicherungsträger im Sinne des § 116 Abs. 1 SGB X. Für die Frage, auf wen ein Schadensersatzanspruch gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangen ist, kommt es darauf an, wer im Außenverhältnis zur Erbringung der jeweiligen Sozial- oder Beitragsleistung gesetzlich verpflichtet ist, nicht aber darauf, ob Ausgleichs- oder Erstattungsansprüche im Innenverhältnis bestehen.

 

Ersatz der Beilackierungskosten auch bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten

BGH

Rechnet der Geschädigte eines Verkehrsunfalls auf der Grundlage fiktiver Reparaturkosten ab, kann ihm auch ein Anspruch auf Ersatz der Beilackierungskosten zustehen. Einem solchen Begehren kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erforderlichkeit der Beilackierungskosten erst nach durchgeführter Reparatur beurteilbar wäre. Vielmehr reicht es in einem solchen Fall aus, wenn der Geschädigte darlegt, sein Fahrzeug weise einen Farbton auf, der die Einlackierung der angrenzenden Karosserieteile technisch zwingend erfordere.

 

Alleinhaftung trotz Vorfahrt bei innerörtlicher Geschwindigkeit von über 100km/h

KG Berlin

Wird die höchstzulässige Geschwindigkeit um mehr als das Doppelte überschritten und liegt die Geschwindigkeit innerorts absolut über 100 km/h, ist ein besonders schwerer Verkehrsverstoß gegeben, der in der Regel zu einer Alleinhaftung führt, auch wenn der Handelnde an sich die Vorfahrt hat.

 

Wirksamkeit einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer bei unterbliebener Kündigungsbestätigung durch den Versicherer

OLG Braunschweig

1. Zur Wirksamkeit einer durch den Versicherungsnehmer erklärten Kündigung des Versicherungsvertrages bedarf es keiner Bestätigung der Kündigung durch den Versicherer.

2. Eine Nebenpflicht des Versicherers aus dem Vertragsverhältnis, die Kündigung des Versicherungsvertrages von sich aus zu bestätigen, besteht nicht.

3. Hat der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag gekündigt, so trifft den Versicherer aus dem Grundsatz von Treu und Glauben keine Hinweispflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer bezüglich dessen Versicherungsstatus oder eines etwa fehlenden Versicherungsschutzes.

 

Auch eine anspruchsbejahende, für den Geschädigten positive Erklärung des Versicherers kann eine Entscheidung im Sinne des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F. / § 115 Abs. 2 S. 3 VVG n. F. darstellen

OLG Celle

Nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine anspruchsbejahende, für den Geschädigten positive Erklärung des Versicherers kann eine Entscheidung im Sinne des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F. / § 115 Abs. 2 S. 3 VVG n. F. darstellen. Eine positive Entscheidung des Versicherers beendet die Verjährungshemmung jedoch nur dann, wenn der Geschädigte aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern der Geschädigte die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt.

 

Berücksichtigung des nach Erreichen der Altersgrenze erwirtschafteten Einkommens bei der Berechnung des Unterhaltsschadens

OLG Koblenz

1. Bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens Hinterbliebener im Straßenverkehr Hilfe leistender und dabei zu Tode gekommener Personen ist angesichts sich ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Gegebenheiten und Notwendigkeiten auch bei Personen, die die Altersgrenze für den Bezug von Rente oder Pension erreicht haben, nicht allein auf diese Rente oder Pension abzustellen, sondern es ist auch ein bis zum Tod aus unselbstständiger Arbeit überobligatorisch erwirtschaftetes zusätzliches Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen, wenn angenommen werden kann, dass er dieses Einkommen ohne den Unfall weiter erzielt hätte.

2. Zieht der Unterhaltsberechtigte nach dem Todesfall zu einem nahen Angehörigen, um diesen zu pflegen, und erhält er dort „Kost und Logis frei“, ist bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens ein eigenes „fiktives“ Einkommen des Unterhaltsberechtigten in Ansatz zu bringen (hier: auf 400 € monatlich geschätzt).

3. Das Erfordernis der sachlichen und zeitlichen Kongruenz wirkt sich auf die Erstattungspflicht des Schädigers gegenüber der Unfallkasse in der Weise aus, dass der für die jeweils einzelnen Monate addierte Betrag von Unterhaltsschaden und Haushaltsführungs-

 

Einschaltung eines Rechtsanwalts bei der Regulierung von Verkehrsunfällen

AG Mannheim

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist bei der Regulierung von Verkehrsunfällen auch für gewerblich tätige Geschädigte grundsätzlich erforderlich und zweckmäßig. Dem Geschädigten stehen auf Seiten der Versicherungen hochspezialisierte Abteilungen gegenüber, was bereits für sich gesehen die Notwendigkeit nahe legt, ebenfalls spezialisierte Personen, eben Rechtsanwälte einzuschalten. Darüber hinaus hat das Verkehrsunfallrecht inzwischen eine Dimension und Komplexität angenommen, die selbst bei eindeutigen Haftungsfällen keine einfachen Antworten mehr zulassen. So ist eine vielfältige Kasuistik nicht nur zur Haftungsverteilung zu beachten, sondern auch und gerade bei den einzelnen Schadenspositionen.

 

Umfang der Werkstattobhut der Kraftfahrzeugversicherung für Handel- und Handwerker

OLG Dresden

Der in der Kraftfahrzeugversicherung für Handel- und Handwerker (KfzSBHH) auf "fremde" Fahrzeuge beschränkte Versicherungsschutz umfasst auch Ansprüche eines GbR-Gesellschafters für Schäden an seinem Privatfahrzeug. Die Werkstattobhut gemäß A 1.2.3 KfzSBHH erstreckt sich auch auf Probefahrten. Die Teilnahme an der Veranstaltung eines Autohauses auf einer Rennstrecke stellt aber jedenfalls dann keine Probefahrt mehr dar, wenn der Charakter einer "Spaßfahrt" sowie das Austesten des Fahrzeugs in Grenzbereichen gleichrangig neben der Erprobung von dessen Funktionsfähigkeit stehen.

 

Motorradhelmpflicht für Turbanträger

BVerwG

Der Anspruch auf Genehmigung einer Ausnahme von der Pflicht, beim Motorradfahren einen geeigneten Schutzhelm zu tragen, besteht nicht bereits dann, wenn der Betroffene am Tragen eines Schutzhelms gehindert ist. Eine Reduzierung des behördlichen Ermessens auf Null kommt nur in Betracht, wenn dem Betroffenen ein Verzicht auf das Motorradfahren aus besonderen individuellen Gründen nicht zugemutet werden kann. Das gilt auch für Personen, die aus religiösen Gründen einen Turban tragen.

 

Kollision eines Linksabbiegers mit die zulässige Geschwindigkeit um 100 % überschreitendem Gegenverkehr

KG

Wird die höchstzulässige Geschwindigkeit um mehr als das doppelte überschritten und liegt die Geschwindigkeit innerorts absolut über 100 km, ist ein besonders schwerer Verkehrsverstoß gegeben, der in der Regel zu einer Alleinhaftung führt, auch wenn der Handelnde an sich die Vorfahrt hat.

 

Schadensverursachung durch auf dem Förderband einer Waschstraße befindliches Kraftfahrzeug

OLG Koblenz

1. Wird ein PKW auf dem Förderband einer Waschstraße transportiert, ohne dass der Motor des OKW gestartet ist, befindet sich der PKW nicht im Betrieb, sodass eine Gefährdungshaftung nach § 7 STVG ausscheidet. In dieser Phase ist der PKW von seiner eigentlichen Funktion als Fahrzeug vollständig losgelöst und mit jedem beliebigen Gegenstand vergleichbar, der in gleicherweise automatisch weitertransportiert und bewegt wird.

2. Kommt es beim Transport von mehreren PKW auf dem Förderband einer Waschstraße zu einem Hindurchziehen der Mitnehmrolle unter dem vorderen PKW und betätigt daraufhin der „Fahrer“ des nachfolgenden PKW zur Vermeidung eines „Auffahrunfalls“ die Bremse, wodurch es zu einer Beschädigung seines Fahrzeuges durch den Waschautomaten kommt, scheidet eine Verschuldenshaftung des vorderen „Fahrers“ aus, wenn ausgeschlossen werden kann, dass diese die Fußbremse oder auch die Parkbremse seines Fahrzeuges aktiviert hat und keine weiteren auf ein schuldhaftes Fehlverhalten hindeutenden Umstände vorgetragen werden.

 

Ausforschung bei unbekanntem Vorschaden

BGH

Behauptet der Geschädigte eines Verkehrsunfalles, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und den beschädigten Pkw in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin liegt weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis.

 

Überzeugungsbildung bei manipuliertem Unfall

BGH

Zur tatrichterlichen Überzeugungsbildung beim Verdacht eines manipulierten Verkehrsunfalls (Festhaltung Senatsurteil vom 13. Dezember 1977 - VI ZR 206/75, BGHZ 71, 339).

 

Bei gänzlich unterbliebener zeitnaher Reaktion auf anwaltliche Aufforderungsschreiben nach einem Verkehrsunfall gibt der Versicherer Veranlassung zur Erhebung einer Klage

OLG Karlsruhe

Reagiert der Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall auf mehrere Anwaltsschreiben des Unfallgegners nicht, gibt er regelmäßig Veranlassung zur Erhebung einer Klage. Ein sofortiges Anerkenntnis kommt in diesem Fall im Prozess nicht mehr in Betracht. Wenn der Unfallablauf einfach und aus der Sicht des Geschädigten geklärt ist, erwartet ein Geschädigter zu Recht, dass sich die gegnerische Haftpflichtversicherung um eine zügige Abwicklung der aus ihrer Sicht erforderlichen Formalitäten bemüht. Auf die Frage, welche Prüfungsfrist dem Haftpflichtversicherer zuzubilligen war, kommt es in diesem Fall nicht an. Denn der Geschädigte kann bei einer fehlenden Reaktion auf mehrere Anwaltsschreiben nicht mehr darauf vertrauen, dass der Haftpflichtversicherer zu einer zügigen Schadensregulierung in der Lage und bereit ist.

 

Voraussetzungen einer Gefährdung des Straßenverkehrs

BGH

Eine Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c StGB setzt voraus, dass einer fremden Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat. Es sind daher stets zwei Prüfschritte erforderlich, zu denen im Strafurteil entsprechende Feststellungen zu treffen sind: Zunächst ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert gehandelt hat, was etwa bei älteren oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein kann. Handelt es sich um eine Sache von bedeutendem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann als der allein maßgebliche Gefährdungsschaden. Der Wert der Sache ist hierbei nach dem Verkehrswert und die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen.

 

Helmpflicht beim Motorradfahren gilt grundsätzlich auch bei Berufung auf religiöse Hinderungsgründe

BVerwG

Nach der StVO kann die Straßenverkehrsbehörde in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen von den in § 21a StVO enthaltenen Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen genehmigen. Der Anspruch auf Genehmigung einer Ausnahme von der Pflicht, beim Motorradfahren einen geeigneten Schutzhelm zu tragen, besteht nicht bereits dann, wenn der Betroffene am Tragen eines Schutzhelms gehindert ist. Eine Reduzierung des behördlichen Ermessens auf Null kommt nur in Betracht, wenn dem Betroffenen ein Verzicht auf das Motorradfahren aus besonderen individuellen Gründen nicht zugemutet werden kann. Das gilt auch für Personen, die aus religiösen Gründen einen Turban tragen.

 

Haftung bei Selbstentzündung eines abgestellten Fahrzeugs

OLG Dresden

Der Wortlaut der Vorschrift § 7 Abs. 1 StVG, die an eine Schadensherbeiführung "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" anknüpft, spricht dafür, dass für eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Fahrzeugs im Zeitpunkt des schadensauslösenden Ereignisses noch gegeben sein oder zumindest noch nachwirken muss. Daran fehlt es, wenn ein Kraftfahrzeug, das sich zur Reparatur in einer Werkstatt befindet, durch Selbstentzündung einer Betriebseinrichtung (hier: aufgrund eines Kurzschlusses) einen Brandschaden verursacht, sofern dabei nicht eine durch einen vorherigen Betriebsvorgang entstandene Gefahrenlage fort- bzw. nachwirkt.

 

Kollision von Fahrrad und Fußgänger auf für Radfahrer frei gegebenen Gehweg

OLG Celle

Auf einem Sonderweg, der eine Mischung des Radverkehrs mit den Fußgängern auf einer gemeinsamen Verkehrsfläche bewirkt, haben Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. Selbstverständlich haben auch Fußgänger auf Radfahrer Rücksicht zu nehmen und diesen die Möglichkeit zum Passieren zu geben. Den Radfahrer treffen aber in erhöhtem Maße Sorgfaltspflichten. Insbesondere bei einer unklaren Verkehrslage muss gegebenenfalls per Blickkontakt eine Verständigung mit dem Fußgänger gesucht werden; soweit erforderlich, muss Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, damit ein sofortiges Anhalten möglich ist. Auf betagte oder unachtsame Fußgänger muss der Radfahrer besondere Rücksicht nehmen; mit Unaufmerksamkeiten oder Schreckreaktionen muss er rechnen. Diese Maßstäbe gelten erst recht auf Gehwegen, die durch ein Zusatzschild für Radfahrer freigegeben sind. Das Zusatzschild "Radfahrer frei" eröffnet dem Radverkehr nur ein Benutzungsrecht auf dem Gehweg. Den Belangen der Fußgänger kommt in diesem Fall ein besonderes Gewicht zu; insbesondere darf der Radverkehr nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

 

Beweislastgrundsätze für mut- oder böswillige Beschädigungen nach vorheriger Entwendung

LG Frankfurt am Main

Im Fall der Entwendung eines Voll-, jedoch nicht Teilkasko versicherten Fahrzeuges ist für den Beweis der Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen nach Wiederauffinden auf das äußere Bild abzustellen, wenn die Ursache der vorgefundenen Schäden nicht festzustellen ist.

 

Arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch Verschweigen von Vorschäden laut Kaufvertrag

LG Wiesbaden

Das Verschweigen von Vorschäden, die im Kfz-Kaufvertrag angegeben sind, in der Schadensanzeige stellt auch bei Vorliegen möglicher Sprachschwierigkeiten eine arglistige Verletzung der versicherungsvertraglichen Aufklärungsobliegenheit dar.

 

Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Restwertmarktes im Internet bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges durch ein Autohaus

BGH

1. Der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges beheben will, leistet bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges dem Wirtschaftlichkeitsgebot im allgemeinen genüge, wenn die Veräußerung zu einem Preis vornimmt, in ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine konkrete Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

2. Etwas anderes gilt nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn es sich beim Geschädigten um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kfz befasst. In diesem Fall ist dem Geschädigten bei subjekt bezogener Schadensbetrachtung die Inanspruchnahme des Restwertmarkts im Internet und die Berücksichtigung dort abgegebener Kaufangebote zuzumuten.

 

Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfallschadens bei fiktiver Berechnung des Sachschadens

OLG Düsseldorf

1. Der Schadensersatzanspruch nach § 249 BGB umfasst auch den Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung. Der Senat teilt die Bedenken, die das Landgericht Darmstadt neuerdings an der Ersatzfähigkeit dieser Schadensposition geäußert hat, nicht.

2. Kann der Geschädigte mangels finanzieller Leistungsfähigkeit die Restitution (Reparatur oder Wiederbeschaffung) nicht betreiben, so hat er auch für die Zeit bis zur Auszahlung der geschuldeten Ersatzleistung grundsätzlich Anspruch auf Ausgleich eines tatsächlich erlittenen Nutzungsausfalls. Dies gilt auch für den Fall, dass er den Sachschaden auf Gutachtenbasis abrechnet. Eine unzulässige Vermischung von konkreter und fiktiver Abrechnung erfolgt hierdurch nicht, da es sich um unterschiedliche Zeitabschnitte handelt.

 

Haftung für einen Brandschaden bei Selbstentzündung einer KFZ-Betriebseinrichtung

OLG Dresden

Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG setzt voraus, dass die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt des schadensauslösenden Ereignisses noch gegeben ist oder zumindest noch nachwirkt. Daran fehlt es, wenn ein Kraftfahrzeug, das sich zur Reparatur in einer Werkstatt befindet, durch Selbstentzündung einer Betriebseinrichtung (hier aufgrund eines Kurzschlusses) einen Brandschaden verursacht, sofern dabei nicht eine durch einen vorherigen Betriebsvorgang entstandene Gefahrenlage fort- bzw. nachwirkt.

 

Nachweis eines manipulierten Verkehrsunfalls

OLG Hamm

Für den Nachweis eines mit Einwilligung des Anspruchstellers beziehungsweise Geschädigten manipulierten Unfalls ausreichend aber erforderlich ist, dass derart gewichtige Indizien vorgebracht und gegebenenfalls bewiesen werden, die bei einer Gesamtschau in ihrem Zusammenwirken vernünftigerweise nur den Schluss zulassen, dass der Anspruchsteller beziehungsweise Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat. Eine mathematisch lückenlose Gewissheit ist insoweit nicht erforderlich. Die feststehenden Indizien müssen in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf eine Einwilligung beziehungsweise auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsgutverletzung ausschließt.

 

Gefährdungshaftung greift auch bei Unfällen außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs

OLG Hamm

Die Gefährdungshaftung eines Kraftfahrzeugs ist nicht auf Unfälle im öffentlichen Straßenverkehr beschränkt, sondern besteht bei allen mit seinem Betrieb oder seinen Betriebseinrichtungen zusammenhängenden Unfällen, sofern der erforderliche örtliche und zeitliche Kausalzusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs oder dem Versagen seiner Betriebseinrichtungen besteht.

 

Mitverschulden bei nicht angelegtem Sicherheitsgurt

OLG Rostock

Die Mitverursachung von Verletzungen bei nicht angelegtem Sicherheitsgurt ist nicht danach zu bemessen ist, welche unfallbedingten Verletzungen der Klägerin aus dem nicht angelegten Sicherheitsgurt resultieren. Vielmehr hat eine Gesamtbetrachtung der Schadensentstehung und eine Abwägung aller Umstände zu erfolgen. Um eine so zu bildende Mithaftungsquote sind dann die Ansprüche zu kürzen.

 

Haftungsverteilung bei Verstoß gegen das Fahrtrichtungsgebot

OLG Hamm

Mit einem Verstoß gegen das Fahrtrichtungsbeibehaltungsgebot des Zeichens 297 muss grundsätzlich nicht gerechnet werden. Ein Linksabbieger darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug, das auf einer mit dem Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO gekennzeichneten Linksabbiegerspur fährt, seiner Verpflichtung entsprechend tatsächlich links abbiegen wird. Es besteht daher grundsätzlich keine Wartepflicht des Linksabbiegers gegenüber einem auf einer mit dem Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO gekennzeichneten Linksabbiegerspur entgegenkommenden Fahrzeug. Demjenigen, der ohne Not aus selbstsüchtigen Motiven gegen das durch Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO angeordnete Fahrtrichtungsgebot verstößt, ist es als unzulässiger Selbstwiderspruch verwehrt, Ansprüche oder Einwendungen daraus herzuleiten, dass ein anderer mit seinem grob verkehrswidrigen Fahrweise nicht gerechnet hat.

 

Keine Betriebsgefahr eines Golfcarts im Straßenverkehr

LG Bonn

Ein fahrlässiges und zum Schadensersatz verpflichtendes Handeln liegt vor, wenn im Straßenverkehr gegen Vorschriften der StVO verstoßen wird. Derjenige, der von einem Grundstück auf eine Straße einfährt, ist verpflichtet, derart auf die Straße aufzufahren, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kommt es im Anschluss an einen Auffahrvorgang dennoch zu einem Unfall, so wird vermutet, dass derjenige, der von einem Grundstück abgefahren und auf eine Straße aufgefahren ist, den Unfall fahrlässig verursacht hat. Einem Golfcart kommt keine Betriebsgefahr im Sinne des StVG zu, da es keine Geschwindigkeit von über 20 Stundenkilometer erreichen kann und aus diesem Grund von der Gefährdungshaftung ausgenommen ist. Stattdessen haftet der Golfcartfahrer nur verschuldensabhängig und nicht verschuldensunabhängig.

 

Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall nach Überfahren einer durchgezogenen Linie

OLG Dresden

Auf ein unabwendbares Ereignis kann sich nicht berufen, wer zu einem Verkehrsunfall durch das Überfahren einer durchgezogenen Linie beigetragen hat. Die Vorschriften der StVO haben generell den Zweck, Gefahren des Straßenverkehrs abzuwehren und Verkehrsunfälle zu verhindern. Damit besagen die Verkehrsvorschriften zugleich, dass ihre Nichteinhaltung die Gefahr eines Unfalls in den Bereich des Möglichen rückt. Der nichtberechtigte Benutzer einer Busspur kann gegenüber einem rechtsabbiegenden Verkehrsteilnehmer keinen Vorrang des Geradeausfahrenden in Anspruch nehmen. Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ist in Ermangelung besonderer Umstände eine Haftungsquote von 2/3 für den Geradeausfahrenden nicht zu beanstanden.

 

Schätzung des Haushaltsführungsschadens und Ablehnung „taggenauer“ Schmerzensgeldberechnung

OLG Celle

1. Zu den vermehrten Bedürfnissen i. S. d. § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB gehört auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht. Der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse bestimmt sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage treffen würde (i. A. an BGH VersR 2019, 51).

2. Die Grundsätze für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens bei Nichteinstellung einer Ersatzkraft können auch für die Berechnung der Pflegekosten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung berücksichtigt werden.

3. Bereitschaftsdienst ist nicht gleichzusetzen mit einer ständigen aktiven Arbeitsleistung. Deshalb ist bei der fiktiven Abrechnung von Hilfsdienstleistungen im Rahmen des Bereitschaftsdienstes vom üblichen Stundensatz (8 Euro) ein angemessener Abschlag vorzunehmen.

4. Für den Bereitschaftsdienst der nahen Angehörigen ist bei fiktiver Abrechnung ein Stundensatz von 6 Euro angemessen.

5. Die Aufteilung der Hausarbeit bestimmt sich grundsätzlich nach der in der Familie des Verletzten vor dem Unfall getroffenen Vereinbarung bzw. der dort gelebten Praxis. Eine nachträgliche Umverteilung gemäß den heute überwiegend in Deutschland üblichen Gepflogenheiten bei der Lebensführung findet nicht statt.

6. Die für die Bemessung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Hausarbeit regelmäßig verwendeten Tabellenwerke sind im Rahmen eines Rechtsstreits für die Schadensschätzung (§ 287 ZPO) untauglich. Denn die Tabellenwerke weisen schwerwiegende Unstimmigkeiten auf, haben keinen Bezug zum konkreten Schaden und setzen willkürliche Werte ohne belastbares Datenmaterial an. Sie sind für die Schadensschätzung auch nicht ergänzend heranzuziehen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).

7. Die Bemessung des auszugleichenden Haushaltsführungsschadens hat sich nach den tatsächlichen Verhältnissen des betroffenen Haushalts zu richten. Diese sind vom Geschädigten oder auch seinen Angehörigen im Einzelnen darzulegen.

8. Bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens ist im Rahmen der fiktiven Abrechnung ein Stundensatz von 8 Euro angemessen.

9. Bei der Bemessung des Schmerzensgelds (Kapitalbetrag oder Rente) ist ein geänderter Berechnungsansatz, der einen insgesamt höheren Schmerzensgeldbetrag ermöglicht (oder ermöglichen kann), ohne weitere Gründe für die Bemessung unbeachtlich (entgegen OLG Frankfurt/M. VersR 2019, 435 [taggenaue Abrechnung]).

 

Ersatz von Verdienstausfallschaden

OLG München

1. Beim Ersatz vom Verdienstausfallschaden sind im Wege der Vorteilsausgleichung ersparte berufsbedingte Aufwendungen anzurechnen, weil sie in einem inneren Zusammenhang mit dem erlittenen und vom Schädiger zu tragenden Erwerbsschaden stehen.

2. In Ermangelung anderer Angaben ist eine Pauschalierung der berufsbedingten Aufwendungen in Höhe von 10 % des Nettoeinkommens vorzunehmen, wenn keine besonderen, vom Geschädigten vorzutragenden und ggf. zu beweisenden Umstände vorliegen, aus denen sich niedrigere Aufwendungen ergeben.

 

(Auch ungefragte) Pflicht des Fahrzeugversicherers zur Aufklärung und Beratung über die Fahrerschutzversicherung

LG Erfurt

1. Die Kammer nimmt eine - auch ungefragte - Pflicht der Versicherung zur Aufklärung und Beratung über die Fahrerschutzversicherung an. Diese Aufklärungspflicht setzt keinen vorangehenden, ausdrücklichen Wunsch nach umfassender Beratung voraus, etwa wegen eines hohen Fahrzeugwertes oder einer Vollfinanzierung des Fahrzeugerwerbs. Es genügt, dass es seitens der Versicherung das Angebot einer freiwilligen und eigenständigen Zusatzversicherung gibt, mit der spezifische (Rest)Risiken abgedeckt werden. Dieses Versicherungsprodukt ist in der Bevölkerung noch nicht so bekannt und verbreitet, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer mit dem Stichwort "Fahrerschutz" konkrete Vorstellungen verbindet (s. auch Funk, ZfSch 2012, 601). Seine freiwillige Entscheidung für oder gegen eine solche Zusatzversicherung bedarf mithin einer vorangehenden Information, Aufklärung und Beratung. Der Versicherungsnehmer ist mit anderen Worten erkennbar belehrungs- und schutzbedürftig.

2. Die Beklagte schuldete eine umfassende Beratung des Klägers zum Thema "Kraftfahrtversicherung". Während nach einer Novelle des StVG im Jahr 2002 alle Insassen des Fahrzeugs in die Gefährdungshaftung aus § 7 StVG einbezogen sind und somit Versicherungsschutz aus der Kfz-Haftpflichtversicherung besteht, ist dies für den Fahrer nicht der Fall. Hier sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen einem verletzten Fahrer keine Schadensersatzansprüche gegen Dritte zustehen. Diese Lücke wird durch die von den meisten Kfz-Versicherern angebotene preiswerte Möglichkeit einer Fahrerschutzversicherung geschlossen (vgl. hierzu Prof. Dr. Karl Maier, Die Fahrerschutzversicherung - Neue Wege beim Versicherungsschutz für den Fahrer (zugleich Anmerkung zu OLG Koblenz r+s 2014, 223), r+s 2014, 219). Zwar ist die Fahrerschutzversicherung eine freiwillige und eigenständige Zusatzversicherung (Restschadensversicherung) zur Kfz-Versicherung bei gleichzeitigem Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung (u.U. auch Kaskoversicherung). Es handelt sich um eine als Schadenversicherung ausgeprägte spezielle Unfallversicherung zur Absicherung des berechtigten Fahrers, die sich hinsichtlich ihres Leistungsvolumens nicht an festen Summen, sondern an den Grundsätzen der Schadenversicherung mit näher bestimmten Anrechnungs- und Verrechnungsmodalitäten orientiert (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, vor § 249 BGB, Rn. 181)... In der Tat ist das Versicherungsprodukt der Fahrerversicherung unter der Bevölkerung noch nicht so weit verbreitet, dass man davon ausgehen könnte, dass mit dem Schlagwort "Fahrerschutz" eine konkrete Vorstellung von den damit versicherten Risiken verbunden wäre, vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Oktober 2016 -1 W 4/16, juris Rn. 4)

 

Haftung beim Überholen einer zum Stillstand gekommenen Fahrzeugkolonne

OLG Hamm

1. Wenn ein vorfahrtsberechtigter Verkehrsteilnehmer rechts an einer zum Stillstand gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifährt, muss er bei größeren Lücken damit rechnen, dass Querverkehr diese nutzt. Der Vorfahrtsberechtigte darf nur mit einer solchen Geschwindigkeit fahren, dass notfalls ein sofortiges Anhalten vor etwaigen abbiegenden Fahrzeugen möglich ist.

2. Wenn mehrere (auch unmarkierte) Fahrstreifen vorhanden sind und auf dem linken Fahrstreifen eine Fahrzeugschlage steht oder langsam fährt, darf diese auch innerorts nach § 7 Abs. 2a StVO nur mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholt werden.

3. Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge rechtfertigt eine Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Abbiegenden, der einen Vorfahrtsverstoß gem. § 9 Abs. 3 StVO begangen hat und damit den Verkehrsunfall überwiegend verursacht hat.

 

Gefährliches Überholmanöver ist keine Rennveranstaltung

OLG München

1. Die Versuche von Verkehrsteilnehmern, andere zu überholen bzw. die Versuche der jeweils anderen Verkehrsteilnehmer, eben dies zu verhindern, sind selbst dann, wenn dies unter Missachtung oder Verletzung von Vorschriften der STVO geschieht, keine „Veranstaltung“ im Sinne der Rennklausel der AKB, sondern allenfalls ein privates Kräftemessen.

2. Im Durchfahren einer Kurve mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit liegt keine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls.

 

Anschieben eines im Anschluss verunfallenden Radfahrers durch ein Motorrad unterfällt dem Betrieb des Motorrades

OLG Koblenz, 19.08.2019, 12 U 1444/18

Es liegt ein Unfall bei dem Betrieb eines Motorrades im Sinne vor, wenn dessen Fahrer mit seinem Motorrad neben einer Fahrradfahrerin fährt, eine Hand an deren Oberkörper legt, diese mit Hilfe der Motorkraft des Motorrades auf eine Geschwindigkeit von ca. 30 km/h beschleunigt und es, unmittelbar nachdem sich beide voneinander gelöst haben, zu einem Sturz der Fahrradfahrerin kommt, bei dem sich diese erhebliche Verletzungen zuzieht. Für eine Anwendung des § 8 Nr. 2 StVG reicht nicht aus, dass sich die Fahrradfahrerin von dem Motorradfahrer freiwillig auf die Geschwindigkeit von 30 km/h hat beschleunigen lassen, da es insoweit unerlässlich ist, dass der Verletzte zumindest in irgendeiner - sei es auch nur rein verbaler - Art und Weise in den eigentlichen Betriebsvorgang des Kraftfahrzeuges eingegriffen bzw. auf diesen spürbaren Einfluss genommen hat.

 

Benutzung eines Zebrastreifend durch einen Radfahrer

OLG Hamm

1. 50 % Mithaftung eines Rechtsabbiegers, der mit einem Radfahrer auf einem Fußgängerüberweg im Kreuzungsbereich kollidiert.

2. Radfahrer, die den Fußgängerüberweg benutzen, genießen nicht den Schutz des § 26 Satz 1 STVO und handeln ihrerseits verbotswidrig. Aufgrund ihrer Schnelligkeit und Wendigkeit sind sie nicht in gleicher Weise besonders schutzbedürftig wie Fußgänger und Rollstuhlfahrer.

3. 3.000,00 € Schmerzensgeld sind ausreichend bei einer BWK3-Fraktur, wenn diese im Rahmen eines stationären Aufenthaltes operiert versorgt wurde und der weiter Heilungsverlauf sich unkompliziert gestaltete.

 

Kollision mit einem dicht am Bordstein stehenden Kind

LG Kaiserslautern

Wird ein 11 Jahre altes Kind, das zu dicht am Bordstein steht von einem Fahrzeug erfasst, dass seinerseits zur Bordsteinkante keinen genügenden Abstand hält, kann eine Mithaftung des Kindes von 20 % angenommen werden.

 

Vorhandensein von GPS-Daten zur Widerlegung des äußeren Bildes eines Diebstahls ist vom Versicherer glaubhaft zu machen

OLG Celle,

Tritt der Kaskoversicherer dem vom Versicherungsnehmer behaupteten äußeren Bild eines Fahrzeugdiebstahls mit widersprechenden Standortdaten (GPS-Daten) des versicherten Fahrzeugs entgegen und beantragt er zum Beweis seiner Behauptung, dem Fahrzeughersteller die Vorlage dieser Daten aufzugeben, muss er das Vorhandensein der Daten beim Hersteller glaubhaft machen.

Keine "taggenaue" Bemessung des Schmerzensgeldes

OLG Düsseldorf

Das schematisierende Modell der so genannte "taggenauen" Bemessung des Schmerzensgeldes ist anfechtbar und führt nicht zu der beabsichtigten Transparenz und Erleichterung der Berechnung des Schmerzensgeldes. Bei der Ermittlung der Höhe des Schmerzensgeldes sind vor allem die Schwere der Verletzungen, die Dauer und das Ausmaß der Beeinträchtigungen und das Alter des Verletzten maßgeblich. Die Schmerzensgeldhöhe soll sich in das Gesamtsystem der Judikatur einfügen, sodass eine Orientierung an Urteilen zu vergleichbaren Verletzungen notwendig ist.

 

Ersatz des Betreuungsaufwands naher Angehöriger bei Durchführung familiärer Fördermaßnahmen nach einem Schäden-Hirn-Trauma

BGH

Zu den vermehrten Bedürfnissen im Sinne des § 843 Abs. 1 Fall 2 BGB gehören sowohl die Kosten für die Beschäftigung in einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönlichen Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht. Die dem Geschädigten gegenüber unentgeltlich erbrachte Pflegetätigkeit durch nahe Angehörige ist im Rahmen des erforderlichen gemäß § 843 Abs. 1 Fall 2 BGB unabhängig davon angemessen abzugelten, ob dieser einen Verdienstausfall erlitten hat. Die Höhe des zu ersetzenden Schadens richtet sich dabei grundsätzlich nach dem Nettolohn einer vergleichbaren entgeltlich eingesetzten Pflegekraft und regelmäßig nicht nach dem entgangenen Verdienst des Angehörigen.

 

Zur Zulässigkeit einer Erklärung mit Nichtwissen seitens des unmittelbar in Anspruch genommenen Kfz-Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Darstellung des Unfallhergangs durch den Geschädigten

BGH

1. Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen - also die Einlassung, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Behauptungen des Gegners nicht zu kennen - nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind; bei einer juristischen Person kommt es insoweit auf ihre Organe an .

2. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist auch außerhalb des Bereichs der eigenen Handlungen und eigenen Wahrnehmung der Partei unzulässig, wenn und soweit eine Informationspflicht der Partei hinsichtlich der vom Gegner behaupteten Tatsachen besteht. Die Partei trifft eine solche Erkundigungspflicht, sofern die maßgebenden Tatsachen Personen bekannt sind, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind. Auch im Fall des Forderungsübergangs ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass der Neugläubiger in Ausübung seines Auskunftsrechts nach §§ 412, 402 BGB Erkundigungen anstellen muss, bevor eine Erklärung mit Nichtwissen in Betracht kommt. Ein Insolvenzverwalter darf eine Tatsache, zu der sich Erkenntnisse aus den Unterlagen des Schuldners oder von diesem selbst ergeben können, mit Nichtwissen nur bestreiten, wenn er ohne Erfolg die Unterlagen gesichtet und notfalls den Schuldner befragt hat und wenn er das Ergebnis seiner Bemühungen nachvollziehbar darlegt.

3. Die Anforderungen an die Erkundigungspflicht dürfen allerdings nicht überspannt werden. Einer Partei darf nur eine zumutbare Informationspflicht auferlegt werden. Auch bei Bestehen einer Informationspflicht ist eine Erklärung mit Nichtwissen zulässig, wenn sich für die Partei nach Einholen der Erkundigungen bei den maßgeblichen Personen keine weiteren Erkenntnisse ergeben oder die Partei nicht beurteilen kann, welche von mehreren unterschiedlichen Darstellungen über den Geschehensablauf der Wahrheit entspricht, und sie das Ergebnis ihrer Erkundigungen in den Prozess einführt.

4. Aus dem Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer im Rahmen einer auf § 115 Abs. 1 VVG gestützten Klage und dem Zweck des Direktanspruchs des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer ergeben sich demgegenüber keine durchgreifenden Argumente für ein grundsätzliches Verbot des Bestreitens mit Nichtwissen seitens des Versicherers. Werden Haftpflichtversicherer und Schädiger gemeinsam im selben Rechtsstreit in Anspruch genommen, liegt zwischen ihnen gemäß §§ 59, 60 ZPO eine einfache Streitgenossenschaft vor, so dass die Handlungen des einen Streitgenossen dem anderen weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen dürfen (§ 61 ZPO). Bei der Nebenintervention des Haftpflichtversicherers ergibt sich dies auch aus § 69 ZPO. Gemäß dem Zweck der § 115 Abs. 1 Nr. 1, § 124 Abs. 1 VVG, § 3 Nr. 8 PflVG a.F., wonach ein rechtskräftiges klageabweisendes Urteil, das zwischen dem klagenden Geschädigten und dem Versicherer ergangen ist, auch zugunsten des beklagten Versicherungsnehmers wirkt, darf der Haftpflichtversicherer, selbst wenn er zusammen mit seinem Versicherungsnehmer in Anspruch genommen wird, bereits im Prozess seine eigenen Interessen nach §§ 61, 69 ZPO wahrnehmen. Sinn dieser Regelung ist es nämlich, dem Geschädigten keine Ansprüche gegen den Versicherer über das materielle Haftpflichtrecht hinaus zuwachsen zu lassen. Der Haftpflichtversicherer soll nicht Gefahr laufen, trotz des für ihn günstigen, die Klage abweisenden Urteils im Falle der Verurteilung seines Versicherungsnehmers aufgrund seiner Zahlungspflicht aus dem Deckungsverhältnis doch noch in Anspruch genommen zu werden. Dementsprechend hat es der erkennende Senat bei dem Verdacht einer Unfallmanipulation für zulässig gehalten, dass der Haftpflichtversicherer sowohl den behaupteten Unfall als auch den behaupteten Unfallhergang mit Nichtwissen bestreitet, und zwar auch dann, wenn er in dem Rechtsstreit nicht nur für sich selbst, sondern zugleich auch als Streithelfer seines Versicherungsnehmers auftritt. Der grundlegende Zweck des § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, die Stellung des Geschädigten zu verbessern, indem er einen zusätzlichen und solventen Schuldner erhält (vgl. BT-Drs. 16/3945 S. 88), wird dadurch nicht in Frage gestellt. Aus dem Gesamtschuldverhältnis zwischen Versicherer und Schädiger (§ 115 Abs. 1 Satz 4, § 116 VVG, § 421 BGB) ergibt sich kein Gleichlauf der Darlegungspflichten des Versicherers und des Versicherten, § 425 Abs. 1 BGB.

5. Den vom Geschädigten verklagten Haftpflichtversicherer trifft aber die Pflicht, sich bei seinem Versicherungsnehmer und etwaigen unfallbeteiligten Mitversicherten (etwa dem Fahrzeugführer) zu erkundigen, ob der Vortrag des Geschädigten zum Unfallgeschehen zutrifft, bevor er sich zum klägerischen Vorbringen einlässt. Will er sich mit Nichtwissen erklären, muss er hinreichende Gründe dafür darlegen, warum er sich auf der Grundlage der erteilten Auskünfte nicht dazu einlassen kann, ob das Vorbringen des Geschädigten zutrifft.

6. Die Beklagte hat im Streitfall die sie treffende Informationspflicht erfüllt. Sie hat nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ihren ursprünglichen Versicherungsnehmer kontaktiert. Aufgrund dessen Mitteilung über die Veräußerung des bei ihr haftpflichtversicherten Fahrzeugs hat sie dann versucht, dem Erwerber, der mit der Veräußerung als neuer Versicherungsnehmer gemäß §§ 122, 95 Abs. 1 VVG in das Versicherungsverhältnis eingetreten war unter der von ihm gegenüber dem Veräußerer angegebenen Anschrift ein Formular zur Schadensmeldung zu übermitteln. Daneben hat die Beklagte den vom Kläger benannten Führer des gegnerischen unfallbeteiligten Fahrzeugs unter der ihr vom Kläger genannten Anschrift als - möglichen - Mitversicherten nach § 1 PflVG angeschrieben. Beide Schreiben konnten nicht zugestellt werden, weil die der Beklagten vorgelegten Anschriften offenbar unzutreffend waren. Bei dieser Sachlage, die die Beklagte im Verfahren offengelegt hat, durfte die Beklagte die behauptete Unfallbeteiligung des bei ihr haftpflichtversicherten Fahrzeugs mit Nichtwissen bestreiten. Weitere Nachforschungen waren ihr entgegen der Auffassung der Revision im Rahmen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht zumutbar.

 

Einwilligungsnachweis beim manipulierten Unfall

OLG Schleswig

Der Einwilligungsnachweis bei einem manipulierten Unfallgeschehen ist bereits geführt, wenn sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten feststellen lässt, was sich aus einer ungewöhnlichen Häufung von Umständen ergeben kann.

 

Bedienung des Navis bei Tempo 200 ist grob fahrlässig

OLG Nürnberg

Wer ein Kraftfahrzeug mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fährt – hier 200 km/h – muss in besonderem Maße seine volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen richten. Schon die kurzeitige Ablenkung durch Bedienung des sogenannten Infotainmentsystem (Navigationssystem) kann bei derartigen Geschwindigkeiten den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen, mit der Folge eines zumindest teilweisen Verlustes der Haftungsfreistellung in den einer Kaskoversicherung nachgebildeten Bedingungen eines Mietvertrags.

 

Vollkaskoversicherung muss für Schäden durch allein losfahrendes Automatikfahrzeug zahlen

OLG Braunschweig

Kann der Sachverhalt für eine Kollision im einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht aber fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einen Unfall beruhen können, so reicht dies für eine Einstandspflicht der Versicherung aus. Infolge dessen muss eine Vollkaskoversicherung für Schäden durch ein allein losfahrendes Automatikfahrzeug haften.

 

Haftungsverteilung bei Fahrzeugkollision im Zuge eines Wendemanövers

OLG München

Einen Fahrzeugführer trifft eine besondere Sorgfaltspflicht bei einem von ihm durchgeführten Wendemanöver. Kommt es zu einer Kollision zweier Fahrzeuge im Zuge dieses Wendemanövers mit anschließendem Rückwärtsfahren und einem Spurwechsel, so trifft das manöverausführende Fahrzeug den Haftungsanteil von 2/3, wenn der Fahrer des anderen Fahrzeuges das Manöver erkannt und ebenfalls nicht hinreichend Rücksicht genommen hat.

 

Keine isolierte Entscheidung zur Haftung des Fahrers bei nicht entscheidungsreifem Verfahren gegen Krafthaftpflichtversicherer

OLG Hamm

Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils ist die grundsätzliche Teilbarkeit des Streitgegenstandes. Es darf lediglich dann ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen werden kann. Eine isolierte Entscheidung durch Teilurteil über die Haftung des Fahrers gemäß§ 18 StVG ist nicht möglich, wenn das Verfahren gegen den Krafthaftpflichtversicherer noch nicht als entscheidungsreif angesehen werden kann. Klagt eine verletzte Fahrzeuginsassin zudem gegen den Versicherer des Kraftfahrzeugs, in welchem sie verletzt wurde, ist eine Gesamtabwägung der beiden Haftungseinheiten in Form des Fahrers und Versicherers des anderen Fahrzeugs einerseits und dem Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs, in dem die verletzte Person sich befand, andererseits, notwendig. Diese Gesamtabwägung steht dem Erlass eines Teilurteils gegen den Fahrer ebenfalls entgegen.

 

Haftung des Fahrzeugführers für Unfallfolgen infolge Ausweichreaktion

OLG Hamm

Die Haftung gemäß § 7 StVG hängt nicht davon ab, ob es zu einer Berührung zwischen dem im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeug und einem weiteren Verkehrsteilnehmer kommt. Erforderlich ist allerdings, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Diesen Ursachenzusammenhang muss der Geschädigte darlegen und beweisen. Stürzt ein den Gehweg befahrender Radfahrer, der einem auf dem Gehweg zurücksetzenden Pkw auf die Straße ausgewichen ist, erst beim Wiederauffahren auf den Gehsteig, führt dies nicht zu einer Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen Zurücksetzen und Ausweichmanöver.

 

Mehrwöchige Prüfungsfrist eines Kfz-Haftpflichtversicherers nach Verkehrsunfall angemessen

OLG Celle

Der Kläger trägt die Prozesskosten, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Jedem Kfz-Haftpflichtversicherer, von dem nach einem Verkehrsunfall Zahlung verlangt wird, ist eine angemessene Prüfungsfrist zuzubilligen, vor deren Ablauf eine Klage nicht veranlasst ist. Diese liegt üblicherweise bei vier bis sechs Wochen. Dem Kfz-Haftpflichtversicherer steht das Recht zu, auch in einfachen Fällen Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen, um den genauen Unfallhergang abschätzen zu können sowie die Frage zu klären, in welchem Umfang ihm gegenüber berechtigte Ansprüche bestehen.

 

Fahrlässige Verletzung der Auskunftsobliegenheit gemäß AKB (hier: Falsche Angaben zu Nachschlüsseln)

OLG Dresden

1. Durch das Aufbewahren des Fahrzeugscheins im Fahrzeug wird der Schadensfall regelmäßig weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt.

2. Die auf Überforderung des Versicherungsnehmers beruhenden Falschangaben zu Nachschlüsseln und weiteren Nutzern eines gestohlenen PKW stellen abhängig von den Umständen des Einzelfalles einen mittleren Grad von Fahrlässigkeit dar, der eine Leistungskürzung um 50% rechtfertigen kann.

 

Schaden durch öffnen der Beifahrertür

EuGH

Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24.04.1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahingehend auszulegen, dass ein Fall, in dem der Mitfahrer eines auf einem Parkplatz geparkten Fahrzeuges beim Öffnen der Tür dieses Fahrzeuges an das daneben geparkte Fahrzeug stößt und es beschädigt unter dem Begriff „Benutzung eines Fahrzeugs“ im Sinne dieser Vorschrift fällt.

 

Unzumutbar einer Verweisung des Geschädigten auf Vewertungsmöglichkeiten bei im Ausland ansässigen Fahrzeugankäufer

AG Zossen

Der Geschädigte muss sich nicht auf Verwertungsmöglichkeiten seines Kfz nach einem Verkehrsunfall in einem anderen Mitgliedsstaat der EU verweisen lassen.

 

Regulierungsdauer und sofortiges Anerkenntnis des Kfz-Haftpflichtversicherers nach einem Verkehrsunfall

OLG Celle

Jedem Kfz-Haftpflichtversicherer, von dem nach einem Verkehrsunfall Zahlung verlangt wird, ist eine angemessene Prüfungsfrist zuzubilligen, vor deren Ablauf eine Klage nicht veranlasst ist. Diese liegt üblicherweise bei vier bis sechs Wochen.

 

Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall einer Straßenbahn mit einem Lastkraftwagen

OLG Dresden

Bei einem Verkehrsunfall sind bezüglich der Schadensregulierung die jeweiligen Verursachungsbeiträge der Beteiligten abzuwägen. Bei dieser Abwägung kommt es nach dem Gesetz insbesondere darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er die nach der Abwägung günstigen Rechtsfolgen herleiten will. Die Berechtigung eines Straßenbahnführers, auf sein gegenüber einem LKW bestehendes Vorrecht in einer Engstelle zu vertrauen, entfällt bei der Annäherung an eine unklare Verkehrssituation. Eine solche Situation liegt auch dann vor, wenn aufgrund einer tatsächlichen Übung an der Unfallstelle dieses Vorrecht regelmäßig nicht in Anspruch genommen wird und der Straßenbahnführer diese Übung kennt.

 

Gefährdungshaftung eines Fahrzeugführers bei Unfall durch Rückwärtsfahren

OLG Hamm

Die Gefährdungshaftung knüpft nicht an den Betrieb des Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr an. Sie besteht vielmehr bei allen mit seinem Betrieb oder seinen Betriebseinrichtungen zusammenhängenden Unfällen, sofern der erforderliche örtliche und zeitliche Kausalzusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs oder dem Versagen seiner Betriebseinrichtungen besteht. Es genügt daher, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug oder die von einem zum Mitführen durch ein Kraftfahrzeug bestimmten Anhänger ausgehende Gefahr ausgewirkt hat, und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug bzw. einen Anhänger mitgeprägt worden ist. Dabei gelten auch im Baustellenverkehr die beim Rückwärtsfahren zu beachtenden höchsten Sorgfaltspflichten. Wer zurücksetzt, hat sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, indem der rückwärtige Verkehrsraum fortwährend beobachtet wird.

 

Unfall infolge einer voreiligen Abwehr- oder Ausweichsituation kann dem Betrieb des Fahrzeugs zugerechnet werden

OLG Hamm

Auch ein Unfall infolge einer voreiligen - also objektiv und auch subjektiv nicht erforderlichen - Abwehr- oder Ausweichreaktion kann gegebenenfalls dem Betrieb des Kraftfahrzeugs gem. § 7 StVG zugerechnet werden, das diese Reaktion ausgelöst hat. Stürzt ein den Gehweg befahrender Radfahrer, der einem auf dem Gehweg zurücksetzenden Pkw auf die Straße ausgewichen ist, erst beim Wiederauffahren auf den Gehsteig, führt dies nicht zu einer Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen Zurücksetzen und Ausweichmanöver.

 

Zur Berechnung von Haushaltsführungsschaden und Schmerzensgeld

OLG Frankfurt

1. Hat der Geschädigte Ansprüche auf Verdienstausfall, die ihm gegen den Schädiger zustehen, ausdrücklich an Arbeitgeber oder Krankentagegeld-Versicherer abgetreten, verliert er diesen Anspruch. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die von diesen erbrachten Leistungen nach der normativen Schadensberechnung auf den Ersatzanspruch anzurechnen wären. 

2. Für die Ermittlung des Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte im Einzelnen vortragen, in welchem Umfang er durch die Verletzung in der Erbringung der dafür erforderlichen Leistungen eingeschränkt war. Tabellenwerke zur Berechnung ersetzen den Sachvortrag nicht, dienen aber für den Richter zur Überprüfung der Plausibilität des Parteivortrags. Der Senat hält die dafür bisher zur Verfügung stehenden Quellen (z. B. Pardey, Haushaltsführungsschaden) – gerade im Bereich des Haushaltszuschnitts – für nicht mehr zeitgemäß und orientiert sich an den Tabellen von Schah Sedi, Praxishandbuch Haushaltsführungsschaden 2017. Für die fiktive Abrechnung des Schadens erscheint bei einfachen Arbeiten im Haushalt ein Stundensatz von 8,50 Euro angemessen, der aber hinsichtlich des Zuschnitts des Haushalts auf 10,- Euro angehoben werden kann. 

3. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Schmerzensgeldentscheidungen anderer Gerichte sind weder Maßstab noch Begrenzung. Angesichts der mangelnden Vergleichbarkeit vieler Fallgestaltungen fehlt es oft an brauchbaren Kriterien, wie insbesondere auch die Dauer der Beeinträchtigung ausreichend berücksichtigt wird. Der Senat hält deshalb eine Methode, das Schmerzensgeld nach der Art der Behandlung (Krankenhaus, Reha) und der Dauer der Beeinträchtigung zu bemessen, für geeignet, eine angemessene und vergleichbare Entschädigung zu errechnen. Die im Handbuch Schmerzensgeld 2013 unter Berücksichtigung des Grades der Schädigungsfolgen dargelegten Ansätze können dazu dienen.

 

Kein Nachweis des Versicherungsfalls in der Kfz-Kaskoversicherung durch Angaben des Versicherungsnehmers bei unglaubhafter Schilderung und fehlender Glaubwürdigkeit

OLG Saarbrücken

Der Nachweis des Versicherungsfalls durch eigene Angaben des VN setzt eine glaubhafte Schilderung und persönliche Glaubwürdigkeit voraus. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung kann bei Erinnerungslücken, fehlenden Detailangaben, vage gehaltenen Antworten sowie unaufklärbaren Widersprüchen und Ungereimtheiten nicht gewonnen werden.
 

Mehrere voneinander unabhängige Primärverletzungen, Beweismaßstab

BGH

Das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO findet Anwendung, soweit es um die Frage geht, ob eine haftungsbegründende Primärverletzung weitere vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Folge hatte (haftungsausfüllende Kausalität). Hier werden unabhängig davon aus der zu Grunde liegenden Verletzungshandlung weitere unfallursächliche Primärverletzungen geltend gemacht, unterfallen diese dem Beweismaß des § 286 ZPO (haftungsbegründende Kausalität).

 

Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers; Arglist bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort; Darlegungs- und Beweislast

LG Limburg

1. Nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort kann generell auch als arglistig im Sinne der versicherungsrechtlichen Regelungen zur Obliegenheitsverletzung angesehen werden. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls.

2. Dem VN obliegt hinsichtlich seiner Motivation für das Entfernen vom Unfallort eine sekundäre Darlegungslast, da es sich hier um eine innere Tatsache handelt, über die die darlegungspflichtige Partei naturgemäß keine Kenntnis besitzt und sich diese auch nicht verschaffen kann, hingegen der Prozessgegner die Kenntnis hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind.

 

Keine versicherungsrechtliche Verpflichtung, den Versicherer nach Ablauf der Wartezeit entsprechend § 142 Abs. 2 StGB zu unterrichten

OLG Dresden

Versicherungsbedingungen, die den VN in der Kaskoversicherung verpflichten, den Unfallort nicht zu verlassen ohne die „gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten“, begrenzen auch die versicherungsrechtliche Obliegenheit auf die in § 142 Abs. 1 StGB genannten Pflichten. Eine Pflicht, den VR entsprechend § 142 Abs. 2 StGB nachträglich unverzüglich zu benachrichtigen, lässt sich hieraus zumindest dann nicht ableiten, wenn in den AKB zugleich eine Pflicht enthalten ist, jedes Schadensereignis innerhalb einer Woche anzuzeigen.

 

Keine versicherungsrechtliche Pflicht zur Ermöglichung nachträglicher Feststellung nach Ablauf der Wartezeit

OLG Celle

1. E.1.1.3 AKB 2015 begründet keine der Verpflichtung aus § 142 Abs. 2 StGB entsprechende Obliegenheit, nachträglich Feststellungen zu ermöglichen.

2. Das sich aus § 18 Abs. 8 StVO ergebende Halteverbot auf Autobahnen kann bei einem Schutzplankenschaden der Annahme einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit aus E.1.1.3 AKB 2015 entgegenstehen.

 

Keine Zuständigkeit des Versicherungssenats nach § 119a S. 1 Nr. 4 GVG für Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers bei seinem VN

KG

Für den Rückgriffsanspruch eines Kfz-Haftpflichtversicherers nach §§ 426 BGB, 115 Abs. 1 S. 4, 116 Abs. 1 VVG wegen einer Obliegenheitsverletzung des Halters oder Fahrers ist keine gesetzliche Sonderzuständigkeit nach § 119a S. 1 Nr. 4 GVG begründet.

 

Umfang der Leistungskürzung nach Unfallflucht

OLG Stuttgart

1. Nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort kann pauschal als arglistig im Sinne der versicherungsrechtlichen Regelungen zur Obliegenheitsverletzung angesehen werden. Für die Beurteilung sind stets die Umstände des Einzelfalls entscheidend.

2. Die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit in der Kaskoversicherung führt nicht zwangsläufig zu einer gänzlichen Leistungsfreiheit des Versicherers, sondern nur in dem Umfang, wie eine Ursächlichkeit anzunehmen ist bzw. ein Kausalitätsgegenbeweis nicht erbracht werden kann.

 

Indizien für Eigen- bzw. Auftragsbrandstiftung in der Kfz-Teilkaskoversicherung

LG Wiesbaden

Von einer Eigen- oder Auftragsbrandstiftung ist auszugehen, wenn eine Brandentstehung im Fahrzeuginneren gesichert feststeht, fehlende Aufbruchspuren den Einsatz eines Originalschlüssels nahelegen, das versicherte Fahrzeug entgegen der üblichen Praxis in sicherer Entfernung zu den Gebäuden abgestellt wurde und der VN sowie seine Mitarbeiter bereits zu einem unerklärlich frühen Zeitpunkt Kenntnis vom Geschehen hatten.

 

Leistungskürzung auf Null bei zweimaliger grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung

OLG Köln

1. Eine zweifache grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung (hier: verspätete Anzeige des Versicherungsfalls und Verkauf des unreparierten Unfallfahrzeugs ohne Information an den Versicherer) berechtigt den Kaskoversicherer zur Leistungskürzung auf Null.

2. Bei der Verletzung von Anzeige- und Aufklärungsobliegenheiten ist der Kausalitätsgegenbeweis erst erbracht, wenn sicher ist, dass dem Versicherer kein Feststellungsnachteil erwachsen ist. Bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der VN beweisfällig.

 

Keine Einholung von Weisungen vor Reparatur des Kfz

KG Berlin

1. Es steht der Annahme von Vorsatz nicht entgegen, wenn ein VN die AKB anlässlich des Schadensfalls vor der Inangriffnahme der Reparatur nicht zur Kenntnis genommen hat. Der VN verschließt sich andernfalls bewusst einer Kenntnisnahme des Inhalts der Obliegenheiten und hat damit vorsätzlich das unterlassen, was jedem VN eingeleuchtet hätte.

2. Diese Obliegenheitsverletzung ist kausal – ein vom Versicherer beauftragter Sachverständiger hätte eigene Untersuchungen nach Vorschäden und deren vollständige und fachgerechte Beseitigung treffen können, die nach der Veränderung des Schadensbildes nicht mehr möglich sind.

3. Das Gutachten eines Parteigutachters kann die Ergebnisse einer eigenen Untersuchung des Fahrzeugs durch einen vom Versicherer beauftragten Gutachter nicht ersetzen.

 

Ausweichen vor Tier unter Alkoholeinfluss

LG Saarbrücken

1. Kommt es in Folge eines Ausweichmanövers, das der Fahrzeugführer einleitet, um bewusst einem Fuchs auszuweichen, zu einer Beschädigung seines Fahrzeugs, so kann eine Leistungskürzung nach auf Null in Betracht kommen. Ein willentliches Ausweichen vor einem solch kleinen Tier stellt in der Regel ein grob fahrlässiges Fehlverhalten dar. In die Bemessung der Leistungskürzung sind auch die Größe des Pkw – hier ein SUV – und das damit einhergehende Schadensrisiko bei der Kollision mit dem Fuchs miteinzubeziehen.

2. Eine vollständige Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn der VN den Versicherungsfall dadurch grob fahrlässig herbeiführt, dass er sein Fahrzeug trotz absoluter Fahruntüchtigkeit (hier: Blutalkoholkonzentration von 1,57 ‰) im Verkehr geführt hat.

3. Kommen als alternative Geschehensabläufe nur die Verursachung eines Unfalls durch das Ausweichen vor einem Fuchs oder aufgrund des Fahrens im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit in Betracht und ist in beiden Fällen die Rechtsfolge eine Leistungsreduzierung auf Null, so kann die tatsächliche Verursachung dahinstehen.

 

Kollision mit in Autobahn-Parkplatzzufahrt parkendem Lkw

OLG Düsseldorf

1. § 7a Abs. 3 S. 1 StVO dient nicht dem Schutz (verbotswidrig) auf einem Ausfädelungsstreifen stehender Fahrzeuge, sondern soll allein Gefahrensituationen verhindern, die dadurch entstehen können, dass ein nachfolgendes Fahrzeug früher als der Vorausfahrende auf den Verzögerungsstreifen fährt.

2. Das Halteverbot des § 18 Abs. 8 StVO schließt ein Parkverbot außerhalb der bezeichneten Parkplätze ein und gilt grundsätzlich für den gesamten Autobahnbereich einschließlich der Zu- und Abfahrten an Parkplätzen.

3. Die Parkplatznot auf deutschen Rastplätzen vermag einen Verstoß gegen das Halteverbot nicht zu rechtfertigen.

 

„Schneiden“ eines anfahrenden Busses beim Rechtsabbiegen

KG

1. Beim parallelen Abbiegen nach rechts spricht ein Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten gegen den aus der linken Spur Abbiegenden, wenn dort keine Markierungen vorhanden sind, die ebenfalls ein Abbiegen nach rechts anordnen.

2. Die Darlegungs- und Beweislast für das (rechtzeitige) Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers trägt der Abbiegende.

3. Die aus 20 Abs. 5 StVO folgende Pflicht anderer Verkehrsteilnehmer, einem Linienbus das Abfahren von Haltestellen zu ermöglichen und notfalls zu warten, begründet für den Bus einen Vorrang vor dem Fließverkehr und nicht nur ein “Recht zur Behinderung”. Die Regelung geht § 10 Abs. 1 StVO vor.

4. Das Vorrecht entsteht aber erst mit dem Erfüllen der Pflichten aus § STVO § 10 Satz 2 StVO, ohne dass für die Verletzung der Pflichten ein Anscheinsbeweis gilt.

 

Zur Abgrenzung (kaskoversicherter) Unfallschäden vom normalen Betriebsrisiko

OLG Zweibrücken

Schäden sind dem normalen Betriebsrisiko zuzuordnen, wenn sie typischerweise dadurch entstehen, dass sich Gefahren verwirklichen, denen das Kraftfahrzeug nach seiner konkreten Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist; wenn sich beim Betrieb demgegenüber ein Risiko verwirklicht, das als außergewöhnliches Ereignis angesehen werden muss, liegt ein versicherter Unfall vor.

 

Zur Abgrenzung von Diebstahl und Betrug in der Kaskoversicherung

KG

1. Überlässt der VN als Vermieter ein Kfz einem angeblichen Mieter, der das Kfz nicht zurückbringt, so liegt mangels Gewahrsamsbruchs kein versicherter Diebstahl vor.

 

2. Die neben dem Besitzbetrug vorliegende Unterschlagung ist nach den AKB nicht versichert, weil dem Täter (Mieter) der Besitz zum Gebrauch in seinem eigenen Interesse überlassen worden war.

 

Der Leistungsanspruch in der Kaskoversicherung setzt nicht Eigentum an Fahrzeug voraus

OLG Hamm

1. Für das Bestehen des Leistungsanspruchs des VN aus einer Kaskoversicherung kommt es nicht auf dessen Eigentum am Fahrzeug an. Folge fehlenden Eigentums ist nach den §§ 43 ff. VVG nur, dass die §§ 44 ff. VVG zu beachten sind.

2. Besitz des VN am Versicherungsschein oder eine Zustimmung der versicherten Person zum Zeitpunkt der Pfändung und Überweisung nach § 45 Abs. 2 VVG sind ausnahmsweise entbehrlich, wenn das Fahrzeug unstreitig bereits wieder vollständig und fachgerecht repariert war.

3. Das Abtretungs- und Verpfändungsverbot nach A.2.7.4 AKB 7/2012 steht einer Pfändung der Leistungsansprüche nicht entgegen.

4. Die Kenntnis des VN von der Unrichtigkeit mitzuteilender Umstände gehört zum objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung und ist vom Versicherer zu beweisen.

5. Eine Nachfrage zum Leasingvertrag ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt schon repariert und damit das Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers ausgeglichen war.

6. Eigenverwendung i. S. der Verwendungsklausel nach D.1.1. AKB 7/2012 bedeutet aus Sicht des durchschnittlichen VN nicht, dass er das Fahrzeug nur eigenhändig fahren und nicht verleihen darf. Nur eine gewerbliche Vermietung wäre unzulässig.

 

Pkw-Unfall mit einer 11-jährigen Waveboard-Fahrerin

OLG Celle

Bei der Kollision mit einer 11-jährigen Waveboard-Fahrerin, die eine Fußgängerampel bei „rot“ überfährt, tritt ohne nachweisbares Verschulden des PKW-Fahrers die Betriebsgefahr des KFZ vollständig zurück.

 

Haftungsverteilung bei unaufklärbarem „berührungslosen“ Unfall

OLG München

1. Der Spezialsenat für Verkehrsunfälle aller Art kann – auch ohne entsprechende erstinstanzliche Feststellungen – in eigener Sachkompetenz feststellen, dass in einem konkreten Rechtsstreit der Sachvortrag der Parteien keinerlei Anknüpfungstatsachen enthält, welche für die Einholung eines (verkehrsunfallanalytischen) Sachverständigengutachtens ausreichen würden.

2. Bei einem berührungslosen Unfall genügt es für eine Haftung aus Betriebsgefahr, dass das Fahrverhalten des Fahrers in irgendeiner Art und Weise das Fahrmanöver des Unfallgegners beeinflusst hat bzw. dass das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat.

3. Auch bei einem berührungslosen Unfall ist von einer Haftungsverteilung von 50:50 auszugehen, wenn beide Parteien ein Verschulden des jeweils anderen Fahrers nicht nachweisen können und die jeweiligen Betriebsgefahren gleich hoch zu bemessen sind.

 

Fiktive Kfz-Schadensabrechnung

LG Darmstadt

Die fiktive Kfz-Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis ist nicht nur im Werkvertragsrecht sondern auch im Deliktsrecht unzulässig.

Keine Anwendung des erleichterten Beweismaßes nach § 287 ZPO auf Kausalität eines Verkehrsunfalls für weitere Primärverletzungen

BGH

Das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO findet Anwendung, soweit es um die Frage geht, ob eine haftungsbegründende Primärverletzung weitere vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Folge hatte (haftungsausfüllende Kausalität). Werden unabhängig davon aus der zugrunde liegenden Verletzungshandlung weitere unfallursächliche Primärverletzungen geltend gemacht, unterfallen diese dem Beweismaß des § 286 ZPO (haftungsbegründende Kausalität).

 

„Zerstörung“ in der Kfz-Kaskoversicherung erfasst eine über den Totalschaden hinausgehende Beschädigung

OLG Hamm

Der Begriff der Zerstörung (Nr. A.2.6.1 AKB 08) erfasst eine über den (wirtschaftlichen) Totalschaden hinausgehende Beschädigung eines Fahrzeuges.

 

Ersatz von Versicherungsleistungen nach dem Brand eines Wohnmobils

OLG Hamm

Entsprechend dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG ist der Begriff „bei dem Betrieb“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG weit auszulegen. Es macht rechtlich keinen Unterschied, ob ein Brand – etwa durch einen Kurzschluss der Batterie – unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Auch in Fällen, in denen unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich geworden ist, ist das Schadensgeschehen bei der gebotenen wertenden Betrachtung durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit) geprägt worden. Hierzu reicht es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Der Begriff „Benutzung eines Fahrzeuges“ ist nicht auf Situationen der Benutzung im Verkehr auf öffentlichen Straßen beschränkt. Er ist auch nicht von Merkmalen des Geländes abhängig, auf dem dieses Kraftfahrzeug benutzt wird.

 

Keine Wegnahme durch Anmietung des Fahrzeugs unter falschem Namen ohne Rückgabe

KG

Eine in der Teilkaskoversicherung versicherte Entwendung eines Fahrzeugs liegt nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer als Vermieter das Fahrzeug aufgrund eines Mietvertrags einer Person überlässt, die unter Vorlage fremder Papiere unter falschem Namen auftritt und das Fahrzeug nicht zurückbringt. Es handelt sich dabei auch nicht um einen Trickdiebstahl.

 

Verweis des Versicherers auf unstimmige GPS-Daten

OLG Celle

Tritt der Kaskoversicherer dem vom Versicherungsnehmer behaupteten äußeren Bild eines Fahrzeugdiebstahls mit der Behauptung hiermit nicht in Einklang stehender Standortdaten (GPS-Daten) des versicherten Fahrzeugs entgegen und beantragt er zum Beweis seiner Behauptung, dem Fahrzeughersteller die Vorlage dieser Daten aufzugeben, muss er glaubhaft machen, dass die Daten beim Hersteller vorhanden sind.

 

Zur Relevanz der Eigenschaft als „Kreuzungsräumer“ im Rahmen des Mitverschuldens

KG
1. Zur Haftung bei Kollision von Linksabbieger und entgegenkommendem Rechtsabbieger an ampelgeregelter Kreuzung.

2. Zu den Voraussetzungen der Eigenschaft als Kreuzungsräumer und zur Sach- und Rechtslage im Kreuzungsräumerfall sowie dem (nicht existenten) „Vorrang“ des Kreuzungsräumers.

 

Diebstahl aus Kfz durch „Relay Attack“ oder „Jamming“

Amtsgericht Frankfurt

Bei fehlenden Aufbruchspuren muss die Hausratversicherung nicht für die aus einem Auto entwendeten Gegenstände aufkommen, selbst wenn es möglich erscheint, dass Diebe den Verriegelungsmechanismus elektronisch manipuliert haben könnten.

 

Voraussetzung für die Annahme eines wirtschaftlichen Totalschadens bei einer Neuwertversicherung

OLG Karlsruhe

1. Eine Feststellungsklage muss ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis betreffen. Dieses liegt auch vor, wenn die Verpflichtung des Versicherers zur Schadensregulierung nach den Bedingungen der Neuwertentschädigung festgestellt werden soll, der Versicherungsnehmer die Voraussetzungen einer strengen Wiederherstellungsklausel aber noch nicht erfüllt hatte.

2. Bei technischer Reparaturfähigkeit liegt auch so lange keine Zerstörung vor, wie die notwendigen Reparaturkosten zzgl. einer Wertminderung, die durch den Versicherungsfall entstanden und nicht auszugleichen ist, den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht übersteigen. Insoweit kommt keine Neuwertentschädigung in Betracht.

 

Unfallflucht: Obliegenheiten und Strafbarkeit sind zwei Paar Schuhe

OLG Dresden

Versicherungsbedingungen, die den Versicherungsnehmer in der Kaskoversicherung verpflichten, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die „gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten“, begrenzen auch die versicherungsrechtliche Obliegenheit auf die in § 142 Abs. 1 StGB genannten Pflichten. Eine Pflicht, den Versicherer entsprechend § 142 Abs. 2 StGB nachträglich unverzüglich zu benachrichtigen, lässt sich hieraus zumindest dann nicht ableiten, wenn in den AKB zugleich eine Pflicht enthalten ist, jedes Schadensereignis innerhalb einer Woche anzuzeigen.

 

Ladekrantätigkeit des LKW gehört zum Betrieb des Kraftfahrzeuges

OLG Köln

Der Halter eines im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten LKW haftet für die Gefahren, die während eines Entladevorgangs von einem auf dem LKW montierten Ladekran ausgehen.

 

Versicherungsnehmer kann als Leasingnehmer nach Reparatur verfügungsbefugt sein

OLG Hamm

Ist der Versicherungsnehmer nicht Eigentümer des kaksoversicherten Fahrzeugs, sondern Leasingnehmer, kann er nach vollständiger und ordnungsgemäßer Reparatur trotzdem Inhaber des Anspruchs gegen den Versicherer und verfügungsbefugt sein.

 

Anscheinsbeweis bei Kollision zwischen einem einbiegenden Pkw und einem Motorrad

LG Detmold

Auch beim Abbiegen in ein Grundstück wird ein Anscheinsbeweis zu Lasten des Abbiegenden angenommen, dass er gegen seine aus § 9 Abs. 1, Abs. 5 StVO folgenden Pflichten verstoßen hat. Kommt es zu einer Kollision zwischen einem links in ein Grundstück einbiegenden PKW und einem aus dem rückwärtigen Verkehr überholenden Motorrad, fehlt es hinsichtlich eines gegen den Grundstücksabbieger streitenden Anscheinsbeweises aus § 9 Abs. 1,9 Abs. 5 StVO dann an der erforderlichen Typizität, wenn der Motorradfahrer beim Lenken seines Fahrzeugs in den Gegenverkehr zwecks Überholens eine ununterbrochene Fahrstreifenbegrenzung missachtet hat. Allerdings kann sich das erkennende Gericht auch jenseits eines Anscheinsbeweises die Überzeugung davon verschaffen, dass der Grundstücksabbieger nicht den in § 9 Abs. 1, Abs. 5 StVO statuierten Sorgfaltsanforderungen Genüge getan hat.

 

Wird ein Brand durch einen Defekt im Bereich des Motorraumes oder Führerhauses eines LKW verursacht, ist der hieraus entstehende Schaden beim Betrieb dieses Fahrzeugs i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG entstanden

OLG Hamm

1. Die Vorschriften der §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG und 1 PflVG sind entsprechend Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten bzgl. der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung richtlinienkonform dahin auszulegen, dass zwar nach § 1 PflVG nur solche Fahrzeuge haftpflichtzuversichern sind, die (auch) auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet werden sollen, eine bereits bestehende Haftpflichtversicherung aber auch Schadensfälle abdeckt, die sich mit dem versicherten Fahrzeug auf auch außerhalb von öffentlichen Straßen und Wegen gelegenen Geländen ereignen.

2. Der enthaltene Begriff "Benutzung eines Fahrzeugs" ist nicht auf Situationen der Benutzung im Verkehr auf öffentlichen Straßen beschränkt und nicht von Merkmalen des Geländes abhängig ist, auf dem dieses Kraftfahrzeug benutzt wird; keine Vorschrift der Haftpflichtversicherungsrichtlinie beschränkt die Reichweite der Pflichtversicherung und den Schutz, den diese Pflicht den durch von Kraftfahrzeugen verursachte Unfälle Geschädigten verleihen kann, auf die Fälle der Verwendung der Fahrzeuge in einem bestimmten Gelände oder auf bestimmten Straßen (EuGH, U.v.28. November 2017 - C-514/16, juris).

3. Der Senat schließt sich der vom BGH vertretenen weiten Auslegung der Haftungsnorm des § 7 Abs. 1 StVG an. Für sie spricht entscheidend der vom BGH im Tiefgaragenfall angeführte weite Schutzzweck der Haftungsvorschrift des § 7 Abs. 1 StVG, nämlich Dritte von allen von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren zu schützen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Schaden durch ein Versagen von Fahrzeugkomponenten entstanden ist, die für die Fortbewegungs- und die Transportfunktion des Fahrzeugs zwingend erforderlich sind oder nur der Bequemlichkeit der Fahrzeugnutzer oder anderen Zwecken des Fahrzeuges wie etwa dessen Wohnfunktion dienen.

 

Halterhaftung aus Betriebsgefahr: Entstehung eines Schadens „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“

OLG Köln

Das Tatbestandsmerkmal „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG setzt nicht stets einen nahen zeitlichen Zusammenhang zwischen Schadensfall und Fahrzeugbetrieb voraus, sondern maßgebend ist, ob der Schaden entweder bei dem Betrieb des Fahrzeugs selbst bzw. in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang damit oder aber durch eine Betriebseinrichtung des schädigenden Pkw eintritt. Ausschlaggebend für dieses weite Verständnis ist der umfassende Schutzzweck der Norm (vgl. BGH, Urt. v. 21.01.2014 - VI ZR 253/13).

 

Höhe des Schmerzensgeldes bei Kompartmentsyndrom

OLG Hamm

1. § 5 StVO, der das Überholen regelt, schützt nicht den -untergeordneten- Querverkehr, sondern lediglich den gleichgerichteten Gegenverkehr.

2. Bei Vorliegen eines Schienbeinkopfbruches, einer distalen Außenknöchelfraktur, multiplen Hautabschürfungen im Bereich des rechten Oberschenkels und einem Kompartmentsyndrom mit operativer Reposition und 5monatiger Anbringung eines Fixateurs und anschließend verbleibender Einschränkung des verkürzten Beines bei einer Spitzfußstellung von 25 Grad und zögerlicher Regulierung, ist ein Gesamtschmerzensgeld von 45.000,- Euro angemessen.

 

Voraussetzungen von Ansprüchen des Geschädigten bei einem berührungslosen Unfall

OLG Celle

Beim Betrieb eines Fahrzeugs hat sich ein Unfall ereignet, wenn sich eine Gefahr realisiert, die mit dem Fahrzeug als Verkehrsmittel verbunden ist. Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es nicht auf einen Kontakt der am Unfall beteiligten Fahrzeuge an. Der Begriff "bei dem Betrieb" ist weit zu fassen. Ausreichend ist, dass bei einer wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz zumindest mitgeprägt worden ist. Dabei reicht die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kfz an einer Unfallstelle nicht aus. Vielmehr ist ein naher zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang des Kfz erforderlich, wobei sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt haben muss, mithin das Fahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen haben muss.

 

Haftungsverteilung bei Kollision eines Radfahrers mit einer sich öffnenden PKW-Tür

OLG Celle

Gegen einen PKW-Fahrer spricht der Beweis des ersten Anscheins, den Unfall verschuldet zu haben, wenn die Kollision eines Fahrradfahrers mit der geöffneten Fahrertür im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgte. Gemäß § 14 Abs. 1 StVO hat sich der Fahrer dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Ein die Alleinhaftung des PKW-Fahrers ausschließendes Mitverschulden des Radfahrers kann in einem zu geringen seitlichen Abstand des Fahrradfahrers zum geparkten PKW liegen, der - je nach den örtlichen Verhältnissen - mindestens 50 cm betragen sollte. Die Darlegungs- und Beweislast für eine ein Mitverschulden begründende Unterschreitung des Seitenabstandes eines Fahrradfahrers zu einem geparkten PKW obliegt dem PKW-Fahrer.

 

Haftungsverteilung bei Auffahren einer Straßenbahn auf einen eingescherten Linksabbieger

OLG Celle

Ein Straßenbahnführer darf darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer §§ 2 Abs. 3, 9 Abs. 3 Satz 1 StVO beachten und die Schienen nicht besetzen. Er braucht nicht damit zu rechnen, dass ein vor ihm fahrendes Fahrzeug in einer Entfernung, die die Gefahr eines Zusammenstoßes in sich schließt, in den Gleisbereich einbiegt. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der andere Fahrer seine Abbiegeabsicht bereits angezeigt hat. Von einem Straßenbahnführer ist wegen der gebotenen Rücksicht auf die von ihm in der Straßenbahn beförderten Fahrgäste nicht zu verlangen, ohne weiteres vorsorglich eine Vollbremsung durchzuführen, sobald ein PKW in einiger Entfernung auf die Schienen fährt.

 

Haftungsverteilung bei Kollision eines Rechtsabbiegers mit einem Bus

KG Berlin

Beim parallelen Abbiegen nach rechts spricht ein Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten aus § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 StVO gegen den aus der linken Spur Abbiegenden, wenn dort keine Markierungen vorhanden sind, die ebenfalls ein Abbiegen nach rechts anordnen. Zur Widerlegung des gegen ihn sprechenden Anscheins hat der Abbiegende die Einhaltung seiner Sorgfaltspflichten konkret darzulegen und zu beweisen. Die aus § 20 Abs. 5 StVO folgende Pflicht anderer Verkehrsteilnehmer, einem Linienbus das Abfahren von Haltestellen zu ermöglichen und notfalls zu warten, begründet für den Bus einen Vorrang vor dem Fließverkehr und nicht nur ein "Recht zur Behinderung". Die Regelung geht § 10 Satz 1 StVO vor. Das Vorrecht entsteht aber erst mit dem Erfüllen der Pflichten aus § 10 Satz 2 StVO, ohne dass für die Verletzung der Pflichten ein Anscheinsbeweis gilt.
 

Keine generelle Obergrenze für den Ersatz von vermehrten Bedürfnissen bei häuslicher Pflege eines Schwerstgeschädigten
BGH
1. Zu den vermehrten Bedürfnissen im Sinne des § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB gehören sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand na-her Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht.
2. Der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse bestimmt sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage treffen würde.
3. Kommen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit unter-schiedlichem Kostenaufwand in Betracht, so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs da-nach, welcher Bedarf der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestal-tung tatsächlich anfällt. Die Frage, ob der Geschädigte seine Lebensgestaltung in zumutba-rer Weise gewählt hat, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Eine für sämtliche Fallgestaltungen geltende Obergrenze in dem Sinne, dass der Ersatz, der für die häusliche Pflege anfallenden Kosten generell auf den doppelten Betrag (oder ein ande-res Vielfaches) der jeweiligen Heimunterbringungskosten beschränkt wäre, existiert nicht.

 

Kein Anspruch des Sachversicherers auf Ersatz der Kosten für ein zur Schadensermittlung eingeholtes Sachverständigengutachten
BGH
Hat der Sachversicherer zur Prüfung seiner Regulierungspflicht (Schadensermittlung) ein Sachverständigengutachten eingeholt, so kann er die hierfür angefallenen Kosten nicht aus übergegangenem Recht seines Versicherungsnehmers nach § 86 Abs. 1 VVG vom Schädiger ersetzt verlangen. Der Versicherer handelt insoweit zum Zweck der Erfüllung eigener Pflichten aus dem Versicherungsverhältnis und nimmt damit vornehmlich eine eigene Angelegenheit wahr, für deren Erledigung er die Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hat.

 

Verweigerte Angaben zur Fahrleistung gehen zu Lasten des Versicherungsnehmers
AG Brandenburg
Wenn ein Versicherungsnehmer die Fahrleistung seines Fahrzeuges dem Kfz-Versicherer auf Anfrage nicht mitteilt, kann dieser den Beitrag rückwirkend zu Beginn des Abfragezeit-raums nach den für den Versicherungsnehmer ungünstigsten Kilometer-Annahmen berech-nen.

Obliegenheitsverletzung wegen nicht eingehaltener Wartepflicht nach Unfall mit Warnbake 
OLG Düsseldorf
Wartet der Fahrer eines Fahrzeuges nicht zumindest 10 Minuten, nachdem er abends auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern gekommen, gegen eine Warnbake auf der Fahrbahnseite gestoßen und diese beschädigt hat, kann der Kaskoversicherer wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung leistungsfrei sein.

 

Notwendige Kosten – eigener Anwalt neben dem Anwalt des Haftpflichtversicherers im Verkehrsunfallprozess
LG Mainz
1. Beauftragt der VM im Verkehrsunfall-Haftpflichtprozess einen eigenen Rechtsanwalt, so sind dessen Kosten nur dann notwendig im Sinne von § 91 ZPO und damit erstattungsfähig, wenn ein besonderer Grund vorliegt, der wegen unterschiedlicher Interessen von VR und VN zur Wahrung einer interessengerechten Rechtsverteidigung des VN die Einschaltung eines eigenen Rechtsanwalts erfordert. Ist das nicht der Fall, dann ist nur die Mehrvertretungsgebühr (Ziffer 1008 VV-RVG) erstattungsfähig.
2. Ist der beklagte Haftpflichtversicherer zugleich Haftpflichtversicherer des Klägers, so reicht die bloße Mandanten-Identität nicht für ein entsprechendes Tätigkeitsverbot des Rechtsanwaltes für den Beklagten VN aus, den dessen Haftpflichtversicherer beauftragt hat. 

 

Beweislast für das vorsätzliche Herbeiführen eines Verkehrsunfalls
LG Coburg
Der Versicherer trägt die Beweislast dafür, dass der VN den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Dieser Beweislast kann er durch das Vortragen von Indizien nachkommen. Das Gericht muss die Indizien und die sonstigen Umstände in ihrer Gesamtheit würdigen. Gelangt es zu der Überzeugung, dass der Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt wurde, hat der VR den Beweis geführt und wird von seiner Leistungspflicht frei. 

 

Zurechnung des Sturzes beim Verfolgen eines unfallverursachenden Fahrzeugs
OLG Hamm
1. Ein Schaden ist bei Betrieb im Sinne von § 7 StVG entstanden, wenn bei der gebotenen wertenden Betrachtung des Schadensereignisses sich die vom Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren mit ausgewirkt haben. Es muss sich um eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahr handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden kann. Der Schadensfall muss sich in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs ereignet haben.
2. Der Zurechnungszusammenhang ist auch bei mittelbar verursachten Schäden gegeben, die dadurch entstehen, dass in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage ein weiterer Umstand - etwa ein Verhalten eines Dritten oder das Verhalten des Geschädigten selbst - hinzukommt und sich die Gefahr dadurch realisiert, sofern sich bei wertender Betrachtung nicht lediglich das allgemeine Lebensrisiko oder aber eine Selbstgefährdung des Geschädigten verwirklicht.
3. Verfolgt der Eigentümer des unfallgeschädigten PKW das sich noch in unmittelbarer Nähe befindliche, sich mit geringer Geschwindigkeit entfernende Schädigerfahrzeug zu Fuß und kommt beim Klopfen gegen die Scheibe des Schädigerfahrzeuges zu Fall, verwirklicht sich die von dem Betrieb des Schädigerfahrzeugs ausgehende Gefahr.   

 

Notwendige Kosten – eigener Anwalt neben dem Anwalt des Haftpflichtversicherers im Verkehrsunfallprozess
LG Mainz
1. Beauftragt der VM im Verkehrsunfall-Haftpflichtprozess einen eigenen Rechtsanwalt, so sind dessen Kosten nur dann notwendig im Sinne von § 91 ZPO und damit erstattungsfähig, wenn ein besonderer Grund vorliegt, der wegen unterschiedlicher Interessen von VR und VN zur Wahrung einer interessengerechten Rechtsverteidigung des VN die Einschaltung eines eigenen Rechtsanwalts erfordert. Ist das nicht der Fall, dann ist nur die Mehrvertretungsgebühr (Ziffer 1008 VV-RVG) erstattungsfähig.
2. Ist der beklagte Haftpflichtversicherer zugleich Haftpflichtversicherer des Klägers, so reicht die bloße Mandanten-Identität nicht für ein entsprechendes Tätigkeitsverbot des Rechtsanwaltes für den Beklagten VN aus, den dessen Haftpflichtversicherer beauftragt hat. 

 

„Lückenfall“: Ausfahren aus Parkplatzgelände
OLG Hamm
1. Jedenfalls soweit es sich um gut sichtbare Grundstücksausfahrten handelt, bei denen mit erhöhten An- und Abfahrtsverkehr zu rechnen ist, spricht viel dafür, die - für die Sorgfaltsanforderungen bei der Vorbeifahrt an Fahrzeugkolonnen entwickelte – so genannte Lückenfall-Rechtsprechung anzuwenden.
2. Die Vorbeifahrt an einer Fahrzeugkolonne im Bereich einer derartigen Ausfahrt mit mindestens
35 km/h ist erheblich zu schnell.
3. Bei der Abwägung der Verursachensbeiträge zwischen dem Geschwindigkeitsverstoß des an der Kolonne Vorbeifahrenden und dem Verstoß des durch die gelassene Lücke  Einfahrenden, der sich gegen § 10 StVO nicht hinreichend nach links vergewissert hat, ob sich von dort bevorrechtigte Verkehrsteilnehmer näherten und sich zudem auch nicht vorsichtig in die gegenüberliegende Fahrspur hinein getastet hat, wiegt der Verstoß gegen die Kardinalspflicht des § 10 StVO schwerer.  

 

Kollision eines abbiegenden Lkw-Gespanns mit sich von hinten annähernder Straßenbahn
OLG Celle
1. Kommt es beim Abbiegen eines Kfz bei Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO und Verletzung des Vorrangs der Straßenbahn gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO zu einer Kollision des ausschwenkenden Anhängers mit einer auf der Nebenspur fahrenden Straßenbahn, haftet der Abbiegende alleine.
2. Der Abbieger muss den Abbiegevorgang so lange zurückstellen, bis er sicher sein kann, dass er keinen anderen Verkehrsteilnehmer auf dem neben ihm befindlichen Fahrstreifen - hier durch Ausschwenken des Anhängers bei der Bogenfahrt - gefährdet.
3. Sorgfaltswidrig handelt der Linksabbieger, der unmittelbar vor dem Abbiegen sich nicht durch (zweite) Rückschau versichert, ob sich ein anderer Verkehrsteilnehmer nährt und es dadurch zu einer Gefährdung aufgrund des Ausschwenkens des Anhängers bei der Bogenfahrt kommt.
4. Ein Straßenbahnführer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer § 2 Abs. 3, 9 Abs. 3 Satz 1 StVO beachten und die Schienen nicht besetzen; insoweit besteht keine Wartepflicht gemäß § 3 Abs. 3 StVO.
5. Ein Straßenbahnführer braucht nicht damit zu rechnen, dass ein vor ihm fahrendes Fahrzeug bei Annäherung der Straßenbahn in den Gleisbereich einbiegt - auch dann nicht, wenn der andere Fahrer seine Abbiegeabsicht bereits angekündigt hat.

 

Obliegenheitsverletzung wegen nicht eingehaltener Wartepflicht nach Unfall mit Warnbake
OLG Düsseldorf
Wartet der Fahrer eines Fahrzeuges nicht zumindest 10 Minuten, nachdem er abends auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern gekommen, gegen eine Warnbake auf der Fahrbahnseite gestoßen und diese beschädigt hat, kann der Kaskoversicherer wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung leistungsfrei sein.

 

Keine Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge bei zumutbarer Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit
BGH
1. Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen bereits mittlere ortsübliche Sätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zu Grunde liegen. Es kann keinen Unterschied machen, ob im Privatgutachten von durchschnittlichen regionalen Stundenverrechnungssätzen markengebundener oder freie Fachwerkstätten ausgegangen worden ist.
3. Die Frage der „Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge“ entscheidet sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten.

 

Stand: September 2018

 

Verwertbarkeit privater Dashcam-Aufzeichnungen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess
BGH
1. Die permanente und anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens ist mit den datenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) nicht vereinbar.
2. Die Verwertung von sog. Dashcam-Aufzeichnungen, die ein Unfallbeteiligter vom Unfallgeschehen gefertigt hat, als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess ist dennoch zulässig.

Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im Rahmen der Feststellungsklage
BGH
1. Die Zulässigkeit der auf den Ausgleich eines Vermögensschadens gerichteten Feststellungsklage setzt die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt; dazu muss aber nicht dargelegt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Vermögensdifferenz besteht.
2. Der Umstand, dass der Geschädigte nach dem Grundsatz der Schadenseinheit zur Hemmung der Verjährung seines Ersatzanspruchs regelmäßig innerhalb von drei Jahren nach der ersten Vermögenseinbuße eine Feststellungsklage erheben und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts darlegen muss, spricht für eine großzügige Beurteilung der Frage, ob der Geschädigte die Wahrscheinlichkeit eines Vermögensschadens hinreichend dargelegt hat.

Kein Wegeunfall bei Unterbrechung der Heimfahrt vor der Arbeit zu privaten Einkauf
BSG
Ein Arbeits-/Wegeunfall ist nicht gegeben, wenn eine Beschäftigte die Heimfahrt zum privaten Lebensmitteleinkauf unterbricht und auf dem Weg zurück zur Fahrertür stürzt, nachdem sie den Einkauf auf dem Beifahrersitz abgestellt hat

Regulierungsfrist des KFZ-Haftpflichtversicherers beträgt in der Regel max. 4 Wochen
OLG Frankfurt
1. Der Geschädigte kann nach Vorlage des Anspruchsschreibens erwarten, dass der gegnerische Haftpflichtversicherer kurzfristig mitteilt, ob, inwieweit und wie lange eine Prüfung stattfindet.
2. Die Dauer der Prüffrist ist von der Lage des Einzelfalles abhängig, beträgt in der Regel aber max. 4 Wochen.

Kausalitätsgegenbeweis und Arglist bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort
OLG Hamm
Im Einzelfall kann feststehen, dass ein Entfernen vom Unfallort weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls, noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist.

Schutzbereich der besonderen Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren
BGH
„Andere Verkehrsteilnehmer" im Sinne der §§ 9, Abs. 5, 10 Satz 1 StVO ist jede Person, die sich selbst verkehrserheblich verhält, d.h. körperlich und unmittelbar auf den Ablauf eines Verkehrsvorgangs einwirkt. Darunter fällt nicht nur der fliesende Durchgangsverkehr auf der Straße, sondern jedenfalls auch derjenige, der auf der anderen Straßenseite vom Fahrbahnrand anfährt.

Zulässigkeit einer Feststellungsklage auf Ersatz des zukünftigen Schadens
KG
1. Da für die Zulässigkeit einer auf die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer Verletzung des Körpers gerichtete Klage notwendige Feststellungsinteresse ist auch dann gegeben, wenn der Schadenersatzpflichtige geltend macht, er habe den Anspruch durch die bisherigen Leistungen erfüllt.
2. Die für die Begründetheit eines solchen Antrages notwendige Wahrscheinlichkeit eines (weiteren) Schadeneintritts ist bei Knochenbrüchen jedenfalls im Gelenkbereich regelmäßig gegeben.

Unwirksamkeit eines Abfindungsvergleichs wegen Fehlen der betreuungsrechtlichen Genehmigung
OLG Köln
1. Ein Abfindungsvergleich über 1,65 Mio. Euro im Nachgang zu einer gerichtlichen Feststellung der Ansprüche aus ärztlichem Fehlverhalten bedarf auch dann zwingend der betreuungsrechtlichen Genehmigung nach § 1908 i i.V.m. § 1822 Nr. 1 BGB, wenn ein Elternteil zum Betreuer bestellt wurde; für eine teleologische Reduktion - auch unter Heranziehung von § 1643 BGB - ist kein Raum.
2. Einer betreuungsrechtlichen Genehmigung bedarf es auch, wenn vor endgültiger Klärung der Berechtigung der Ansprüche seitens des Gerichts ein Vergleichsvorschlag in deutlich geringerer Höhe erfolgt ist.
3. Das Berufen auf die Unwirksamkeit des Vergleichs verstößt auch dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Betreuer die Vergleichssumme angenommen und für den Betreuer verwandt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vergleich nicht durch unredliches Verhalten herbeigeführt wurde.

Entfernen vom abgestellten Fahrzeug erfolgt nicht bei dessen Betrieb
OLG Hamm
Von einem Fahrer, der sich nach dem Abstellen und Verschließen von seinem Fahrzeug entfernt, und der auch keinerlei Handlungen mehr vornehmen will, die in irgendeiner Weise den Betrieb des Fahrzeuges zuzurechnen sind, geht, auch wenn dieser sein Fahrzeug nur kurz vorher geparkt und verschlossen hat, jedenfalls keine Gefahr mehr aus, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs steht. Vielmehr stellt das Entfernen vom abgestellten und verschlossenen Fahrzeug keine typische Fahrerhandlung mehr dar, sondern einen von den Aufgaben des Kraftfahrer unabhängiges Verhalten, das von anderen Fußgängern, die sich möglicherweise unachtsam im Straßenverkehr bewegen, in gleicher Weise und mit gleichem Risiko verwirklicht werden kann. Für derartige Schäden ist daher die private Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig.

Gegenstandswert bei einem Abfindungsvergleich
AG Köln
Für die Berechnung des Gegenstandswertes eines außergerichtlichen Vergleichs ist allein entscheidend, welcher Betrag tatsächlich gefordert wurde. Eine weitere Zahlenangabe im Verlauf der Vergleichsverhandlung, die lediglich „in den Raum gestellt, nicht aber verlangt wird" bleibt unberücksichtigt.

Zur Mithaftung eines Fahrradfahrers bei Kollision mit einem PKW
OLG Hamm
1. Ein Fahrradfahrer, der mit gesenktem Kopf, ohne nach vorne zu schauen, eine abschüssige Straße herunterfährt und mit einem querenden Fahrradfahrer kollidiert, verstößt gegen § 3 Abs. 1 S. 1 StVO sowie § 1 Abs. 2 StVO. § 3 Abs. 1 S.
2. 1 StVO gilt auch für Radfahrer. Danach darf ein Fahrzeug nur so schnell gefahren werden, dass es ständig beherrscht wird.
3. Das Vorfahrtsrecht der bevorrechtigten Straße gilt auch für den von einem Fahrradfahrer befahrenen Seitenstreifen.
4. Bei einer durch den Unfall erlittenen mehrfragmentierten Patellafraktur und einem kleinen Riss im Innenmeniskus, die weder eine Operation noch einen stationären Aufenthalt erforderlich machen, ist unter Berücksichtigung weiterer Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,- Euro angemessen.

(Mit-)Ursächlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung eines Kraftfahrers nur bei negativer Auswirkung auf das Unfallgeschehen oder die -folgen
OLG Hamm
Der Verursachungsbeitrag eines unfallbeteiligten Kradfahrers kann nur in die nach § 17 StVG vorzunehmende Abwägung einbezogen werden, wenn sich dieser Verstoß auf das Unfallgeschehen oder die Schwere der Unfallfolgen ausgewirkt hat. Das ist bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 15 km bei erlaubten 50 km/h dann nicht der Fall, wenn bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit der Kradfahrer nicht mehr über das querstehende links abbiegende Kraftfahrzeug hinweggeschleudert würde, sondern nahezu die gesamte Aufprallenergie vom Körper des Kradfahrers absorbiert wird und der Anprall an einem Teil der Karosserie erfolgt, was nach verkehrstechnischer/medizinischer Beurteilung grundsätzlich erheblich schwerere oder gar tödliche Verletzungen verursacht.

Kein Anscheinsbeweis gegen den Grundstücksausfahrer bei Kollision mit Kfz auf dem Gehweg
OLG Düsseldorf
Es besteht kein Anscheinsbeweis gegen den Grundstücksausfahrer bei Kollision mit einem den Gehweg befahrenden Kfz. Grundsätzlich spricht ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verletzung dieser hohen Sorgfaltspflichten, wenn es bei einer Ausfahrt aus einem Grundstück zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr kommt. Die Beweisvermutung reicht allerdings nur so weit, wie der fließende Verkehr berechtigt ist. Dagegen rechtfertigt die Lebenserfahrung nicht die Vermutung, dass der Ausfahrende seinen hohen Sorgfaltspflichten nicht genügt hat, wenn es auf einen bestimmten Straßenteil zu einer Kollision mit einem Fahrzeug kommt, das dort nichts zu suchen hat. Denn der Ausfahrende muss seine Sorgfaltspflicht nicht auf alle denkbaren Möglichkeiten erstrecken.

Pflicht eines Linksabbiegers zur doppelten Rückschau auch bei einem Überholverbot
OLG Düsseldorf
Ein Überholverbot entbindet den Linksabbieger nicht von der Pflicht zur doppelten Rückschau. Diese Pflicht zur zweiten Rückschau hat möglichst uneingeschränkt zu gelten. Sie verhütet Unfälle und stellt keine Überforderung dar. Die Ausnahme des § 9 Abs. 1 Satz 4, zweiter Halbsatz StVO ist daher eng auf solche Fälle beschränkt, in denen eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs aus baulichen Gründen ausgeschlossen ist, und nicht schon dann, wenn sie aus rechtlichen Gründen unzulässig ist.

Kausalitätsgegenbeweis bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort
LG Kleve
1. Der Kausalitätsgegenbeweis ist nur geführt, wenn der Versicherungsnehmer beweist, dass auch bei Erfüllung der Wartepflicht keine Feststellungen zur Person oder zum Unfallhergang hätten getroffen werden können, die eine Leistungsfreiheit des Versicherers begründen würden.
2. Kann eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit des Versicherungsnehmers nicht mehr erfolgen, so schließt bereits das den Kausalitätsgegenbeweis von vornherein aus (OLG Frankfurt, 2. April 2015, 14 U 208/14).

Nichtübereinstimmung der Angaben des Klägers mit dem behaupteten Unfall
LG Münster
Sind die Angaben des Klägers mit dem behaupteten Unfall nicht in Übereinstimmung zu bringen, so geht das zu seinen Lasten. Ob er möglicherweise im versicherten Zeitraum, aber an anderer Stelle und unter anderen Bedingungen mit dem Fahrzeug verunfallt ist, ist unerheblich (vgl. auch OLG Hamm, 21. Januar 2005, 20 U 228/03).

Pflichten des Fahrers eines Linienbusses vor dem Anfahrvorgang
OLG Celle
Der Fahrer eines Linienbusses, der seinen Fahrplan einzuhalten hat, ist regelmäßig nicht verpflichtet, seine Fahrgäste dahingehend zu beobachten, ob diese einen Sitzplatz eingenommen oder festen Halt genommen haben. Vielmehr ist der Fahrgast einer Straßenbahn oder eines Linienbusses sich grundsätzlich selbst überlassen. Der Fahrer eines Linienbusses braucht sich vor dem Anfahrvorgang nur dann zu vergewissern, ob ein Fahrgast Platz oder Halt im Wagen gefunden hat, wenn sich für ihn aufgrund einer erkennbaren, schwerwiegenden Behinderung des Fahrgastes die Überlegung aufdrängt, dieser werde anderenfalls beim Anfahren stürzen. Ein Fahrgast, der beim Anfahren stürzt, haftet grundsätzlich allein, wenn er sich nach dem Einsteigen in einen Bus nicht sofort festen Halt verschafft. Stürzt der Fahrgast beim Anfahren, so streitet der Beweis des ersten Anscheins, dass der Sturz auf mangelnde Vorsicht des Fahrgastes zurückzuführen ist.

Höhe zu ersetzender unfallbedingter Mietwagenkosten
KG Berlin
Ein durch einen Unfall Geschädigter ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne den Unfall stehen würde. Hiernach kann der Geschädigte grundsätzlich auch Ersatz von Mietwagenkosten verlangen, die ihm aufgrund des Ausfalls des durch den Unfall beschädigten Fahrzeugs entstanden sind. Solche Mietaufwendungen für ein Ersatzfahrzeug bis zur Schadensbehebung sind für angemessene Zeit zu ersetzen. Der Geschädigte kann nur Erstattung der Kosten verlangen, die er für erforderlich halten durfte. Dies ist im Einzelfall zu beurteilen und schließt es beispielsweise nicht aus, dass der Geschädigte die Mietzeit kurzzeitig - und damit verteuernd - verlängern darf, Zusatzkosten für eine Winterbereifung aufwenden oder für eine Anmietung an besonderer Stelle erstattet verlangen kann.

Die Kosten für die Anmeldung von Ansprüchen gegenüber der Unfallversicherung nach einem Verkehrsunfall sind grds. nicht vom Unfallgegner zu ersetzen
OLG Saarbrücken
1. Nach einem Straßenverkehrsunfall ist für die Anmeldung von Ansprüchen des Geschädigten gegenüber seinem privaten Unfallversicherer die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe im Allgemeinen nicht erforderlich, wenn der Geschädigte auf Grund der Unfallfolgen nicht am Verfassen eines Schriftstücks bzw. Ausfüllen eines Fragebogens gehindert ist.
2. Darf der Geschädigte in Bezug auf seinen (beabsichtigten) Klageantrag uneingeschränkt Feststellung beantragen, welche sämtliche Verletzungen und Verletzungsfolgen (Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden) abdeckt, so ist er nicht gehalten, allein zur Ermittlung des für seine Rechtsverfolgungskosten maßgeblichen Gegenstandswerts seine Schadenspositionen zu beziffern und näher zu begründen.

Keine Anhaltspunkte für „Altersdiskriminierung" einer 70-jährigen VN bei Kündigung durch Versicherer
LG Wiesbaden
1. Nach §?21 AGG hat der Anspruchsteller den Beweis dafür zu erbringen, dass er (hier: wegen des Alters) benachteiligt wurde, wobei die Beweislastregelung des §?22 AGG zu beachten ist.
2. Die bloße Behauptung, der Versicherer hätte den Versicherungsvertrag aufgrund des anstehenden 70.?Geburtstags gekündigt und dies wäre eine Altersdiskriminierung, stellt eine Vermutung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherer ordentlich gekündigt hat und dafür einen zuvor regulierten Schadensfall anführt.
3. Ein Schadensersatzanspruch nach dem AGG scheidet bei Versäumen der Ausschlussfrist des §?21 Abs.?5 AGG von zwei Monaten aus, wobei für den Fristbeginn auf das Kündigungsschreiben des Versicherers abzustellen ist. Die Kündigung stellt keine dauerhafte Diskriminierung dar, sondern der Vorgang ist mit dieser abgeschlossen.

Passieren von auf dem Seitenstreifen fahrendem Pedelec-Fahrer ist kein Überholen
OLG Hamm
Wer an einem auf dem Seitenstreifen fahrenden Verkehrsteilnehmer vorbeifährt, überholt nicht im Sinne des § 5 StVO. Ein außerhalb des Anwendungsbereichs des § 5 StVO begonnener Überholvorgang wird auch dann nicht zu einem Überholen im Sinne des § 5 StVO, wenn der langsamere Verkehrsteilnehmer seine Fahrspur wechselt. Wechselt ein älterer Verkehrsteilnehmer aus plötzlicher Sorglosigkeit, die nichts mit seinem Alter und einer dadurch bedingten Unfähigkeit, auf Verkehrssituationen zu reagieren, zu tun hat, ohne Beachtung des nachfolgenden Verkehrs vom Radweg auf die Fahrspur, verstößt ein PKW-Fahrer bei einer Kollision nicht gegen § 3 Abs. 2a StVO.

Tatbestandliche Voraussetzungen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort
BGH
Der Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist auch dann erfüllt, wenn der Täter den Unfallort erst nach der letzten feststellungsberechtigten Person verlässt, sofern er zuvor seine Vorstellungspflicht verletzt hat. Hierfür sprechen der Wortlaut der Vorschrift, ihre Entstehungsgeschichte, systematische Erwägungen sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Wortlaut des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt nicht voraus, dass der Feststellungsberechtigte noch am Unfallort anwesend ist, wenn sich der Täter von dort entfernt. Erforderlich ist nach dem Wortlaut nur, dass sich der Täter entfernt, "bevor" er die gebotenen Feststellungen ermöglicht hat. Die Erfassung auch desjenigen als Täter, der sich als Letzter vom Unfallort entfernt, entspricht dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB.

Kein Ausschluss des Innenausgleichs zwischen Versicherer des Zugfahrzeugs und Versicherer des Anhängers durch Vereinbarung eines Versicherers mit dem Versicherungsnehmer
BGH
Der Innenausgleich zwischen dem Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeuges und dem Haftpflichtversicherer des mit diesem verbundenen Anhängers nach Regulierung eines durch das Gespann verursachten Schadens durch einen der beiden Versicherer kann nicht durch eine Subsidiaritätsvereinbarung des anderen Haftpflichtversicherers mit seinem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden.

Auf der anderen Straßenseite vom Fahrbahnrand Anfahrender als "anderer Verkehrsteilnehmer"
BGH
Nach § 9 Abs. 5 StVO hat sich der Führer eines Fahrzeugs beim Rückwärtsfahren, nach § 10 Satz 1 StVO derjenige, der von einem Straßenteil (hier: einem Parkplatz) auf die Fahrbahn einfährt, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. "Anderer Verkehrsteilnehmer" im Sinne der §§ 9 Abs. 5, 10 Satz 1 StVO ist jede Person, die sich selbst verkehrserheblich verhält, d.h. körperlich und unmittelbar auf den Ablauf eines Verkehrsvorgangs einwirkt. Darunter fällt nicht nur der fließende Durchgangsverkehr auf der Straße, sondern jedenfalls auch derjenige, der auf der anderen Straßenseite vom Fahrbahnrand anfährt.

Keine Rückwirkung der Verjährungshemmung bei Wiederaufnahme abgebrochener Verhandlungen
BGH
Werden bereits nicht fortgesetzte und deswegen als abgebrochen anzusehende Verhandlungen wieder aufgenommen, kommt eine rückwirkende Hemmung durch die neuen Verhandlungen auf den Zeitpunkt der ersten Verhandlung nicht in Betracht. Für eine Rückwirkung der Hemmung unter wertenden Gesichtspunkten oder bei einem engen zeitlichen Zusammenhang besteht schon kein Bedarf, weil bei Vorliegen besonderer Umstände auch bei längeren Zeiträumen zwischen den Kontakten zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten nicht von einem das Verhandlungsende bewirkenden Einschlafen auszugehen ist. Im Übrigen muss die Frage, wie die Zeiträume zwischen beendeten und wiederaufgenommenen Verhandlungen verjährungsrechtlich zu bewerten sind, in beiden Fällen des Verhandlungsendes aus systematischen Gründen gleich beantwortet werden, also sowohl in dem Fall, dass Verhandlungen endgültig abgelehnt werden, als auch in dem Fall, dass sie einschlafen. Ein nachvollziehbarer Grund, eingeschlafen und ausdrücklich abgebrochene Verhandlungen bei der Bewertung ihrer Wiederaufnahme unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber wollte eingeschlafene und abgelehnte Vergleichsverhandlungen im Rahmen des § 203 BGB gleich behandeln.

Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens in der Kfz-Kasko-Versicherung bei Mithaftung des Versicherungsnehmers
BGH
1. Die Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens in der KFZ-Kasko-Versicherung kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass dieser nur im Hinblick auf den eigenen Haftungsanteil des Geschädigten eingetreten sei, denn der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung tritt - unabhängig von der Regulierungshöhe - allein dadurch ein, dass Versicherungsleistungen in der Kasko-Versicherung in Anspruch genommen werden.
2. Kommt es hierzu durch ein Ereignis, das teils vom Schädiger, teils vom Versicherungsnehmer zu vertreten ist, so ist der Schaden wie jeder andere nach den hierfür geltenden Regeln zu teilen.

Keine Erstattung von Umsatzsteuer ohne tatsächliche Ersatzbeschaffung
OLG Saarbrücken
1. Die Erstattung von Umsatzsteuer kann bei vereinbarter Mehrwertsteuerklausel nur bei tatsächlich vorgenommener umsatzsteuerpflichtiger Ersatzbeschaffung verlangt werden.
2. Ist nach den AVB bei vereinbarter Neupreisversicherung die Berücksichtigung orts- und marktüblicher Nachlässe vorgesehen, kann die Entschädigungsleistung um einen vom Versicherungsnehmer zu erlangenden Werksangehörigen Rabatt gekürzt werden.

Keine grobe Fahrlässigkeit, wenn Kfz-Schlüssel im Wohnmobil versteckt ist
LG Koblenz
Verwahrt der Eigentümer die Kfz-Ersatzschlüssel innerhalb des Wohnmobils auf, kann bei einem Diebstahl des Fahrzeugs nicht in jedem Fall von einer groben Fahrlässigkeit ausgegangen werden.

Verursachungsbeitrag eines Kradfahrers bei einem Unfall
OLG Hamm
Der Verursachungsbeitrag eines unfallbeteiligten Kradfahrers kann nur in die nach § 17 StVG vorzunehmende Abwägung einbezogen werden, wenn dieser Verstoß (hier: ein Geschwindigkeitsverstoß) sich auf das Unfallgeschehen oder die Schwere der Unfallfolgen ausgewirkt hat. Der Bevorrechtigte kann darauf vertrauen, dass der wartepflichtige Linksabbieger ihm den Vorrang einräumen wird, solange keine Anzeichen dafür vorliegen, dass dieser den Linksabbiegevorgang einleiten und in die Fahrbahn des Bevorrechtigten einfahren würde.

Verbot des Überholens bei unklarer Verkehrslage
OLG Hamm
Eine unklare Verkehrslage ist dann gegeben, wenn nach allen Umständen mit einem gefahrlosen Überholen nicht gerechnet werden darf, etwa wenn sich nicht verlässlich beurteilen lässt, was der Vorausfahrende sogleich tun werde, wenn er sich unklar verhält, in seiner Fahrweise unsicher erscheint oder wenn es den Anschein hat, er wolle abbiegen, ohne dass dies deutlich wird, z. B. bei einem linken Blinkzeichen des Vorausfahrenden ohne Linkseinordnen. Allein ein relatives Langsamfahren des Vorausfahrenden ohne sonstige Ausfälle ist nicht mit einer unklaren Situation im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO gleichzusetzen. Eine das Überholen verbietende Verkehrslage entsteht nur dann, wenn Umstände hinzu treten, die für ein unmittelbar folgendes Linksabbiegen sprechen können, wie etwa eine Fahrtrichtungsanzeige. Allein die theoretische Möglichkeit eines verkehrswidrigen Linksabbiegens schafft noch keine unklare Verkehrslage, die ein Überholen unzulässig macht.

Anforderungen an das Vorliegen einer Einsatzfahrt
OLG Hamm
Nach § 35 Abs. 5a StVO sind Fahrzeuge des Rettungsdienstes von den Vorschriften der StVO befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Eine Einsatzfahrt i.S.d. § 35 Abs. 5a StVO liegt vor, wenn sich der Fahrer nach der ihm bekannten Lage für berechtigt halten durfte, Sonderrechte in Anspruch zu nehmen. Auf eine spätere objektive Betrachtung nach Beendigung der Einsatzfahrt kommt es nicht an. Auch bei einer objektiv unberechtigten Nutzung von Sondersignalen gilt für andere Verkehrsteilnehmer gemäß § 38 StVO das Gebot, freie Bahn zu schaffen. Der Fahrer des Sonderfahrzeugs kann in einem solchen Fall aber (mit)haften. Wer sich auf das Vorliegen einer Einsatzfahrt beruft, ist für die Voraussetzungen darlegungs- und beweisbelastet. Hierfür reicht die bloße Vorlage des Einsatzprotokolls in der Regel nicht.

Zur Mithaftung des verspätet einfahrenden Geradeausfahrers bei Kollision mit Linksabbieger
LG Hamburg
1. Nach § 9 Abs. 3 StVO muss ein Linksabbieger entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen, und zwar auch dann, wenn sie bei gelbem oder gar rotem Ampellicht in den Kreuzungsbereich einfahren. Der erste Anschein spricht insofern zunächst für ein Verschulden des Abbiegers.
2. Allerdings kann dann den verspätet einfahrenden Geradeausfahrer eine Mithaftung treffen, wenn der Abbieger aufgrund konkreter Anzeichen davon ausgehen durfte, dass der Geradeausverkehr auch tatsächlich das Ampellicht beachten werde. Hierfür genügt, wenn bei mehrspurigen Fahrstreifen diejenigen Fahrzeuge anhalten, die mit deutlichem Vorsprung vor anderen an der Ampel eintreffen. Fährt ein dahinter fahrendes Fahrzeug trotz Rotlichts noch in die Kreuzung ein, indem es hinter einem bereits haltenden Kfz auf die freie Nebenfahrspur ausweicht, haftet dessen Fahrer bei einer Kollision mit dem Linksabbieger daher allein.

Unachtsames Betreten der Fahrbahn durch Fußgänger rechtfertigt Teilhaftung eines Fahrers, wenn dieser nicht auf den Verkehrsverstoß reagiert
OLG Hamm
Grundsätzlich kann ein Kraftfahrer darauf vertrauen, dass erwachsene Fußgänger die Fahrbahn nicht unter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO betreten werden. Er muss aber dann reagieren, wenn für ihn erkennbar wird, dass diese an der Fahrbahnbegrenzungslinie nicht anhalten werden und gegebenenfalls diese Linie tatsächlich zu überschreiten beginnen. War der Kraftfahrer zu schnell oder hat er schuldhaft verspätet auf die Fußgänger reagiert, wirken sich diese Verkehrsverstöße - auch gegebenenfalls alternativ - unfallursächlich aus, wenn anderenfalls ein Unfall zwar nicht hätte vermieden werden können, die Unfallfolgen aber milder ausgefallen wären.

Höhe des Schmerzensgeldes wenn die unfallbedingten Verletzungen als "Auslöser" einer bereits vor dem Unfall vorhandenen krankhaften Anlage mitgewirkt haben
OLG Hamm
Die Höhe des Schmerzensgeldes ist im Wege der Billigkeit festzusetzen, wobei angesichts der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes auch Umstände zu beachten sind, die ohne Einfluss auf die Unfallfolgen sind. Sowohl für die Ausgleichs- als auch in besonderem Maße für die Genugtuungsfunktion ist der Grad der Verursachung, mit welchem die schädigende Handlung zu den Leiden des Verletzten beigetragen hat, von Bedeutung. Dementsprechend ist es nicht rechtsfehlerhaft, sondern kann im Einzelfall, wenn Gesundheitsbeeinträchtigungen Auswirkungen einer Schadensanfälligkeit sind, sogar geboten sein, in die Billigkeitsentscheidung miteinzubeziehen, inwieweit die körperlichen Beschwerden des Verletzten einerseits durch den Unfall und andererseits durch die vorher vorhandene krankhafte Anlage verursacht wurden.

Antragshäufung bei einer Geltendmachung von Schmerzensgeld zulässig
OLG Nürnberg
Neben dem Antrag auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes, bei dessen Bemessung nur die bisher eingetretenen und erkennbaren Verletzungsfolgen Berücksichtigung finden sollen, ist ein Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige immaterielle Schäden zulässig, wobei dieser Antrag dann nicht auf die nicht vorhersehbaren Schadensfolgen beschränkt ist, sondern jeglichen Zukunftsschaden, sei er voraussehbar oder nicht, umfasst. Bei einer solchen Antragshäufung liegt nahe, dass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes erst zukünftig eintretende weitere Schäden zumindest insoweit außer Betracht bleiben sollen, als ihr Eintritt derzeit noch ungewiss ist. Je nach dem Klagevorbringen kann der Feststellungsantrag auch dahin auszulegen sein, dass er sich auf nicht vorhersehbare Folgeschäden beschränken soll.

(Mit-)Ursächlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung eines Kraftfahrers nur bei negativer Auswirkung auf das Unfallgeschehen oder die -folgen
OLG Hamm
Der Verursachungsbeitrag eines unfallbeteiligten Kradfahrers kann nur in die nach § 17 StVG vorzunehmende Abwägung einbezogen werden, wenn sich dieser Verstoß auf das Unfallgeschehen oder die Schwere der Unfallfolgen ausgewirkt hat. Das ist bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 15 km bei erlaubten 50 km/h dann nicht der Fall, wenn bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit der Kradfahrer nicht mehr über das querstehende links abbiegende Kraftfahrzeug hinweggeschleudert würde, sondern nahezu die gesamte Aufprallenergie vom Körper des Kradfahrers absorbiert wird und der Anprall an einem Teil der Karosserie erfolgt, was nach verkehrstechnischer/medizinischer Beurteilung grundsätzlich erheblich schwerere oder gar tödliche Verletzungen verursacht.

Kein Anscheinsbeweis gegen den Grundstücksausfahrer bei Kollision mit Kfz auf dem Gehweg
OLG Düsseldorf
Es besteht kein Anscheinsbeweis gegen den Grundstücksausfahrer bei Kollision mit einem den Gehweg befahrenden Kfz. Grundsätzlich spricht ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verletzung dieser hohen Sorgfaltspflichten, wenn es bei einer Ausfahrt aus einem Grundstück zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr kommt. Die Beweisvermutung reicht allerdings nur so weit, wie der fließende Verkehr berechtigt ist. Dagegen rechtfertigt die Lebenserfahrung nicht die Vermutung, dass der Ausfahrende seinen hohen Sorgfaltspflichten nicht genügt hat, wenn es auf einen bestimmten Straßenteil zu einer Kollision mit einem Fahrzeug kommt, das dort nichts zu suchen hat. Denn der Ausfahrende muss seine Sorgfaltspflicht nicht auf alle denkbaren Möglichkeiten erstrecken.

Pflicht eines Linksabbiegers zur doppelten Rückschau auch bei einem Überholverbot
OLG Düsseldorf
Ein Überholverbot entbindet den Linksabbieger nicht von der Pflicht zur doppelten Rückschau. Diese Pflicht zur zweiten Rückschau hat möglichst uneingeschränkt zu gelten. Sie verhütet Unfälle und stellt keine Überforderung dar. Die Ausnahme des § 9 Abs. 1 Satz 4, zweiter Halbsatz StVO ist daher eng auf solche Fälle beschränkt, in denen eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs aus baulichen Gründen ausgeschlossen ist, und nicht schon dann, wenn sie aus rechtlichen Gründen unzulässig ist.

§ 3 Abs. 1 S. 1 StVO gilt auch für Radfahrer
OLG Hamm
Ein Fahrradfahrer, der mit gesenktem Kopf, ohne nach vorne zu schauen, eine abschüssige Straße herunterfährt und mit einem querenden Fahrradfahrer kollidiert, verstößt gegen § 3 Abs. 1 S. 1 StVO sowie § 1 Abs. 2 StVO. § 3 Abs. 1 S. 1 StVO gilt auch für Radfahrer. Danach darf ein Fahrzeug nur so schnell gefahren werden, dass es ständig beherrscht wird. Das Vorfahrtsrecht der bevorrechtigten Straße gilt auch für den von einem Fahrradfahrer befahrenen Seitenstreifen. Bei einer durch den Unfall erlittenen mehrfragmentierten Patellafraktur und einem kleinen Riss im Innenmeniskus, die weder eine Operation noch einen stationären Aufenthalt erforderlich machen, ist unter Berücksichtigung weiterer Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,- Euro angemessen.

Bedeutung des Randgeschehens für die Glaubhaftigkeit des Kerngeschehens nach dem Dreistufenmodell des BGH
OLG Hamm
1. Dem Versicherungsnehmer stehen für den Nachweis des Diebstahls grundsätzlich Beweiserleichterungen dergestalt zur Seite, dass er auf der ersten Stufe zunächst nur einen Lebenssachverhalt nachzuweisen hat, der nach der Lebenserfahrung den Schluss auf einen bedingungsgemäßen Diebstahl zulässt. Dies ist anzunehmen, wenn er zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 ZPO nachweist, dass er oder ein Dritter das versicherte Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit abgestellt und zu einem späteren Zeitpunkt entgegen seinem / dessen Willen nicht wieder aufgefunden hat (sog. „äußeres Bild" eines versicherten Diebstahls).
2. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Gerichts erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit", sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (BGH v. 18.01.2012 - IV ZR 116/11).
3. Unüberwindliche Zweifel an der Richtigkeit eines an sich widerspruchsfrei geschilderten Abstellens und Nichtwiederauffindens können sich im Einzelfall auf Widersprüche zum Randgeschehen stützen, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben zum Kerngeschehen und an der Glaubwürdigkeit eines Zeugen insgesamt begründen.

Darlegungslast eines Unfallgeschädigten zu einem Vorschaden und dessen Reparatur
OLG Hamm
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der aktuell geltend gemachte Schaden bereits durch einen Vorschaden entstanden war. Dazu muss er darlegen und ggf. nachweisen, welche eingrenzbaren Vorschäden an dem Fahrzeug vorhanden waren und durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen diese zeitlich vor dem streitgegenständlichen Unfall fachgerecht beseitigt worden sind. In diesem Zusammenhang muss er im Einzelnen zu Art und Umfang der Vorschäden und den durchgeführten Reparaturmaßnahmen (also dazu, welche Reparaturmaßnahmen in der Vergangenheit zur vollständigen und ordnungsgemäßen Beseitigung der Vorbeeinträchtigungen durchgeführt worden sind und ob eventuelle Reparaturmaßnahmen jeweils in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Instandsetzungsvorgaben standen) vortragen.

Ersatz fiktiver Schadensbeseitigungskosten
LG Darmstadt
Der Geschädigte, der eine beschädigte Sache in diesem Zustand behält und den Schaden nicht beseitigen lässt, hat im Rahmen des deliktischen Schadensersatzes wegen seiner Eigentumsverletzung keinen Anspruch auf Ersatz der fiktiven Schadensbeseitigungskosten. Der Eigentümer, der tatsächlich keine Aufwendungen zur Schadensbeseitigung tätigt, hat keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser (nur fiktiven) Aufwendungen. Sein Vermögen ist im Vergleich zur Situation vor dem Schadenseintritt nicht um einen Betrag in Höhe der fiktiven Aufwendungen vermindert. Erst wenn der Geschädigte den Schaden tatsächlich beseitigen lässt und die Kosten hierfür begleicht, entsteht ihm ein Vermögensschaden in Höhe der tatsächlich aufgewandten Kosten.

Haftungsverteilung bei Kollision mit einem Fußgänger
OLG Hamm
Ein Kraftfahrer kann grundsätzlich darauf vertrauen, dass erwachsene Fußgänger die Fahrbahn nicht unter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO betreten werden. Der Kraftfahrer muss dann auf die Fußgänger reagieren, wenn für ihn erkennbar wird, dass diese an der Fahrbahnbegrenzungslinie nicht anhalten werden und gegebenenfalls diese Linie tatsächlich zu überschreiten beginnen. War der Kraftfahrer zu schnell oder hat er schuldhaft verspätet auf die Fußgänger reagiert, wirken sich diese Verkehrsverstöße - auch gegebenenfalls alternativ - unfallursächlich aus, wenn anderenfalls ein Unfall zwar nicht hätte vermieden werden können, die Unfallfolgen aber milder ausgefallen wären. Die beiderseitigen Verursachungsbeiträge rechtfertigen in einem solchen Fall eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Fußgängers.

Vorfahrtsrecht beim Auffahren auf eine Autobahn
OLG Hamm
Nach § 18 Abs. 3 StVO hat auf Autobahnen der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn die Vorfahrt. Der auf eine Autobahn Auffahrende hat das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs zu beachten hat, und zwar auch dann, wenn zähfließender Verkehr und staubedingt "Stop-and-Go-Verkehr" herrscht. Wie schon die Formulierung im Gesetz "Vorfahrt" zeigt, muss allerdings ein Mindestmaß an Bewegung im Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn der Autobahn geherrscht haben, da ansonsten nicht von "Fahrt" gesprochen werden kann. Steht der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hingegen, so gibt es keine "Vorfahrt", die Vorrang haben könnte.

Arglist bei Unfallflucht
LG Hechingen
Die generelle Annahme von Arglist liegt bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort bereits deswegen nicht nahe, weil der Unfallflüchtige in den wenigen Sekunden, die für die Verwirklichung der Obliegenheitsverletzung (Anhalten oder Weiterfahren) zur Verfügung stehen, sich regelmäßig keine konkreten Gedanken darüber machen wird, ob sein Verhalten seinem Versicherer schadet.

Scheuen eines Pferdes durch sich nähernden LKW
OLG Celle
1. Wenn der Fahrer eines Sattelzugs auf einer einspurigen Fahrbahn mit beiderseitigen befahrbaren 2,9 m breiten Seitenstreifen einer jugendlichen Reiterin begegnet, muss er die Geschwindigkeit herabsetzen und einen 1,5 - 2,0 m breiten Abstand zum Pferd halten, notfalls unter Mitbenutzung des für ihn rechten Seitenstreifens.
2. Die Reiterin trägt ein hälftiges Mitverschulden, wenn sie nicht auch selbst die hier notwendigen und möglichen Maßnahmen ergreife, um im Zuge der Begegnung das Durchgehen des Pferdes zu verhindern.
3. Die Anwendung des § 830 Abs. 3 BGB scheidet hier mit Rücksicht auf das Mitverschulden der Reiterin aus.

Kfz-Schaden, Abrechnung im 130 %-Bereich
OLG Saarbrücken
1. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Schadensabrechnung auf Basis fiktiver Reparaturkosten die voraussichtlich den Wiederbeschaffungswert um bis zu 30 % übersteigen, nicht in Betracht kommt, ist auch bei finanzieller Unfähigkeit des Geschädigten jedenfalls dann nicht zu machen, wenn dieser durch sein Verhalten sein Integritätsinteresse nicht in ausreichenderweise bestätigt.
2. Es spricht gegen die Annahme eines „fühlbaren wirtschaftlichen Nachteil" als Voraussetzung für die Geltendmachung einer Nutzungsausfallentschädigung, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug mehrere Monate lang nicht in einen fahrtüchtigen Zustand versetzt hat und beachtliche Gründe, die dieses Verhalten erklären könnten, nicht vorliegen.

Darlegung des Erwerbsausfallschadens eines selbständigen Rechtsanwalts
OLG Dresden
Für einen Erwerbsausfallschaden eines Selbstständigen ist nicht zwingend eine aus seinen Gewinnermittlungen ableitbare Vermögenseinbuße erforderlich, sondern es können auch greifbare Anhaltspunkte genügen, dass der Geschädigte (hier: ein selbständiger Rechtsanwalt) eine erwartbare Gewinnsteigerung nicht verwirklichen konnte. Solche greifbare Anhaltspunkte sind nicht hinreichend dargetan, wenn sich aus den Gewinnermittlungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren nach dem Schadensereignis ein weitgehend konstantes Einkommen ergibt. Die Anzahl angenommener Mandate oder durchgeführter Mandantengespräche ist für eine Schadensschätzung regelmäßig untauglich. Wegen des gebotenen Rückgriffs auf die konkrete Einkommenssituation scheidet auch eine Berechnung des Erwerbsschadens anhand statistischer Durchschnittswerte aus.

Einen mit nahezu 45 km/h bei Rotlicht in eine Kreuzung einfahrenden Rettungswagen trifft im Falle eines Unfalls eine ganz überwiegende Haftung
OLG Düsseldorf
Ein Rettungswagen, der bei Nutzung seiner Sonderrechte bei Rotlicht in eine Kreuzung fährt, muss dies langsam und tastend tun, um sich zu vergewissern, dass die anderen, grundsätzlich vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer, ihn wahrgenommen haben. Fährt ein Rettungswagen in einer solchen Situation nahezu mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in eine Kreuzung ein, so haftet er zu 80 Prozent für den Unfall.

Haftungsverteilung bei nächtlicher Kollision im Parkverbot
OLG Frankfurt am Main
Stößt ein im innerörtlichen Wohngebiet fahrender PKW gegen einen rechts verbotswidrig parkenden PKW, obwohl noch genügend Platz zur Vorbeifahrt gewesen wäre, so trifft den Halter des PKW jedenfalls dann ein Mithaftungsanteil von 1/4 des entstandenen Schadens, wenn es dunkel war und das parkende Fahrzeug nach der konkreten Lage eine Gefährdung für den fließenden Verkehr bildete. Da der aktiv durch Fahren handelnde Verkehrsteilnehmer ein verkehrswidrig parkendes Fahrzeug in der Regel wahrnehmen und bei entsprechender Aufmerksamkeit einen Zusammenstoß leicht verhindern kann, überwiegt bei der vorzunehmenden Abwägung grundsätzlich der Verursachungsanteil und das Verschulden gegenüber dem des Halters des parkenden Fahrzeuges deutlich. Es kommt aber eine Mithaftung des Halters des verbotswidrig abgestellten Fahrzeuges in Höhe der einfachen Betriebsgefahr in Betracht, wenn Dunkelheit herrschte und es für den fließenden Verkehr eine Erschwerung bildete.

Höhe des Schmerzensgeldes bei Aktivierung einer vorbestehenden Arthrose
OLG München
Bei einer unfallbedingten Aktivierung einer vorbestehenden Arthrose an beiden Daumensattelgelenken sowie einer schmerzhaften Prellung des Gesäßes und eines Handgelenks ist unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 2/3 ein Schmerzensgeld in Höhe von 400 Euro angemessen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist insbesondere auch das Mitverschulden des Geschädigten als ein Faktor zu berücksichtigen.

Kein Anscheinsbeweis gegen Auffahrenden bei Beteiligung einer Straßenbahn
OLG Düsseldorf
Bei der Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall eines Pkw mit einer Straßenbahn ist auf die beiderseitigen Verursachungsbeiträge der Beteiligten abzustellen. Bei dieser Abwägung kommt es insbesondere darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. In jedem Fall sind in ihrem Rahmen unstreitige bzw. zugestandene oder bewiesene Umstände zu berücksichtigen. Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er die nach der Abwägung günstigen Rechtsfolgen herleiten will. Auch bei dem Auffahren einer Straßenbahn auf ein fahrendes oder stehendes Kraftfahrzeug können dann, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt, nach der allgemeinen Lebenserfahrung Rückschlüsse auf den Ursachenzusammenhang sowie auf das Verschulden des Straßenbahnführers gezogen werden. Ebenso wie bei dem Auffahren eines Kraftfahrzeuges auf ein anderes Kraftfahrzeug ist derjenige, der sich auf den Anscheinsbeweis beruft, verpflichtet, die Tatsachen, aus denen sich der typische Geschehensablauf ergibt, in vollem Umfang darzulegen und zu beweisen. Allerdings gilt der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden nicht für Straßenbahnen.

Die bloße zeitliche Nähe zwischen einem Unfallereignis und der Entstehung von Beschwerden reicht für den Nachweis der Kausalität nicht aus
OLG München
Die behandelnden Ärzte können zwar als sachverständige Zeugen gegebenenfalls Angaben zur jeweiligen Diagnose und Therapie machen, nicht aber zur Kausalität eines Unfallgeschehens für eingetretene Gesundheitsbeeinträchtigungen. Die bloße zeitliche Nähe zwischen einem Unfallereignis und der Entstehung von Beschwerden sowie die darin anknüpfende gefühlsmäßige Wertung, beide Ereignisse müssten irgendwie miteinander im Zusammenhang stehen, reicht für den Nachweis der Kausalität nicht aus. Einer solchen Wertung liegt nämlich der verbreitete Fehlschluss "post hoc, ergo propter hoc" - also der Schluss aus der bloßen Zeitfolge auf ein Ursachenverhältnis, aus dem bloßen Folgen auf ein Erfolgen - zugrunde.

Haftungsverteilung bei einem Auffahrunfall auf der Autobahn
OLG München
Kommt es zu einem Auffahrunfall auf einer Autobahn und ist nicht mehr aufzuklären, ob der Führer des vorausfahrenden Fahrzeugs den Fahrstreifenwechsel unter Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO durchgeführt oder ob der Fahrer des auffahrenden Fahrzeugs verspätet reagiert hat, so ist eine hälftige Schadensteilung angemessen. Dies gilt jedoch nicht hinsichtlich der Reparaturkosten, wenn das Fahrzeug nicht im Eigentum des Halters, sondern einer finanzierenden Bank steht. Denn diese muss sich die Betriebsgefahr des Pkw nicht zurechnen lassen, so dass ihr Schaden in voller Höhe zu ersetzen ist. Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt voraus, dass das gesamte feststehende Unfallgeschehen nach der Lebenserfahrung typisch dafür ist, dass derjenige Verkehrsteilnehmer, zu dessen Lasten der Anscheinsbeweis Anwendung finden soll, schuldhaft gehandelt hat.

Anzeigeobliegenheitsverletzung in der Kfz-Kaskoversicherung: Verlust des Fahrzeug-Funkschlüssels durch den Mieter des Fahrzeugs; gesetzliche Vorsatzvermutung
KG Berlin
1. Zeigt der Mieter eines Fahrzeugs einen unter nicht näher benannten Umständen erlittenen Verlust des Fahrzeug-Funkschlüssels gegenüber dem Vermieter an, begründet dies objektiv eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung im Verhältnis zwischen dem Vermieter als Versicherungsnehmer und dem Kaskoversicherer des Fahrzeugs gemäß § 23 Abs. 3 VVG.
2. Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt, ist der Versicherer leistungsfrei gemäß § 26 Abs. 2 VVG. Aus der negativen Formulierung in § 26 Abs. 2 Satz 2 VVG folgt, dass der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Nichtvorliegen des Vorsatzes trägt. Bei dieser Vorsatzvermutung handelt es sich um kein gesetzgeberisches Redaktionsversehen.

Leistungsfreiheit des Kfz-Haftpflichtversicherers wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung: Kausalitätsgegenbeweis bei Unfallflucht
LG Hamburg
Der Versicherungsnehmer kann sich dann mit Erfolg auf den Kausalitätsgegenbeweis berufen, wenn zeitnah nach einem Unfall eine polizeiliche Dokumentation seiner Fahrtüchtigkeit und des eingetretenen Schadens erfolgt ist. Durch die Obliegenheitsverletzung entstehen dem Versicherer dann nämlich keine Feststellungsnachteile mehr

Haftungsverteilung bei Kollision zwischen Pedelec und Kfz
OLG Hamm
Den vom gegenüberliegenden Gehsteig kommenden und auf einem Fußgängerüberweg die Fahrbahn in einem Zug überquerenden Pedelec-Fahrer trifft bei einer Kollision mit einem Kraftfahrzeug ein Verschulden nach § 10 StVO. Als nicht abgestiegener Fahrer eines Pedelec - mithin als Radfahrer - unterfällt er nicht dem Schutzbereich des § 26 StVO. Eine höhere Haftungsquote des Kfz-Fahrers als 1/3 kommt bei einem massiven und einem deutlich überwiegenden unfallursächlichen Verstoß gegen § 10 StVO des Pedelec-Fahrers auf keinen Fall in Betracht.

Darlegungslast eines Verkehrsunfallgeschädigten bei einem Vorschaden
OLG Hamm
Wird ein Fahrzeug in einem vorgeschädigten Bereich erneut (= deckungsgleich) beschädigt und ist die Unfallursächlichkeit der geltend gemachten Schäden deshalb streitig, muss der Geschädigte darlegen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit i.S.v. § 287 ZPO nachweisen, dass der geltend gemachte Schaden nach Art und Umfang insgesamt oder ein abgrenzbarer Teil hiervon auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen ist. Der Geschädigte muss dementsprechend mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der aktuell geltend gemachte Schaden bereits durch den Vorschaden entstanden war. Dazu muss er darlegen und ggf. nachweisen, welche eingrenzbaren Vorschäden an dem Fahrzeug vorhanden waren und durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen diese zeitlich vor dem streitgegenständlichen Unfall fachgerecht beseitigt worden sind.

Kein Inverzugsetzen einer Haftpflichtversicherung durch bloße Übersendung einer Schadensaufstellung und Leistungsaufforderung
OLG Frankfurt am Main
Durch eine Schadensaufstellung mit der an die gegnerische Haftpflichtversicherung gerichtete Aufforderung, den bezifferten Schaden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu zahlen, gerät die Versicherung nach Ablauf der gesetzten Frist nicht automatisch in Verzug. Die bloße Aufforderung, die Ansprüche bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu regulieren, stellt keine Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB dar, sondern begründet zunächst nur die Fälligkeit der Forderung. Es wird durch eine Fristsetzung im Anspruchsschreiben keine Leistungszeit bestimmt. Um die Versicherung wirksam in Verzug zu setzen, bedarf es mithin nicht nur einer ordnungsgemäß spezifizierten und nachprüfbar belegten Schadensaufstellung, sondern einer sich anschließenden Mahnung. Ein "automatischer" Verzugseintritt gem. § 286 Abs. 3 BGB greift gegenüber der Haftpflichtversicherung nicht, da keine Entgeltforderung vorliegt und Schadensersatzansprüche durch diese Norm gerade nicht erfasst werden. Allerdings kann der Geschädigte nach Vorlage des Anspruchsschreibens erwarten, dass die Versicherung kurzfristig mitteilt, ob, inwieweit und wie lange eine Prüfung stattfindet.

Keine grobe Fahrlässigkeit durch Nutzung von Getränkehalter in Mietwagen für Heißgetränke während der Fahrt
AG Bonn
Wird ein Fahrzeuge mit einer Haltevorrichtung für Getränke vermietet, verletzt der Mieter nicht bereits deswegen grob fahrlässig seine Pflichten aus dem Mietvertrag, weil er diese Vorrichtung auch für heiße Getränke während der Fahrt benutzt. Das Greifen nach einem Getränk in dieser Vorrichtung kann von der Gefahrenlage her auch nicht mit dem Greifen nach herunter gefallenen Gegenständen im Fußraum gleichgestellt werden. Denn die Haltevorrichtungen sind gewöhnlich so angebracht, dass ein Griff dorthin mit einer Hand möglich ist, ohne dass der Fahrer seine Aufmerksamkeit in erheblicher Weise vom Verkehr ablenken muss.

Anscheinsbeweis bei einem Auffahrunfall auf einer einspurigen Bundesstraße
OLG Schleswig
Beim Auffahrunfall kann der Anschein gegen den auffahrenden Hintermann sprechen, nämlich dafür, dass dieser entweder unaufmerksam war oder aber nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten hat. Der Anscheinsbeweis gilt immer bei typischen Geschehensabläufen, bei denen nach der Lebenserfahrung regelmäßig von einem bestimmten Ereignis auf einen bestimmten Erfolg geschlossen werden kann und umgekehrt. Der Anscheinsbeweis greift nicht ein, wenn es aufgrund erwiesener Tatsachen oder unstreitig an der für ein Verschulden des Auffahrenden sprechende Typizität der Unfallkonstellation fehlt, z.B. bei einem grundlosen Abbremsen durch den Vordermann oder bei nachgewiesenem bzw. feststehendem Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden erst wenige Augenblicke vor dem Auffahrunfall.

Pflicht des an einer Kolonne Vorbeifahrenden zur Achtung auf Lücken in der Kolonne
OLG Düsseldorf
1. Das Vorfahrtsrecht entbindet den Verkehrsteilnehmer, der an einer zum Stillstand gekommenen Fahrzeugkolonne links vorbeifährt, nicht von der Pflicht auf größere Lücken in der Kolonne zu achten. Er muss sich darauf einstellen, dass diese Lücken vom Querverkehr genutzt werden und darf sich einer solchen Lücke daher gemäß § 1 Abs. 2 STVO nur mit voller Aufmerksamkeit und unter Einhaltung einer Geschwindigkeit nähern, die ihm notfalls ein sofortiges Anhalten ermöglicht.
2. Bei der nach § 17 STVG gebotenen Abwägung der Verursachungsanteile ist einer Vorfahrtsverletzung durch den Querverkehr gegenüber dem Verstoß gegen das Gebot des § 1 Abs. 2 STVO allerdings grundsätzlich größeres Gewicht beizumessen.

Steuerpflicht der vom Versicherungsnehmer erstatteten Einkommenssteuer
FG Stuttgart
Die bei einer Nettoabfindung übernommene Erstattung der Einkommenssteuer auf den Verdienstausfall ist ihrerseits steuerpflichtig.

Versicherungsnehmer muss beweisen, dass er Eigentümer eines brandbeschädigten Wohnwagens war
OLG Saarbrücken
1. Die Eintrittspflicht des Kaskoversicherers aus einer im eigenen Interesse genommenen Fahrzeugversicherung scheidet aus, wenn der Versicherungsnehmer nicht darlegen und beweisen kann, dass er Eigentümer des durch Brand zerstörten versicherten Wohnwagens gewesen ist.
2. Dasselbe gilt, wenn auch der Eintritt des Versicherungsfalles streitig und nicht bewiesen ist, dass es sich bei den aufgefundenen Überresten des niedergebrannten Fahrzeugs um den versicherten Wohnwagen handelt. In diesem Fall ist auch eine Feststellung zur Schadenshöhe nicht möglich.

Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers wegen Nichtzahlung der Prämie
OLG Frankfurt 
Ein Haftpflichtversicherer ist dazu berechtigt, seinen Versicherungsnehmer im Innenverhältnis gemäß § 116 Abs. 1 Satz 3 VVG in Anspruch zu nehmen, wenn sie an dessen Unfallgegner gemäß § 117 VVG geleistet hat, obwohl sie ihrem Versicherungsnehmer gegenüber wegen dessen Zahlungsverzugs mit der Folgeprämie gemäß § 38 Abs. 2 VVG nicht zur Leistung verpflichtet war. Ein Regress setzt voraus, dass dem Versicherungsnehmer eine qualifizierte, die Anforderungen des § 38 Abs. 1 VVG erfüllende Mahnung mindestens 2 Wochen vor dessen Zahlung zugegangen ist. Die Beweislast hierfür trifft den Versicherer.

Nachweis der Beschädigung eines versicherten Fahrzeugs
LG Frankfurt am Main
Grundsätzlich obliegt dem Versicherungsnehmer für die Behauptung eines Schadens aufgrund mut- oder böswilliger Handlung der Vollbeweis. Diesem sollen insoweit keine Beweiserleichterungen zugute kommen, da das Fahrzeug im Gegensatz zu Entwendungsfällen zur Feststellung, ob ein Versicherungsfall eingetreten ist, besichtigt werden kann. Allerdings ist im Falle der Entwendung eines voll-, jedoch nicht teilkaskoversicherten Fahrzeugs für den Beweis der Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen nach Wiederauffinden auf das äußere Bild abzustellen, wenn die Ursachen vorgefundener Schäden nicht festzustellen ist.

Kfz-Haftpflichtversicherer und Haftpflichtversicherer eines Busunternehmens haften nebeneinander für einen Unfall eines Dritten, der durch den Pkw aufgrund falschen Verhaltens des Busfahrers verursacht wurde
OLG Hamm
Kommt es zu einem Unfall zwischen einem Pkw und einer Person, die einen Bus verlässt, dessen Fahrer die Fahrgäste ohne Einschalten der Warnblinkanlage oder Sicherheitseinweisung wegen eines Staus einfach aussteigen lässt, haften die Pkw-Versicherung und die Versicherung des Busunternehmens gesamtschuldnerisch zu gleichen Teilen gegenüber der geschädigten Person. Deren Mitverschulden ist dabei im Ausgleich im Innenverhältnis grundsätzlich unbeachtlich, da die allgemeinen Kosten bereits um diesen Betrag reduziert anfallen.

Prüfungs- und Regulierungsfrist beginnt mit Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens
OLG Saarbrücken
1. Bei der Regulierung von Unfallschäden beginnt die dem gegnerischen Kraftfahrt- Haftpflichtversicherer zuzubilligende Prüffrist mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens.
2. Die Anforderungen an ein die Prüffrist auslösendes spezifiziertes Anspruchsschreiben sind stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
3. Wurde dem gegnerischen Kraftfahrt- Haftpflichtversicherer noch kein Unfallbericht übermittelt, hat das Anspruchsschreiben grundsätzlich (kurze) Angaben zum Unfallhergang aus Sicht des Anspruchsstellers zu enthalten.

Kontrollpflicht der Kfz-Zulassungsstelle auf Übereinstimmung des zugeteilten mit abzustempelnden Kennzeichen hat Drittwirkung
BGH
Die Pflicht der Kfz-Zulassungsstelle, im Zusammenhang mit der Abstempelung des Kennzeichenschildes mit zugeteiltem Kennzeichen durch eine Stempelplakette (§ 10 Abs. 3 Satz 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung) zu überprüfen, ob das Schild das zugeteilte Kennzeichen trägt und nicht dem Schilderhersteller beim Aufdruck des Kennzeichens ein Fehler unterlaufen ist, obliegt der Behörde jedenfalls auch im Interesse des Inhabers bereits zugeteilter Kennzeichen, davor bewahrt zu werden, irrtümlich für Vorgänge im Zusammenhang mit dem Betrieb eines fremden Fahrzeuges zur Verantwortung gezogen zu werden.

Abstrakte Schadensberechnung bei Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungswert aber über dem Wiederbeschaffungsaufwand
KG
Übersteigen die Nettoreparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand ohne über den Wiederbeschaffungswert zu liegen, kann der Geschädigte auf dieser Basis dann abrechnen, wenn er das Fahrzeug durch eine (teil) Reparatur jedenfalls in verkehrssicheren Zustand versetzt und es mindestens 6 Monate weiterbenutzt. Eines Nachweises über die Kosten der Reparatur bedarf es nicht. Zudem für eine sach- und fachgerechte Reparatur erforderlichen Kosten muss er erst dann vortragen, wenn das zur Grundlage seiner fiktiven Abrechnung gemachte Sachverständigengutachten unzureichend ist.

 

Kein Anspruch des Mittäters eines Fahrzeugdiebstahls gegen den Versicherer des Halters bei Schädigung durch den anderen Täter
BGH
Wird nach einem von zwei Mittätern begangenen Fahrzeugdiebstahl (hier: Diebstahl eines Motorrollers) der eine Täter als Beifahrer des entwendeten Fahrzeugs bei einem vom anderen Täter als Fahrer verursachten Verkehrsunfall verletzt, so ist der verletzte Täter nach § 242 BGB (unzulässige Rechtsausübung) daran gehindert, den ihm gegen den fahrenden Mittäter zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß § 3 Nr. 1 PflVG aF direkt gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer des bestohlenen Halters geltend zu machen.

Entschädigung für Nutzungsausfall bei Beschädigung eines Motorrads
BGH
1. Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, dass dem Geschädigten als einziges Kfz zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.
2. Der Umstand, dass der Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte, auch im Hinblick auf die Wetterlage, zur Nutzung willens und in der Lage war.

Umfang des Schadensersatzes bei bloßer Teilreparatur eines unfallgeschädigten Fahrzeugs
OLG Saarbrücken
Liegt der Reparaturaufwand eines unfallgeschädigten Kraftfahrzeugs bis zu 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert, kann der Geschädigte Ersatz der Reparaturkosten nur verlangen, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Denn nur durch eine fachgerechte Reparatur bringt der Geschädigte zum Ausdruck, dass er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen will. Stellt er lediglich die Fahrbereitschaft, nicht aber den früheren Zustand des Fahrzeugs wieder her, so beweist er dadurch zwar ein Interesse an der Mobilität durch sein Fahrzeug, das jedoch in vergleichbarer Weise auch durch eine Ersatzbeschaffung befriedigt werden könnte. Deshalb kann der Geschädigte in diesen Fällen nicht die fiktiven Kosten einer Reparatur bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswertes geltend machen, wenn er das Fahrzeug lediglich verkehrssicher (teil-)reparieren lässt und es mindestens sechs Monate weiter nutzt.

Kostentragungspflicht nach Klagerücknahme innerhalb der dem Pflichtversicherer zustehenden Prüffrist bei einem Auslandsunfall
OLG Saarbrücken
1. Der Kläger ist im Falle der Klagerücknahme grundsätzlich verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, es sei denn, dass bereits rechtskräftig über sie erkannt wurde oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist allerdings der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen, etwa weil die Klageforderung ganz oder zum Teil ausgeglichen wird, so bestimmt sich im Falle der späteren Klagerücknahme die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen.
2. Auch bei Verkehrsunfällen mit Auslandsberührung (hier: Frankreich) ist die dem Pflichtversicherer einzuräumende Prüffrist nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessen. War die Prüffrist bei Klageeinreichung noch nicht abgelaufen und wird die Klage später nach Zahlung teilweise zurückgenommen, entspricht es in der Regel billigem Ermessen, dem Kläger insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Prüffrist des Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers
OLG Saarbrücken
Bei der Regulierung von Unfallschäden ist dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer grundsätzlich eine Prüffrist zuzubilligen, vor deren Ablauf Verzug nicht eintritt und auch eine Klage nicht veranlasst ist. Die dem gegnerischen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer zuzubilligende Prüffrist beginnt mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens. Die Anforderungen an ein die Prüffrist auslösendes spezifiziertes Anspruchsschreiben sind stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Wurde dem gegnerischen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer noch kein Unfallbericht übermittelt, hat das Anspruchsschreiben grundsätzlich (kurze) Angaben zum Unfallhergang aus Sicht des Anspruchstellers zu enthalten.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit schräg die Fahrbahn kreuzendem Fußgänger
OLG Saarbrücken
Nach § 10 Satz 1 StVO hat derjenige, der aus einem Grundstück auf die Straße einfahren will, sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Auch bei einem Parkplatz handelt es sich um ein Grundstück in diesem Sinne. Auf das Einfahren vom Parkplatz eines Einkaufsmarktes auf eine um das gesamte Parkplatzgelände herumgeführte Zu- und Abfahrtstraße (Ringstraße) ist § 10 Satz 1 StVO zumindest analog anzuwenden. Auch der Fußgängerverkehr auf der öffentlichen Straße hat Vorrang vor der Ausfahrt aus Privatgrundstücken. Kommt es zwischen einem solchermaßen einfahrenden Pkw und einem die Ringstraße überquerenden Fußgänger zum Zusammenstoß, ist eine Haftungsquote 75 : 25 zu Lasten des Pkw-Fahrers nicht zu beanstanden, wenn der Fußgänger die Ringstraße nicht auf dem kürzesten Weg überquert hat. Grundsätzlich steht es dem Fußgänger frei, wo er die Fahrbahn überqueren will. Allerdings sind Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Hat der Fußgänger die Straße schräg überschritten, ist ihm ein Mitverschulden in Höhe von 25 Prozent zur Last zu legen.

Wartepflicht des Linksabbiegers
OLG Saarbrücken
Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO muss, wer links abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Den Linksabbieger trifft mithin eine Wartepflicht. Genügt er dieser nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften. Ein schuldhafter Verstoß gegen die Wartepflicht gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO ist nur festzustellen, wenn bei Beginn des Abbiegevorgangs Gegenverkehr bereits sichtbar ist, was im Bestreitensfall vom geschädigten Geradeausfahrer zu beweisen ist. Bei Dunkelheit und Regen muss ein Linksabbieger nicht (mehr) mit Verkehrsteilnehmern rechnen, die auf einer Straße mit erhöhtem Verkehrsaufkommen ohne Beleuchtung fahren.

Sorgfaltspflichten beim Vorbeifahren an einem Hindernis
OLG Saarbrücken
Wer an einer Fahrbahnverengung, einem Hindernis auf der Fahrbahn oder einem haltenden Fahrzeug links vorbeifahren will, muss nach § 6 StVO entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Beim Vorbeifahren an einem Hindernis (§ 6 StVO) treffen den Ausscherenden gegenüber dem nachfolgenden Verkehr dieselben Sorgfaltspflichten wie einen Überholenden. Der Sorgfaltsmaßstab des Überholenden ist aber höher als der des Vorbeifahrenden, weil dieser auf den nachfolgenden Verkehr zu "achten" hat, während der Überholende sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs "ausgeschlossen" ist. Eine unklare Verkehrslage liegt nicht vor, wenn für den Überholenden nicht konkret erkennbar war, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug (hier: Traktorgespann) wegen eines am Fahrbahnrand abgestellten Pkw zu einem Ausweichmanöver ansetzen würde.

Bei fehlender Erforderlichkeit eines Ersatzwagens fällt Nutzungsausfallentschädigung an
OLG Hamm
Bei einer geringen Fahrleistung kann die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich sein. Bei fehlender Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzwagens steht dem Geschädigten in der Folge aber regelmäßig eine Nutzungsausfallentschädigung zu.

Keine Pflicht zur Offenlegung tatsächlich angefallener Kosten bei fiktiver Schadensabrechnung
KG Berlin
Ein Unfallgeschädigter, der fiktiv abrechnet, aber tatsächlich ein Reparatur teilweise in Eigenregie und teilweise in einer Werkstatt vornehmen lässt, ist nicht verpflichtet, darzulegen, was die Reparatur letztlich insgesamt gekostet hat und muss sich entsprechende Kosten auch nicht anrechnen lassen. Solange die Voraussetzungen für die fiktive Abrechnung gegeben sind, kann der Geschädigte mit dem Betrag nach Gutdünken verfahren.

Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall im Zusammenhang mit dem Einsteigen
OLG Frankfurt am Main
Nach § 14 Abs. 1 StVO muss sich, wer ein- oder aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmender ausgeschlossen ist. Schon aus dem Wortlaut ergibt sich damit, dass der Beweis des ersten Anscheins gegen denjenigen spricht, der in ein Fahrzeug ein- oder ausgestiegen ist, wenn sich der Verkehrsunfall im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Ein- bzw. Aussteigen ereignet hat. Trotz Verstoßes gegen die hohen Sorgfaltsanforderungen durch den Türöffner kommt es in der Regel zu einer Mithaft des Vorbeifahrenden bei nicht ausreichendem Seitenabstand. In den Fällen, in denen feststeht, dass die Tür des haltenden Fahrzeugs erst beim Vorbeifahren oder kurz davor geöffnet wurde, kommt es idR zu einer überwiegenden Haftung des Türöffners. Eine hälftige Haftungsverteilung ist bei Unklarheit darüber, wann die Tür des haltenden Fahrzeuges geöffnet wurde, angezeigt.

Folgen der Nichteinbeziehung von Versicherungsbedingungen in den Vertrag
LG Oldenburg
Vermag der VR nicht nachzuweisen, dass AKB mit einem bestimmten Ausschluss für Betriebs- oder Bremsschäden vereinbart worden sind, so ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung von einer entsprechenden Vereinbarung auszugehen.

Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit
OLG Dresden
Hat der Versicherungsnehmer bei einem Unfallereignis eine BAK von mehr als 2 Promille, liegt ein besonderer Ausnahmefall vor, der eine Kürzung der Versicherungsleistung in der Kasko-Versicherung „auf 0" rechtfertigt.

Versicherer muss bei berufsbedingter Abwesenheit Mietwagenkosten auch nach der Reparatur erstatten
AG Andernach
Endet die Reparatur zu einem Zeitpunkt, an dem der Geschädigte beruflich abwesend ist, ist das dem Risikobereich des Schädigers zuzuordnen. Deshalb sind auch nach Reparaturende die Mietwagenkosten vom Schädiger zu erstatten.

Ausschluss des Kausalitätsgegenbeweises bei arglistiger Aufklärungspflichtverletzung
OLG Saarbrücken
1. Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, unverzüglich nachträgliche Feststellungen zu ermöglichen
2. Zum Ausschluss des Kausalitätsbeweises gem. § 28 Abs. 3 VVG bei einer arglistigen Aufklärungspflichtverletzung durch den Versicherungsnehmer, der sich zunächst unmittelbar nach einem Unfall, der nur durch eine erhebliche Fahruntüchtigkeit zu erklären ist, berechtigterweise in ärztliche Behandlung begeben haben will, sich aber auch nachträglich als Fahrer zu erkennen gegeben, sondern sich hartnäckig jeglicher Feststellung entzogen hat.

Besonders schwere Aufklärungspflichtverletzung bei Unfallflucht
OLG Frankfurt
1. Bei Verletzungen von Obliegenheiten, die den Versicherten vor und nach dem Versicherungsfall treffen, sind die Beträge zu addieren, für die Leistungsfreiheit besteht.
2. Es stellt eine besonders schwerwiegende, vorsätzlich begangene Verletzung der Aufklärungspflicht im Sinne von § 6 Abs. 3 Kraftfahrzeugpflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) dar, wenn der Versicherungsnehmer sich nicht nur unerlaubt vom Unfallort entfernt, sondern im Nachhinein bestreitet, das Unfallfahrzeug gefahren zu haben.

Beweislastverteilung im Regressprozess
LG Düsseldorf
Stützt der Kfz-Haftpflichtversicherer nach Leistung an den Geschädigten einen Regressanspruch gegen den Versicherungsnehmer auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung (hier: Unfallflucht), so bleibt der Versicherungsnehmer für den Kausalitätsgegenbeweis im Sinne von § 28 Abs. 3 VVG beweispflichtig.

Zusammenstoß zwischen einem mit zu geringem Abstand vorbeifahrenden Fahrzeug und einer geöffneten Fahrzeugtür rechtfertigt Schadenteilung
OLG Frankfurt am Main
Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem geparkten Fahrzeug mit zur Verkehrsseite hin geöffneter Tür und einem mit zu geringem Seitenabstand daran vorbeifahrenden Fahrzeug, ist eine hälftige Schadenteilung angemessen. Grundsätzlich spricht ein Anscheinsbeweis gegen den die Tür öffnenden, da dieser eine Gefährdung des übrigen Verkehrs ausschließen muss. Dieser kann durch einen zu geringen Seitenabstand des Vorbeifahrenden aber relativiert werden.

Kündigung einer Vollkaskoversicherung als Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs nach § 1357 BGB
BGH
Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt zwar keine generelle gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten. Die vom Ehegatten des Versicherungsnehmers ausgesprochene Kündigung kann aber gemäß § 1357 BGB wirksam sein. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass auch der Abschluss des Versicherungsvertrags ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie darstellt. Das wiederum richtet sich nach dem individuellen Zuschnitt der Familie. Danach kann auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB fallen, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt vorliegt.

Anforderungen an das Wenden eines Fahrzeugs
OLG Düsseldorf
Wer zunächst nur nach links in eine Grundstückszufahrt abbiegt, um von dort auf die Straße zurückzusetzen und dann in entgegen gesetzter Richtung seine Fahrt fortsetzen zu können, wendet nicht. Von einem Wenden kann nur die Rede sein, wenn das Fahrzeug auf derselben Straße in einem einheitlichen Vorgang in die entgegengesetzte Fahrtrichtung gebracht wird. Ein Verstoß gegen die doppelte Rückschaupflicht des Linksabbiegers mit einem links überholenden Verkehrsteilnehmer kann im Wege des Anscheinsbeweises festgestellt werden. Denn typischerweise ist ein sich von hinten näherndes Fahrzeug über den Seiten- oder den Rückspiegel im Vorfeld des Abbiegens sichtbar, sodass der Abbiegende den rückwärtigen Verkehrs vor dem Abbiegen beobachten und notfalls seinen Abbiegevorgang zurückstellen muss.

Betriebsgefahr eines Rettungsfahrzeugs
OLG Düsseldorf
Auch wenn ein bei Grün in eine Kreuzung einfahrender Verkehrsteilnehmer in der Regel darauf vertrauen darf, dass der Querverkehr Rotlicht beachten muss und deshalb still steht und ein Kraftfahrer auch nicht ständig mit dem Auftauchen eines Fahrzeugs rechnen muss, dem freie Bahn einzuräumen ist, entbindet ihn dies nicht davon, auf ein plötzlich auftauchendes Einsatzfahrzug umgehend zu reagieren. Von einem Rettungswagen, der unter Inanspruchnahme von Sonderrechten trotz Rotlicht in eine Kreuzung einfährt, geht eine hohe Gefährdung aus, da die anderen Verkehrsteilnehmer sich erst auf diese unvermittelt geschaffene Verkehrssituation einstellen müssen.

Familienprivileg und Geltendmachung des Schadens einer bei einem Motorradunfall geschädigten Beifahrerin gegenüber ihrem Ehemann und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer
BGH
1. Der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte ist einem angehörigen Schädiger, mit dem er in häuslicher Gemeinschaft lebt, und dessen Haftpflichtversicherer gegenüber grundsätzlich auch insoweit aktiv legitimiert, als er Schadensersatzleistungen verlangt, die mit den ihm vom SVT zu erbringenden Sozialleistungen kongruent sind. Ein Verlust der Aktivlegitimation durch Übergang seiner diesbezüglichen Forderung auf den SVT gem.?§?116 Abs.?1 S.?1 SGB?X ist aufgrund des Familienprivilegs des §?116 Abs.?6 S.?1 SGB?X ausgeschlossen (Senat BGHZ 146, 108?= VersR 2001, 215). Eine Übertragung des Regelungsinhalts des §?86 Abs.?3 VVG auf §?116 Abs.?6 SGB?X im Wege der Auslegung oder Analogie scheidet aus.?
2. Haftet aufgrund des Verkehrsunfalls neben dem angehörigen Schädiger ein Fremdschädiger für denselben kongruenten Schaden, so entstehen infolge der Regelungen des §?116 Abs.?1 und Abs.?6 SGB?X verschiedene Schuldverhältnisse, auf die die Regelungen der §§?422 Abs.?1 S.?1, 426, 430 BGB entsprechend anwendbar sind.?
3. In dieser besonderen Fallgestaltung ist der Anspruch des Geschädigten gegen den angehörigen Schädiger bzw. dessen Versicherer gem.?§?242 BGB auf das beschränkt, was er bei einem Erhalt der Leistungen vonseiten des angehörigen Schädigers analog §?430 BGB im Verhältnis zum SVT behalten dürfte.?
4. Jedenfalls in Fällen, in denen die Verletzung eines durch §?823 Abs.?1 BGB oder §?7 Abs.?1 StVG geschützten Rechtsguts und darüber hinaus ein daraus resultierender Vermögensschaden bereits eingetreten sind, ist die Begründetheit einer Klage, die auf die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere, künftige Schäden gerichtet ist, nicht von der Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Schäden abhängig.?

Mithaftung bei Überschreitung der angemessenen Annäherungsgeschwindigkeit
OLG Frankfurt am Main
Ein Verkehrsunfall ist auch für den vorfahrtberechtigten Fahrer nicht unabwendbar, wenn er seinerseits anderen Verkehrsteilnehmern die Vorfahrt gewähren müsste, sich der Unfallstelle aber mit mehr als nur mäßiger Geschwindigkeit nähert. Zur Bestimmung dessen, was in diesem Zusammenhang als nicht mehr mäßige Geschwindigkeit bzw. Überschreitung der sog. Annäherungsgeschwindigkeit anzusehen ist, kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Frage an, ob es sich für den Geschädigten um eine unübersichtliche und schlecht einsehbare Kreuzung bezogen auf die von ihm zu beachtende Vorfahrt des für ihn von rechts kommenden Verkehrs handelt. Die Überschreitung der angemessenen Annäherungsgeschwindigkeit kann zu einer Mithaftungsquote von 30% führen.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit einem Fußgänger
OLG München
Der Halter eines Pkw haftet bei einer Kollision zwischen seinem Fahrzeug und einem Fußgänger in vollem Umfang aus Gefährdungshaftung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er darlegt und beweist, dass den Fußgänger ein Mitverschulden trifft. Der Ersatzanspruch des Fußgängers darf gem. § 9 StVG, § 254 BGB nur gekürzt werden, wenn feststeht, dass er den Schaden durch sein Verhalten mitverursacht oder mitverschuldet hat. Macht der Geschädigte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall sowohl in Form von Leistungs- wie auch von Feststellungsanträgen geltend, so stellt sich eine Entscheidung in Form eines Teil-Grundurteils über die Leistungsansprüche als unzulässiges Teilurteil dar, sofern nicht über die Feststellungsanträge mitentschieden wird.

Anspruch auf Höhe des Verdienstausfall nach späterem Berufswechsel
BGH
1. Wendet sich der bei einem Unfall Verletzte einem anderen Beruf zu und beeinflusst hierdurch die Schadensentwicklung, so kann eine Ausgrenzung späterer Schadensfolgen aus dem vom Schädiger zu verantworteten Gefahrenbereich unter der Voraussetzung in Betracht kommen, dass die Änderungen des beruflichen Lebensweges von einer eigenständigen Entscheidung des Verletzten derart geprägt war, dass der Unfall für diese Entwicklung nur noch den äußeren Anlass darstellt.
2. An der geforderten klaren Zäsur durch eine eigenverantwortliche Entscheidung des Verletzten fehlt es, wenn der Verletzte eine Aufhebungsvereinbarung schließt, weil ihm die von seinem Arbeitgeber im Rahmen einer betrieblichen Umstrukturierung angebotene neue, vom bisherigen Einsatzort weitentfernte und zudem mit dem Erfordernis internationaler Dienstreisen verbundene Einsatzmöglichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zumutbar ist und nach dem Auffinden einer adäquaten anderen Arbeitsstelle auch im Interesse des Schädigers ein ansonsten zu befürchtender Verlust des Arbeitsplatzes durch eine im weiteren Verlauf absehbare betriebsbedingte Kündigung vermieden werden soll.
3. Nach dem Grundprinzip der Beweislastverteilung hat nicht Geschädigte, sondern der Schädiger darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen einer Zäsur vorliegen, die einen zunächst bestehenden Zurechnungszusammenhang für die Zukunft wieder entfallen lassen.

„Benutzung eines Fahrzeuges" umfasst nicht Nutzung als Arbeitsmaschine zum Antrieb einer Pumpe
EUGH
Artikel 3 Abs. 1 Richtlinie 72/166/ewg des Rates vom 24.04.1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass eine Situation, in der ein landwirtschaftlicher Traktor an einem Unfall beteiligt ist, seine Hauptfunktion im Zeitpunkt des Eintritts dieses Unfalls jedoch nicht darin bestand, als Transportmittel zu dienen, sondern vielmehr darin, als Antriebsmaschine die für den Betrieb einer Pumpe einer Spritzvorrichtung für Pflanzenschutzmittel erforderliche Antriebskraft zu erzeugen, nicht von dem Begriff „Benutzung eines Fahrzeugs" im Sinne dieser Vorschrift umfasst ist.

Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens in der Kfz-Kaskoversicherung
BGH
Die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten ist eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens. Der Schädiger haftet dabei auch bei nur anteiliger Schadensverursachung für den Rückstufungsschaden. Für die Ersatzfähigkeit des Rückstufungsschadens spielt es keine Rolle, ob der Geschädigte die Regulierung des Haftpflichtversicherers seines Unfallgegners für dessen Haftungsanteil abwartet und sich erst dann an seinen Kaskoversicherer wendet oder, ob er dies sofort hinsichtlich des Gesamtschadens tut und erst danach der Schaden quotenmäßig ausgeglichen wird. In beiden Fällen tritt der Rückstufungsschaden ein und hat zur Folge, dass in derartigen Fällen der Rückstufungsschaden vom Schädiger unabhängig von dessen Regulierungsverhalten regelmäßig anteilig zu ersetzen ist.

Bei Verletzung von Obliegenheiten, die den Versicherten vor und nach dem Versicherungsfall treffen, sind die Beträge zu addieren, für die Leistungsfreiheit besteht
OLG Frankfurt am Main
Der Verletzung von Obliegenheiten, die den Versicherten vor und die ihn nach dem Versicherungsfall treffen, sind die Beträge zu addieren, für die Leistungsfreiheit besteht. Rechtsgrundlage ist die Auslegung der Versicherungsbedingungen. Sie steht nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht wie der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung (KfZPflVV). Es stellt eine besonders schwerwiegende, vorsätzlich begangene Verletzung der Aufklärungspflicht i.S. von § 6 Abs. 3 KfZPflVV dar, wenn der Versicherungsnehmer sich nicht nur unerlaubt vom Unfallort entfernt, sondern im Nachhinein bestreitet, das Unfallfahrzeug gefahren zu haben.

Erledigung der Hauptsache durch Zahlung des Kaskoversicherers während des Haftpflichtprozesses
OLG Jena
1. Nimmt der Unfallgeschädigte nach Rechtshängigkeit seiner Klage gegen den Unfallgegner auf Erstattung der Kosten der Unfallreparatur wegen eben dieser Reparaturkosten nunmehr seinen eigenen Vollkaskoversicherer in Anspruch, so führt dessen Leistung auf den Kaskoschaden nicht zu einer Erledigung der Hauptsache im Haftpflichtprozess.
2. Der Übergang des Schadenersatzanspruches des Geschädigten nach § 86 VVG auf den Kaskoversicherer mit dessen Zahlung hat nach § 265 Abs. 2 ZPO keinen Einfluss auf den Haftpflichtprozess. Infolge des Verlustes seiner Aktivlegitimation hat der Geschädigte den Klageantrag auf Leistung an den Kaskoversicherer umzustellen. Geschieht dies nicht, dann ist die Klage abzuweisen.

Beweis eines fingierten Unfalls ist erst erbracht, wenn Gesamtbetrachtung der Indizien keinen Zufall mehr zulässt
OLG Frankfurt am Main
Der Beweis einer Einwilligung und damit eines fingierten Unfalls ist geführt, wenn sich der "Unfall" als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse darstellt, ohne dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufall erklären ließen. Das gilt auch dann, wenn in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden könnten. Nicht ausreichend ist jedoch die nur erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Unfallmanipulation.

Ersatz der Kosten für ein gleichwertiges Neufahrzeug Zug um Zug gegen Übereignung des Unfallfahrzeugs nach einem Verkehrsunfall
OLG Stuttgart
Es besteht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein gleichwertiges Neufahrzeug aus § 249 Absatz 2 BGB, wenn der Unfallwagen im Schadenszeitpunkt neuwertig war, bei dem Ereignis erheblich beschädigt wurde und der Geschädigte sein besonderes Integritätsinteresse durch den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs nachgewiesen hat. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen Neuwagen ist zeitlich zu befristen. Nutzt der Geschädigte das Unfallfahrzeug einen gewissen Zeitraum weiter, anstatt einen Neuwagen zu erwerben, ist sein besonderes Integritätsinteresse an einem Neuwagen widerlegt. Als zeitliche Grenze ist im Regelfall eine Frist von ungefähr sechs Monaten angemessen. Für die Zeit der Schadensregulierung muss sich der Geschädigte keinen Abzug dafür anrechnen lassen, dass er das Unfallfahrzeug weiter genutzt hat.

Ersatz von Mietwagenkosten des Geschädigten nach einem Verkehrsunfall
AG Köln
Für die Ermittlung des Normaltarifs ist der Schwacke-Mietpreisspiegel eine geeignete Schätzgrundlage. Die Anwendung der Schwacke-Liste kann allenfalls dann zur Schätzung ungeeignet sein, wenn der Schädiger umfassenden Sachvortrag dazu vorbringt und insoweit Beweis antritt, dass dem Geschädigten im fraglichen Zeitraum eine Anmietung mit denselben Leistungen zu wesentlich günstigeren Preisen bei konkret benannten bestimmten anderen Mietwagenunternehmen möglich gewesen wäre. Für dem Umstand, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, ist der Schädiger beweispflichtig. Der Mittelwert zwischen Fraunhofer und Schwacke ist hingegen nicht als geeignete Grundlage für eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten anzusehen.

Falsche Angaben des Versicherungsnehmers können die Redlichkeitsvermutung widerlegen
OLG Hamm
Eine Lüge vor Gericht beim Geltendmachen eines Kaskoanspruchs wegen eines Diebstahls kann dazu führen, dass die für den Versicherungsnehmer streitende „Redlichkeitsvermutung" widerlegt ist.

Verbringungskosten in der Autohaus-Gruppe sind zu erstatten
Amtsgericht Speyer
Verbringungskosten sind auch dann zu erstatten, wenn die Verbringung innerhalb einer Autohausgruppe in eine dazugehörige Lackiererei erfolgt.

Kollision mit einem ausscherenden Traktor-Gespann
OLG Saarbrücken
1. Beim Vorbeifahren an einem Hindernis (§ 6 StVO) treffen den Ausscherenden gegenüber dem nachfolgenden Verkehr dieselben Sorgfaltspflichten wie einen Überholenden. Der Sorgfaltsmaßstab des Überholenden ist aber höher als der des Vorbeifahrenden, weil dieser auf den nachfolgenden Verkehr zu „achten" hat, während der Überholende sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs „ausgeschlossen" ist.
2. Eine unklare Verkehrslage liegt nicht vor, wenn für den Überholenden nicht konkret erkennbar war, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug - hier: Traktorgespann - wegen eines am Fahrbahnrand abgestellten PKW zu einem Ausweichmanöver ansetzen würde.

Haushaltsführungsschaden eines im Haushalt der Eltern lebenden, volljährigen und berufstätigen Kindes
OLG Saarbrücken
Auch das noch im Haushalt der Eltern lebende, volljährige und berufstätige Kind kann unter dem Aspekt vermehrter eigener Bedürfnisse, § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB, einen Anspruch auf Ersatz seines Haushaltsführungsschadens geltend machen.

Teilungsabkommen: Anspruch eines Haftpflichtversicherers gegen einen Krankenversicherer auf Rückzahlung zuviel geleisteter Erstattung nach Abrechnung eines Schadensfalles
LG Bremen
1. Zahlt ein Haftpflichtversicherer nach einem Schadensfall auf Grundlage eines Teilungsabkommens an einen Krankenversicherer, der auf Grundlage des Teilungsabkommens Ansprüche geltend gemacht hat, so sind die Leistungen nicht ohne Weiteres kondizierbar, selbst wenn sich für den Haftpflichtversicherer im Nachgang herausstellen sollte, dass möglicherweise keine Verpflichtung bestanden hat.
2. Ein Ausschluss eines etwaigen Bereicherungsanspruchs kann sich aufgrund des Sinn und Zwecks des Teilungsabkommens in Zusammenhang mit dem Grundsatz der Risikoverteilung ergeben. Nach letzterem kann ein Bereicherungsanspruch ausgeschlossen sein, wenn sich in dem konkreten Fall bei Auslegung der Ausgleichsregelungen ergibt, dass eine Partei in einer bestimmten Konstellation das Risiko tragen soll.
3. Ein Haftpflichtversicherer, der entgegen einer Regelung des Teilungsabkommens ihm mögliche Zweifel nicht vor der Zahlung bei dem Krankenversicherer angemeldet oder die Zahlung zumindest unter den Vorbehalt einer Nachprüfung binnen 1 Monat nach Eingang weiterer Unterlagen gestellt hat, ist mit der Rückforderung nach dem Bereicherungsrecht ausgeschlossen.
4. Auf diesen Rückzahlungsausschluss kann sich ein Krankenversicherer, der die gebotene Sorgfalt bei Anmeldung der Aufwendungen nicht hat walten lassen, nach Treu und Glauben nicht berufen.

Kollision zwischen PKW und querendem Radfahrer
OLG Köln
Einen die Vorfahrt des Radfahrers verletzenden Verkehrsteilnehmer trifft keine Mithaftung, wenn der Radfahrer unter Benutzung des linken Radweges sehenden Auges auf einen stehenden PLW zufährt und ohne Not versucht, unter Benutzung eines hierzu ungeeigneten Grünstreifens noch an dem Fahrzeug vorbeizufahren.

Zum „Gebrauch eines Fahrzeugs" in der Privathaftpflichtversicherung
OLG Hamm
Der Versicherungsnehmer hat einen Anspruch aus der Privathaftpflichtversicherung, wenn ihm beim Aussteigen aus seinem Kfz eine Bauschaumflasche herunterfällt und explodiert. Die sogenannte Benzinklausel greift nicht.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit Fußgänger
OLG München
Für einen Fahrzeugführer handelt es sich nicht um ein unabwendbares Ereignis, wenn er den Fahrbahnrand nicht hinreichend beobachtet, deshalb um 0,9 Sekunden zu spät reagiert und die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h geringfügig überschritten hat, so dass es zu einer Kollision mit einem Fußgänger kommt. Allerdings ist eine 50 : 50 Haftungsverteilung angemessen, wenn der Fußgänger nach dem Aussteigen aus einem Bus die Fahrbahn ohne Beachtung des fließenden Verkehrs überquert. Hinsichtlich der bei der Haftungsverteilung zu berücksichtigenden tatsächlichen Gesichtspunkte ist zu beachten, dass nur solche Umstände erfasst werden dürfen, die sich erwiesenermaßen auf den Unfall ausgewirkt, also als Gefahrenmoment in dem Unfall tatsächlich niedergeschlagen haben. Diese Umstände müssen feststehen, also unstreitig, zugestanden oder nach § 286 I 1 ZPO bewiesen sein, und erfordern eine umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach genauer Klärung des Unfallhergangs.

Klausel über die Entschädigung durch Kaufpreis für Gebrauchtfahrzeuge bei Fahrzeugverlust ist transparent
OLG Dresden
Eine Klausel, nach der der Versicherer im Fall des Verlusts des Fahrzeugs des Kaufpreis für Gebrauchtfahrzeuge zahlt, der durch Rechnung über den Fahrzeugkauf nachzuweisen und der auf den von einem Kfz-Sachverständigen anhand der Schwacke-Liste rechnerisch zu ermittelnden Widerberschaffungswert begrenzt ist, ist hinreichend transparent.

Fehlende Eignung der BVSK-Honorarbefragung 2011 als Schätzgrundlage für die erforderlichen Nebenkosten des Privatsachverständigen
BGH
1. Für die Schätzung der für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Sachverständigenkosten können geeignete Listen oder Tabellen Verwendung finden. Wenn das Gericht berechtigte Zweifel an der Eignung einer Liste hat, kann sein Ermessen hinsichtlich deren Verwendung beschränkt sein und es muss ggf. die Heranziehung einer Liste ablehnen. Der Tatrichter ist gehalten, solche Listen oder Schätzungsgrundlagen einer Plausibilitskontrolle zu unterziehen.
2. Das Ergebnis der BVSK-Honorarbefragung 2011 ist als Schätzgrundlage für die Ermittlung der erforderlichen Nebenkosten des Privatsachverständigen nicht geeignet, denn die Befragung ist auf der Grundlage unklarer Vorgaben zu den Nebenkosten durchgeführt worden.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit einem die Fahrbahn überquerenden Fußgänger
OLG Düsseldorf
Überquert ein Fußgänger die Fahrbahn, ohne auf sich von links nähernde Kraftfahrzeuge zu achten, so muss er sich ein Mitverschulden von einem Drittel anrechnen lassen, wenn der Führer des Fahrzeugs freie Sicht auf ihn hatte. Außerhalb von Fußgängerüberwegen hat der Fahrzeugverkehr grundsätzlich Vorrang, weil die Fahrbahn in erster Linie dem Fahrzeugverkehr dient und nur besonders sorgfältig überquert werden darf. Es darf ein Fußgänger eine schmale Fahrbahn nur überqueren, wenn er mit Sicherheit annehmen kann, er werde die andere Straßenseite vor Eintreffen des Fahrzeugs erreichen. Er hat also darauf zu achten, dass er nicht in die Fahrbahn eines Fahrzeugs gerät und dieses behindert.

Haftungsverteilung bei Kollision zweier Fahrzeuge im Einmündungsbereich einer Kreuzung
OLG Köln
Der Beweis des ersten Anscheins spricht für eine Vorfahrtverletzung des Wartepflichtigen, wenn es im Einmündungsbereich einer Kreuzung zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des bevorrechtigten Verkehrs kommt. Das Vorfahrtrecht erstreckte sich dabei auf die ganze Fahrbahnbreite der bevorrechtigten Straße, also die gesamte Einmündungsfläche, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Vorfahrtberechtigte zu Recht oder zu Unrecht die Straßenmitte oder die linke Straßenseite befährt. Bei stockendem Verkehr darf in eine Kreuzung oder Einmündung nicht eingefahren werden, wenn auf ihr gewartet werden muss. Fährt ein Fahrzeugführer trotz Rückstau und unter Missachtung der Vorfahrtsregelung in den Kreuzungsbereich ein und kommt es zu einer Kollision, so tritt die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs hinter die feststehende Vorfahrtverletzung vollständig zurück.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit einer Sattelzugmaschine
OLG München
Das Berufungsgericht ist an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht. Lassen sich die Umstände nicht aufklären, unter denen es zu einer Kollision eines Pkw mit einer Sattelzugmaschine gekommen ist, so ist im Hinblick auf die höhere Betriebsgefahr des Sattelzugs eine Haftungsverteilung von 60 : 40 zu Lasten des Sattelzugs angemessen und nicht zu beanstanden.

Haftungsverteilung bei Kollision im Falle des Befahrens einer Busspur
KG Berlin
Kommt es zu einer Kollision eines vom rechten zum Parken benutzten Fahrstreifen auf die mittlere Spur auffahrenden Pkw mit einem auf einer als Bussonderfahrstreifen ausgewiesenen Fahrspur herannahenden Pkw, so trägt das von rechts auf die Fahrbahn auffahrende Fahrzeug die alleinige Haftung. Die Ausweisung eines Bussonderfahrstreifens schützt nicht davor, dass auf diesem Fahrzeuge geführt werden. Allerdings können eine unzulässige Nutzung der Busspur und die damit zusammenhängenden Besonderheiten unfall- (mit-) verursachend wirken.

Anforderungen an die Tatsachenfeststellungen im Verkehrsunfallprozess
OLG München
In Einzelfällen kann der Sachverständigenbeweis ein ungeeignetes Beweismittel darstellen, wenn er die gewünschte Aufklärung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt liefern kann. Dies erfordert, dass das Erstgericht unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls darlegt und begründet, dass dem Sachverständigen keine oder keine zureichenden Anknüpfungstatsachen zur Verfügung stehen und solche auch unter keinen Umständen zu beschaffen sein werden. Für die Frage, ob Schäden oder Beschwerden am Knie vorliegen oder objektiv feststellbar sind, kann weder ein biomechanisches, noch ein neurologisches Gutachten, erst recht kein psychiatrisch-psychologisches Gutachten als geeignet angesehen werden.

Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers wegen einer Unfallflucht
OLG Saarbrücken
1. Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, unverzüglich nachträgliche Feststellungen zu ermöglichen.
2. Zum Ausschluss des Kausalitätsgegenbeweises gemäß § 28 Abs. 3 VVG bei einer arglistigen Aufklärungspflichtverletzung durch den Versicherungsnehmer, der sich zunächst unmittelbar nach einem Unfall, der nur durch eine erhebliche Fahruntüchtigkeit zu erklären ist, berechtigter Weise in ärztliche Behandlung begeben haben will, sich aber auch nachträglich nicht als Fahrer zu erkennen gegeben, sondern sich hartnäckig jeglicher Feststellungen entzogen hat.

Keine Verjährung bei seit Jahren ruhenden Regulierungsverhandlungen
OLG Oldenburg
Ansprüche des Geschädigten gegen den KfZ-Haftpflichtversicherer sind nicht verjährt, wenn der Versicherer bisher keine Regulierungsentscheidung getroffen hat, auch wenn die Regulierungsverhandlungen seit Jahren ruhen.

Grüne-Karte-Büro ist auch bei Zahlung durch Schadensregulierer „leistender"
OLG Hamm
Wird durch einen Schadensregulierer, der vom Inland zuständige Grüne-Karte-Büro beauftragt wurde, nach einem Verkehrsunfall der Schaden reguliert, bleibt das Grüne-Karte-Büro leistender im Sinne des § 812 BGB.

Regress der Bundesagentur für Arbeit, Anwendung des § 110 SGB VII
BGH
Die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung ist nicht Sozialversicherungsträger iSv. § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.

Zum Beweis der Schuldunfähigkeit bei absoluter Fahruntüchtigkeit
OLG Köln
Rechnet der Versicherungsnehmer schon vor Trinkbeginn oder jedenfalls in einem noch schuldfähigen Zustand damit, dass er später unter Alkoholeinfluss mit seinem Kfz fahren und dabei möglicherweise einen Unfall herbeiführen werde, oder musste er damit rechnen und verschließt er sich dem grob fahrlässig, so setzt der Vorwurf der schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalls bereits zu diesem früheren Zeitpunkt ein.

Auslegung der Benzinklausel bei Fehlbefüllen eines Erdtanks einer Tankstelle durch ein Tankfahrzeug
LG Düsseldorf
Das Einfüllen eines falschen Kraftstoffes in einen Erdtank einer Tankstelle durch ein Tankfahrzeug ist jedenfalls dann kein gebrauchtes Kfz im Sinne der Benzinklausel, wenn der Kraftstoff nicht in den Tank gepumpt wird, sondern allein aufgrund der Schwerkraft hineinläuft.

Kollision mit einem unberechtigt einen Busstreifen befahrenden Fahrzeuges
KG
Der unter Verstoß gegen § 10 STVO ausparkende hat im Rahmen der Haftungsabwägung auch gegenüber demjenigen, der unter Missachtung des Zeichens 245 einen Bussonderfahrstreifen befährt, den gesamten Schaden zu tragen.

Fußgängerunfall auf einem Parkplatzgelände
OLG Saarbrücken
1. Auf das Einfahren vom Parkplatz eines Einkaufsmarktes auf eine um das gesamte Parkplatzgelände herumgeführte Zu- und Abfahrtstraße (Ringstraße) ist § 10 Satz 1 StVO zumindest analog anzuwenden.
2. Kommt es zwischen einem solchermaßen einfahrenden PKW und einem die Ringstraße (schräg) überquerenden Fußgänger zum Zusammenstoß, greift kein Anscheinsbeweis zu Lasten des Einfahrenden.

Unfall mit einem alkoholisierten Fußgänger
OLG Jena
Haften Halter und Fahrer nur aus der einfachen Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges, tritt ihre Haftung bei groben Verschulden des beim Betrieb des Fahrzeuges verletzten Fußgängers vollständig zurück.

Erstattung von Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall
LG Stuttgart
Die für das Abschleppen des verunfallten Fahrzeuges entstandenen Kosten zählen zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen. Liegt der Tätigkeit des Abschleppunternehmens eine Preisvereinbarung mit dem Geschädigten zugrunde, ist dieser im Rahmen seiner vertraglichen Beziehung mit dem Abschleppunternehmen zur Zahlung der vereinbarten Vergütung für das Abschleppen seines Fahrzeuges verpflichtet. Liegt dagegen keine Preisvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Abschleppunternehmen vor, schuldet der Geschädigte dem Abschleppunternehmen gemäß § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung, die kraft Gesetzes als vereinbart anzusehen ist. Diese übliche Vergütung, die der Geschädigte an das Ab-schleppunternehmen zu zahlen verpflichtet ist, stellt den objektiv erforderlichen und ersatzfähigen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar.

Kürzung der Versicherungsleistung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit
OLG Dresden
Hat der Versicherungsnehmer bei einem Unfallereignis eine BAK von mehr als 2 Promille, liegt ein besonderer Ausnahmefall vor, der eine Kürzung der Versicherungsleistung in der Kaskoversicherung "auf Null" rechtfertigt. Bei der Kürzung der Versicherungsleistung sind sämtliche Umstände des Einzelfalles abzuwägen. Das gilt grundsätzlich auch bei alkoholbedingter Fahruntauglichkeit.

Kein Verstoß gegen Transparenzgebot bei im Umfang begrenzten Leistungen eines Kaskoversicherers
OLG Dresden
Unwirksam sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben beispielsweise wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unangemessen benachteiligen. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Die Regelungen in den Geschäftsbedingungen einer Kaskoversicherung, wo-nach die Versicherung im Falle des Verlusts des Fahrzeugs den Kaufpreis für Gebrauchtfahrzeuge zahlt, der durch Rechnung über den Fahrzeugkauf nachzuweisen und auf den von einem Kfz-Sachverständigen anhand der Schwacke-Liste rechnerisch zu ermittelnden Wiederbeschaffungswert begrenzt ist, sind hinreichend transparent.

Abtretung des Anspruchs des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigen-kosten an den Sachverständigen
BGH
1. Übernimmt ein Kfz-Sachverständiger mit der Erstellung von Schadensgutachten zugleich die Einziehung des vom jeweiligen Geschädigten an ihn abgetretenen Schadenersatzanspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten, so liegt in der Einziehung dieser Schadensersatzansprüche kein eigenständiges Geschäft i.S.v. § 2 Abs. 2 RDG. Wie häufig der Sachverständige entsprechend verfährt, ist nicht erheblich.
2. Stellt die Geltendmachung der an den Sachverständigen abgetretenen Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG dar, so ist sie nach § 5 Abs. 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Forderung im Streit steht.
3. Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierenden Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut.

Ermittlung der erforderlichen Kosten für die Beseitigung von Ölverunreinigungen nach einem Verkehrsunfall
OLG Naumburg
1. Die Preise, die im Ergebnis des bestandskräftig abgeschlossenen Vergabeverfahrens für die Beseitigung von Ölspuren auf Fernstraßen in Sachsen-Anhalt betreffend den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2010 in einem Rahmenvertrag vereinbart sind, sind durch die Gerichte grundsätzlich nicht auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit zu überprüfen.
2. Auch wenn schon bald darauf tiefgreifende Änderungen der Preisstruktur in dem Rahmenvertrag vereinbart werden, gelten in einem Schadensfall, zudem es noch vor dem wirksam werden je nach Änderungen kommt, die ursprünglich vereinbarten Preise.

Direktanspruch gegen den Pflichtversicherer: Inhaltliche Anforderungen an die die Verjährungshemmung endende Entscheidung des Versicherers
BGH
Eine positive Entscheidung des Versicherers beendet die Verjährungshemmung i.S.d. § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG nur dann, wenn der Anspruchsteller aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern die entsprechenden Schadenskosten der Höhe nach ausreichend belegt. Demgemäß muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit einem die Fahrbahn überquerenden Fußgänger
OLG München
Wer ein Fahrzeug führt, muss sich nach § 3 Abs. 2a StVO gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kind i.S.v. § 3 Abs. 2a StVO ist nur, wer das 14. Lebensjahr zum Unfallzeitpunkt noch nicht vollendet hat. Kommt es zu einer Kollision eines Pkw mit einem die Fahrbahn ohne Beachtung des fließenden Verkehrs überquerenden Fußgänger, so kann, sofern ein Verschulden des Pkw-Fahrers nicht nachgewiesen ist, die Betriebsgefahr vollständig hinter das Verschulden des Fußgängers zurücktreten und diesen die alleinige Haftung treffen.

Hälftige Schadensaufteilung bei Kollision mit geöffneter Fahrzeugtür
LG Amberg
Der die Beifahrertür zum Aussteigen öffnende Beifahrer in einer Parklücke muss, wenn die daneben liegende Lücke frei ist, entsprechend § 14 Abs. 1 StVO den rückwärtigen Verkehr aufmerksam beobachten. Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins gegen denjenigen, der aus einem Fahrzeug ausgestiegen ist, wenn sich der Verkehrsunfall im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Aussteigen ereignet hat. Der rechts neben das parkende Fahrzeug einfahren-de Fahrzeugführer hat darauf zu achten, ob sich noch Personen im Fahrzeug befinden und muss mit dem Aussteigen selbiger rechnen. Regelmäßig erscheint bei einer Kollision des einparkenden Fahrzeugs mit einer teilweise geöffneten Fahrzeugtür eines geparkten Fahrzeugs eine hälftige Schadensaufteilung angemessen.

Fragen des Versicherers nach reparierten Vorschäden und zur Höhe des Kaufpreises zulässig
OLG Dresden
Der Versicherungsnehmer hat im Schadensfall seiner Kaskoversicherung Angaben zu reparierten Vorschäden und zur Höhe des Kaufpreises zu machen, wenn der Versicherer hiernach fragt. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestands dienlich sein kann, soweit dem Versicherungsnehmer nichts Unbilliges zugemutet wird. Dazu gehören vor allem auch Umstände, die lediglich Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalls liefern können.

Schätzung des Wiederbeschaffungswerts
OLG Dresden
Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im Sinne des § 529 ZPO können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben. Der von der KfZ-Versicherung zu zahlende Wiederbeschaffungswert kann nach § 287 ZPO geschätzt werden, wobei auch der gezahlte Kaufpreis zu berücksichtigen ist. Bei Verlust ist nach den AKB der Wiederbeschaffungswert (abzgl. der anzurechnenden Selbstbeteiligung) zu leisten. Nach den AKB ist der "Wiederbeschaffungswert" der Preis, der für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs am Tag des Schadensereignisses bezahlt werden muss.

Verkehrsunfall durch Ausweichen im Kreiselverkehr ohne Berührung
AG Bergisch Gladbach
Für den Sturz einer Mofafahrerin mit ihrem Mofa in einem Kreisverkehr kann die Halter- und Fahrzeugführerhaftung nach §§ 7, 18 StVG i.V.m § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG greifen, auch wenn es nicht zu einer Berührung mit dem Beklagtenfahrzeug kam. Dies ist der Fall, wenn sich der Mofasturz nicht bei bloßer Anwesenheit des Beklagtenfahrzeugs ereignete, sondern der beklagte Fahrer durch seine Fahrweise einen eigenen Beitrag zu diesem Sturz und damit zur Schadensentstehung leistete. Die für den Zurechnungszusammenhang erforderliche kritische Verkehrslage beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann, wenn die ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, dass eine Gefahrensituation unmittelbar entstehen kann. Dies ist möglich, wenn der beklagte Fahrer in den Kreisverkehr einfuhr, als sich im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang dort die Fahrerin mit ihrem Mofa befand.

Voraussetzungen des Anspruchs auf Nutzungsausfall eines Fahrzeugs
OLG München
Ein Anspruch auf Nutzungsausfall wegen der Totalbeschädigung eines Rollers besteht nicht, wenn die Wiederbeschaffungsdauer ausweislich eines eingeholten Sachverständigengutachtens 21 Tage beträgt und der Geschädigte den Roller aufgrund einer unfallbedingten Verletzungen in dieser Zeit ohnehin nicht hätte nutzen können, da der Geschädigte bis zu seiner Genesung ausreichend Zeit gehabt hätte, die später durchgeführte Reparatur in Auftrag zu geben oder ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen. Im Übrigen sind fiktive Fahrt- und Besichtigungskosten (bezüglich der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs) nicht erstattungsfähig.

Hälftige Schadensteilung bei vorsätzlichem Schlag auf die Motorhaube
AG Ludwigshafen
Fährt ein Kraftfahrer beim Ausparken mit seinem Fahrzeug auf einen vor dem Fahrzeug stehenden Fußgänger zu, um diesen zum Beiseitetreten zu nötigen, und schlägt dieser sodann mit der Faust auf die Motorhaube, ohne dass insoweit ein Rechtfertigungsgrund eingreift, verwirklicht sich grundsätzlich die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs. Die Schadensentstehung erfolgt dann unmittelbar beim technischen Betrieb des Fahrzeugs bei laufendem Motor und begonnenem Ausparkvorgang. In einem solchen Fall muss sich der - vom Fahrer personenverschiedene - Halter des beschädigten Kraftfahrzeugs eine Mithaftung anrechnen lassen muss. In diesem Fall kann eine hälftige Schadensteilung angemessen sein.

Kein Verweis auf eine Alternativwerkstatt bei fiktiver Abrechnung auf der Grundlage ortsüblicher Löhne
AG Köln
Nach einem Verkehrsunfall kann der Schädiger zwar den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Das gilt aber nur dann, wenn der Geschädigte seiner fiktiven Schadensberechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt. Der Geschädigte muss sich bei fiktiver Abrechnung nicht auf eine billigere Werkstatt inner-halb oder außerhalb seines Wohnortes verweisen lassen, wenn der Reparaturkalkulation ortsübliche Sätze einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde liegen.

Unwirksame Klausel in einer Oldtimerversicherung
OLG Karlsruhe
Bei der Versicherung eines Oldtimers benachteiligt die Klausel, wonach das Fahr-zeug im Fall eines Diebstahls Eigentum des Versicherers wird, wenn es nicht binnen eines Monats wieder zur Stelle gebracht wird, den Versicherungsnehmer unangemessen - Bei einem Oldtimer hat der Versicherungsnehmer - anders als bei einem normalen Gebrauchsfahrzeug - vielfach ein erhebliches Interesse daran, das Fahr-zeug zu besitzen. Diesem Interesse wird eine Regelung in den Versicherungsbedingungen nicht gerecht, wonach der Eigentümer sein Fahrzeug an den Versicherer verlieren soll, wenn es nach dem Diebstahl wieder aufgefunden wird. Vor allem stellt die Regelung in den Versicherungsbedingungen bei einem Oldtimer keinen angemessenen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Versicherungsnehmers einerseits und des Versicherers andererseits dar.

Beschädigung eines geparkten Fahrzeugs durch ein selbstentzündendes Kfz.
LG Köln
Gerät ein ca. 7 Stunden zuvor zum Parken abgestelltes Fahrzeug durch Selbstentzündung in Brand, sind hierdurch verursachte Schäden nicht mehr dem Betrieb dieses Fahrzeugs zuzurechnen.

Kollision im Reißverschlussverfahren
OLG München
Auch im Falle eines Spurwechsels im Reißverschlussverfahren fehlt es regelmäßig nicht an der für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität

Kollision nach Ausweichen vor einem überholenden Fahrzeug
OLG Schleswig
1. Wer eine Fahrzeugkolonne überholen will, muss die Gewissheit haben, dass er vor Annäherung des Gegenverkehrs sich entweder vor das vorderste Fahrzeug setzen oder wenigstens in eine zum Einscheren ohne Gefährdung oder Behinderung mit der rechtsfahrenden ausreichenden Lücke einfahren kann.
2. Eine voreilige - also objektiv nicht erforderliche - Ausweichreaktion des Entgegenkommenden ist dem Überholenden auch dann zuzurechnen, wenn es nur zu einer sekundären Kollision der beiden Fahrzeuge kommt.

Erwerbsschaden eines Selbstständigen
BGH
1. Zu den im Rahmen der Bemessung des Erwerbsschadens an die Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebes eines Selbstständigen (hier: Zahnarztpraxis) zu stellenden Anforderungen.
2. An die schwierige Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbstständigen dürfen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden; die Klage darf nicht wegen lückenhaften Vortrags zu Schadensentstehung und Schadenshöhe abgewiesen werden, so lange greifbare Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung vorhanden sind.

Beweis des Wiederbeschaffungswerts bei Vorschäden
OLG Celle
Nach einem Totalschaden muss der Geschädigte bei der Abrechnung des Fahrzeugschadens auf Wiederbeschaffungsbasis nachweisen, dass zwei massive Vorschäden jeweils zuvor fachgerecht beseitigt worden sind. Ist ihm dies nicht möglich, bleibt offen, von welchem Widerbeschaffungswert auszugehen ist; die Klage ist deshalb abzuweisen, auch eine Schadensschätzung ist dann nicht mehr möglich.

Gegenstandswert für zu ersetzende Anwaltskosten bemisst sich unter Abzug des Restwerts des Unfallfahrzeugs
BGH
1. Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadenersatzforderung entspricht.
2. Verlangt der Geschädigte vom Schädiger im Rahmen seiner ihm durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eingeräumten Ersetzungsbefugnis dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert) für ein beschädigtes Fahrzeug, dann richtet sich der für den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert nach dem Wiederbeschaffungsaufwand und nicht nach dem ungekürzten Wiederbeschaffungswert.

Anspruch auf Nutzungsausfallersatz auch bei unentgeltliche Zurverfügungstellung eines Ersatzfahrzeuges durch Familienmitglieder
OLG Saarbrücken
Für den Anspruch auf Nutzungsausfallersatz ist es grundsätzlich unschädlich, wenn dem Geschädigten von Dritten, insbesondere Familienmitgliedern, unentgeltlich ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt wird.

Kein Beweis einer Unfallkausalität durch Arztdiagnose
OLG Hamm
1. Auch eine von den behandelnden Ärzten zeitnah getroffene Diagnose kann nicht als Beweis für die Kausalität zwischen Unfallereignis und Verletzung dienen.
2. Die Haftung des Schädigers entfällt, wenn nicht festgestellt werden kann, dass sich der Unfall nachteilig auf bereits bestehende Beschwerden ausgewirkt hat.

Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Unterhaltsschäden
OLG Köln
1. Ein Feststellungsanspruch auf einen zukünftigen Unterhaltsschaden nach dem Tod eines Kindes besteht für einen unterhaltsberechtigten Elternteil, wenn nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die spätere Verwirklichung dieses Unterhaltsanspruches nicht ausgeschlossen ist.
2. Ein solcher Antrag kann jedoch keinen Erfolg haben, wenn bei dem unterhaltsberechtigten Elternteil keine Bedürftigkeit zu erwarten ist.
3. Ein zukünftiger Unterhaltsschaden besteht nicht, wenn der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig ist, ohne seinen eigenen angemessenen Unterhalt zu gefährden.
4. Zu dieser Beurteilung sind die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der sog. Düsseldorfer Tabelle heranzuziehen. Bei der Ermittlung des anzusetzenden bereinigten Nettoeinkommens sind zudem Aufwendungen wegen berufsbedingter Aufwendungen wie Fahrtkosten zum Arbeitsplatz und Altersvorsorgeaufwendungen (Altersvorsorgequote von 5% des Bruttoeinkommens) zu berücksichtigen.
5. Die Zahlung eines „Haushaltsgeldes" des verstorbenen Kindes an seine Eltern ist für die Frage eines zukünftigen Unterhaltsschadens unbeachtlich, wenn die Zahlung keiner Unterhaltsverpflichtung entsprang.

Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls
OLG Hamm
Eine vorsätzliche Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalls führt zur Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers, wenn die Anzeige erst sechs Monate nach dem Unfall erfolgt ist und der VN grundsätzliche Kenntnis von der Anzeigeverpflichtung hatte.

Alleinige Haftung des Auffahrenden nach abruptem Abbremsen des Vordermanns
OLG Karlsruhe
1. Die abrupte Bremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs ohne äußeren Anlass ändert bei einem Auffahrunfall grds. nichts an einem im Wege des Anscheinsbeweises festzustellenden schuldhaften Verkehrsverstoß des Hintermanns.
2. Bei einem Auffahrunfall trifft den auffahrenden Fahrzeugführer i.d.R. eine Haftungsquote von 100 %. Die nicht ausgeräumte Möglichkeit, dass der Vordermann eventuell vorsätzlich aus „erzieherischen Gründen" abrupt gebremst hat, ändert daran nichts. Denn ein Verkehrsverstoß des vorausfahrenden Fahrzeugführers wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn er nachgewiesen wäre.

Schmerzensgeld für Schockschaden eines Angehörigen
OLG Frankfurt
1. Die Angabe eines Mindestbetrages für ein gefordertes Schmerzensgeld setzt dem erkennenden Gericht keine Grenzen nach oben für die Bestimmung des Schmerzensgeldbetrages.
2. In den Entscheidungsgründen eines Urteils sind nur die tragenden Erwägungen, nicht dagegen alle sonstigen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen wiederzugeben.
3. Schockschäden infolge des miterlebten Todes naher Angehöriger, die zu pathologisch fassbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen des Miterlebenden führen und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinaussehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung eines tödlichen Unfalls eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind, sind ersatzfähig.

Haftungsverteilung bei einem Zusammenstoß zwischen Pkw und Krad; kein Mitverschulden bei unterlassenem Tragen von Motorradstiefeln durch den Fahrer des Leichtkraftrads innerhalb geschlossener Ortschaften; Voraussetzungen einer Schmerzensgeldrente
OLG München
1. Eine gesetzliche Pflicht zum Tragen von Motorradschutzkleidung, insb. von Motorradstiefeln besteht nicht. Da auch nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein zum Zeitpunkt des Unfalls (2012) ein solches für die Erforderlichkeit von Schutzkleidung nicht bestand, ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt kein Mitverschulden des bei dem Unfall verletzten Motorradfahrers.
2. Die Zubilligung einer Schmerzensgeldrente setzt einen erheblichen Schweregrad der erlittenen Verletzung, wie schwere Hirnschäden, Querschnittslähmung, Erblindung, Taubheit, schwerste Kopfverletzungen, entstellende Narben oder den Verlust eines Gliedes oder Sinnesorgans voraus.

Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls bei fehlenden Vorkehrungen gegen eine Trunkenheitsfahrt
OLG Köln
Hat ein VN keine Vorkehrungen dagegen getroffen, in alkoholisiertem Zustand ein Kfz zu führen, und verursacht er sodann ein Kfz mit einer BAK von 2,19 ‰ führend einen Verkehrsunfall, so steht ihm wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls kein Anspruch auf eine Kaskoentschädigung zu.

Arglistiges Verhalten bei unterlassener nachträglicher Ermöglichung von Feststellungen
OLG Saarbrücken
1. Die automatisierte Fertigung von Videoaufnahmen von einem Unfallgeschehen durch einen Geschädigten entbindet den VN nicht von seiner Aufklärungsobliegenheit.
2. Es ist davon auszugehen, dass ein VN nachträgliche Feststellungen nicht nur deswegen verhindert, um den Entzug der Fahrerlaubnis zu verhindern, sondern auch in dem Bewusstsein, dass der VR Kenntnis von seiner Fahruntüchtigkeit erlangt.

Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten bei Übersteigen des Wiederbeschaffungswerts des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs
BGH
Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden. Ein vorgerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten hat im Rahmen der Schadensschätzung, die sich grundsätzlich an den Preisen der markengebundenen Fachwerkstatt zu orientieren hat, keine absolute Bedeutung für die Frage, welche Reparaturkosten tatsächlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersatzfähig sind.

Keine Versicherungsleistung für Regenschaden im Fahrzeuginneren
OLG Hamm
Spritzt Regenwasser von einer Hauswand ab und entstehen dadurch Schäden im Inneren eines Fahrzeugs, ist die Fahrzeugversicherung hierfür nicht eintrittspflichtig. Insbesondere handelt es sich nicht um eine versicherte Überschwemmung

Kein Berufen des Versicherers auf das Sachverständigenverfahren, wenn Ansprüche ernsthaft abgelehnt wurden
LG Nürnberg-Fürth
1. Können Vorschäden von den durch den behaupteten Versicherungsfall verursachten Schäden hinreichend sicher abgegrenzt werden, sind diese im bedingungsgemäßen Umfang eines Kaskoversicherungsvertrages zu erstatten.
2. Der Abzug einer vereinbarten Selbstbeteiligung ist als Rechtsanwendung von Amts wegen zu berücksichtigen.
3. Der Kaskoversicherer kann sich nicht (mehr) auf fehlende Fälligkeit berufen, weil das nach A.2.17 AKB grundsätzlich obligatorische Sachverständigenverfahren nicht durchgeführt worden sei, wenn er zuvor unmissverständlich klar gemacht hat, dass er die erhobenen Ansprüche zurückweist und keine Zahlungen leisten wird.
4. Kosten des Versicherungsnehmers für die Inanspruchnahme eines Sachverständigen können trotz A.2.8 AKB als Schadensersatz zu ersetzen sein, wenn sie nach unberechtigter Leistungsablehnung anfallen. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs richtet sich dann, wenn mit dem Sachverständigen keine Honorarvereinbarung getroffen wurde nach § 632 Abs. 2 BGB und kann anhand der BVSK-Honorarbefragung (Auswertung des jeweiligen Postleitzahlengebiets) ermittelt werden.

Abzug bei Verstoß gegen Werkstattklausel
AG München
Wer eine Werkstattklausel mit der Versicherung vereinbart hat, eine Reparatur jedoch bei einer freien Werkstatt in Auftrag gibt, muss einen prozentualen Abschlag bei der Erstattung der Kosten hinnehmen, auch wenn die Stundensätze der freien Werkstatt mit denen der Vertragswerkstatt identisch sind.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall
LG Stuttgart
Grundsätzlich sind auch die Kosten der Schadensfeststellung Teil des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Der Geschädigte genügt seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast nicht schon allein durch die Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen, sondern ausschließlich durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen.

Gefahrerhöhung durch unzureichende Bereifung - hier Sommerreifen im Winter
AG Mannheim
1. Eine Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 Abs. 1 VVG durch den Betrieb eines nur mit Sommerreifen bestückten PKW liegt nur vor, wenn bei durchgehend herrschenden winterlichen Straßenverhältnissen der PKW längerfristig oder für längere Fahrten benutzt wird.
2. Die Verpflichtung, Winterreifen zu benutzen, orientiert sich an dem konkreten Tag der Nutzung des PKW und in der konkreten Verkehrssituation herrschenden Witterungs- und Straßenverhältnissen; hierfür ist der Versicherer darlegungs- und beweisbelastet.

Haftungsmaßstab beim Umgang mit Kindern
OLG Stuttgart
Dort, wo sich erkennbarerweise Kinder aufhalten, sind auch Maßnahmen zu ergreifen, die Gefahrenquellen gegen typisch kindliches, unbesonnenes Verhalten absichern. Daher muss im Umgang mit Kindern mit einem alterstypisch unsachgemäßen Verhalten gerechnet und auch der kindliche Spieltrieb, die kindliche Neugier und Unerfahrenheit und ein Unvermögen in Rechnung gestellt werden, sich einer gewonnenen Erkenntnis gemäß zu verhalten. Beim Umgang mit Kindern in Kleinkinderverwahr- und -betreuungsanstalten sind erhöhte Anforderungen an Organisation und Verhalten des Personals zu stellen. Auch im Umgang mit Kindern (hier: im Kindergartenalter) reicht es allerdings aus, wenn der Verkehrssicherungspflichtige mit einem für das praktische Leben tauglichen, aber eben gesteigerten Maß an Vorsicht verfährt und auf die erkennbaren Gefahren Acht hat. Eine Pflicht dahin, dass jedwedem theoretisch denkbaren Schadenseintritt vorgebeugt werden müsste, besteht hingegen auch gegenüber Kindern nicht.

Ermittlung des Normaltarifs nach arithmetischem Mittel bei der Erstattung von Mietwagenkosten
LG Stuttgart
Für die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten kann der maßgebliche Normaltarif im Wege der tatrichterlichen Schadensschätzung ermittelt werden, wobei sowohl aus der Schwacke-Liste als auch aus der Fraunhofer-Liste jeweils das darin ausgewiesene arithmetische Mittel zu entnehmen ist. Bei den Werten der Schwacke-Liste ist vom so genannten "Modus" (gewichtetes Mittel = häufigst genannter Preis) auszugehen. Für den Fall, dass kein solcher "Modus" angegeben ist, ist vom "nahen Mittel" (arithmetisches Mittel) des Normaltarifs auszugehen. Da die Fraunhofer-Tabelle keinen sog. "Modus" enthält, sondern lediglich das arithmetische Mittel aller erhobenen Einzelwerte ausweist, ist an diesen Wert anzuknüpfen. Für die Berechnung ist die jeweilige tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer maßgebend. Da die Fraunhoferliste ohne Zuschläge arbeitet und Zusatzleistungen in dieser Liste auch nicht enthalten sind, sind - nach Ermittlung des arithmetischen Mittels beider Listen - etwaige weitere Zuschläge (hier für Winterreifen, Zweitfahrer, Navigationsgerät und Zusatzkosten für Zustellung und Abholung) anzusetzen, soweit sie angefallen sind.

Darlegung des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages durch Vorlage einer Rechnung
LG Stuttgart
Zur Bestimmung des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB "erforderlichen Geldbetrags" (hier: nach einem Ölunfall auf einer Landstraße) bedarf es keines Rückgriffs auf die übliche oder angemessene Vergütung gem. § 632 BGB, wenn eine konkrete Vergütungsvereinbarung zwischen Geschädigtem und Schadensbeseitiger festgestellt werden kann. Der Schädiger hat gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen. Der Geschädigte genügt dabei regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ist dies der Fall, reicht ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.

Abladen von im Tank verunreinigtem Treibstoff als Fahrzeuggebrauch
LG Stuttgart
Die unzureichende Reinigung oder unvollständige Leerung des Transportbehältnisses eines Tankfahrzeugs gehört zum Gebrauch eines Kfz. Werden durch die Vermischung von Transportstoffen weitere Schäden hervorgerufen, ist hierfür der Kfz - Haftpflichtversicherer eintrittspflichtig.

Auffahren auf ein linksabbiegendes Fahrzeug
OLG Düsseldorf
Kommt es beim Abbiegen in ein Grundstück zu einer Kollision mit dem nachfolgenden Verkehr spricht gegen den in die Grundstückseinfahrt Abbiegenden kein Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen § 9 Absatz 5 StVO.

Ansprüche gegen den Entschädigungsfond - Verkehrsopferhilfe e. V.
OLG Celle
Die Bestimmung des § 12 Absatz 2 S. 3 PflVersG ist dahingehend auszulegen, dass ein Sachschaden des Halters an seinem Fahrzeug auch dann gemäß § § 12 Absatz 1 S. 1 Nr. 1 PflVersG zu ersetzen ist, wenn ausschließlich ein Beifahrer in seinem Pkw eine erhebliche Verletzung erlitten hat und der Entschädigungsfonds diesem Beifahrer gegenüber nur deshalb nicht tatsächlich zur Zahlung verpflichtet ist, weil dieser Fahrzeuginsasse von dem Halter desselben Fahrzeugs und dessen Versicherung Ersatz seines Personenschadens beanspruchen kann.

Prozesskostenhilfe - nachträglicher Entzug bei provoziertem Unfall
OLG Hamm
1. Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.
2. Dass die Unwahrheit des Parteivortrags sich erst nach Durchführung der Beweisaufnahme ergibt, steht der Entziehung der Prozesskostenhilfe nicht entgegen.
3. Ergibt sich aber aus der Beweisaufnahme - gegebenenfalls mit unstreitigen Indizien, die für sich betrachtet, dem erkennenden Gericht noch nicht die erforderliche Gewissheit von der Unwahrheit des Sachvortrags des Antragstellers vermittelt haben -, dass der Antragsteller falsch vorgetragen hat, und ohne diesen falschen Vortrag Prozesskostenhilfe nicht gewährt worden wäre, kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachträglich aufgehoben werden (hier bejaht bei provozierten Auffahrunfall).

Mit Vollendung des 18. Lebensjahres, scheiden Kinder aus dem haushaltsführungsrelevanten Personenkreis aus
OLG Köln
1. Maßgeblich für die Berechnung eines Haushaltsführungsschadens ist die sog. haushaltsspezifische Minderung der Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt (MdH), die nicht deckungsgleich mit der allgemeinen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist. Die MdH ist in der Regel geringer. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles führen ausnahmsweise zu einer Deckungsgleichheit von MdE und MdH.
2. Für die Zubilligung eines Haushaltsführungsschadens ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Geschädigte den Umfang der vor dem Unfall verrichteten Haushaltstätigkeit substantiiert darlegt, insb. qualifizierte Angaben zur konkreten Lebenssituation, zum Zuschnitt der Familie, der Wohnung sowie zu Art und Umfang der im Einzelnen ausgeführten Haushaltstätigkeiten macht. Tabellenwerke können insofern lediglich als Schätzungshilfe nach § ZPO § 287 ZPO herangezogen werden, ersetzen jedoch nicht die Darlegung der für eine Schätzung unerlässlichen Grundlagen. Allerdings ist der Vortrag der Kl. zur konkreten Lebenssituation vor dem Unfall zur Darlegung der konkreten Behinderung in der Haushaltsführung ausreichend, zumal hieran keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Erforderlich aber auch ausreichend ist es, wenn der Geschädigte seine wesentlichen Lebensumstände vorträgt, die unter Zuhilfenahme anerkannter Tabellen eine Eingruppierung bzw. Klassifizierung zulassen.
3. Bedient sich der Geschädigte einer Ersatzkraft, sind die hierfür aufgewendeten Kosten ersatzfähig, soweit sie objektiv erforderlich waren. Wird keine Ersatzkraft eingestellt, kann fiktiv unter Ausnahme von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gerechnet werden, wobei die Rspr. hierzu häufig auf anerkannte Richtlinien im Sozialrecht oder Tarifverträge zurückgreift. Es ist auch eine Mischform in Fällen denkbar, in denen die konkret eingesetzte Haushaltshilfe nur einen Teil der unfallbedingt verhinderten Haushaltstätigkeit kompensiert.
4. Nach der Rspr. sind aufgrund des gesetzlichen Anspruchsübergangs auf den reinen Erwerbsschaden (ohne Mehrbedarf) die Leistungen der Krankenkasse für eine Haushaltshilfe sowie eine Erwerbsminderungsrente in voller Höhe anzurechnen.
5. Maßgeblich für die Bemessung des Ersatzbetrages bei fiktiver Berechnung ist der erforderliche Zeitbedarf, den eine professionelle Hilfskraft für die Aufrechterhaltung der Haushaltsführung im bisherigen Standard zur Erledigung der ausgefallenen Arbeitsleistung benötigt.
6. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob und welche Tabellenwerke mit welchem Stand hierfür ggf. als taugliche Schätzgrundlage herangezogen werden können. Denn auf Tabellenwerke kann sich der Tatrichter in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte bei der Schadensschätzung orientieren. Er muss es aber nicht und darf es nicht, wenn - wie hier - konkrete Anknüpfungstatsachen zur Verfügung stehen.
7. Sofern durch eine Veränderung des Familienzuschnitts oder des Gesundheitszustandes der Kl. keine Änderung in den Lebensumständen eintritt, ist nicht zu erwarten, dass sich dieser Stundenaufwand in der Zukunft ändern wird. Hat sich allerdings der Familienzuschnitt bereits geändert oder wird er sich in absehbarer Zeit ändern, müssen diese Veränderungen in der Tenorierung der Rente Berücksichtigung finden. Dies gilt insb. hinsichtlich der im Haushalt befindlichen Kinder. Stellt man richtigerweise darauf ab, dass nach der Konzeption der §§ BGB § 842 ff. BGB nur die gesetzliche, d. h. familienrechtliche Unterhaltsbeziehung deliktischen Schutz genießt, fallen Kinder mit Vollendung des 18. Lebensjahres aus der Bedarfsberechnung heraus, weil dann die familienrechtliche Verpflichtung der Eltern zur Betreuung und Haushaltsführung entfällt. Mit Übergang von der Natural- zur Barunterhaltspflicht, also mit Vollendung des 18. Lebensjahres, scheiden Kinder deshalb aus dem haushaltsführungsrelevanten Personenkreis aus.

Haftungsverteilung zwischen einem sorgfaltswidrigen Aussteigendem und einem mit zu geringen Abstand Vorbeifahrenden
OLG Köln
1. Kommt es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Aussteigenden aus einem Kfz zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spricht der Anscheinsbeweis für einen Sorgfaltsverstoß des Aussteigenden.
2. Der Verkehrsteilnehmer im fließenden Verkehr muss beim Vorbeifahren an einem geparkten Kfz nicht mit einem plötzlich, wo er beim weiträumigen Öffnen einer Fahrzeugtür rechnen, sondern allenfalls mit einem Rückschau zu genügendem Öffnen eines Türspalts. Der einzuhaltende Seitenabstand darf nach den Umständen des Einzelfalls deshalb durchaus geringer sein als der regelmäßig verlangte Mindestabstand von einem 1 m beim Überholen und bei einer Fahrzeugbegegnung.
3. Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des sorgfaltswidrig Aussteigenden und von 1/3 zu Lasten des Vorbeifahrenden bei allenfalls geringfügiger Unterschreitung des gebotenen Seitenabstands

Verweis auf Reparatur in einer freien Fachwerkstatt mit vertraglicher Verbindung zum Haftpflichtversicherer des Schädigers kann zumutbar sein
BGH
1. Der Schädiger kann dem Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er ggf. vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden. Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-) üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auch vertragliche Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.
2. Der Schädiger, bzw. dessen Haftpflichtversicherer, hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte „freie Fachwerkstatt" für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten (markt-) übliche, d. h. allen Kunden zugänglichen Preise, zugrunde legt.
3. Allein der Umstand, dass die fragliche „freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.

Versicherten trifft sekundäre Darlegungslast bei Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer Kfz-Entwendung
OLG Celle
Grundsätzlich muss der Versicherer konkrete Tatsachen nachweisen, die die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalles mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen. Daher hat der Versicherungsnehmer im Allgemeinen nicht die Verpflichtung, sich zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu äußern, nur weil der Versicherer das Vortäuschen der Entwendung des versicherten Kfz behauptet. Den Versicherungsnehmer kann aber ausnahmsweise eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse treffen, wenn er die Entwendung seines Pkw behauptet. Dies ist der Fall, wenn es bereits konkrete Indizien für das Vortäuschen einer Entwendung gibt, die für sich genommen aber noch nicht ausreichen, von einer nur vorgetäuschten Entwendung auszugehen.

Begriff der Unmittelbarkeit der Überschwemmung in der Kaskoversicherung
LG Bochum
Für das Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit kommt es darauf an, ob das menschliche Verhalten durch das Naturereignis veranlasst worden ist. Eine bloße einfache Kausalität des menschlichen Verhaltens (= Hineinfahren in die Überschwemmung) reicht nicht aus.

Relative Fahruntüchtigkeit in der Kasko- und in der Kfz-Haftpflichtversicherung
OLG Saarbrücken
Ein Autofahrer, der mit einer Alkoholisierung von 0,93 Promille einen Unfall verursacht, ist gegenüber Kfz-Haftpflichtversicherer und Kaskoversicherer wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls und Obliegenheitsverletzung im Innenverhältnis zu 75% verantwortlich, was zu entsprechender Leistungskürzung und gegebenenfalls einem Regressanspruch führt.

Volle Haftung auch gegenüber Radfahrerin, die Radweg in die falsche Richtung befährt
OLG Saarbrücken
Kommt es zu einer Kollision eines rückwärts in eine Grundstückseinfahrt einbiegenden Lkw mit einer den Radweg in der falschen Richtung befahrenden Radfahrerin, so haftet der Lkw in vollem Umfang, soweit eine Pflichtverletzung der Radfahrerin nicht festzustellen ist. Eine solche besteht insbesondere nicht in der Benutzung des Radwegs in der nicht angezeigten "falschen" Richtung, da die Richtung eines Radwegs nur den Gegen-, nicht aber den kreuzenden Verkehr schützt.

Unzulässigkeit einer Feststellungsklage, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines zukünftigen Schadens wenigstens zu rechnen
OLG Koblenz
Die Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn die Schadensentwicklung noch nicht vollständig abgeschlossen ist und die Klägerin ihren Anspruch ganz oder teilweise nicht beziffern kann. Dann durfte die Klägerin den gesamten Anspruch, auch den bereits bezifferbaren, mit der Feststellungsklage geltend machen und musste nicht den bereits bezifferbaren Anspruch mit einer Leistungsklage verfolgen. Wenn die Schadensentwicklung bei Klageerhebung abgeschlossen war, steht dem Geschädigten grundsätzlich nur die Leistungsklage zur Verfügung. Das Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass in Zukunft noch Schäden eintreten können. Es fehlt, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Pkw mit einem die Fahrbahn überquerenden Fußgänger
OLG München
Auch in Anbetracht des Vorrechts des Kraftfahrzeugverkehrs gegenüber Fußgängern trifft einen Pkw-Fahrer die Pflicht, den gesamten Verkehrsraum, auch bezüglich von links kommender Fußgänger, sorgfältig zu beobachten. Er muss sein Augenmerk auch auf die Bürgersteige richten und beobachten, ob sich dort Fußgänger befinden, die möglicherweise eine mehrspurige Fahrbahn überqueren wollen. Der Kraftfahrer darf sich nicht ohne Weiteres darauf verlassen, dass Fußgänger in der Fahrbahnmitte oder vor seiner Fahrbahnbegrenzung warten werden, um ihn vorbeifahren zu lassen. Einen Fußgänger, der eine mehrspurige Straße überquert und dabei von einem Fahrzeug erfasst wird, trifft ein Mitverschulden von 1/4, wenn der Führer des Fahrzeugs dieses vor der Kollision angehalten hatte und die Kollision vermieden worden wäre, wenn er auf die Fahrbahn überquerende Fußgänger geachtet hätte und nicht wieder angefahren wäre. Wer als Fußgänger Fahrbahnen ohne Beachtung des Straßenverkehrs überquert - egal in welche Richtung -, handelt in erheblichem, nicht mehr nachvollziehbarem Umfang unsorgfältig.

Haftungseinheit bei Kollision eines Pkw auf einem unzureichend gesicherten Bahnübergang mit dem Zug einer Privatbahn
OLG Hamm
Stößt ein Pkw auf einem unzureichend gesicherten Bahnübergang mit dem Zug einer Privatbahn zusammen, kann eine für den Unfall ursächliche Nachlässigkeit des Schrankenwärters sowohl der Privatbahn als auch dem für die Bahnstrecke verantwortlichen Unternehmen der Deutschen Bahn zuzurechnen sein, sodass alle Beteiligten in vollem Umfang für den Fahrzeugschaden haften. Maßgeblich für die Zurechnung des Verhaltens des Schrankenwärters ist, dass er gemeinsam mit dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine Haftungseinheit bildet, im Rahmen derer die beteiligten Personen mit einer gemeinsamen Quote haften. Von einer solchen Haftungseinheit, die das Bestehen einer Sonderverbindung zwischen den beteiligten Personen nicht voraussetzt, sind nicht nur Fahrer und Halter eines schädigenden Kraftfahrzeugs, sondern auch Schienenbetriebsunternehmer und Lokführer im Verhältnis zueinander erfasst. Sie besteht darüber hinaus zwischen den Eisenbahninfrastrukturunternehmen und dem von diesen unmittelbar oder über einen Subunternehmer mit der Sicherung der Gleisanlagen betrauten Schrankenwärter.

Nicht notwendigerweise Abzug "neu für alt" bei Beschädigung eines Straßentunnels
OLG Hamm
Ein aus der Beschädigung eines Straßentunnels folgender Schadensersatzanspruch des Landes NRW als Eigentümern des Tunnels ist nicht unter dem Gesichtspunkt eines Abzuges "neu für alt" zu kürzen, wenn nicht feststeht, dass dem Land durch die Reparaturmaßnahme ein messbarer Vermögensvorteil entsteht. Der Geschädigte, der im Wege der Naturalrestitution für eine beschädigte alte, gebrauchte Sache eine neuwertige Sache oder den dafür erforderlichen Geldbetrag erhält, muss sich nicht in jedem Fall einen Vorteil anrechnen lassen. Es muss bei dem Geschädigten eine messbare Vermögensvermehrung eintreten, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, die Anrechnung des Vorteils muss dem Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts entsprechen und die Ausgleichung des Vorteils muss dem Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unbillig entlasten, wobei die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen der Schädiger trägt.

Indizien für und gegen eine Unfallmanipulation
LG Wuppertal
Ein gravierender Verdacht für eine Unfallmanipulation kann sich aus den Einlassungen des beklagten Fahrers zum Unfallhergang ergeben. Die Angabe, ihm sei eine Wasserflasche auf den Fahrzeugboden gefallen, ist als vermeintlich plausible Angabe für ein Unfallgeschehen bei manipulierten Unfällen typisch. Hierfür kann auch sprechen, wenn die Angaben zu den gefahrenen Geschwindigkeiten mit den objektiven Befundtatsachen und mit den - glaubhaften - Bekundungen des klagenden Fahrers zum Unfallhergang nicht übereinstimmen. Allerdings kann die Art und Weise, in der der Unfall geschehen ist, für eine verabredete Unfallsituation atypisch sein, wenn sich Fahrzeuge mit beachtlicher Geschwindigkeit im fließenden Verkehr befanden, mit Zeugen jederzeit zu rechnen war und wenn die Geschädigte ihr Fahrzeug hat reparieren lassen (und nicht etwa den Schaden auf Gutachterbasis abgerechnet hat). Gegen eine Unfallmanipulation kann auch sprechen, wenn es sich bei dem Klägerfahrzeug weder um ein Luxusmodell handelt, noch bei dem Beklagtenfahrzeug um ein nahezu wertloses Fahrzeug, bei dem keine größeren Schäden hätten eintreten können. Zudem sind Vorschäden für verabredete Unfälle typisch. Bei verabredeten Verkehrsunfällen ist außerdem häufig der Fall, dass sich die Unfallbeteiligten vor dem Unfall kannten oder demselben Kulturkreis entstammen.

Versicherungsrechtliche Abwicklung eines Auffahrunfalls mit mehreren Beteiligten
LG Köln
Bei einem Auffahrunfall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende unaufmerksam gewesen ist, die angemessene Geschwindigkeit oder den erforderlichen Abstand nach § 4 Abs. 1 StVO nicht eingehalten und damit den Unfall allein verursacht hat. Sind für einen Schaden aus einem Verkehrsunfall mehrere Schädiger mitverantwortlich, liegt eine sog. (fahrlässige) Nebentäterschaft vor. Soweit mehrere Nebentäter für denselben Schaden mitverantwortlich sind, haften sie dann dem Geschädigten im Außenverhältnis nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner ohne Rücksicht auf das Gewicht ihres jeweiligen Verantwortungsbeitrages. § 840 Abs. 1 BGB findet insoweit auch bei Ansprüchen aus Gefährdungshaftung entsprechende Anwendung. Das unterschiedliche Gewicht der Verantwortungsbeiträge der jeweiligen Schädiger ist dann erst im Innenverhältnis zu berücksichtigen.

Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
OLG Frankfurt
1. Gemäß E.1.3 Satz 2 AKB 2008 darf der Versicherungsnehmer den Unfallort nicht verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Diese dem Versicherungsvertrag der Parteien zugrundeliegende Allgemeine Versicherungsbedingung ist so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. ebenda). Nach dem eindeutigen Wortlaut von E.1.3 Satz 2 AKB 2008 ist der Versicherungsnehmer gehalten, nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an der Unfallstelle zu bleiben, bis die Polizei oder der Geschädigte eintreffen und die erforderlichen Feststellungen zum Unfallhergang und der Beteiligung des Versicherungsnehmers getroffen wurden; dabei kommt es nicht darauf an, ob der Versicherungsnehmer den Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) erfüllt (vgl. ebenda).
2. Seiner Obliegenheit, nach dem streitgegenständlichen Vorfall an der Unfallstelle zu bleiben, bis die Polizei oder der Geschädigte eintreffen und die erforderlichen Feststellungen zum Unfallhergang und der Beteiligung des Versicherungsnehmers getroffen wurden, hat Kläger schon nach seinem eigenen Vortrag nicht genügt.
3. Der Kläger hat hinsichtlich der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit auch vorsätzlich im Sinne von E.6.1 AKB 2008 i. V. m. § 28 Abs. 2 VVG gehandelt. Ein solcher Vorsatz ist anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Für das Bewusstsein der Obliegenheitswidrigkeit genügt es, dass er kraft "Parallelwertung in der Laiensphäre" die Merkmale der Obliegenheit im Kern kennt. Der Kläger wusste, dass er mit seinem Fahrzeug die Sandsteinmauer gestreift und beschädigt hatte. Dass man nach einem solchen Unfall die Unfallstelle nicht verlassen darf, ist jedem Kraftfahrer bekannt. Wenn der Kläger gleichwohl die Unfallstelle verließ, verstieß er bewusst gegen seine Warteobliegenheit. Das vom Kläger insoweit angegebene Motiv, er habe in der Nacht niemanden belästigen oder gar wecken wollen, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist, dass der Kläger hierbei eine Verletzung seiner Warteobliegenheit bewusst in Kauf genommen hat.
4. Da der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit bereits in dem Zeitpunkt verletzt hatte, als er in der Nacht den Unfallort verließ, kommt es auf seinen Tatsachenvortrag, er habe am Morgen nach dem Unfall gegen 9:00 Uhr bei dem Geschädigten geklingelt, nicht mehr an. Denn die Ermöglichung nachträglicher Feststellungen kann nur einen Versicherungsnehmer entlasten, der sich in erlaubter Weise vom Unfallort entfernt hatte. Der Kläger hatte sich nicht in erlaubter Weise vom Unfallort entfernt. Er kann sich also nicht damit entlasten, dass er nachträglich Feststellungen ermöglichen wollte, indem er am Morgen nach dem Unfall gegen 9:00 Uhr bei dem Geschädigten klingelte. Insoweit bedurfte es auch keiner Beweiserhebung.
5. Einen Kausalitätsgegenbeweis im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG hat der Kläger nicht angetreten. Er kann einen solchen auch nicht führen. Denn schon dadurch, dass er sich nach dem Unfall von der Unfallstelle entfernt hat, sind der Beklagten Feststellungsnachteile entstanden, die sich nachträglich nicht mehr ausgleichen ließen. Vor allem konnten keine objektiven Feststellungen mehr dazu getroffen werden, ob er bei dem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, was wegen des Verbots in D.2.1 AKB 2008 gemäß D.3.1 Satz 1 und 2 AKB 2008 zum Verlust seines Versicherungsschutzes führen könnte. Hätte er die Polizei verständigt und an der Unfallstelle gewartet, wäre dies objektiv überprüfbar gewesen. Der Kläger kann den Kausalitätsgegenbeweis auch nicht durch Benennung seiner Lebensgefährtin als Zeugin führen. Bei dem Unfall selbst war die Zeugin nach dem Vortrag des Klägers nicht zugegen; über dessen Fahrtüchtigkeit oder eine alkoholische Beeinflussung könnte eine Aussage der Zeugin nicht mit der gleichen Sicherheit Aufschluss geben wie eine direkt nach dem Unfall durchgeführte Blutprobe.

Geschädigte ist zum Verkauf des unfallbeschädigten Fahrzeugs auch ohne vorherige Begutachtung berechtigt
LG Saarbrücken
Der Geschädigte eines Kfz-Unfalls darf sein Fahrzeug jederzeit und unabhängig davon veräußern, ob er zuvor ein Schadensgutachten eingeholt und der Schädigerseite vorgelegt hat. Insbesondere trifft ihn keine Wartepflicht, um der Haftpflichtversicherung die Gelegenheit zum Nachweis einer günstigeren Verwertungsmöglichkeit zu geben. Hat er jedoch ein Schadensgutachten eingeholt, so darf er der Schädigerseite die Möglichkeit zum Nachweis einer günstigeren Verwertungsmöglichkeit grundsätzlich nicht dadurch unmöglich machen, dass er die Weiterleitung des Gutachtens unangemessen verzögert.

Zu einer - ausnahmsweise - in Betracht kommenden sekundären Darlegungslast des eine Entwendung seines Pkw behauptenden Versicherungsnehmers, seine wirtschaftlichen Verhältnisse betreffend, wenn bereits Indizien für eine Vortäuschung einer Entwendung bestehen
OLG Celle
Im Allgemeinen ist der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet, für den Fall, dass der Versicherer das Vortäuschen der Entwendung behauptet, sich schon wegen dieser Behauptung zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu äußern. Es kommt aber - ausnahmsweise - in Betracht anzunehmen, dass den eine Entwendung seines Pkw behauptenden Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse trifft, wenn bereits konkrete Indizien für eine Vortäuschung einer Entwendung bestehen, die für sich genommen aber noch nicht ausreichen, von einer nur vorgetäuschten Entwendung auszugehen.

Zur Beweislast der Entwendung von Fahrzeugteilen
Brandenburgisches Oberlandesgericht
1. Der vom Versicherungsnehmer zu erbringende Vollbeweis für das äußere Bild eines Diebstahls ist dann gegeben ist, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfindet. Entsprechend gilt bei der Entwendung von Fahrzeugteilen, dass der Versicherungsnehmer das Fahrzeug unbeschädigt abgestellt und beschädigt wieder aufgefunden hat. Dabei begründet das Auffinden eines Wagens mit Aufbruchsspuren für sich allein noch nicht das äußere Bild der Entwendung, weil solche Beschädigungen auch bei einem vorgetäuschten Diebstahl vorhanden sein können.
2. Kann der Versicherungsnehmer den Nachweis für das äußere Bild eines bedingungsgemäßen Diebstahls nicht durch Zeugenbeweis erbringen, kann er ihn auch durch seine Angaben im Rahmen einer Anhörung gemäß § 141 ZPO führen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, ob der Versicherungsnehmer glaubwürdig erscheint. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nicht der unredliche, sondern der redliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist.
3. Erscheint der Versicherungsnehmer nicht glaubwürdig und kann er keine nachvollziehbaren Angaben zum Abstellen und Auffinden des Fahrzeugs machen, scheidet die Annahme eines Versicherungsfalls aus. Gleiches gilt, wenn die Versicherung konkrete Tatsachen vorträgt, die den Versicherungsnehmer als unglaubwürdig erscheinen lassen oder sich schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptung der Entwendung aufdrängen. Die Glaubwürdigkeit kann auch durch Unredlichkeiten in Frage gestellt werden, die in keinem Bezug zu dem umstrittenen Versicherungsfall stehen. Solche Tatsachen müssen aber feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein. Bloße Verdächtigungen oder nur vermutete Unredlichkeiten dürfen sich nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auswirken. Welche feststehenden Tatsachen ausreichen, um schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers zu begründen und damit die Redlichkeitsvermutung als widerlegt anzusehen, ist nicht generell bestimmt. Wie auch sonst bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Beweispersonen handelt es sich um eine Frage des Einzelfalls und der tatrichterlichen Gesamtwürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO.

Beweis des ersten Anscheins nach Kollision infolge Spurwechsels
AG Bad Segeberg
1. Kommt es in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Spurwechsel zu einem Unfall, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die sich aus § 7 Abs. 5 StVO für den Spurwechsler ergebenden Sorgfaltspflichten verletzt worden sind.
2. Eine Pflicht zur Benutzung der Beleuchtungseinrichtungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 StVO besteht nicht nur bei Dunkelheit, sondern auch "während der Dämmerung". Frühestmöglicher Zeitpunkt für das Einsetzen der Dämmerung im Rechtssinne ist der Sonnenuntergang. Der Begriff der Dämmerung betrifft dabei die Übergangszeit von der Tageshelligkeit zur Dunkelheit. Die Beleuchtung des Fahrzeuges ist erforderlich, sobald die Lichtverhältnisse derart sind, dass andere, auch schnell fahrende Verkehrsteilnehmer die seitliche Begrenzung des Fahrzeugs und ihr Ende nicht mehr deutlich erkennen können, und zwar auf eine Entfernung, auf die sie erkennbar sein müssten. Schon beim geringsten Zweifel darüber, ob das Fahrzeug noch rechtzeitig wahrgenommen werden kann, ist die Beleuchtung einzuschalten. Maßgeblich sind dabei letztlich stets die konkreten Umstände des Einzelfalls sowie die konkreten Ortsverhältnisse. Die Beleuchtung anderer Fahrzeuge kann einen Hinweis für die Notwendigkeit der Beleuchtung des eigenen Fahrzeuges geben.
3. Kollidiert ein Spurwechsler infolge Unachtsamkeit mit einem Fahrzeug, an dem unter Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 StVO kein Licht eingeschaltet war, ist eine Haftungsquote von 60:40 zu Lasten des Spurwechslers angemessen.
4. Mit der Unkostenpauschale soll pauschal der Aufwand des Geschädigten abgegolten werden, der im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall entsteht. Der Geschädigte kann bei einem Verkehrsunfall die mit der Schadensabwicklung anfallenden Kosten ohne konkrete Darlegungen pauschal geltend machen. Der Höhe nach schätzt das Gericht die Unkostenpauschale gemäß § 287 ZPO auf 25,00 €.
5. Die Unkostenpauschale sowie eine Nutzungsausfallentschädigung ist von dem sog. Quotenvorrecht nicht umfasst. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen kongruenten, sondern um einen inkongruenten Schaden, also einen sog. Sachfolgeschaden.
6. Ein sog. Rückstufungsschaden sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten unterliegen nicht dem sog. Quotenvorrecht.

Ohne Hinweis auf Beschränkung der Haftpflichtversicherung - Vorläufiger Deckungsschutz in der Kaskoversicherung gilt auch bei eVB
KG Berlin
1. Die Rechtsprechung des BGH zum vorläufigen Deckungsschutz in der Kaskoversicherung bei Aushändigung einer sog. Versicherungsdoppelkarte, wonach sich dieser ohne einen ausdrücklichen und eindeutigen Hinweis auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflichtversicherung auch auf die Kaskoversicherung erstreckt, wenn eine solche gewünscht war, gilt auch nach Einführung der elektronischen Versicherungsbestätigung - eV -. Denn der Ersatz der Doppelkarte durch die eVB ist allein der Tatsache geschuldet, dass auch die Kfz-Zulassungsstellen mittlerweile elektronisch arbeiten.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer die eVB von einem Versicherungsmakler erhält, weil der Versicherungsvertrag bereits mit der eVB zustande kommt und der Makler insoweit also im Aufgabenkreis des Versicherer tätig geworden und aus der Sicht des Versicherungsnehmer berechtigt ist, den Versicherer durch deren Weitergabe rechtlich wirksam im Rahmen eines vorläufigen Deckungsvertrages zu verpflichten.

Zur Aktivlegitimation des Geschädigten nach vorangegangener Inanspruchnahme des Vollkaskoversicherers
LG Wuppertal
1. Soweit in den AKB vereinbart ist, dass eine Rückstufung des Vertrages vermieden werden kann, wenn der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer dem Kaskoversicherer die geleistete Entschädigung in vollem Umfang erstattet (Ziff. 1.4.1.2c), zeigt sich der Kaskoversicherer durch diese Regelung damit einverstanden, dass der Versicherte die nach § 86 VVG auf den Versicherer übergegangenen Schadensersatzforderungen klageweise geltend macht und somit für die Erstattung durch den Dritten an den Versicherer sorgen kann. 2. Der Versicherungsnehmer hat in dieser Vertragskonstellation ein eigenes schutzwürdiges Interesse, die Rückstufung durch Zahlung von dritter Stelle zu vermeiden. Durch die klageweise Geltendmachung kann der Versicherungsnehmer diese Ziel maßgeblich beeinflussen.
3. Die Aktivlegitimation besteht nur, soweit der Versicherungsnehmer Zahlung an den Kaskoversicherer verlangt.

Verjährung, Hemmung und Neubeginn
OLG Köln
1. Lehnt der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer weitere Ersatzleistungen eindeutig und endgültig schriftlich ab, endet die Hemmung der Verjährung nach § VVG § 115 Abs. VVG § 115 Absatz 2 Satz 3 VVG.
2. Wird die Verjährung danach durch Aufnahme neuer Verhandlungen neu gehemmt, gilt für die Beendigung der erneuten Hemmung § BGB § 203 BGB. Lehnt der Versicherer dann weitere Zahlungen ab, endet die erneute Hemmung der Verjährung auch dann, wenn die Fortsetzung der Verhandlungen nicht zugleich eindeutig verweigert wird, jedenfalls nach einmonatiger Untätigkeit des Kl. durch „Einschlafenlassen" der Verhandlungen.

Unerlaubtes Verlassen der Unfallstelle wirkt sich auf Schadensregulierung der Haftpflicht-Versicherung aus
AG München
Wer unerlaubt nach einem Unfall die Unfallstelle verlässt, muss jedenfalls teilweise der Haftpflicht-Versicherung den bereits regulierten Schaden ersetzen.

Gesamtschuldnerausgleich nach Verursachungsanteilen gemäß § 17 Abs. 1 StVG
OLG Frankfurt
1. Kommt bei Dunkelheit ein schleuderndes Fahrzeug quer auf der linken Fahrbahn der Autobahn zum Stehen, haftet ein darauf folgendes Fahrzeug mit einem Anteil von 25 %, wenn der Fahrer nicht die gemäß §§ 3, 18 VI StVO erforderliche, dem Abblendlicht angepasste Geschwindigkeit eingehalten hat.
2. Zur Bedeutung des Schutzbereichs der Norm für die Haftungsverteilung nach § 17 StVO.

Abrechnung fiktiver Reparaturkosten nach Verkehrsunfall: Voraussetzungen einer wirksamen und zumutbaren Verweisung des Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt mit vertraglichen Verbindungen zur gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung
BGH
1. Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden.
Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.
2. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte "freie Fachwerkstatt" für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt.
3. Allein der Umstand, dass die fragliche "freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.

Rennveranstaltung im versicherungsrechtlichen Sinn
OLG Stuttgart
Nach Ziffer A.2.16.2 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2008) besteht kein Versicherungsschutz für Schäden, die bei Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Dies gilt nach S. 2 auch für dazugehörige Übungsfahrten. Ein lediglich freies Fahren auf einer Rennstrecke (hier: Nürburgring) ist keine Rennveranstaltung i.S.v. Ziffer A.2.16 AKB.

Zur Angemessenheit der Prüffrist des Versicherers nach einem Verkehrsunfall
AG Solingen
Nach dem VVG sind Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen. Die Dauer der Prüffrist ist von der Lage des Einzelfalles abhängig, in der Regel aber beträgt sie maximal vier Wochen. Die ggfs. vom Versicherer als erforderlich angesehene Einsicht in die Ermittlungsakte hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Dauer dieser Prüffrist. Diese Prüffrist wird jedoch erst durch den Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens in Gang gesetzt.

Haftungsverteilung bei Kollision eines rückwärts einbiegenden Lkw mit Radfahrer
OLG Saarbrücken
Fährt ein Lkw-Fahrer mit überhöhter Geschwindigkeit rückwärts in eine Grundstückseinfahrt, so haftet er auch dann für eine hierdurch sich ereignende Kollision mit einem Radfahrer, wenn dieser den vor der Hofeinfahrt entlangführenden Radweg in der falschen Richtung befahren hat. Von einer Haftung in vollem Umfang ist jedenfalls dann auszugehen, wenn eine Pflichtverletzung des Radfahrers nicht festzustellen ist. Von einer solchen Pflichtverletzung kann aufgrund des Umstandes, dass der Radfahrer den Radweg nicht in der angezeigten Richtung benutzt hat, nicht ausgegangen werden. Die Richtung eines Radwegs schützt nur den Gegenverkehr, nicht aber den kreuzenden Verkehr.

Zurücktreten der Betriebsgefahr hinter groben Verkehrsverstößen von Radfahrern
AG Dresden
1. Die Betriebsgefahr eines Kraftfahrers tritt hinter dem Verschulden eines Radfahrers, der sich grob verkehrswidrig verhält, zurück.
2. Ein Kraftfahrer ist befugt, unter bestimmten Voraussetzungen einen Schutzstreifen für Radfahrer zu befahren. Hierbei muss dieser jedoch eine Gefährdung von Radfahrern ausschließen.
3. Einen Kraftfahrer trifft keine Pflicht, beim Spurwechsel seine Geschwindigkeit zu verringern, nur weil sich ein Radfahrer durch stehende Autos "hindurchmogelt". Vielmehr muss niemand mit einem derart verkehrswidrigen Verhalten Dritter rechnen.

Haftung bei psychischen Erkrankungen (hier: posttraumatische Belastungsstörung) eines Unfallhelfers im Zusammenhang mit der Kollision eines Güterzuges mit einem Pkw im Bereich eines Bahnübergangs
AG Brandenburg
Zu den Beweisanforderungen an eine posttraumatische Belastungsstörung eines Ersthelfers nach einem Unfallereignis.

60.000 Euro Schmerzensgeld für einen durch einen Verkehrsunfall Geschädigten, der ein apallisches Syndrom erlitt und etwa sechs Monate nach dem Unfall verstarb
Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt
1. Der Ausgleich für immaterielle Einbußen ist in Fällen, welche aufgrund schwerster Hirnverletzungen durch den Verlust des Bewusstseins und der Empfindungsfähigkeit geprägt sind, in der Weise vorzunehmen, dass gerade der Zerstörung der Persönlichkeit und der Vorenthaltung der Empfindungsfähigkeit angemessen Geltung verschafft wird.
2. Hier: Zuerkennung von 60.000 Euro Schmerzensgeld bei 100%-iger Haftung für einen durch einen Verkehrsunfall Geschädigten, der ein apallisches Syndrom erlitt und etwa sechs Monate nach dem Unfall verstarb.

Erhebliches Eigenverschulden eines stark alkoholisierten Fußgängers
OLG Hamm
Das erhebliche Verschulden eines mit 2,49 Promille alkoholisierten Fußgängers, der bei dem Versuch, sich seitlich an einem auf einem Kundenparkplatz langsam vorwärts fahrenden Lastzug abzustützen, zwischen die Hinterachsen des Sattelaufliegers gerät, rechtfertigt im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung das Zurücktreten der allein einzustellenden Betriebsgefahr und führt zur Verneinung jeglicher Haftung. Die im Unfallzeitpunkt gemessene Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille begründet die alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit eines Fußgängers, wenn dieser zuvor durch eine Verhaltensweise (Torkeln, starkes Schwanken) aufgefallen ist, die typisch für einen unter Alkoholeinfluss stehenden Fußgänger ist. Ein solcher Fußgänger kann gegen das für ihn bei der Teilnahme am Straßenverkehr auch als Fußgänger geltende und sich aus § 1 Abs. 2 StVO ergebende Rücksichtnahmegebot verstoßen haben.

Haftungsverteilung bei einem Unfall auf der Autobahn bei Dunkelheit
OLG Frankfurt
Kommt bei Dunkelheit ein schleuderndes Fahrzeug quer auf der linken Fahrbahn der Autobahn zum Stehen, haftet ein darauf folgendes Fahrzeug mit einem Anteil von 25 %, wenn der Fahrer nicht die erforderliche, dem Abblendlicht angepasste Geschwindigkeit eingehalten hat. Im Rahmen der Haftungsverteilung nach § 17 Abs. 1 StVG kommt es nicht vorrangig auf den Schutzzweck der Norm einer einzelnen Verkehrsvorschrift an. Ein Verkehrsverstoß kann auch unabhängig von der Frage, ob der Gegner in den Schutzbereich der Vorschrift eingebunden ist, in die Haftungsverteilung einbezogen werden. Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit begründet zwar keinen Sorgfaltsverstoß, dennoch ist davon auszugehen, dass sich der ideale Fahrer im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG an solche sachverständige Feststellungen hält, wonach Geschwindigkeiten über 130 km/h das Unfallrisiko erheblich erhöhen. Sofern die Einhaltung der Richtgeschwindigkeit nicht nachweisbar ist, haftet der betroffene Halter gemäß § 7 StVG, weil er die ideale Fahrweise seines Fahrers im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG nicht nachweisen kann.

Mitverschulden bei Schreckreaktion im Straßenverkehr
OLG Karlsruhe
1. Wenn eine Fußgängerin, die plötzlich und unerwartet durch einen Hund erschreckt wird, in einem "Reflex" einen Schritt zur Seite macht, und dabei in die Fahrbahn eines herannahenden Fahrzeugs tritt, liegt in der Regel eine Handlung im Rechtssinne vor, da auch ein "automatisiertes" menschliches Verhalten grundsätzlich einer möglichen Bewusstseinskontrolle und Willenssteuerung unterliegt.
2. Bei einer Schreckreaktion in einer plötzlichen Gefahrensituation kann es jedoch an einem Verschulden der Fußgängerin auch dann fehlen, wenn die konkrete Handlung - Schritt zur Seite - zur Abwendung der Gefahr objektiv nicht notwendig war.

Wirksame Tilgungsbestimmung eines Kfz-Haftpflichtversicherers bei Regulierung eines Verkehrsunfalls
OLG Köln
Ein Kfz-Haftpflichtversicherer kann wirksam eine Tilgungsbestimmung des Inhaltes treffen, dass der vorgerichtlich dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls unter dem Vorbehalt, den Betrag beliebig zu verrechnen oder zurückzufordern, ausbezahlte Vorschuss auf die Schmerzensgeldforderung anzurechnen ist. Die Schmerzensgeldforderung kann deshalb in dieser Höhe als erloschen gelten. Da § 366 BGB abbedungen werden kann, ist in Ausnahme hierzu auch eine nachträgliche Tilgungszweckbestimmung möglich. Der Schuldner kann sich die eigentlich bereits mit der Leistung zu treffende Verrechnungsbestimmung im Sinne von § 366 Abs. 1 BGB vorbehalten, indem er bei Zahlung einen Verrechnungsvorbehalt erklärt.

Auskunftspflichten des Geschädigten eines Verkehrsunfalls gegenüber dem Versicherer
LG Stuttgart
Nach § 119 Abs. 3 S. 1 VVG kann der Versicherer von dem Dritten (hier: dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls) Auskünfte verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich sind. Insofern sind allerdings lediglich sachdienliche Fragen zu beantworten. Wird bei einem Verkehrsunfall in Deutschland durch einen im europäischen Ausland zugelassenen Mietwagen ein Schaden verursacht, steht dem Direktanspruch des Geschädigten gegen das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. nicht entgegen, dass der Geschädigte außer den Daten des Fahrzeugs, dem Namen und der Adresse der Mietwagenfirma sowie dem Namen des Fahrers nicht auch dessen Anschrift nennen kann. Bei einem Unfall mit einem Mietfahrzeug muss es ausreichen, wenn der Geschädigte gegenüber dem Haftpflichtversicherer Angaben zum Halter des am Unfall beteiligten Fahrzeuges macht. Der Deutsche Büro Grüne Karte e.V. hat im Rahmen des Grüne-Karte-Systems neben dem ausländischen Versicherer die Pflichten eines Haftpflichtversicherers zu übernehmen.

Ein Abfindungsvergleich eines von einem Elternteil bei einem Unfall geschädigten Minderjährigen mit dem Versicherer bedarf keiner familiengerichtlichen Genehmigung
AG Ludwigsburg
Ein Abfindungsvergleich zwischen einem Versicherer und einem durch seine Eltern vertretenen minderjährigen Geschädigten bedarf auch dann keiner familiengerichtlichen Genehmigung, wenn der streitgegenständliche Unfall durch ein Elternteil verursacht wurde.

Obliegenheiten des Geschädigten bei Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Verkehrsunfalls
OLG Koblenz
Kann der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall seine bisherige Berufstätigkeit nicht weiter ausüben, so trifft ihn die Obliegenheit, sich um eine seinen verbliebenen Fähigkeiten entsprechende Arbeitsstelle zu bemühen. Unterbleibt dies, so ist dies ausnahmsweise unschädlich, wenn nach der Einschätzung der Agentur für Arbeit keine Möglichkeit besteht, den Geschädigten in ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu vermitteln, da es ihm an der hierzu erforderlichen Schulbildung bzw. einer qualifizierten Ausbildung fehlt. In dem fehlenden Bemühen um eine Arbeitsstelle liegt dann keine Verletzung der Schadensminderungspflicht. Ist der Geschädigte seiner Darlegungslast zu den von ihm entfalteten Bemühungen, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, ausreichend nachgekommen, ist es Sache des Schädigers vorzutragen und zu beweisen, dass der Geschädigte in einem konkreten Fall eine ihm zumutbare Arbeit hätte aufnehmen können

Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld eines Schulkindes durch Kollision mit Fahrzeug nach reflexartigem Schritt auf Fahrbahn
OLG Karlsruhe
Wenn minderjähriges Schulkind, das plötzlich und unerwartet durch einen Hund erschreckt wird, reflexartig einen Schritt zur Seite macht, und dabei in die Fahrbahn eines herannahenden Fahrzeugs tritt, liegt in der Regel eine Handlung im Rechtssinne vor, da auch ein "automatisiertes" menschliches Verhalten grundsätzlich einer möglichen Bewusstseinskontrolle und Willenssteuerung unterliegt. Aus den allgemeinen Verkehrspflichten im Straßenverkehr ergibt sich für einen Fußgänger zwar die Pflicht, beim Herannahen eines Fahrzeugs keinen Schritt zur Seite in die Richtung eines Pkw zu machen. Die durch den bellenden Hund gegebenen Umstände schließen indes einen Fahrlässigkeitsvorwurf gegenüber dem Kind auch dann aus, wenn die konkrete Handlung zur Abwendung der Gefahr objektiv nicht notwendig war, weil sich der Hund hinter einem Gitter auf einem Grundstück befand.

Haftung eines Bahnbetriebsunternehmens auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach Kollision mit Kfz auf Bahnübergang
LG Detmold
Ein Bahnbetriebsunternehmen haftet bei Kollisionen zwischen einer Eisenbahn und einem Kfz dem Fahrzeugführer für alle durch diesen Vorfall entstehenden Schäden auch bei defekter und manuell betriebener Schranke. Wenn die Schranke geöffnet ist, darf ein Kfz-Fahrer grundsätzlich darauf vertrauen, dass - auch bei Unübersichtlichkeit - kein Zug kommt. Ist die Geschwindigkeit vor dem Bahnübergang auf die allgemein innerorts zugelassene Geschwindigkeit beschränkt, darf sich der Fahrer auch mit dieser Geschwindigkeit dem Bahnübergang nähern. Auch der Umstand, dass die Schranke durch einen Bediensteten manuell bedient werden musste, ändert nichts daran, dass der Fahrzeugführer darauf vertrauen durfte, dass bei geöffneter Schranke kein Zug kreuzen würde.

Regress in der Kfz-Haftpflichtversicherung bei Verkehrsunfallflucht, Kausalitätsgegenbeweis
Amtsgericht Köln
Der vom Versicherungsnehmer zu erbringende Kausalitätsgegenbeweis ist erbracht, wenn kein Zweifel an der Person der Fahrerin besteht und die später hinzugerufenen Polizisten keinen Hinweis auf eine etwaige Alkoholisierung gefunden haben.

Regress bei ungültiger ausländischer Fahrerlaubnis
Amtsgericht Bergheim
Die Umschreibungsmöglichkeit einer kroatischen in eine deutsche Fahrerlaubnis führt nicht zur Anwendung des Kausalitätsgegenbeweises nach § 28 Abs. 3 VVG, da die Umschreibung nicht zu einer Prüfung der Echtheit des kroatischen Führerscheins und dessen berechtigten Erlangens führt, so dass die Umschreibung nicht lediglich als Formalität betrachtet werden kann.

Vorläufige Deckung - elektronische Versicherungsbestätigung
KG Berlin
1. Die Rechtsprechung des BGH zum vorläufigen Deckungsschutz in der Kaskoversicherung bei Aushändigung einer so genannten Versicherungsdoppelkarte, wonach sich dieser ohne einen ausdrücklichen und eindeutigen Hinweis auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflichtversicherung auch auf die Kaskoversicherung erstreckt, wenn eine solche gewünscht war, gilt auch nach Einführung der elektronischen Versicherungsbestätigung - eVB -. Denn der Ersatz der Doppelkarte durch die eVB ist allein der Tatsache geschuldet, dass auch die Kfz-Zulassungsstellen mittlerweile elektronisch arbeiten.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer die eVB von einem Versicherungsmakler erhält, weil der Versicherungsvertrag bereits mit der eVB zustande kommt und der Makler insoweit also im Aufgabenkreis des Versicherers tätig geworden und aus der Sicht des Versicherungsnehmers berechtigt ist, den Versicherer durch deren Weitergabe rechtlich wirksam im Rahmen eines vorläufigen Deckungsvertrages zu verpflichten.

Aufspringen der Motorhaube nach einem Unfall
OLG Koblenz
Schäden infolge Aufspringens der bereits unfallbeschädigten Motorhaube bei im Freien abgestellten Fahrzeug infolge starker Windeinwirkung können sehr wohl auch noch „unmittelbare" Folgen des Unfalls sein. Als Folge der Erstschädigung der Motorhaube, nicht aber eines Betriebsfehlers, stellen sie auch einen Unfall-, nicht aber einen Betriebsschaden dar.

Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall: Parken vor einer Hofeinfahrt
AG Hagen (Westfalen)
Auch wenn dem Ausfahrenden eine Rangierfläche über benachbarte Garagenvorflächen oder Hofeinfahrten grundsätzlich möglich ist, muss ein Fahrzeugführer, der vor einer Hofeinfahrt auf der schmalen Straße davor parkt, berücksichtigen, dass der Ausparkende nicht ständig den gesamten Rangierraum nutzen kann (oder nicht darf), so dass eine Kollision des Ausfahrenden mit dem vor der Hofeinfahrt/Hofausfahrt abgestellten Kraftfahrzeug auch von dessen Führer durch die verursachte Behinderung mitverschuldet ist

Nachweis eines HWS-Syndroms bei Seitenaufprall; Schmerzensgeldanspruch bei HWS-Syndrom
LG Koblenz
1. Auch bei einer nur sehr geringen Geschwindigkeitsänderung von etwa 7 km/h kann bei einem Seitenaufprall eine HWS-Distorsion als erwiesen angesehen werden, wenn der Verletzte die Beschwerden glaubhaft geschildert, die erstbehandelnde Ärztin einen Muskelhartspann mit Druckschmerz und eine Steilstellung der Halswirbelsäule diagnostiziert und der medizinische Gutachter nach Auswertung der Umstände den typischen Befund einer leichten bis mittelschweren HWS-Distorsion vorgefunden hat
2. Erleidet der Geschädigte als Folge eines Verkehrsunfalls eine leichte bis mittelschwere HWS-Distorsion, so ist ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 500 Euro begründet

Herausgabe einer Bereicherung nach Untergang der kaskoversicherten Sache
BGH
Der Käufer eines Fahrzeugs, welches er kaskoversichert hat, ist nach Untergang der Sache zur Herausgabe einer verbleibenden Bereicherung im Sinne des § 346 Abs. 3 Satz 2 BGB nur insoweit verpflichtet, als er etwas erlangt hat, was er herausgeben könnte. Dies ist bei einer vom Kaskoversicherer verweigerten Genehmigung der Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung der Versicherungsleistung an den Verkäufer nicht der Fall.

Zur Beweisführung eines manipulierten Unfalls
OLG Köln
1. Eine Unfallverabredung oder das sonstige bewusste Herbeiführen eines Unfalles durch den KFZ-Eigentümer schließt als Einwilligung in die Sachbeschädigung einen Ersatzanspruch sowohl aus § 823 BGB als auch aus § 7 StVG aus.
2. Hinsichtlich der Beweislast und Beweisführung gelten insofern folgende Grundsätze: Der geschädigte Anspruchsteller hat das äußere Unfallgeschehen, also den Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge nachzuweisen. Steht das äußere Unfallgeschehen fest, so müssen der Schädiger und sein Versicherer den Nachweis führen, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat. Aufgrund der Indizien muss zur Überzeugung des Gerichts ein Unfallhergang festgestellt werden können, der auf eine einverständliche Schädigung hindeutet. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob einzelne Gesichtspunkte für sich genommen einen gestellten Unfall beweisen. Einzelne Indizien können vielmehr ein Mosaik bilden, welches im Gesamtbild erkennen lässt, dass der Unfall fingiert ist. Häufen sich in auffälliger Weise Merkmale, die für gestellte Unfälle typisch sind, und bestehen hierauf deutende gewichtige Verdachtsgründe, so sind an den Indizienbeweis keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Es bedarf keines lückenlosen Nachweises. Vielmehr reicht die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Manipulation durch das Aufzeigen einer Vielzahl von Beweisanzeichen aus, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Häufung für einen verabredeten Unfall sprechen.

Kein Forderungsübergang des Eigenanteils des Geschädigten zur Pflegeversicherung und Krankenversicherung der Rentner
LG Nürnberg-Fürth
1. Der Eigenanteil des Geschädigten zur Pflegeversicherung und Krankenversicherung der Rentner nimmt - anders als der Trägeranteile der Geschädigten (§ 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X) - nicht am gesetzlichen Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X teil.
2. Der Schuldner hat dann auch i.S.d. § 93 ZPO zur Klage über den Gesamtbetrag Veranlassung gegeben, wenn er nur einen Teilbetrag zu leisten angeboten bzw. geleistet hat und im Prozess diesen Teilbetrag anerkannt hat.

Abtretung des Schadensersatzanspruchs an die Autovermietung als erlaubte Rechtsdienstleistung; Bestimmtheit der Abtretung bei unbezifferter Forderung; Schwacke-Liste als geeignete Schätzgrundlage zur Bemessung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten; Erschütterung der Geeignetheit der Schwacke-Liste; unfallbedingter Zuschlag auf den Normaltarif
LG Koblenz
1. Die Abtretung des Schadensersatzanspruchs an das Mietwagenunternehmen begründet keinen Verstoß gegen das RDG, sondern ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubt.
2. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs zum Zeitpunkt der Abtretungserklärung ist nicht erforderlich.
3. Die Schwacke-Liste stellt eine im Rahmen des § 287 ZPO geeignete Schätzgrundlage zur Ermittlung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten dar. Allgemeine Einwände gegen die Schwacke-Liste sowie die Vorlage von Internetscreenshots reichen nicht aus um die Geeignetheit der Schwacke-Liste zu erschüttern.
4. Die Hinzurechnung eines unfallspezifisches Aufschlags auf den Normaltarif kann bei einer spezifischen und in der konkreten Situation erforderlichen Leistung in Betracht kommen.

Haftungsverteilung bei Kollision eines vorbeifahrenden Pkw mit der geöffneten Fahrertür eines parkenden Pkw
AG Hamburg
1. Ist nach der Beweisaufnahme und nach Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachten erwiesen, dass die Kollision zweier Fahrzeuge darauf zurückzuführen ist, dass der an einem geparkten Pkw vorbeifahrende Fahrzeugführer einen zu geringen Seitenabstand eingehalten hatte, während der Fahrzeugführer des geparkten Pkw die Fahrertür ohne die notwendige Beobachtung des nachfolgenden Verkehrs geöffnet hatte, so liegt ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG für keinen der Beteiligten vor.
2. Angesichts der hälftigen wechselseitigen Zurechnung der Verschuldensanteile ergibt sich eine Haftungsquote von 50 zu 50.

Teilkasko muss für kaputte Elektronik nach Hineinfahren in tiefe Wasserfläche aufkommen
LG Bochum
Gerät der Führer eines teilkaskoversicherten Fahrzeug bei Starkregen in eine für ihn nicht erkennbare, sich über die gesamte Fahrbahnbreite erstreckende tiefe Wasserfläche, sodass Wasser in den Motorraum eindringen kann, muss die Versicherung für die entstehenden Elektronikschäden im Rahmen eines sogenannten Überschwemmungsschadens aufkommen. Von einer Überschwemmung ist nämlich auch dann auszugehen, wenn starker Regen in dem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert, noch sonst geordnet über natürliche Wege abfließen kann. In einem solchen Fall fehlt es nicht an der für den Leistungseintritt vorauszusetzenden Unmittelbarkeit, wenn der Fahrer zwar in die Überschwemmung hineingefahren ist und damit den Schadenseintritt im Sinne einfacher Kausalität erst ermöglicht hat, seine Fahrt jedoch ohne Ausweichverhalten durch Gaswegnahme Festhalten des Lenkrads nur fortgesetzt hat.

Kollision zwischen Wartepflichtigem und die Kurve schneidenden Vorfahrtsberechtigtem
OLG Koblenz
Schneidet der Vorfahrtsberechtigte die Kurve einer trichterförmig erweiterten Kreuzung, kann das eine Mithaftung gegenüber dem den Vorfahrtsbereich bis zur Sichtlinie Befahrenden von 50 % begründen.

Haftungsverteilung bei Kollision zweier Radfahrer
OLG München
Eine Radwegbenutzungspflicht besteht auch dann, wenn der Radweg wegen seiner baulichen Gestaltung nur mit herabgesetzter, den Fahrbahn- und Witterungs- sowie Fahrzeugverhältnissen angepasster Geschwindigkeit befahren werden kann. Allerdings besteht keine Benutzungspflicht bei tiefem Schnee, Eis oder Löchern. Kommt es zu einer Kollision zweier Radfahrer, von denen einer die Fahrbahn quert und der andere einen vorhanden Radweg nicht benutzt, so ist auch bei einem Sorgfaltsverstoß des die Fahrbahn querenden Radfahrers dem den Radweg nicht benutzenden Radfahrer ein Mitverschulden von 1/4 zuzurechnen. Denn die Radwegbenutzungspflicht bezweckt auch den Individualschutz der Radfahrer.

Haftungsverteilung bei Kollision auf einem privaten Kundenparkplatz
OLG Saarbrücken
Kommt es zu einer Kollision eines die Mittelgasse eines privaten Kundenparkplatzes befahrenden Fahrzeugs mit einem rückwärts aus einer Parkbucht herausfahrenden Fahrzeug, so trifft das rückwärts herausfahrende Fahrzeug die alleinige Haftung. Der betreffende Fahrer hat das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme zu beachten, und es findet auf Grund der besonderen Gefährlichkeit des Rückwärtsfahrens die Wertung des § 9 Abs. 5 StVO jedenfalls sinngemäß Anwendung. Der Rückwärtsfahrende muss sich so verhalten, dass er bei Erkennbarkeit der Gefahr sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann. Kollidiert er beim rückwärtigen Ausparken mit einem anderen Fahrzeug, spricht ein Anscheinsbeweis für sein Verschulden, wenn ihm der Nachweis nicht gelingt, dass er vorkollisionär angehalten hat.

Haftungsverteilung bei Kollision eines auf die Fahrbahn einbiegenden Pkw mit einem Pkw des fließenden Verkehrs
OLG Saarbrücken
Ist für einen objektiven Verkehrsteilnehmer davon auszugehen, dass es sich bei einer Einmündung um eine Grundstückszufahrt und nicht um eine normale öffentliche Straße handelt, weil die Zuwegung lediglich zwei Wohnhäuser mit insgesamt acht Wohnungen erschließt und von der Fahrbahn durch einen abgesenkten Bordstein und eine durchlaufende Abwasserrinne getrennt ist, so gilt § 10 StVO. Dies hat zur Folge, dass den Einfahrenden gesteigerte Sorgfaltsanforderungen treffen. Wenn der Vorfahrtsberechtigte davon ausgehen muss, dass sein Vorfahrtsrecht von anderen Verkehrsteilnehmer aufgrund der örtlichen Gegebenheiten möglicherweise nicht erkannt wird, haftet er im Falle einer Kollision mit einem Mithaftungsanteil von 1/2.

Die BVSK-Honorartabelle kann grundsätzlich als Schätzgrundlage zur Ermittlung des üblichen Sachverständigenhonorars herangezogen werden
LG Fulda
1. Kosten für ein privates Sachverständigengutachten sind zu ersetzen, soweit sie nicht für den Geschädigten erkennbar über dem ortsüblichen Honorar für Sachverständige liegen.
2. Die BVSK-Honorartabelle kann grundsätzlich als Schätzgrundlage zur Ermittlung des üblichen Sachverständigenhonorars herangezogen werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn vom Schädiger konkret dargelegt wird, dass die Umfrage die Abrechnungspraxis im Bezirk des eingeschalteten Sachverständigen nicht zutreffend wiedergibt bzw. wenn dies gerichtsbekannt ist.
3. Zu den Anforderungen an die Darlegung durch den Schädiger zur Erkennbarkeit einer etwaigen Überhöhung für den Dritten.

Zur Höhe des Schmerzensgeldes bei einer vorbestehenden Schädigung
KG Berlin
Führt ein Verkehrsunfall bei einer vorbestehenden Schadensanfälligkeit wegen ein Os Odontoideum zu einer Instabilität der Halswirbelsäule, die durch das dauerhafte Einsetzen einer Platte operativ behandelt werden muss, kann bei einem zum Unfallzeitpunkt 28jährigen Mann ein Schmerzensgeld von 30.000 EUR gerechtfertigt sein, wenn eine Nachfolgeoperation wegen eines Plattenbruchs erforderlich war und eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit von 20% bei einer weitergehenden Einschränkung der Lebensqualität gegeben ist.

Ersatz der Reinigungskosten wegen Ölverschmutzung einer Autobahn
LG Heidelberg
Ist nach einem Motorschaden eines Pkw Motoröl ausgelaufen und hat sich dieses über den Standstreifen sowie einen Teil der rechten Fahrspur einer Autobahn ergossen, so steht dem geschädigtem Träger der Straßenbaulast ein Anspruch auf Ersatz der Reinigungskosten zur Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße zu. Hierbei kann das Nassreinigungsverfahren erforderlich sein, wenn der Straßenbelag mit einer rauen bzw. sehr rauen Deckschicht versehen ist, bei der eine Trockenreinigung in der Regel nicht ausreichend ist, um wieder die notwendige Verkehrssicherheit herzustellen. Die zuständige Behörde ist nach einer Verunreinigung gehalten, die Fahrbahn baldmöglichst wieder in einen sicheren Zustand zu versetzen. Den Bediensteten, die hierfür zuständig sind, muss insoweit ein erheblicher Entscheidungsspielraum zugebilligt werden. Der Einsatz von drei Einsatzkräften kann erforderlich sein. Kosten der Reinigungsmaschine von 237 Euro pro Stunde und des Reinigungssystems von 210 Euro pro Stunde übersteigen den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag nicht.

Ein bedingungsgemäßes Einbrechen in ein Kfz liegt bei einem durch einen Störsender verhinderten Verschluss der Fahrzeugtüren nicht vor
LG Berlin
1. Gelangen unbefugte Dritte durch die unverschlossenen Fahrzeugtüren in das Fahrzeug, liegt kein Einbrechen im Sinne der ABEH 2007 vor.
2. Ein Einbrechen liegt auch dann nicht vor, wenn die Dritten durch einen Störsender („Jamming") den Verschluss der Fahrzeugtüren verhindern, ohne dass der Versicherungsnehmer dies bemerkt.

Kein Versicherungsschutz für Gespannschaden ohne Außeneinwirkung in der Kaskoversicherung
BGH
Gezogenes Fahrzeug i.S.v. A.2.3.2 AKB ist auch ein Anhänger.

Sturz eines Rollerfahrers beim Überholtwerden durch einen Lkw
OLG Koblenz
Stürzt ein Rollerfahrer beim Überholtwerden durch einen Lkw, so ist für eine Haftung aus § 7 StVG erforderlich, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Lkw zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen haben. Allein die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Fahrzeugs an der Unfallstelle rechtfertigt noch nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Vielmehr muss der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder bestimmten Betriebseinrichtungen des Lkw gestanden haben.

Haftungsverteilung bei Kollision eines überholenden mit einem entgegenkommenden Fahrzeug
OLG Köln
Bei einer Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug des Gegenverkehrs nach einem Überholvorgang trifft den Überholer grundsätzlich die überwiegende Haftung, da er gegen die Garantiepflicht des § 5 Abs. 1 S.1 StVO verstoßen hat, eine Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Die Verletzung einer Garantiepflicht stellt einen besonders schwerwiegenden, die Betriebsgefahr erheblich erhöhenden, Verkehrsverstoß dar, der regelmäßig zur Alleinhaftung führt. Eine Mithaftung des Unfallgegners kommt allerdings in Betracht, wenn die Betriebsgefahr des von ihm geführten Kraftfahrzeuges durch eine eigene Sorgfaltspflichtverletzung oder einen sonstigen gefahrträchtigen Fahrvorgang ebenfalls erhöht ist. So ist es hier. Eine Mithaftung des entgegen kommenden Fahrzeugs kommt allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr in Betracht, wenn es sich auf das Verhalten des überholenden Fahrzeugs hätte einstellen können.

Volle Haftung des die Autotür unachtsam öffnenden Autofahrers
LG Stuttgart
Öffnet der Fahrer eines am rechten Fahrbahnrand geparkten Fahrzeugs unachtsam die Autotür in den Verkehrsraum des fließenden Verkehrs hinein, dann begründet das ein erhebliches Verschulden, hinter dem die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeugs im fließenden Verkehr regelmäßig zurücktritt.

Anforderungen an den Nachweis eines manipulierten bzw. gestellten Verkehrsunfalls
OLG Köln
In der Regel hängt der Nachweis des Schadensereignisses entscheidend von der Glaubhaftigkeit der Schilderung des Unfallgeschehens durch die Unfallbeteiligten ab, an deren Glaubwürdigkeit das Gericht gewöhnlich nur dann zweifeln wird, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Allerdings können solche hinreichend konkreten Anhaltspunkte im Einzelfall auch Umstände sein, die Beweisanzeichen (Indizien) dafür sind, dass der Geschädigte mit einer Schädigung einverstanden war. Deshalb kommt es in solchen Fällen auch ganz maßgeblich nicht nur auf die jeweils geschilderten Einzelheiten (bzw. Ungereimtheiten) zum Kerngeschehen, sondern auch und vor allem auf solche zum Randgeschehen an. Von einem manipulierten Verkehrsunfall ist unter anderem auszugehen, wenn die Schäden am klägerischen Fahrzeug sich mit den behaupteten bloß einaktigen Streifvorgang und auch weiteren gutachterlichen Feststellung nicht in Einklang bringen lassen.

Haftungsverteilung bei Kollision zweier Fahrzeuge bei einem Spurwechsel
OLG München
Steht fest, dass ein Unfallbeteiligter unmittelbar vor der Kollision mit einem anderen Fahrzeug den Fahrstreifen gewechselt hat, ohne die hierbei erforderliche Sorgfalt zu beachten, so trifft ihn die alleinige Haftung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die ursprüngliche Unfalldarstellung, wonach der Fahrstreifenwechsler zunächst einen Schlag an seinem Pkw hinten rechts verspürt haben und dadurch nach rechts ins "Schlingern" oder "Schlenkern" geraten sein will, durch das Ergebnis einer umfangreichen Beweisaufnahme widerlegt ist.

Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall in einer Tiefgarage
LG Heidelberg
Auf dem Privatgelände einer Tiefgarage mit Stellplätzen sind - anders als bei öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen - die Vorschriften der StVO grundsätzlich nicht anwendbar. Jedoch trifft die Verkehrsteilnehmer die Pflicht zur gesteigerten Rücksichtnahme. Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort rückwärts Ausparkende nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. Daher sind die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten erhöht. Wenn sowohl der rückwärts aus einem Stellplatz Herausfahrende als auch der die Parkplatzfahrbahn befahrende Fahrzeugführer ihre Rücksichtnahmepflicht verletzt haben, kann eine Haftungsverteilung im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 angemessen sein.

Zum Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität
OLG Hamm
1. Ist im Rahmen der Haftung gemäß §§ 7, 18 StVG der äußere Tatbestand der Rechtsgutverletzung (hier: Kollision zwischen 2 PKW) nach dem für die haftungsbegründende Kausalität geforderten Maßstab des § 286 ZPO vom Geschädigten bewiesen, steht (lediglich) haftungsbegründend fest, dass ihm dadurch ein (kollisionsbedingter) Schaden entstanden ist.
2. Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität muss jedoch sodann vom Geschädigten dargelegt und bewiesen werden, dass die von ihm konkret ersetzt verlangten Schäden in ihrer Gesamtheit oder zumindest ein abgrenzbarer Teil hiervon mit überwiegender Wahrscheinlichkeit iSd § 287 ZPO bei dem Unfall entstanden sind. Gelingt der Beweis nicht (sog. "So-Nicht-Unfall" bezogen auf den Schadensumfang), bleibt die Schadensersatzklage ohne Erfolg.

Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage; Mutwilligkeit nach § 114 Abs. 2 ZPO
OLG Hamm
1. Das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn der gegnerische Haftpflichtversicherer mit Wirkung für die bei ihm Versicherten die Schadensersatzpflicht für die angemeldeten und die zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden anerkannt hat und mit Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat.
2. Beruhen die Behauptungen des Klägers, durch den Unfall sei eine bestimmte Verletzung mit bestimmten Folgen eingetreten, allein auf seinen Angaben und enthalten die hierzu vorgelegten Ärztlichen Stellungnahmen keine dahingehende Aussage, verneint vielmehr die die von der Gegenseite vorgelegte und auf einer Auswertung vorhandener radiologischer Untersuchungen und der durchgeführten körperlichen Untersuchung des Geschädigten beruhende Ärztliche Stellungnahme die Unfallursächlichkeit, veranlasst das bestehende Beweisrisiko die wirtschaftlich vernünftig denkende Partei, die die Kosten des Prozesses selbst zu tragen hat, zu einer vorläufig maßvollen Bemessung des verlangten Schmerzensgeldbetrages.

Zum Nachweis einer HWS-Verletzung
AG Mannheim
1. Zur gerichtlichen Überzeugungsbildung der Unfallursächlichkeit einer HWS-Verletzung.
2. Die Unfallursächlichkeit einer HWS-Verletzung kann auch auf Zeugenaussagen gestützt werden

Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen grober Fahrlässigkeit
OLG Saarbrücken
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in Straßenverkehrsunfallsachen ist ein durch den unstreitigen oder erwiesenen Unfallhergang belegtes grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers grundsätzlich als erhöhender Faktor zu berücksichtigen.

Haftung bei Beschädigung eines anderen Fahrzeugs durch Fahrzeugbrand eines abgestellten Pkw
OLG Karlsruhe
Wird ein Fahrzeugbrand bei einem abgestellten Pkw durch einen technischen Defekt ausgelöst, ist der Brand "bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs" entstanden. Der Halter haftet daher nach dem StVG für den Schaden, der einem Dritten durch den Brand entsteht. Die Voraussetzungen für eine Haftung sind nicht nur dann erfüllt, wenn ein Schaden im Zusammenhang mit einem Transport- oder Fortbewegungsvorgang des Kraftfahrzeugs entsteht. Vielmehr reicht es aus, dass der Schaden verursacht wurde durch eine Gefahrenquelle, die mit einer bestimmten Betriebseinrichtung des Fahrzeugs zusammenhängt. Zu den Gefahrenquellen, die mit einem Kraftfahrzeug verbunden sind, gehört insbesondere die Elektrik. Ein technischer Defekt, der zu einem Kurzschluss oder zur Entstehung eines Funkens führt, wodurch sodann ein Fahrzeugbrand verursacht wird, stellt mithin ein typisches Geschehen dar, welches von der Haftungsnorm § 7 Abs. 1 StVG erfasst werden soll. Wenn bei einem abgestellten Fahrzeug durch einen technischen Defekt ein Brand entsteht, der gleichzeitig einem Dritten einen Schaden zufügt, liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG vor.

Anforderungen an das Beweismaß hinsichtlich der Geltendmachung von Schäden in der Fahrzeugvollversicherung
OLG München
Steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund einer durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass ein behaupteter Verkehrsunfall tatsächlich stattgefunden hat, die Angaben der Zeugen zum Unfallhergang insoweit glaubhaft und die Zeugen glaubwürdig waren und dass aufgrund der Angaben eines Sachverständigen bei Unterstellung dieser glaubhaften Angaben die behaupteten Unfallschäden vorstellbar sind, so ist die Schlussfolgerung, der Kläger habe die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für den behaupteten Unfall nicht nachgewiesen, nicht zutreffend. Eine solche erheblich fehlerhafte Beweiswürdigung stellt einen Verfahrensverstoß dar, der zur Zurückweisung berechtigt. Der durch die Zurückverweisung entstehende grundsätzliche Nachteil der Prozessverzögerung muss hingenommen werden, wenn es darum geht, dass den Parteien die gesetzlich zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge voll erhalten bleiben.

Zur Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltskosten des Geschädigten durch den Unfallverursacher
AG Rendsburg
1. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten werden dann nicht erstattet, wenn ein einfach gelagerter Sachverhalt vorliegt und die Haftung nach Grund und Höhe völlig klar ist.
2. Ein einfach gelagerter Sachverhalt liegt nicht vor, wenn es sich um einen Kettenauffahrunfall handelt, der Fahrzeugschaden des Geschädigten mehr als 10.000 EUR beträgt und ein Mietfahrzeug in Anspruch genommen werden musste.

Keine grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles durch Belassen von Zweitschlüsseln und Fahrzeugpapieren im Kfz
OLG Karlsruhe
Durch das Aufbewahren von Zweitschlüsseln und Fahrzeugschein im Handschuhfach und des Fahrzeugbriefes in einem Umzugskarton im Kofferraum des Fahrzeuges ist der Diebstahl des Kfz weder grobfahrlässig herbeigeführt noch ist hierin eine Gefahrerhöhung zu sehen.

Sturmschaden in der Teilkaskoversicherung
Amtsgericht Bremen
1. Die Unmittelbarkeit als Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch aus der Teilkaskoversicherung aus Sturmschaden im Sinne des A2.2.3 AKB 2008 erfordert eine tatsächliche Zwangsläufigkeit der sich der Geschädigte nicht mehr entziehen kann.
2. Auch die Erweiterung in Satz 3 dieser Regelung erfordert, dass noch die „Naturgewalt" selbst die unmittelbar und weiterhin treibende Kraft für einen schädigenden Gegenstand gewesen sein muss („geworfen").

Kein Versicherungsschutz in der Kaskoversicherung bei Wasserstau auf Pkw und abspritzendem Regenwasser
OLG Hamm
1. Die durch Niederschlags- und Spritzwasser bedingte Durchnässung oder Überflutung der Fahrzeugoberfläche mit der Folge mit Nässeschäden am und im Fahrzeug stellt keine Überschwemmung im Sinne der Klausel A.2.2 AKB dar. Eine Überschwemmung setzt voraus, dass das Wasser sein natürliches Bett oder technisch vorgesehenen Abflüsse verlässt und sich irregulär auf dem Gelände staut.
2. Von einer Hauswand abspritzendes Regenwasser ist nicht als Gegenstand anzusehen, der vom Sturm geworfen wird, weil Niederschlagswasser nicht abgegrenzt ist und somit nicht geworfen werden kann.

Sturz beim Anschieben eines stehengebliebenen Fahrzeugs
OLG Düsseldorf
1. Wer ein an einer vereisten Steigung stehen gebliebenes Fahrzeug anzuschieben versucht und sich dabei stürzend verletzt, handelt beim Betrieb des Fahrzeuges im Sinne des § 8 Nr. 2 StVG, sodass eine Haftung des Halters ausgeschlossen ist.
2. Ein Schadenersatzanspruch aus §§ 670, 683 BGB (analog) kann daran scheitert, dass der Geschädigte mit den konkreten Art der Hilfeleistung eine nicht im Interesse des Geschäftsherrn liegende Eigengefährdung eingegangen ist, die sich in dem Schadensereignis realisiert hat.

Kollision zwischen abbiegendem und alkoholisiertem Überholer
OLG Münche
Ist ein Fahrfehler oder Rechtsverstoß des Fahrers nicht erweislich, kann dessen Alkoholisierung (im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit) keine Anscheinsbeweislage für die Unfallursächlichkeit der Trunkenheit liefern.

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage
OLG Koblenz
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage entfällt, wenn der Haftpflichtversicherer dem Geschädigten mitteilt, künftige ereignisbedingte materielle Ansprüche blieben ebenso vorbehalten, wie künftige ereignisbedingte immaterielle Ansprüche für den Fall einer nicht vorhersehbaren wesentlichen Verschlechterung im Sinne der BGH-Rechtsprechung; diesen Erklärungen kommt die Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils zu.

Aktivlegitimation nach Zahlungen des Kaskoversicherers nach Rechtshängigkeit
OLG Karlsruhe
1. Zur Frage der Aktivlegitimation des Unfallgeschädigten nach erfolgten (Teil-) Zahlungen seines Kaskoversicherers nach Anhängigkeit einer Schadenersatzklage gegen den Unfallschädiger einerseits bzw. Rechtshängigkeit der Klage andererseits.
2. Zahlt der Kaskoversicherer nach Anhängigkeit der Schadensersatzklage des Versicherungsnehmers gegen den Unfallschädiger die Kaskoentschädigung an den Versicherungsnehmer, so entfällt infolge Forderungsübergang auf den Versicherer die Aktivlegitimation des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsnehmer muss den Prozess in gesetzlicher Prozessstandschaft fortführen, d.h. seine Klage gegen den Unfallschädiger auf Zahlung an den Versicherer umstellen.
3. Führt der Versicherungsnehme den Prozess nicht in gesetzlicher Prozessstandschaft für den Versicherer fort, sondern erklärt diesen in dem Rechtsstreit für erledigt, so ist seine Klage abzuweisen.

Zulässige Weitergabe von Gutachten durch Kfz-Haftpflichtversicherer
OLG Oldenburg
Hat eine Haftpflichtversicherung im Rahmen der Abwicklung eines Verkehrsunfalls personenbezogene Daten eines Anspruchstellers an ein drittes Unternehmen zwecks Prüfung eines eingereichten Schadengutachtens/Kostenvoranschlags weitergeleitet, so kann der Anspruchsteller nicht gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 BGB die Unterlassung der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten verlangen. Denn unabhängig von der Frage, ob die Weitergabe der Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz rechtmäßig war, fehlt es an einer Wiederholungsgefahr im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil die Weitergabe der Daten nur der der Abwicklung eines einmaligen Unfallereignisses diente.

Kollision eines linksabbiegenden Lkw mit einer Fußgängerin
OLG Dresden
Ein Fußgänger darf bei Überquerung eines Fußgängerüberwegs bei „grün" grundsätzlich darauf vertrauen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer seinen Vorrang achten. Neben einem beiläufigen Blick bei Betreten des Überwegs muss er sich deshalb - jedenfalls nicht ohne ihn ersichtliche, sein Vertrauen zerstörende ausreichende Gefahranzeichen - darüber hinaus nicht auch während des Überquerens der Straße darüber Gewissheit verschaffen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer seinen Vorrang (auch weiterhin) respektieren.

Kein Nachweis eines Unfallhergangs durch Verwertung einer Dashcam
LG Heilbronn
Aufzeichnungen einer in einem Pkw installierten Dashcam können im Zivilprozess nicht als Beweismittel zum Hergang eines Unfalls verwertet werden.

Kollision mit einem beim Abbiegen ausschwenkenden Lkw-Auflieger
OLG Stuttgart
Kollidiert ein mit Schrittgeschwindigkeit auf dem rechten Fahrstreifen vorbeifahrender Lkw mit dem ausschwenkenden Auflieger eines zum linksabbiegen ansetzenden Lkw`s kann diese die volle Haftung treffen.

 

Schockschaden durch Unfalltod naher Angehöriger
BGH
Bei der Beurteilung der Frage, ob psychische Beeinträchtigungen infolge des Unfalltodes naher Angehöriger eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, kommt dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, ob die Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des "Schockgeschädigten" an dem Unfall oder das Miterleben des Unfalls zurückzuführen oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind.

Keine Haftung des Unfallverursachers bei unfallbedingter Sperrung eines Teilstücks der Autobahn für Gewinnendgang einer außerhalb des Sperrbereichs liegenden Autobahnraststätte
BGH
1. Eine Sache ist dann „beschädigt" im Sinne des § 7 StVG, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder wenn ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die Sachsubstanz vorliegt. Eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit einer Sache zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung liegt nicht schon dann vor, wenn nur der tatsächliche Bedarf für die entsprechende Verwendung eingeschränkt wird.
2. Soweit Vorschriften der StVO nach ihrem Sinn und Zweck den Straßenverkehr selbst vor Störungen schützen wollen, dienen sie dem öffentlichen Interesse und nicht auch den Vermögensinteressen derjenigen, die von einer Verkehrsstörung und der daraus folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit der Straße besonders betroffen sind.
3. Soll der berechtigte Besitz an einer Sache dazu dienen, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen, so stellt es eine Rechtsgutverletzung im Sinne des § 823 Abs.1 BGB dar, wenn der Besitzer eben an dieser Nutzung durch einen rechtswidrigen Eingriff in relevanter Weise gehindert wird. Voraussetzung ist freilich stets, dass die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat.

Zur Ermittlung der erforderlichen Kosten für die Beseitigung von Fahrbahnverschmutzungen ("Ölspur"), wenn der Geschädigte bei der Schadensbeseitigung durch eine Fachbehörde handelt
BGH
1. Verlangt die Bundesrepublik Deutschland von einer Kfz-Haftpflichtversicherung Ersatz der Kosten für die Beseitigung einer durch einen versicherten Lkw auf der Standspur einer Bundesautobahn verursachten Ölspur, die von einem zertifizierten Reinigungs- und Entsorgungsunternehmen, das von der zuständigen Straßenmeisterei beauftragt worden war, beseitigt worden war, so ist der Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr 1 VVG begründet.
2. Die Möglichkeit des öffentlich-rechtlichen Kostenersatzes nach § 7 Abs. 3 FStrG schließt zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 Abs. 1 StVG oder § 823 Abs. 1 BGB nicht aus.
3. Die Bemessung der Schadenshöhe erfolgt durch den Tatrichter nach § 287 ZPO.
4. Der Geschädigte, der die Beseitigung des ihm entstandenen Schadens durch eine mit technischen Fachleuten besetzte Fachbehörde, die ständig mit derartigen Schadensfällen konfrontiert ist, veranlasst, kann im Rahmen einer subjektbezogenen Schadensbetrachtung bei fehlender Preisvereinbarung Ersatz nur solcher Schadensbeseitigungskosten verlangen, die den Voraussetzungen des § 632 Abs. 2 BGB entsprechen. Üblich im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB ist die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung bzw. fester Übung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt. Vergleichsmaßstab sind Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs. Die Anerkennung der Üblichkeit setzt gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus. Eine branchenübliche Vergütung entspricht nicht zwingend der ortsüblichen Vergütung. Der genannte Maßstab ist ein rein tatsächlicher und als solcher vom Tatrichter festzustellen.

Erstattung der nach einem Unfall entstandenen Straßenreinigungskosten
VG Aachen
1. Es steht der Anwendung des § 17 Abs. 1 StrWG NRW nicht entgegen, dass § 41 FSHG NRW für Pflichteinsätze der Feuerwehr eine besondere Kostenerstattungsregelung vorsieht.
2. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen, bei dessen Ausübung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne zu beachten ist, ob und welche Maßnahmen die Straßenbehörde zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit einer Straße ergreift.
3. Eine erfolgte Nassreinigung der Fahrbahn ist erforderlich, wenn andere, weniger beeinträchtigende, gleichermaßen effektive Mittel zur Gefahrenabwehr nicht zur Verfügung stehen

Falsche Angaben zum Alkoholkonsum - Sohn als Wissenserklärungsvertreter
OLG Köln
Das Verschweigen eines Nachtrunks stellt eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar. Die Zurechnung des Verhaltens eines Sohnes als Wissenserklärungsvertreter setzt nicht voraus, dass dieser die Versicherungsangelegenheiten des Vaters regelmäßig erledigt.

Anspruch gegen die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung auf Unterlassung der Weitergabe eines privaten Sachverständigengutachtens an Dritte zur Überprüfung
OLG Oldenburg
Hat eine Haftpflichtversicherung im Rahmen der Abwicklung eines Verkehrsunfalls personenbezogene Daten eines Anspruchstellers an ein drittes Unternehmen zwecks Prüfung eines eingereichten Schadensgutachtens/Kostenvoranschlags weitergeleitet, so kann der Anspruchsteller nicht gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB die Unterlassung der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten verlangen. Denn unabhängig von der Frage, ob die Weitergabe der Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz rechtmäßig war, fehlt es an einer Wiederholungsgefahr im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil die Weitergabe der Daten nur der Abwicklung eines einmaligen Unfallereignisses diente.

Schadenersatz nach Verkehrsunfall: Voraussetzungen eines manipulierten Unfalls
OLG Braunschweig
1. Eine besonders typische Gestaltung eines Unfallgeschehens kann dazu führen, dass es Sache des Geschädigten ist, den gegen ihn sprechenden Anschein der Manipulation, einer bewussten Herbeiführung des Schadensereignisses zum Nachteil einer Versicherung, zu entkräften. Trotz einzelner Lücken kann die Häufung von Beweisanzeichen die Überzeugung vermitteln, dass der Unfall verabredet gewesen sein muss.
2. Dass entweder keine Zeugen vorhanden sind oder aber die Existenz von Zeugen behauptet wird, die weder benannt werden können noch am Unfallort von der Polizei angetroffen worden sind, stellt ein Indiz für einen gestellten Unfall dar.
4. Vorschäden, die dem Sachverständigen nicht oder nicht vollständig angegeben werden, sind typisch bei einem gestellten Unfall.
5. Dass ein Zeuge nach der Feststellung des Sachverständigen mehrfach gegen die Seitenwand eines Fahrzeugs gefahren sein muss, verträgt sich nicht mit dessen Angabe, infolge von Krankheit die Kontrolle über seinen PKW verloren zu haben.

Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren nach einem Verkehrsunfall
OLG Frankfurt
1. Rechtsanwaltsgebühren gegenüber der Vollkaskoversicherung: Abgrenzung zum einfachen Fall.
2. Rechtsanwaltsgebühren für Tätigkeit gegenüber der Rechtsschutzversicherung.
3. Verzug des Unfallgegners ist nicht Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit.
4. Die Kosten eines verlorenen Prozesses gegenüber dem Mietwagenunternehmen stellen trotz Unübersichtlichkeit der Rechtsprechung keine vom Unfallgegner zu ersetzende Schadensposition dar.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Radfahrers mit einem Fahrgast, der gerade einen Bus verlassen hat
KG Berlin
Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf nach § 20 Abs. 2 StVO rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbei gefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten. Die Vorschrift ist dann ebenso anzuwenden, wenn Fahrgäste beim Verlassen öffentlicher Verkehrsmittel zunächst einen Bürgersteig erreichen und erst anschließend einen Radweg passieren. Kollidiert ein Radfahrer auf einem gekennzeichneten Radweg, der rechts an einer Haltestelle des Linienverkehrs vorbeiführt und für die Fahrgäste einen für sie reservierten Bereich von bis zu 3 m vorsieht, mit einem Fahrgast, der gerade einen haltenden Bus verlassen hat, kommt wegen des Verstoßes gegen § 20 Abs. 2 StVO eine Haftungsverteilung von 80% zu Lasten des Radfahrers in Betracht.

Regress eines Kraftfahrthaftpflichtversicherers: Herbeiführen des Versicherungsfalls durch Alkoholmissbrauch; Nachtrunk als Obliegenheitspflichtverletzung nach dem Versicherungsfall
OLG Frankfurt
1. Behauptet ein Versicherungsnehmer einen Nachtrunk, so liegt hierin eine Obliegenheitsverletzung, wenn polizeiliche Ermittlungen zu erwarten sind.
2. Hat ein Versicherungsnehmer seine Obliegenheiten sowohl vor dem Versicherungsfall (hier: Fahren in absolut fahruntüchtigem Zustand) als auch nach dem Versicherungsfall verletzt, ist der Versicherer in doppelter Hinsicht leistungsfrei und kann den gesamten eingeklagten Betrag vom Versicherungsnehmer im Wege des Regresses verlangen.

Kfz-Versicherer muss gutachterliche Kenntnisse über Vorschaden an Versicherungsnehmer weitergeben
AG Gütersloh
Dem Eigentümer eines durch Hagelschlag beschädigten Wohnwagens hat im Zusammenhang mit seinem Regulierungsverlangen gegenüber dem Kfz-Versicherer nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Einsichtnahme in ein vom Versicherer des Vorbesitzers in Auftrag gegebenes Schadensgutachten. Dies gilt insbesondere, wenn der Versicherer dem Anspruchssteller das Ergebnis des Gutachtens entgegenhält, um diesen Aufzufordern Reparaturnachweise eines ihm bis dahin unbekannten Vorschadens beizubringen und sich so einer Regulierung entziehen will. In einem solchen Fall überwiegt auch dann das Informationsinteresse des Versicherungsnehmers, wenn der Versicherung das Gutachten mit der Maßgabe überlassen wurde, dieses vertraulich bei den Unterlagen zu belassen.

Regresspflicht nach Verkehrsunfall als Arbeitsunfall durch Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
OLG Naumburg
Ein unfallversicherter Arbeitskollege haftet den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, sofern er den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, allerdings nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Der Unfallversicherungsschutz geht allerdings nicht deshalb verloren, weil sich der Arbeitnehmer zur Heimfahrt von einer auswärtigen Baustelle als Beifahrer in das vom erkennbar angetrunkenen und bekanntermaßen nicht über eine Fahrerlaubnis verfügenden Arbeitskollegen geführte Firmenfahrzeug begibt. Das daraus folgende Mitverschulden des Versicherten mindert den Regressanspruch des Unfallversicherungsträgers, da der Regressanspruch auf den Betrag begrenzt ist, den die Schädiger zivilrechtlich hätten leisten müssen.

Keine verschuldensunabhängige Haftung des Fahrers eines elektrischen Krankenfahrstuhls
OLG Frankfurt am Main
Der Fahrer eines elektrischen Krankenfahrstuhls haftet im Falle einer Kollision mit einem Fußgänger in einer Fußgängerzone nur verschuldensabhängig, nicht aber verschuldensunabhängig gem. § 7 Abs. 1 StVG. Denn mit einem Krankenfahrstuhl kann eine höhere Geschwindigkeit als 20 km/h nicht erreicht werden. Hat der Fahrer unwidersprochen vorgetragen, mit seinem Rollstuhl bauartbedingt nicht schneller als 6 km/h fahren zu können, so ist davon auszugehen, dass er mit seinem Krankenfahrstuhl nur Schrittgeschwindigkeit fahren konnte. Ein Verstoß gegen § 24 Abs. 2 StVO ist mithin ausgeschlossen.

Abwägung wechselseitiger Verursachungsbeiträge bei Kollision zweier rückwärtsfahrender Fahrzeuge in Parkhaus
LG Heidelberg
Auch in Parkhäuser und öffentlichen Tiefgaragen sind die Verhaltensvorschriften der StVO anwendbar. Demgemäß trifft den rückwärts Fahrenden auch auf Parkplätzen eine vergleichsweise höhere Sorgfaltspflicht. Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge zweier kollidierender Fahrzeuge in einem Parkhaus, die, um in ihre jeweiligen Parklücken zu fahren, jeweils ein Stück rückwärts gefahren sind, kann zu einer überwiegenden Haftung des einen Fahrzeugführers führen. Pfeilmarkierungen in Parkhäusern beinhalten das Gebot, den Durchfahrtsweg bei der Suche nach einem Parkplatz lediglich in Pfeilrichtung zu befahren. Diesem Gebot handelt zwar auch derjenige Fahrzeugführer zuwider, der entgegen der Pfeilrichtung eine größere Wegstrecke rückwärtsfährt als zum Rangieren beim Ein- oder Ausparken erforderlich wäre. Kollidieren die Fahrzeuge, weil der rückwärts Fahrende durch eingeschränkte Sichtverhältnisse ein gegen die Pfeilrichtung ebenfalls rückwärtsfahrendes Fahrzeug nicht gesehen hat, so ist eine Haftungsverteilung zu Lasten des die Pfeilrichtung missachtenden Fahrers nicht zu beanstanden.

Zur Kürzung des Schmerzensgeldanspruchs bei Vorschädigung
OLG Hamm
Eine Vorschädigung führt nicht in jedem Fall zur Kürzung des Schmerzensgeldanspruchs. Ob und gegebenenfalls in welchem Maße eine Vorschädigung den Anspruch mindert, ist eine Frage des Einzelfalls. Dabei darf nicht allein im Wege einer Zukunftsprognose darauf abgestellt werden, ob sich der Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt auch ohne den Unfall verschlechtert hätte (hier: Einbau einer Kniegelenksendoprothese unfallunabhängig 2-3 Jahre später wegen Arthrose). Von wesentlicher Bedeutung ist vielmehr, ob der Verletzte vor dem Unfall trotz der Vorschädigung beschwerdefrei war.

Unfall beim Rangieren mit Traktor auf einem Bauernhof kann unter die Versicherungspflicht nach Richtlinie72/166/EWG fallen
EuGH
Artikel 3 Abs. 1 Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24.04.1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass der darin enthaltene Begriff der „Benutzung eines Fahrzeugs" jede Benutzung eines Fahrzeugs umfasst, die dessen gewöhnlicher Funktion entspricht. Ein Manöver wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das ein Traktor im Hof eines Bauernhofs ausführt, um seinen Anhänger in eine Scheune zu fahren, könnte somit unter diesen Begriff fallen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Mitarbeiter des Versicherers ist kein Sachverständiger im Sachverständigenverfahren
BGH
Der Leiter einer Sachverständigenabteilung ist als Mitarbeiter des Versicherers nicht Sachverständiger im Sinne von A.2.18.2 AKB. Mit dem Zweck eines Sachverständigenverfahrens, die Schadenregulierung möglichst rasch mit sachverständiger Hilfe zu erledigen, um einen möglicherweise langwierigen und kostspieligen Streit vor Gericht zu vermeiden, ist es unvereinbar, dass der Versicherer oder der Versicherungsnehmer einen Mitarbeiter benennt. Für den Versicherungsnehmer erkennbar soll durch die Beteiligung von Sachverständigen eine dritte, durch Sachkunde ausgewiesene Meinung, jenseits der Ansichten der Parteien, den Schaden bewerten. Das Ziel, die Hinzuziehung eines sach- und fachkundigen Dritten, wird durch die Auswahl eines Mitarbeiters einer Partei als Sachverständigen nicht erreicht.

Haftung für Einnahmeausfälle einer Autobahnrastanlage infolge einer unfallbedingten Sperrung der Autobahn: Begriff der Beschädigung nach verkehrsrechtlicher Gefährdungshaftung; Vorschriften der StVO mit Schutzgesetzcharakter; Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Sache des berechtigten Besitzers
BGH
1. Eine Sache ist dann "beschädigt" im Sinne des § 7 StVG, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder wenn ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die Sachsubstanz vorliegt. Eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit einer Sache zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung liegt nicht schon dann vor, wenn nur der tatsächliche Bedarf für die entsprechende Verwendung eingeschränkt wird.
2. Soweit Vorschriften der StVO nach ihrem Sinn und Zweck den Straßenverkehr selbst vor Störungen schützen wollen, dienen sie dem öffentlichen Interesse und nicht auch den Vermögensinteressen derjenigen, die von einer Verkehrsstörung und der daraus folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit der Straße besonders betroffen sind.
3. Soll der berechtigte Besitz an einer Sache dazu dienen, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen, so stellt es eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn der Besitzer an eben dieser Nutzung durch einen rechtswidrigen Eingriff in relevanter Weise gehindert wird. Voraussetzung ist freilich stets, dass die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat.

Haftungsverteilung bei Kollision eines vorfahrtberechtigten mit einem wartepflichtigen Fahrzeug
OLG München
Kommt es zu einer Kollision eines bevorrechtigten mit einem von rechts auf die Vorfahrtstraße einbiegenden wartepflichtigen Fahrzeug, so trägt das vorfahrtberechtigte Fahrzeug eine Mithaftung von 25 %, wenn es zwei vor ihm nach rechts abbiegende Fahrzeuge unter Überfahren einer durchgezogenen weißen Fahrbahnbegrenzungslinie überholt hat. Erwiesenes Mitverschulden muss in einem solchen Fall berücksichtigt werden. Auch der Vorfahrtsberechtigte hat sich rechtmäßig zu verhalten und darf sein Vorfahrtsrecht nicht erzwingen. Daher ist es von Bedeutung, dass der Vorfahrtsberechtigte gerade nicht "zufällig" gehandelt hat, sondern bewusst und gewollt, also vorsätzlich gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat.

Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall im Kreuzungsbereich mit Beteiligung eines "unechten" Kreuzungsräumers
LG Aachen
Nach dem im Straßenverkehrsrecht gültigen Vertrauensgrundsatz muss ein Kraftfahrer, der bei grüner Ampelschaltung in eine Kreuzung fährt, nicht damit rechnen, dass andere Fahrzeuge unerlaubterweise seitlich ebenfalls in die Kreuzung einfahren. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem Fahrzeug, mit dem es zu einer Kollision gekommen ist, um keinen sog. "echten Kreuzungsräumer" handelt. Ein Kreuzungsräumer, der bis zum Ende seiner Grünphase die Kreuzung aufgrund von Gegenverkehr nicht verlassen konnte, hat die Pflicht die Kreuzung alsbald zu räumen. Befindet sich das Fahrzeug allerdings noch nicht im eigentlichen Kreuzungsbereich innerhalb der von den Fluchtlinien der Fahrbahnränder eingegrenzten Fläche, so gilt die normale Vorfahrt des Querverkehrs weiter und der als "unechter" Kreuzungsräumer bezeichnete Kraftfahrer muss diesen passieren lassen, bevor er seinen Abbiegevorgang tätigt.

Keine Berücksichtigung von Restwertangeboten aus Online-Börsen
LG Köln
Der von einem Geschädigten eines Verkehrsunfalls mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung beauftragte Sachverständige hat als geeignete Schätzungsgrundlage für den Restwert im Regelfall drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln und diese in seinem Gutachten konkret zu benennen. Abzustellen ist allein auf den regional zugänglichen allgemeinen Markt für das unfallbeschädigte Kraftfahrzeug. Restwertangebote aus Online-Börsen muss der Sachverständige nicht berücksichtigen, da dies auch der Fahrzeugeigentümer nicht tun muss. Der Geschädigte darf sich auf die ordnungsgemäße Berechnung des Restwerts durch einen von ihm beauftragten Sachverständigen verlassen. Eine Pflicht zur Vorlage des Restwertgutachtens an den Schädiger besteht nicht und ist auch nicht erforderlich. Die Annahme einer Pflicht zur Vorlage des Restwertgutachtens an den Schädiger führt zu einer Verzögerung der Schadensregulierung, die überdies weitere Kosten - etwa für einen erforderlichen Mietwagen - verursacht.

Alleinige Haftung bei alkoholbedingt verursachtem Verkehrsunfall
AG Köln
Die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall richtet sich insbesondere danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. War der Fahrer eines Fahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,33 Promille im Zeitpunkt des Unfalls absolut fahruntauglich und hat er in diesem Zustand den Fahrradschutzstreifen jenseits der unterbrochenen Leitlinie am rechten Fahrbahnrand befahren, so treten die einfache Betriebsgefahr und der Parkverstoß des Unfallgegners hinter die groben Verkehrsverstöße des Unfallverursachers und dessen Betriebsgefahr zurück, so dass eine Alleinhaftung des alkoholisierten Fahrers gegeben ist.

Haftung bei einer Kollision im Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel
OLG München
Der Anscheinsbeweis spricht für ein Wechselverschulden, wenn sich eine Kollision zweier Fahrzeuge in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel des vorausfahrenden Kraftfahrers ereignet, wobei der zeitliche Zusammenhang zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem das von hinten aufkommende Fahrzeug als erheblich schneller fahrend für den Spurwechsler erkennbar wird.

Rennklausel eines Kfz-Kaskoversicherers und Fahrertraining in Form einer "Gleichmäßigkeitsprüfung"
OLG Frankfurt
Nach einer Klausel für eine Kaskoversicherung besteht kein Versicherungsschutz für Schäden, die bei Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Ein Fahrertraining in Form einer "Gleichmäßigkeitsprüfung" kann vorliegen, wenn die Fahrer die in einer Basisrunde gefahrene Zeit in drei weiteren Runden möglichst gleichmäßig wieder erreichen sollen, wobei Abweichungen nach oben und unten addiert werden. Gewinner der Gleichmäßigkeitsprüfung ist der Fahrer mit der geringsten Abweichung. Eine solche Gleichmäßigkeitsprüfung, bei der der Sieg nicht von der Erreichung einer Höchstgeschwindigkeit abhängt, ist keine vom Kaskoversicherungsschutz ausgeschlossene Fahrtveranstaltung. Der Tatbestand der Ausschlussklausel liegt dann nicht vor.

Alkoholisierung von 0,93 Promille berechtigt zur Kürzung der Kaskoentschädigung um 75%
OLG Saarbrücken
Ein Autofahrer, der mit einer Alkoholisierung von 0,93 Promille einen Unfall verursacht, ist gegenüber Kfz-Haftpflichtversicherer und Kaskoversicherer wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls und Obliegenheitsverletzung im Innenverhältnis zu 75 % verantwortlich, was zu entsprechender Leistungskürzung und gegebenenfalls einem Regressanspruch führt.

Verpflichtung zu mäßiger Geschwindigkeit vor Fußgängerüberwegen bei erkennbarem Überqueren durch Fußgänger
OLG Stuttgart
Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 StVO in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift muss ein Fahrzeug "dann" - und nur dann - mit mäßiger Geschwindigkeit an einen Fußgängerüberweg heranfahren, wenn ein Fußgänger den Überweg erkennbar benutzen will. Ein Kraftfahrer muss seine Geschwindigkeit somit erst dann verlangsamen, wenn erkennbar ist, dass ein Fußgänger den Überweg benutzen will. Vor Überquerung des Fußgängerüberwegs muss der Fußgänger sich zumindest durch einen beiläufigen Blick nach den Seiten von der Verkehrslage überzeugen, ggf. warten und darf nicht blindlings darauf vertrauen, dass sich nähernde Kraftfahrer ihren Verpflichtungen aus § 26 Abs. 1 S. 1 StVO nachkommen.

Prognose eines Verdienstausfalls unter Berücksichtigung der voraussichtlichen beruflichen Entwicklung (hier: einer Krankenschwester)
OLG Frankfurt
1. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehört gemäß § 252 S. 1 BGB auch ein Verdienstausfall der Klägerin. Dieser ist unter Heranziehung von § 252 S. 2 BGB und § 287 ZPO zu ermitteln. Ist die voraussichtliche berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen, muss der Geschädigte zwar soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dartun. Doch dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte. Soweit sich keine Anhaltspunkte ergeben, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den Schaden gemäß § 287 ZPO zu schätzen; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden.

Eingeschränkte Überprüfung der Höhe des Schmerzensgeldes in der Berufungsinstanz
OLG Frankfurt
Die Überprüfung des Schmerzensgelds in der Berufungsinstanz ist nicht auf eine Überprüfung von Rechtsfehlern beschränkt. Vielmehr hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Berufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat.

Nachweis des Schadensereignisses bei Verzicht auf eine polizeiliche Unfallaufnahme
Oberlandesgericht Saarbrücken
1. Behauptet der Anspruchsteller, sein parkendes Fahrzeug sei in seiner Abwesenheit beschädigt worden, so greift für die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO erforderliche Überzeugungsbildung hinsichtlich des vom Haftpflichtversicherer bestrittenen Lebenssachverhalts der Haftungsklage keine beweisrechtliche Privilegierung ein.
2. Dem nach seiner Behauptung unfallabwesenden Eigentümer eines geparkten Fahrzeugs dürfen aber nicht allein schon Defizite der Darstellung des behauptetermaßen anwesenden Schädigers zum Nachteil gereichen.

Haftungsquotelung bei einem Unfall mit überhöhter Geschwindigkeit sowie einem Rotlichtverstoß einerseits und einer Vorfahrtsverletzung andererseits
LG Wuppertal
Bei einem Verkehrsunfall, der dadurch zustande kommt, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug einen Rotlichtverstoß an einer Ampel begeht und dabei unter Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit weiterfährt, gleichzeitig der Beklagte einen Vorfahrtsverstoß begeht, weil er nicht solange gewartet hat, bis das bevorrechtigte Fahrzeug des Klägers passiert hat, ist eine Haftungsquotierung im Verhältnis 2/3 zu 1/3 zulasten des Beklagten sachgerecht. Die Vorfahrt des Klägers wurde nicht durch seinen mit Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durchgeführten Rotlichtverstoß aufgehoben. Der Beklagte hatte weiterhin die Pflicht, ihm die Vorfahrt zu gewähren. In die nach § 17 Abs. 1, 2 StVG vorzunehmende Abwägung insbesondere der Verursachungsbeiträge wiegt die Vorfahrtsverletzung schwerer als der dem Kläger vorzuwerfende Rotlichtverstoß im Zusammenhang mit dem Überholvorgang, da der Beklagte vor dem Einfahren noch die Möglichkeit hatte, den Kläger wahrzunehmen und den Einfahrvorgang zurückzustellen.

Anerkennung einer abstrakten Nutzungsausfallentschädigung für gewerblich genutzten Pkw
LG Düsseldorf
Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass bei dem Ausfall eines unternehmerisch genutzten Fahrzeugs der betriebliche Ablauf spürbar behindert wird. Dabei ist der Verzicht auf einen Mietwagen kein zwingendes Gegenindiz. Ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil würde nur ausscheiden, wenn der Unfallgeschädigten ein zumutbares Ersatzfahrzeug für ihren Geschäftsführer zur Verfügung gestanden hätte.

Zur Kürzung des Schmerzensgeldanspruchs bei Vorschädigung
OLG Hamm
Eine Vorschädigung führt nicht in jedem Fall zur Kürzung des Schmerzensgeldanspruchs. Ob und gegebenenfalls in welchem Maße eine Vorschädigung den Anspruch mindert, ist eine Frage des Einzelfalls. Dabei darf nicht allein im Wege einer Zukunftsprognose darauf abgestellt werden, ob sich der Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt auch ohne den Unfall verschlechtert hätte (hier: Einbau einer Kniegelenksendoprothese unfallunabhängig 2-3 Jahre später wegen Arthrose). Von wesentlicher Bedeutung ist vielmehr, ob der Verletzte vor dem Unfall trotz der Vorschädigung beschwerdefrei war.

Datenschutz für Unfallgeschädigten: Anspruch gegen die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung auf Unterlassung der Weitergabe eines privaten Sachverständigengutachtens an Dritte zur Überprüfung
LG Oldenburg
1. Gibt eine Kfz-Haftpflichtversicherung Daten des Unfallgeschädigten (hier: privates Sachverständigengutachten) an einen Dritten zur Prüfung weiter, steht dem Unfallgegner ein Unterlassungsanspruch zu, wenn die Vereinbarung der Versicherung mit dem Dritten über eine Auftragsdatenverarbeitung keine Regelungen zu Umfang, Art und Zweck der vorgesehenen Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten durch den Dritten enthält. Insofern ist die Erfüllung der Anforderungen des Katalogs nach § 11 Abs. 2 BDSG nämlich konstitutiv, d.h. ein Verstoß macht die Vereinbarung über die Auftragsdatenverarbeitung unwirksam.
2. Die Versicherung ist aber nicht für einen Anspruch auf Löschung von Daten bei dem Dritten passivlegitimiert.

Voraussetzungen eines manipulierten Unfalls
OLG Braunschweig
1. Eine besonders typische Gestaltung eines Unfallgeschehens kann dazu führen, dass es Sache des Geschädigten ist, den gegen ihn sprechenden Anschein der Manipulation, einer bewussten Herbeiführung des Schadensereignisses zum Nachteil einer Versicherung, zu entkräften. Trotz einzelner Lücken kann die Häufung von Beweisanzeichen die Überzeugung vermitteln, dass der Unfall verabredet gewesen sein muss.
2. Dass entweder keine Zeugen vorhanden sind oder aber die Existenz von Zeugen behauptet wird, die weder benannt werden können noch am Unfallort von der Polizei angetroffen worden sind, stellt ein Indiz für einen gestellten Unfall dar.
3. Vorschäden, die dem Sachverständigen nicht oder nicht vollständig angegeben werden, sind typisch bei einem gestellten Unfall.
4. Dass ein Zeuge nach der Feststellung des Sachverständigen mehrfach gegen die Seitenwand eines Fahrzeugs gefahren sein muss, verträgt sich nicht mit dessen Angabe, infolge von Krankheit die Kontrolle über seinen PKW verloren zu haben.

Angemessenheit der Gebühren für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens
AG Nettetal
1. Für die Beurteilung der Ortsüblichkeit der Preise für ein Sachverständigengutachen kann das Gericht eine Schätzung anhand der Honorarbefragung des BVSK vornehmen, wenn zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen keine Honorarvereinbarung getroffen wurde. Dann gilt die übliche Vergütung als angemessen. In dem Fall kann der Geschädigte diese Vergütung von dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers verlangen, es sei denn, es ist für ihn erkennbar, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Ein Ersatz kann auch dann nicht in der geltend gemachten Höhe verlangt werden, wenn dem Geschädigten ein Auswahlverschulden hinsichtlich des Sachverständigen zur Last fällt.
2. Hat nicht der Geschädigte selbst gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung geklagt, weil er die Forderung an den Sachverständigen, der das Gutachten gefertigt hat, abgetreten, so ist es unerheblich, ob der Geschädigte die Unangemessenheit kannte.

Die Höhe der nach § 632 Abs. 2 BGB üblichen Sachverständigenkosten kann auf der Grundlage des arithmetischen Mittels des sog. "HB V Korridors" der BVSK-Honorarbefragung 2013 bestimmt werden
LG Nürnberg-Fürth
Ist eine bestimmte Vergütung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen nicht vereinbart, kann dieser vom Besteller nur die übliche (§ 632 Abs. 2 BGB) Vergütung verlangen. Dies heißt, dass die Erforderlichkeit der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten nur bejaht werden kann, wenn die Rechnung den Voraussetzungen des § 632 Abs. 2 BGB. 2. Die Höhe der nach § 632 Abs. 2 BGB üblichen Sachverständigenkosten kann auf der Grundlage des arithmetischen Mittels des sog. "HB V Korridors" der BVSK-Honorarbefragung 2013 bestimmt werden.

Schadensersatzanspruch aufgrund Kollision zweier Pkw beim Rückwärtsfahren auf Parkdeck
AG Mülheim
Ein Fahrzeugführer, der auf einem Parkdeck kurz nachdem er sein Fahrzeug angehalten hat, rückwärts fährt, um in eine freie Parkbucht einzubiegen, haftet dann für den Schaden an dem nachfolgenden Fahrzeug, wenn er es vor der Rückwärtsfahrt unterlassen hat, auf nachfolgende Fahrzeuge zu achten. Das Auffahren auf das nachfolgende Fahrzeug stellt einen Verstoß gegen die allgemeinen verkehrsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten dar. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann die alleinige Haftung des Auffahrenden begründen.

Anforderung an die Kenntnis vom Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X
BGH
1. Eine rechtskräftige Entscheidung entfaltet Bindungswirkung regelmäßig nur gegenüber den Parteien des Vorprozesses.
2. Für die Kenntnis von einem Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X reicht aus, dass der Schädiger tatsächliche Umstände kennt, von denen allgemein bekannt ist, dass sie versicherungspflichtig machen.
3. Eine "gemeinsame" Betriebsstätte setzt eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation voraus. Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.

Zur Ermittlung des arithmetischen Mittels bei der Angemessenheit von Mietwagenkosten nach der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Liste
KG Berlin
1. Der Geschädigte kann vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen
2. Der für die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten grundsätzlich maßgebliche Normaltarif kann im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO ermittelt werden, wobei die in dem Schwacke-Automietpreisspiegel (im Folgenden: Schwacke-Liste) und dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer- Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (im Folgenden: Frauenhofer-Liste) ausgewiesenen Durchschnittsmieten herangezogen werden können. Dabei ist auch eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen vom tatrichterlichen Ermessensspielraum gedeckt.
3. Bei der Ermittlung des arithmetischen Mittels hält es der Senat im Anwendungsbereich der Schwacke-Liste für vorzugswürdig, nicht den sog. Modus-Wert zugrunde zu legen, sondern aus beiden Tabellen jeweils das darin ausgewiesene arithmetischen Mittel zu entnehmen. Da die Fraunhofer-Liste - anders als die Schwacke-Liste - keinen Modus (d. h. den am häufigsten genannten Wert innerhalb der gesamten erhobenen Werte, vgl. die Lesehilfe zur Schwacke-Liste), sondern lediglich das arithmetische Mittel aller erhobenen Einzelwerte ausweist, wird die durchgehende Vergleichbarkeit der Erhebungswerte beider Markterhebungen nur dadurch gewährleistet, dass auch aus der Schwacke-Liste lediglich die arithmetischen Mittelwerte entnommen werden. Zudem spricht für ein Anknüpfen an den arithmetischen Mittelwert die Eliminierung zufälliger Ergebnisse durch das Gesetz der großen Zahl. Demgegenüber kann es beim Modus zu erheblichen Verzerrungen kommen, wenn unter einer Vielzahl individueller Angebotspreise nur zwei vollständig übereinstimmen, die dann unabhängig von der Höhe der anderen Werte den Modus bilden.
4. Mit dem Landgericht hält auch der Senat es für zutreffend, entsprechend der tatsächlich erreichten Gesamtmietdauer den davon erfassten größten Zeitabschnitt den Tabellenwerken zu entnehmen, daraus den Tagessatz zu errechnen und diesen mit der Anzahl der tatsächlichen Miettage zu multiplizieren. Denn der mit der Verlängerung oder Verkürzung der zunächst ins Auge gefassten Mietdauer verbundene - geringe - Verwaltungsaufwand ist in keiner Weise mit dem Aufwand vergleichbar, der bei Hereinnahme und Herausgabe eines Mietwagens anfällt und Grundlage der relativ hohen 1-Tages-Preise ist. Die Erstattungsfähigkeit der Fahrzeugklasse bestimmt sich nach dem beschädigten Unfallwagen, wobei Obergrenze für die Erstattung die tatsächlich angefallenen Mietwagenkosten sind. Auch dies hat das Landgericht beachtet.
5. Die Berufung beanstandet aber zu Recht, dass das Landgericht die streitgegenständlichen Zusatzleistungen (Winterreifen, Abholung/Zustellung, Zusatzfahrer, Anhängerkupplung, Navigationsgerät) im Rahmen der Mittelung auf Seiten der Werte der Schwacke-Liste eingestellt hat. Richtigerweise ist zunächst das arithmetischen Mittel beider Erhebungswerke zu ermitteln; erst diesem Ergebnis sind sodann erstattungsfähige Zusatzleistungen, die weder in den Grundmieten der Schwacke-Liste noch in denen der Fraunhofer-Liste eingerechnet sind, zuzuschlagen. Dies gilt auch für die hier streitgegenständlichen Zusatzleistungen (Winterreifen, Abholung/Zustellung, Zusatzfahrer, Anhängerkupplung, Navigationsgerät), weil diese Leistungen von keinem Erhebungswerk in den ausgewiesenen Durchschnittsmietpreisen berücksichtigt sind. Die Werte für diese Zusatzleistungen sind dabei der jeweiligen Nebenkostentabelle des Schwacke-Mietpreisspiegels zu entnehmen.
6. Keiner Prüfung bedarf dabei, ob die in der Nebenkostentabelle ausgewiesenen Werte der Zusatzleistungen höher sind als die dafür tatsächlich in den jeweiligen Fällen vereinbarten Bruttopreise. Auch bei Überschreitung der vereinbarten Preise wäre ein Abzug von den in der Nebenkostentabelle ausgewiesenen Werten nicht gerechtfertigt. Der für die Erstattung maßgebliche Normalpreis muss einheitlich nach den zur Schätzung herangezogenen Tabellenwerken bemessen werden, wobei es für die Frage einer Überschreitung des Marktpreises oder des vereinbarten Preises lediglich auf den Endpreis ankommen kommen kann und - zur Vermeidung zufälliger Ergebnisse - nicht auf dessen Aufgliederung in verschiedene Rechnungspositionen wie Grundpreis und Zusatzleistungen. Daher ist zum Beispiel unerheblich, dass im Fall 1 weder der Mietvertrag vom 9. Dezember 2009 noch die Rechnung vom 31. Dezember 2009 unmittelbar den Preis für die vereinbarten Zusatzleistungen erkennen lassen: Der Mietvertrag verweist wegen der Berechnung der Zusatzleistungen auf die "Nardin Pkw Preisliste 2009", die indessen weder eingereicht ist noch Grundlage der Rechnung gewesen ist, die lediglich - ohne weitere Spezifizierung - einen Pauschalpreis inkl. aller Nebenkosten ausweist. Obergrenze für den erstattungsfähigen Betrag sind lediglich die jeweils insgesamt tatsächlich angefallenen Mietwagenkosten.

Unter den heute herrschenden technischen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist die Ersparnis für Eigenaufwendungen im Falle der Anmietung eines Mietwagens mit nicht mehr als 10% anzusetzen
KG Berlin
Das Landgericht hat den Abzug für ersparte Eigenaufwendungen mit 15% bemessen und ist dabei der ständigen Rechtsprechung der Verkehrssenate des Kammergerichts gefolgt. An dieser Rechtsprechung hält der nunmehr für Verkehrsunfallsachen allein zuständige 22. Zivilsenat nicht mehr fest, weil unter den heute herrschenden technischen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Ersparnis mit nicht mehr als 10% anzusetzen ist. Ein höherer Prozentsatz wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch nicht mehr vertreten. Die überwiegende Meinung der Obergerichte vertritt nur noch einen Abzug von 10% wegen ersparter Aufwendungen.

Alleiniges Verschulden eines auf einem Feldweg rückwärtsfahrenden Traktorfahrers für Überfahren einer auf einem Liegerad befindlichen gehbehinderten Person
OLG Frankfurt
Ein öffentlich zugänglicher Feldweg ist kein "gefahrträchtiges Gebiet", von dem sich gehandicapte Personen fernhalten müssen. Von einem Traktorfahrer, der einen solchen Feldweg benutzt, ist eine gesteigerte Aufmerksamkeit gegenüber sich dort möglicherweise befindender anderer Personen zu verlangen.

Beweislast für das behauptete Ausweichen vor einem Tier (hier: Reh)
AG Bad Segeberg
1. Bei einer Klage auf sog. Rettungskostenersatz gemäß §§ 90, 83 VVG handelt es sich um eine Klage "aus dem Versicherungsvertrag" im Sinne des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG.
2. Der Versicherungsnehmer, der gegen den Versicherer einen sog. Rettungskostenersatz gemäß §§ 90, 83 VVG geltend macht, trägt die Beweislast für den von ihm behaupteten Schadenshergang; Beweiserleichterungen kommen ihm nicht zugute.
3. Hat das Gericht den Kläger persönlich als Partei angehört und sämtliche angebotenen Beweise erhoben, kann es auch dann eine Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO von Amts wegen anordnen, wenn die erhobenen Beweise unergiebig geblieben sind, der persönlich als Partei gemäß § 141 ZPO angehörte Kläger jedoch glaubhafte Angaben zum Schadenshergang gemacht hat. Stützt das Gericht seine Überzeugung überwiegend auf die Angaben der klagenden Partei, hat es dem Umstand, dass diese am Ausgang des Rechtsstreits ein unmittelbares Interesse hat und eine Manipulationsgefahr besteht, im Rahmen der Beweiswürdigung besonders Rechnung zu tragen. Wie wahrscheinlich es ist, dass die klagende Partei den ihr obliegenden Beweis alleine durch ihre Angaben zu führen vermag, ist für die Pflicht des Gerichts zur Beweiserhebung und damit auch zur Prüfung einer Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO unerheblich.
4. Hat ein Versicherungsnehmer mit dem teilkaskoversicherten Pkw eine Vollbremsung vollzogen, um zwei über die Fahrbahn rennenden Rehen auszuweichen, liegt eine "Handlung" im haftungsrechtlichen Sinne vor. Zudem ist unerheblich, ob der Versicherungsnehmer mit der Einleitung einer Vollbremsung primär die Schadensabwendung beabsichtigt hat.
5. Queren zwei Rehe die Fahrbahn, ist die Durchführung einer Vollbremsung durch den Versicherungsnehmer zur Vermeidung einer Kollision objektiv geboten. Dass bei einer Kollision mit einem Reh selbst bei niedrigeren Geschwindigkeiten erhebliche Beschädigungen an einem Fahrzeug entstehen können, ist eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 291 ZPO, über die das Gericht keinen Beweis erheben muss. Auf die objektive Geeignetheit des Bremsmanövers, die Kollision mit den Rehen zu verhindern, kommt es nicht an.
6. Auch wenn die Fahrbahndecke infolge Schneefall glatt ist, ist die Durchführung einer Vollbremsung zur Vermeidung einer Kollision mit zwei Rehen objektiv jedenfalls dann geboten, wenn der Versicherungsnehmer die Fahrbahn lediglich mit geringer Geschwindigkeit befährt.
7. Ist die Rettungshandlung des Versicherungsnehmers objektiv nicht geboten, ist ein Anspruch gegen den Versicherer auf sog. Rettungskostenersatz gemäß §§ 90, 83 VVG nur ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich gehandelt hat (§ 82 Abs. 3 Satz 1 VVG) ; handelt der Versicherungsnehmer grob fahrlässig, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen (§ 82 Abs. 3 Satz 2 VVG).
8. Selbst wenn sich die Durchführung einer Vollbremsung auf schneeglatter Fahrbahn zur Vermeidung einer Kollision mit zwei die Fahrbahn querenden Rehen nicht als objektiv geboten darstellt, ist ein Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf sog. Rettungskostenersatz gemäß §§ 90, 83 VVG in voller Höhe gegeben, weil sich das von dem Versicherungsnehmer in einer solchen Situation eingeleitete Bremsmanöver jedenfalls nicht als grob fahrlässig darstellt.
9. Die versicherungsvertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung ist bei der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gemäß §§ 90, 83 VVG nicht in Abzug zu bringen.
10. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug den Vorgaben eines Sachverständigengutachtens entsprechend sach- und fachgerecht instand gesetzt hat, kann die in dem Gutachten berechneten Netto-Reparaturkosten einerseits sowie die tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuer andererseits geltend machen, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten nicht übersteigt.

Haftungsverteilung bei Kollision eines rechts abbiegenden Pkw mit einem entgegenkommenden Radfahrer
OLG Saarbrücken
Wird beim Rechtsabbiegen die Fahrlinie des Längsverkehrs gekreuzt, z. B. wenn der Entgegenkommende auf der für ihn linken Seite einen Radweg benutzt, hat der entgegenkommende Längsverkehr Vorrang. Wegen der vorrangigen Bedeutung der Durchfahrregel gilt diese auch bei pflichtwidrigem Verhalten des Entgegenkommenden, etwa des problemlos sichtbaren, entgegen der Fahrtrichtung fahrenden Radfahrers. Biegt ein Pkw nach rechts ab und kreuzt er dabei den Fahrweg eines auf dem Radweg entgegen kommenden Radfahrers, so haftet er in vollem Umfang. Denn das Verbot der Nutzung linksseitiger Radwege nach der StVO bezweckt lediglich den Schutz des Gegen- und Überholverkehrs auf dem Radweg, nicht aber des Einbiege- und Querverkehrs.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Busses mit einem Radfahrer
OLG Saarbrücken
Steht fest, dass ein Bus mit einem Radfahrer kollidiert ist, so kann das Verkehrsunternehmen die volle Haftung treffen. Dies kann unabhängig davon gelten, ob der Radfahrer bei der Kollision gestanden hat oder gefahren ist und welche genaue Position er auf dem Gehweg eingenommen hat. Wenn bewiesen ist, dass die Verletzungen des geschädigten Radfahrers von einer Berührung des Fahrrades mit dem Bus der herrühren, kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die genaue Positionierung des Radfahrers auf dem Gehweg nicht mehr eindeutig festgestellt werden kann.

Indizien gegen einen fingierten Verkehrsunfall
OLG Naumburg
Steht ein Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge fest, trifft den in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer die Beweislast dafür, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat, also ein gestellter Unfall vorliegt. Für einen solchen Nachweis reicht allerdings aus, dass der Pflichtversicherer derart gewichtige Indizien vorbringt und gegebenenfalls beweist, die bei einer Gesamtschau den Schluss auf eine Unfallmanipulation zulassen. Hierfür ist keine wissenschaftlich lückenlose Gewissheit notwendig, sondern der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein unredliches Verhalten ausreichend. Gegen einen fingierten Verkehrsunfall kann u. a. sprechen, dass das Geschehen am späten Vormittag auf einem belebten Parkplatz vor einem Einkaufzentrum stattfand, beide beteiligten Fahrzeuge nach dem Unfall vor Eintreffen der Polizei nicht bewegt worden waren und der Geschädigte sein Fahrzeug vor einer Veräußerung dem Sachverständigen des gegnerisches Haftpflichtversicherers zur Begutachtung zur Verfügung gestellt hat.

Scheckeinlösung ist kein Anerkenntnis einer Kürzung
LG Zwickau
Schickt der Versicherer auf eine Schadenersatzforderung hin einen Scheck mit einem im Verhältnis zur Forderung gekürzten Betrag und erläutert er in einem Begleitschreiben die Kürzung nur, erkennt der Geschädigte mit der Einlösung des Checks nicht die Berechtigung der Kürzung an.

Schmerzensgeld für eine tätliche Auseinandersetzung im Straßenverkehr
OLG Koblenz
Ein Feststellungsverlangen hinsichtlich einer Körperverletzung ist bereits dann zulässig und begründet, wenn die bloße Möglichkeit von Zukunftsschäden besteht. Eine Messerstichverletzung in den Bauch zieht Verwachsungen nach sich, die zu chronischen abdominellen Beschwerden führen und Darmobstruktionen und Dünndarmverschlüsse bewirken können. Daher ist in einem solchen Fall einem auf Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden gerichteter Antrag stattzugeben. Entgleist eine Auseinandersetzung im Straßenverkehr in Tätlichkeiten, in deren Verlauf der Schädiger einen Pkw. durch einen Fußtritt gegen die Fahrertür und einen Messerstich in den linken Vorderreifen beschädigt und letztlich dem anderen Beteiligten eine Messerstichverletzung im Abdomen zufügt, kann die Körperverletzung ein Gesamtschmerzensgeld von 10.000 Euro erfordern. Denn eine dem Schädiger im Strafverfahren neben der 15-monatigen Bewährungsstrafe auferlegte Schmerzensgeldzahlung von lediglich 3.000 Euro ist in dieser Fallkonstellation unzureichend.

Schmerzensgeldanspruch nach Auffahrunfall auf Fahrzeug einer Schwangeren
LG Wuppertal
Nach einem Auffahrunfall auf das Fahrzeug einer Schwangeren kann ihr ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro zustehen, wenn die Schwangere durch das Unfallereignis unter starken Rückenschmerzen leidet, sodass sie infolge der Schmerzen weder laufen noch auf dem Rücken liegen kann und wenn sich eine Sorge um ihr ungeborenes Kind bis zur Entbindung fortgesetzt hat. Die Sorgen um das ungeborene Leben begründen als psychische Unfallfolgen eine Erhöhung des Schmerzensgeldes über den für die erlittenen körperlichen Schmerzen zuzusprechenden Betrag hinaus. Die Sorge um die Schwangerschaft, verbunden mit der Sorge um die Folgen etwaiger Komplikationen für das geborene Kind können für eine geschädigte Schwangere eine besondere zusätzliche Belastung darstellen, die über die akut wahrgenommenen körperlichen Schmerzen hinausgehen.

Verhalten des "Idealfahrers" an Kreuzungen
LG Münster
Die Verpflichtung zum Schadensersatz ist nach dem BGB ausgeschlossen, wenn der Verkehrsunfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Der Begriff "unabwendbares Ereignis" meint ein schadenstiftendes Ereignis, das selbst bei der äußersten möglichen Sorgfalt, d.h. einem sachgemäßen, geistesgegenwärtigen Verhalten, das erheblich über die im Verkehr üblicherweise geforderte Sorgfalt hinausgeht, nicht abgewendet werden kann. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein "Idealfahrer" verhalten haben. Dies ist nicht der Fall, wenn der Fahrer die Kollision in jedem Fall hätte vermeiden können, wenn er sich langsam in die Kreuzung vorgetastet, den rechts liegenden Verkehrsraum aufmerksam beobachtet und gegebenenfalls seine Anfahrbewegung zurückgestellt hätte.

Abzug "neu für alt" bei einem Schadensersatzanspruch
OLG Köln
Bei der Bemessung des Schadensersatzes wegen Beschädigung oder Zerstörung einer durch Gebrauch und Zeitdauer im Wert gesunkenen oder schon vorher schadhaften Sache ist grundsätzlich ein Abzug zwecks Berücksichtigung des Unterschiedes von Alt und neu zu machen. Das gilt auch für langlebige Wirtschaftsgüter. Der Abzug setzt voraus, dass dem Geschädigten durch die Ersatzleistung eine messbarer Vermögensmehrung eingetreten ist, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, und dass der Ausgleich dem Geschädigten zumutbar ist. Ein Abzug "neu für alt" erfordert, dass sich das individuelle Nutzungspotential für den Geschädigten erhöht hat. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn der Betreiber eines Flughafens unwiderlegt vorträgt, dass eine beschädigte Kofferbrücke nur noch zwei Jahre genutzt und danach abgerissen werde.

Beweis einer Unfallmanipulation
OLG Hamm
1. Der vom Versicherer zu führende Beweis einer Unfallmanipulation kann durch den Nachweis einer ungewöhnlichen Häufung von typischen Umständen erbracht werden, die für sich betrachtet auch eine andere Erklärung finden mögen, in ihrem Zusammenwirken vernünftigerweise jedoch nur den Schluss zulassen, dass der Anspruchsteller die Beschädigung seines Fahrzeuges bewusst und gewollt herbeigeführt bzw. in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat.
2. Die Annahme eines manipulierten Unfalls ist gerechtfertigt, wenn
- der Geschädigte gegenüber den unfallaufnehmenden Polizeibeamten seine Bekanntschaft mit dem Unfallgegner nicht offenbart,
- der Geschädigte bei der Versicherung eine Unfallmitteilung einreicht, die in Ansehung des Schadensbildes am Fahrzeug nicht mit der bei der Polizei verbliebenen Unfallmitteilung übereinstimmt,
- es sich bei dem Fahrzeug des Geschädigten um ein hochwertiges fremdfinanziertes Fahrzeug mit mehreren Vorschäden handelt,
- der Geschädigte im unmittelbaren zeitlichen Umfeld zu dem behaupteten Unfallereignis in zahlreichen Fällen aufgrund von angeblichen Verkehrsunfällen und Kraftfahrzeug-Einbruchdiebstählen Versicherungsleistungen beansprucht hat und
- sich das Geschehen zur Nachtzeit in einem Bereich zugetragen hat, in dem Wahrnehmungen unbeteiligter Unfallzeugen nicht zu erwarten waren

Anforderungen an die Begründetheit einer Feststellungsklage
OLG Frankfurt
Der BGH unterscheidet bei zukünftigen Schäden zwischen der Zulässigkeit der Feststellungsklage, für die lediglich die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts ausreicht, also der Geschädigte bei verständiger Würdigung damit rechnen kann, und der Begründetheit. Ob dafür eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen ist, hat er offen gelassen.

Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt nicht zwingend eine tatbestandsmäßige Unfallflucht voraus
OLG Stuttgart
Eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit (gem. E.1.3 AKB 2008) kann auch vorliegen, wenn die Voraussetzungen des Straftatbestandes § 142 StGB nicht erfüllt sind.

Kostenvoranschlag reicht nicht zur Darlegung von Fahrzeugschäden
AG Moers
Zur Darlegung von Fahrzeugschäden reicht alleine die Vorlage eines Kostenvoranschlags nicht aus. Ist er ein Jahr nach dem Unfallereignis erstellt worden, dann ist er zur Darlegung des Schadens aber auch schon deshalb nicht geeignet. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls muss vortragen, welche Schäden denn überhaupt an seinem Fahrzeug entstanden sind. Aus seinem Vortrag muss sich zudem ergeben, um welches konkrete Fahrzeug es sich denn bei seinem beschädigten Fahrzeug gehandelt hat, sodass eine Angabe zum Wiederbeschaffungswert nachvollzogen werden kann.

Haftpflichtprozess muss für Deckungsklage gegen den Haftpflichtversicherer nicht abgewartet werden
LG Bochum
1. Hat der KFZ-Haftpflichtversicherer im Verkehrsunfallprozess gegen den mitversicherten und mitverklagten Fahrer (nachfolgend: Kläger) den Vorwurf eines versuchten Versicherungsbetruges (Unfallmanipulation) erhoben, so muss er den Kläger im Rahmen seiner Rechtschutzversicherung von den Kosten für die Vertretung durch einen eigenen Rechtsanwalt freihalten, obwohl der ihm als Streithelfer beigetreten ist und sein Prozessbevollmächtigter aus diesem Wege für beide Klageabweisung beantragt hat.
2. Erhebt der Kläger bereits vor Abschluss des Haftpflichtprozesses Klage auf Feststellung, dass der KFZ-Haftpflichtversicherer Kostendeckung zu gewähren hat, so ist diese Klage zulässig und insbesondere besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage.

Das Verschweigen eines Nachtrunks durch einen beauftragten Dritten kann eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit darstellen
OLG Köln
1. Auch das Verschweigen eines Nachtrunks stellt eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach Nr. E.1.3 AKB 08 dar.
2. Beauftragt der Versicherungsnehmer einen Dritten, die Schadensanzeige an seiner Stelle zu fertigen und z unterschreiben, ist dieser Dritte Wissenserklärungsvertreter. Ein einmaliges Tätigwerden reicht aus.

Unfallursächlichkeit und Haftungsverteilung bei Geschwindigkeitsüberschreitung
OLG Frankfurt
1. Der für eine Haftung erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen einem Verkehrsverstoß (hier: Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) und einem Unfall ist schon dann anzunehmen, wenn der Unfall bei ordnungsgemäßer Fahrweise zu deutlich geringeren Schäden geführt hätte.
2. Ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 STVG liegt nicht bereits dann vor, wenn der Unfall bei Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit unvermeidbar war, sondern nur dann, wenn er auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. Insbesondere ist ein unabwendbares Ereignis zu verneinen, wenn ein besonders unsichtiger Fahrer die Gefahr noch abgewandt oder jedenfalls einen weniger schweren Unfall verursacht hätte.

Ausschluss von Schäden aus Autorennen in der Kaskoversicherung ist wirksam
OLG Karlsruhe
Eine Klausel in den AVB der KFZ-Kaskoversicherung, wonach kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, einschließlich dazugehöriger Übungsfahrten und jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, und von diesem Leistungsausschluss wiederrum Fahrsicherheitstrainings ausnimmt, ist weder überraschend im Sinne von § 305 C Abs. 1 BGB noch intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

Urteile aus dem Jahr 2014

 

Abrechnung eines Unfallschadens durch die Kfz-Kaskoversicherung bei unterbliebener Reparatur des versicherten Fahrzeuges: Ermittlung des anzurechnenden Restwertes in Fällen bestehender bzw. nicht bestehender Umsatzsteuerpflicht des Versicherungsnehmers
BGH
1. Der nach A.2.7.1 a Buchst. b AKB 2010 anzurechnende Restwert des versicherten Fahrzeuges ist derjenige Betrag, der dem Versicherungsnehmer bei der Veräußerung des Fahrzeuges am Ende verbleibt. Unterliegt er beim Fahrzeugverkauf der Umsatzsteuerpflicht, stellt lediglich der ihm nach Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt verbleibende Nettokaufpreis den anzurechnenden Restwert dar. Ist er nicht umsatzsteuerpflichtig, erübrigt sich eine Unterscheidung zwischen Brutto- und Nettorestwert; anzurechnen ist dann allein der Betrag, den der Versicherungsnehmer als Kaufpreis tatsächlich erlösen kann.
2. Zur Auslegung eines Kaufangebots "(incl. MwSt.)" an einen nicht umsatzsteuerpflichtigen Versicherungsnehmer.

Anspruch des Versicherungsnehmers aus einer Differenzkasko-Klausel
BGH
Das aus der Differenzkasko-Klausel "Bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust eines geleasten Pkw erhöht sich in der Vollkasko die ... Leistung auf den Ablösewert des Fahrzeuges, der sich aus der Abrechnung des Leasinggebers ergibt (Differenzkasko). ... Im Schadenfall haben Sie uns folgende Unterlagen vorzulegen: Leasingvertrag, Abrechnung des Leasingvertrags, Berechnung des Ablösewerts und Endabrechnung des gegnerischen Haftpflichtversicherers ..." folgende erweiterte Leistungsversprechen setzt voraus, dass der Leasing- und Versicherungsnehmer vom Leasinggeber auf den Ablösewert des Fahrzeugs in Anspruch genommen wird.

Verteilung des auf einem Parkplatz entstandenen Haftungsschadens zwischen den Unfallparteien
LG Bochum
Auf Parkplätzen gilt in besonderer Weise das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme, weil stets mit ausparkenden und rückwärts fahrenden Fahrzeugen zu rechnen ist. Der aus einer Parkbox rückwärts in den Fahrbahnbereich zwischen den Fahrboxen hinein Fahrende oder der in einer Parkgasse rückwärts Fahrende hat besondere Vorsicht, insbesondere durch stetige Umschau walten zu lassen, um zu gewährleisten, dass der hinter ihm bei weiterem Zurückfahren liegende Gefahrraum während des gesamten Rückfahrmanövers von hinten wie auch von den Seiten her frei bleibt. Allerdings kann ein Alleinverschulden des aus einer Parkbox fahrenden Kraftfahrzeugführers zu verneinen sein, wenn die Kollision nicht in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Zurücksetzen des Fahrzeugs aus der Parkbox steht.

Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall mit Polizeifahrzeug im Einsatz
LG Düsseldorf
Ein Fahrer eines Pkw ist nach der StVO gegenüber einem Polizei-Einsatzfahrzeug, das mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn fährt, verpflichtet, sofort freie Bahn zu schaffen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Verwendung von Blaulicht und Einsatzhorn tatsächlich gegeben sind. Wer einem Einsatzfahrzeug freie Bahn zu schaffen hat, muss sich so verhalten, dass eine Behinderung des Einsatzfahrzeuges ausgeschlossen ist. Dies gebietet es, ein Abbiegemanöver zurückzustellen, wenn nicht sicher ist, woher sich das Einsatzfahrzeug nähert. Bei einem Verkehrsunfall eines Pkw mit einem Polizeifahrzeug im Einsatz kann eine hälftige Haftungsverteilung gerechtfertigt sein, wenn der Pkw-Fahrer gegen die genannte Vorschrift verstoßen hat und wenn der Fahrer des Polizeifahrzeuges seiner angesichts der stark überhöhten Geschwindigkeit der auch bei einer Sonderrechtsfahrt bestehenden Pflicht zu besonders umsichtigem Verhalten nicht nachgekommen ist.

Anwendbarkeit der StVO auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz
OLG Hamm
Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar. Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort Ein- und Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. In diesen Fällen sind die gegenseitigen Rücksichtspflichten deshalb (verglichen mit den Pflichten aus §§ 9, 10 StVO) erhöht und einander angenähert. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden" Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es nicht. Das führt dazu, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen in der Regel für ein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere auch ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr, kein Raum sein wird. Vielmehr wird hier - anders als im fließenden Verkehr - regelmäßig ein im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigendes Mitverschulden, jedenfalls aber die Betriebsgefahr zu berücksichtigen sein.

Gewichtung eines kausalen Geschwindigkeitsverstoßes bei der Haftungsabwägung nach einem Verkehrsunfall
OLG Saarbrücken
Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursacherbeiträge bei einem Verkehrsunfall sind nur solche Umstände einzubeziehen, die erwiesenermaßen ursächlich für den Schaden geworden sind. Ein Geschwindigkeitsverstoß ist für den Schaden auch dann kausal - und bei der Haftungsabwägung zu gewichten - wenn der Unfall bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit zwar nicht vermieden, die Unfallfolgen aber wesentlich geringer ausgefallen wären. Ist eine Aufklärung, wie sich der Schaden bei verkehrsgerechtem Verhalten exakt ereignet hätte, mit zumutbarem forensischen Aufwand nicht zu leisten, kann der Verursacherbeitrag in Gestalt einer einheitlichen Haftungsquote angerechnet werden.

Kein versicherter Unfall durch Aufprall eines Anhängers auf ziehenden Pkw
AG Mönchengladbach
Der Ausschluss von Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Kaskoversicherung hält einer Inhaltskontrolle stand und ist wirksam. Der klare Wortlaut der Regelung, wonach Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen nicht als Unfallschaden anzusehen sind, bedarf keiner Interpretation. Diese Regelung erfasst insbesondere Unfälle zwischen Anhängern und Zugmaschinen. Die Klausel kann nicht so verstanden werden, dass nur Unfalle zwischen Kraftfahrzeugen erfasst werden sollen. Der Aufprall eines Anhängers auf den ziehenden Personenkraftwagen kann daher nicht als versicherter Unfall angesehen werden.

Unfallbedingte Anmietung eines Porsche Cayenne ersatzfähig
AG Gelsenkirchen
Die Mietwagenkosten für die unfallbedingte Anmietung eines Porsche Cayenne können erstattungsfähig sein. Eine mitverschuldensbedingte Kürzung der Ansprüche des Geschädigten kommt überhaupt nur dann in Betracht, wenn der Geschädigte bei zumutbarem Aufwand ein günstigeres Angebot als das in Anspruch genommene hätte erhalten können. Dies ist nicht der Fall, wenn bereits eine einfache Internetrecherche ergibt, dass maßgebliche Autovermieter erheblich höhere Preise verlangen. Mehr als eine solche Internetrecherche, die Kfz-Haftpflichtversicherungen in zahlreichen Fällen vom Geschädigten gerade fordern, damit diese nicht mitverschuldensbedingt Kürzungen ihrer Ansprüche befürchten müssen, ist aber auch dem Geschädigten nicht abzufordern.

Haftungsverteilung bei Auffahren eines auf dem Standstreifen fahrenden Fahrzeugs auf einen ungesichert liegengebliebenen Pkw
OLG Nürnberg
Der Fahrer eines auf einer BAB liegengebliebenen Fahrzeugs kann gegen § 15 S. 1 und 2 StVO verstoßen haben, wenn er sein Fahrzeug weder durch Einschalten der Warnblinkanlage noch durch Aufstellen eines Warndreiecks gesichert hat. Es bleibt offen, ob bei unterlassenen Sicherungsmaßnahmen nach § 15 StVO ein Beweis des ersten Anscheins für die Ursächlichkeit der unterlassenen Maßnahmen auch dann gilt, wenn sich das liegengebliebene Fahrzeug vollständig auf dem Standstreifen befindet. Wenn das andere unfallbeteiligte Fahrzeug ohne erkennbaren Grund in einer Breite von ca. 0,7 - 0,95 m den Standstreifen befährt, ist der Anscheinsbeweis jedenfalls erschüttert. Der Verursachungsanteil des anderen unfallbeteiligten Fahrers kann in diesem Fall so sehr überwiegen, dass die Haftung des Fahrers des liegengebliebenen Fahrzeugs vollständig zurücktritt.

Indizien für einen gestellten Verkehrsunfall
OLG Düsseldorf
Indizien aus technischer Sicht, die für eine Einwilligung in den Unfallschaden sprechen, sind ein zu viel zu steiler Fahrstreifenwechsel, der atypisch ist, das Ausweichen des Geschädigten in die Leitplanke, ohne dass dafür objektiv Anlass besteht und das Aufrechterhalten des Kontakts mit der Leitplanke ohne Ausweichmanöver über einen längeren Zeitraum. Weitere Indizien sind das Fehlen von Zeugen, ein Unfall zur Nachtzeit und die fiktive Abrechnung eines lukrativen Seitenschadens. Es ist nicht erforderlich, eine konkrete Bekanntschaft der Beteiligten oder aber die Verwicklung in eine Vielzahl an anderen Unfällen nachzuweisen. Der Umstand, dass die Unfallbeteiligten die Polizei zur Unfallaufnahme hinzugezogen haben, mag vordergründig gegen die Annahme eines gestellten Unfallereignisses sprechen, entspricht indessen einem bei Unfallmanipulationen immer häufiger anzutreffenden Verhaltensmuster der Beteiligten, weil dem Geschehen durch die polizeiliche Unfallaufnahme der Anschein der Authentizität verliehen werden soll.

Beweisanforderungen für einen Fahrzeugdiebstahl
LG Aachen
Die Rechtsprechung gewährt dem Versicherungsnehmer, der grundsätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen seines Anspruchs beweisen muss, in Entwendungsfällen Beweiserleichterungen, weil in der Regel keine Zeugen zur Verfügung stehen, die einen behaupteten Diebstahl bestätigen könnten. Es ist als genügend anzusehen, dass der Versicherungsnehmer Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich das äußere Bild eines versicherten Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt. Erforderlich ist insoweit, dass der Versicherungsnehmer beweist, das Fahrzeug an bestimmter Stelle abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden zu haben. Hinsichtlich dieser Minimaltatsachen ist allerdings der Vollbeweis zu erbringen. Beweiserleichterungen gibt es insoweit nicht.

Nachweis eines fingierten Unfalls
OLG Naumburg
Gegen einen fingierten Verkehrsunfall kann u. a. sprechen, dass das Geschehen am späten Vormittag auf einem belebten Parkplatz vor einem Einkaufzentrum stattfand, beide beteiligten Fahrzeuge nach dem Unfall vor Eintreffen der Polizei nicht bewegt worden waren und der Geschädigte sein Fahrzeug vor einer Veräußerung dem Sachverständigen des gegnerisches Haftpflichtversicherers zur Begutachtung zur Verfügung gestellt hat.

Erforderlichkeit von Rechtsanwaltskosten zur Anspruchsanmeldung
AG Hannover
1. Die Einschaltung eines Anwaltes zur Anspruchsanmeldung ist nicht erforderlich i.S.v. § 249 BGB, wenn dem Geschädigten bereits mit Schreiben des Kfz-Haftpflichtversicherers mitgeteilt worden ist, dass keine Einwendungen zum Haftungsgrund erfolgen würden.
2. Der Kfz-Haftpflichtversicherer hat ab Eingang des Anspruchsschreibens eine Prüfungsfrist von 6 Wochen. Erfolgt die Regulierung vor Ablauf der Überprüfungsfrist, tritt kein Verzug ein. Eine Ersatzpflicht hinsichtlich der Kosten der Rechtsverfolgung besteht dann unter Verzugsgesichtspunkten nicht.

Eintritt des Versicherungsfalls wegen Zerstörung eines versicherten Leasingfahrzeugs
OLG Celle
Wurde ein versichertes Leasingfahrzeug, für das eine Vollkaskoversicherung mit eingeschlossener Leasing-Restwert-Versicherung (GAP-Deckung) besteht, in einen Unfall verwickelt und liegt eine Zerstörung des Fahrzeugs vor, so kann der Versicherungsfall im Sinne der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) eingetreten sein. Ziff. A.5.5. AKB ist hinsichtlich des Begriffs der Zerstörung so auszulegen, dass die Zerstörung für die GAP- Deckung ein hinter den Totalschaden zurückbleibenden besseren Fahrzeugzustand beschreibt. Ein Fall der Zerstörung liegt jedenfalls vor, wenn die Reparaturkosten den um den Restwert reduzierten Wiederbeschaffungswert übersteigen.

Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich eines Autobahnparkplatzes bei winterlichen Witterungsverhältnissen
OLG Brandenburg
Der Träger der Straßenbaulast ist nicht verpflichtet, bei winterlichen Witterungsverhältnissen die Haltebucht für Reisebusse auf einem nicht bewirtschafteten Rastplatz an einer Bundesautobahn derart abzustreuen und zu räumen, dass Fußgänger diese gefahrlos betreten können. Die Räum- und Streupflicht besteht nur insoweit, als dies für einen sicheren Fußgängerverkehr notwendig ist. Der Ein- und Ausstieg aus den Reisebussen erfolgt auch für den Fahrer immer rechtsseitig, also dort, wo sich der Gehweg neben der Haltebucht befindet. Nur dieser Bereich sowie der Weg zur WC-Anlage und eventuell eine größere Fläche unmittelbar im Bereich des möglichen Ein- und Ausstiegs müssen beräumt und abgestreut werden. Der Nutzer hat nur die berechtigte Erwartung, die Verkehrseinrichtung entsprechend ihrem Zweck gefahrfrei nutzen zu können, bei winterlichen Verhältnissen kann er jedoch nicht die gleiche unumschränkte Nutzung der Einrichtung wie in der schnee- und eisfreien Zeit erwarten, da ansonsten die Grenzen der Zumutbarkeit zu Lasten des Verkehrssicherungspflichtigen überschritten werden.

Fiktive Schadensabrechnung bei Kfz-Unfall: Verweisung des Geschädigten auf eine günstigere Referenzwerkstatt; Vergleichbarkeit eines Referenzbetriebs mit einer markengebundenen Fachwerkstatt
AG Solingen
1. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der einen Ersatzanspruch auf Grundlage fiktiver Abrechnung geltend macht, muss sich auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen lassen, wenn die vorgeschlagene Reparaturwerkstatt mühelos und ohne Weiteres frei zugänglich ist und den gleichen Qualitätsstandard bei der Reparatur aufweist, wie eine markengebundene Werkstatt.
2. Handelt es sich bei dem Referenzbetrieb um einen Kfz-Meisterbetrieb, bei dem die Reparatur der betroffenen Fahrzeugmarke nach den Richtlinien der Fahrzeughersteller durchgeführt wird und welcher originale Ersatzteile verwendet und handelt es sich darüber hinaus bei den Fachkräften um Spezialisten auf dem Gebiet für Karosserie- und Lackreparaturen, die eine dreijährige Garantie auf alle ausgeführten Arbeiten erteilen, so ist die Referenzwerkstatt mit einer markengebundenen Fachwerkstatt vergleichbar.

Fiktive KFZ-Abrechnung auf Gutachtenbasis
BGH
Rechnet der Geschädigte seinen Fahrzeugschaden fiktiv auf Gutachtenbasis ab, kann der gegnerische Haftpflichtversicherer noch nach durchgeführter Eigenreparatur und auch noch im Prozess näher darlegen, in welchen Einzelpositionen der auf Gutachtenbasis geforderte Geldbetrag den erforderlichen Geldbetrag übersteigt.

Schätzung der erforderlichen Sachverständigenkosten für die Begutachtung des Unfallfahrzeugs
BGH
1. Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
2. Der Schätzung der Höhe der erforderlichen Sachverständigenkosten nach § 287 Abs. 1 ZPO müssen tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen. Sie darf nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen.
3. Die losgelöst von den Umständen des Einzelfalls erfolgte Beurteilung des Tatrichters, die von einem Sachverständigen zusätzlich zu einem Grundhonorar berechneten Nebenkosten seien in Routinefällen grundsätzlich in Höhe von 100 € erforderlich, während sie, soweit sie diesen Betrag überstiegen, erkennbar überhöht und deshalb nicht ersatzfähig seien, entbehrt einer hinreichend tragfähigen Grundlage.

Übergang der Ersatzansprüche des Geschädigten kraft Gesetzes auf den zuständigen Sozialversicherungsträger
BGH
Nach dem SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Bei einem Wechsel des Sozialversicherungsträgers (hier: der Krankenkasse) gehen die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger erworbenen Ersatzansprüche des Geschädigten kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten Versicherungsleistungen sachlich und zeitlich kongruent sind.

Ersatz von UPE-Aufschlägen
OLG München
Verbringungskosten und UPE-Aufschläge sind im Rahmen fiktiver Abrechnung zu ersetzen, wenn sie bei Reparaturen in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise erhoben werden.

Kettenauffahrunfall vor Ampel
OLG Hamm
1.Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug des Geschädigten rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen ist und nicht durch einen Aufprall auf das vorausfahrende Fahrzeug den Bremsweg des ihm folgenden Fahrzeugs verkürzt hat.
2. Führen bei einem Kettenauffahrunfall die Schäden im Fron- und Heckbereich des geschädigten Fahrzeuges zu einem wirtschaftlichen Totalschaden und ist nicht feststellbar, ob der Frontschaden durch das Auffahren des nachfolgenden Fahrzeuges verursacht wurde, kann der gegen den auffahrende begründete Schadenersatzanspruch betreffend den Heckanstoß nach § 287 ZPO durch die quotenmäßige Aufteilung des Gesamtschadens, gemessen am Verhältnis der jeweiligen Reparaturkosten, ermittelt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Verursachung auch des Frontschadens durch den Auffahrenden nicht weniger wahrscheinlich ist, als die Entstehung des Frontschadens unabhängig vom Heckaufprall

Überfahren von Spanngurten auf der Autobahn
OLG Köln
Das Sichtfahrgebot gilt auch auf Autobahnen nicht für solche Hindernisse, die gemessen an dem jeweils herrschenden Sichtbedingungen erst außergewöhnlich spät erkennbar sind.

Schadensersatzanspruch des Bundes vor Zivilgericht wegen Ölverunreinigung einer Bundesautobahn
LG Karlsruhe
Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen der Ölverunreinigung einer Bundesautobahn vor den Zivilgerichten stellt kein Verwaltungshandeln in engerem Sinne dar und bleibt dem Bund auch in Ansehung von Art. 85, 90 Abs. 2 GG unbenommen. Die Länder können zwar in Wahrnehmung ihrer umfassenden Zuständigkeit im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung solche Ansprüche gerichtlich geltend machen, doch steht dies einer Geltendmachung durch den eigentlich Geschädigten, den Bund, nicht entgegen. Der Bund trägt die finanzielle Baulast für seine Autobahnen und damit im Ergebnis die Kosten der Wiederherstellungsmaßnahmen. Mithin erwächst ihm ein Schaden, dessen Geltendmachung gegen den Schädiger ihm zustehen muss.

Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens
LG Stuttgart
Grundsätzlich sind auch die Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei, er kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Etwas anderes gilt, wenn diese Kosten deutlich über den marktüblichen Preisen liegen und diese Abweichung für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar war. Eine Marktforschung muss er nicht betreiben. Nichts anderes gilt, wenn der Sachverständige die Kosten aus abgetretenem Recht des Geschädigten geltend macht.

Keine Obliegenheit des Fahrers eines Leichtkraftrades, Protektorenschutzkleidung zu tragen
LG Heidelberg
Einen Leichtkraftradfahrer trifft keine Obliegenheit, Protektorenschutzkleidung zu tragen. Sicherlich ist es im Hinblick auf den Verletzungsschutz vorteilhaft, auch auf einem Motorroller Schutzkleidung zu tragen. Ein Mitverschulden kann indes nicht daraus hergeleitet werden, dass die unterlassene Maßnahme geeignet gewesen wäre, den eingetretenen Schaden zu verringern oder gar zu vermeiden. Denn diese Betrachtungsweise liefe darauf hinaus, maximale Sicherheitsforderungen einzufordern. Maßstab ist aber die vernünftige Verkehrsanschauung. Eine Verkehrsauffassung dahin, dass es geboten ist, bei Innerortsfahrten auf einem Leichtkraftrad Schutzkleidung zu tragen, gibt es jedenfalls derzeit nicht. Es ist aber möglich, dass sich künftig ein derartiges Bewusstsein bilden wird.

Quotenbildung bei Schadensersatzanspruch aus Verkehrsunfall nur eingeschränkt überprüfbar
LG Wiesbaden
Die von dem Erstgericht im Rahmen eines geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach einem Verkehrsunfall vorgenommene Quotenbildung ist nur in engen Grenzen überprüfbar und beschränkt sich auf Widersprüche und Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze. Vermag die Berufung gerade nicht darzutun, dass es sich bei der Quotenbildung des Erstgerichts um eine nicht mehr nachvollziehbare, grob fehlerhafte und damit überprüfbare Ermessensentscheidung handelt, so ist die Berufung zurückzuweisen. Derjenige, der abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich unter Benutzung der Fahrtrichtungsanzeiger ankündigen, sich möglichst weit rechts einordnen und vor dem Abbiegen auf den nachfolgenden Verkehr achten. Wird kein Beteiligter diesen Sorgfaltsanforderungen gerecht, so ist davon auszugehen, dass der Unfall für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis darstellt.

Besonders schwerwiegende vorsätzliche Obliegenheitsverletzung bei Unfallflucht und Verletzung eines Menschen
LG Heidelberg
Nach der Verordnung über den Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung) kommt es nur dann zu einer Erhöhung der Haftungsbeschränkung von 2.500 Euro bis zu einem Betrag von 5.000 Euro und einer damit einhergehenden Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich und besonders schwerwiegend verletzt hat. Es stellt nicht jede Unfallflucht eine besonders schwerwiegende Verletzung der Aufklärungspflicht dar. Das Verhalten des Versicherungsnehmers muss sich vom "Normalfall" einer Unfallflucht, die bloß in der Entfernung des Versicherungsnehmers und des Fahrzeugs vom Unfallort liegt, abheben und es müssen erschwerende Umstände hinzutreten. Eine besonders schwerwiegende vorsätzliche Obliegenheitsverletzung begeht in der Regel, wer sich von der Unfallstelle unerlaubt entfernt, obwohl er weiß oder zumindest damit rechnen muss, dass er einen Menschen verletzt hat.

Indizienbeweis für einen gestellten Verkehrsunfall
LG Köln
Zum Nachweis einer Kollisionsabsprache bedarf es keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es genügt vielmehr die Feststellung von Indizien, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss eines kollusiven Zusammenwirkens zulassen. Auffällig kann der behauptete Zeitpunkt und die Örtlichkeit des angeblichen Unfalls sein, wenn sich der Unfall zur Nachtzeit um 23:37 Uhr in einer eher ruhigen Einbahnstraße ereignet haben soll. Daraus resultiert typischerweise, dass unbeteiligte Zeugen des Unfallhergangs nicht zur Verfügung stehen. Hinzu kommt, dass die Art des behaupteten Unfallhergangs - Kollision mit einem parkenden PKW - eine besonders häufige Konstellation bei gestellten Verkehrsunfällen darstellt, weil sie sich leicht und ohne nennenswertes Verletzungsrisiko von den Beteiligten inszenieren lässt. Dass die Schilderung des Unfallhergangs nicht plausibel erscheint, ist ebenfalls als mögliches Indiz für einen manipulierten Verkehrsunfall anerkannt.

Nutzungsausfallentschädigung bei einer verzögerten Ersatzbeschaffung
AG Hamm
Eine Wiederbeschaffungsdauer von 29 Tagen begründet dann keine dem Geschädigten anzulastende Verzögerung, wenn trotz nachweislicher Recherche in Autohäusern und im Internet kein Fahrzeug zum im Gutachten vorgegebenen Preis vorher gefunden werden konnte.

Beweis von Schäden durch mut- oder böswillige Handlungen dritter Personen
LG Duisburg
1. Bei Schäden durch mut- oder böswilliger Handlungen Dritter (hier: Kratzer am Fahrzeug) muss der Versicherungsnehmer zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen, dass er das Fahrzeug zur behaupteten Zeit am behaupteten Ort unverkratzt abgestellt und dort später verkratzt vorgefunden hat.
2. Ein Schaden durch mut- oder böswillige Handlungen Dritter ist nicht bewiesen, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden nicht bei der Polizei angezeigt hat bzw. nicht dargelegt hat, wenn der Umfang und die Art der Kratzspuren für einen „normalen" Vandalismusschaden untypisch sind und wenn sich der Versicherungsnehmer in einer schlechten wirtschaftlichen Situation befindet (eidesstattliche Versicherung und Hartz IV) und er den Schaden als Lackierer selbst preiswert beheben kann.

Kostenschuldner bezüglich Beseitigung einer Ölspur durch Feuerwehr ist der Halter des Fahrzeugs
BGH
Regelmäßig ist allein der Eigentümer und Halter eines Schleppers für die Herbeiführung einer Ölspur durch sein Fahrzeug allein verantwortlich. Schädigende Ereignisse bei dem Fahrzeugbetrieb sind nicht unabwendbar, wenn sie ihre Ursache in Fehlern der Beschaffenheit des Fahrzeugs oder im Versagen seiner Vorrichtungen haben. Dazu zählt insbesondere auch das Hinterlassen einer Ölspur. Ist ein schuldhaftes Verhalten einer zuvor beauftragten Reparaturwerkstatt in Bezug auf die den Einsatz der Feuerwehren auslösende Undichtigkeit der Schmierölleitung und die Erkennbarkeit des Ölaustritts während der Probefahrt nicht feststellbar, haftet der Halter des Fahrzeugs allein für die Kosten des Feuerwehreinsatzes zur Beseitigung der Ölspur.

Beifahrer muss nicht auf Verkehrszeichen achten
OLG Hamm
Der Bei- und Mitfahrer in einem Kraftfahrzeug ist grundsätzlich nicht verpflichtet, während der Fahrt hinsichtlich der Verkehrslage und/oder der Örtlichkeiten einschließlich der Beschilderung durch Verkehrszeichen aufmerksam zu sein. Denn er selbst ist nicht als Verkehrsteilnehmer und auch nicht als "Adressat" der Verkehrszeichen anzusehen. Steht ein Fahrerwechsel an, trifft den neuen Fahrer auch keine spezielle Verpflichtung, sich bei dem bisherigen Fahrer darüber zu erkundigen, ob es beschränkende Verkehrsregelungen gibt vor dem Hintergrund, dass der ehemalige Fahrzeuglenker zur diesbezüglichen Aufmerksamkeit verpflichtet war.

Eine Regelung in den Versicherungs- und Tarifbedingungen eines Kfz-Haftpflichtversicherers, wonach bei unzutreffenden Angaben im Versicherungsantrag zu Merkmalen der Beitragsberechnung rückwirkend der Beitrag gilt, der den tatsächlichen Merkmalen entspricht, ist wegen Verstoßes gegen § 19 VVG unwirksam
LG Dortmund
1. Die Klausel "Folgen von unzutreffenden Angaben: Machen Sie im Antrag oder während der Laufzeit des Vertrages unzutreffende Angaben zu Merkmalen zur Beitragsberechnung oder haben sie Änderungen nicht angezeigt und ist deshalb ein zu niedriger Beitrag berechnet worden, so gilt rückwirkend ab Beginn des laufenden Versicherungsjahres der Beitrag, der den tatsächlichen Merkmalen zur Beitragsberechnung entspricht", ist unwirksam, soweit sie die Beitragserhöhung an falsche Angaben knüpft, die im Versicherungsantrag gemacht worden sind. Denn die Bestimmung weicht vom halb zwingenden, § 32 VVG, § 19 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab und umgeht die in § 19 VVG geregelten Schutzvorkehrungen zugunsten des Antragstellers. So stellt K.4.3 AKB weder auf die in § 19 VVG für erforderlich gehaltene Textform der Antragsfragen ab, noch sieht die Regelung in den AKB als Voraussetzung für das Prämienerhöhungsverlangen eine Belehrung des Versicherers über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vor, wie sie in § 19 Abs. 5, Satz 1 VVG geregelt ist.
2. Auf § 19 Abs. 4 VVG kann die Klägerin ihr Verlangen nach einer erhöhten Versicherungsprämie ebenfalls nicht stützen. Zwar lässt diese Vorschrift selbst bei schuldloser Anzeigepflichtverletzung eine auf den Beginn der Versicherungsperiode rückwirkende Prämienerhöhung zu und das Verlangen der L nach einer Prämienerhöhung kann zwanglos als Vertragsänderungsverlangen nach § 19 Abs. 4 VVG verstanden werden, allerdings liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen ein Versicherer nach § 19 VVG berechtigt wäre, die Prämie wegen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu ändern.
3. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die L den Beklagten wie in § 19 Abs. 1, Satz 1 VVG gefordert, in Textform nach den für die Tarifierung maßgebenden Umständen gefragt hat oder ob die ganze Auftragsannahme - wie im Maklervertrieb nicht unüblich - in elektronischer Form erfolgt ist .
4. Jedenfalls fehlt es aber an einem Hinweis auf die Folgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Denn § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG bestimmt, dass dem Versicherer die Rechte nach dem Absätzen 2 bis 4 nur zustehen, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass dem Streitverkündeten eine "entsprechende Belehrung" zugegangen ist. Trotz Hinweises des Gerichts hat sie aber diese sehr allgemein gehaltene Behauptung weder konkretisiert noch den Hinweis auf die Rechtsfolgen der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht vorgelegt, so dass das Gericht nicht beurteilen kann, ob ein solcher Hinweis überhaupt den gesetzlichen Anforderungen genügt. Da der Versicherer dafür darlegungs- und beweisbelastet ist, dass er den Antragsteller in gehöriger Art und Weise auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht hingewiesen hat, da er nach dem eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 5 VVG auch das Recht auf Vertragsanpassung nur ausüben kann, wenn er einen Hinweis erteilt hat, kann das Gericht die Voraussetzungen nicht feststellen, unter denen der L eine Prämienanpassung nach § 19 VVG möglich gewesen wäre.
5. Das Belehrungserfordernis nach § 19 Abs. 5, Satz 1 VVG ist auch nicht entbehrlich. Die Klägerin macht dazu geltend, dass der Beklagte oder der Streitverkündete die falschen Angaben zum Verwendungszweck der Fahrzeugflotte arglistig gemacht haben. In einem solchen Fall würde eine fehlende oder unrichtige Belehrung der Ausübung der Rechte nach §§ 19 Abs. 2 - 4 VVG nicht entgegenstehen, weil der arglistig Handelnde nicht schutzwürdig ist. Die Voraussetzungen eines arglistigen Handelns entweder durch den Beklagten selbst oder den Streithelfer sind jedoch von der Klägerin nicht dargelegt worden.

Pflicht des Fahrzeugführers bei Annäherung an Bahnübergang
LG Detmold
1. Die Schadensverteilung erfolgt auch bei Unfällen zwischen Schienenbahnen und Kfz auf Bahnübergängen nach § 17 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 StVG .. Danach hängt im Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung entscheiden in erster Linie das Maß der Verursachung, das Gewicht der von den Beteiligten gesetzten Schadensursachen und wie sie sich beim konkreten Unfall ausgewirkt haben.
2. Auszugehen ist dabei zunächst von den Betriebsgefahren. Dabei ist die allgemeine Betriebsgefahr der fahrenden Bahn aufgrund der großen, bewegten, schienengebundenen Masse und dem langen Bremsweg grundsätzlich höher als die des fahrenden Kfz.
3. Das Bahnunternehmen muss sich zudem das Verschulden eines für die Gewährleistung der Sicherheit an Bahnübergängen beauftragten Unternehmens nach § 278 BGB zurechnen lassen.
4. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 StVO darf sich der Straßenverkehr Bahnübergängen nach Satz 1 nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern. Mäßig ist die Geschwindigkeit dann, wenn die Wartepflicht erfüllt werden kann, ohne dass eine Gefahrbremsung notwendig wird. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort.
5. Wenn die Schranke geöffnet ist, darf der Kraftfahrer jedoch darauf vertrauen, dass - auch bei Unübersichtlichkeit-kein Zug kommt. Ist die Geschwindigkeit vor dem Bahnübergang auf die allgemein innerorts zugelassene Geschwindigkeit beschränkt, darf sich der Fahrer auch mit dieser Geschwindigkeit dem Bahnübergang nähern. Denn der Kraftfahrer hält die an Bahnübergängen vorgeschriebene mäßige Geschwindigkeit ein, wenn er sich im Rahmen der allgemein für die benutzte Straße zugelassenen Höchstgeschwindigkeit fortbewegt.

Zum Nachweis eines Vandalismusschadens
LG Köln
Der vom Versicherungsnehmer zu beweisende Vandalismusschaden ist nicht nachgewiesen, wenn der Schaden im Bereich einer Tiefgarage entstanden sein soll, die Schäden aber mit einem Hammer am Fahrzeug so platziert worden sind, dass dieses rundherum bei allen auszutauschenden Komponenten nur mit einem Schlag und nur so tief beschädigt worden ist, dass die Teile auch billig instandgesetzt werden können und diese Hammerschläge weithin zu hören gewesen sein müssen.

Haftungsverteilung nach Kollision eines Pkw mit einem nach Aussteigen aus dem Bus die Fahrbahn überquerenden Fußgängers
OLG München
Auch wenn ein Fußgänger gemäß § 25 Abs. 3 StVO beim Überschreiten einer Fahrbahn den Fahrzeugverkehr zu beachten und diesem grundsätzlich den Vorrang einzuräumen hat, darf der Fahrzeugverkehr beim Vorbeifahren an Haltestellen im Sinne von § 20 Abs. 1 StVO nicht darauf vertrauen, dass ihm dieser Vorrang auch tatsächlich gewährt wird. Dabei ist § 20 Abs. 1 StVO auch dann anwendbar ist, wenn der Bus gerade anfährt. Kommt es daher zu einer Kollision eines nach dem Aussteigen aus einem Bus hinter diesem die Fahrbahn überquerenden Fußgänger mit einem in Fahrtrichtung des Busses fahrenden Pkw, so ist regelmäßig eine hälftige Schadensteilung angemessen.

Vertragspartner bei der vorläufigen Deckung
AG Bremen
Der Halter ist nicht per se Vertragspartner für das vorläufige Deckungsschutzverhältnis in der Kfz-Haftpflichtversicherung.

Kein Mitverschulden bei Kopfverletzungen infolge des Nichttragens eines Fahrradhelms
BGH
Der Schadensersatzanspruch eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, ist jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert.

Vorfahrtsberechtigung besteht bis zum Verlassen der Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge des Fahrzeugs
BGH
Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße ist gegenüber Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, so lange vorfahrtsberechtigt, bis er die Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge seines Fahrzeugs verlassen hat.

Reparaturaufwand kann auf Basis des Audatex-Systems geschätzt werden
OLG Saarbrücken
1. Der für eine Fahrzeugreparatur erforderliche Arbeitsaufwand kann im Normalfall auf der Grundlage des Audatex-Systems in Verbindung mit der Sachkunde eines Kfz-Sachverständigen geschätzt werden.
2. Zu Grunde zu legen sind die Stundenverrechnungssatz und die Ersatzteilkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt, auch wenn es sich um die teure Werkstätte einer Luxusmarke handelt. Stehen jedoch mehrere markengebundene Fachwerkstätten zur Auswahl und haben diese bei gleichartigen Leistungen unterschiedliche Preise, so ist der Geschädigte gehalten, die günstigste Werkstatt zu beauftragen.
3. Dem Geschädigten sind gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die erforderlichen Sachverständigenkosten zu erstatten, wobei der Geschädigte zwar den günstigsten Weg zu wählen hat, jedoch zur Darlegung der Schadenshöhe regelmäßig die Vorlage einer Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen ausreicht. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages. Dies gilt sowohl für das Grundhonorar als auch für die Nebenkosten (Schreib- und Kopierkosten, Fahrtauslagen etc). Eine Beschränkung auf pauschale Nebenkosten in Höhe von 100 € kommt nicht in Betracht.
4. Dem Geschädigten steht lediglich die Unkostenpauschale in Höhe von 25 € zu, nicht in Höhe von 30 € oder mehr.
5. Anwaltskosten sind im Regelfall lediglich in Höhe einer Geschäftsgebühr von 1,3 zu erstatten, nur in mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbundenen Fällen, etwa des Erfordernisses einer vorherigen umfangreichen Klärung der Sach- und Rechtslage durch den Rechtsanwalt, in Höhe einer darüber hinausgehenden Gebühr, namentlich einer Geschäftsgebühr von 1,8. 6. Die Rechtsanwaltskosten für eine Deckungsanfrage beim Rechtsschutzversicherer sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung weder erforderlich noch zweckmäßig.

Schadensbild kann gegen vom Versicherungsnehmer zu beweisenden Vandalismusschaden sprechen
LG Köln
In der Vollkaskoversicherung bestehen für den Versicherungsnehmer nicht die für einen Diebstahl anerkannten Beweiserleichterungen, sondern er muss den Vollbeweis für das Vorliegen einer mutwilligen und böswilligen Beschädigung seines Fahrzeugs erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen derartiger Schäden grundsätzlich anhand des Schadenbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Der vom Versicherungsnehmer zu beweisende Vandalismusschaden ist nicht nachgewiesen, wenn der Schaden im Bereich einer Tiefgarage entstanden sein soll, die Schäden aber mit einem Hammer am Fahrzeug so platziert worden sind, dass dieses rundherum bei allen auszutauschenden Komponenten nur mit einem Schlag und nur so tief beschädigt worden ist, dass die Teile auch billig instandgesetzt werden können und diese Hammerschläge weithin zu hören gewesen sein müssen.

Anforderungen an ein konstitutives Schuldanerkenntnis
AG Ahrensburg
1. Zu den Voraussetzungen eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses in Abgrenzung zu einem (lediglich) deklaratorischen Schuldanerkenntnis.
2. Eine stillschweigende Haftungsbeschränkung zugunsten des Kaufinteressenten bei Probefahrten ist allenfalls bei Verhandlungen mit einem gewerblichen, nicht aber mit einem privaten Anbieter in Betracht zu ziehen.

Keine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit in der Annahme, dass die Regulierungsbereitschaft des Versicherers bereits positiv geklärt sei
OLG Saarbrücken
Hält der mit der Erfüllung der Aufklärungsobliegenheit beauftragte, von der Versicherungsnehmerin getrennt lebende Ehemann aufgrund von Erklärungen des Versicherungsvertreters die Regulierungsbereitschaft des Versicherers für geklärt, so kann das auf Verärgerung über die Dauer der Regulierung erfolgte Verschweigen einer Zeugin gegenüber dem Sachbearbeiter nicht als arglistig betrachtet werden.

Falsche Angaben zu einem erheblichen Vorschaden als arglistige Täuschung
LG Bonn
1. Die Pflicht zur Aufklärung des Schadensereignisses beinhaltet die Offenbarung aller Umstände, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind. Fragen des Versicherers nach Vorschäden sind von dem Versicherungsnehmer daher vollständig und richtig zu beantworten.
2. Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt.
3. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann.
4. Der vom Versicherer zu führende Beweis, dass der Versicherungsnehmer mit der Abgabe einer objektiv falschen Erklärung das Regulierungsverhalten bewusst beeinflussen wollte, kann durch einen Indizienbeweis geführt werden. Dabei ist anerkannt, dass für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers indiziell spricht, wenn er in einem Fragebogen falsche Angaben zu erheblichen Vorschäden macht.
5. Der Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG ist bei arglistigem Verhalten nicht anwendbar.

Anspruch auf Rückforderung von Versicherungsleistungen aus Anlass fingierter Verkehrsunfälle
OLG Köln
Bei Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation des Unfallgeschehens hindeuten, spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Rechtsgutverletzung mit Einwilligung des Verletzten erfolgte und der Verkehrsunfall manipuliert, mithin nur vorgetäuscht war. Als solche Anzeichen sind vier Unfälle desselben Fahrzeugführers im Abstand von nur wenigen Monaten, leichte Auffahr- oder Ausparkunfälle ohne Personenschäden und ohne unmittelbare Zeugen mit nicht nachvollziehbarer Einschaltung der Polizei sowie teilweise Inkompatibilität der Schäden anzusehen. Von fingierten Verkehrsunfällen kann auch aufgrund des Umstandes ausgegangen werden, dass an den Unfällen jedes Mal auf beiden Seiten Personen aus derselben Region in Italien beteiligt waren.

Sichtfahrgebot auf Autobahnen gilt nicht für kleine Gegenstände
OLG Köln
Auf Autobahnen gilt das Sichtfahrgebot jedenfalls nicht für solche Hindernisse, die bezüglich der jeweils herrschenden Sichtbedingungen erst außergewöhnlich spät erkennbar sind. Das gilt insbesondere für relativ kleine und bei Dunkelheit sich kaum von der Fahrbahn abhebende Gegenstände, die besonders schwer erkennbar sind. Als relativ kleine Gegenstände in diesem Sinn sind solche anzusehen, die kleiner als ein ganzer Reifen sind. Überfährt ein Fahrer in einer solchen Konstellation einen kleinen Gegenstand, so spricht nicht ein Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß gegen das Sichtfahrgebot und damit eine unangepasste Geschwindigkeit.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Fahrzeug
OLG München
Kommt es zu einer Kollision zwischen einem Linksabbieger, der die zweite Rückschaupflicht verletzt hat und einem in unklarer Verkehrslage überholenden Fahrzeug, so ist eine Haftungsverteilung von 70 : 30 zu Lasten des überholenden Fahrzeugs angemessen. Gegen den Linksabbieger kann im Einzelfall der Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen die zweite Rückschaupflicht sprechen. Der Linksabbieger muss dann beweisen, dass er seiner zweiten Rückschaupflicht genügt hat.

Anspruch auf Nutzungsausfall auch für die Zeit bis zur Entscheidung über die Unfallregulierung
AG Hamburg-Harburg
Im Rahmen der Verkehrsunfallregulierung ist Nutzungsausfall für das beschädigte Fahrzeug nur für den Zeitraum zu ersetzen, der benötigt wird, um das Fahrzeug zu reparieren oder zu ersetzen. Ist der Geschädigte nicht in der Lage, die Kosten vorzustrecken, umfasst der Zeitraum auch die Zeit, die er verstreichen lässt, bis eine Entscheidung über die Regulierung des Unfallschadens fällt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Geschädigte aufgrund verzögerter Bearbeitung des Falls annehmen kann, dass es zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Ansprüche kommen könnte.

Jede Unfallflucht stellt zugleich eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar
AG Essen
1. Derjenige, der einen Unfall verursacht hat, weiß, dass ihn eine Wartepflicht trifft und er verpflichtet ist, alles Notwendige zu veranlassen, um zur Aufklärung des Sachverhaltes und seiner Beteiligung an dem Unfall beizutragen. Diese Pflichtverletzung ist mithin nicht nur vorsätzlich, sondern auch arglistig im Sinne von § 28 Abs. 3, Satz 2 VVG erfolgt, so dass in jedem Fall eine Leistungsfreiheit der Klägerin eingetreten ist.
2. Das Verlassen der Unfallstelle schränkt die Möglichkeit des Versicherers ein, Feststellungen zu treffen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes oder zur Minderung des Schadens dienlich sein könnten und stellt deshalb selbst bei eindeutiger Haftungslage ein vertragswidriges Verhalten des Versicherungsnehmers dar, welches dem Verschweigen maßgeblicher Umstände durch den Versicherungsnehmer gleichgesetzt werden muss. Dieses Verhalten ist als arglistig einzustufen, wenn dem Versicherungsnehmer bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Dabei ist eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers nicht erforderlich.
3. Die Unfallflucht ist deswegen als arglistig einzustufen, denn sie ist potentiell geeignet, die Aufklärung des Tatbestandes und die Ermittlung des Haftungsumfanges der Versicherung nachteilig zu beeinflussen.

Die mangelnde Kausalität kann auch bei einer Unfallflucht des Versicherungsnehmers einem Regress des Haftpflichtversicherers entgegenstehen
AG Hamm
1. Auch wenn der Versicherungsnehmer sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat und gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen hat, scheidet ein Regress des Versicherers jedenfalls gemäß § 28 Abs. 3 VVG aus, weil die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. Aus der polizeilichen Unfallaufnahme war bekannt, dass der Versicherungsnehmer das Fahrzeug geführt hatte. Etwas anderes hätte er auch mittelbar nach dem Unfall nicht erklären können. Die Polizei hatte die Verkehrstüchtigkeit des Versicherungsnehmers festgestellt. Der Versicherungsnehmer hatte den Unfallhergang aus seiner Wahrnehmung geschildert. Etwas anderes hätte er gegenüber der Haftpflichtversicherung ebenfalls nicht erklären können. Die Polizei hat die Unfallschäden durch zahlreiche Fotos festgehalten. Weitergehend hätte auch der Versicherungsnehmer den Schaden an Ort und Stelle nicht sichern oder der Versicherung beschreiben können.
2. Durch das Unterlassen der Unfallanzeige und des Schadens hat der Versicherungsnehmer auch nicht arglistig gehandelt. Die strafrechtliche Verurteilung wegen Unfallflucht bedeutet nicht ohne weiteres die Annahme einer arglistigen Obliegenheitsverletzung. Die arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Die Daten, welche der Versicherungsnehmer hätte mitteilen können, waren aufgrund des polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfalles und der Darlegung der Schadenshöhe durch einen Rechtsanwalt des Geschädigten vollständig bekannt. Der Versicherungsnehmer konnte nicht annehmen, dass dem Versicherer durch eine weitere Schadensanzeige seinerseits ein größerer Schaden entstehen könnte.

Feststellungsklage gegen den Schadenversicherer bei Unklarheiten über die Schadenshöhe
OLG Karlsruhe
1. Erhält der Versicherungsnehmer zum Ausgleich seines Schadens eine Zahlung von einem Dritten, der als Schädiger haftpflichtig ist, so vermindert diese Zahlung den Schaden, welchen der Versicherungsnehmer gegen seinen Schadenversicherer geltend machen kann.
2. Eine auf Feststellung der Leistungspflicht des Versicherers gerichtete Klage kann nur dann Erfolg haben, wenn sich feststellen lässt, dass dem Versicherungsnehmer ein Schaden im Sinne der Versicherungsbedingungen entstanden ist. Lässt sich auch durch eine Beweisaufnahme nicht mehr klären, ob der ursprüngliche Schaden die bereits von einem Dritten erhaltene Zahlung übersteigt, ist die Feststellungsklage unbegründet.

Anspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Haftpflichtversicherer auf Zahlung eines Vorschusses auf die Kosten der Rechtsverfolgung bei behauptetem manipulierten Unfall
AG Wipperfürth
Einem Versicherungsnehmer kann ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses auf die Kosten der Rechtsverfolgung durch die Versicherung zustehen. Nach dem VVG hat der Versicherer die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen. Ob der Versicherungsnehmer dem Dritten haftet, ist grundsätzlich im Haftpflichtprozess zu entscheiden, dagegen ist die Frage, ob der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz zu gewähren hat, im Deckungsprozess zu klären (Trennungsprinzip). Im Deckungsprozess kann daher die Frage, ob seitens des Versicherungsnehmers ein manipulierter Unfall vorliegt, unerheblich sein.

Übergangsfähiger Erwerbsschaden bei verkehrsunfallbedingtem Verlust von ALG II
OLG Stuttgart
Voraussetzung für einen übergegangenen Schadensersatzanspruch auf den Träger der Rentenversicherung ist, dass der Geschädigte zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls einen - zukünftigen - Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte und dieser durch den Unfall weggefallen ist. Das wiederum setzt die Erwerbsfähigkeit des Unfallgeschädigten zum Zeitpunkt des Unfalls voraus, was von dem klagenden Rentenversicherungsträger darzulegen und zu beweisen ist.

Versicherer muss bei falschen Angaben über Personenschäden und Schadenshergang nicht zahlen
OLG München
Der Versicherungsnehmer, der seinen Versicherer zu einem Zeitpunkt informiert, zu dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort noch hätte abwehren können, verletzt keine Aufklärungsobliegenheit. Etwas anderes gilt aber, wenn der Versicherungsnehmer Fragen zu einem Fahrzeugschaden unrichtig beantwortet. Der Versicherer ist wegen arglistiger Verletzung der Aufklärungsobliegenheit frei, wenn die Frage nach Personenschäden als auch den näheren Umständen des Schadenshergangs in solchem Maße unrichtig beantwortet worden sind, dass hierdurch die Sachaufklärung, insbesondere hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugführers, erheblich erschwert wurde.

Feststellungsklage kann bei "sehr, sehr geringer" Möglichkeit eines Schadenseintritts unzulässig sein
BGH
Eine auf Ersatz künftigen Schadens gerichtete Feststellungsklage (hier: dass der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter bzw. seinen Kindern alle materiellen und immateriellen Schäden, die ihm aus der Gesundheitsgefährdung, die durch den Asbestkontakt in den Mieträumen in der Wohnung bereits entstanden sind und/oder als Spätfolgen noch entstehen werden, zu ersetzen) kann unzulässig sein, wenn bei verständiger Würdigung aus der Sicht der Mieter kein Grund besteht, mit einem Schaden "wenigstens zu rechnen". Dies kann der Fall sein, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts zwar minimal über dem allgemeinen Lebensrisiko liegt, jedoch aufgrund der Umstände des Einzelfalls als "sehr, sehr gering" anzusehen ist.

Absicherung der Unfallstelle, Schutzzweck des Zeichens 295 zu Anl. 2 StVO
OLG Hamm
1. Ein Verstoß gegen § 15 StVO wegen unterbliebener Absicherung einer Unfallstelle liegt dann nicht vor, wenn eine Absicherung durch Warnzeichen deshalb entbehrlich ist, weil das Fahrzeug rechtzeitig als stehendes Hindernis erkannt werden konnte.
2. Zeichen 295 zu Anlage 2 der StVO (durchgezogene Linie) entwickelt keine Schutzwirkung zu Gunsten des nachfolgenden Verkehrs, sondern dient der Sicherheit des Gegenverkehrs.

Erhöhung des Schmerzensgeldes bei Trunkenheit des Unfallverursachers
OLG München
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wirkt sich die Trunkenheit des Unfallverursachers (hier: BAK 1,56 o/oo) schmerzensgelderhöhend aus. Erleidet der Geschädigte bei einem durch Trunkenheit des Unfallverursachers mitverursachten Verkehrsunfall eine HWS-Distorsion 1. Grades sowie eine Prellung des Unterarms und der Tibia links und ist er aufgrund des Unterbleibens einer ausreichenden Schmerztherapie auch mehr als neun Monate nach dem Unfall noch arbeitsunfähig, so kann ein Schmerzensgeld in Höhe von 13.000 Euro angemessen sein. Bei einem Verdienstausfall von Personen, die am Anfang ihres Berufslebens oder einer beruflichen Neuorientierung stehen, ist diesen ein sog. Schätzungsbonus zuzubilligen, weil ihnen die Chance genommen wurde, zu beweisen, dass sie ihre berufliche Tätigkeit erfolgreich betrieben hätten. Ergeben sich keine Anhaltspunkte, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, dann liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen.

Schmerzensgeld kann bei Vorschädigung und fehlendem Beweis des Kausalzusammenhangs ausgeschlossen sein
OLG München
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer unfallbedingten HWS-Distorsion besteht nicht, wenn bereits vor dem Unfall degenerative morphologische Veränderungen an der Wirbelsäule vorlagen und der Nachweis, dass Schmerzzustände durch das unfallbedingte Trauma verursacht sind, nicht geführt ist. Die Feststellungen der behandelnden Ärzte sind zwar eine wichtige Erkenntnisquelle, genügen aber nicht zur Klärung der regelmäßig entscheidenden Frage des Kausalzusammenhangs. Bei den Diagnosen der behandelnden Ärzte handelt es sich meist um eine sog. Verdachtsdiagnose. Es dürfen nämlich nicht Befund und Befinden verwechselt werden. Aufgabe des behandelnden Arztes ist die Bekämpfung eines bestimmten negativen Befindens und nicht die "Behandlung des Röntgenbildes". Aus diesem Grund ist auch einem Beweisantrag auf Einvernahme der Ärzte als sachverständige Zeugen in der Regel nicht nachzukommen.

Bei BAK von 1,0 Promille Leistungskürzung der Fahrzeugvollversicherung um 70 Prozent gerechtfertigt
AG Dippoldiswalde
Bei Kraftfahrzeugfahrern, die im Zustand der relativen Fahruntüchtigkeit mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,07 Promille eine Fahrt antreten, ist berücksichtigen, inwieweit diese tatsächliche BAK an die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit heran reicht. Je näher der Wert an den Grenzwert von 1,1 Promille herankommt, umso eher ist eine Leistungskürzung der Fahrzeugvollversicherung um 70% gerechtfertigt. Eine Rückrechnung hinsichtlich des BAK-Wertes ist nicht vorzunehmen, wenn die entnommene Blutprobe noch nicht mehr als 2 Stunden nach dem Verkehrsunfall erfolgt ist, und feststeht, dass der Fahrer in den vier Stunden vor dem Unfall drei bis vier Bier getrunken hat.

Haftungsverteilung bei Kollision im Begegnungsverkehr auf einer schmalen Fahrbahn
OLG München
Kommt es auf einer 4,65m breiten Fahrbahn zu einer streifenden Kollision zweier Fahrzeuge im Begegnungsverkehr und war hierfür zumindest mitursächlich, dass eines der Fahrzeuge nicht äußerst rechts, sondern etwas versetzt zum Fahrbahnrand fuhr, so ist eine Haftungsverteilung von 70 : 30 zu dessen Lasten angezeigt. Das Rechtsfahrgebot ist, wie schon der Wortlaut ("möglichst weit rechts") erkennen lässt, nicht starr. Was "möglichst weit rechts" ist, hängt ab von der Örtlichkeit, der Fahrbahnart und -beschaffenheit, der Fahrgeschwindigkeit, den Sichtverhältnissen, dem Gegenverkehr und anderen Umständen. Dabei hat der Kraftfahrer einen gewissen Beurteilungsfreiraum, solange er sich so weit rechts hält, wie es im konkreten Fall im Straßenverkehr "vernünftig" ist. Ohne Zweifel sind in der genannten Fallgestaltung aber die einander entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer zum Fahren auf "halbe Sicht" verpflichtet.

Haftungsverteilung bei Kollision zweier sich an einer Engstelle begegnender Fahrzeuge
OLG Saarbrücken
Kommt es zu einer Kollision zweier Fahrzeuge im Begegnungsverkehr in Höhe einer Fahrbahnverengung aufgrund am Fahrbahnrand geparkter Fahrzeuge und lässt sich nicht mehr feststellen, wo genau die Kollision sich ereignet hat, so ist eine hälftige Schadensteilung angemessen, wenn keinem der Fahrzeuge eine Verletzung der Wartepflicht nachgewiesen werden kann. Bleibt der Unfallhergang ungeklärt, so ist die von beiden Parteien jeweils zugestandene Fahrweise zu Grunde zu legen. Die Wartepflicht setzt allerdings nicht schon dann ein, wenn Gegenverkehr abstrakt möglich ist, vielmehr muss er erkennbar sein. Vor einer unübersichtlichen Engstelle muss der Wartepflichtige besonders vorsichtig prüfen, ob Vorbeifahren den Gegenverkehr behindern würde.

Kein Mitverschulden eines Radfahrers wegen Nichttragens eines Fahrradhelms
AG Wesel
Ein durch einen Verkehrsunfall geschädigter Radfahrer trägt keine Mitschuld aus dem Umstand heraus, dass er zum Unfallzeitpunkt keinen Fahrradhelm getragen hat. Dabei ist generell anzunehmen, dass das Tragen eines Fahrradhelms geeignet ist, Kopfverletzungen von Radfahren zu verhindern oder abzumildern. Eine gesetzliche Pflicht zum Tragen eines Fahrradhelms existiert nicht. Allerdings muss die Rechtsprechung - nicht zuletzt aufgrund des grundgesetzlichen Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzips - Rücksicht auf die fehlende Regelung durch den Gesetzgeber nehmen und dementsprechend bei der Annahme einer Obliegenheitsverletzung Zurückhaltung walten lassen.

Vorfahrtverstoß des in Kreisverkehr Einfahrenden rechtfertigt alleinige Haftung
AG Hamburg-Barmbek
Kommt es im Bereich einer vorfahrtsgeregelten Einmündung zu einer Kollision zwischen dem wartepflichtigen und dem vorfahrtsberechtigten Verkehr, so spricht der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig dafür, dass der Wartepflichtige den Unfall durch eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung verursacht hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Kollision im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich oder im Einfahrtsbereich eines Kreisverkehrs ereignet hat. Aus diesem Vorfahrtsverstoß kann sich ohne Hinzutreten weiterer Umstände eine alleinige Haftung des Einfahrenden ergeben.

Haftungsquote bei Verletzung der Verkehrssicherungspflichten bei Straßenmarkierungsarbeiten
AG Papenburg
Sind im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Arbeitsmaschine für Fahrbahnmarkierungsarbeiten erforderliche Sicherungsmaßnahmen nicht hinreichend beachtet worden und ist es dadurch zu einem Verkehrsunfall mit einem Kraftfahrzeugführer gekommen, so kann eine Haftungsquotelung von 70 % zu Lasten des Straßenbauträgers und 30 % zu Lasten des Fahrzeugführers als angemessen angesehen werden. Dies ist der Fall, wenn ein Mitarbeiter des Straßenbauträgers den Kfz-Fahrer durch bloße Handbewegungen auf die Gegenfahrbahn gewiesen hat und die Arbeitsmaschine plötzlich angefahren ist, ohne sich durch Hupzeichen und Sichtkontakt mit dem Mitarbeiter dahingehend zu verständigen, dass ein gefahrloses Passieren möglich ist. In der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile erscheint die grobe Verkehrssicherungspflichtverletzung des Straßenbauträgers deutlich gravierender, so dass eine Haftungsverteilung zu seinen Lasten vorzunehmen ist.

Ersatz von Rettungskosten für die Vermeidung eines Wildunfalls
AG Lörrach
1. Nach §§ 83, 90 VVG schuldet der Versicherer dem Grunde nach Ersatz derjenigen Schäden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass er den Eintritt des Versicherungsfalls - hier: des Zusammenstoßes mit Haarwild - durch ein Ausweichmanöver abzuwenden sucht.
2. Der Fahrer muss das Ausweichmanöver nach den Umständen objektiv für erforderlich halten dürfen.
3. Erforderlich ist ein schadensträchtiges Ausweichmanöver dabei nur, wenn der hierdurch verursachte Schaden in einem angemessenen Verhältnis zum ansonsten durch den Versicherungsfall möglichen Schaden steht. Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn es andernfalls nur zu einer Kollision mit einem kleineren Tier gekommen wäre.

Das wirtschaftliche Interesse betroffener Reparaturbetriebe, ihre Verhandlungsposition durch eine Abtretung von betragsmäßig geringen Forderungen an ein Partnerunternehmen und dessen anschließende Einreichung einer Sammelklage zu stärken, stellt keinen rechtlichen Grund dar, von dem im Versicherungsvertrag wirksam vereinbarten Abtretungsverbot zwischen Versicherungsnehmer und dem Versicherungsunternehmen abzuweichen
OLG Köln
Ein in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltenes Abtretungsverbot ist wirksam, da dem Versicherer ein legitimes Interesse zusteht, Einwendungen gegen die Höhe der Entschädigungsleistungen, die sich aus den jeweils konkret vereinbarten Versicherungsbedingungen ergeben, nur im Verhältnis zu seinem Versicherungsnehmer und nicht mit einem ihm aufgedrängten Dritten zu klären. Das wirtschaftliche Interesse der betroffenen Reparaturbetriebe, ihre Verhandlungsposition durch eine Abtretung von betragsmäßig geringen Forderungen und die anschließende Einreichung einer Sammelklage zu stärken, stellt rechtlich keinen Grund dar, von dem im Versicherungsvertrag wirksam vereinbarten Abtretungsverbot abzuweichen.

Mehrfache Beschädigung eines Kraftfahrzeuges während desselben Ausparkvorgangs; mehrmaliger Abzug der Selbstbeteiligung
AG Traunstein
Es liegt ein einheitlicher Ausparkvorgang und damit ein einheitlicher Versicherungsfall vor, wenn ein Versicherungsnehmer beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke eine Säule beschädigt und bei nochmaligem Rückwärtsfahren noch einmal diese Säule touchiert. Die Kaskoversicherung darf in diesem Fall die Selbstbeteiligung nur einmal in Abzug bringen.

Mangelnde Kausalität einer Obliegenheitsverletzung kann auch bei Unfallflucht Regress entgegenstehen
AG Hamm
Auch wenn sich ein Versicherungsnehmer unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat und gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen hat, scheidet ein Regress des Haftpflichtversicherers aus, wenn die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. Dies kann der Fall sein, wenn aus der polizeilichen Unfallaufnahme bekannt war, dass der Versicherungsnehmer das Fahrzeug geführt hatte, und wenn nicht ersichtlich ist, welche andere Unfallregulierung hätte erfolgen können, wenn der Unfallhergang und die Schadensentstehung durch den Versicherungsnehmer unmittelbar nach dem Unfall in gleicher Weise geschildert worden wäre.

Haftung nach starkem Abbremsen ohne verkehrsbedingten Anlass
AG Leverkusen
Der Fahrer eines Kfzs kann einen Verkehrsunfall schuldhaft verursacht haben, wenn er zunächst unter Verstoß gegen StVO den Fahrstreifen gewechselt und anschließend ohne verkehrsbedingten Anlass stark gebremst hat. In einem solchen Fall kann der grundsätzlich gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis widerlegt sein. In die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge sind nur feststehende Umstände einzustellen, die sich nachweislich auf den Unfall ausgewirkt haben. Dies kann dazu führen, in der genannten Fallgestaltung der Geschädigte keine Anspruchskürzung hinnehmen muss.

Mitverschulden bei Zusammenstoß mit einer geöffneten Fahrertür eines parkenden Fahrzeugs
AG Duisburg
Beim Zusammenstoß eines Kfz mit einer geöffneten Fahrertür eines parkenden Fahrzeugs kann der Verstoß eines aus dem parkenden Fahrzeug Aussteigenden doppelt so schwer wiegen wie der Verstoß des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs, wenn dem Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht eines Aussteigenden der Verkehrsverstoß des Fahrers gegenübersteht, einen zu geringen Seitenabstand eingehalten zu haben. Nach der StVO muss sich derjenige, der aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dabei erfasst die Vorschrift auch die Situationen, in denen sich der Insasse eines Kfzs im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um etwa Gegenstände ein- oder auszuladen oder einem Kind beim Ein- oder Aussteigen zu helfen.

Haftungsverteilung bei Kollision eines vorbeifahrenden Fahrzeugs mit geöffneter Tür eines parkenden Fahrzeugs
OLG Düsseldorf
Ein in ein parkendes Fahrzeug Einsteigender muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für Situationen, in welchen der Insasse eines Kraftfahrzeugs sich im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Einsteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um einem Kind beim Ein- oder Aussteigen zu helfen. Konkret gehört auch das in der geöffneten Fahrzeugtür vorgenommene Anschnallen eines Kindes auf der Rückbank noch zum Einsteigevorgang, innerhalb dessen der Fahrzeugführer äußerste Sorgfalt aufbringen muss. Kommt es während dieses Vorgangs zu einer Kollision eines vorbeifahrenden Fahrzeugs mit der Tür des haltenden Pkw, so kommt eine Mithaftung des haltenden Pkw nicht in Betracht, sofern nicht nachgewiesen ist, dass die Tür für den annähernden Pkw überraschend geöffnet wurde und weitere Feststellungen insbesondere zur Annäherungsgeschwindigkeit nicht getroffen werden können

Auffahrender kann gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis bei plötzlichem Stillstand des Vorausfahrenden erschüttern
OLG München
Bei einem typischen Auffahrunfall haftet der Auffahrende grundsätzlich allein und in voller Höhe. Im Allgemeinen spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen denjenigen, der auf ein vor ihm (vorwärts) fahrendes oder stehendes Fahrzeug fährt, weil der Auffahrende in diesen Fällen entweder zu schnell, mit unzureichendem Sicherheitsabstand oder unaufmerksam gefahren ist. Der Auffahrende kann den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern oder ausräumen, wenn er Umstände darlegt und beweist (nicht etwa nur behauptet), die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen atypischen Geschehensablaufs ergeben. Erschüttert bzw. ausgeräumt ist der Anscheinsbeweis etwa dann, wenn der Auffahrende nachweist, dass der Vorausfahrende unter Verstoß gegen die StVO ohne zwingenden Grund plötzlich stark gebremst hat. Jedenfalls mit einem "ruckartigen" Stehenbleiben muss der Hintermann nicht ohne weiteres rechnen, etwa einem Abwürgen des Motors mit sofortigem Stillstand des Fahrzeugs.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Fahrzeugs des fließenden Verkehr mit der geöffneten Tür eines anderen Fahrzeugs
OLG Frankfurt am Main
Kommt es zu einer Kollision eines Fahrzeugs des fließenden Verkehrs mit der bereits geöffneten Fahrertür eines auf einem Parkstreifen am Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeugs, so ist eine hälftige Schadensteilung angezeigt. Dabei ist unerheblich, dass es kein feststehendes Maß für einen Seitenabstand gibt und der Seitenabstand ca. 70 cm betragen hat. Es macht einen Unterschied, ob der Unfall durch einen zu geringen Seitenabstand von einer sich (weiter) öffnenden Tür verursacht wird oder ob gegen eine bereits offen stehende Tür gefahren wird. In letzterem Fall liegt ein größeres Verschulden vor, sodass eine hälftige Schadensteilung gerechtfertigt ist.

Alleinverschulden bei Kollision eines rückwärts ausparkenden Fahrzeugs mit Fahrzeug des fließenden Verkehrs
OLG München
Kommt es zu einer Kollision eines rückwärts ausparkenden Fahrzeugs mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, so spricht ein Anscheinsbeweis für das Alleinverschulden des rückwärts Ausparkenden. Will der rückwärts Ausparkende der Alleinhaftung wenigstens teilweise entgehen, muss er den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern, indem er vorträgt und beweist, dass er entweder bereits solange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte und musste oder dass er sich so weit von der Stelle des Losfahrens entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass die Tatsache seines Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann. Der Anscheinsbeweis ist nicht erschüttert, wenn lediglich nicht widerlegt ist, dass die theoretische Möglichkeit besteht, dass das rückwärts ausgeparkte Fahrzeug etwa 20 Sekunden nach dem abgeschlossenen Ausparkvorgang auf der Hauptstraße stand.

Nutzungsausfallschaden auch für erforderlichen Zeitraum der Schadensfeststellung
OLG München
Für den Zeitraum einer Reparatur- oder Ersatzbeschaffung und für den erforderlichen Zeitraum der Schadensfeststellung ist regelmäßig Nutzungsausfallentschädigung zu leisten. Den Geschädigten trifft aus dem Gesichtspunkt seiner Schadensminderungspflicht heraus die Obliegenheit, die Ausfallzeit auf ein Mindestmaß zu beschränken. Der Geschädigte verletzt nicht dadurch seine Schadensminderungspflicht, wenn er ein Beweissicherungsverfahren zur Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens einleitet. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Geschädigte, nachdem er erkannt hat, dass im Wege des selbständigen Beweisverfahrens keine schnelle Beweissicherung erfolgen wird, selbst die Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens veranlasst hat.

Die Offenbarung des Aufbewahrungsortes eines Wohnungsersatzschlüssels muss kausal für die Entwendung des Fahrzeugs gewesen sein
OLG Naumburg
Berichtet der Versicherungsnehmer einer fremden Person von der Aufbewahrung eines Wohnungsersatzschlüssels in einer Gartenlaube, muss bei anschließender Entwendung vom Kfz aus der Haustiefgarage in der Teilkaskoversicherung für eine Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 81 Abs. 2 VVG feststehen, dass der Ersatzschlüssel von dem unbekannt gegebenen Täter für das Eindringen in das Wohnhaus verwendet wurde.

Haftungskürzung auf 100 Prozent wegen Fahrerflucht eines alkoholisierten Fahrers ohne Fahrerlaubnis
LG Detmold
Reicht der Verschuldensgrad des Schädigers aufgrund der Vielzahl und der Schwere der Verstöße an die Grenze des Vorsatzes heran, ist eine Haftungskürzung auf 100 Prozent gerechtfertigt. Davon ist auszugehen, wenn der Schädiger den Verkehrsunfall in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand begangen hat, keine Fahrerlaubnis besitzt und sich anschließend unerlaubt vom Unfallort entfernt.

Kürzung der Kaskoversicherungsleistung auf 25 % bei BAK von 1,09 Promille möglich
OLG Karlsruhe
Bei einer Blutalkoholkonzentration, die unter dem Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit (heute: 1,1 Promille) liegt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, ob eine alkoholbedingte Fahruntauglichkeit festgestellt werden kann. Dabei sind insbesondere mögliche Ausfallerscheinungen zu berücksichtigen. Vor allem kann ein Fahrfehler, der typischerweise auf Alkohol zurück zu führen ist, ein wesentliches Indiz bei der Beweiswürdigung sein. Übersieht eine Versicherungsnehmerin bei einer festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,09 Promille nachts auf einer Bundesstraße eine ausreichend ausgeschilderte Baustelle, kann dies zum Nachweis einer alkoholbedingten Fahruntauglichkeit auch dann ausreichen, wenn die Versicherungsnehmerin durch Vorgänge der Fahrzeugbedienung abgelenkt war. Die Kürzung der Versicherungsleistung nach dem VVG hängt von einer Abwägung der Umstände des Einzelfalles ab. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,09 Promille kann eine Kürzung auf 25 % in Betracht kommen.

Zur Abgrenzung von Unfallschäden und Vorschäden
OLG Hamm
1. Das vom Geschädigten in einem Haftpflichtprozess nach einem Verkehrsunfall vorgelegte Schadensgutachten eines von ihm beauftragten Sachverständigen stellt substantiierten Parteivortrag dar. Werden Feststellungen im Schadensgutachten bestritten, ist auf Antrag des Geschädigten über die erheblichen Tatsachen Beweis zu erheben.
2. Zur Darlegung des Wiederbeschaffungswerts eines unfallbeschädigten Fahrzeugs, das unstreitig einen reparierten Vorschaden an anderer, deutlich abgrenzbarer Stelle erlitten hatte, genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast jedenfalls dann, wenn er einen durch Privatgutachten unterlegten Wert behauptet, der Vorschaden durch ein Schadensgutachten aktenkundig ist und der Geschädigte zudem unter Beweisantritt behauptet, dass dem Privatsachverständigen der Vorschaden bekannt gewesen ist. Der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Wertfeststellung steht dann nicht entgegen, dass der Kläger mangels eigener Kenntnisse nicht zu den konkreten den Vorschaden betreffenden Reparaturmaßnahmen vorträgt.

Risikoausschlussklausel für Rennveranstaltungen ist wirksam
OLG Karlsruhe
Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Kfz-Kaskoversicherung, wonach kein Versicherungsschutz besteht für - Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, einschließlich dazugehöriger Übungsfahrten, und - jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, und von diesem Leistungsausschluss wiederum Fahrsicherheitstrainings ausnimmt, ist weder überraschend i. S. v. § 305 c Abs. 1 BGB noch intransparent i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 BGB).

Schadensersatz bei Zusammenstoß mit einem vorausfahrenden Fahrzeug wegen Abrutschens von der Kupplung
AG Gummersbach
Nach der StVO muss der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird und dass eine Kollision zwischen den Fahrzeugen ausgeschlossen wird. Dagegen kann der Fahrer eines Fahrzeugs verstoßen haben, wenn er zunächst kurz hinter dem Fahrzeug des Geschädigten anhielt, dann jedoch von der Kupplung abrutschte, worauf hin sein Fahrzeug ruckartig nach vorn versetzt wurde und mit dem Fahrzeug des Geschädigten kollidierte. Bei einem erheblichen Verursachungs- und Verschuldensgrad kann eine etwaige Betriebsgefahr des Geschädigtenfahrzeuges vollständig zurücktreten.

Vollständige Leistungskürzung bei Trunkenheitsfahrt mit 2,07 Promille
LG Dortmund
1. In der Fremdversicherung (der Ehefrau) wird die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Leasingnehmer (Ehemann) des kaskoversicherten Fahrzeugs dem Versicherungsnehmer gemäß § 47 VVG zugerechnet.
2. In der Kaskoversicherung berechtigt eine Beschädigung des versicherten Fahrzeugs im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (hier mit 2,07 Promille) den Versicherer in der Regel zu einer Leistungskürzung auf Null.

Kein Verwertungsverbot einer aus medizinischen Gründen veranlassten Blutuntersuchung nach einem Verkehrsunfall
OLG Naumburg
1. Erfolgt nach einem Unfall bei der verletzten Person im Krankenhaus eine aus medizinischen Gründen vorgenommene Blutuntersuchung, welche eine Blutalkoholkonzentration von 2,8‰ ergibt, und findet dieser Umstand Eingang in das Ermittlungsverfahren und in den Zivilprozess, folgt aus dem Umstand, dass die Untersuchung aus medizinischen Gründen erfolgte, kein Verwertungsverbot, allenfalls ist zugunsten des Geschädigten von möglichen Messungenauigkeiten auszugehen.
2. Ein Außerachtlassen selbst der Betriebsgefahr setzt zumindest die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit voraus, was von Seiten des Halters und Fahrers zu beweisen ist. Dabei reicht es nicht, wenn dies nur wahrscheinlich erscheint, aber auch eine gewisse Überschreitung nicht ausgeschlossen werden kann.

Interessenkonflikt eines Haftpflichtversicherers möglich bei einem angeblich verabredeten Unfall
OLG München
Wird im Haftpflichtprozess nach einem Verkehrsunfall neben dem Fahrer und Halter des versicherten Fahrzeugs zugleich der Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in Anspruch genommen und verteidigt dieser sich mit der Behauptung, der behauptete Unfall sei in Wahrheit von den vorgeblich Unfallbeteiligten verabredet worden, so sind weder der Haftpflichtversicherer noch ein von ihm beauftragter Rechtsanwalt in der Lage, beide Ziele gleichzeitig zu verfolgen, ohne dabei die vom Versicherungsvertrag geschützten Interessen der Versicherten zu verletzen. Vielmehr stehen sowohl der Haftpflichtversicherer als auch der von ihm beauftragte Rechtsanwalt in einem unlösbaren Interessenkonflikt, der es ihnen verbietet, im Haftpflichtprozess zugleich das eigene Anliegen und das des Versicherten zu vertreten.

Wartepflichtiger darf nicht ohne weiteres auf ein Blinken des Vorfahrtberechtigten vertrauen
OLG Dresden
Das Setzen des rechten Blinkers begründet allein noch kein Vertrauen, dass der Blinkende auch tatsächlich abbiegt. Der Wartepflichtige darf nur dann auf ein Abbiegen vertrauen, wenn über das bloße Betätigen des Blinkers hinaus in Würdigung der Gesamtumstände, sei es durch eine eindeutige Herabsetzung der Geschwindigkeit oder aber einen zweifelsfreien Beginn des Abbiegemanövers eine zusätzliche tatsächliche Vertrauensgrundlage geschaffen worden ist, die es im Einzelfall rechtfertigt, davon auszugehen, das Vorrecht werde nicht (mehr) ausgeübt. Regelmäßig überwiegt in solchen Fällen der Haftungsanteil des Wartepflichtigen. Es kommt daher eine Haftungsverteilung von 70:30 zu Lasten des Wartepflichtigen Betracht bei einer Kollision zwischen einem auf der Vorfahrtstraße fahrenden PKW, der nach rechts blinkt, dann aber weiter geradeaus fährt, und dem nach links auf die Vorfahrtstraße auffahrenden Wartepflichtigen.

Verkehrsunfall wegen Einfahrens bei Rotlicht in Kreuzungsbereich kann zu Alleinhaftung führen
LG Dortmund
Ist ein Fahrzeugführer in einen Kreuzungsbereich eingefahren, obwohl die ihn betreffende Lichtzeichenanlage Rotlicht angezeigt hat, und ist es daraufhin im Kreuzungsbereich zu einem Verkehrsunfall gekommen, so ergibt eine Abwägung der gegenseitigen Verschuldensanteile eine Haftungsquote des genannten Fahrzeugführers zu 100 Prozent. Der Verursachungsbeitrag des Fahrzeugführers überwiegt d en Verursachungsbeitrag des gegnerischen Fahrzeugführers so sehr, dass die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Letztgenannten dahinter vollständig zurücktritt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der das Rotlicht missachtende Fahrzeugführer im Kreuzungsbereich nicht angehalten hat, um dem möglicherweise anfahrenden Verkehr den Vorrang zu gewähren. Es handelt sich somit nicht um einen sog. "Kreuzungsräumer", der es verkehrsbedingt nicht schafft, die Kreuzung bei Grünlicht der für ihn geltenden Lichtzeichenanlage zu verlassen, sondern er ist vielmehr pflichtwidrig erst bei Rotlicht in den Kreuzungsbereich eingefahren.

Zur Unterbrechung eines Kausalzusammenhangs zwischen Schädigung und Verletzungsfolge bei schwerwiegendem ärztlichen Behandlungsfehler nach einer Körperverletzung
OLG Hamm
Der objektive Zurechnungszusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Verletzungsfolge - hier: nicht indizierte Entscheidung des Arztes zur Entfernung eines nach vorangegangenem Tritt des Klägers in den Genitalbereich des Geschädigten verletzten Hodens - wird durch das fehlerhafte Verhalten des behandelnden Arztes nicht unterbrochen, sofern der Arzt nicht in außergewöhnlichem Maß die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer acht lassen und gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen hat.

Verursachungsbeitrag eines aus einer Grundstückseinfahrt auf Fahrbahn abbiegenden Fahrzeugführers
OLG Hamm
Ein Verkehrsteilnehmer hat den mit dem Einfahren aus einer Grundstückseinfahrt auf die Fahrbahn regelmäßig verbundenen besonderen Gefahren durch erhöhte Sorgfaltsanforderungen Rechnung zu tragen. Eine besondere und anhaltende Gefährlichkeit des Fahrmanövers eines Verkehrsteilnehmers kann sich daraus ergeben, dass er mit geringer Geschwindigkeit aus einer Grundstückseinfahrt in die Fahrbahn einbiegt, um unmittelbar danach nach links abzubiegen, obwohl sich erkennbar mit hoher Geschwindigkeit ein weiteres Fahrzeug der Grundstückseinfahrt nähert. In diesem Fall hat der Fahrzeugführer seine Einfahrt auf die Fahrbahn zurückstellen und sich besonders darüber zu vergewissern, dass der nachfolgende Verkehr die Linksabbiegeabsicht erkennen wird. Kommt er diesen Sorgfaltsanforderungen nicht nach, so belastet ihn ein erhebliches unfallursächliches Verschulden bei Kollision der beiden Fahrzeuge.

Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung neben der Geltendmachung von Vorhaltekosten und Schadensminderungspflichten
OLG Frankfurt
Sofern der Geschädigte den Ersatz von Vorhaltekosten begehrt, ist eine weitere Entschädigung für Nutzungsausfall grundsätzlich nicht geschuldet. Begehrt er nur eine Nutzungsausfallentschädigung, so ist er im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gehalten, die Schadensbehebung in angemessener Frist durchzuführen, einen längeren Nutzungsausfall gegebenenfalls durch die Anschaffung eines Interimfahrzeugs zu überbrücken sowie den Schädiger auf die Gefahr eines drohenden höheren Schadens hinzuweisen.

Schutzbriefversicherung: Abtretung eines Anspruchs auf Ersatz von Abschleppkosten durch den Versicherungsnehmer an das Abschleppunternehmen nach dessen Beauftragung durch einen Automobilclub
AG Hannover
Ruft der Versicherungsnehmer einer Schutzbriefversicherung anlässlich einer Autopanne einen Autoclub herbei, bei dem er Mitglied ist, und bestellt der Mitarbeiter des Autoclubs ein Abschleppunternehmen, kommt ein Vertrag über die Abschleppleistung zwischen dem Autoclub und dem Abschleppunternehmen zu Stande. Eine an der Unfallstelle unterschriebene Erklärung des Versicherungsnehmers, dass er seine Ansprüche gegen die Schutzbriefversicherung an den Abschleppunternehmer abtrete, geht ins Leere, weil dem Versicherungsnehmer gar keine Abschleppkosten entstanden sind, da diese bereits der Autoclub aufgrund des zustande gekommenen Vertrages trägt.

Ansprüche eines Abschleppunternehmens gegen den Versicherten der Schutzbriefversicherung eines Automobilclubs bei Pannenhilfe
AG Hannover
Der Fahrzeugführer geht auf Grund seiner Mitgliedschaft in einem Automobilclub einschließlich einer Schutzbriefversicherung davon aus, dass der Automobilclub als "Leistungsempfänger" die Arbeit eines Abschleppunternehmens in Auftrag gibt und bezahlt. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass der Fahrzeugführer eine vertragliche Vereinbarung mit dem Abschleppunternehmen eingehen will. Wendet sich ein Versicherter der Schutzbriefversicherung eines Automobilclubs anlässlich einer Autopanne zwecks Pannenhilfe telefonisch an den Automobilclub, der seinerseits ein Abschleppunternehmen beauftragt, so stehen diesem mangels eines Vertragsverhältnisses keine Ansprüche gegen den Fahrzeugführer zu.

Auffahrender kann gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis bei plötzlichem Stillstand des Vorausfahrenden erschüttern
OLG München
Bei einem typischen Auffahrunfall haftet der Auffahrende grundsätzlich allein und in voller Höhe. Im Allgemeinen spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen denjenigen, der auf ein vor ihm (vorwärts) fahrendes oder stehendes Fahrzeug fährt, weil der Auffahrende in diesen Fällen entweder zu schnell, mit unzureichendem Sicherheitsabstand oder unaufmerksam gefahren ist. Der Auffahrende kann den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern oder ausräumen, wenn er Umstände darlegt und beweist (nicht etwa nur behauptet), die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen atypischen Geschehensablaufs ergeben. Erschüttert bzw. ausgeräumt ist der Anscheinsbeweis etwa dann, wenn der Auffahrende nachweist, dass der Vorausfahrende unter Verstoß gegen die StVO ohne zwingenden Grund plötzlich stark gebremst hat. Jedenfalls mit einem "ruckartigen" Stehenbleiben muss der Hintermann nicht ohne weiteres rechnen, etwa einem Abwürgen des Motors mit sofortigem Stillstand des Fahrzeugs.

Haftungsverteilung bei Kollision eines Fahrzeugs des fließenden Verkehr mit der geöffneten Tür eines anderen Fahrzeugs
OLG Frankfurt
Kommt es zu einer Kollision eines Fahrzeugs des fließenden Verkehrs mit der bereits geöffneten Fahrertür eines auf einem Parkstreifen am Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeugs, so ist eine hälftige Schadensteilung angezeigt. Dabei ist unerheblich, dass es kein feststehendes Maß für einen Seitenabstand gibt und der Seitenabstand ca. 70 cm betragen hat. Es macht einen Unterschied, ob der Unfall durch einen zu geringen Seitenabstand von einer sich (weiter) öffnenden Tür verursacht wird oder ob gegen eine bereits offen stehende Tür gefahren wird. In letzterem Fall liegt ein größeres Verschulden vor, sodass eine hälftige Schadensteilung gerechtfertigt ist.

Alleinverschulden bei Kollision eines rückwärts ausparkenden Fahrzeugs mit Fahrzeug des fließenden Verkehrs
OLG München
Kommt es zu einer Kollision eines rückwärts ausparkenden Fahrzeugs mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, so spricht ein Anscheinsbeweis für das Alleinverschulden des rückwärts Ausparkenden. Will der rückwärts Ausparkende der Alleinhaftung wenigstens teilweise entgehen, muss er den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern, indem er vorträgt und beweist, dass er entweder bereits solange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte und musste oder dass er sich so weit von der Stelle des Losfahrens entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass die Tatsache seines Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann. Der Anscheinsbeweis ist nicht erschüttert, wenn lediglich nicht widerlegt ist, dass die theoretische Möglichkeit besteht, dass das rückwärts ausgeparkte Fahrzeug etwa 20 Sekunden nach dem abgeschlossenen Ausparkvorgang auf der Hauptstraße stand.

Nutzungsausfallschaden auch für erforderlichen Zeitraum der Schadensfeststellung
OLG München
Für den Zeitraum einer Reparatur- oder Ersatzbeschaffung und für den erforderlichen Zeitraum der Schadensfeststellung ist regelmäßig Nutzungsausfallentschädigung zu leisten. Den Geschädigten trifft aus dem Gesichtspunkt seiner Schadensminderungspflicht heraus die Obliegenheit, die Ausfallzeit auf ein Mindestmaß zu beschränken. Der Geschädigte verletzt nicht dadurch seine Schadensminderungspflicht, wenn er ein Beweissicherungsverfahren zur Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens einleitet. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Geschädigte, nachdem er erkannt hat, dass im Wege des selbständigen Beweisverfahrens keine schnelle Beweissicherung erfolgen wird, selbst die Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens veranlasst hat.

Zurechnung der groben Fahrlässigkeit des Leasingnehmers in der Fremdversicherung
LG Dortmund
1. In der Fremdversicherung (der Ehefrau) wird die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Leasingnehmer (Ehemann) des kaskoversicherten Fahrzeugs dem VN gem. § 47 VVG zugerechnet.
2. In der Kaskoversicherung berechtigt eine Beschädigung des versicherten Fahrzeugs im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (hier mit 2,07‰) den Versicherer in der Regel zu einer Leistungskürzung auf Null.

Kein Unfall in der Kaskoversicherung bei Schädigung eines Reifens infolge eines Überfahrens der Bordsteinkante
OLG Hamm
Das Überfahren einer Bordsteinkante gehört auch bei einem Sportwagen (hier: Porsche 911 GT3) zum normalen Betrieb eines Fahrzeuges. Kommt es beim Überfahren der Bordsteinkante zu einer Schädigung des Reifens, die sich im Laufe der Zeit ausweitet und dazu führt, dass der Reifen platzt, so liegt kein Unfall in der Kaskoversicherung vor. Ob ein Ereignis, das die wesentlichen Merkmale eines Unfalls aufweist, als Betriebsschaden oder als Unfallschaden anzusehen ist, hängt entscheidend von der Verwendung des Fahrzeugs ab. Wird ein Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb bestimmten Risiken ausgesetzt, so handelt es sich bei den daraus entstehenden Fahrzeugschäden im Zweifel um Betriebsschäden. Ein Sportwagen mit Straßenzulassung wird typischerweise im gewöhnlichen Fahrbetrieb dem Risiko ausgesetzt, beim Überfahren von auch abgesenkten Bordsteinen Reifenschäden zu erleiden.

Wirksamkeit eines in den AKB vereinbarten Abtretungsverbots unter Vorbehalt der Genehmigung des Schutzbriefversicherers
AG Münster
Ein in den AKB vereinbartes Abtretungsverbot eines Schutzbriefversicherers, wonach Ansprüche auf Leistung vor der endgültigen Feststellung nur abgetreten oder verpfändet werden mit ausdrücklicher Genehmigung des Versicherers, ist wirksam. Es handelt sich weder um eine überraschende Klausel noch verstößt es gegen § 307 BGB. Die Berufung auf das Abtretungsverbot ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Berufung auf das Abtretungsverbot durch den Schutzbriefversicherer ist ausnahmsweise unbeachtlich, wenn die Abtretung nicht durch einen im Zweckbereich der Norm liegendes Interesse gedeckt ist oder die Berufung auf das Abtretungsverbot Treu und Glauben widerspricht. Eine besondere Rechtsmissbräuchlichkeit kann auch nicht dadurch erkannt werden, dass der Versicherers sich im Prozess auf das Abtretungsverbot beruft.

Abtretungsausschluss für Ansprüche auf Schutzbriefleistungen vor endgültiger Feststellung zulässig
AG Köln
Ein Versicherer darf in seinen Zusatzbedingungen für einen Autoschutzbrief vorsehen, dass Ansprüche auf Versicherungsleistungen vor ihrer endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Genehmigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer weder abgetreten noch verpfändet werden dürfen. Ein solches Abtretungsverbot soll erreichen, dass es der Versicherer im Rahmen der Schadensabwicklung nur mit seinem Vertragspartner und nicht mit einem beliebigen Dritten zu tun hat. Dieses nachvollziehbare Interesse einer Versicherung überwiegt das Interesse des Versicherungsnehmers, sich mit Schäden, gegen die er versichert ist, möglichst wenig befassen zu müssen. Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers durch Verwendung der Klausel kann nicht angenommen werden.

Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms nur in Ausnahmefällen
OLG Celle
Ein Radfahrer ist aus Eigenschutzgesichtspunkten nur gehalten, einen Schutzhelm zu tragen, wenn er sich als sportlich ambitionierter Fahrer auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt oder infolge seiner persönlichen Disposition - etwa aufgrund von Unerfahrenheit im Umgang mit dem Rad oder den Gefahren des Straßenverkehrs - ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht. Kollidiert ein Radfahrer im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen, sich verkehrswidrig verhaltenden Verkehrsteilnehmer und erleidet er infolge des Sturzes unfallbedingte Kopfverletzungen, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, muss er sich gleichwohl nur in den genannten Ausnahmefällen ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen.

Anscheinsbeweis bei einem Kettenauffahrunfall nur unter bestimmten Voraussetzungen
OLG Hamm
Im Falle eines Kettenauffahrunfalls kommt ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen ist. Kann eine solche Feststellung nicht getroffen werden, fehlt es an einem typischen Geschehensablauf, der ein Verschulden des zuletzt in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmers aufdrängt, weil dann die Möglichkeit besteht, dass der Vorausfahrende für den auffahrenden Verkehrsteilnehmer unvorhersehbar und ohne Ausschöpfung des Anhalteweges "ruckartig" zum Stehen gekommen ist, indem er seinerseits auf seinen Vordermann aufgefahren ist und deswegen den Anhalteweg für den ihm nachfolgenden Verkehrsteilnehmer unzumutbar verkürzt hat.

Keine Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines Unfallschadens ohne Eigentumsnachweis
LG Duisburg
Einem Kläger fehlt die Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines angeblichen Verkehrsunfallschadens, wenn er seine Eigentümerstellung nicht belegen kann. Davon ist auszugehen, wenn es sowohl an einem Kaufvertrag mangelt als auch ein konkreter Eigentumserwerbsvorgang nicht ansatzweise klargestellt wird. Allein der Umstand, selbst in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen zu sein, genügt nicht zum Eigentumsnachweis.

Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes berechtigt nicht zur Kürzung der Kosten des Schadensgutachters
BGH
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls darf einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und kann von dem Schädiger als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Der Tatrichter darf nicht nicht die dem Geschädigten vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Kosten allein auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes kürzen. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.

Kein Nutzungsersatz für den Ausfall eines Rennrads
LG Heilbronn
Bei der Einschränkung der Gebrauchsmöglichkeit eines zu Sportzwecken genutzten Rennrades steht dem Eigentümer kein Anspruch auf Zahlung eines Nutzungsausfallschaden zu. Anders als bei einem für den alltäglichen Gebrauch vorgesehenen Pkw oder einem als alternatives Verkehrsmittel genutztes Fahrrad kann die jederzeitige Benutzbarkeit eines individuell, zur sportlichen Betätigung, angepassten Rennrades für den Eigentümer zwar ein die Lebensqualität und insbesondere das körperliche Wohlbefinden ("gesund und fit") erhöhender Vorteil sein, der jedoch keinen ersatzfähigen materiellen Wert darstellt. Dass das Rennradfahren das sportliche Hobby des Fahrradeigentümers ist (hier: im Zuge dessen er jährlich ca. 100.000 bis 150.000 Höhenmeter zurücklegt), betrifft nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung, sondern den Bereich der (intensiven) Freizeitgestaltung, der einer vermögensrechtlichen Bewertung schlechthin entzogen ist.

Überlegungsfrist von fünf Tagen nach Zugang des Gutachtens angemessen
AG Hamburg-Wandsbek
Dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls ist nach Zugang des Gutachtens eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen für die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Reparatur durchgeführt werden soll. Hierbei erscheint in der Regel eine Überlegungsfrist von 5 Tagen angemessen. Auch wenn der Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungsaufwand nicht erreicht, ist dem Geschädigten zuzubilligen, innerhalb der angemessenen Überlegungsfrist zu entscheiden, ob eine Reparatur tatsächlich durchgeführt, auf Basis des Gutachtens eine fiktive Schadensabrechnung vorgenommen oder trotz etwaiger finanzieller Einbußen eine Ersatzbeschaffung vorgenommen werden soll. Die Entscheidung hierüber obliegt allein der Dispositionsfreiheit des Geschädigten.

Geschädigter eines Verkehrsunfalls muss vor Einholung eines Sachverständigengutachtens keine Marktforschung betreiben
AG Westerstede
Kosten eines vom Geschädigten eines Verkehrsunfalles eingeholten Privatgutachtens sind grundsätzlich ersatzfähig, sofern sie zweckmäßig sind und den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen nicht übersteigen. Die Einholung eines Privatgutachtens zur Abrechnung des Schadensersatzes bei Unfallschaden auf Gutachterbasis ist jedenfalls zweckmäßig. Ohne eine entsprechende Berechnungsgrundlage, deren Musterbeispiel das Sachverständigengutachten schon von seinem Wesen her darstellt, wäre der Geschädigte bei der Wahrnehmung seines gesetzlichen Wahlrechts bei einem Sachschaden benachteiligt. Die Bewertung der Erforderlichkeit richtet sich aus der Sicht eines verständig und wirtschaftlich denkenden Geschädigten und der Kosten, die dieser für geboten erachtet hätte. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, vor der Auftragserteilung Marktforschung zu betreiben bzw. Preisvergleiche anzustellen, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu finden.

Abschleppvorgang bis zum Heimatort des Unfallgeschädigten ist nur im Ausnahmefall erstattungsfähig
AG Ratingen
Die Kosten, die einem Geschädigten aus einem Verkehrsunfall durch das Abschleppen des Fahrzeugs entstanden sind, gehören grundsätzlich zum ersatzfähigen Schaden infolge eines Unfalls. Aufgrund der Schadenminderungspflicht des Geschädigten sind die zu erstattenden Abschleppkosten grundsätzlich auf einen Abschleppvorgang zur nächstgelegen, geeigneten Werkstatt begrenzt. Geeignet in diesem Zusammenhang ist jede nächstgelegene Werkstatt des Herstellers des Fahrzeugs und somit die nächstgelegene Herstellerwerkstatt, da im Reparaturfall davon auszugehen ist, dass jede Vertragswerkstatt in der Lage ist, eine Reparatur fachgerecht durchzuführen. In Ausnahmefällen kann jedoch, ohne dass dem Geschädigten ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht anzulasten ist, auch ein Abschleppvorgang bis zum Heimatort des Geschädigten zu ersetzen sein, wenn andernfalls entsprechende oder höhere Kosten entstehen würden. Abschleppkosten zur Heimatwerkstatt sind auch dann nicht erstattungsfähig, wenn spätere Abholkosten bedeutend günstiger gewesen wären als das Abschleppen bis zur Heimatwerkstatt.

Versicherungsnehmer muss Vollbeweis für das Vorliegen von Beschädigungen an seinem Kfz erbringen
OLG Köln
In der Kfz-Kaskoversicherung gelten für den durch die Vollkaskoversicherung abgedeckten Fall der Beschädigungen durch mut- oder böswillige Handlungen unberechtigter Personen nicht die für den Diebstahlsfall anerkannten Beweiserleichterungen, sondern der Versicherungsnehmer muss den Vollbeweis für das Vorliegen derartiger Beschädigungen erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen von derartigen Schäden grundsätzlich anhand des Schadensbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Im Gegenzug werden auch dem Versicherer, wenn die Beschädigung durch solche Handlungen bewiesen ist, auch keine Beweiserleichterungen für seinen Einwand zuerkannt, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind. Der zunächst von dem Versicherungsnehmer zu führende Nachweis einer bedingungsgemäßen Beschädigung kann damit bereits am Schadensbild scheitern.

Bei ungeklärtem Auffahrunfall kann hälftige Schadensteilung angemessen sein
OLG München
Ist bei einem Auffahrunfall der Anscheinsbeweis für einen schuldhaften Verstoß des Auffahrenden erschüttert, weil nicht auszuschließen ist, dass das vorausfahrende Fahrzeug kurz zuvor überholt hat und vor ihm eingeschert ist, so ist von einem ungeklärten Verkehrsunfall auszugehen. Dies hat zur Folge, dass eine hälftige Schadensteilung angemessen sein kann. Ein zu nahes Auffahren ist innerstädtisch so alltäglich, dass es eine Schockreaktion nicht rechtfertigt, ganz abgesehen davon, dass ein Bremsen, wenn der dahinterfahrende zu dicht aufgefahren sein sollte, erst Recht einen Auffahrunfall provoziert und nicht Unfälle vermeidet.

Überwiegende Haftung des im Baustellenbereich einer Autobahn ohne erkennbaren Grund stark Abbremsenden
LG Wuppertal
Fährt ein Pkw-Fahrer in einem mit baulich getrennten Richtungsfahrspuren versehenen Baustellenbereich einer Autobahn auf das vorausfahrende Kraftfahrzeug auf, haftet er nur zu einem Drittel, wenn feststeht, dass der Vorausfahrende ohne zwingenden Grund stark abgebremst hat. Auf der Autobahn - wenn auch im Baustellenbereich mit einer erheblichen Tempobegrenzung - bei Nacht stark bis zumindest fast zum Stillstand abzubremsen, gefährdet zumindest grob fahrlässig Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer. In einem solchen Fall rechtfertigt dieser erhebliche Sorgfaltspflichtverstoß auch dann eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3, wenn der Auffahrende mit Fernlicht unterwegs war.

Auffahrunfall bei Abwürgen des vorausfahrenden Fahrzeugs nach Anfahrt vor einer Grünlicht anzeigenden Ampel
AG Nordhorn
Ein Auffahrunfall, bei dem das nachfolgende Fahrzug mit dem Vorausfahrenden kollidiert, nachdem dieses vor einer Grünlicht anzeigenden Ampel angefahren und kurz darauf infolge des Abwürgens des Motors wieder zum Stillstand gekommen war, führt zu einer Mithaftung des Vorausfahrenden in Höhe von 25 %.

Zum Nachweis der Kausalität eines Auffahrunfalls für ein HWS- und BWS-Situationstrauma und multiple Bandscheibenvorfälle im Wirbelsäulenbereich
LG Ravensburg
1. Den Geschädigten trifft die Beweislast (Strengbeweis nach § 286 ZPO) dafür, dass er bei einem Verkehrsunfall Verletzungen erlitten hat (so genannte Primärverletzungen). Erst im Rahmen der so genannten Sekundärverletzungen kommt dem Anspruchsteller die Beweiserleichterung nach § 287 ZPO dergestalt zugute, dass bereits der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Unfallbedingtheit der Sekundärfolgen für die Beweiswürdigung im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung ausreichend sein kann.
2. Nichts anderes gilt im Rückforderungsprozess des Kfz-Haftpflichtversicherers, wenn dieser dem angeblich Unfallgeschädigten zuvor ohne Anerkenntnis einen Vorschusses auf die Entschädigung gezahlt hatte. Diesem obliegt damit die Beweislast dafür, dass die Vorschussleistung mit rechtlichem Grund erfolgt ist, somit auch in vollem Umfang für die Kausalität und die Schadenshöhe.
3. Zum Nachweis der Kausalität eines Auffahrunfalls für ein HWS- und BWS-Situationstrauma und multiple Bandscheibenvorfälle im Wirbelsäulenbereich, wenn der dringende Verdacht auf das Vorliegen von degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und entsprechende Beschwerden des Geschädigten besteht (hier: überwiegend Beweiswürdigung).

Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall nach witterungsbedingtem Schleudervorgang
OLG München
Gerät ein Pkw bei winterlichen Witterungsverhältnissen ins Schleudern, kommt es auf der Gegenfahrbahn zum Stehen, wird hierdurch ein Fahrzeug des Gegenverkehrs veranlasst vollständig abzubremsen und fährt hierdurch bedingt ein mit zu hoher Geschwindigkeit geführter Lkw auf dieses auf, so haften der Lkw und das ursprünglich ins Schleudern geratene Fahrzeug für die Schäden des zum Stehen gebrachten Pkw im Verhältnis von 3/4 (Lkw) zu 1/4 (Pkw). Bei der Haftungsabwägung ist in einem solchen Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass der Pkw durch einen vorwerfbaren Verkehrsverstoß auf die Gegenfahrbahn geriet und dort der Pkw wegen der schlechten Sicht- Witterungs- und Fahrbahnverhältnisse ein besonders hohes Gefährdungspotential darstellte.

Unfallgeschädigter istzum bestmöglichen Einsatz seiner Arbeitskraft verpflichtet
OLG Schleswig
Den Unfallgeschädigten trifft ein weitgehendes Mitverschulden am Entstehen des Verdienstausfallschadens, wenn er nach unfallbedingt notwendig gewordener und absolvierter Umschulung entgegen seiner Erwerbsobliegenheit nicht alles Zumutbare unternimmt, um einen seinen Bedürfnissen angepassten Arbeitsplatz in zumutbarer Entfernung zu finden. Es ist nicht Aufgabe des Schädigers oder des Haftpflichtversicherers, dem Geschädigten einen auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Arbeitsplatz nachzuweisen. Der Geschädigte genügt seiner Schadensminderungspflicht nicht mit seiner geringfügigen Tätigkeit mit Einkünften von allenfalls 300 Euro pro Monat. Einzig, wenn es einen seinen Bedürfnissen angepassten Arbeitsplatz in zumutbarer Entfernung überhaupt nicht gäbe oder der Geschädigte aufgrund seiner unfallbedingten Einschränkungen gänzlich unvermittelbar wäre, läge kein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit vor.

Reinigung der Fahrbahn von ausgelaufenen Reinigungsmitteln begründet Schadensersatz gegen Verursacher
OLG Düsseldorf
Die verkehrsgefährdende Verunreinigung der Straße durch Chemikalien (hier: ausgelaufene seifenhaltige Flüssigkeit über alle drei Fahrspuren der Autobahn) ist eine Sachbeschädigung im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes. Die zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen sind daher grundsätzlich vom Schädiger nach zu ersetzen. Konnten Spezialunternehmen erst nach stundenlangen und vielfachen Einsatzfahrten die betroffene Autobahnstrecke wieder in einen solch ordnungsgemäßen Zustand versetzen, dass die Freigabe für den Verkehr erfolgen konnte, so steht dem Geschädigten grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz aller zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen zu.

Zurechnung der Betriebsgefahr beim Brand eines geparkten Kfz
BGH
1. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht.
2. Steht der Brand eines geparkten Kraftfahrzeuges in einem ursächlichen Zusammenhang mit dessen Betriebseinrichtungen, ist der dadurch verursachte Schaden an Rechtsgütern Dritter im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG regelmäßig der Betriebsgefahr zuzurechnen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06, VersR 2008, 656).

Beweiserleichterungen für den Diebstahl gelten nicht für Vandalismusschäden
OLG Köln
In der Kfz-Kaskoversicherung gewährt die Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer für den durch die Vollkaskoversicherung abgedeckten Fall der Beschädigungen durch mut- oder böswillige Handlungen unberechtigter Personen (hier gemäß Teil A "Baustein Kaskoversicherung" Ziff. 1.3 Abs. 3 der zum Vertragsbestandteil gewordenen AKB) nicht die für den Diebstahlsfall anerkannten Beweiserleichterungen, sondern muss er den Vollbeweis für das Vorliegen derartiger Beschädigungen erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen von derartigen Schäden grundsätzlich anhand des Schadensbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Im Gegenzug werden auch dem Versicherer, wenn die Beschädigung durch solche Handlungen bewiesen ist, auch keine Beweiserleichterungen für seinen Einwand zuerkannt, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind. Der zunächst von dem Versicherungsnehmer zu führende Nachweis einer bedingungsgemäßen Beschädigung kann damit bereits am Schadensbild scheitern.

Verkehrsunfallgeschädigter kann bei fiktiver Reparaturkostenabrechnung nur tatsächlich angefallene Bruttokosten geltend machen
BGH
Lässt der Geschädigte einen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, und unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten, so beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten. Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt.

Formularmäßiger Ausschluss der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung
OLG Karlsruhe
1. Die straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung kann von Teilnehmern einer Veranstaltung , bei der Fahrzeuge auf einer geschlossenen Strecke bewegt werden, gegenüber dem Veranstalter zugunsten anderer Teilnehmer wirksam ausgeschlossen werden.
2. Ein solcher Haftungsausschluss ist grundsätzlich auch durch vom Veranstalter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen möglich.
3. Fahrfehler von Teilnehmern einer Veranstaltung, die darauf zielt, den Grenzebereich der eigenen Fahrzeuge zu erarbeiten und zu verbessern, begründen nicht schon deshalb den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens, weil besonders hohe Fahrgeschwindigkeiten zu erhöhten Anforderungen an die Fahrzeugbeherrschung führen.

Haftpflichtversicherer eines Busunternehmens haftet nach Ölunfall für Straßenreinigung
LG Karlsruhe
Einem Straßenreinigungsunternehmen, das mit einem Rahmenvertrag für die Kommune tätig ist, hat gegen den Haftpflichtversicherer eines Busunternehmens wegen eines Ölunfalls Anspruch auf Kostenersatz für die Nassreinigung verschiedener Straßen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er den gegen das Busunternehmen geltend gemachten Erstattungsanspruch dem Grunde nach wirksam anerkannt hat. Davon ist auszugehen, wenn eine Regulierungszusage vorliegt, mit der er zu verstehen gibt, dass er seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt. Darin liegt ein beide Rechtsverhältnisse umfassendes, den Versicherer wie den Versicherungsnehmer verpflichtendes deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten.

Beweis der Entwendung eines Navigationsgerätes bei fehlenden Aufbruchspuren
AG Karlsruhe
1. Der Versicherungsnehmer kann den ihm obliegenden Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls auch ohne die Feststellung von Aufbruchspuren am Kraftfahrzeug führen.
2. Bei Diebstahl eines vom Hersteller eingebauten Navigationsgerätes kann der Versicherungsnehmer eine Entschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes eines neuen Navigationsgerätes desselben Herstellers verlangen.

LKw-Fahrer muss beim Abbiegen im Kreuzungsbereich mit Fußgänger- und Radfahrerfurten Schrittgeschwindigkeit fahren
OLG Hamm
Beschleunigt der Fahrer eines Lkw während eines Rechtsabbiegevorgangs im Kreuzungsbereichen mit Fußgänger- und Radfahrerfurten auf eine Geschwindigkeit von zumindest 16 km/h, sodass der Bereich gebotener Schrittgeschwindigkeit deutlich überschritten ist, handelt er sorgfaltspflichtwidrig. Kommt es zu einer Kollision mit einem Radfahrer, der an den Folgen des Unfalls verstirbt, kann dem Lkw-Fahrer der Vorwurf fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB gemacht werden. Dies gilt zumindest im Fall, wenn er bei angemessener Geschwindigkeit den Geschädigten so frühzeitig hätte erkennen können, dass er noch rechtzeitig vor dem Erreichen der Fußgänger- und Radfahrerfurt einen Bremsvorgang hätte einleiten können und auf diese Weise die Kollision und damit die Tötung des Geschädigten hätte verhindern können.

Land kann für Schaden haften, den ein Pkw beim Durchfahren eines Schlaglochs auf einer Autobahn erlitten hat
OLG Hamm
Das beklagte Land (hier: Nordrhein-Westfalen) haftet aufgrund einer Amtspflichtverletzung (Verkehrssicherungspflichtverletzung) für den Schaden, den ein Pkw beim Durchfahren eines Schlaglochs auf einer Bundesautobahn erlitten hat, wenn das Schlagloch durch eine vom Land zu verantwortende, vermeidbare Gefahrenquelle entstanden ist. Die Verwaltung der Bundesautobahnen obliegt nach dem Grundgesetz eigenverantwortlich den Ländern. Diese im Auftrag des Bundes den Ländern obliegende Verwaltungsaufgabe umfasst die Verpflichtung, für die Sicherheit auf den Autobahnen und damit auch für deren verkehrssicheren Zustand Sorge zu tragen. Deshalb haftet das jeweilige Land wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten auf Autobahnen.

Verjährungshemmung kann bei schwebenden Verhandlungen zurückwirken
BGH
Es genügt für das Vorliegen von die Verjährung hemmenden Verhandlungen, wenn der Berechtigte Anforderungen an den Verpflichteten stellt und dieser nicht sofort ablehnt, sondern sich auf Erörterungen einlässt. Antwortet der Verpflichtete auf die Mitteilung des Berechtigten alsbald in solcher Weise, dass dieser annehmen darf, der Verpflichtete werde im Sinne einer Befriedigung der Ansprüche Entgegenkommen zeigen, so tritt eine Verjährungshemmung ein, die auf den Zeitpunkt der Anspruchsanmeldung zurückzubeziehen ist. Bei schwebenden Verhandlungen wirkt die Hemmung grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, in dem der Gläubiger seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend gemacht hat.

Verursacher eines Verkehrsunfalls trägt grundsätzlich Werkstattrisiko
LG Hamburg
Bei der Beurteilung des Herstellungsaufwandes eines Fahrzeuges nach einem Unfall ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Das Werkstattrisiko geht grundsätzlich zu Lasten des Schädigers. Dabei ist es unerheblich, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten abrechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind. Es besteht kein Grund dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen. Dem Schädiger entsteht dadurch auch kein Nachteil, da er nach den Grundsätzen der Vorteilsanrechnung die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt verlangen kann. Insofern hat er die gleiche Rechtstellung, als wenn er die Reparatur selbst in Auftrag gegeben hätte.

Verzug des Versicherers mit der Schadensregulierung trotz fehlender Einsicht in die Ermittlungsakte
OLG Stuttgart
1. Ein Verzug der Kfz-Haftpflichtversicherung mit der Schadensregulierung nach Ablauf der angemessenen Prüfungsfrist von sechs Wochen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen konnte. Denn der Versicherer kann sich über den Sachverhalt über seinen Versicherungsnehmer bzw. eventuell mitversicherte Personen unterrichten.
2. Die Entscheidung der Eintrittspflicht von einer vorherigen Einsicht in die Ermittlungsakte abhängig zu machen, ist grundsätzlich nicht geboten bzw. erforderlich, zumal mit einer Akteneinsicht erfahrungsgemäß oft erst nach Monaten zu rechnen ist, und ein entsprechendes Zuwarten den berechtigten Interessen des Geschädigten an einer raschen Regulierung zuwiderlaufen würde.
3. Hat der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers durch ein Telefonat mit dem zuständigen Polizeiposten den Sachverhalt zumindest in groben Zügen in Erfahrung bringen und mit den Einlassungen der Unfallbeteiligten abgleichen können, so ist es ihm, wenn ein Mitverschulden des Geschädigten nicht ausgeschlossen ist, zuzumuten, zumindest die Hälfte des geltend gemachten Schadens durch einen Vorschuss, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, zu bezahlen.

Leistungskürzung bei Verkehrsunfall infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit
AG Dippoldiswalde
1. Dass ein alkoholisierter Verkehrsteilnehmer infolge von Alkoholgenuss einen Fahrfehler begeht, wodurch er entweder infolge zu hoher Geschwindigkeit, mangelnder Reaktionsfähigkeit oder alkoholbedingt fehlerhafter Reaktionen von der Fahrbahn nach rechts abkommt, ist eine typische Folge der Alkoholisierung.
2. Ein Autofahrer, der in der Zeit von 15.30 Uhr bis spätestens 19.15 Uhr drei bis vier Bier trinkt, und direkt im Anschluss an das letzte Bier eine Fahrt antritt, handelt grob fahrlässig.
3. Da bei Fahrern, die im Zustand der relativen Fahruntüchtigkeit eine Fahrt antreten, zu berücksichtigen ist, inwieweit die tatsächliche Blutalkoholkonzentration an die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit heran reicht, ist bei Fahrern, deren Blutalkoholkonzentration nahe an den Grenzwert von 1,1 Promille herankommt, eine Leistungskürzung der Fahrzeugvollversicherung um 70% gerechtfertigt.

Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei Beauftragung durch den selbst geschädigten Inhaber eines Autohauses
AG Balingen
1. Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs kann der Geschädigte die durch den Verkehrsunfall verursachten Rechtsverfolgungskosten insoweit ersetzt verlangen, als diese aus seiner Sicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
2. Maßgeblich ist insofern die Beurteilung ex ante; dass die Versicherung den Schaden in der Rückschau umfassend reguliert hat, ist daher unerheblich.
3. Auch wenn der Geschädigte (hier: Inhaber eines Autohauses) durchaus in der Lage ist, einfache Schadensfälle mit der Versicherung selbstständig abzuwickeln, so kommt es letztendlich auf die Fachkunde des Geschädigten nicht an, wenn der Verkehrsunfall nicht einfach gelagert war.

Leistungsausschluss bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung der Verkehrsunfallflucht und mangelndem Kausalitätsgegenbeweis
LG Dresden
Die Kfz-Kaskoversicherung ist bei einer Verkehrsunfallflucht des Versicherungsnehmers wegen vorsätzlicher Verletzung einer Obliegenheit und mangelnder Führung eines Kausalitätsgegenbeweises durch den Versicherungsnehmer gemäß §§ 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VVG leistungsfrei.

Prüfungsfrist des Versicherers und Auskunfts- und Belegpflicht des Geschädigten
LG Köln
1. Dem Kfz-Haftpflichtversicherer, von dem nach einem Verkehrsunfall Zahlung verlangt wird, ist eine angemessene Prüfungsfrist zuzubilligen, vor deren Ablauf eine Klage nicht im Sinne von § 93 ZPO veranlasst ist. Die Dauer der Frist ist in der Regel mit vier bis sechs Wochen zu bemessen. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens.
2. Der Kfz-Haftpflichtversicherer kann nach dem Rechtsgedanken des § 119 Abs. 3 VVG von dem Unfallgeschädigten zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens Auskunft verlangen und die Vorlage von Belegen anfordern, soweit dies dem Geschädigten billigerweise zugemutet werden kann. Ein Anlass zur Klage besteht danach regelmäßig nicht, wenn der Geschädigte es entgegen § 119 Abs. 3 VVG unterlässt, berechtigt angeforderte Auskünfte zu erteilen und Belege zur Verfügung zu stellen.
3. Weist der Geschädigte nicht nach, dass er dem Versicherer das vollständige Sachverständigengutachten vor Klageerhebung übermittelt hat, so hat er die Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen, wenn er innerhalb der Prüfungsfrist Deckungsklage erhebt, und der Versicherer den Schaden mit der Folge einer Hauptsacheerledigung unverzüglich reguliert. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO, der im Rahmen der Billigkeitsentscheidung des § 91a ZPO Anwendung findet.

Verschulden bei Befahren einer Busspur überwiegt Außerachtlassen der Sorgfalt beim Abbiegen
AG Aachen
Erfolgt beim Linksabbiegen durch eine Fahrzeugkolonne hindurch, um auf das Gelände einer Tankstelle zu gelangen, ein Zusammenstoß mit einem Fahrzeug, das neben der Kolonne auf einer Busspur fährt, ist eine Haftung des Benutzers der Busspur zu 60% nicht zu beanstanden. Denn das Befahren einer Busspur ist verbotswidrig. Die Busspur darf nicht - auch nicht aus Praktikabilitätserwägungen heraus - befahren werden. Ein solcher Verkehrsverstoß überwiegt das Außerachtlassen der Sorgfalt beim Abbiegevorgang.

Verwertung eines privat aufgenommenen Verkehrsvideos in einem Zivilgerichtsverfahren
AG München
1. Für die Frage, ob ein privat aufgenommenes Verkehrsvideo in einem Zivilgerichtsverfahren nach einem Verkehrsunfall ausgewertet werden darf, sind die Interessen beider Parteien die gegeneinander abzuwägen.
2. Will ein Unfallbeteiligter von einer zufällig gewonnenen Videoaufnahme im Gerichtsverfahren Gebrauch machen, ist dies zulässig, da der Gebrauch von seinem anerkannten Interesse, Beweise zu sichern, gedeckt wird. Es macht keinen Unterschied, ob Beweismittel erst nach dem Unfall gewonnen werden oder bereits angefertigte Aufnahmen nun mit einer bestimmten Zielrichtung verwertet werden.

Unfall zwischen Fußgänger und Kraftfahrzeug
BGH, Urteil 24.09.2013, VI ZR 255/12
1. Bei einem Unfall zwischen einem Fußgänger und einem Kraftfahrzeug darf bei der Abwägung der Verursachungsanteile im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB nur schuldhaftes Verhalten des Fußgängers verwertet werden, von dem feststeht, dass es zu dem Schaden oder zu dem Schadensumfang beigetragen hat.
2. Die Beweislast für den unfallursächlichen Mitverschuldensanteil des Fußgängers trägt regelmäßig der Halter des Kraftfahrzeugs.

Schmerzensgeldbemessung bei mehreren Operationen wegen Knochenbrüchen und bleibenden Einschränkungen der Gebrauchsfähigkeit des rechten Arms und der rechten Hand
OlG Brandenburg, VersR 2013, 1318
Schmerzensgeld von 20.000,00 EUR bei einer distalen dislozierten Unterarmfraktur rechts, einer distalen dislozierten Humerusfraktur rechts sowie einer distalen dislozierten Radiusfraktur links, insgesamt vier stationären Operationen sowie weiteren zwei ambulanten Operationen, einer stationären Behandlung von 35 Tagen und einer als Dauerschaden verbleibenden erheblichen Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Arms sowie Taubheitsgefühle in dem Unterarm und in der Hand, im Körper verbleibenden Metallteilen und Narben am rechten Arm und den Handgelenken.

Lösung von Fahrzeugteilen während der Fahrt als Unfall?
BGH, Urteil vom 15.05.2013, IV ZR 637/12
1. Unfall ist ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das versicherte Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Der Gegenstand von dem die auf das Fahrzeug einwirkende Gewalt ausgehen muss, darf nicht Teil des Fahrzeugs selbst sein.
2. Löst sich ein Fahrzeugteil während der Fahrt vom Fahrzeug, ist dies als einheitlicher Lebensvorgang anzusehen. Dieser dauert an und das Teil bleibt Fahrzeugteil, wenn das Fahrzeug unmittelbar nach der Ablösung von dem Teil getroffen und beschädigt wird.

Kfz-Fahrer und Versicherung können auch teilweise für Kollision mit Fußgänger haften, wenn dieser alkoholisiert und unachtsam war
BGH, 24.09.2013, VI ZR 255/12
Bei einem Unfall zwischen einem Fußgänger und einem Kraftfahrzeug darf bei der Abwägung der Verursachungsanteile nur schuldhaftes Verhalten des Fußgängers verwertet werden, von dem feststeht, dass es zu dem Schaden oder zu dem Schadensumfang beigetragen hat. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben außer Betracht zu bleiben. Ein überwiegendes Mitverschulden eines Fußgängers am Zustandekommen des Unfalls ergibt sich nicht bereits daraus, dass er in erheblich alkoholisiertem Zustand die Straße überquerte, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten. Die Beweislast für den unfallursächlichen Mitverschuldensanteil des Fußgängers trägt regelmäßig der Halter des Kraftfahrzeugs.

Unterlassene Aufstellung eines Warndreiecks auf einer Autobahn kann 50% Mithaftung an einem Unfall begründen
OLG Hamm, 29.10.2013, 26 U 12/13
Der Verkehr muss auf einer Autobahn grundsätzlich nicht mit haltenden Fahrzeugen rechnen, insbesondere nicht mit einem LKW, der noch recht weit in die Fahrspur hineinragt. Bereits aus diesem Grund ist ein Halten nur in zwingenden Fällen zulässig, erfordert dann aber alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen. Wenn bei einem Notstopp auf der Autobahn kein Warndreieck aufgestellt wird, kann dies Versäumnis im Falle eines Unfalls eine 50% Mithaftung begründen. Denn in jedem Fall kann es dadurch zu einer erheblichen Erhöhung der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr kommen, und zwar auch unter Berücksichtigung der vom klägerischen LKW selbst ausgehenden Betriebsgefahr.

Nichtfesthalten beim Anfahren des Busses führt zur Mithaftung
AG Bonn, 09.08.2013, 108 C 504/12
Hat ein Passagier eines Busses, der sich nicht ausreichend festen Halt verschafft hat, beim Anfahren des Busses mit seiner rechten Schulter heftig gegen eine Haltestange geschlagen und sich hierbei verletzt, so kann ein Anspruch auf Schadensersatz wegen eines überwiegenden Mitverschuldens des Passagiers ausgeschlossen sein. Es besteht die Verpflichtung, sich als Fahrgast im öffentlichen Linienverkehr stets festen Halt zu verschaffen. Dem Busfahrer ist auch kein Vorwurf daraus zu machen, dass er nicht ausreichend darauf geachtet habe, wo sich der geschädigte Fahrgast befunden hat. Man würde die Sorgfaltsanforderungen an den Fahrer überspannen, wenn man fordern würde, dass dieser den Fahrgast in dem voll besetzten Gelenkbus im Auge behält und sich über das Aussteigen entsprechende Gedanken macht.

Offenbarung des Aufbewahrungsortes eines Wohnungsersatzschlüssels berechtigt nicht notwendigerweise zur Leistungskürzung
OLG Naumburg, 14.03.2013, 4 U 47/12
Berichtet der Versicherungsnehmer einer fremden Person von der Aufbewahrung eines Wohnungsersatzschlüssels in einer Gartenlaube, muss bei anschließender Entwendung von Kraftfahrzeugen aus der Haustiefgarage in der Teilkaskoversicherung für eine Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls feststehen, dass der Ersatzschlüssel von den unbekannt gebliebenen Tätern für das Eindringen in das Wohnhaus verwendet wurde. Gegen die Behauptung der beklagten Versicherung, die Täter seien mit dem Ersatzschlüssel ins Haus gelangt, kann der Umstand sprechen, dass dieser von der Polizei in der Gartenlaube vorgefunden wurde. Denn dann müssten sich die Täter, trotz der Gefahr, hierbei entdeckt zu werden, dem an sich müßigen Aufwand unterzogen haben, nach dem Diebstahl zur Gartenlaube zurückzukehren, um dort den Schlüssel wieder an seinem ursprünglichen Platz zu deponieren.

Regress des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherers gegen den mitversicherten Fahrer
AG Ludwigshafen 2c C 491/12 Urteil vom 10.10.2013
1. Der Rückgriff steht dem Versicherer auch gegen den mitversicherten Fahrer des Kraftfahrzeuges zu, wenn dieser gegen die vertraglichen Obliegenheiten verstoßen hat. Unter der Geltung des § 3 PflVersG in seiner Fassung bis zum 31.12.7 war dies anerkannt (BGH, Urt. v. 24.10.7, IV ZR 39/06, Urt. v. 14.9.5, IV ZR 216/04). Nach der Neuregelung des Pflichtversicherungsrechts gilt nichts anderes. Die Interessenlage hat sich nicht geändert und eine Absicht des Gesetzgebers, die Regressmöglichkeit des Versicherers gegen den mitversicherten Fahrer durch die Gesetzesänderung abzuschaffen, ist nicht ersichtlich. Der berechtigte Fahrer eines Kraftfahrzeugs ist in das, für dieses Fahrzeug durch einen anderen Versicherungsnehmer bestehende, Haftpflichtversicherungsverhältnis einbezogen. Er erwirbt einen eigenen Deckungsanspruch gegen den Versicherer und ist somit als Mitversicherter in den Versicherungsvertrag einbezogen. So treffen auch ihn Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. Demgemäß besteht die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 116 Abs. 1 VVG nicht nur dem Versicherungsnehmer gegenüber. Die Norm findet entsprechende Anwendung auf das Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem mitversicherten Fahrer.
2. Der Beklagte verstieß gegen die Pflicht, das Fahrzeug nicht zu fahren, wenn er alkoholbedingt fahruntüchtig war. Er führte das Fahrzeug mit einer BAK von 0,91 Promille, also schon im nahen Bereich zur strafrechtlichen absoluten Fahruntüchtigkeit. Zudem verursachte er den Verkehrsunfall aufgrund seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit, was unstreitig ist. Überdies besteht als Indiz, das auf die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit schließen lässt, dass die zur Unfallstelle gekommenen Polizisten Atemalkoholgeruch beim Beklagten wahrnahmen und deshalb sogleich die Feststellung der Alkoholisierung des Beklagten veranlassten.

Zur haftungsbegründenden Kausalität beim sog. „Nicht-Unfall"
OLG Hamm 9. Zivilsenat 9 U 53/13 Urteil vom 15.10.2013
1. Die haftungsbegründende Kausalität ist im Rahmen der Haftung gemäß §§ 7, 18 StVG bereits dann zu bejahen, wenn der Betrieb eines Kraftfahrzeuges in einer Weise auf das geschützte Rechtsgut eingewirkt hat, die nachteilige Folgen auslösen kann.
2. Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit i.S.v. § 287 ZPO festgestellt werden, dass die von dem Geschädigten behaupteten Schäden in ihrer Gesamtheit oder zumindest ein abgrenzbarer Teil hiervon bei dem Unfall entstanden sind. Lässt sich dies nicht feststellen, ist ein Schadensersatzanspruch zu verneinen (s.g. "So-Nicht-Unfall" bezogen auf den Schadensumfang).

Umsatzsteuer kann zu erstatten sein, wenn berechtigter Besitzer nach einem Verkehrsunfall ein Ersatzfahrzeug anschafft
OLG Celle, 09.10.2013, 14 U 55/13
Dem berechtigten Mitbesitzer ist vom Schädiger der Schaden zu ersetzen, der durch den Eingriff in das Recht zum Besitz verursacht worden ist. Dazu gehört die Entziehung der Sachnutzung. Dieser Nutzungsschaden kann - in gleicher Weise wie bei der Eigentumsverletzung - in den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung eines dem beschädigten Fahrzeug gleichwertigen Ersatzes bestehen. Schafft der berechtigte Besitzer eines bei einem Verkehrsunfall total beschädigten, sicherungsübereigneten Fahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an, ist ihm von Schädiger die dabei angefallene Umsatzsteuer zu erstatten.

Sorgfältig linksabbiegender Kolonnenführer haftet lediglich mit Betriebsgefahr für Kollision mit überholendem Motorroller
OLG Hamm, 09.07.2013, 9 U 191/12
Kollidiert der Fahrer eines eine Fahrzeugkolonne überholenden Motorrollers mit dem linksabbiegenden Kolonnenführer, haftet der Pkw nur zu 25 %, wenn er schon ca. 100 bis 150 m vor der Einfahrt den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt und die Geschwindigkeit deutlich reduziert hat. Grundsätzlich ist auch davon auszugehen, dass der Führer des abbiegenden Spitzenfahrzeugs einer kurzen Kolonne beim Abbiegeentschluss das bevorstehende Überholmanöver eines nachfolgenden Fahrzeugs noch nicht erkennen kann, wenn dessen Führer sich erst anschickt, die Kolonne in einem Zuge zu überholen. Insofern kann kein Sorgfaltspflichtverstoß des Abbiegenden angenommen werden.

Unwirksamkeit einer Klausel in einem Gebrauchtwagen-Garantievertrag über Garantieansprüche
BGH, 25.09.2013, VIII ZR 206/12
Eine formularmäßige Klausel in einem Gebrauchtwagen-Garantievertrag ist unwirksam, wenn sie die Leistungspflicht des Garantiegebers für den Fall, dass der Garantienehmer die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen Wartungs- oder Inspektionsarbeiten nicht in der Werkstatt des Verkäufers oder in einer vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchführen lässt, unabhängig von der Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden ausschließt. Das Garantieunternehmen hat zwar ein berechtigtes Interesse daran, durch Auferlegung einer Wartungspflicht sein Eintrittsrisiko zu begrenzen. Dies rechtfertigt aber nicht einen Verlust des Garantieanspruchs unabhängig davon, ob die Verletzung der Wartungspflicht hierfür ursächlich geworden ist. Für die Frage der Entgeltlichkeit der Garantie macht es keinen Unterschied, ob für die Garantie ein gesondertes Entgelt ausgewiesen wird oder ob der Käufer/Garantienehmer für das Fahrzeug und die Garantie einen Gesamtkaufpreis zu zahlen hat.

Verlust eines Anspruchs des bei einem Unfall Verletzten auf Arbeitslosengeld II als ersatzfähiger Erwerbsschaden
BGH, 19.09.2013, III ZR 374/12
Der Erwerbsschaden umfasst alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die der Verletzte erleidet, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht verwerten kann, die also der Mangel der vollen Einsatzfähigkeit seiner Person mit sich bringt. Ein derartiger Vermögensschaden entsteht auch demjenigen, der den Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II verliert, weil er verletzungsbedingt erwerbsunfähig geworden ist. Daher kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bei der Berechnung des monatlichen Durchschnittseinkommens als Grundlage für die Bemessung eines Verdienstausfallschadens zu berücksichtigen sein. Hingegen ist eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei der Schadensberechnung in normativ wertender Korrektur der Schadensbilanz nicht zu berücksichtigen.

Mitverschulden beim Überholen einer Fahrzeugkolonne
OLG Hamm, 23.04.2013, 9 U 12/13
Wer beim Überholen einer Fahrzeugkolonne mit einem durch eine Kolonnenlücke nach links abbiegenden Pkw zusammenstößt, kann nur 2/3 seines Schadens ersetzt verlangen.

Mithaftung des Vorfahrtberechtigten bei versehentlich gesetztem Fahrtrichtungsanzeiger
LG Detmold, 14.08.2013, 10 S 34/13
Kommt es bei einem Abbiegevorgang zu einer Kollision, so kann den Vorfahrtberechtigten wegen Setzung des rechten Fahrtrichtungsanzeigers eine Mithaftung (hier: von 25 %) treffen. Dem Geschädigten kann nämlich die Betriebsgefahr in Höhe von 25 % anzulasten sein, wenn das Setzen des Blinkers eine Mitursache für den Unfall begründet hat. Die beiderseitigen Verursachungsanteile sind gegeneinander abzuwägen. Zu berücksichtigen sind dabei alle festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben. Der jedenfalls kurz vor der Einmündung nach rechts gesetzte Fahrtrichtungsanzeiger des Vorfahrtsberechtigten begründet für sich genommen noch keinen Vertrauensschutz, wenn nicht weitere Umstände, insbesondere eine deutliche Geschwindigkeitsreduzierung oder ein Beginn des Abbiegevorganges, hinzutreten.

Zum Nachweis eines Unfalls in der Vollkaskoversicherung bei unklarer Spurenlage und der vom Versicherer eingewandten vorsätzlichen Herbeiführung des Schadensereignisses nach § 61 VVG a.F.
OLG Naumburg, 07.02.2013, 4 U 16/12
1. Das Landgericht hat die Beweislast verkannt. Es hat angenommen, ausgehend von den Regeln zum vorgetäuschten Unfall im Haftpflichtprozess, dass eine Beweislast des Klägers für die Unfreiwilligkeit des Unfalls auch in der Kaskoversicherung bestehe. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach für den Nachweis des mit einem Unfall begründeten Versicherungsfalles dem Versicherungsnehmer anders als in der Diebstahlsversicherung hier Beweiserleichterungen nicht zugute kommen, weil er sich nicht in der bei Diebstahlsfällen üblichen Beweisnot befindet. Er hat daher den Vollbeweis für das Vorliegen eines Unfalls zu erbringen. Dies ist dem Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichts gelungen. Steht nämlich wie hier fest, dass die Schäden an einem Fahrzeug nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Verkehrsunfall beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Leistungspflicht des Kaskoversicherers zu begründen, selbst wenn sich der Versicherungsfall, so wie vom Versicherungsnehmer geschildert, nicht ereignet haben kann. Denn die Unfreiwilligkeit bzw. Zufälligkeit des Schadensereignisses gehört nicht zum Begriff des Unfalls im Sinne der AKB (vgl. BGH, VersR 1981, 450), da anderenfalls die gegenläufige Regelung des § 61 VVG a. F. in der Schadensversicherung, um die es hier geht, zulasten des Versicherungsnehmers ausgehöhlt würde.
2. Dem beklagten Versicherer obliegt vielmehr im Rahmen der Vollkaskoversicherung als Schadensversicherung der zu seiner Leistungsfreiheit führende Beweis dafür, dass der Versicherungsnehmer das Schadensereignis vorsätzlich im Sinne von § 61 VVG a. F. in Verb. mit Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG herbeigeführt hat. Eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist dabei nicht erforderlich. Erfahrungsschlüsse auf Tatsachen, die den Vorwurf vorsätzlichen Verhaltens begründen, sind durchaus zulässig. So kann bei Vorliegen einer Vielzahl voneinander unabhängiger Indizien für einen gestellten Unfalleine Überzeugungsbildung des Gerichtes von einem Unfallhergang, der nur auf eine vorsätzliche Selbstschädigung des Versicherungsnehmers hindeutet, in Betracht kommen. Die einzelnen Hilfstatsachen müssen aber feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein. Etwaige Zweifel bzw. vernünftigerweise verbleibende Restzweifel an der Unfreiwilligkeit des Unfallgeschehens gehen also im Ergebnis stets zu Lasten der beklagten Versicherung.

Vollkasko muss für Schäden durch "Reifenplatzer" infolge eines von außen eingedrungenen Fremdkörpers einstehen
LG Karlsruhe
Kommt es während einer Autobahnfahrt infolge eines von außen eingedrungenen Fremdkörpers zu einem "Reifenplatzer" mit weiteren Schäden an angrenzenden Karosserieteilen des vollkaskoversicherten Pkw, ist der Versicherer eintrittspflichtig. In einem solchen Fall handelt es sich um einen Unfall im Sinne von Ziff. A.2.3.2 AKB und nicht um einen Schaden aufgrund eines Betriebsvorgangs, für den eine Haftung des Versicherers ausgeschlossen wäre. Zwar handelt es sich bei Fahrzeugschäden im Zweifel um Betriebsschäden, wenn sie aus solchen Risiken entstehen, denen das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist. Dies ist aber nicht stets der Fall, wenn der Schaden beim normalen Betrieb eines Kraftfahrzeugs eingetreten ist. Denn der Fahrer muss nicht damit rechnen, dass größere Fremdkörper in den Reifen eingefahren werden, die plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirken. Vielmehr verwirklicht sich in einem solchen Geschehen ein außergewöhnliches Risiko, das nicht dem normalen Betrieb zuzurechnen ist

Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung bei Kraftfahrzeugdiebstahl: Erschütterung der Redlichkeitsvermutung zu Gunsten des Versicherungsnehmers
OLG Naumburg
Die einem Versicherungsnehmer in der Teilkaskoversicherung regelmäßig zukommende Redlichkeitsvermutung kann u.a. dann erschüttert sein, wenn sich der Versicherungsnehmer anfangs auf Befragen geweigert hat, den Kaufpreis für das versicherte Fahrzeug anzugeben sowie eine entsprechende Rechnung vorzulegen und zudem bei Abschluss der Versicherung den Kilometerstand des Fahrzeugs zu seinen Gunsten deutlich zu hoch angab.

Eintrittspflicht der Kfz-Kaskoversicherung bei Kraftfahrzeugdiebstahl: Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Offenbarung des Aufbewahrungsorts eines Wohnungsersatzschlüssels
OLG Naumburg
Berichtet der Versicherungsnehmer einer fremden Person von der Aufbewahrung eines Wohnungsersatzschlüssels in einer Gartenlaube muss bei anschließender Entwendung von Kraftfahrzeugen aus der Haustiefgarage in der Teilkaskoversicherung für eine Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 81 Abs. 2 VVG feststehen, dass der Ersatzschlüssel von den unbekannt gebliebenen Tätern für das Eindringen in das Wohnhaus verwendet wurde.

Haftungsverteilung bei Kollision eines im Überholverbot überholenden Fahrzeugs mit einem einbiegenden Fahrzeug
OLG Köln
Kommt es zu einer Kollision eines unter Benutzung der Gegenfahrbahn trotz Überholverbots überholenden Fahrzeugs mit einem von links aus einer Grundstückseinfahrt auf die Fahrbahn einbiegenden Fahrzeug, so ist auch aufgrund der durch das Überholen im Überholverbot gesteigerten Betriebsgefahr des überholenden Fahrzeugs eine Haftungsverteilung von 80 : 20 zu Lasten des einbiegenden Fahrzeugs angemessen. Wer aus einem Grundstück in die Fahrbahn einfahren will, hat sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen. Der Beweis des ersten Anscheins spricht gegen den eine Grundstücksausfahrt verlassenden Kraftfahrer, wenn es im Zusammenhang mit einem solchen Verkehrsvorgang zu einem Unfall kommt.

Leistungsfreiheit der Kfz-Kaskoversicherung nach einem Brandschaden: Arglistige Obliegenheitsverletzung eines Versicherungsnehmers bei Falschangaben zur Kilometerlaufleistung und zu Vorschäden
LG Berlin
1. Gibt ein Versicherungsnehmer in der Schadensanzeige (hier: nach einem Brandschaden) wahrheitswidrig eine falsche Laufleistung an und verneint er bestehende Vorschäden des Fahrzeugs, so liegt eine Obliegenheitsverletzung vor.
2. Der Versicherungsnehmer handelt arglistig, wenn er den Versicherer über den Wert des Fahrzeugs oder über den Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße täuscht. Davon ist auszugehen, wenn dem Versicherer auf klare und unmissverständliche Fragen hin erhebliche Vorschäden verschwiegen oder unzutreffende Angaben zur Laufleistung gemacht werden.

Nachweis eines gestellten Unfallgeschehens kann durch bestimmte Indizien geführt werden
OLG Köln
Der Nachweis eines gestellten Unfallgeschehens ist geführt, wenn Indizien festgestellt werden, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen. Dieses schließt die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung aus. Hierfür kann sprechen, dass der Unfall sich zur Nachtzeit, somit bei Dunkelheit, ereignete und vor Ort keine neutralen Zeugen den Unfall gesehen haben, dass es sich um eine leicht zu steuernde Unfallkonstellation (Kollision beim Ausparken) ohne nennenswerte Verletzungsrisiken handelte und dass die Abrechnung auf Reparaturkostenbasis ohne Vorlage einer Reparaturrechnung erfolgte. Als weiteres Indiz für ein gestelltes Unfallgeschehen stellt sich dar, dass der angebliche Schädiger in den vergangenen sieben Monaten in vier Verkehrsunfälle verwickelt war, die er allein verschuldet hat und bei denen werthaltige Luxusfahrzeuge deutscher Hersteller beschädigt wurden.

Deliktische Haftung des Fahrers eines Mähdreschers
OLG Hamm
Die Haftung des Halters und die Haftung des Fahrers sind nach dem Straßenverkehrsgesetz ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug (hier: einen Mähdrescher) verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Eine Haftung des Fahrers eines Mähdreschers kommt jedoch gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn dieser auf einer Fahrstrecke, die aufgrund ihrer Breite eine gefahrlose Begegnung mit dem Gegenverkehr nicht zulässt, ohne besondere Sicherungsmaßnahmen, z.B. ein Begleitfahrzeug, fährt. Der Fahrer eines Mähdreschers kann zudem Sorgfaltspflichten verletzt haben, wenn er sich nicht - wie die StVO es erfordert - möglichst weit rechts auf seiner Fahrbahnhälfte gehalten hat.

Kfz-Fahrer und Versicherung können auch teilweise für Kollision mit Fußgänger haften, wenn dieser alkoholisiert und unachtsam war
BGH
Bei einem Unfall zwischen einem Fußgänger und einem Kraftfahrzeug darf bei der Abwägung der Verursachungsanteile nur schuldhaftes Verhalten des Fußgängers verwertet werden, von dem feststeht, dass es zu dem Schaden oder zu dem Schadensumfang beigetragen hat. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben außer Betracht zu bleiben. Ein überwiegendes Mitverschulden eines Fußgängers am Zustandekommen des Unfalls ergibt sich nicht bereits daraus, dass er in erheblich alkoholisiertem Zustand die Straße überquerte, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten. Die Beweislast für den unfallursächlichen Mitverschuldensanteil des Fußgängers trägt regelmäßig der Halter des Kraftfahrzeugs.

Unterlassene Aufstellung eines Warndreiecks auf einer Autobahn kann 50% Mithaftung an einem Unfall begründen
OLG Hamm
Der Verkehr muss auf einer Autobahn grundsätzlich nicht mit haltenden Fahrzeugen rechnen, insbesondere nicht mit einem LKW, der noch recht weit in die Fahrspur hineinragt. Bereits aus diesem Grund ist ein Halten nur in zwingenden Fällen zulässig, erfordert dann aber alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen. Wenn bei einem Notstopp auf der Autobahn kein Warndreieck aufgestellt wird, kann dies Versäumnis im Falle eines Unfalls eine 50% Mithaftung begründen. Denn in jedem Fall kann es dadurch zu einer erheblichen Erhöhung der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr kommen, und zwar auch unter Berücksichtigung der vom klägerischen LKW selbst ausgehenden Betriebsgefahr.

Mithaftung eines von hinten herannahenden Fahrzeugs bei Kollision auf einer Autobahn möglich
OLG Koblenz
Kommt es auf der Autobahn zu einer Kollision eines von hinten mit einer Geschwindigkeit von mehr als 200 km/h herannahenden Fahrzeugs mit einem auf den linken Fahrstreifen wechselnden Fahrzeug, so liegt zwar ein Verschulden des Fahrstreifenwechslers vor, hinter das jedoch die durch die hohe Geschwindigkeit erheblich gesteigerte Betriebsgefahr des von hinten mit hoher Geschwindigkeit herannahenden Fahrzeugs nicht vollständig zurücktritt. Die Richtgeschwindigkeit ist gerade dafür empfohlen worden, um Gefahren herabzusetzen, die auf den Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit erfahrungsgemäß herrühren. Wer hingegen, zumal bei Dunkelheit, die Richtgeschwindigkeit in massiver Art und Weise ignoriert, führt zu Gunsten seines eigenen schnellen Fortkommens den gegebenen Unfallvermeidungsspielraum nahezu gegen Null zurück. Daher kann eine Mithaftung des von hinten herannahenden Fahrzeugs mit 40 % angemessen sein.

Kfz-Führer hat dafür Sorge zu tragen, dass ein im Kfz befördertes Kind vorschriftsmäßig gesichert ist und es auch bleibt
OLG Hamm
Einem Kfz-Führer obliegt während der gesamten Fahrt die Pflicht, dafür zu sorgen, dass ein mitfahrendes Kind (hier: seine vierjährige Tochter) vorschriftsmäßig, das heißt insbesondere unter Beachtung der StVO, gesichert, also angeschnallt, ist und bleibt. Hiermit geht eine eine Kontrollpflicht des Fahrers während der gesamten Fahrt einher. Der Umfang dieser stets bestehenden Kontrollpflicht ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Dazu zählen insbesondere das Alter, die motorischen Fähigkeiten und die Einsichtsfähigkeit des beförderten Kindes. Ein Kfz-Führer kann im Einzelfall sogar gehalten sein, seine Route derart zu wählen, dass er ausschließlich Straßen befährt, auf denen ein regelmäßiges Umsehen nach dem Kind und ein sofortiges Anhalten möglich ist (z. B. durch Meiden von Autobahnen oder Schnellstraßen). Ausnahmsweise kann er sogar gehalten sein, die ständige Kontrolle der Sicherung des beförderten Kindes durch Mitnahme einer Begleitperson zu gewährleisten.

Mitverschulden des geschädigten bei Betreten der Autobahn
OLG Karlsruhe
Kommt es zu einem (nahezu ungebremsten) Aufprall eines nachfolgenden Fahrzeugs auf die verunfallten Fahrzeuge und hierdurch bedingt zu erheblichen Verletzungen des zwischen beiden Fahrzeugen befindlichen Beifahrers und hat dieser gegen das Verbot verstoßen, als Fußgänger die Autobahn zu betreten, so ist sein Mitverschulden mit 20% zu berücksichtigen. Die Fahrbahn von Autobahnen darf im Hinblick auf die damit verbundenen erheblichen Gefahren nur ganz ausnahmsweise, insbesondere in Notfällen zur Hilfeleistung, betreten werden. Ein Aussteigen zur Besichtigung eines geringfügigen (Blech-)Schadens rechtfertigt aber in der Regel keine Ausnahme vom Betretungsverbot.

Geschwindigkeit von 200 km/h schafft erhebliches Gefahrenpotenzial
OLG Koblenz
Wer auf deutschen Autobahnen mit seinem Pkw - insbesondere bei Dunkelheit - die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h mit 200 km/h um rund 60 % und damit massiv überschreitet, führt zu Gunsten seines eigenen schnellen Fortkommens den Spielraum zur Vermeidung eines Unfalls nahezu gegen Null zurück. Eine solche Geschwindigkeit ermöglicht es in der Regel nicht mehr, Unwägbarkeiten in der Entwicklung von Verkehrssituationen rechtzeitig zu erkennen und sich darauf einzustellen. Auch bei einem schwerwiegenden Verkehrsverstoß des Unfallgegners führt dies zu einer Mithaftung, im vorliegenden Fall in Höhe einer Quote von 40 % der Schadenssumme.

Beweis der Entwendung eines Navigationsgerätes bei fehlenden Aufbruchsspuren; Höhe der Entschädigung
AG Karlsruhe
1. Der Versicherungsnehmer kann den ihm obliegenden Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls auch ohne die Feststellung von Aufbruchsspuren am Kraftfahrzeug führen.
2. Bei Diebstahl eines vom Hersteller eingebauten Navigationsgerätes kann der Versicherungsnehmer eine Entschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes eines neuen Navigationsgerätes desselben Herstellers verlangen.

Aufklärungspflichtverletzung eines Versicherungsnehmers bei nicht ermöglichter Nachbesichtigung des Kfz durch einen Sachverständigen
AG Bonn
Ein Versicherungsnehmer verletzt seine Aufklärungspflicht, wenn er eine Nachbesichtigung durch einen von seinem Kaskoversicherer beauftragten Sachverständigen nicht ermöglicht hat.

Ursächlichkeit einer Obliegenheitsverletzung eines Versicherungsnehmers bei vermeintlicher Unfallflucht
AG Leverkusen
Verlässt ein Versicherungsnehmer nach der Kollision mit einem parkenden Fahrzeug sein Kfz um einkaufen zu gehen und ermöglicht er erst nach Rückkehr zu seinem Fahrzeug die erforderlichen Feststellungen zur Klärung des Versicherungsfalls und den Umfang der Leistungspflicht seines Kfz-Haftpflichtversicherers vollumfänglich, so kann sich die Kfz-Haftpflichtversicherung wegen § 28 Abs. 3 VVG nicht auf eine Leistungsfreiheit bzw. Leistungskürzung berufen, wenn für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.

Zum Regressanspruch der Kfz-Haftpflichtversicherung
LG Bonn
1. Zwar hat nach § 47 Abs. 1 VVG neben dem Versicherungsnehmer auch die mitversicherte Person (Fahrer) etwaige vertraglichen Obliegenheiten des Versicherungsvertrages zu beachten. Begeht der Fahrer, der nicht Versicherungsnehmer ist, eine vorsätzliche Verkehrsunfallflucht i.S.v. § 142 Abs. 1 StGB verletzt er damit im Verhältnis zum Versicherer eine vertragliche Obliegenheitsverletzung gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG vorsätzlich verletzt hat.
2. Nach der Rechtsprechung kann der Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis so führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Ausmaß aufstellt, die der Versicherer dann ebenfalls zu widerlegen hat. Der Versicherer muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzuzeigen, indem er zum Beispiel vorträgt, welche Maßnahme er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheiten getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte.
3. Der Versicherer hat nicht vorgetragen, welche Maßnahmen dieser bei Erfüllung der Obliegenheiten getroffen und welchen Erfolg dieser sich davon versprochen hätte, wenn der Beklagte vor Ort seine Personalien als Unfallverursacher angegeben und auf das Eintreffen der Polizei gewartet hätte. Es wäre aber - wie oben ausgeführt - Sache des Versicherers gewesen, substantiiert eine realistische Möglichkeit darzulegen, inwieweit die Entfernung vom Unfallort Einfluss auf die Feststellung und den Umfang der Versicherung gehabt haben sollte. Ein solcher Vortrag fehlt indes.
4. Etwas anders könnte allenfalls dann gelten, wenn man annähme, dass ohne Weiteres bei jedem Verkehrsunfall, bei dem sich der Fahrer von der Unfallstelle entfernt, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingte oder anderweitig bedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrers spricht. Dem ist indes nicht zu folgen. So hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der Kausalitätsgegenbeweis nicht zwingend den Nachweis erfordert, dass der Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person im Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen ist. Rein theoretische Möglichkeiten wie eine alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingte Verursachung des Verkehrsunfalls reichen nicht aus, sondern es müssen gewisse Anhaltspunkte dafür bestehen. Solche sind indes (anders als in dem vom LG Zweibrücken mit Urteil vom 07.02.2013 - 2 O 88/12 - entschiedenen Fall) nicht vorhanden. Die Zeugen C und N haben im Gegenteil nicht von Anzeichen für eine Alkoholisierung oder den Genuss von Betäubungsmitteln berichtet. Allein der Umstand, dass der Beklagte den Unfallort trotz Aufforderung verlassen hat, genügt wiederum nicht, um eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Der Beklagte hat dazu vorgebracht, dass er keinen erheblichen Schaden habe erkennen können und es deshalb für gerechtfertigt gehalten habe, den Unfallort zu verlassen. Diese Einlassung ist - wenn auch nicht zutreffend - so zumindest in sich schlüssig.

Bei widersprüchlichen Angaben zu Diebstahl eines versicherten Motorrades entfällt Anspruch aus Teilkaskoversicherung
OLG Köln
Einem Versicherungsnehmer kommen bei einem behaupteten Fahrzeug-Diebstahl Beweiserleichterungen zugute. Er genügt seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung darlegt und beweist. Der Mindestsachverhalt, dass das versicherte Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und später dort nicht mehr aufgefunden wurde, ist allerdings durch Vollbeweis zu erbringen. Der Nachweis des äußeren Bildes des Diebstahls eines Motorrades ist nicht geführt, wenn die Angaben über die Abstellzeit des Motorrades widersprüchlich sind, und die Angaben über die letztmalige Wahrnehmung zeitlich ungenau.

Versicherer kann nicht in jedem Fall beim Schädiger Regress wegen Unfallflucht nehmen
LG Bonn
Reguliert die Kraftfahrzeugversicherung einen Schaden, der durch rückwärtiges Fahren gegen ein parkendes Fahrzeug entstanden ist, kann sie beim mitversicherten Fahrer als Schädiger nicht schon deshalb Regress nehmen, weil dieser zwar unmittelbar nach der Kollision aus dem Fahrzeug ausgestiegen ist und sich den Schaden gemeinsam mit dem Unfallgegner angeschaut, dann aber ohne seine Personalien als Unfallverursacher anzugeben das Eintreffen der Polizei abzuwarten davongefahren ist. Dies gilt zumindest dann, wenn dem Schädiger der Kausalitätsgegenbeweis hinsichtlich des Eintritts der Leistungspflicht aufgrund der Obliegenheitsverletzung "Fahrerflucht" gelingt. Dies ist anzunehmen, wenn die erst verspätet erfolgte Überprüfung durch die Polizei ersichtlich keinen Einfluss auf die Feststellungen hat, da die Polizei problemlos die Anstoßstelle erkennen konnte.

Leasinggeber kann in aller Regel nicht die einfache Betriebsgefahr des KFZ entgegengehalten werden
OLG Karlsruhe
Ist der Eigentümer eines KFZ nicht zugleich dessen Halter (hier: ein Leasinggeber), kann ihm die einfache Betriebsgefahr des KFZ weder auf einen Schadensersatzanspruch aus Delikt noch auf den Anspruch aus § 7 StVG entgegengehalten werden, da es hierfür keine Zurechnungsnorm gibt. Bei üblicher Gestaltung des Leasingvertrags ist der Leasingnehmer, nicht jedoch der Leasinggeber Halter des Leasingfahrzeugs. Auch §§ 9 StVG, 254 BGB scheiden als Zurechnungsnormen aus. Im Rahmen der deliktischen Haftung scheitert eine direkte Anwendung des § 9 StVG bereits daran, dass sich die Norm unmittelbar nur auf Ansprüche aus der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung, damit gerade nicht auf deliktische Schadensersatzansprüche bezieht. Auch eine analoge Anwendung kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht. Aber auch ihrem Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG, auf den § 9 StVG grundsätzlich anwendbar ist, kann der Eigentümerin die Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht anspruchsmindernd entgegengehalten werden, da die Haftungserweiterung des § 9 StVG ein Verschulden voraussetzt.

Alleinige Haftung eines Fahrstreifenwechslers bei Kollision mit herannahendem Fahrzeug
OLG Köln
Hat der Fahrer eines Fahrzeugs bei einem Fahrstreifenwechsel den Vorrang eines von hinten herannahenden Fahrzeugs nicht beachtet, so haftet er für den entstehenden Schaden allein. Die Betriebsgefahr des von hinten herannahenden Fahrzeugs tritt hinter das Verschulden vollständig zurück. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Anhaltspunkte für eine überhöhte Geschwindigkeit beider Fahrzeuge nicht vorliegen.

Erhöhte Betriebsgefahr bei erheblicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit
LG Bonn
Wer die Richtgeschwindigkeit überschreitet, verhält sich nicht wie ein Idealfahrer, weil er in haftungsrelevanter Weise insbesondere die Gefahr vergrößert, dass andere Verkehrsteilnehmer seine Geschwindigkeit unterschätzen. Dem Beweis der Unabwendbarkeit steht dies nur dann nicht entgegen, wenn es auch bei Einhaltung dieser Geschwindigkeit zu dem Unfall gekommen wäre. Sind Sorgfaltspflichtverstöße nicht nachgewiesen, so müssen sich der Kläger und der Beklagte lediglich die Betriebsgefahr ihrer Fahrzeuge entgegenhalten lassen. Dieses können bei einer erheblichen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit für das klägerische Fahrzeug mit 70 % und für das Fahrzeug des Beklagten mit 30 % anzusetzen sein. Aufgrund der ganz erheblichen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit kann das Fahrzeug des Klägers nämlich ein besonders hohes zusätzliches Gefährdungspotential entwickelt haben, da eine Geschwindigkeit von etwa 230 km/h trotz fehlender Geschwindigkeitsobergrenze auf deutschen Autobahnen untypisch ist und bei langsameren Verkehrsteilnehmer zu Unsicherheiten bei der Einschätzung von Wegen und Zeiten führen kann. Aus diesem Grund erscheint die Annahme einer um 20 % erhöhten Betriebsgefahr sachgerecht.

Haftung in voller Höhe bei Auffahrunfall nach den Grundsätzen zum Beweis des ersten Anscheins
OLG München
Fährt ein Pkw auf einen vor ihm fahrenden oder stehenden Pkw auf, so spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er entweder nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten oder mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist und somit in vollem Umfang haftet. Dieser Anscheinsbeweis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich die Schadensbilder an Front und Heck nur teilweise überdecken. Der Vordermann, der ein Auffahrverschulden nach Anscheinsbeweis geltend macht, muss vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass er solange im gleichgerichteten Verkehr spurgleich vorausgefahren ist, dass der Hintermann den nötigen Sicherheitsabstand einhalten konnte. Steht aufgrund Zeugenaussagen fest, dass der Vordermann längere Zeit die Spur nicht gewechselt hat und zudem beim Stop-and-Go-Fahren die Warnblinkanlage eingeschaltet hatte, haftet der auffahrende Pkw-Fahrer zu 100%.

Straßenbaulastträger muss nicht für Reifenschaden beim Befahren eines erkennbar unbefestigten Seitenstreifens aufkommen
OLG Naumburg
Grundsätzlich unterliegt zwar auch ein so genanntes Bankett der Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastpflichtigen. Dieser hat es unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Funktion für den fließenden Verkehr von solchen Gefahrenstellen freizuhalten, die wegen ihrer nicht rechtzeitigen Erkennbarkeit die Möglichkeit eines Unfalls auch für den Fall nahelegen, dass der Verkehrsteilnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt walten lässt. Ein Kraftfahrer darf im Allgemeinen damit rechnen, dass er mit seinem Fahrzeug gefahrlos auf das Bankett ausweichen kann. Kommt es zu einem Reifenschaden, weil der Verkehrsteilnehmer auf einen erkennbar unbefestigten Seitenstreifen ausweicht, der nicht die Qualität eines Banketts hat, haftet der Straßenbaulastträger nicht. Davon ist auszugehen, wenn sich der Schaden in einem Bereich ereignet hat, an dem ursprünglich ein Verkehrsschild aufgestellt war. Dies spricht dafür, dass sich der Ort außerhalb des noch als Seitenstreifen zu bezeichnenden Bereichs befindet.

Schadensersatzansprüche wegen Verschmutzung einer Straße durch ausgelaufendes Motoröl
BGH
Bei einer unfallbedingten Verschmutzung einer (hier: im Eigentum des Freistaats Bayern stehenden) Straße durch ausgelaufenes Motoröl steht dem Geschädigten grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen zu. Wenn die geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus auf gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts zurückzuführen sind, besteht Versicherungsschutz nach dem AKB 2008, sodass auch ein Direktanspruch gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer begründet ist. Wird eine Staatsstraße derart verunreinigt, dass der Verkehr stark beeinträchtigt oder gar verhindert wird, ist die zuständige Behörde gehalten, die Befahrbarkeit und einen sicheren Zustand der Straße so schnell wie möglich wieder herzustellen. Den zuständigen Bediensteten, die als geeignet erscheinende Maßnahmen treffen müssen, muss insoweit ein erheblicher Entscheidungsspielraum zugebilligt werden.

 

Urteile aus dem Jahr 2013


Kein Ersatz von Behandlungskosten zum bloßen Ausschluss einer nicht vorliegenden Verletzung
BGH
Ein Unfallgeschädigter kann die durch eine ärztliche Untersuchung oder Behandlung entstandenen Kosten vom Schädiger nur ersetzt verlangen, wenn der Unfall zu einer Körperverletzung geführt hat. Die bloße Möglichkeit oder der Verdacht einer Verletzung genügt dafür nicht.

Bekundung von Beschwerden im Halsbereich am Tag nach einem Unfall genügen zum Nachweis einer Körperverletzung als Unfallfolge
BGH
Der gesetzliche Unfallversicherer kann von einem Haftpflichtversicherer aus übergegangenem Recht die Erstattung der nach einem Verkehrsunfall erbrachten Aufwendungen für Heilbehandlungsmaßnahmen wegen eines HWS-Syndroms verlangen, soweit eine solche Verletzung tatsächlich und nachweislich beim Versicherten infolge des Unfalls eingetreten ist. Zwar steht der bloße Verletzungsverdacht einer Verletzung haftungsrechtlich nicht gleich. Haben die Betroffenen im Rahmen ihrer Parteivernehmung Beschwerden im Halsbereich am Tag nach dem Unfall bekundet, ist mangels gegenteiliger Feststellungen von einer entsprechenden Verletzung auszugehen.

Schädiger kann nach einem Verkehrsunfall auch einen Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen haben
BGH
Verursacht der Schädiger die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten, so hat er nicht nur den entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen. Dieser Anspruch geht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz auf den Arbeitgeber über, soweit dieser dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat. Bei der Berechnung des vom Schädiger zu erstattenden anteiligen Urlaubsentgelts ist der Gesamtjahresverdienst auf die Jahresarbeitstage unter Abzug der Urlaubstage umzulegen.

Kfz-Versicherer hat drei bis vier Wochen Zeit zur Regulierung
OLG Düsseldorf
Der unfallgegnerische Haftpflichtversicherer hat drei bis vier Wochen Zeit, den Schaden zu regulieren. Bleibt er in diesem Zeitraum untätig oder hinhaltend, kann er sich im Hinblick auf entstandene Prozesskosten nicht darauf berufen, er sei mit der Klage überfallen worden, obwohl er keinen Anlass dazu gegeben habe.

Reifenplatzer kann Unfallschaden im Sinne der AKB sein
LG Karlsruhe
Platzt der Reifen eines vollkaskoversicherten Fahrzeugs und entsteht dadurch auch am Fahrzeug ein Schaden, ist das jedenfalls dann ein vom Versicherungsschutz umfasster Unfallschaden, wenn die Ursache des Reifenplatzers ein in den Reifen eingefahrener Gegenstand ist.

Haftungsverteilung zwischen einem einen Stau überholenden Rollerfahrers und einem Wendenden Stauteilnehmers
OLG München
1. Kommt es zu einer Kollision eines unter Überfahren der durchgezogenen Mittellinie aus einem Stau heraus wendenden Pkw mit einem den Stau überholenden Roller, so ist eine Haftungsverteilung von 70 : 30 zu Lasten des Pkw angemessen.
2. Hat der Geschädigte lediglich unter Mißachtung des gebotenen Seitenabstandes zu den stehenden Fahrzeugen überholt, so ist dieser ein Verschulden begründende Fahrfehler im Verhältnis zu dem fehlerhaften Wenden und dem hinzutretenden verbotswidrigen Überfahren der durchgezogenen Mittellinie als deutlich geringfügiger anzusehen.

Schmerzensgeld bei einer Oberschenkelhalsfraktur mit Beinverkürzung
OLG München
Bei einer Oberschenkelhalsfraktur mit Beinverkürzung und beginnender Arthrose mit einer MdE von 25% und Schlaflosigkeit ist unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 30% ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro angemessen

Halter eines Räumfahrzeugs haftet für Beschädigung eines Fahrzeugs durch Schnee- und Eisbrocken
OLG Koblenz
Der Halter eines Räumfahrzeugs haftet für Schäden eines auf der Gegenfahrbahn entgegen kommenden Fahrzeugs durch hochfliegende Schnee- und Eisbrocken, wenn eine Räumung der Richtungsfahrbahn der Bundesautobahn auch ohne Inanspruchnahme der Gegenfahrbahn möglich war. In diesem Fall handelt es sich nicht um ein unabwendbares Ereignis. Von einem unabwendbaren Ereignis kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine ordnungsgemäße Räumung der Fahrspur tatsächlich nur unter zwangsläufiger Inanspruchnahme der Gegenfahrbahn möglich gewesen wäre. Ist davon auszugehen, dass mit dem bei dem Vorfall eingesetzten Räumfahrzeug die Räumung der Überholspur mit nach links eingestelltem Schneepflug bei entsprechender Fahrgeschwindigkeit nicht zwingend dazu hätte führen müssen, dass die Eis- und Schneemassen bis auf die Gegenfahrspur gelangen, so ist davon auszugehen, dass bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Beschädigung des entgegen kommenden Fahrzeugs hätte vermieden werden können.

§ 5 VVG ist auch für die Einteilung der SF-Klasse unter Vorbehalt anwendbar
AG Solingen
Bei dem Abschluss einer Kraftfahrt-Versicherung ist auch für die Mitteilung des Versicherers, dass die Einstufung in die SF-Klasse (entgegen dem Antrag) unter Vorbehalt erfolgt, der Anwendungsbereich des § 5 VVG eröffnet.

Beinaheunfall eines Fußgängers mit einem Kraftfahrzeug: 4000 € Schmerzensgeld für posttraumatische Belastungsstörungen
AG Hagen (Westfalen)
Kann sich ein Fußgänger vor einem auf dem Gehweg auf ihn zurasenden Kraftfahrzeug nur durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen und erleidet er durch den Beinaheunfall eine posttraumatische Belastungsstörung, liegt eine Gesundheitsbeschädigung vor, wegen der er ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro beanspruchen kann, wenn die typischen Beschwerden wie Schlafstörungen mit albtraumartigem Durchleben des Unfallereignisses, erhöhte Affektlabilität und Angstgefühle bei der Teilnahme am Straßenverkehr vorliegen und eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich ist.

Keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts einer GmbH durch Eintragung von Daten eines Schadensfalles bei HIS
LG Hannover
Eine Eintragung von Daten eines Schadensfalles beim Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS) unter Beachtung der vorgegebenen Kriterien verletzt nicht das ohnehin nur ein eingeschränkt geschützte Persönlichkeitsrecht einer GmbH. Eine Ausdehnung der Schutzwirkung dieses Rechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen erscheint nur insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Eine GmbH genießt als juristische Person keinen gesonderten Schutz über das BDSG. Das BDSG finden keine Anwendung auf juristische Personen. Das BDSG gilt für die Erhebung, Bearbeitung und Nutzung personenbezogener Daten. Personenbezogene Daten sind nur solche Angaben, die sich auf eine natürliche Person beziehen.

Kein Anspruch auf Löschung der HIS-Daten bei fiktiver Abrechnung eines Kfz-Unfallschadens
AG Hagen
Eine Verkehrsunfallgeschädigte hat nach Regulierung des Schadens auf fiktiver Reparaturkostenbasis durch die gegnerische Versicherung keinen Anspruch auf Löschung ihrer Fahrzeugdaten im Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS). Denn bei solchen Daten handelt es sich ausschließlich um die Schadensabrechnung, den Umfang und die Fahrzeugidentifikationsnummer. Insoweit sind keine Daten betroffen, welche sich über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person verhalten. Die Daten dienen allein der Zuordnung zu einem bestimmten Fahrzeug unabhängig von der Person. Die Speicherung ist auch durch ein besonderes Interesse der Versicherung gerechtfertigt: Bei fiktiver Abrechnung eines Kfz-Unfallschadens besteht die greifbare Gefahr, dass bei einem Folgeunfall nicht reparierte Schäden des gemeldeten Unfalls mit abgerechnet werden. Aufgrund der Kenntnis der Daten kann in einem erneuten Schadensfall die dann eintrittspflichtige Versicherung einschätzen, ob eine nähere Überprüfung und Begutachtung der Unfallbedingtheit der geltend gemachten Schäden naheliegt oder eventuell schon bereits aufgrund der vorhandenen Daten feststeht.

Haftung bei Abkommen eines Fahrzeugs von der Fahrbahn aufgrund einer Ölspur
OLG Koblenz
Hat ein Fahrzeug auf der Fahrbahn eine Ölspur hinterlassen, so haftet es in voller Höhe für Schäden eines Fahrzeugs und dessen Insassen, wenn nicht nachgewiesen ist, dass die Ölspur rechtzeitig erkennbar war und das von der Fahrbahn abgekommene Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte. Durch das Vorhandensein der Ölspur ist der Beweis des ersten Anscheins, dass ein Fahrzeug aufgrund Eigenverschuldens des Fahrers von der Fahrbahn abgekommen ist, zumindest erschüttert. Die "einfache" Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Geschädigten fällt nicht ins Gewicht, wenn die hinterlassene Ölspur, die eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bedeutete, die Ursache des Unfalls war.

Hälftige Haftungsverteilung möglich bei Kollision eines Lkw mit Auflieger mit einer Straßenbahn
OLG Köln
Kommt es zu einer Kollision eines Lkw mit Auflieger mit einer Straßenbahn, so kann aufgrund der erhöhten Betriebsgefahr beider Fahrzeuge von einer hälftigen Schadensteilung auszugehen sein. Einem Lkw kommt grundsätzlich eine erhöhte Betriebsgefahr zu, die sich aus der Breite und den besonderen Anforderungen an die Manövrierfähigkeit erklären. Dies gilt namentlich dann, wenn der Lkw noch einen Auflieger hat, der sich in eine andere Richtung dreht als die Zugmaschine. Auf der anderen Seite ist die erhöhte Betriebsgefahr, die einer Straßenbahn als schienengebundenem Fahrzeug aufgrund ihres fehlenden Ausweichvermögens, ihrer großen Bewegungsenergie und ihres schwerfälligeren Bremsvermögens zukommt, zu berücksichtigen.

Traktorfahrer trifft bei Kollision mit zu schnellem Kradfahrer Mitschuld wegen unvorsichtigen Ausfahrens aus Grundstücksbereich
OLG Köln
Kollidiert ein Traktorfahrer beim Ausfahren aus einer Grundstückseinfahrt mit einem herannahenden Motorrad trifft ihn ungeachtet überhöhter Geschwindigkeit des Zweiradfahrers (hier um 15 km/h) regelmäßig eine Mitschuld, wenn er allein durch die Möglichkeit einer nach vorn gebeugten Sitzhaltung eine freie Sicht von 100 Metern erhalten hätte. Denn mit einem unvorsichtigen Einbiegen ist ein Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO verbunden, nach dem jeder Verkehrsteilnehmer sein Verhalten so einrichten muss, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist.

Dauerfolge eines Verkehrsunfalls in Form einer Gesamt-MdE von 80% rechtfertigt Schmerzensgeld von 250.000 Euro
OLG München
Die Höhe eines nach einem Verkehrsunfall zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt mit ihnen als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss. Besonderes Gewicht kommt dabei etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen zu. Steht fest, dass der Geschädigte durch den Verkehrsunfall eine Gesamt-MdE von 100 %, mindestens aber von 80 % erlitten hat, kann ein Schmerzensgeld von 250.000 Euro angemessen sein.

Radfahren in entgegengesetzter Richtung auf dem Radweg begründet überwiegendes Verschulden an Kollision mit Fußgängerin
OLG München
Bei der Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Radfahrer und einer Fußgängerin kommt einem verbotswidrigen Radfahren in entgegengesetzter Richtung auf dem Radweg ein deutlich überwiegendes Gewicht zu. Dies gilt insbesondere, wenn die konkreten örtlichen Gegebenheiten von einer räumlichen Enge geprägt waren. In einem solchen Fall kann eine Fehlverhalten der Fußgängerin durch "blindes" queren der Fahrbahn nur mit maximal 30% Verschuldensanteil bewertet werden.

Mehr als Schrittgeschwindigkeit fahrender Fahrzeugführer haftet wegen Kollision mit herbeieilendem Schüler an der Bushaltestelle
OLG Koblenz
Ein Fahrzeugführer ist verpflichtet, bei Annäherung an einen mit eingeschalteter Warnblinkanlage in der Haltebucht stehenden Schulbus auch die Gegenfahrbahn zu beobachten, um rechtzeitig auf querende Fußgänger reagieren zu können. Dabei muss er bereits beim Vorbeifahren an dem mit Warnblinkleuchten ausgestatteten Bus das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit reduzieren, nicht erst, wenn ein Fußgänger sichtbar wird. Kommt es zur Schädigung eines herbei eilenden Schülers, haftet der Fahrzeugführer, wenn er das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit vom 20 km/h bewegt. Dem Schüler kann ein Mitverschuldensanteil von 25% zugerechnet werden, wenn er "kopflos" über die Straße gelaufen ist.

Erhebliche innerörtliche Geschwindigkeitsüberschreitung (70 km/h) rechtfertigt überwiegende Haftung im Kollisionsfall
OLG München
Fällt den zu einem Verkehrsunfall innerhalb geschlossener Ortschaft befragten Zeugen das am Unfall beteiligte Fahrzeug durch ein lautes, hohes Motorengeräusch auf, ist von einer deutlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auszugehen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um einen Pkw mit einem Achtzylindermotor (hier: Mercedes SL 500) handelt. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass das Fahrzeug mit mindestens 70 km/h bewegt wurde. Insoweit ist bei der Haftungsverteilung nach Kollision mit einem stehen Fahrzeug eine überwiegende Haftung des Schnellfahrers angezeigt.

Grundstücksausfahrer haftet dem ersten Anschein nach für Zusammenstoß mit Kradfahrer
AG Bochum
Kommt es zu einer Kollision zwischen einer Pkw-Fahrerin, die von einem Tankstellengelände durch eine Lücke in der Fahrzeugkolonne auf die Fahrbahn einbiegt und einem an der Kolonne vorbeiziehenden Kraftrad, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Grundstücksausfahrers. Der gestürzte Kradfahrer kann in einem solchen Fall Ersatz für die Beschädigung des Helms unabhängig davon verlangen, ob eine äußerliche Beschädigung des Helms feststellbar ist. Ist der Motorradhelm 2 Jahre alt, ist bei der Schadensberechnung ein Abzug "neu für alt" vorzunehmen. Denn ein Sturzhelm wird nicht "auf Dauer" angeschafft, sondern unterliegt dem Verschleiß und sollte aus Sicherheitsgründen nach gewissen Zeitabständen ausgetauscht werden. Es ist eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 4 bis 5 Jahren anzunehmen, so ass der Geschädigte einen Abzug von 50% auf den Neuanschaffungspreis hinnehmen muss.

Kein Schadensersatz nach Verkehrsunfall bei Zusammenstoß mit einem auf dem Gehweg fahrenden Radfahrer
AG Essen
Kam es zwischen einem Pkw und einem auf dem Gehweg fahrenden Radfahrer zu einer Kollision, so kann eine Haftung des Pkw-Fahrers ausgeschlossen sein, wenn der Fahrradfahrer einen ausgewiesenen Radweg nicht benutzt hat. Nach der StVO müssen Radfahrer, wenn Radwege vorhanden sind, diese benutzen, ansonsten haben sie die Fahrbahn zu benutzen. Lediglich Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müssen, ältere Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Der Pkw-Fahrer darf darauf vertrauen, dass der Fahrradfahrer sich vorschriftengemäß verhalten würde (sogenannter Vertrauensgrundsatz). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Pkw-Fahrer sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen könnte, weil er sich selbst verkehrswidrig verhalten hätte. Das wäre dann anzunehmen, wenn er bei dem Auffahren auf den Gehweg den Fahrradfahrer hätte erkennen und rechtzeitig abbremsen können.

Verlust eines Fahrzeugschlüssels führt nicht per se zur Gefahrerhöhung
OLG Hamm
In der bewussten Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im versicherten Fahrzeug liegt dann keine Gefahrerhöhung im Sinne des VVG, wenn diese von außen nicht sichtbar sind. Es ist nach der Lebenserfahrung nicht typischerweise anzunehmen, dass das Zurücklassen des - von außen nicht sichtbaren - Fahrzeugscheins im Pkw einen zur Totalentwendung noch nicht entschlossenen Täter dazu motiviert, den Wagen zu stehlen. Das Zurücklassen des Fahrzeugscheins ist daher für die denkbaren Fälle einer spontanen Wegnahme des Fahrzeugs nur als unwesentliche vom Versicherungsschutz von vornherein umfasste Risikoerhöhung anzusehen. In dem Verlust des Fahrzeugschlüssels liegt nur dann eine Gefahrerhöhung, wenn sich hierdurch das objektive Risiko eines Zugriffs Dritter auf das versicherte Fahrzeug ergibt. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Schlüsselverlust sich nicht aufklären lässt und dieser weder eine Fernbedienung zum versicherten Fahrzeug, noch einen sonstigen Hinweis auf dieses Fahrzeug aufwies.

Zur Gefahrerhöhung bei mangelhaft eingebauten Tuningteilen
OLG Karlsruhe 
Mangelhafte Einbauten in ein Kraftfahrzeug stellen im Rahmen der Kraftfahrtversicherung nur dann eine subjektive Gefahrerhöhung dar, wenn der Versicherungsnehmer die Mangelhaftigkeit kennt.

Haftungsverteilung nach Kollision bei Fahrstreifenwechsel im Reißverschlussverfahren
AG Dinslaken
1. Ein Fahrstreifenwechsel im Rahmen des Reißverschlussverfahrens darf nur vorgenommen werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, wobei vom Spurwechsler ein Höchstmaß an Sorgfalt verlangt wird. Dem steht auf Seiten des Fahrers auf dem freien Fahrstreifen das allgemeine Rücksichtnahmegebot entgegen.
2. Ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Verkehrsunfallprozess davon auszugehen, dass dem Spurwechsler eine Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, während sich der Geradeausfahrer seinen Vorrang erzwingen wollte, so ist eine hälftige Schadensteilung angemessen.

Schmerzensgeldanspruch auf Grund eines Verkehrsunfalls: Bemessung bei offener Bursaverletzung, Schleimbeutelentfernung, Innenknöchelfraktur und dauerhafter 10%iger MdE
LG Trier 
1. Erleidet ein Verkehrsteilnehmer bei einem Unfall eine offene Bursaverletzung im rechten Kniegelenks, die zur Entfernung des Schleimbeutels führte, sowie eine Innenknöchelfraktur und besteht trotz eines ausbehandelten Endzustandes gleichwohl eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit zu 10%, daneben eine Muskelminderung im Bereich des linken Oberschenkels, eine Narbenbildung über dem linken Innenknöchel, belastungsabhängige Schmerzen im angrenzenden linken Sprunggelenk, präpatellare Narbenbildung nach offener Bursektomie rechtes Kniegelenk und radiologische Veränderungen bei Innenknöchelfraktur, so hat er unter Berücksichtigung eines Mitverursachungsbeitrags von 50% infolge überhöhter Geschwindigkeit einen Schmerzensgeldanspruch von insgesamt 6.000 Euro. 2. Ein angemessener Schmerzensgeldbetrag ist durch eine Gesamtabwägung zu ermitteln und kann nicht schematisch nach Verursachungsquoten gekürzt werden.

"Beim Betrieb" eines Kraftfahrzeugs als Voraussetzung für die Haftung eines Kraftfahrzeugführers gegenüber einem Radfahrer
AG Münster
Die Haftung nach dem StVG setzt voraus, dass der Unfall sich "beim Betrieb" eines Fahrzeugs ereignete. Hierfür reicht die bloße Anwesenheit eines Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle nicht aus. Vielmehr muss das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen haben. Daher haftet ein Kraftfahrzeugführer nicht für eine Verletzung eines Radfahrers, die dieser aufgrund einer Vollbremsung erlitten hat, wenn der Kraftfahrzeugführer für die Vollbremsung des Radfahrers keine Veranlassung gegeben hat.

Prozesskostenhilfe im Verkehrsunfallprozess mit dem Vorwurf einer Unfallmanipulation: Mutwilligkeit der Rechtsverteidigung unter Einschaltung eines eigenen Rechtsanwalts des beklagten Kraftfahrzeughalters
OLG Köln 
1. Die Bestellung eines eigenen Anwalts durch den Versicherungsnehmer bei Geltendmachung des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherer und gegen Halter in einem gemeinsamen Rechtsstreit sind im Regelfall nicht notwendig, wenn kein sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Anwalts besteht.
2 Steht jedoch die Möglichkeit einer Unfallmanipulation im Raum, so handelt der Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht mutwillig im Sinne von § 114 S.1 ZPO, wenn er die Vertretung durch einen eigenen Anwalt begehrt (Anschluss BGH, 6. Juli 2010, VI ZB 31/08, VersR 2010, 1472).
3. Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist jedoch darüber hinaus, dass die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Erforderlich ist hierfür, dass der unter Betrugsverdacht stehende Geschädigte zu den gegen ihn gerichteten Vorwürfen Stellung nimmt und sein Verteidigungsvorbringen dargelegt.

Kfz-Versicherer darf sich mit Vertragsstrafenklausel auch nicht wahlweise die weiteren Rechte bei nicht angezeigten Gefahrerhöhungen sichern
OLG Stuttgart
Bei vorsätzlichen Verstößen des Versicherungsnehmers gegen seine Anzeigepflicht ist der Versicherer berechtigt, zusätzlich zur Beitragsanpassung eine Vertragsstrafe geltend zu machen. Eine Klausel, nach der der Versicherer entweder die Rechte auf Rücktritt oder Kündigung aus dem Versicherungsvertragsgesetz geltend machen kann oder sich ersatzweise und unter Ausschluss der Gefahrerhöhungsrechte (Rücktritt und Kündigung) eine Vertragsstrafe in Höhe des neu berechneten Jahresbeitrags vorbehält, ist, benachteiligt den Versicherungsnehmer unangemessen. Denn der Versicherer ist bei einer Vereinbarung einer Vertragsstrafe nicht berechtigt, sich die weiteren Rechte bei nicht angezeigten Gefahrerhöhungen zu sichern. Dies gilt auch, wenn der Versicherer sich diese Rechte nur wahlweise sichert oder weiter vorbehält.

Vorläufige Deckungszusage des Kfz-Haftpflichtversicherers lässt Strafbarkeit der "Zulassungsfahrt" mit ungültig gestempeltem Fahrzeugbrief entfallen
OLG Celle
Eine Strafbarkeit wegen Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne zivilrechtlich wirksamen Haftpflichtversicherungsvertrag kommt nicht in Betracht, wenn eine vorläufige Deckungszusage des Versicherers besteht. Davon ist auszugehen, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer die für die behördliche Zulassung seines Fahrzeugs nach § 23 Abs. 1 FZV erforderliche Versicherungsbestätigung aushändigt oder dem Versicherungsnehmer bei elektronischer Versicherungsbestätigung nach § 23 Abs. 3 FZV die Versicherungsbestätigungsnummer nennt. Solange diese Zusage gilt, besteht ein wirksamer Haftpflichtversicherungsvertrag. Dies gilt auch für eine "Zulassungsfahrt", deren Zweck nicht verwirklicht werden kann, weil nur ein ungültig gestempelter Fahrzeugbrief vorliegt.

Haftung des Fahrzeughalters bei Brand in der Tiefgarage
AG München
Gerät ein in einer Tiefgarage abgestelltes Fahrzeug in Brand und beschädigt einen daneben stehenden PKW, setzt ein Schadenersatzanspruch ein Verschulden des Halters des in Brand geratenen Fahrzeugs voraus. Ein verschuldensunabhängiger Anspruch aus § 7 des Straßenverkehrsgesetzes ist nicht gegeben, da Fahrzeuge, die außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen abgestellt sind, nicht mehr "in Betrieb" im Sinne dieser Vorschrift sind.

Alleinhaftung bei Kollision eines vom Gehweg auf die Fahrbahn wechselnden Radfahrers mit einem Kraftfahrzeug
AG Weinheim 
Ein Radfahrer, der von dem von ihm verbotswidrig genutzten Gehweg auf die Fahrbahn wechselt und ein die Fahrbahn benutzendes Kraftfahrzug hierbei nicht beachtet und mit diesem kollidiert, haftet allein für den entstandenen Schaden, mithin auch auf Schmerzensgeld.

Kein pauschaler Neu für Alt-Abzug beim Lack
AG Solingen
Nur mit der Floskel, der Neu für Alt-Abzug beruhe auf der Laufleistung und dem Alter des Fahrzeugs sowie seines Zustands und insbesondere des Zustands des Lacks, darf der Kaskoversicherer einen solchen Abzug nicht vornehmen.. Der Versicherer muss dezidiert vortragen, wodurch genau eine Wertsteigerung des Fahrzeugs wegen der teilweisen Neulackierung entstanden sein soll.

Versicherung kann für Verkehrsunfall bei "Spritztour" mit fremdem Fahrezug ohne Führerschein Regress nehmen
AG Hagen
Verursacht ein Verkehrsteilnehmer mit dem Fahrzeug der Eltern seines Freundes in dessen Beisein bei einer "Spritztour" einen Verkehrsunfall, ohne dass er im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, besteht zwischen der Kraftfahrzeugversicherung und dem Schädiger ein Gesamtschuldverhältnis gegenüber dem Eigentümer. Gleicht die Versicherung den Schaden aus, kann sie im Innenverhältnis Regress nehmen, da sie wegen der Obliegenheitsverletzung des Schädigers § 28 Abs. 2 S. 1 VVG leistungsfrei geworden ist. Der Schädiger kann sich in einem solche Fall nicht darauf berufen, dass die Eltern des Freundes als Versicherungsnehmer ebenfalls eine Obliegenheitsverpflichtung treffe, weil sie den Autoschlüssel auf einer Theke in der Wohnung liegen lassen haben. Denn ohne besondere Anhaltspunkte dürfen die Eltern jugendlicher Kinder davon ausgehen, dass diese nicht ohne Erlaubnis ihren PKW benutzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kinder nicht über eine Fahrerlaubnis verfügen.

Unter 10% liegender Haushaltsführungsschaden kann schadensvermeidend kompensiert werden
OLG Saarbrücken
Ein zu erstattender Haushaltsführungsschaden setzt den Nachweis eines Vermögensschadens voraus. Die Beeinträchtigung in der Haushaltsführung muss zu konkreten unmittelbaren vermögensmäßigen Erschwernissen führen. Der Nachweis eines konkreten Vermögensschadens ist erbracht, wenn der Geschädigte eine Ersatzkraft beschäftigen muss, um die ihm nicht mehr mögliche Hausarbeit zu erledigen. Der Geschädigte ist gehalten, den Ausfall seiner Arbeitskraft durch Umorganisation oder den Einsatz technischer Hilfsmittel zu kompensieren, wobei die Umorganisation nicht dazu führen darf, dass ein anderes Haushaltsmitglied als Folge des Unfalls in stärkerem Umfang als bisher im Haushalt mitarbeiten muss. Vielmehr beschränkt sich die Obliegenheit zur Umverteilung darauf, die Arbeitsleistungen in dem vor dem Unfall praktizierten Umfang neu zu verteilen. Es kann von dem Erfahrungssatz ausgegangen werden, dass eine unter 10 % liegende Beeinträchtigung der Haushaltführung regelmäßig vollständig schadensvermeidend kompensiert werden kann.

Häufung ernsthafter Verdachtsmomente kann für Unfallmanipulation sprechen
LG Duisburg
Der Nachweis eines manipulierten Verkehrsunfalls kann Im Wege des Indizienbeweises erbracht werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Schädiger einen Fahrstreifenwechsel gezielt gegen das andere Fahrzeug ohne Abwehrbewegung fortführt, dessen Fahrzeugführer wiederum ohne Ausweichbewegung über 15m gegen eine Leitplanke "ausweicht" und die fiktive Abrechnung eines Mercedes 500 über beide Fahrzeugseite mit nicht kompatiblen Schäden begehrt wird. Es ist allgemein bekannt, dass bei der Abrechnung umfangreicher Blechschäden auf Gutachterbasis erhebliche Gewinne erzielt werden können. Das gilt insbesondere bei Fahrzeugen der Oberklasse, da dort die Reparaturkosten bereits im Ansatz erfahrungsgemäß besonders hoch sind. Zu diesen Fahrzeugen gehört auch ein PKw Daimler Chrysler SL 500.

Wirtschaftlichkeitsgebot rechtfertigt Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt
LG Duisburg
Der Geschädigte ist vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitsgebots gehalten, unter mehreren Möglichkeiten der Restitution seines unfallbedingten Schadens diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Der Geschädigte hat sich im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht auf eine gleichwertige und günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt und unter Abzug von Vorhaltungs- sowie Verbringungskosten verweisen zu lassen. Er kann jedoch gegebenenfalls Umstände vortragen, die ihm eine Reparatur seines (hier: mehr als 10 Jahre alten) Fahrzeuges in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.

Nachhaltige traumatische Schädigung löst Deliktshaftung für psychische Beeinträchtigungen nach einem Verkehrsunfall aus
AG Leverkusen
Dass sich die Geschädigte eines Verkehrsunfalls Sorgen um ihr ungeborenes Kind machte und vermehrt Untersuchungen bis zur Geburt des Kindes wahrgenommen hat, kann keine Körper- bzw. Gesundheitsverletzung gesehen werden. Zur Körper- bzw. Gesundheitsverletzung zählen zwar grundsätzlich psychische Beeinträchtigungen. Diese müssen aber medizinisch feststellbar sein und über das allgemeine Risiko hinausgehen. Es muss eine pathologisch fassbare Gesundheitsbeschädigung von einiger Intensität vorliegen. Gefühle wie Trauer, Schrecken oder Entsetzen als haftungsbegründende Verletzungen widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, die Deliktshaftung auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken. Erforderlich ist eine nachhaltige traumatische Schädigung, die zudem aus juristischer Sicht dasjenige übersteigt, worin sich das normale Lebensrisiko der menschlichen Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt verwirklicht.

Leistungsausschluss bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls; Gefahrerhöhung bei Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im Fahrzeug sowie bei Schlüsselverlust
OLG Hamm
1. Nur wenn dem Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer der Beweis von Tatsachen gelingt, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit eines Vortäuschens eines Versicherungsfalls ergibt, hat der Versicherungsnehmer den Vollbeweis einer bedingungsgemäßen Entwendung zu erbringen (Anschluss BGH, 4. November 1999, IV ZR 302/97, VersR 1999, 181).
2. Der Versicherer hat den Beweis für die Herbeiführung des Versicherungsfalls und damit für die Kausalität des grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers zu führen. Lässt der Versicherungsnehmer die Fahrzeugpapiere in dem auf der Straße abgestellten Fahrzeug zurück und ist nicht belegt, wie das Fahrzeug entwendet und welche Sicherungsmaßnahmen verletzt wurden, so liegt kein Beweis der Kausalität des ggf. grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers für die Entwendung des Fahrzeugs vor.
3. Die bewusste Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im versicherten Fahrzeug begründet keine Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 Abs. 1 VVG.
4. Eine Gefahrerhöhung aufgrund eines Schlüsselverlustes ist nur dann anzunehmen, wenn sich aus den Umständen des Schlüsselverlustes das objektive Risiko ergibt, dass Dritte Zugriff auf den Schlüssel haben können.

Erstattung der Umsatzsteuer nur bei deren Anfall im Falle der Ersatzbeschaffung
BGH
Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu.

Zur Unwirksamkeit einer Vertragsstrafenklausel wegen falschen Angaben zur jährlichen Fahrleistung
OLG Stuttgart
Eine Vertragsstrafenklausel in einem Kfz-Versicherungsvertrag, wonach bei unterlassener Mitteilung eines Merkmals zur Beitragsberechnung (hier: Jahreskilometerleistung) der Versicherungsnehmer zur Zahlung einer zusätzlichen Jahresprämie verpflichtet wird, ist gem. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn der Versicherer nicht gleichzeitig auf seine gesetzlichen Rechte wegen Gefahrerhöhung verzichtet.

Unfallgeschädigter Patient muss gegnerische Versicherung grundsätzlich nicht in Besitz eines Vorerkrankungsverzeichnisses setzen
OLG Düsseldorf
Ein unfallgeschädigter Patient ist nicht gehalten, durch eine Schweigepflichtentbindungserklärung die gegnerische Haftpflichtversicherung in den Besitz eines Vorerkrankungsverzeichnisses zu setzen. Muss eine Partei Umstände beweisen, die zu dem ihrem Einblick entzogenen Bereich des Prozessgegners gehören, so entstehen ihr erhebliche Beweisprobleme, da Beweisermittlungs- und Ausforschungsanträge nicht zulässig sind. Materiell-rechtliche Auskunftsansprüche bestehen nur in bestimmten Bereichen. Dieser Problematik wird durch die sogenannte sekundäre Darlegungslast Rechnung getragen. Die Ersatzpflicht des für einen Körper- oder Gesundheitsschaden einstandspflichtigen Schädigers erstreckt sich grundsätzlich auch auf psychisch bedingte Folgewirkungen des von ihm herbeigeführten haftungsbegründenden Ereignisses. Dies gilt insbesondere auch für eine psychische Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung des Unfallgeschehens, wenn eine hinreichende Gewissheit besteht, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre.

Schaden des Kfz-Leasingnehmers bei Totalschaden besteht im Entzug der Sachnutzung
OLG München
Der Schaden des Leasingnehmers bei wirtschaftlichem Totalschaden des Leasingfahrzeugs besteht nicht in der Belastung mit den - ohnehin zu erbringenden - Leasingraten, sondern im Entzug der Sachnutzung. Hierbei kann der Wert dieser Nutzung keinesfalls einen Geldbetrag übersteigen, der den Erwerb eines Fahrzeugs von gleichem Zeitwert ermöglicht. Der Wert der Sachnutzung eines geleasten Fahrzeugs übersteigt dessen Wiederbeschaffungswert nicht. Für die Bewertung der Sachnutzung ist nach dem für das Schadensersatzrecht maßgeblichen Grundgedanken des § 249 BGB - Herstellung des ohne das Schadensereignis bestehenden Zustandes - der Kauf- bzw. Wiederbeschaffungswert der maßgebliche Anknüpfungspunkt.

Paketfahrer kann aufgrund Unfallflucht nach Beschädigung einer Mauer vom Versicherer in Regress genommen werden
AG Wesel
Kollidiert der Fahrer eines Paketdienstes beim Ausfahren von Paketen im versicherten Fahrzeug seines Arbeitgebers mit einem großen Stein (Findling), sodass eine dahinterliegende Grundstücksmauer erheblich beschädigt wird, trifft ihn gegenüber der Versicherung eine Aufklärungsobliegenheit. Verlässt er die Unfallstelle unter Verwirklichung des Tatbestands der Unfallflucht im Sinne des § 142 StGB, stellt dies stets eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit dar, wegen der er vom Versicherer in Regress genommen werden kann. In einem solchen Fall kann er sich weder darauf berufen, dass es dunkel gewesen sei und er keinen Schaden habe feststellen können noch dass er es im Rahmen seiner Auslieferungstätigkeit eilig gehabt habe.

Keine Haftung eines überholenden Radfahrers bei unvermeidbarer Kollision mit dem überholten Radfahrer
OLG München
Überholt ein Radfahrer links einen anderen und kommt es zur Kollision, weil der überholte Radfahrer, ohne Handzeichen zu geben, nach links abbiegt, so steht ihm kein Schadensersatzanspruch gegen den links überholenden Radfahrer zu, wenn dieser die Kollision auch bei einer sofortigen Vollbremsung nicht hätte vermeiden können. Das falsche Reagieren eines Verkehrsteilnehmers begründet zudem dann kein Verschulden, wenn er in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht voraussehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgemäße unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv falsch reagiert.

Unfallursächliche Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands ist bei Haftungsverteilung zu berücksichtigen
OLG Saarbrücken
Kommt es beim Linkseinbiegen zum Zusammenstoß zwischen dem Wartepflichtigen und einem dem ersten Vorfahrtberechtigten nachfahrenden Kraftfahrzeug, ist die unfallursächliche Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands durch den Nachfahrenden auch im Verhältnis zum Wartepflichtigen zu berücksichtigen. Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss nach der Straßenverkehrsordnung in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Die Zulässigkeit eines verkürzten Abstandes setzt eine stets gespannte Aufmerksamkeit und höchste Bremsbereitschaft voraus. Ein verkehrsbedingtes plötzliches scharfes Bremsen des Vorausfahrenden muss ein Kraftfahrer grundsätzlich einkalkulieren. In den Fällen zulässiger Unterschreitung des Sicherheitsabstands hat der Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs die von ihm selbst zu verantwortende Verkürzung des Bremswegs durch stets gespannte Aufmerksamkeit und höchste Bremsbereitschaft zu kompensieren.

Erstmaliger Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeit im Rechtsstreit
BGH
Im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten kann der Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder freien Fachwerkstatt noch im Rechtsstreit erfolgen, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen.

Quotale Leistungskürzung bei grob fahrlässiger Missachtung der Durchfahrtshöhe
LG Hagen
1. Wenn der Fahrer eines Mietfahrzeugs mit einer großen Aufbauhöhe die durch eine entsprechende Beschilderung gekennzeichnete niedrige Durchfahrtshöhe einer Unterführung
bzw. eines Tunnels missachtet und bei einer Tunneldurchfahrtshöhe von 3,10 m und
einer Fahrzeughöhe von 3,50 m mit der rechten Seite des Kofferaufbaus des Lkw an die
Tunneldecke stößt,
- hat er den Schaden an dem Fahrzeug in objektiver Hinsicht grob fahrlässig herbeigeführt;
- ist dem Fahrer auch in subjektiver Hinsicht grobe Fahrlässigkeit anzulasten (auch bei Fehlen nennenswerter Erfahrung im Führen von Lkw; keine hinreichende und tragfähige
Anhaltspunkte für den Fahrer, dass das Passieren der Unterführung mit dem höheren
Fahrzeug entgegen der ausgewiesenen Durchfahrtshöhe möglich wäre; an der Windschutzscheibe angebrachter Hinweis auf das Höhenproblem);
- ist eine Haftungsquote von 50% angemessen.

Versicherer kann Verweisungsprivileg in Bezug auf Leistungsfreiheit nur in Höhe der vertraglich vereinbarten Beschränkung geltend machen
OLG Saarbrücken
Ein wegen einer Trunkenheitsfahrt des Versicherungsnehmers von der Verpflichtung zur Leistung ganz oder teilweise befreiter Versicherer ist auch gegenüber dem Dritten leistungsfrei, soweit dieser Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer erlangen kann. Ist die Leistungsfreiheit oder Leistungskürzung vertraglich beschränkt (hier: auf 5.000 Euro), kann der Versicherer das Verweisungsprivileg auch nur in dieser Höhe geltend machen.

Rückgriff des Versicherers beim Versicherungsnehmer wegen im Rahmen der Schadensregulierung getätigten Aufwendungen
AG Lüdenscheid
Ist der Versicherer gemäß § 28 Abs. 2 VVG i.V.m. D.1.3 AKB 2008 von seiner Leistungspflicht befreit, weil der Fahrzeugführer zum Unfallzeitpunkt nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war, kann er gemäß § 116 Abs. 1 S. 3 VVG Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die er im Rahmen der Schadensregulierung den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Eine Regulierungsentscheidung, die der Versicherer auf Grund der ihm durch A.1.1.4 AKB 2008 unwiderruflich erteilten Regulierungsvollmacht trifft, ist für den Versicherungsnehmer nur dann nicht verbindlich, wenn der Versicherer sein Regulierungsermessen willkürlich überschritten hat. Es ist Sache des allein und vollumfänglich darlegungs- und beweisbelasteten Versicherungsnehmers, eine missbräuchliche Regulierung darzulegen und zu beweisen.

Keine unfallbedingte Kausalität zwischen Ausrutschen beim Anschieben eines defekten Fahrzeugs und traumatischem Bandscheibenvorfall
LG Siegen
Ein Unfallversicherter kann einen traumatischen Bandscheibenvorfall nicht als Unfallfolgeschaden geltend machen, soweit er behauptet, die Verletzung sei beim Ausrutschen während des Anschiebens seines liegen gebliebenen Pkw entstanden. Denn bei einem solchen Geschehen mangelt es bereits an der Kausalität zwischen dem etwaigen Unfallereignis und dem Bandscheibenschaden. Es ist nicht wahrscheinlich, dass es im Rahmen der erhöhten Kraftanstrengung durch das Anschieben eines Pkw zur Einwirkung erheblicher Kräfte auf die untere Lendenwirbelsäule gekommen ist, die geeignet gewesen wären, einen traumatischen - also durch Gewalt von außen entstehenden - Bandscheibenvorfall zu verursachen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch auf einem sehr rutschigen Untergrund die maximal aufzubringende Schubkraft, die auf die Bewegungssegmente einwirkt, vermindert gewesen sein muss.

Unfallgeschädigter muss ggf. Vorschäden und deren Reparatur vortragen
OLG Köln
Es obliegt dem Geschädigten, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzulegen und zu beweisen. Der Geschädigte kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren. Hierfür muss er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen. Es genügt, wenn von dem Anpruchsgegner ernsthafte Anhaltspunkte für derartige Vorschäden geltend gemacht werden. Dann muss der Anspruchsteller dies konkret bestreiten und gegebenenfalls den Beweis des Gegenteils führen.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort als fahrlässige Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers
AG Hannover
Entfernt sich ein Versicherungsnehmer unerlaubt vom Unfallort hat er, wenn er die Verursachung des Schadens fahrlässig übersehen hat, lediglich 50 Prozent des Schadens der Versicherung zu ersetzen.

Geradeausfahrer trifft bei Kollision mit Linksabbieger auf ampelgeregelter Kreuzung wegen Fahrens bei "spätem Rot" die volle Haftung
OLG Hamburg
Bei einem Zusammenstoß zwischen einem Linksabbieger und einem entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer auf einer ampelgeregelten und mit einem grünen Linksabbiegerpfeil versehenen Kreuzung muss der die Kreuzung geradeaus durchfahrende Verkehrsteilnehmer beweisen, dass der grüne Pfeil für den Linksabbieger nicht aufgeleuchtet hat, wenn er daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will. In einem solchen Fall spricht der Beweis des ersten Anscheins nicht für ein Verschulden des Linksabbiegers. Fährt der Verkehrsteilnehmer im Geradeausverkehr jedoch bei "spätem Rot" über die Haltelinie, so hat er mindestens seinen Schaden selbst zu tragen. Trifft den Linksabbieger kein Verschulden, haftet der Geradeausfahrer voll. Dies gilt auch dann, wenn die Schaltung des Grünpfeils im Unfallzeitpunkt ungeklärt bleibt.

Für Doppelversicherung kommt es nicht auf eigenständigen Ursachenbeitrag von Kfz und Anhänger beim Schadensfall an
OLG Celle
Der Haftpflichtversicherer eines Kraftfahrzeugs und der des damit verbundenen Anhängers haben einen eingetretenen Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen, wenn eine Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger (bzw. Auflieger) vorliegt und der Schaden durch das Gespann verursacht wird. Ein konkret eigenständiger Ursachenbeitrag des Anhängers (bzw. Aufliegers) für den durch das Gespann als Betriebseinheit verursachten Schaden muss hierbei nicht festgestellt werden. Der Verteilung der Mitverursachungsanteile nach §§ 17 Abs. 4, 18 Abs. 3 StVG oder einem Innenausgleich nach § 426 BGB i. V. m. §§ 840 Abs. 2, 254 BGB geht die Ausgleichsregelung des § 59 Abs. 2 VVG a. F. vor.

Keine Kaskoentschädigung bei widersprüchlichen Angaben zur Fahrzeugentwendung
LG Wuppertal
Grundsätzlich muss der Versicherungsnehmer, der einen Diebstahl seines kaskoversicherten Fahrzeugs geltend macht, lediglich einen solchen Sachverhalt darlegen und beweisen, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Fahrzeugentwendung zulässt. Eine Kaskoentschädigung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn das Gericht nach Abschluss der Beweisaufnahme aufgrund mehrfacher widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass das Fahrzeug tatsächlich am angegebenen Tag am fraglichen Ort abgestellt wurde und später nicht mehr aufgefunden werden konnte.

Kein Anspruch auf Schadensersatz nach provoziertem Auffahrunfall
LG Essen
Ein Fahrzeugführer hat keinen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch ein auffahrendes Fahrzeug entstanden ist, wenn die Situation auf eine vorsätzliche heftige Bremsung ohne Grund zurückzuführen ist. In einem solchen Fall handelt es sich nicht um einen Unfall im Sinne eines zufälligen Ereignisses. Bestreitet der Fahrzeugführer eine Provokation, spricht es gegen ihn, wenn er das Fahrzeug erst vor kurzer Zeit erworben hat und damit bereits in zwei Unfälle mit vermeintlich eindeutigen Unfallsituationen verstrickt war. Ebenso zeugt ein zu hoch angesetzter Wiederbeschaffungswert in Verbindung mit günstigen Reparaturmöglichkeiten im Familienkreis von der Absicht, lediglich ein "Geschäft" durch Abrechnung auf fiktiver Reparaturkostenbasis zu tätigen.

Sachverständigenverfahren bezüglich des Wiederbeschaffungswerts eines entwendeten Navigationsgeräts
LG Erfurt
Meinungsverschiedenheiten über den Wiederbeschaffungswert eines Navigationsgeräts können im Sachverständigenverfahren geklärt werden.

Grob fahrlässiges Herbeiführen des Kfz-Diebstahls durch Zurücklassen des Fahrzeugschlüssels in einer unverschlossenen Umkleidekabine
LG Berlin
1. Dem Versicherungsnehmer ist eine grob fahrlässige Herbeiführung des Kraftfahrzeugdiebstahls vorzuwerfen, wenn er den Fahrzeugschlüssel während eines Sportkurses in einer Sporttasche in einer nicht verschlossenen Umkleidekabine zurücklässt, wo sie entwendet werden.
2. Das grob fahrlässige Verhalten des Versicherungsnehmers führt gemäß § 81 Abs. 2 VVG zu einer Kürzung der Versicherungsleistung um 25 %.

Schmerzensgeldhöhe bei HWS-Schleudertrauma, ISG-Blockade und Beeinträchtigung der Lendenwirbelsäule
AG München
Bei einer erheblichen Dauer und Heftigkeit von unfallbedingten Schmerzen und einer über Wochen gehenden Arbeitsunfähigkeit ist auch bei einem fahrlässig verursachten Unfall ein Schmerzensgeld von 2000 Euro angemessen.

Schadensersatzforderung auf Erstattung von Mietwagenkosten kann wirksam abgetreten werden
BGH
Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Die Abtretung ist nicht deshalb unwirksam, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem noch nicht geklärt war, ob und wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt. Die Abtretung als solche ist ein neutrales Geschäft, welches nicht per se gegen ein Verbotsgesetz verstößt. Sie wäre allenfalls unwirksam, wenn sie von vornherein auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielte. Dies ist bei der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs auf Erstattung von Mietwagenkosten nicht der Fall.

Schadenregulierung durch Kfz-Versicherer auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers
AG München
Ein Kfz-Haftpflichtversicherer darf einen Schadenersatzanspruch, der sich gegen einen bei ihm Versicherten richtet, auch ohne dessen Einwilligung erfüllen, auch wenn ein Schadenfreiheitsrabatt auf dem Spiel steht. Der Versicherer verletzt seine Rücksichtnahmepflicht nur, wenn er eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung durchführt.

Beteiligung des angeblich Geschädigten an einer Vielzahl von Unfällen kann für Unfallmanipulation sprechen
OLG Düsseldorf
Es spricht bereits für das Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls, dass ein Fahrzeug der Luxusklasse, das zu einem niedrigen Preis angekauft worden ist, von einem Personenkreis gefahren wurde, der in den vergangenen Jahren in mindestens 25 Unfallereignisse verwickelt war. Voraussetzung der durch Indizien gewonnenen Überzeugungsbildung, dass ein provoziertes Schadensereignis vorliegt, ist, wie auch bei einem manipulierten Unfall, keine mathematisch lückenlose Gewissheit. Ausreichend ist vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.

Anscheinsbeweis, dass Wartepflichtiger bei einer Kollision im Kreuzungsbereich haftet
AG Essen
Kommt es in einem Kreuzungs-/ Einmündungsbereich zwischen einem Vorfahrtsberechtigten und einem wartepflichtigem Fahrzeug zu einer Kollision, so hat der Wartepflichtige den Anscheinsbeweis einer schuldhaften Unfallverursachung gegen sich. In die Abwägung ist jedoch die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs einzubeziehen (hier: mit 25% bewertet). Zwar tritt die Betriebsgefahr des Berechtigten bei einer Vorfahrtsverletzung in der Regel zurück. Allerdings ist zu berücksichtigen, ob die Kollision auch für das klägerische Fahrzeug vermeidbar war, was ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs nicht rechtfertigt.

Zur Unfallbedingtheit eines HWS-Syndroms
AG Bremen
1. Macht der Anspruchsteller Schmerzensgeld wegen eines Schleudertraumas infolge bloßen Abbremsens geltend, sind die zur Beweisführung zwingend erforderlichen Sachverständigengutachten nicht von Amts wegen einzuholen; die Verursachung einer HWS-Distorsion durch einen sog. Beinaheunfall erscheint fernliegend.
2. Bremst ein Fahrzeugführers auf der Autobahn von 125 km/h auf 40 km/h grundlos ab, so handelt er im Hinblick auf den unmittelbar nachfolgenden Verkehr mit bedingten Schädigungsvorsatz; die Haftpflichtversicherung wird insofern von der Fahrzeugführerhaftung nach §§ 18 StVG, 115 VVG frei (§ 103 VVG).

Fahrer eines Einsatzfahrzeuges darf sich dem für den Gegenverkehr durch Ampelschaltung mit "grün" freigegebenen Kreuzungsbereich nur mit reduzierter Geschwindigkeit nähern
OLG Naumburg
Der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges muss sich vor dem Einfahren in den für den Gegenverkehr durch Ampelschaltung mit "grün" freigegebenen Kreuzungsbereich vergewissern, dass das Sondersignal von den übrigen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen worden ist. Zudem darf er sich zwar nicht der Kreuzung als solcher, aber doch dem eigentlichen Gefahrenbereich, nämlich der kreuzenden Gegenfahrbahn, nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, die ihm noch ein Anhalten ermöglicht. In vergleichbaren Konstellationen wird im Fall einer Kollision von einer weit überwiegenden bis alleinigen Haftung des Halters des Einsatzfahrzeugs ausgegangen. Ob zwischen den Unfallbeteiligten eine Haftungsquote und ggf. welche zu bilden ist, ist allerdings nach den weiteren Umständen des Falles zu entscheiden (hier 20 % für den Unfallgegner aus Betriebsgefahr).

Eigene deliktische Haftung eines Elternteils, wenn von ihm zurückgerufenes Kind Unfall verursacht
OLG Naumburg
Ruft ein Elternteil ein selbst schuldunfähiges Kind in einer Weise zu sich zurück, dass dieses sofort losläuft, so kommt seine eigene deliktische Haftung in Betracht, wenn er sich nicht vergewissert hat, dass dies ohne Gefahr für Dritte möglich ist und das Kind dadurch einen Unfall verursacht (hier mit einem Radfahrer auf dem Radweg). Da das schuldunfähige Kind selbst nicht haftet, kommt demgegenüber eine originäre Haftung des Elternteils in Betracht, quasi mit dem Kind als schuldunfähigem Werkzeug. Hinsichtlich der Beaufsichtigung des Kindes gibt es sicher einen "Ermessenspielraum" des Aufsichtspflichtigen. Dies gilt aber nicht für eine eigene Handlung. Das Elternteil muss sich davon überzeugen, dass das Kind den Weg ohne Gefährdung oder Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern rück überqueren kann.

Erklärung "man gehe von einer Haftungsteilung aus" stellt nicht notwendigerweise Schuldanerkenntnis dar
LG Saarbrücken
Bei Abgabe der Erklärung "man gehe von einer Haftungsteilung aus" im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall kann im Einzelfall weder ein konstitutives (abstraktes) noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vorliegen. Ob in einer Äußerung eine schuldanerkennende Erklärung liegt und welche Rechtswirkungen von dieser ausgehen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ein konstitutives (abstraktes) Schuldanerkenntnis liegt nicht vor, wenn nicht erkennbar ist, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung mit ihrer Erklärung, sie gehe von einer Haftungsteilung aus, eine selbstständige Verpflichtung begründen wollte. Auch die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses kommt nicht in Betracht, wenn es an einer vertraglichen Schuldbestätigung fehlt. Allerdings liegt in einer von einem Haftpflichtversicherer erteilten Regulierungszusage regelmäßig ein deklaratorisches Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten.

Bei Übergreifen eines Brandes auf ein anderes Kfz in einer Tiefgarage kann Haftung des Kfz-Halters in Betracht kommen
LG Karlsruhe
Kommt es an einem in einer privaten Tiefgarage abgestellten Kfz zu einer Selbstentzündung durch einen technischen Defekt und infolgedessen zu einem Brand, der auf ein anderes Fahrzeug übergreift, ist das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" im Sinne des StVG regelmäßig erfüllt. Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der entsprechenden Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach dem StVG umfasst daher alle durch den Kfz-Verkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kfz mitgeprägt worden ist. Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht.

Aufwendungen wegen verkehrsunfallbedingter Unfähigkeit zur Pflege des Ehegatten können ersatzfähig sein
OLG Stuttgart
Der Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall umfasst auch die Mehraufwendungen, die dadurch entstehen, dass der Geschädigte seine Ehefrau nicht mehr pflegen kann. Insoweit handelt es sich entweder um ersatzfähigen Erwerbsschaden oder vermehrte Bedürfnisse. In dem einen wie dem anderen Falle ist der Schaden messbar an der Entlohnung, die für die verletzungsbedingt in eigener Person nicht mehr ausführbaren Hausarbeiten an eine Hilfskraft gezahlt wird. Das gilt auch für Pflegekosten, die deshalb angefallen sind, weil der Ehegatte durch den Unfall die Fähigkeit zur Erbringung von Pflegeleistungen verloren hat und der pflegebedürftige Ehegatte ins Pflegeheim muss.

Kein Rechtsschutzbedürfnis für Unterlassungsklage gegen Haftpflichtversicherer wegen pauschaler Kürzung von Sachverständigenhonoraren
BGH
Einer Unterlassungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn mit ihr auf einen Haftpflichtversicherer eingewirkt werden soll, um ihn daran zu hindern, im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung Sachverständigenhonorare ohne auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung allein unter Hinweis auf pauschale Vergütungssätze zu kürzen, die nach der Höhe des Unfallschadens gestaffelt sind.

Geradeausfahrer trifft bei Kollision mit Linksabbieger auf ampelgeregelter Kreuzung wegen Fahrens bei "spätem Rot" die volle Haftung
OLG Hamburg
Bei einem Zusammenstoß zwischen einem Linksabbieger und einem entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer auf einer ampelgeregelten und mit einem grünen Linksabbiegerpfeil versehenen Kreuzung muss der die Kreuzung geradeaus durchfahrende Verkehrsteilnehmer beweisen, dass der grüne Pfeil für den Linksabbieger nicht aufgeleuchtet hat, wenn er daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will. In einem solchen Fall spricht der Beweis des ersten Anscheins nicht für ein Verschulden des Linksabbiegers. Fährt der Verkehrsteilnehmer im Geradeausverkehr jedoch bei "spätem Rot" über die Haltelinie, so hat er mindestens seinen Schaden selbst zu tragen. Trifft den Linksabbieger kein Verschulden, haftet der Geradeausfahrer voll. Dies gilt auch dann, wenn die Schaltung des Grünpfeils im Unfallzeitpunkt ungeklärt bleibt.

Für Doppelversicherung kommt es nicht auf eigenständigen Ursachenbeitrag von Kfz und Anhänger beim Schadensfall an
OLG Celle
Der Haftpflichtversicherer eines Kraftfahrzeugs und der des damit verbundenen Anhängers haben einen eingetretenen Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen, wenn eine Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger (bzw. Auflieger) vorliegt und der Schaden durch das Gespann verursacht wird. Ein konkret eigenständiger Ursachenbeitrag des Anhängers (bzw. Aufliegers) für den durch das Gespann als Betriebseinheit verursachten Schaden muss hierbei nicht festgestellt werden. Der Verteilung der Mitverursachungsanteile nach §§ 17 Abs. 4, 18 Abs. 3 StVG oder einem Innenausgleich nach § 426 BGB i. V. m. §§ 840 Abs. 2, 254 BGB geht die Ausgleichsregelung des § 59 Abs. 2 VVG a. F. vor.

Keine Kaskoentschädigung bei widersprüchlichen Angaben zur Fahrzeugentwendung
LG Wuppertal
Grundsätzlich muss der Versicherungsnehmer, der einen Diebstahl seines kaskoversicherten Fahrzeugs geltend macht, lediglich einen solchen Sachverhalt darlegen und beweisen, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Fahrzeugentwendung zulässt. Eine Kaskoentschädigung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn das Gericht nach Abschluss der Beweisaufnahme aufgrund mehrfacher widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass das Fahrzeug tatsächlich am angegebenen Tag am fraglichen Ort abgestellt wurde und später nicht mehr aufgefunden werden konnte.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort als fahrlässige Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers
AG Hannover
Entfernt sich ein Versicherungsnehmer unerlaubt vom Unfallort hat er, wenn er die Verursachung des Schadens fahrlässig übersehen hat, lediglich 50 Prozent des Schadens der Versicherung zu ersetzen.

Haftungsausschluss bei Unfall durch Mithilfe bei Abladetätigkeit
OLG Jena
1. Zwischen einem Vereinsmitglied, das bei der Umgestaltung der Vereinsanlage beim Abladen von Pflanzenkübeln mithilft, und dem anliefernden Lkw-Fahrer besteht eine Gefahrengemeinschaft im Sinne des Unfallversicherungsrechts.
2. Wird ein Vereinsmitglied durch das Verschulden des Lkw-Fahrers verletzt und erkennt die zuständige Unfallversicherung den Unfall als Arbeitsunfall an, so scheidet ein Schadensersatzanspruch gegen den Lkw-Fahrer aufgrund der Haftungsprivilegierung des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB 7 aus.
3. Der als Verrichtungsgehilfe gemäß §§ 823, 831, 840 Abs. 1 BGB haftende Halter des Kraftfahrzeugs ist aufgrund eines gestörten Gesamtschuldverhältnisses leistungsfrei.

Kausalität einer HWS-Verletzung bei geringer Differenzgeschwindigkeit
OLG Bamberg
1. Die Beweiswürdigung durch das Gericht bestimmt sich im Zivilprozess nach § 286 ZPO. Danach ist der Richter dazu aufgefordert, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Dies bedeutet, dass der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie die bestehenden Erfahrungssätze gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf und muss.
2. Bei der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung gibt es keine absolute "Harmslosigkeitsgrenze", deren Unterschreitung eine HWS-Verletzung ausschließt. 3. Eine Wahrscheinlichkeit reicht für den im Zivilprozess gemäß § 286 ZPO zu führenden Vollbeweis unfallbedingter Verletzungen nicht aus.

Kein Abzug „Neu für Alt" der Kfz-Kaskoversicherung bei zerkratztem PKW
AG Solingen
In der Kfz-Kaskoversicherung darf der Versicherer bei der Regulierung eines Lackschadens (Zerkratzen durch Unbekannten) keinen Abzug „Neu für Alt" vornehmen, sofern er nicht eine messbare Vermögensmehrung vom Versicherungsnehmer darlegt. Der Versicherer kann den Abzug insbesondere nicht mit bloßem Hinweis auf die hohe Laufleistung und das Alter des Fahrzeuges stützen. Erforderlich sind konkrete Ausführungen zu dem Zustand des Fahrzeugs und des Lacks.

Hemmung des Direktanspruchs dauert nicht unendlich
OLG Hamm
Hat der Geschädigte einen Direktanspruch gegen den Versicherer des Schädigers geltend gemacht (§ 115 Abs. 1 VVG), ist die Verjährung des Schadenersatzanspruches bis zum dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem ihm die Entscheidung des Versicherers in Textform zugeht. Auf dieser Hemmung kann sich der Geschädigte jedoch nicht ohne zeitliche Begrenzung berufen.

Das Verschweigen zweier nur zwei Monate zurückliegender Unfälle in der Schadenanzeige mit erheblichem Sachschaden ist arglistig
OLG Naumburg
Antwortet der Versicherungsnehmer nach einem behaupteten Diebstahl seines PKW gegenüber dem Kaskoversicherer in der Schadensanzeige auf die Frage nach einer Unfallbeteiligung seines Fahrzeugs trotz zweier nur wenige Monate zurückliegender Unfälle mit erheblichem Sachschaden wahrheitswidrig mit „Nein" und streicht er weitere Detailfragen zu Vorschäden durch mit dem Vermerk „entfällt" so handelt er arglistig.

Verdienstausfallschaden ist der Eingliederungshilfe des Sozialhilfeträgers kongruent
OLG Köln
Begehrt ein Sozialhilfeträger aus übergegangenem Recht nach einem Behandlungsfehler, der zu einem irreversiblen Hirnschaden des (damals kindlichen, jetzt erwachsenen) Patienten führte, Erstattung von Eingliederungshilfen in Form einer Heimunterbringung, muss er sich nicht ersparte Aufwendungen des Patienten für Wohn- und allgemeine Lebenshaltungskosten entgegenhalten lassen, denn diese werden durch einen entsprechenden Anspruch des Geschädigten auf Verdienstausfall kompensiert.

Wahlrecht des Geschädigten zwischen Ersatz konkreten Nutzungsausfallschadens und pauschalierter Nutzungsausfallentschädigung (hier: Taxi)
BGH
1. Zwar kann sich daraus, dass ein angemietetes Ersatzfahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung ergeben. Doch kann im Einzelfall die Erforderlichkeit der Anmietung deshalb zu bejahen sein, weil der Geschädigte auf die ständige Verfügbarkeit eines Kfz angewiesen ist.
2. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann im Rechtsstreit (konkludent) hilfsweise geltend gemacht werden, ist aber auf Zahlung an den Geschädigten, nicht auf Freistellung von den Kosten des Vermieters gerichtet. Das Gericht hat insoweit auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken.

Berücksichtigung von Sozialabgaben und Lohnnebenkosten bei einer "fiktiven" Schadensabrechnung
BGH
Bei einer "fiktiven" Schadensabrechnung im Rahmen eines Schadensersatzes nach einem Verkehrsunfall sind Sozialabgaben und Lohnnebenkosten Bestandteile des zu erstattenden Schadens. Die Berücksichtigung fiktiver Sozialabgaben und Lohnnebenkosten bei der Berechnung der erstattungsfähigen Reparaturkosten widerspricht weder dem Wirtschaftlichkeitsgebot noch dem Bereicherungsverbot. Denn das Vermögen des durch einen Verkehrsunfall Geschädigten ist um denjenigen Betrag gemindert, der aufgewendet werden muss, um die beschädigte Sache fachgerecht zu reparieren. Zu den erforderlichen Wiederherstellungskosten gehören grundsätzlich auch allgemeine Kostenfaktoren wie Umsatzsteuer, Sozialabgaben und Lohnnebenkosten.

Unfallgeschädigter darf bei fiktivem Reparaturkostenersatz Sozialabgaben und Lohnnebenkosten berücksichtigen
BGH
Macht ein Verkehrsunfallgeschädigter Reparaturkosten für das beschädigte Fahrzeug fiktiv auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens geltend, kann er grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen und dabei Sozialabgaben und Lohnnebenkosten berücksichtigen. Dem steht weder das Wirtschaftlichkeitsgebot noch das Bereicherungsverbot entgegen. Denn zu den erforderlichen Wiederherstellungskosten gehören grundsätzlich auch allgemeine Kostenfaktoren wie Umsatzsteuer, Sozialabgaben und Lohnnebenkosten

Belehrung über den Zahlungsverzug der Erstprämie im Versicherungsschein
LG Duisburg
Befindet sich auf dem Versicherungsschein in Fettdruck der Hinweis "Belehrung nach § 37 Abs. 2 VVG" und folgt eine vollständige Belehrung über den Zahlungsverzug der Erstprämie und wird zudem erläutert, was unter einer "rechtzeitigen Zahlung" zu verstehen ist, so genügt die Belehrung den Anforderungen des § 37 Abs. 2 S. 2 VVG.

Bei behauptetem Unfallgeschehen auf Parkplatz eines großen Wochenendmarkts ist keine Unfallmanipulation anzunehmen
OLG Saarbrücken
Nehmen Unfallbeteiligte gerade bei geringfügigen Beschädigungen von einer polizeilichen Unfallaufnahme Abstand, weil die Schuldfrage nicht zweifelhaft ist, die Fahrzeuge noch fahrbereit und keine Verkehrseinrichtungen beschädigt sind, hängt der Nachweis des Schadensereignisses entscheidend von der Glaubhaftigkeit der Schilderung des Unfallgeschehens durch die Unfallbeteiligten ab. Die Lebenswirklichkeit bei Unfallmanipulationen zeigt, dass eine schadensstiftende Kollision häufig nicht an der gegenüber dem Versicherer angegebenen Örtlichkeit im öffentlichen Verkehrsraum, sondern an einem Ort stattgefunden hat, der der Beobachtung Dritter entzogen ist. Dem entspricht es nicht, wenn ein Unfallereignis auf dem Parkplatz eines Wochendmarkts stattgefunden haben soll. An einer solchen Örtlichkeit muss zu dieser Zeit mit anderen Verkehrsteilnehmern gerechnet werden, deren unvermitteltes Auftreten, Verhalten oder gar Fehlverhalten beim Vorbeifahren, Ein- und Ausparken jede Unfallmanipulation zunichtemachen könnte.

Schmerzensgeld von 1.200 Euro für Distorsion von Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule
AG Düsseldorf
Nach einem Verkehrsunfall handelt es sich bei einer Distorsion von Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule um Verletzungen und hieraus resultierenden Beeinträchtigungen eher geringfügigerer Art, verglichen mit sonstigen auf einem Verkehrsunfall zurückführbaren Verletzungen. Sie behindern zwar, stellen darüber hinaus aber keinen großartigen Einfluss auf die Lebensqualität dar und klingen sukzessive ab, ohne dass für den Betroffenen Sorge vor bleibenden Schäden bestehen müsste. Ein Schmerzensgeld von 1.200 Euro für den Geschädigten kann daher ausreichend sein. Das erkennende Gericht spricht bei derartigen Verletzungen in der Regel keinen vierstelligen Betrag zu.

Vom Autovermieter verwendete "No Damage"-Klausel zur Bestätigung schadensfreier Mietwagenübernahme ist unwirksam
AG Köln
Eine Autovermietung kann sich nicht darauf berufen, dass der Mieter mit einer Unterschrift unter den Vertragsvermerk "No Damage" anerkannt hat, dass das übernommene Fahrzeug bei Übernahme unbeschädigt war. Denn bei einem solchen Hinweis handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Kunden wegen nachteiliger Tatsachenbestätigung unangemessen benachteiligt und zudem wegen Verwendung eines englischsprachigen Begriffs intransparent ist. Insofern ist von der Unwirksamkeit der Klausel auszugehen. Von daher muss der Mieter in einem solchen Fall auch nicht darlegen und beweisen, dass das Fahrzeug bereits vor der Übernahme einen Schaden (hier: an der Beifahrertür) aufwies.

Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall: Türöffnen und Kollision mit dem fließenden Verkehr
AG Ellwangen
Kommt es beim Öffnen der Fahrertür eines geparkten Pkw zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, so kann eine Haftungsverteilung von 75% zu 25% zu Lasten des Türöffners gerechtfertigt sein, da dieser vor dem Öffnen der Tür der gebotenen Vergewisserung nach hinten nicht bzw. völlig unaufmerksam nachgekommen ist.

Kfz-Versicherung und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
LG Duisburg
Ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort schließt den Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 VVG nicht ohne weiteres aus, da es sich nicht zwingend um ein arglistiges Verhalten gegenüber dem Haftpflichtversicherer handeln muss (Anschluss LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 8. August 2011, 8 T 5263/11; LG Offenburg, Urt. v. 23. August 2011, 1 S 3/11; LG Bonn, Urt. v. 15. November 2012, 6 S 63/12; entgegen LG Düsseldorf, Urt. v. 18. Juni 2010, 20 S 7/10).

Rückforderung von VersLeistungen nach manipuliertem Unfall
LG Münster
1. Zu Indizien für den Nachweis eines manipulierten Unfalls, insbes. zur Möglichkeit, in diesem Fall von der Erholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens abzusehen.
2. Nach einem manipulierten Unfall steht dem leistenden Versicherer ein Rückforderungsanspruch gegen den Arbeitgeber wegen an diesen erbrachter Zahlungen für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall jedenfalls § 823 Absatz 2 BGB i.V.m. § STGB § 263 StGB sowie § 826 BGB zu.

Zusammenstoß zweier rückwärts ausparkender Fahrzeuge
LG Saarbrücken
Kollidieren auf einem Parkplatz ohne eindeutigen Straßencharakter zwei rückwärts ausparkende Fahrzeuge und steht fest, dass eines der Fahrzeuge im Kollisionszeitpunkt gestanden hat, so spricht kein Anscheinsbeweis für einen Verstoß des stehenden Verkehrsteilnehmers gegen § 1 Absatz 2 StVO, selbst wenn das

Bei Nichtzahlung der Erstprämie hat Versicherung im Schadensfall Regressanspruch gegen Versicherungsnehmer
LG Duisburg
Hat ein Versicherungsnehmer trotz Belehrung beim Versicherungsabschluss, dass der Versicherungsschutz nur gewährt werden kann, wenn die vereinbarten Beiträge nach Erhalt des Versicherungsscheins gezahlt werden, die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht gezahlt, so ist die Versicherung im Innenverhältnis nicht leistungspflichtig. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherungsnehmer nicht beweisen kann, dass er die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat. Behauptet er lediglich, eine Lastschriftermächtigung erteilt zu haben, lässt sich dies jedoch nicht beweisen, so hat die Versicherung im Schadensfall einen Regressanspruch gegen den Versicherungsnehmer.

Kein Mitverschulden eines verunfallten Motorradfahrers wegen des Tragens von Sportschuhen
OLG Nürnberg
Erleidet ein Motorradfahrer infolge einer Kollision mit einem Pkw Bein- und Fußverletzungen, muss er sich kein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er zur Unfallzeit lediglich Sportschuhe getragen hat. Denn grundsätzlich ist das Tragen von Motorradschuhen durch Motorradfahrer nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz nicht erforderlich, auch wenn etwa 80% der Motorradfahrer Motorradstiefel tragen. Dies gilt schon angesichts dessen, das sich eine Vielfalt von Schuhwerk auf dem Markt befindet und völlig unklar ist, welcher "Schuh-Standard" das Verkehrsbewusstsein prägen soll.

Bei Auffahrunfall nach Abbremsen an ausgeschalteter Baustellenampel kommt eine hälftige Haftungsquote der Beteiligten in Betracht
OLG Karlsruhe
Kommt es im Bereich einer Baustellenampel zu einem Auffahrunfall, nachdem der Vorausfahrende abrupt gebremst hat, ergibt sich daraus in der Regel im Wege des Anscheinsbeweises, dass entweder kein ausreichender Abstand eingehalten wurde oder, dass der Führer des auffahrenden Fahrzeugs in Folge Unaufmerksamkeit zu spät reagiert hat. In einem solchen Fall trifft den Auffahrenden die dem Grunde nach die Haftung. Bestand jedoch kein Anlass für die abrupte Bremsung, liegt ein Mitverschulden des Geschädigten vor, das eine hälftige Mithaftungsquote begründen kann. Davon ist auszugehen, wenn die Bremsung bei grüner oder ausgeschalteter Ampel erfolgt. Auch die theoretische Möglichkeit, dass eine Ampel eventuell umspringen könnte, ist für einen Fahrzeugführer normalerweise kein Anlass, sein Fahrzeug abzubremsen oder zu verlangsamen. Das gilt selbst dann, wenn auf Grund bestimmter Umstände Anlass für die Annahme besteht, dass das Umspringen der Ampel demnächst erfolgen wird.

Vergleich über Schmerzensgeldzahlung kann spätere Verschlechterung des Gesundheitszustands mitumfassen
OLG München
Die Verpflichtung eines Schädigers in einem Vergleich zur Zahlung von Schmerzensgeld kann die später eingeklagten Spätschäden mitumfassen. Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte. War daher bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in einem Vergleich bekannt, dass mit größter Wahrscheinlichkeit ein künstliches Kniegelenk würde eingesetzt werden müssen, so umfasst die Schmerzensgeldbemessung auch hieraus entstandene Komplikationen, da die Komplikationsrate bei einer solchen Operation bekannterweise hoch ist.

7.500 Euro Schmerzensgeld für eine Schultergelenksverletzung mit zweijährigen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen
OLG Karlsruhe
Bei einer Schultergelenkssprengung mit Verletzung des Diskus im Schultereckgelenk kann ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro angemessen sein. Dies ist der Fall, wenn der Geschädigte zwar nur wenige Tage arbeitsunfähig ist, aber zwei Jahre lang Bewegungseinschränkungen und Schmerzen mit erheblichen Auswirkungen auf die Gestaltung des Alltags vorliegen, da persönlich wichtige Freizeitbetätigungen wie Klettern und Schwimmen in den zwei Jahren nicht möglich sind.

Haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang bei einem Sturz eines Verkehrsunfallbeteiligten auf eisglatter Fahrbahn während der Inaugenscheinnahme der Unfallfolgen
BGH
Verlässt ein Unfallbeteiligter wegen eines Auffahrunfalls bei eisglatter Fahrbahn sein Fahrzeug, um sich über die Unfallfolgen zu informieren, eröffnet er dadurch nicht selbst einen eigenständigen Gefahrenkreis. Stürzt er infolge der Eisglätte, verwirklicht sich nicht eine aufgrund der Straßenverhältnisse gegebene allgemeine Unfallgefahr, sondern die besondere durch den Unfall entstandene Gefahrenlage.

Analoge Anwendbarkeit des § 116 Abs. 6 SGB X auf nichteheliche Partnerschaft
BGH
§ 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. April 2009, IV ZR 160/07, BGHZ 180, 272; Aufgabe von BGH, Urteil vom 1. Dezember 1987, VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257).

Erforderlichkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kfz kann ersatzweise Anmietung rechtfertigen BGH
Der durch die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs bedingte Nutzungsausfall ist regelmäßig ein zu ersetzender Schaden. Zwar kann sich daraus, dass ein Fahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs ergeben. Bei gewissen Sachverhalten kann aber alleine die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs rechtfertigen, ohne dass es auf die gefahrene Kilometerleistung ankommt. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann auch demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann.

Versicherungsschutz durch Fahrbahnbeschaffenheit verursachte Kollision zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug
BGH
Ein nicht versicherter Betriebsschaden i.S.v. § 12 Abs. 6 a Satz 2 AKB 05 setzt voraus, dass gegenseitige Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen eingetreten sind. Eine den Versicherungsschutz begründende Einwirkung von außen kann auch in der Fahrbahnbeschaffenheit oder den Witterungsverhältnissen liegen.

Halter als „Dritter" im Sinne des § 115 VVG
LG Berlin
Der Versicherungsnehmer als Halter eines Kraftfahrzeugs ist nicht Dritter im Sinne des § 115 Abs. 1 VVG, wenn lediglich die Betriebsgefahr des Fahrzeugs ohne mitwirkendes Verschulden des Fahrers zum Schaden an Sachen des Versicherungsnehmers geführt hat. Dem insoweit einstandspflichtigen Sachversicherer des Versicherungsnehmers stehen daher keine Regressansprüche gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer zu.

Verhältnis von Kraftfahrzeughaftpflicht und Kraftfahrzeugversicherung
OLG Karlsruhe
1. Die Kraftfahrzeugversicherung ist keine Einheitsversicherung, sondern eine in einem Versicherungsschein nur formell zusammengefasste Mehrzahl von selbstständigen Versicherungsverträgen. Daraus folgt, das Gefahrerhöhungen, Anzeigepflicht- und Obliegenheitsverletzungen für die jeweilige Sparte getrennt zu prüfen sind. Die Zusammenfassung der Verträge in einen Versicherungsschein führt lediglich dazu, dass die Kenntnis des Versicherers für alle Sparten gilt, obwohl sie nur im Rahmen einer Sparte erlangt worden ist.
2. Steht ein Kraftfahrzeug im Miteigentum des Versicherungsnehmers und eines Dritten, hinsichtlich dessen ein Tatbestand erfüllt ist, der zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, so bleibt der Versicherer in Höhe des Miteigentumsanteils des Versicherungsnehmers leistungspflichtig.

Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls und Gefahrerhöhung bei Entwendung eines Motorrads
LG Hagen
Wenn der Versicherungsnehmer ein Motorrad, das ohne Zündschlüssel gestartet werden kann, ohne Betätigung des Zündschlosses regelmäßig auch über Nacht in einer Garage untergebracht hat, obwohl er wusste, dass das Garagentor ohne Schlüssel zu öffnen war und obwohl ihm schon vor Jahren ein Motorrad aus derselben Garage entwendet worden war, hat er die Entwendung des Motorrades grob fahrlässig herbeigeführt. Gleichzeitig liegt eine zur Leistungsfreiheit führende Gefahrerhöhung vor.

Beweis der Vortäuschung der Entwendung eines Motorrades
LG Düsseldorf
Folgende Umstände rechtfertigen in der Gesamtbetrachtung die Annahme eines mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuschten Diebstahls des versicherten Motorrades:
- der Ausbau nur von Teilen des Motorrades unter belassen anderer wertvoller Teile am Fahrzeug, obwohl sich das Fahrzeug nach den Umständen unter sicherer Kontrolle der Täter befunden haben muss;
- die Ablage des Motorrades an einer öffentlichen Bushaltestelle nur 20 km vom Wohnort des Versicherungsnehmers entfernt (mit der Ermöglichung eines schnellen Wiederauffindens des Motorrades);
- eine Vielzahl ähnlich gelagerter Vorfälle, von denen in den vergangenen Jahren der Versicherungsnehmer oder seine Familie betroffen waren.

Erstattungsfähige Kosten für Anmietung eines Ersatz-Rettungswagens
OLG Celle
1. Der Träger eines Rettungsdienstes kann bei unfallbedingtem Ausfall eines seiner Rettungsfahrzeuge nicht darauf verwiesen werden, zur Überbrückung des Ausfalls auf andere Rettungsleitstellen auszuweichen.
2. Wenn keine besondere Eilsituation vorliegt, hat er vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs Vergleichsangebote verschiedener Anbieter einzuholen.
3. Ihm ist zuzumuten, einen nur gegen Vorkasse zugänglichen Normaltarif auszuwählen.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort als arglistige Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers
LG Detmold
Das Verlassen der Unfallstelle rechtfertigt die Annahme arglistigen Handelns, wenn es geeignet ist, die Aufklärung des Tatbestands und die Ermittlung des Haftungsumfangs der Versicherung zu beeinflussen. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich.

Verletzung der Halswirbelsäule ist bei Heckunfällen nicht per se ausgeschlossen
OLG Koblenz
Eine schematische Annahme, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen ist, scheidet aus. Dies gilt unabhängig davon, dass die "Harmlosigkeitsgrenze" im Bereich zwischen ca. 4 bis 10 km/h angesetzt wird. Maßgeblich bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.

Maßvolles Bremsen ist auch einem Vorfahrtsberechtigten zumutbar
OLG München
Zwar gilt im Straßenverkehr auch in der konkreten Situation grundsätzlich der sogenannte Vertrauensgrundsatz. Der vorfahrtsberechtigte Verkehrsteilnehmer kann sich grundsätzlich darauf verlassen, dass andere Verkehrsteilnehmer sein Vorfahrtsrecht beachten. Ein maßvolles Bremsen ist allerdings bei den heute gegebenen Verkehrsverhältnissen einem Vorfahrtsberechtigten jederzeit zumutbar. Kann eine Kollision durch maßvolles Bremsen des vorfahrtberechtigten Fahrzeugs vermieden werden, so ist eine Haftungsverteilung von 70 : 30 zu Lasten des wartepflichtigen Fahrzeugs angemessen.

Anrechnung der Geschäftsgebühr auch bei außergerichtlicher Verhandlung mit gegnerischer Kfz-Haftpflichtversicherung ohne diese zu verklagen
KG Berlin
Die vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr ist auch dann auf die Prozessgebühr anzurechnen, wenn ein Verkehrsunfallgeschädigter durch seinen Rechtsanwalt außergerichtlich mit der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners verhandelt, einen Verkehrsunfallprozess dann aber nur gegen den Schädiger und nicht auch gegen dessen Versicherung führt. Eine Nichtanrechnung würde der Stellung des Versicherers, der bevollmächtigt ist, alle ihm zur Befriedigung oder Abwehr der Ansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen der versicherten Personen abzugeben. ist, nicht genügend Beachtung zumessen. Zudem darf eine im Wesentlichen gleiche Tätigkeit eines Rechtsanwaltes auch nicht doppelt vergütet werden.

Anscheinsbeweis kann zu Lasten eines unfallbeteiligten Ausscherenden sprechen
AG Bad Segeberg
Wenn ein Fahrer eines Pkw ausscheren muss, hat er auf den nachfolgenden Verkehr zu achten und das Ausscheren sowie das Wiedereinordnen - wie beim Überholen - anzukündigen, insbesondere also rechtzeitig und deutlich. Ereignet sich ein Verkehrsunfall in einem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit einem Vorbeifahren an einem Hindernis auf der Fahrbahn, spricht zu Lasten des Ausscherenden ein Anscheinsbeweis dafür, dass er diesen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Eine unklare Verkehrslage, bei der nach der StVO ein Überholen unzulässig ist, liegt nur vor, wenn der Überholende unter den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, die Verkehrslage also unübersichtlich ist und sich ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht beurteilen lässt. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn ein Fahrzeug hinter einem parkenden Fahrzeug anhält und hierbei die Bremsleuchten an sind.

Nicht krass überhöhte Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall sind grundsätzlich ersatzfähig
AG Köln
Solange das Honorar eines Sachverständigen nicht krass überhöht ist, sodass das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für den Geschädigten ohne weiteres leicht erkennbar wäre, kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls vom Schädiger Ersatz der Sachverständigenkosten grundsätzlich in voller Höhe verlangen. Denn ein Sachverständiger ist bei der Erstellung von Privatgutachten grundsätzlich in der Preisbildung frei. Eine Grenze ist erst dort zu ziehen, wo der Sachverständige sein Honorar vollkommend willkürlich festsetzt. Weder der Schädiger, dessen Haftpflichtversicherung noch das Gericht in Schadensersatzprozess sind berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen.

Mehrere Indizien können für gestellten Verkehrsunfall sprechen
LG Hagen
Für einen gestellten oder fingierten Unfall können eine Reihe von Indizien sprechen, wie z. B. dass das angeblich oder tatsächlich am Unfall beteiligte Fahrzeug des Beklagten nur ein kurzzeitversichertes Ausfuhrkennzeichen ist, dass der Fahrer dieses Fahrzeugs im Ausland lebt und nicht als Zeuge benannt wird, dass die Angaben des Klägers selbst und die Aussagen von durch ihn gestellten Zeugen in der mündlichen Verhandlung unklar und widersprüchlich sind, dass das geschädigte Fahrzeug ein solches der mittleren Oberklasse ist, das sich für einen fingierten Unfall besonders gut eignet, dass das Schadensbild ungewöhnlich ist und dass Unfallort und Unfallzeit (Großer Parkplatz und Dunkelheit) bewusst gewählt werden.

Halterhaftung gilt grundsätzlich nicht für Fahrräder
AG Mülheim an der Ruhr
Bei einem Fahrrad handelt es sich nicht um ein Kraftfahrzeug. Fahrräder lassen sich unter § 7 Abs. 1 StVG lediglich dann subsumieren, wenn es sich um Fahrräder mit einem Hilfsmotor handelt. Im Straßenverkehrsrecht wird in der Regel für den Fall, dass eine Aufklärung des Unfalls nicht mehr möglich ist, eine Quotelung im Verhältnis von 50 % zu 50 % vorgenommen. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Grundsatz, der im Straßenverkehrsrecht Anwendung findet. Auf das Deliktsrecht ist er indessen nicht übertragbar. Im Deliktsrecht gelten die allgemeinen Beweislastregeln.

Haushaltsführungsschaden kann nach Kopfteilen berechnet werden
OLG Saarbrücken
Bei Ermittlung des Haushaltsführungsschaden nach einem Verkehrsunfall begegnet es keinen Bedenken, den Anteil der Haushaltstätigkeit, der auf die eigene Bedarfsdeckung entfällt, nach Kopfteilen zu bestimmen. Hierbei kommen vorrangig Gesichtspunkte der Praktikabilität zum Tragen. Zwar umfasst die Haushaltstätigkeit auch personenunabhängigen Aufwand, weshalb sich beim Wegfall einer Person die Haushaltstätigkeit nicht um einen nach Kopfteilen zu berechnenden Anteil verringert. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass auch der personenunabhängige Zeitbedarf sowohl dem Verletzten selber als auch seinen Unterhaltsgläubigern zugutekommt, weshalb es nicht sachfremd erscheint, die auf die Deckung der vermehrten Bedürfnisse entfallende Haushaltstätigkeit beim Ausfall einer Person insgesamt nach Kopfteilen zu berechnen.

Kraftfahrer handelt in der Regel beim Befahren eines Seitenstreifens auf eigene Gefahr
LG Wiesbaden
Eine Verkehrssicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast erstreckt sich grundsätzlich auch auf unbefestigte Seitenstreifen bzw. Bankette, obwohl diese zum Befahren weder geeignet noch bestimmt sind. Hinsichtlich solcher Bankette, die sich von der Fahrbahn deutlich unterscheiden, bedarf es jedoch keiner Sicherung im Wege einer speziellen Kennzeichnung oder Warnung im Bezug auf einen unbefestigten Zustand. Ein Kraftfahrer, der das Bankett benutzt, befährt es vielmehr in der Regel auf eigene Gefahr. Verkehrsteilnehmer müssen eine Straße so hinnehmen, wie diese sich ihnen erkennbar darbietet. Ein Fahrer kann jedenfalls bei einer Straße von untergeordneter Bedeutung nicht erwarten, dass der Seitenstreifen frei und gefahrlos befahren werden kann.

Verkehrsunfallhaftung bei Kollision zweier Fahrzeuge in einer Autowaschanlage
AG Köln
Ein Kraftfahrzeug in einer Waschstraße befindet sich nicht in Betrieb im Sinne von § 7 StVG, wenn es sich um einen automatisierten Waschvorgang handelt, bei dem das Fahrzeug auf einem Förderband durch die Waschstraße bewegt wird und der Fahrer keinen Einfluss auf den Ablauf des Waschvorgangs hat.

Erstattung von Gutachterkosten bei eigenmächtiger Beauftragung durch den Versicherungsnehmer in der Kaskoversicherung
AG Köln
Hat eine Kfz-Teilkaskoversicherung weder der eigenmächtigen Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Versicherungsnehmer zugestimmt noch die Beauftragung eines Sachverständigen veranlasst, so steht dem Versicherungsnehmer kein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten zu.

Abzug neu für alt bei beschädigter Brille
LG Augsburg
1. Wenn bei einem Verkehrsunfall eine 15 Monate alte Brille beschädigt wird, muss sich der Geschädigte vom Neupreis einen Abzug neu für alt anrechnen lassen.
2. Bei Gegenständen des persönlichen Gebrauchs und Hausrats führt eine lineare Abschreibung zu angemessenen Ergebnissen. Bei einer Brille ist von einer Nutzungsdauer von 5 Jahren auszugehen.

Grenzen der Sonderrechte des Fahrers eines Rettungswagens im Einsatz
OLG Frankfurt
1. Fährt ein Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht in eine Kreuzung ein, so verringert sich die von dem Fahrer des Rettungswagens zu beobachtende Sorgfalt nur insofern, als ihm die Inanspruchnahme von Sonderrechten gemäß §§ 35 und 38 StVO erlaubt, unter Benutzung eines für die Gegenfahrtrichtung vorgesehenen, aber blockierten Abbiegestreifens in die Kreuzung einzufahren. Weder § 35 StVO noch § 38 StVO erlauben dem Einsatzfahrer aber ein Fahren ohne Rücksicht auf die sonstigen Verkehrsteilnehmer. Bemerkt der Fahrer des Einsatzfahrzeugs, dass sich ein Fahrzeug, wenn auch langsam, Richtung der Kreuzungsmitte bewegt, kann er nicht mit der für die Feststellung der Unvermeidbarkeit erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, dass auch dieser Fahrer sich auf seine Absicht, die Kreuzung zu überqueren, eingestellt hat.
2. Hat ein Kraftfahrer auf einer Landstraße beim Einfahren in eine übersichtliche Kreuzung ein sich mit hoher Geschwindigkeit mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht entgegenkommendes Rettungsfahrzeug bemerkt und trotz der blockierten Linksabbiegespur auch ein Linksabbiegen für möglich gehalten, so dass er davon ausgehen musste, dass das Fahrzeug die Kreuzung überqueren und seine Fahrtrichtung kreuzen werde, und setzt dennoch seine Fahrt in Richtung der Kreuzungsmitte fort, ohne das Rettungsfahrzeug weiter zu beachten, so haftet er für die Schäden an seinem Fahrzeug alleine. Die Betriebsgefahr des Rettungsfahrzeugs tritt insoweit hinter dem Verschuldens- und Verursachungsbeitrag des wartepflichtigen Fahrers zurück.

Entschädigung für verkehrsunfallbedingt beschädigten Laptop
LG Erfurt
Bei Beschädigung eines im Fahrzeug mitgeführten Gegenstandes durch einen Verkehrsunfall besteht im Rahmen der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG ein Anspruch auf Entschädigung gegen den Haftpflichtversicherer des Gegners nur dann, wenn der Geschädigte den Gegenstand an sich trägt oder "üblicherweise mit sich führt". Von diesem Begriff werden nur Gegenstände erfasst, die regelmäßig am Körper getragen werden, sowie persönliche Accessoires und ein Handy, nicht aber ein aus beruflichen Gründen mitgeführter Computer oder Laptop.

Keine Fälligkeit von Reparaturkosten bis zur Herausgabe von Originalfotos des Unfallfahrzeugs
LG Wuppertal
1. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist bis zur Vorlage der Originalfotografien eines Schadensgutachtens dazu berechtigt, die Schadensregulierung zu verweigern.
2. Erhält die verklagte Kfz-Haftpflichtversicherung erst im Prozess Einsicht in die Originalfotos eines Schadensgutachtens, so stellt sich das Anerkenntnis 10 Tage nach der erfolgten Einsicht als sofortiges dar.

Halter eines auf voranfahrenden PKW auffahrenden Linienbusses und Halter des PKW haften verletzten Busfahrgästen als Gesamtschuldner
OLG Nürnberg
1. Fährt ein Linienbus auf einen vorausfahrenden, seine Geschwindigkeit reduzierenden PKW auf und werden dabei Fahrgäste des Linienbusses verletzt, so haften die Fahrzeughalter des Linienbusses und des PKW den Verletzten aus Gefährdungshaftung gesamtschuldnerisch in vollem Umfang.
2. Gegenüber den verletzten Fahrgästen kann sich der Halter des PKW nicht darauf berufen, der Auffahrunfall sei für ihn unabwendbar gewesen. Die Haftungsbefreiung nach § 17 Abs. 1 und 3 StVG wirkt nur im Innenverhältnis des Haftungsausgleichs zwischen den beteiligten Fahrzeughaltern.

Bei Ersatzbeschaffung eines Fahrzeugs kann die angefallene Umsatzsteuer erstattungsfähig sein BGH
Wenn der Geschädigte eines Verkehrsunfall den Weg der Ersatzbeschaffung wählt, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, und wenn er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs abrechnet so kann ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zustehen. Dies ist der Fall, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. Fällt hingegen für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre.

Tatrichter kann bei Schadensschätzung von den gängigen Mietpreislisten abweichen
BGH
Nach einem Verkehrsunfall kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Tatrichter ist grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Diese Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif - abweichen.

Keine Halterhaftung nach Brand durch einen in einer Werkstatt abgestellten Lkw
OLG Saarbrücken
Die Halterhaftung greift grundsätzlich nur dann ein, wenn ein Schaden "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entsteht. Gerät ein in einer Werkstatt abgestellter LKW in Brand, so ist ein durch den Brand verursachter weiterer Schaden an einem in der Werkstatt abgestellten Fahrzeug jedenfalls nicht "beim Betrieb" entstanden, wenn der Motor des Lkw zum Zeitpunkt des Brandes nicht lief.

Keine Anrechnung von Leistungen eines nichtehelichen Lebenspartners auf den Haushaltsführungsschaden
OLG Hamm
1. Eine auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Unterhaltsschäden gerichtete Klage ist unbegründet, wenn im Unfallzeitpunkt keine Unterhaltsansprüche gegen den bei dem Unfall getöteten Elternteil bestanden haben und es - unter Berücksichtigung seines angemessenen Selbstbehalts - nicht als möglich erscheint, dass dieser im Zeitpunkt des Wiederauflebens eines Unterhaltsanspruchs leistungsfähig wäre.
2. Auf den Naturalunterhalts- bzw. Haushaltsführungsschaden des Ehegatten eines bei einem Unfall Getöteten ist die Mithilfe seiner nichtehelichen Lebenspartnerin bei der Hausarbeit nicht anspruchsmindernd anzurechnen, da es sich insoweit um eine freiwillige, unterhaltsrechtliche nicht geschuldete Leistung Dritter handelt, die dem Schädiger nicht zugute kommen soll (Anschluss an BGH, NJW 1984, 2520f.).
3. Das zur Berechnung des Barunterhaltsschadens zu berücksichtigende künftige Einkommen aus Rentenbezügen und öffentlichen Zusatzversorgungen kann gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage vorläufiger Rentenberechnungen des/der Versorgungsträger geschätzt werden.

Vertragsschluss im Rahmen des vorläufigen Deckungsschutzes
AG Nordenham
Der Versicherungsvertrag kommt auch dann mit der Person zustande, die in der elektronischen Versicherungsbestätigung bezeichnet ist, wenn der davon abweichende Halter das Fahrzeug anmeldet.

Motorradfahrer kann bei Verstoß gegen die Helmpflicht Mitverschulden treffen
OLG Hamm
Bei einem Verstoß gegen die Helmpflicht durch einen unfallgeschädigten Motorradfahrer, die zumindest mitursächlich für die hierbei erlittenen Kopfverletzungen war, kommt eine volle Haftung des Schädigers nicht in Betracht. Schadensersatzansprüche stehen dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls (hier: ein Motorradfahrer) nicht zu, wenn er insbesondere nicht schlüssig dargelegt hat, dass epileptische Anfälle durch den Verkehrsunfall verursacht wurden. Wenn der Geschädigte eine unfallbedingte Primärverletzung, nämlich eine commotio cerebri, erlitt, gilt für den Nachweis der Ursächlichkeit des Unfalls für das Auftreten epileptischer Anfälle als Folgeschaden der Beweismaßstab des § 287 ZPO.

Ersatz von Reparaturkosten auch bei geringer Überschreitung der 130 %-Grenze möglich
LG Itzehoe
Ein Geschädigter kann Ersatz der angefallenen Reparaturkosten innerhalb der 130%-Grenze verlangen, solange er sein Fahrzeug vollständig und fachgerecht reparieren lässt und damit der vor dem Unfall bestehender Zustand wieder hergestellt wird. Eine geringfügige Überschreitung der 130 %-Grenze steht einem Anspruch auf vollständigen Ersatz der Reparaturkosten nicht entgegen. Jedenfalls in Fällen, bei denen der Geschädigte ersichtlich das Ziel hatte, eine - vollständige und fachgerechte - Reparatur seines Fahrzeugs innerhalb der Grenze von 130% durchzuführen und diese Grenze um weniger als 1 % überschritten wird, erscheint es nicht angemessen, einem Geschädigten unter Hinweis auf die Überschreitung der 130%-Grenze den Ersatz der Reparaturkosten zu versagen.

Anrechnung ersparter Aufwendungen setzt Erwerbsfähigkeit voraus
OLG Köln
Nach allgemeinem Schadensersatzrecht muss der Geschädigte sich grundsätzlich ersparte eigene Aufwendungen anrechnen lassen. Die Frage, ob "eigene" Aufwendungen durch eine Heimunterbringung erspart werden, hängt indes in erster Linie davon ab, ob der Geschädigte wirtschaftlich überhaupt in der Lage gewesen wäre, diese Aufwendungen zu erbringen. Bei geschädigten jüngeren Menschen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie auf Dauer die ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten für eine Gewinn bringende Erwerbstätigkeit genutzt hätten und daher nicht nur in der Lage, sondern auch gehalten wären, ihre allgemeinen Lebenshaltungskosten selbst zu tragen.

Darlegungspflicht des Geschädigten bei Vorliegen von Vorschäden am geschädigten Fahrzeug
KG Berlin
Es obliegt einem Unfallgeschädigten, die Vorschäden im Einzelnen, d.h. die konkret beschädigten Fahrzeugteile und die Art ihrer Beschädigung sowie die für die Beseitigung erforderlichen einzelnen Reparaturschritte und die tatsächlich vorgenommenen Reparaturen schlüssig darzulegen. Allein die Vorlage von Rechnungen genügt der Darlegungspflicht nicht.

Vorschnelle Veräußerung des Unfallfahrzeugs
OLG Köln
Vor einer Veräußerung des Unfallfahrzeugs zu dem vom Sachverständigen angegebenen Schätzwert ist dem Schädiger und seinem Haftpflichtversicherer Gelegenheit zur eigenen Bemühungen um eine günstigere Verwertung zu geben.

Vortäuschung der Entwendung von Fahrzeugteilen (hier: eines Navigationsgerätes)
LG Dortmund
1. Mit erheblicher Wahrscheinlichkeit ist von der Vortäuschung einer Entwendung auszugehen, wenn der behauptete Versicherungsfall die klassischen Merkmale einer nur vorgetäuschten Teileentwendung aufweist:
- unklare Herkunft des angeblich entwendeten Navigationsgerätes;
- fragliche Werthaltigkeit des Gerätes;
- fragliches Eigentum an dem Gerät, da möglicherweise Hehlerware;
- unklare und nicht nachprüfbare Umstände des angeblichen Einbaus des Gerätes in das Fahrzeug
2. Der Versicherer ist gemäß § 28 VVG wegen arglistiger Verletzung der Auskunftsobliegenheit leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer im Diebstahlfragebogen die Frage zum Vorsteuerabzug verneint hat, obwohl er das Fahrzeug auch gewerblich nutzt und deshalb die Vorsteuer absetzen kann.

Gefahrerhöhung bei Weiterbenutzung des PKW nach Schüsselverlust
AG Bad Segeberg
Bei Weiterbenutzung des versicherten PKW nach Verlust eines Fahrzeugsschlüssels liegt keine Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 Abs. 1 VVG a.F. vor. Es kann sich allerdings eine zur Leistungsfreiheit führende Gefahrerhöhung i.S.d. §§ 27, 28 VVG ergeben (keine rechtzeitige Anzeige der Gefahrerhöhung; keine andere Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung; Einstoß der Gefahrerhöhung auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Versicherungsleistung).

 

Vom Straßenrand Anfahrender kann wegen fehlender Beachtung der Sorgfalt haften
OLG Naumburg
Nach der StVO hat derjenige, der sich nach einem nicht verkehrsbedingten Halt vom Straßenrand anfahrend wieder in den fließenden Verkehr eingliedern will, äußerste Sorgfalt zu beachten. Eine Gefährdung des fließenden Verkehrs durch den Ein- oder Anfahrenden muss ausgeschlossen sein. Gegen diese Pflicht kann ein Fahrzeugführer in grober Weise verstoßen haben, wenn er vom Fahrbahnrand anfuhr, ohne ausreichende Sicht nach hinten zu haben. Kommt es in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit einem Ein- bzw. Anfahren zu einer Kollision, so spricht der Anschein gegen den Anfahrenden und zwar auch gegenüber einem Fahrspurwechsler. Der Anfahrende kann sich nicht darauf verlassen, dass ein hinter ihm auf seine Parklücke wartender PKW seine Fahrspur "sperrt".

Gesellschafter einer OHG gehören zu den mitversicherten Personen
OLG Hamm
1. Bei einer Kfz-Haftpflichtversicherung mit einer OHG als Versicherungsnehmer sind die einzelnen Gesellschafter mitversicherte Personen. Die Rechsprechung des BGH für den Bereich der Kaskoversicherung (VersR 2008, 634) ist insoweit auf die Kfz-Haftpflichtversicherung übertragbar.
2. Ein Regress des Haftpflichtversicherers gegen den mit leichtester Fahrlässigkeit handelnden Arbeitnehmer des Versicherungsnehmers scheidet nach den vom BAG entwickelten Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung (zuletzt BAG NJW 2011, 1096) aus, es sei denn, für den Arbeitnehmer besteht eine gesetzliche Pflichtversicherung. Dem ist es nicht gleichzustellen, wenn der Arbeitgeber eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, in der der betreffende Arbeitnehmer mitversichert ist.

Hälftige Haftungsverteilung bei Kollision eines vorbeifahrenden Fahrzeugs mit plötzlich geöffneter Tür eines parkenden Fahrzeugs
OLG Düsseldorf
Parkende Kraftfahrzeuge sind in Betrieb, solange sie den Verkehr beeinflussen können. Unfälle, die sich beim Ein- oder Aussteigen ereignen, sind damit dem Betrieb des Fahrzeugs zuzurechnen. Derjenige, der ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Auch das im Stehen an der geöffneten Fahrzeugtür vorgenommene Anschnallen eines Kindes auf der Rückbank gehört noch zum Einsteigevorgang, innerhalb dessen der Fahrzeugführer äußerste Sorgfalt aufbringen muss. Wird die Fahrzeugtür erst derart kurz vor dem Passieren eines Fahrzeugs geöffnet, um das auf der Rückbank sitzende Kind anzuschnallen, so dass der vorbeifahrende Fahrzeugführer trotz Bremsung einen Unfall nicht mehr vermeiden kann, so ist eine hälftige Haftungsverteilung angemessen.

Subsidiäre Eintrittspflicht des Fahrerschutzversicherers und Anspruchsübergang mit Leistung bzw. Abfindung
LG Koblenz
1. Hat der Fahrzeugeigentümer auch wegen der Abschleppkosten seinen Vollkaskoversicherer in Anspruch genommen, so fehlt ihm gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners die Aktivlegitimation.
2. Nach den Bedingungen der Fahrerschutzversicherung (FSV) ist diese hinsichtlich der unfallbedingten Personenschäden subsidiär eintrittspflichtig. Solange sie den Schaden nicht reguliert und sich auf die Nachrangigkeit beruft, bleibt der verletzte Fahrer gegenüber dem Unfallgegner aktivlegitimiert. Hat der Fahrer wegen seiner Ansprüche aus Personenschaden (Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden u.a.m.) von seinem regulierenden Fahrerschutzversicherer eine Abfindung erhalten, entfällt auch insoweit seine Aktivlegitimation.
3. Ebenso wie in der primär eintrittspflichtigen Kaskoversicherung geht auch in der nur subsidiär eintrittspflichtigen Fahrerschutzversicherung der Anspruch des Versicherungsnehmers mit Erbringung der Versicherungsentschädigung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf den Versicherer über.

Zahlungspflicht der Versicherungsprämie nach vorläufiger Deckungszusage
LG Heidelberg
Ein vertraglicher Anspruch der Versicherungsgesellschaft auf Zahlung der Versicherungsprämie aufgrund einer vorläufigen Deckungszusage für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung besteht nicht ohne Weiteres gegen denjenigen, der die Zulassung des Fahrzeugs als Fahrzeughalter erwirkt hat. Maßgeblich ist, welche Person in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung als Versicherungsnehmer eingetragen ist. Nur mit dieser Person kommt ein Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung zustande. Ist in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung eine vom Fahrzeughalter unterschiedliche Person als Versicherungsnehmer eingetragen, so besteht gegen den Fahrzeughalter auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Ersatz für den Wert des ihm gewährten vorläufigen Versicherungsschutzes

Vorsätzliche Verletzung der Auskunftsobliegenheit durch Verschweigen von Vorschäden
OLG Naumburg
Beantwortet der Versicherungsnehmer nach einem behaupteten Diebstahl seines PKH gegenüber dem Kaskoversicherer in der - von ihm unterschriebenen und damit vollinhaltlich akzeptiert - Schadenanzeige auf die Frage nach einer Unfallbeteiligung seines Fahrzeugs trotz zweier nur wenige Monate zurückliegende Unfälle mit erheblichem Sachschaden wahrheitswidrig mit „nein" und streicht weitere Detailfragen zu den Vorschäden mit dem Vermerk „entfällt", verletzt er die Auskunftsobliegenheit vorsätzlich und arglistig, sodass der Versicherer in vollem Umfang leistungsfrei ist.

Abgrenzung von Vorschäden und Unfallschäden
OLG Düsseldorf
1. Ein Anspruch auf Ersatz von Fahrzeugschaden besteht nicht, wenn sich Vorschäden und Unfallschäden nicht hinreichend voneinander abgrenzen lassen.
2. Ein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten besteht nicht, wenn der Gutachter zu falschen Ergebnissen gelangt ist, weil ihm die Geschädigte erhebliche Vorschäden verschwiegen hat.

Gerichtliche Schätzung des Verdienstausfallschadens eines Querschnittsgelähmten; Verweis des Kfz-Haftpflichtversicherers auf allgemeine statistische Arbeitsmarktdaten zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
LG Magdeburg
1. Kann der Geschädigte seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht verwerten, so ist der konkrete Schaden, den der Geschädigte durch den Verlust von Arbeitseinkommen und allen sonstigen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen erlitten hat, gemäß den §§ 287 ZPO, 252 Satz 2 BGB anhand einer Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Entwicklung der Erwerbstätigkeit ohne das schädigende Ereignis nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bzw. nach den besonderen Umständen des Falls festzustellen, in die auch Erkenntnisse nach dem Unfallereignis bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung einzubeziehen sind. Hierzu ist es ausreichend, dass der Geschädigte diejenigen Umstände darlegt und in den Grenzen des § 287 ZPO beweist, die die Wahrscheinlichkeit des Nachteilseintritts belegen (Anschluss BGH, 27. Oktober 1998, VI ZR 322/97, NJW 1999, 136).
2. Der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer hat die erforderlichen Tatsachen für den hypothetischen Einwand, dass der Geschädigte vorzeitig in den Ruhestand getreten und nicht bis zur gesetzlichen Regelarbeitszeit erwerbstätig gewesen wäre, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre, substantiiert darzulegen. Der bloße Verweis auf allgemeine statistische Arbeitsmarktdaten reicht hierfür nicht aus.

Kein Quotenvorrecht eines Sozialversicherungsträgers gegenüber einem anderen
OLG Celle
Zwischen Sozialversicherungsträgern untereinander gibt es kein sog. Quotenvorrecht, weil es im Verhältnis zweier Sozialversicherungsträger untereinander gerade an solchen Umständen fehlt, die im Verhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Geschädigtem ein Quotenvorrecht rechtfertigen. Soweit verschiedene Sozialversicherungsträger nebeneinander und gerade nicht ein Sozialversicherungsträger in Konkurrenz zum Geschädigten gegenüber dem Schädiger Ansprüche geltend machen, besteht vielmehr eine Gesamtgläubigerschaft der Sozialversicherungsträger untereinander.
Nachvertragliche Beratungspflicht der Versicherung

Zur groben Fahrlässigkeit beim Einschlafen am Steuer
OLG Rostock
Einschlafen am Steuer ist nur dann grob fahrlässig, wenn feststeht, dass sich der Fahrer bewusst über von ihm erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt hat

Keine Haftung des Landes für einen tödlichen Verkehrsunfall wegen eines auf die Fahrbahn gestürzten Baumes
OLG Koblenz
1. Die dem Land Rheinland-Pfalz obliegende Straßenverkehrssicherungspflicht soll den Gefahren begegnen, die aus der Zulassung des öffentlichen Verkehrs für Verkehrsteilnehmer entstehen können. Die Sicherungspflicht erstreckt sich über den Zustand der Fahrbahn hinaus auch auf Gefahren, die von außerhalb des Straßenzugs ausgehen können. Auf Bäume innerhalb eines geschlossenen Waldstücks erstreckt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht so lange nicht, wie ein Baum unauffällig in dem Waldstück steht und keine Eigentümlichkeiten aufweist, die ihn vom Waldsaum abheben und der Straße zuordnen (BGH VersR 1989, 477 - 478; Tschersich, VersR 2003, 172 ff.).
2. Der auf die Straße gestürzte Baum stand zwar am Rand des Waldstücks, ca. 20 m von der Straße entfernt. Er hob sich aber in keiner Weise von den anderen Bäumen ab; ein Bezug zu der vorbeiführenden Landesstraße L ... war nicht gegeben. Die Buche fügte sich in das Waldstück ein und erschien als Teil des Waldes. Das Land musste daher keine Kontrollen durchführen und auf von dem Baum ausgehende Gefahren für die Straße achten. Dass die Buche auf die Straße fallen konnte, ändert daran nichts. Erst als sie auf der Straße lag, lag die Verantwortlichkeit beim Land.; das steht hier aber nicht in Rede.

Auffahrunfall zweier Fahrradfahrer
OLG Koblenz
Wenn ein Radfahrer mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 14 Km/h problemlos vor einem Fußgänger anhalten konnte, der bereits fast die gesamte Fahrbahn überquert hatte, ist der gleichwohl auffahrende zweite Radfahrer für den Unfall weit überwiegend selbst verantwortlich, wenn er ebenfalls rechtzeitig bremsen oder problemlos an dem rechts stehenden Fahrrad links vorbeifahren konnte. Unter dem Aspekt der Mitverursachung ist eine vollständige Überbürdung des Schadens auf einen Beteiligten dann möglich, wenn die wertende Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalles ergibt, dass sein Verursachungsbeitrag derart überwiegt, dass das Fehlverhalten der Gegenseite nicht nennenswert ins Gewicht fällt.

Kfz-Eigentümer kann auch bei fehlender Fahrzeugzulassung haften
OLG Brandenburg
Der Eigentümer eines Kraftfahrzeugs haftet nach dem StVG für von seinem Fahrzeug verursachte Schäden, auch wenn es nicht zugelassen ist. Nach dem StVG ist bei einer sogenannten Schwarzfahrt derjenige, der das Fahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters benutzt, anstelle des Halters zum Schadensersatz verpflichtet. Hat der Eigentümer einem anderen den Schlüssel überlassen und ihm gestattet, an dem Fahrzeug herumzubasteln, um es wieder fahrtüchtig zu machen, so liegt keine solche Schwarzfahrt vor. Ist der Geschädigte nicht in der Lage, ein Ersatzfahrzeug zu finanzieren, so hat er den Schädiger hierauf hinzuweisen und einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Beschaffung eines neuen Fahrzeugs geltend zu machen.

Halter eines Linienbusses haftet (hälftig) für Fußverletzung eines Schülers im Gedränge beim Einsteigen
OLG Koblenz
Der Halter eines Linienbusses haftet für Verletzungen, die ein Schüler dadurch erleidet, dass er in einem Gedränge mit einem Fuß unter ein Rad des Busses gerät. Nach dem SGB VII sind Schüler untereinander zum Ersatz des Personenschadens, den sie sich gegenseitig zufügen, nicht verpflichtet, wenn die Verletzungshandlung (Versicherungsfall) durch eine schulbezogene Tätigkeit verursacht wird, die Verletzungshandlung nicht vorsätzlich erfolgt und kein Wegeunfall vorliegt. Dies führt dazu, dass der Halter des Busses nach den Regeln des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs auch nur in Höhe von 50 % des Schadens in Anspruch genommen werden kann

Kfz-Fahrer kann bei Kollision nach StVO-widrigem Fahrspurwechsel voll haften
OLG München
Ein Fahrer kann gegen die StVO verstoßen haben, wenn er von der Standspur auf die rechte Fahrspur wechselte, ohne zu blinken. Wechselt somit ein Fahrzeug ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers von der Standspur der Autobahn auf die rechte Fahrspur und kommt es dabei zu einer Kollision mit einem von hinten herannahenden Fahrzeug, so spricht ein Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des einfahrenden Fahrzeugs. Da von dessen Fahrer ein Höchstmaß an Sorgfalt gefordert wird, tritt die Betriebsgefahr des sich im fließenden Verkehr befindlichen Fahrzeugs vollständig zurück.

Hälftige Schadensteilung bei Kollision eines Motorrads mit nötigendem Fußgänger auf einem schmalen Feldweg
OLG Koblenz
Stellt sich ein verärgerter Fußgänger auf einem Feldweg einem entgegenkommenden (nicht zugelassenen) Motorrad in den Weg, um es an der Vorbeifahrt zu hindern, sodass es zu einer Kollision kommt, ist eine hälftige Schadensteilung angemessen. Dies gilt jedenfalls dann, soweit der Motorradfahrer auf einem schmalen, nur 2,40 m breiten Weg mit einem Abstand von nur ca. 65 cm am nötigenden Fußgänger vorbeizufahren versucht. In einem solchen Fall muss ein umsichtiger Fahrer anhalten und abwarten, dass der Fußgänger den Weg freimacht und ihn passieren lässt.

Weitergabe eines Kurzzeitkennzeichens für Kraftfahrzeug an Dritte lässt nicht zwingend Versicherungsschutz entfallen
OLG Hamm
Die Versicherung eines unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs haftet auch dann aufgrund des zwischen dem Fahrer und ihr geschlossenen Versicherungsvertrages, wenn der Vertragsvertrag über ein Kurzzeitkennzeichen geschlossen wurde. Dies ist aber auch dann der Fall, wenn ausweislich des Versicherungsscheins dem Halter Versicherungsschutz für ein beliebiges mit einem Kurzzeitkennzeichen betriebenes Fahrzeug gewährt wird. Ist eine Festlegung des Versicherungsschutzes auf ein bestimmtes Fahrzeug gerade nicht erfolgt, ist der Halter insoweit befugt, das Kurzzeitkennzeichen an Dritte weiterzugeben. Versicherungsschutz wird in einem solchen Fall dem Halter und Versicherungsnehmer zur Beantragung eines Kurzzeitkennzeichens "universal", also für ein beliebiges Fahrzeug gewährt.

Kfz-Leasinggeberin kann bei Verzicht auf Erstattung des Differenzschadens diesen nicht ersetzt verlangen
OLG Bamberg
Gegenstand der Fahrzeugversicherung (Kaskoversicherung) ist das Eigentümerinteresse an der Erhaltung des versicherten Fahrzeugs. Das Interesse einer Leasinggeberin lässt sich anhand der Leasingverträge bestimmen, die sie mit ihren Leasingnehmern abgeschlossen hat. Wenn die Kfz-Leasinggeberin in ihren AGB im Entwendungs- oder Totalschadensfall auf die Erstattung des sog. Differenzschadens (= Differenz zwischen Ablöse-und Wiederbeschaffungswert) verzichtet hat, kann sie auch nicht im Hinblick auf die vom Leasingnehmer (freiwillig) abgeschlossene GAP-Versicherung und abweichend von ihren Rechten aus dem Leasingvertrag nunmehr vom Kasko-Versicherer der Leasingnehmerseite den Differenzschaden ersetzt verlangen.

Unfall beim Rückfahrtsfahren auf einer Baustelle
OLG Karlsruhe
1. § 1 Abs. 1 und 2 StVO enthalten Grundregeln, die auch für den Verkehr auf nichtöffentlichen Flächen Bedeutung haben. Das Vorsichts- und Rücksichtnahmegebot sowie das Verbot, andere zu schädigen, zu gefährden, vermeidbar zu behindern oder zu belästigen, können bei der Beurteilung der Frage, inwieweit jeder der Unfallbeteiligten zum konkreten Unfallgeschehen beigetragen hat, nicht unberücksichtigt bleiben. Gleiches gilt für den Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die in der konkreten Situation erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seines Schadensersatzanspruches hinnehmen muss.
2. Bei der Pflicht, hinzuschauen, wo man sich hinbewegt, handelt es sich um ein elementares Gebot sozialen Miteinanders, das auch außerhalb des Straßenverkehrsrechts - beispielsweise auf einem Baustellengelände - gilt (im Anschluss an KG, 12. Februar 2004, 12 U 258/02, VersR 2005, 135). Die mit dem Rückwärtsfahren oder auch nur Rückwärtsrollenlassen eines großen Radladers verbundene Gefahr ist generell so bedeutend, dass ihr nur mit einer hinreichenden Beobachtung des rückwärtigen Raumes wirksam begegnet werden kann.

Grobe Fahrlässigkeit bei Einfahrt in ein höhenbeschränktes Parkhaus bzw. in eine Parkgarage mit einem gemieteten LKW
OLG Düsseldorf
1. Wenn der Mieter eines kleinen Lkw mit einer Höhe von 3,50 m unter Missachtung des Zeichens 265 nach § STVO § 41 StVO, das auf eine Höhenbegrenzung von 2,60 m hinweist, in eine offene Parkgarage einzufahren versucht, handelt er im Zweifel grob fahrlässig.
2. Beruht sein Fehlverhalten in erster Linie darauf, dass er sich nicht hinreichend mit den Abmessungen des Fahrzeugs vertraut gemacht und diese verinnerlicht hatte, weshalb er deshalb in der konkreten Verkehrssituation (fremdes Fahrzeug, nicht bekannte Örtlichkeit) überfordert war, und kann ihm nur ein kurzfristiges, momentanes Versagen vorgeworfen werden, weil er ein ihm nicht vertrautes Fahrzeug nur für einen Tag gemietet hat, nähert sich der zu beurteilende Fall in der Bandbreite der Fälle, die als grob fahrlässig anzusehen sind, eher der Grenze der einfachen Fahrlässigkeit an als dem bedingten Vorsatz. In entsprechender Anwendung der Grundsätze des § VVG § 81 Abs. VVG § 81 Absatz 2 VVG erscheint dann - bei einer in Anlehnung an die Grundsätze einer Vollkaskovers. geregelten Haftung - eine Haftungsquote des Mieters von unter 50% (hier: 40%) angemessen.

Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht, Gesamtschuldnerausgleich
OLG Karlsruhe
1. § BGB § 1664 BGB ist auch dann anzuwenden, wenn Eltern nach einem Verkehrsunfall ihres Kindes wegen Verletzung der Aufsichtspflicht auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
2. Es ist Sache der Eltern, näher darzulegen, dass ihr Verhalten ihrer eigenüblichen Sorgfalt i.S.d. § BGB § 277 BGB entsprochen hat.

Haftung bei vorsätzlichem Unfall mit fremdem Kfz
OLG Brandenburg
1. Halter und Haftpflichtversicherer haften der verletzten Kl. auch dann auf Schadenersatz, wenn der Fahrer den Unfall mit dem Kfz des Halters vorsätzlich verursacht hat.
2. Bei der Schmerzensgeldbemessung ist das vorsätzliche Handeln des Fahrers auch zu Lasten des Halters schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen, ferner der Umstand, dass die Verletzte unfallbedingt auch den Tod ihrer Tochter zu verkraften hat.

Abrechnung auf Neuwagenbasis bei Leasingfahrzeug
OLG Celle
1. Eine Schadenabrechnung auf Neuwagenbasis scheidet aus, wenn ein Leasingfahrzeug zum Unfallzeitpunkt bereits einen Monat zugelassen war und über 4200 km Laufleistung aufwies.
2. Zur Problematik eines Feststellungsbegehrens im Rahmen einer beabsichtigten Schadenabrechnung auf Neuwagenbasis bei einem durch Verkehrsunfall beschädigten Leasingfahrzeug.

 

Urteile aus dem Jahr 2012

Nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort (umgspr. Unfallflucht) stellt zugleich eine den Versicherer zum Refress berechtigende Obliegenheitsverletzung dar
BGH
Kommt der Versicherungsnehmer, der sich nach einem Verkehrsunfall erlaubt vom Unfallort entfernt hat, seiner Pflicht zur unverzüglichen Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nicht rechtzeitig nach, informiert er jedoch statt dessen seinen Versicherer zu einem Zeitpunkt, zu dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abwehren können, so begründet allein die unterlassene Erfüllung der Pflicht nach § 142 Abs. 2 StGB keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit (Fortführung von Senatsurteil vom 1. Dezember 1999, IV ZR 71/99, VersR 2000, 222).

Haftung des Halters eines Schulbusses für Verletzungen eines Schülers beim Anfahren auch ohne Verschulden
OLG Koblenz
1. Wenn durch Drängeln von Schülern an einer Bushaltestelle ein Schüler mit dem Fuß unter den Bus gerät und verletzt wird, haftet der Halter des Busses über § 7 Abs. 1 StVG.
2. Allerdings finden wegen § 105 Abs. 1 SGB VII die Grundsätze des "gestörten Gesamtschuldnerausgleichs" Anwendung, da der geschädigte Schüler keine Ansprüche gegen seine Mitschüler geltend machen kann.

Anspruchskürzung um 75% bei BAK von 0,54 Promille
AG Düren
Der Versicherer ist nach dem VVG im Falle der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer zu einer der Schwere des Verschuldens entsprechenden Kürzung der Leistung berechtigt. Bei absoluter Fahruntüchtigkeit unter Überschreitung des Grenzwertes von 1,1 Promille ist grundsätzlich von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Hierbei rechtfertigt sich regelmäßig eine Leistungskürzung um 100 %. Bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,54 Promille handelt es sich schon um einen erheblichen Grad der Alkoholisierung. In einem solchen Fall entspricht eine Kürzung des Leistungsanspruchs um 75 % der Schwere des Verschuldens.

Ersatzfähige Mietwagenkosten können anhand der Fraunhofer-Liste geschätzt werden
LG München
Das Gericht darf den "Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2010" des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation und nicht die Schwacke-Liste zur Grundlage der Schätzung des Schadens bezüglich der Mietwagenkosten machen. Zwar sind die Durchschnittspreise der Fraunhofer-Liste grundsätzlich niedriger als diejenigen nach der Schwacke-Liste. Das Ergebnis des Preisspiegels des Fraunhofer-Instituts beruht jedoch auf einer anonymen Befragung im Rahmen eines typischen Anmietszenarios. Dieser Gewinn an Objektivität kann die Nachteile, wie die geringere Datenbasis dieses Spiegels, zurücktreten lassen.

Kein Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für Meldung des Schadens gegenüber der Vollkaskoversicherung des Geschädigten
AG Bochum
Ein Unfallgeschädigter hat gegen die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung keinen Anspruch auf Übernahme der eigenen Rechtsanwaltskosten, die durch die vorgerichtliche Geltendmachung des Kaskoschadens gegenüber seiner Vollkaskoversicherung entstanden sind, wenn die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten mit der Anmeldung von Leistungsansprüchen nicht erforderlich war. Selbst wenn der Unfallgeschädigte keinerlei Kenntnisse und/oder Erfahrungen in der Schadensregulierung hat, so ist es ihm doch als durchschnittlich befähigtem Menschen möglich, Kontakt zu seiner - ihm durch Vertrag verbundenen - Vollkaskoversicherung aufzunehmen und diese zur vertragsgemäßen Leistung aufzufordern.

Sorgfaltspflichten für Fußgänger und motorisierte Verkehrsteilnehmer in einer zweispurigen Einbahnstraße
LG Mönchengladbach
1. Ein Fußgänger, die eine Fahrbahn außerhalb geschützter Stellen überqueren will, muss darauf bedacht sein, nicht in die Fahrbahn eines sich nähernden Fahrzeugs zu geraten und muss sich besonders sorgfältig verhalten.
2. In einer zweispurigen Einbahnstraße besteht für den Fahrzeugverkehr bereits dann eine Reaktionsaufforderung zur Anpassung der Geschwindigkeit, wenn ein die Fahrbahn von rechts überquerender Fußgänger die Mitte der rechten Fahrspur erreicht. Der Fahrzeugverkehr muss nämlich damit rechnen, dass der Fußgänger die Fahrbahn in zügigem Schritttempo überquert und nicht an der Fahrbahnmittellinie anhält.
3. Ein bevorrechtigter Motorradfahrer darf im Fall eigener Geschwindigkeitsüberschreitung nicht darauf vertrauen, dass sich der die Fahrbahn überquerende Fußgänger verkehrsgerecht verhält.

Schmerzensgeldbemessung bei Querschnittslähmung ab dem 6. Brustwirbel mit einer neurogenen Harnblasen- und Darmentleerungsstörung
LG Mönchengladbach
Erleidet ein 26 Jahre alter Motorradfahrer bei der Kollision mit einem Fußgänger ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades, eine Rippenserienfraktur links, eine Claviculafraktur links, einen beidseitigen Hämothorax, sowie eine beidseitige Lungenkontusion und führen die unfallbedingten Verletzungen zu einer irreversiblen Querschnittslähmung ab dem 6. Brustwirbel mit einer neurogenen Harnblasen- und Darmentleerungsstörung, was eine hundertprozentige Invalidität zur Folge hat, so stehen ihm in Ansehung eines Mitverschuldensanteil von 60% ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 120,00 Euro zu.

Addition mehrerer Regresshöchstbeträge bei mehrfacher Obliegenheitsverletzung
OLG Celle
1. Die Verletzung einer vor und einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit führt zu einer Addition der Regresshöchstbeträge.
2. Nutzt der Mitversicherte das Kfz gegen den Willen des Versicherungsnehmers, so ist der Regresshöchstbetrag nicht um eine interne Haftungsquote des Versicherungsnehmers zu reduzieren.

Gezielt angebrachte Löcher in der Karosserie eines Fahrzeugs stellen keine mut- oder böswilligen Handlungen im Sinne der AKB 08 dar
OLG Köln
1. Der Entschädigungsanspruch nach Nr. A.2.3.3 AKB 08 setzt voraus, dass es sich um eine Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen von Personen handelt, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrachen. Diese Voraussetzungen hat der Versicherungsnehmer zu beweisen.
2. Ist aus der Art der Schäden (hier: gezielte Anbringung von Löchern in der Karosserie) zu schließen, dass sie nicht durch Mut- oder Böswilligkeit geprägt waren, ist der Beweis nicht geführt.

Haftpflichtversicherer darf Geschädigten auf preisgünstigere Angebote eines mit ihm zusammenarbeitenden überörtlich tätigen Autovermieters hinweisen
BGH
Ein Kfz-aftplichtversicherer ist regelmäßig nicht gehindert, einen Unfallgegner, der ein Ersatzfahrzeug bei einem örtlichen Autovermieter angemietet hat oder anmieten möchte, auf das preisgünstigere Angebot eines mit ihm zusammenarbeitenden überörtlich tätigen Autovermieters hinzuweisen.

Streifunfall mit in ihr Fahrzeug einsteigender Fußgängerin
OLG Karlsruhe
1. Streift ein Pkw im Vorbeifahren eine im rechten Bereich auf der Fahrbahn befindliche Fußgängerin, die sich anschickt, in ihr geparktes Fahrzeug einzusteigen, kommt eine Haftung des Pkw-Fahrers zu 100% in Betracht, wenn ein schuldhafter Verkehrsverstoß der Fußgängerin nicht nachweisbar ist.
2. Der Fußgängerin fällt kein Verschulden zur Last, wenn sie dicht neben der geschlossenen Fahrertür ihres geparkten Fahrzeugs steht, und wenn sie - wegen einer unübersichtlichen Kurve - beim Betreten der Fahrbahn den später vorbeifahrenden Pkw noch nicht erkennen konnte.
3. Vorausgegangene Verkehrsverstöße der Fußgängerin beim Abstellen ihres Fahrzeugs spielen für die Haftungsquote keine Rolle, wenn der Schutz von vorbeifahrenden Fahrzeugen nicht zum Schutzbereich der verletzten Normen gehört (hier: verbotenes Parken auf dem Gehweg und verbotenes Parken auf einem Schutzstreifen für den Radverkehr).

Ein querender Fußgänger genießt auch außerhalb förmlicher Fußgängerüberwege Vorrang vor Kraftfahrzeugen
OLG Hamm
Kollidiert eine Fußgängerin beim Versuch, eine nicht durch Verkehrszeichen geregelte Straßeneinmündung zu überqueren mit einem herannahenden Kraftfahrzeug und erleidet eine Trümmerfraktur des außenseitigen Schienbeinkopfs, hat sie regelmäßig einen Anspruch auf Schadensersatz. Denn gemäß § 9 Abs. 3 S. 3 StVO muss der abbiegende Fahrzeugführer auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und gegebenenfalls sogar warten. Die Vorschrift begünstigt den entgegenkommenden oder gleichgerichteten Längsverkehr und räumt dem eine Straßeneinmündung querenden Fußgänger auch außerhalb förmlicher Fußgängerüberwege generell eine vorrangähnliche Stellung ein. Diese Pflicht besteht nicht nur gegenüber Fußgängern, die schon sichtbar sind, sondern auch dann, wenn mit solchen Fußgängern gerechnet werden muss.

Unaufklärbarkeit einer Kollision von zwei Fahrzeugen führt zur hälftigen Haftung der Beteiligten
AG Düsseldorf
Steht bei einem Verkehrsunfall mit zwei beteiligten Fahrzeugen nicht fest, ob die schadensträchtige Kollision durch Auffahren oder Rückwärtsfahren der anderen Partei herbeigeführt wurde, ist eine hälftige Haftungsverteilung angemessen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die jeweilige Schilderung des Unfallhergangs seitens der Beteiligten mit dem Spurenbild zu vereinbaren ist.

Bei einem fehlenden Verstoß gegen § 142 StGB liegt auch keine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vor
OLG Naumburg
Der Inhalt der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers in der Fahrzeugversicherung bzw. des Mieters eines Kfz ist durch den Schutzzweck des § 142 StGB, der primär dem Interesse des durch den Unfallgeschädigten, in zweiter Linie aber auch dem Aufklärungsinteresse des Versicherers dient, insoweit begrenzt, als bei einem fehlenden Verstoß gegen § 142 StGB auch keine entsprechende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gegeben ist.

Ein „umfriedeter Abstellplatz" setzt nicht ein nur mit großem Aufwand überwindbares körperliches Hindernis voraus
OLG Karlsruhe
1. Der Annahme eines „umfriedeten Abstellplatzes" im Sinne der AKB 08 stehen unverschlossene Türen und Tore sowie niedrige Einfriedungen nicht entgegen. Es ist nicht erforderlich, dass Dritte sich über das körperliche Hindernis nur mit großem Aufwand hinwegsetzen können.
2. Ein Obliegenheitsverstoß ist nicht kausal für den Eintritt des Versicherungsfalls, wenn der Versicherungsfall bei Erfüllung der Obliegenheit ebenfalls eingetreten wäre. Standen dem Versicherungsnehmer mehrere Alternativen zur Erfüllung einer gefahrmindernden Obliegenheit zu Gebote, so entfällt die Kausalität, wenn die Wahl irgendeiner der Alternativen den Eintritt des Versicherungsfalls nicht vermieden hätte.

„Rechts vor links" bei Aufeinandertreffen eines gemeinsamen Geh- und Radwegs und einer Straße
OLG Karlsruhe
1. Treffen ein gemeinsamer Geh- und Radweg und eine ohne Beschränkung mit dem Fahrzeugverkehr gewidmete Straße aufeinander, handelt es sich um eine Kreuzung i.S.d. § 8 Abs. 1 StVO, an der „rechts vor links" gilt.
2. Ein Vorfahrtberechtigter darf grundsätzlich auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht ausnahmslos; er darf sich dann nicht auf die Beachtung seiner Vorfahrt verlassen, wenn konkrete Umstände Anlass zu der Befürchtung geben, ein anderer Verkehrsteilnehmer werde die Vorfahrt verletzen. Solche Umstände können auch in den örtlichen Verhältnissen einer Einmündung liegen, wenn nämlich die vom Vorfahrtberechtigten befahrene Straße in eine Querstraße einmündet, ohne sich jenseits der Einmündung fortzusetzen (sogenannte T-Einmündung), und seine Straße für den Wartepflichtigen nicht oder nicht voll einsehbar ist.

Das Familienprivileg nach § 116 Abs. 6 SGB X ist auch auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden
LG Coburg
1. Das Familienprivileg nach § 116 Abs. 6 SGB X ist auch auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden.
2. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ist eine Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.
3. Beziehen beide Partner eine bis heute gemeinsam bewohnte Wohnung, zahlen die Miet- und Nebenkosten anteilig, bezahlen zudem die häuslichen Einkäufe abwechselnd und schaffen gemeinsam Mobiliar an, spricht dies für das Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Nicht zwingend erforderlich ist, dass über das Einkommen und die Vermögensgegenstände des anderen Partners verfügt wird oder es ein gemeinsames Konto oder eine gemeinsame Haushaltskasse gibt.

Arglistig falsche Angaben zur Sicherung eines Fahrzeugs führen zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers
LG Oldenburg
Erklärt der Versicherungsnehmer in der Schadensanzeige auf die Frage der „Sicherung des Fahrzeugs", dass der versicherte Wohnwagen mit einem Deichselschloss gesichert war, obwohl dies nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Polizei ausdrücklich nicht der Fall war, handelt er arglistig. Der Versicherer ist dann vollständig leistungsfrei.

Bei einem Verkehrsunfall im Ausland richtet sich die Schuldfrage nach den dortigen Verkehrsvorschriften
LG Kleve
Für die Beurteilung der Schuldfrage bei einem Verkehrsunfall im Ausland sind die am Unfallort geltenden Verkehrsvorschriften maßgebend, auch wenn die Unfallbeteiligten deutsche Staatsangehörige sind und sich die Haftungsfolgen im Übrigen nach deutschem Recht richten. Maßgeblich sind daher die niederländischen Straßenverkehrsregeln, wenn sich der Unfall in einem Parkhaus in den Niederlanden ereignet hat.

Fahrt ins Flussbett und Bergung des defekten Fahrzeugs aus Gewässer stellt einheitliches Schadensereignis dar
OLG Hamm
Der sich aus dem Hineinfahren in ein Gewässer und nachfolgender Bergung des Fahrzeugs ergebende Gesamtvorgang stellt bei natürlicher Betrachtung ein einheitliches Schadensereignis dar. Auch wenn man davon ausgeht, dass ein Teil der Unterbodenschäden bereits dadurch entstanden ist, dass das Fahrzeug beim Durchqueren des Wassers auf einen Felsbrocken und Stein stieß, und der weitere Teil der Schäden bei der Bergung und den dabei geschehenen Anstößen während des Schleppvorgangs durch felsige Hindernisse im Wasser entstanden ist, liegt nur ein Schadenfall vor. Das Vorliegen eines einheitlichen Geschehens wird auch nicht dadurch in Frage stellt, dass zwischen Einfahren und nachfolgender Bergung ein Tag verstreicht, da der enge räumliche und zeitliche Zusammenhang gewahrt bleibt. Angesichts eines einheitlichen Geschehens ist die Selbstbeteiligung nur einmal abzuziehen.

Alleinige Haftung eines Radfahrers, der Gehweg in falsche Richtung nutzt
LG Berlin
Einen Radfahrer, der einen schmalen Gehweg entgegen der Fahrtrichtung benutzt und mit einem aus einer Grundstücksausfahrt herausfahrenden Pkw zusammenstößt, trifft die alleinige Haftung, da die einfache Betriebsgefahr des Pkw hinter dem groben Verkehrsverstoß des Radfahrers zurücktritt.

Angebliche Streifkollision im fließenden Verkehr auf einer Bundesstraße spricht für im Vorfeld manipulierten Unfall
OLG Saarbrücken
Macht ein Arbeitsloser einen durch Streifkollision entstandenen Sachschaden an seinem Fahrzeug geltend, dass er erst wenige Wochen vor dem Unfall unter Ausschöpfung der finanziellen Möglichkeiten zugelassen hat und gibt dazu an, dass sich der Zusammenstoß im fließenden Verkehr auf einer Bundesstraße ereignet haben soll, bestehen Beweisanzeichen für einen manipulierten Unfall. Dies gilt insbesondere angesichts dessen, dass es sich um ein typisches Schadensbild handelt, bei dem sich die Schadensregulierung auf Gutachterbasis für den Schädiger „rechnet".

Anstiftung bzw. Beihilfe zum Betrugsversuch bei verdeckter Übernahme der Kasko-Selbstbeteiligung bei der Autoscheibenreparatur
OLG Köln
Die Übernahme des Selbstbehalts der Kfz-Kaskoversicherung durch einen Autoglasreparaturbetrieb, die in der Weise erfolgt, dass der Selbstbehalt zwar in der Reparaturrechnung mit dem Hinweis "Zahlung vom Versicherungsnehmer" ausgewiesen ist, vom Versicherungsnehmer aber nicht zu bezahlen ist, wenn er einen Werbeaufkleber des Unternehmers auf der Windschutzscheibe seines Fahrzeugs für ein Jahr hinnimmt, erfüllt den Tatbestand der Anstiftung bzw. Beihilfe zum (versuchten) Betrug sowie eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und einer sittenwidrigen Schädigung, wenn dieses Vorgehen dem Versicherer nicht mitgeteilt wird (Anschluss BGH, 8. November 2007, I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 und OLG Brandenburg, 15. September 2009, 6 U 80/08, WRP 2010, 427)).

Kein Anspruch des Unfallgeschädigten auf Ersatz der Anwaltskosten für Anmeldung der Ansprüche gegenüber der eigenen Vollkaskoversicherung
AG Bochum
Ein Unfallgeschädigter hat gegen die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung keinen Anspruch auf Übernahme der eigenen Rechtsanwaltskosten, die durch die vorgerichtliche Geltendmachung des Kaskoschadens gegenüber seiner Vollkaskoversicherung entstanden sind, wenn die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten mit der Anmeldung von Leistungsansprüchen nicht erforderlich war. Selbst wenn der Unfallgeschädigte keinerlei Kenntnisse und/oder Erfahrungen in der Schadensregulierung hat, so ist es ihm doch als durchschnittlich befähigtem Menschen möglich, Kontakt zu seiner - ihm durch Vertrag verbundenen - Vollkaskoversicherung aufzunehmen und diese zur vertragsgemäßen Leistung aufzufordern.

Schädiger kann bei fehlerhaftem Spurwechsel voll für einen Verkehrsunfall haften
LG Freiburg
Die Betriebsgefahr des vom Geschädigten geführten Kfz kann vollständig zurücktreten, wenn der Schädiger die Fahrspur unter Verstoß gegen seine Pflichten aus der StVO wechselt und es dadurch zu einer Kollision mit dem Fahrzeug des Geschädigten kommt. Dies gilt auch dann, wenn sich nicht feststellen lässt, ob der Geschädigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hat oder nicht. Grundsätzlich können sowohl die Schwacke-Liste als auch der Fraunhofer-Mietpreisspiegel eine geeignete Grundlage für eine Schätzung der ersatzfähigen Mietwagenkosten darstellen. Beide Listen haben ihre methodischen Vor- und Nachteile.

Wirksamkeit einer Klausel über den Wegfall der Haftungsfreistellung bei Nichthinzuziehung der Polizei nach einem Unfall
BGH
Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Autovermietungsunternehmens enthaltene Klausel, wonach die gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährte Haftungsfreistellung entfällt, wenn der Mieter gegen die ebenfalls in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Verpflichtung verstößt, bei einem Unfall die Polizei hinzuzuziehen, ist nach § 307 BGB unwirksam. Die durch die Unwirksamkeit der Klausel entstehende Vertragslücke kann durch die Heranziehung von § 28 Abs. 2 und 3 VVG geschlossen werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 14. März 2012, XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501). [Sachgebiet: Privatversicherungsrecht]

Beschädigung des Kotflügels durch Hauswand
AG München
Ein Autofahrer, der sehr nah an einer Hauswand entlang fährt, muss besondere Vorsicht walten lassen und kann sich nicht auf die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers berufen, wenn er einen an der Hauswand befestigten Blitzableiter streift.

Kein Versicherungsschutz in Teilkaskoversicherung für Schäden durch Dachlawinen
OLG Köln
Für einen Schaden, der durch eine durch Schwerkraft vom Dach ausgelöste Lawine hervorgerufen wird, besteht kein Schutz in der Teilkaskoversicherung nach dem Muster
AKB 2010.

Verkehrsunfallflucht in der Kaskoversicherung
OLG Naumburg
Verlässt der Versicherungsnehmer entgegen seiner Aufklärungsobliegenheit aus E. 1.3 Satz 2 AKB 2008 unerlaubt den Unfallort, geht dies regelmäßig mit konkreten Feststellungsnachteilen für den Versicherer einher, die einen Kausalitätsgegennachweis aus § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG unmöglich machen und damit entsprechend § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG zum Verlust des Vollkaskoschutzes führen.

Nachweis der Vortäuschung eines Diebstahls in der Kaskoversicherung
OLG Hamm
1. Die Beweiserleichterung, wonach in der Fahrzeugversicherung das sog. äußere Bild eines Diebstahls regelmäßig dann gegeben ist, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfindet, gilt entsprechend für die Entwendung von Teilen eines abgestellten Fahrzeugs.
2. Der Versicherungsnehmer muss beweisen, dass das Fahrzeug unbeschädigt abgestellt
und beschädigt wieder aufgefunden wurde.
3. Das Auffinden des Fahrzeugs mit Aufbruchspuren (hier: eine eingeschlagene Seitenscheibe) für sich allein begründet allerdings noch nicht das äußere Bild der Entwendung, weil solche Beschädigungen auch bei einem vorgetäuschten Diebstahl vorhanden sein können.

Unfall nach Befahren einer Busspur durch einen Fahrradfahrer entgegen der Verkehrsrichtung
OLG Frankfurt
1. Befährt ein Fahrradfahrer die Busspur entgegen der Fahrtrichtung am äußeren linken Rand und achtet dabei nicht auf den links verlaufenden Bürgersteig bzw. Fahrbahnrand, so verhält er sich grob verkehrswidrig und verstößt gegen die ihm gem. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten.
2. Kommt es zu einem Verkehrsunfall mit einem aus einer Grundstücksausfahrt ausfahrenden Fahrzeug, dessen Fahrer zwar langsam fährt, sich aber nicht von einem Dritten einweisen lässt, so kann darin allenfalls ein geringes Verschulden als erwiesen angesehen werden, das gegenüber dem grob verkehrswidrigen Verhalten des Radfahrers vollständig zurücktritt.

Kfz-Kaskoversicherung: Erstattungsfähigkeit von Standkosten, An- und Abmeldekosten und Kosten für eine Wildunfallbescheinigung nach Wildschaden; Nutzungsausfallentschädigung
AG Köln
1. In der Kfz-Kaskoversicherung sind Standkosten, Nutzungsausfall, An- und Abmeldekosten sowie die Kosten einer Wildunfallbescheinigung nach den Versicherungsbedingungen nicht erstattungsfähig.
2. Die Geltendmachung von Nutzungsausfall als Verzugsschaden erfordert eine "unmittelbare, nachteilige Einwirkung auf das Fahrzeug selbst". Die Nichtzahlung der Versicherungssumme erfüllt diese Voraussetzungen nicht, weil diese Gelder nicht zweckgebunden gezahlt werden, sondern frei verwendet werden dürfen (Anschluss OLG Hamm, 15. Dezember 2010, 20 U 108/10, VersR 2011, 1259).

Vorliegen einer ungerechtfertigte Bereicherung durch die Regulierung eines bewusst herbeigeführten Verkehrsunfallschadens
LG Münster
1. Soweit der Beklagte in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat, indem er das fehlerhafte Verhalten der anderen Unfallbeteiligten bewusst und zielgerichtet zur Herbeiführung des Verkehrsunfalls ausgenutzt hat, ist der Beklagte durch die Schadenregulierung zu Unrecht bereichert. Maßgebliche Indizien für die bewusste Herbeiführung des Unfalls sind die Anzahl von 26 Unfällen in dem Zeitraum der vergangenen 5 1/2 Jahre und der der Umstand, dass die Verschuldensfrage bei diesen Unfällen eindeutig zum Nachteil der jeweiligen Unfallgegner zu entscheiden war. Für eine Manipulation der Unfallserie spricht zudem, dass der Beklagte nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht in weitere Unfälle verwickelt war. Weiteres Indiz für eine Unfallprovokation zum Zwecke des Versicherungsbetruges ist die Abrechnungspraxis des Beklagten, der die Unfallschäden jeweils abstrakt auf der Basis eines privaten Sachverständigengutachtens abgerechnet hat und dann im Weiteren als Kfz.-Mechniker die Reparatur kostengünstig durchführen konnte.
2. Ein von den Parteien beantragtes Unfallrekonstruktionsgutachten ist nicht einzuholen, da die für die Frage der Unfallmanipulation entscheidenden Vorstellungen und Absichten nicht durch ein Gutachten zu klären sind und hierdurch auch nicht die Feststellungsmöglichkeiten des Gerichts verbessert werden. Die Fragestellung zur Unvermeidbarkeit des Unfalls ist aufgrund der Indizien bzgl. einer Unfallprovokation bereits zur Überzeugung des Gerichts widerlegt.

Anwendbarkeit der Benzinklausel bei unzureichender Absicherung des Fahrzeugs nach dem Parken
LG Bremen
1. Die sog. Benzinklausel in den AHB der Privathaftpflichtversicherung ist anwendbar, wenn die mitversicherte Tochter der Klägerin den hier zur Rede stehenden Schaden an dem Pkw ihres Kommilitonen als Führerin eines Kraftfahrzeugs verursacht hat, so dass die sog. Benzinklausel zur Anwendung gelangt, weil sie der Abgrenzung zwischen den Deckungsbereichen der Privathaftpflichtversicherung einerseits und der Kfz-Haftpflichtversicherung andererseits dient.
1. Nach der Benzinklausel sind vom Leistungsumfang der Privathaftpflichtversicherung ausgeschlossen alle Risiken, die typischerweise der Kfz-Haftpflichtversicherung zuzuordnen sind. Demgemäß greift der Anspruchsausschluss in der Privathaftpflichtversicherung immer dann ein, wenn sich eine Gefahr verwirklicht, die dem Fahrzeuggebrauch eigen ist und diesem selbst und unmittelbar zugerechnet werden muss. Nicht erforderlich ist dabei, dass der Versicherte bei Schadenseintritt das Kfz noch führt, d.h. damit fährt (BGH VersR 1977, 468). So gehört nach zutreffender Auffassung zu den gebrauchsspezifischen Gefahren eines Kfz sogar das falsche Betanken, weil alle Tätigkeiten, die dem Betrieb des Kfz dienen und die nach der Verkehrsauffassung in den Aufgabenkreis als Fahrzeugführer fallen, als Gebrauch des Fahrzeugs anzusehen sind (LG Duisburg, Urteil vom 05.07.2006, Bl. 47 d. A.).
2. Damit fällt unter die gebrauchsspezifischen Gefahren eines Kfz erst recht das Absichern des Fahrzeugs beim Parken, weil auch das Abstellen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Kraftfahrzeugs erforderlich ist und in den Aufgabenkreis des Fahrzeugführers fällt.
3. Die hier zur Rede stehende Fallkonstellation, in der die versicherte Tochter der Klägerin als Fahrerin des Pkw fungierte, ist ersichtlich nicht vergleichbar mit den von der Klägerin zitierten Fällen, in denen ein Beifahrer versehentlich das Fahrzeug gestartet hat, weil der Beifahrer gerade nicht als Führer des Kfz anzusehen ist und daher von vornherein nicht in den Anwendungsbereich der sog. Benzinklausel fallen kann.
4. Die Anwendung der Benzinklausel scheitert auch nicht daran, dass im vorliegenden Fall der zur Rede stehende Schaden nicht an Rechtsgütern Dritter, also insbesondere nicht an einem anderen als dem von der Tochter der Klägerin geführten und versicherten Pkw, sondern an dem von ihr gefahrenen Fahrzeug eingetreten ist. Von dem Anwendungsbereich der Benzinklausel werden nämlich auch solche Schäden erfasst, die allgemein Gegenstand einer besonderen Mitversicherung sein können, im vorliegenden Fall etwa einer Kaskoversicherung für den beschädigten Pkw des Kommilitonen, oder einer Kfz-Haftpflichtversicherung (des Unfallgegners). Maßgeblich ist allein, dass das eingetretene Risiko dem Bereich der Kfz-Versicherung zuzuordnen ist und nicht, ob insoweit tatsächlich Versicherungsschutz besteht oder ob die bestehende Kfz-Versicherung für den Schaden bedingungsgemäß einstandspflichtig ist.
5. Soweit wegen des aufgrund der Benzinklausel eingreifenden Leistungsausschlusses, wie vorliegend, Deckungslücken entstehen, weil weder die Privathaftpflichtversicherung, noch die Kfz-Versicherung einstandspflichtig ist, ist dies vom Versicherten hinzunehmen.
6. Die sog. Benzinklausel ist auch nicht unwirksam, da sie insbesondere für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar verständlich formuliert, dass Schäden, die typischerweise in die Kfz-Haftpflichtversicherung (oder der Kfz-Kaskoversicherung) fallen, vom Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen sein sollen.

Haftungsteilung bei wechselseitig widerlegtem Anscheinsbeweis für ein Verschulden
AG Bad Segeberg
1. Streitet zu Lasten beider an einem Verkehrsunfall beteiligten Kraftfahrzeugführer ein Anscheinsbeweis für ein alleiniges Verschulden und vermag keiner der Unfallbeteiligten den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu widerlegen, ist regelmäßig eine Haftungsteilung vorzunehmen (entgegen OLG Dresden, Urt. v. 24.04.2002 - 11 U 2948/01, SP 2003, 304, juris Rn. 5).
2. Kommt es zwischen einem links in eine Grundstückszufahrt abbiegenden Verkehrsteilnehmer und einem rückwärts zum Zwecke des Wendens in die Grundstückszufahrt eingefahrenen Verkehrsteilnehmer zu einer Kollision und bleibt der genaue Unfallhergang unaufklärbar, ist eine Haftungsquote von 50:50 zugrunde zu legen.
3. Mit der Unkostenpauschale soll pauschal der Aufwand des Geschädigten abgegolten werden, der im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall entsteht. Die Unkkostenpauschale beträgt, wenn der Geschädigte nichts Abweichendes vorträgt, regelmäßig 25,00 €.

Nutzungsausfallentschädigung bis zum Abschluss des Rechtsstreits mit der gegnerischen Versicherung
LG Hamburg
Der Unfallgeschädigte hat einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bis zum Abschluss des Rechtsstreits mit dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung (hier: Zeitraum von 15 Monaten), wenn er die gegnerische Versicherung auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit für eine Ersatzbeschaffung hingewiesen hat und diese vor dem Abschluss des Rechtsstreits keine Zahlungen leistet

Erstattungsfähigkeit von "UPE-Aufschlägen" bei fiktiver Schadensabrechnung
AG Marl
1. Grundsätzlich sind "UPE-Aufschläge" bei einer fiktiven Abrechnung nicht erstattungsfähig.
2. Von diesem Grundsatz kann dann allenfalls eine Ausnahme gemacht werden, wenn der darlegungspflichtige Geschädigte im einzelnen und substantiiert und damit nachvollziehbar vorträgt, dass die von ihm üblicherweise in Anspruch genommene Vertrags- und Vertrauenswerkstatt tatsächlich regelmäßig auf die Ersatzteile Zuschläge erhebt

Arglistige Obliegenheitsverletzung durch Vorlage manipulierter Rechnungen
AG Marl
Ein Versicherungsnehmer verletzt seine Auskunftsobliegenheit arglistig, wenn er der Kaskoversicherung manipulierte Reparaturrechnungen vorlegt, um den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt von 500,00 Euro auszugleichen

Vierzig Unfälle in der Vergangenheit zwischen den Unfallbeteiligten können Indiz für fingierten Unfall sein
LG Essen
Der Eigentümer eines Pkw kann einen Schaden aus einem behaupteten Verkehrsunfall weder vom Eigentümer und Halter noch von dem Fahrer eines beteiligten Kraftfahrzeugs oder von deren Haftpflichtversicherer verlangen, wenn feststeht, dass der Fahrer des beschädigten Pkw in die Beschädigung eingewilligt hat. Insoweit ist es ausreichend, wenn aus einer Gesamtschau aller Umstände auf eine provozierte Herbeiführung des Unfalls geschlossen werden kann. Als Indizien sind dabei alle Umstände geeignet, für die es entweder bei Annahme eines echten Unfalls keine Erklärung gibt, oder die bei gestellten Unfällen signifikant häufiger auftreten, wenn also das Indiz die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine Einwilligung vorliegt. Wesentliches Indiz für eine Einwilligung kann auch die Unfallhistorie zwischen den Beteiligten darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Unfallparteien bei 40 vorherigen Unfällen beteiligt waren und die Unfälle sich mitunter in einem Abstand von wenigen Tagen oder Wochen ereigneten.

Regelung in Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung kann Versicherungsleistungen auf die Höhe des Wiederbeschaffungswertes abzgl. des Restwertes begrenzen
LG Essen
Die Regelung in einem Versicherungsvertrag, nach der die Versicherungsleistungen auf die Höhe des Wiederbeschaffungswertes abzgl. des Restwertes begrenzt sind, wenn das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert wird, ist wirksam. Sie entspricht dem Grundgedanken, dass dem Kaskoversicherungsnehmer zwar sein effektiv erlittener Schaden ausgeglichen werden, er sich aber nicht bereichern soll. Diese Regelungen schränken die Entscheidungsfreiheit des Kaskoversicherungsnehmers hinsichtlich der Art der Schadensbeseitigung auch nicht ein, seiner Wahl obliegt es, ob er den Schaden vollständigen beseitigen oder fiktiv abrechnen will.

Parteivernehmung als Beweismittel für eine telefonisch erteilte Deckungszusage für die Reparatur eines Steinschlagschadens
AG Düsseldorf
Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung von Amts wegen liegen nicht vor, wenn aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung bezüglich einer Deckungszusage für die Erstattung von Reparaturkosten eines Steinschlagschadens vorliegt.

Fahrer eines abgeschleppten Lkw haftet ist aufgrund Betriebsgefahr für Schäden durch "Abschlepphindernisse" mitverantwortlich
OLG Celle
Kommt es bei einem Abschleppen eines Lkw zu einem Schaden durch "Abschlepphindernisse", haften sowohl der Führer des abschleppenden als auch des abgeschleppten Fahrzeugs aufgrund der Betriebsgefahr der Fahrzeuge aus Gefährdungshaftung. Denn ein mit Seil oder Stange abgeschlepptes Fahrzeug, das gelenkt werden muss, bildet eine von dem abschleppenden Fahrzeug gesonderte, eigenständige Gefahrenquelle dar und ist als "in Betrieb" befindlich anzusehen.

Fußgänger kann nach Kollision mit einem Motorrad für Sorgfaltspflichtverletzung beim Überqueren einer Straße haften
LG Mönchengladbach
Ein (hier: wenig verletzter) Fußgänger kann einem (hier: schwer verletzten) Motorradfahrer gegenüber haften, wenn er seine Sorgfaltspflicht beim Überqueren einer Straße schuldhaft verletzt und den bevorrechtigten Fahrzeugverkehr bei dem Überschreiten der Straße nicht hinreichend beachtet hat. Ereignet sich ein Verkehrsunfall in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Fußgänger ohne hinreichende Beachtung des Fahrzeugsverkehrs auf die Fahrbahn getreten ist.

Geschädigter kann nach Verkehrsunfall in der Schweiz Direktsanspruch gegen schweizerischen Versicherer in Deutschland geltend machen
BGH
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der sich im EU-Ausland ereignet hat, kann in Auslegung der Verweisung in Art. 11 Abs. 2 EuGVVO auf Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO vor der deutschen Gerichtsbarkeit unmittelbar gegen den Versicherer Klage erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaats hat. Diese Auslegung ist wegen des Luganer Übereinkommens grundsätzlich auch auf die Schweiz anwendbar, deren Recht in einem solchen Fall - genau wie das deutsche Recht - einen Direktanspruch vorsieht.

Mit einem einheitlichen Schmerzensgeldanspruch werden grundsätzlich sämtliche Schmerzensgeldansprüche abgegolten
OLG Köln
Bei dem Anspruch auf Schmerzensgeld als immateriellen Schadensersatzanspruch und den weiteren, materiellen Schadensersatzansprüchen handelt es sich um verschiedene Forderungen und nicht lediglich um unselbständige Rechnungsposten. Dementsprechend kann auch die Verjährung der Ansprüche unterschiedliche Wege gehen. Ein Schmerzensgeldanspruch umfasst grundsätzlich sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen immateriellen Unfallfolgen, sofern sie bereits bekannt oder jedenfalls vorhersehbar waren. Nur für solche Ansprüche, die außerhalb des Vorhersehbaren liegen, kann gegebenenfalls eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht werden, dass mit dem einheitlichen Schmerzensgeldanspruch sämtliche Schmerzensgeldansprüche abgegolten werden. Ein geschwächtes Immunsystem mit den sich daraus ergebenden Folgen und Einschränkungen für die Lebensqualität gehört zu den bekanntermaßen möglichen Folgen eines Milzverlustes.

Haftung des Mieters eines Pkw für durch einen dritten Nutzer verursachte Unfallschäden
OLG Köln
Wenn der Mieter eines Pkw einem Dritten die Benutzung gestattet hat, so kann er für von diesem verursachte Beschädigungen gem. § 278 BGB haften. Der Eigentümer des Pkw kann von dem Mieter Ersatz des Schadens verlangen, wenn der Pkw, den der Mieter infolge eines zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages im Besitz hatte, von ihm in erheblich unfallbeschädigtem Zustand zurückgegeben wurde.

Kürzung des Leistungsanspruchs des Versicherten um 75 % bei BAK von 0,7 Promille
AG Siegen
1. Die Kürzung des Leistungsanspruchs wegen Alkohols hat im Verhältnis der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers hat unter wertender Betrachtung der maßgeblichen Umstände und Besonderheiten des Einzelfalles zu erfolgen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.08.2010 - 20 O 74/10 = NJW 2011, 85).
2. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die hier gegebene relative Fahruntüchtigkeit keine mildere Form der Fahruntüchtigkeit darstellt, weil es bei der Unterscheidung zur absoluten Fahruntüchtigkeit allein um die Frage des Nachweises geht. Insoweit steht unstreitig fest, dass der Beklagte in dem vorangegangenen Strafverfahren gemäß § 315 c StGB im Strafbefehlswege verurteilt worden ist. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, dass dem Beklagten lediglich ein fahrlässiger Verstoß vorgeworfen worden ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Obliegenheitsverletzung im vorliegenden Fall über einen längeren Zeitraum andauerte. Schließlich ist der Grad der Alkoholisierung von 0,7 Promille zu berücksichtigen, der im mittleren Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit einzuordnen ist. Umstände, die vorliegend das Verschulden des Beklagten in einem milderen Licht erscheinen lassen, vermag das Gericht nur insofern anzunehmen, als der Beklagte noch versucht hat, den Unfall zu vermeiden, dies ihm jedoch aufgrund objektiver Umstände, nämlich einer winterglatten abschüssigen Fahrbahn, nicht gelungen ist.

Haftungsverteilung von 50% bei unaufklärbarem Unfallhergang im Falle von feindlichem Grün
OLG Frankfurt am Main
Es ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls, ob durch die Aussage eines einzelnen Zeugen, der dazu noch Beifahrer ist, die Überzeugung des Richters von der Richtigkeit seiner Aussage erreicht wird. Auch wenn sich ein Zeuge ganz sicher ist (hier: dass der Fahrer an der roten Ampel angehalten hat und dann losgefahren ist), Fehler in seiner Wahrnehmung bei der Vernehmung nicht erkennbar waren, und wenn die Aussage auch sonst keine Anhaltspunkte zeigt, die für eine Beeinflussung des Zeugen durch andere Faktoren sprechen könnten, und wenn der Zeuge offensichtlich auch einen glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, so reicht dies nicht aus, um die Voraussetzungen zu erfüllen, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Würdigung von Zeugenaussagen gefordert werden. Es kann sich eine Haftungsverteilung von 50% zwingend ergeben, wenn bei feindlichem Grün der Unfallhergang nicht aufklärbar ist.

Verbraucherinsolvenzschuldner kann Schadenersatzansprüche aus Verkehrsunfall nach Freigabe durch den Treuhänder einklagen
OLG Celle
Ein als Beifahrer bei einem Verkehrsunfall Geschädigter, über dessen Vermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet wurde, kann grundsätzlich Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung seiner Ersatzansprüche verlangen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Treuhänderin die Rechte des Schuldners aus dem Verkehrsunfall zum weiteren Einzug aus der Insolvenzmasse "freigegeben hat" und die Klage Aussicht auf Erfolg bietet. Davon ist auszugehen, wenn der Schädiger, der den Mitverschuldenseinwand unterlassener Anlegung des Sicherheitsgurts erhebt, weder beweisen kann, dass der Geschädigte zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens vorschriftswidrig nicht angeschnallt war noch dass der Verletzte bestimmte bei dem Unfall davongetragene Verletzungen nicht erlitten hätte, wenn er angeschnallt gewesen wäre. Ein Anscheinsbeweis kommt ihm dabei nur zugute, wenn und soweit er einen für die Gurtpflichtverletzung und deren Ursächlichkeit für die konkreten streitgegenständlichen Verletzungen typischen Unfallverlauf darlegt und gegebenenfalls beweist.

Linksabbieger kann bei Kollision mit einem überholenden Fahrzeug allein haften
OLG München
Kommt es zu einer Kollision eines überholenden mit einem nach links abbiegenden Fahrzeugs, so haftet der Linksabbieger allein, wenn er unter Missachtung der doppelten Rückschaupflicht nur kurz vor Einleitung des Linksabbiegevorgangs den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt und alsdann unter Querung der Fahrlinie des überholenden Fahrzeugs abgebogen ist. Eine unklare Verkehrslage liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umstände nicht zu beurteilen ist. Bei einer Verlangsamung der Geschwindigkeit des Vorausfahrenden kommt es auf die konkrete Verkehrssituation und die Örtlichkeit an. Wenn diese geeignet sind, Zweifel über die beabsichtigte Fahrweise des Vorausfahrenden aufkommen zu lassen, kommt eine unklare Verkehrslage in Betracht.

Erstattung tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer auf Reparaturkostenbasis wegen eines Verkehrsunfalls
LG Koblenz
Nach dem BGB kann bei der Beschädigung einer Sache die Umsatzsteuer nur dann ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung auch tatsächlich anfällt, d. h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Hat der Geschädigte eines Verkehrsunfall das beschädigte Fahrzeug nicht reparieren lassen, sondern ein Ersatzfahrzeug zuzüglich Mehrwertsteuer erworben, so kann dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer zustehen, begrenzt auf die Mehrwertsteuer, die bei einer Reparatur angefallen wäre. Es kommt für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes angefallen ist, nicht aber, welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat.

Leistungskürzung in der Diebstahlversicherung: Grob fahrlässiges Verhalten eines Angestellten eines Kraftfahrzeughändlers durch Überlassung des Fahrzeugschlüssels an einen Kaufinteressenten
LG Neubrandenburg
Der Angestellte eines Kraftfahrzeughändlers handelt grob fahrlässig, wenn er einem Kaufinteressenten vorübergehend unbeaufsichtigt den Fahrzeugschlüssel für das besichtigte Fahrzeug überlässt und der Kaufinteressent das Fahrzeug durch Austausch des Fahrzeugschlüssels später entwenden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Firmeninhaber zuvor durch eine polizeiliche Warnmeldung über vergleichbare Fälle informiert worden war. Der Versicherer ist in diesem Fall zur Vornahme einer vollständigen Leistungskürzung berechtigt.

Abtretung eines Ersatzanspruchs an den Autovermieter
BGH
Zur Wirksamkeit der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Mietwagenkosten an den Autovermieter, wenn die Abtretung vor und die Rechtsdienstleistung nach Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes erfolgt.

Motorradfahrer kann bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein hälftiges Mitverschulden für die Kollision treffen
OLG Köln
Wenn es zu einer Kollision eines von einem Parkplatz auf die Fahrbahn einbiegenden Pkw mit einem die wegen Dreharbeiten zu einem Film reduzierte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 30-35 km/h überschreitenden Motorradfahrer kommt, ist eine hälftige Schadensteilung angemessen. Wenn der klagende Motorradfahrer selbst einräumt, schneller als 30 km/h, nämlich 50 km/h bis 65 km/h gefahren zu sein, steht fest, dass er schuldhaft gegen das Streckenverbot verstoßen hat.

Unfallbedingter Mietwagenkostenersatz umfasst bei absehbarer Reparatur keinen Anspruch auf ein Navigationssystem
LG Dortmund
Im Rahmen der Regulierung eines Verkehrsunfalls hat der geschädigte Autovermieter aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Versicherer des Schädigers nach Maßgabe der Schwacke-Liste. In diesem Zusammenhang besteht jedoch kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für ein Navigationssystem, soweit die Reparaturdauer absehbar ist. In diesem Fall kann einem Geschädigten die Nutzung eines Straßenatlasses zugemutet werden. Dagegen umfasst der Schadensersatzanspruch auch die Ausstattung mit Winterreifen, da das Gesetz unabhängig von der Jahreszeit eine dauerhafte Ausstattung mit Winterreifen in einem festen Zeitraum nicht vorschreibt.

Eigentümer eines drei Jahre alten, beschädigten Kraftfahrzeugs muss günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit in Anspruch nehmen
LG Hagen
Bei Beschädigung eines Kraftfahrzeugs muss sich der Geschädigte hinsichtlich des Schadensersatzes im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht auf eine ohne Weiteres zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Etwas anderes gilt nur bei Fahrzeugen bis zu einem Alter von drei Jahren sowie "scheckheftgepflegten" Fahrzeugen, da eine außerhalb von Vertragswerkstätten in Anspruch genommene Reparaturmöglichkeit zum Verlust der Gewährleistungsrechte führen kann beziehungsweise eine Unterbrechung regelmäßiger markengebundener Werkstattpflege unzumutbar ist. Soweit eine günstigere Werkstatt in Anspruch genommen werden muss kann der Geschädigte dagegen nicht verlangen, dass der konkrete Kfz- Meister und seine Erfahrungen mit der Reparatur betreffender Fahrzeuge benannt beziehungsweise eine Teileliste oder eine Bezugsliste über die Herkunft der zu verwendenden Ersatzteile vorgelegt werden.

Sturz eines Motorradfahrers auf Rollsplitt in der Regel kein unabwendbares Ereignis
OLG München
Der Begriff des "unabwendbaren Ereignisses" im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG meint nicht die absolute Unvermeidbarkeit eines Unfalls für einen "Superfahrer". Ein unabwendbares Ereignis setzt vielmehr voraus, dass ein schadensstiftendes Ereignis auch bei äußerster möglicher Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Hierzu gehört ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über dem Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hinaus. Der Sturz eines Motorradfahrers auf Rollsplitt ist in aller Regel kein unabwendbares Ereignis, da ein Fahrer den Splitt bei entsprechend erhöhter Aufmerksamkeit bemerkt, seine Geschwindigkeit drosselt und entsprechend langsam um die Kurve fährt.

Anscheinsbeweis gegen Auffahrenden auch dann, wenn das andere Kfz auf einer Rampe etwas zurückgerollt ist
OLG München
Bei einem Auffahrunfall trägt der Auffahrende auch dann den Schaden allein, wenn das Fahrzeug, auf das er aufgefahren ist, zuvor auf einer Rampe ein Stück zurückgerollt ist. Der Auffahrende kann in einem solchen Fall den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis nicht entkräften.

Bei Schadensregulierung eines Verkehrsunfalls kann der Geschädigte Verrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen
AG Düsseldorf
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann mit Blick auf die fiktive Abrechnung der Reparaturkosten für sein beschädigtes Fahrzeug grundsätzlich auch die üblichen Verrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen. Dies entspricht dem Grundsatz, dass die Schadensregulierung nur so erfolgen darf, wie dies ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer für erforderlich halten darf. Ein wirtschaftlich denkender Mensch hat nicht nur ein Interesse an einer gleichwertig hohen Reparaturleistung, sondern auch ein schützenwertes Interesse daran, dass ihm durch die Schadenbehebung in einer freien Werkstatt kein wie auch immer gearteter wirtschaftlicher Wertverlust entsteht. Denn unabhängig von der objektiven Nachvollziehbarkeit wird landläufiger Ansicht zufolge der Reparatur in einer Markenwerkstatt eine höhere Qualität zugemessen als einer Reparatur in einer freien Werkstatt. Dies kann bei einer eventuellen Weiterveräußerung des Fahrzeugs eine erhebliche Rolle hinsichtlich des erzielbaren Erlöses spielen.

Versicherungsvertrag über vorläufige Deckung kommt mit dem zustande, der als Versicherungsnehmer eingetragen ist
LG Heidelberg
Ein vertraglicher Anspruch der Versicherungsgesellschaft auf Zahlung der Versicherungsprämie auf Grund einer vorläufigen Deckungszusage für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung besteht nicht ohne weiteres gegen denjenigen, der die Zulassung des Fahrzeugs als Fahrzeughalter erwirkt hat. Entscheidend ist, welche Person in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung als Versicherungsnehmer eingetragen ist. Nur mit dieser Person kommt ein Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung zustande. Die Konstruktion des Vertragsabschlusses bei Verwendung einer Versicherungsdoppelkarte oder neuerdings einer elektronischen Versicherungsbestätigung ist derart gestaltet, dass in der Versicherungsdoppelkarte bereits die Willenserklärung des Versicherers auf Abschluss einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung durch den zukünftigen Versicherungsnehmer zu sehen ist. Durch die Verwendung der Versicherungsdoppelkarte bei der Zulassung des Fahrzeugs nimmt der Verwender, sei es der Halter des Fahrzeuges oder ein Dritter, dieses Vertragsangebot des Versicherers an.

Mieter eines LKW haftet gegenüber dem Autovermieter nicht notwendigerweise für Beschädigung des Fahrzeugs
LG München I
Ein gewerblicher Autovermieter kann vom Mieter nicht Schadensersatz mit der Begründung verlangen, dass der Mieter das Fahrzeug beim Gebrauch beschädigt habe, wenn sich der Autovermieter auf die grobfahrlässige Herbeiführung des Unfalls nicht berufen kann, da er den Mieter entsprechend den Grundsätzen der Kaskoversicherung - wie sie am Markt üblich sind - freizustellen hat. Der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen, der den Mieter gegen Zahlung eines Entgeldes nach Art einer Versicherungsprämie bei Unfallschäden Haftungsfreistellung verspricht, ist gehalten, diese Haftungsbefreiung nach dem Leitbild der Kaskoversicherung auszugestalten. Nur dann genügt er seiner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner allgemeinen Geschäftsbedingung die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Vermieter verpflichtet, den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung freizustellen. Ein gewerblicher Vermieter von Kraftfahrzeugen, der seinem Mieter eine Voll-/Teilkasko im Mietvertrag anbietet, ist verpflichtet, dies zu den marktüblichen Bedingungen zu tun oder, falls er von den üblichen Bedingungen abweichen will, den Mieter auf die Abweichungen hinzuweisen.

Unfallflucht des Versicherungsnehmers kann zum Verlust seines Kfz-Vollkaskoschutzes führen
OLG Naumburg
Verlässt der Versicherungsnehmer entgegen seiner Aufklärungsobliegenheit nach dem Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2008) unerlaubt den Unfallort, geht dies regelmäßig mit konkreten Feststellungsnachteilen für den Versicherer einher, die einen Kausalitätsgegennachweis unmöglich machen und damit zum Verlust des Vollkaskoschutzes führen. Bereits das unerlaubte Entfernen des Versicherungsnehmers als angeblichen Fahrers von der Unfallstelle kann daher zu konkreten Feststellungsnachteilen für den Versicherer führen, die sich auch durch spätere Angaben des Versicherten nicht mehr kompensieren lassen.

Deckungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung bei reparaturbedingtem Starten des Motors eines Kfz durch einen Dritten
OLG Saarbrücken
Startet ein gefälligkeitshalber eine technische Überprüfung eines Kraftfahrzeugs vornehmender Dritter den Motor von außen, und setzt sich das Kraftfahrzeug daraufhin in Bewegung und wird beschädigt, so besteht Deckung in der privaten Haftpflichtversicherung des Dritten.

Leistungsfreiheit bei Falschbeantwortung in der Schadensanzeige
OLG Naumburg
Beantwortet der Versicherungsnehmer nach einem behaupteten Diebstahl seines PKW gegenüber dem Kaskoversicherer in der Schadensanzeige auf die Frage nach einer Unfallbeteiligung seines Fahrzeugs trotz zwei nur wenige Monate zurückliegender Unfälle mit erheblichem Sachschaden wahrheitswidrig mit Nein und streicht weitere Detailfragen zu Vorschäden durch mit dem Vermerk entfällt, liegt arglistiges Handeln nahe.

Keine Haftung bei Umkippen eines geparkten Motorrads gegen einen geparkten Pkw
LG Düsseldorf
Es ist schon zweifelhaft, auf Parkplätzen abgestellten Kraftfahrzeugen noch eine die Gefährdungshaftung begründende Betriebsgefahr zuzurechnen anstatt ihre Betriebsruhe anzunehmen. Wenn ein auf einem Parkplatz abgestelltes Motorrad aus unbekannten Gründen umgefallen ist und dabei einen Pkw beschädigt hat, hat sich jedenfalls grundsätzlich nicht die dem Motorrad innewohnende Betriebsgefahr verwirklicht. Denn nicht jedes Schadensereignis, an dem ein im öffentlich zugänglichen Verkehrsraum abgestelltes Fahrzeug beteiligt ist, führt zu einer Haftung des Fahrzeughalters. Hinzukommen muss, dass sich die von dem jeweiligen Fahrzeug ausgehende Gefahr (die Betriebsgefahr) ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Fahrzeug mitgeprägt worden ist. Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr ist es erforderlich, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat.

Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens kann nach einem Verkehrsunfall geboten sein
OLG Naumburg
Wenn ein Sozialversicherungsträger einen auf ihn übergegangenen Schadensersatzanspruch gegen den Kraftzeughaftpflichtversicherer geltend macht, rechtfertigt allein die Weigerung des Geschädigten, an einer ärztlichen Untersuchung mitzuwirken, noch nicht, von der beantragten Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens abzusehen. Es kann zum einen verfahrensfehlerhaft sein, wenn das Gericht allein wegen der Verweigerung des Zeugen, an einer ärztlichen Untersuchung mitzuwirken, von einer Beweiserhebung absieht. Zum anderen kann die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens auch eine derart zentrale und entscheidungserhebliche Frage des Rechtsstreits betreffen, dass es sich selbst nach entsprechender Prüfung - in Konsequenz einer ansonsten damit verbundenen Verletzung des rechtlichen Gehörs - als ermessensfehlerhaft darstellen würde, dem Sozialversicherungsträger eine solche Beweisaufnahme zu verweigern.

Linksabbieger haftet nach Zusammenstoß infolge des Herausragens seines Fahrzeughecks beim Abbiegevorgang auf einen Parkplatz alleine
AG Düsseldorf
Grundsätzlich spricht beim Linksabbiegen in eine Grundstückseinfahrt im Fall eines Unfalls mit dem Gegenverkehr ein Anscheinsbeweis gegen den Abbiegenden, dass dieser seine Sorgfaltspflichten missachtet hat. Der Abbiegende haftet dann in der Regel allein. Dies gilt insbesondere, wenn er sich nicht so verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Davon kann ausgegangen werden, wenn keine besonderen Gründe für ein Anhalten während des Abbiegevorgangs ersichtlich sind und das Fahrzeugheck bei winterlichen Straßenverhältnissen so weit in die Straße hineinragt, dass der fließende Verkehr einen Zusammenstoß nur schwerlich vermeiden kann.

Kfz-Kaskoversicherer wird bei arglistigem Verschweigen von Vorschäden durch den Versicherungsnehmer leistungsfrei
OLG Naumburg
Wenn der Versicherungsnehmer nach einem behaupteten Diebstahl seines PKW gegenüber dem Kaskoversicherer in der Schadensanzeige auf die Frage nach einer Unfallbeteiligung seines Fahrzeugs trotz zwei nur wenige Monate zurückliegender Unfälle mit erheblichem Sachschaden wahrheitswidrig mit Nein beantwortet und weitere Detailfragen zu Vorschäden mit dem Vermerk: "entfällt" durchstreicht, liegt arglistiges Handeln nahe. Bei einem solchen arglistigen Verschweigens von Vorschäden am Fahrzeug kann sich der Versicherer auf Leistungsfreiheit berufen. Denn nach dem VVG verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, wenn er eine von ihm zu erfüllende vertragliche Obliegenheit vorsätzlich verletzt. Geschieht dies arglistig, kommt es auf eine Ursächlichkeit der Obliegenheitsverletzung für den Versicherungsfall nicht mehr an.

Gezielt angebrachte Löcher in der Karosserie eines Fahrzeugs stellen keine mut- oder böswilligen Handlungen im Sinne der AKB 08 dar
OLG Köln
1. Der Entschädigungsanspruch nach Nr. A.2.3.3 AKB 08 setzt voraus, dass es sich um eine Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen von Personen handelt, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrachen. Diese Voraussetzungen hat der Versicherungsnehmer zu beweisen.
2. Ist aus der Art der Schäden (hier: gezielte Anbringung von Löchern in der Karosserie) zu schließen, dass sie nicht durch Mut- oder Böswilligkeit geprägt waren, ist der Beweis nicht geführt.

Haftpflichtversicherer darf Geschädigten auf preisgünstigere Angebote eines mit ihm zusammenarbeitenden überörtlich tätigen Autovermieters hinweisen
BGH
Ein Unfallhaftplichtversicherer ist regelmäßig nicht gehindert, einen Unfallgegner, der ein Ersatzfahrzeug bei einem örtlichen Autovermieter angemietet hat oder anmieten möchte, auf das preisgünstigere Angebot eines mit ihm zusammenarbeitenden überörtlich tätigen Autovermieters hinzuweisen.

Volle Haftung für Anfahren einer auf der Fahrbahn befindlichen Fußgängerin, die in ihr am Straßenrand geparktes Auto einsteigen will
OLG Karlsruhe
1. Streift ein Pkw im Vorbeifahren eine im rechten Bereich auf der Fahrbahn befindliche Fußgängerin, die sich anschickt, in ihr geparktes Fahrzeug einzusteigen, kommt eine Haftung des Pkw-Fahrers zu 100% in Betracht, wenn ein schuldhafter Verkehrsverstoß der Fußgängerin nicht nachweisbar ist.
2. Der Fußgängerin fällt kein Verschulden zur Last, wenn sie dicht neben der geschlossenen Fahrertür ihres geparkten Fahrzeugs steht, und wenn sie - wegen einer unübersichtlichen Kurve - beim Betreten der Fahrbahn den später vorbeifahrenden Pkw noch nicht erkennen konnte.
3. Vorausgegangene Verkehrsverstöße der Fußgängerin beim Abstellen ihres Fahrzeugs spielen für die Haftungsquote keine Rolle, wenn der Schutz von vorbeifahrenden Fahrzeugen nicht zum Schutzbereich der verletzten Normen gehört (hier: verbotenes Parken auf dem Gehweg und verbotenes Parken auf einem Schutzstreifen für den Radverkehr).

Ein querender Fußgänger genießt auch außerhalb förmlicher Fußgängerüberwege Vorrang vor Kraftfahrzeugen
OLG Hamm
Kollidiert eine Fußgängerin beim Versuch, eine nicht durch Verkehrszeichen geregelte Straßeneinmündung zu überqueren mit einem herannahenden Kraftfahrzeug und erleidet eine Trümmerfraktur des außenseitigen Schienbeinkopfs, hat sie regelmäßig einen Anspruch auf Schadensersatz. Denn gemäß § 9 Abs. 3 S. 3 StVO muss der abbiegende Fahrzeugführer auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und gegebenenfalls sogar warten. Die Vorschrift begünstigt den entgegenkommenden oder gleichgerichteten Längsverkehr und räumt dem eine Straßeneinmündung querenden Fußgänger auch außerhalb förmlicher Fußgängerüberwege generell eine vorrangähnliche Stellung ein. Diese Pflicht besteht nicht nur gegenüber Fußgängern, die schon sichtbar sind, sondern auch dann, wenn mit solchen Fußgängern gerechnet werden muss.

Unaufklärbarkeit einer Kollision von zwei Fahrzeugen führt zur hälftigen Haftung der Beteiligten
AG Düsseldorf
Steht bei einem Verkehrsunfall mit zwei beteiligten Fahrzeugen nicht fest, ob die schadensträchtige Kollision durch Auffahren oder Rückwärtsfahren der anderen Partei herbeigeführt wurde, ist eine hälftige Haftungsverteilung angemessen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die jeweilige Schilderung des Unfallhergangs seitens der Beteiligten mit dem Spurenbild zu vereinbaren ist.

Umfang der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers in der Fahrzeugversicherung
OLG Naumburg
Der Inhalt der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers in der Fahrzeugversicherung bzw. des Mieters eines Kfz ist durch den Schutzzweck des § 142 StGB, der primär dem Interesse des durch den Unfallgeschädigten, in zweiter Linie aber auch dem Aufklärungsinteresse des Versicherers dient, insoweit begrenzt, als bei einem fehlenden Verstoß gegen § 142 StGB auch keine entsprechende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gegeben ist.

Ein „umfriedeter Abstellplatz" setzt nicht ein nur mit großem Aufwand überwindbares körperliches Hindernis voraus
OLG Karlsruhe
1. Der Annahme eines „umfriedeten Abstellplatzes" im Sinne der AKB 08 stehen unverschlossene Türen und Tore sowie niedrige Einfriedungen nicht entgegen. Es ist nicht erforderlich, dass Dritte sich über das körperliche Hindernis nur mit großem Aufwand hinwegsetzen können.
2. Ein Obliegenheitsverstoß ist nicht kausal für den Eintritt des Versicherungsfalls, wenn der Versicherungsfall bei Erfüllung der Obliegenheit ebenfalls eingetreten wäre. Standen dem Versicherungsnehmer mehrere Alternativen zur Erfüllung einer gefahrmindernden Obliegenheit zu Gebote, so entfällt die Kausalität, wenn die Wahl irgendeiner der Alternativen den Eintritt des Versicherungsfalls nicht vermieden hätte.

„Rechts vor links" bei Aufeinandertreffen eines gemeinsamen Geh- und Radwegs und einer Straße
OLG Karlsruhe
1. Treffen ein gemeinsamer Geh- und Radweg und eine ohne Beschränkung mit dem Fahrzeugverkehr gewidmete Straße aufeinander, handelt es sich um eine Kreuzung i.S.d. § 8 Abs. 1 StVO, an der „rechts vor links" gilt.
2. Ein Vorfahrtberechtigter darf grundsätzlich auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht ausnahmslos; er darf sich dann nicht auf die Beachtung seiner Vorfahrt verlassen, wenn konkrete Umstände Anlass zu der Befürchtung geben, ein anderer Verkehrsteilnehmer werde die Vorfahrt verletzen. Solche Umstände können auch in den örtlichen Verhältnissen einer Einmündung liegen, wenn nämlich die vom Vorfahrtberechtigten befahrene Straße in eine Querstraße einmündet, ohne sich jenseits der Einmündung fortzusetzen (sogenannte T-Einmündung), und seine Straße für den Wartepflichtigen nicht oder nicht voll einsehbar ist.

 

Nach einem Verkehrunfall kommt es schadensrechtlich auf den konkreten Verdienstausfall (hier: eines Bauingenieurs) an
LG Hannover
In Bezug auf den Verdienstausfall eines am Berufsanfang stehenden selbständigen Architekten oder Ingenieurs, der trotz unfallbedingter vollständiger Arbeitsunfähigkeit als Architekt in dem angestammten Berufsfeld teilweise weitergearbeitet hat, kann bei der Ermittlung seines Verdienstausfallschadens nach einem Verkehrsunfall ein Abschlag vorzunehmen sein. Für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit eines Architekten oder Ingenieurs sind die Leistungsbilder der HOAI ohne weiteres kein Maßstab, um feststellen zu können, welche beruflichen Tätigkeiten der betroffene Bauingenieur tatsächlich zu erfüllen hat. Denn was ein Architekt oder Ingenieur vertraglich schuldet und damit als Auftragnehmer jeweils zu leisten hat, ergibt sich aus den geschlossenen Verträgen, in der Regel also aus dem Recht des Werkvertrags. Für die Berechnung des Verdienstausfalls eines Architekten oder Ingenieurs kommt es nicht darauf an, wie hoch der durchschnittliche Verdienst in der betr. Berufsgruppe in Deutschland war. Maßgeblich ist der konkrete Verdienstausfall in dem Büro des verletzen Architekten oder Ingenieurs.

Anspruch auf Zahlung der Versicherungsprämie nach vorläufiger Deckungszusage
LG Heidelberg
Ein vertraglicher Anspruch der Versicherungsgesellschaft auf Zahlung der Versicherungsprämie auf Grund einer vorläufigen Deckungszusage für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung besteht nicht ohne weiteres gegen denjenigen, der die Zulassung des Fahrzeugs als Fahrzeughalter erwirkt hat. Maßgeblich ist, welche Person in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung als Versicherungsnehmer eingetragen ist. Nur mit dieser Person kommt ein Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung zustande. Ist in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung eine vom Fahrzeughalter unterschiedliche Person als Versicherungsnehmer eingetragen, so besteht gegen den Fahrzeughalter auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Ersatz für den Wert des ihm gewährten vorläufigen Versicherungsschutzes.

Kein Versicherungsschutz für den durch ein Falschbetanken des PKW eines Dritten entstandenen Schadens
KG
1. Das Befüllen eines Fahrzeugs mit den für die Fahrt notwendigen Betriebsmitteln gehört zu den Bedienvorgängen (vgl. BGH VersR 2003, 1731). Wer ein Fahrzeug bestimmungsgemäß - wenn auch fehlerhaft - bedient, gebraucht das Fahrzeug. Wird das Fahrzeug dadurch beschädigt, ist dieser Schaden durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht.
2. Dem steht nicht entgegen, dass sich nicht das Unfallrisiko oder die Gefährlichkeit des Treibstoffs verwirklicht hat, sondern ein allgemeines Lebensrisiko, das sich auch sonst bei der fehlerhaften Bedienung von Sachen verwirklichen kann. Denn das allgemeine Lebensrisiko ist kein dem jeweiligen Gebrauchsrisiko der genannten Sachen gegenüberstehender anderer Gefahrenbereich. Vielmehr verwirklicht sich das allgemeine Lebensrisiko, das in dem Unvermögen eines Menschen besteht, immer aufmerksam zu sein, für den Nutzer der Sachen bei einem Schadensfall zugleich mit dem Risiko, das dem Gebrauch der jeweiligen Sache inne wohnt.

Bandscheibevorfall durch Umdrehen nach einem verkehrsunfallgeschädigten Fahrzeug ist nicht durch den Unfall eingetreten
OLG Stuttgart
Tritt ein Personenschaden dadurch ein, dass in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage ein weiterer Umstand hinzukommt und sich die Gefahr dadurch realisiert, so haftet der Schädiger grundsätzlich für den auf diesem Wege mittelbar verursachten Schaden. Die Ersatzpflicht setzt jedoch voraus, dass sich eine Gefahr realisiert hat, die die vom Schädiger übertretene Verhaltensnorm vermeiden sollte. Daran fehlt es, wenn die Gefahr nicht über das hinausgeht, was im täglichen Zusammenleben ohnehin unter Billigung der Rechtsordnung an Gefahren hingenommen werden muss. Wird der Eigentümer und Halter eines Kraftfahrzeugs von einem Dritten darauf hingewiesen, dass sein geparktes Fahrzeug soeben beschädigt worden ist und dreht sich der Kfz-Halter so ruckartig um, dass er dadurch einen Bandscheibenvorfall erleidet, so ist dieser Schaden nicht aufgrund des Verkehrsunfalls ersatzfähig, weil er nicht in den Schutzbereich der Norm fällt.

Kein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens bei nur geringer Minderung der Erwerbsfähigkeit (hier: 20%)
LG Koblenz
1. Zwar ist Voraussetzung eines Haushaltsführungsschadens stets, dass die Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt konkret spürbar beeinträchtigt war. Ein solcher Anspruch scheidet jedoch aus, wenn zum Einen eine vorübergehende Beeinträchtigung im Haushalt kompensiert werden kann und wenn eine dauernde Beeinträchtigung als schadensrechtlich unwesentlich einzustufen ist. Es ist insofern zwar nicht grundsätzlich auf die Einstufung der Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen. Ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit jedoch geringgradig, so stellt sich die Beeinträchtigung als schadensrechtlich unwesentlich dar und führt im Ergebnis dazu, dass ein Haushaltsführungsschaden nicht geltend gemacht werden kann, weil die Einschränkung in der Haushaltsführung kompensierbar ist (vgl. OLG Rostock, ZfS 2003, 233; KG, VersR 2005, 237; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage 2011, Rn. 144).
2. Eine unfallbedingte MdE von 20 % führt nach diesen Grundsätzen zu keinem Haushaltsführungsschaden.

Versicherer darf auf das Angebot eines überörtlich tätigen Autovermieters hinweisen
BGH
Ein Hinweis des Unfallhaftpflichtversicherers auf die Möglichkeit der Anmietung eines kostengünstigeren Ersatzfahrzeugs ist immer dann als zulässig anzusehen, wenn berechtigte gegenläufige Interessen des Geschädigten dadurch nicht berührt werden. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Versicherer den Geschädigten, der ein Ersatzfahrzeug bei einem örtlichen Autovermieter angemietet hat oder anmieten möchte, auf das Angebot eines überörtlich tätigen Autovermieters hinweist, der mit dem Versicherer zusammenarbeitet.

Pannenhilfe, Haftungsprivilegierung des Helfers
OLG Düsseldorf
Verursacht ein Pannenhelfer einen Personenschaden und wird dieser deshalb von demjenigen, dem er helfen wollte, auf Schadenersatz in Anspruch genommen, so kommt ihm die Haftungsprivilegierung des § SGBVII § 105 SGB VII zugute. *

Voraussetzungen für den Vorrang eines Kreuzungsräumers ergeben sich aus § 11 Abs. 3 StVO
KG
Der Vorrang des Kreuzungsräumers bzw. -nachzüglers leitet sich (nur) aus § 11 Abs. 3 StVO ab, weshalb für den Vorfahrtsberechtigten im Hinblick auf den Kreuzungsräumer eine besondere Verkehrslage erkennbar sein muss und der Kreuzungsräumer sich über den Vorfahrtsverzicht des Berechtigten mit diesem verständigen muss.

Das Zurückschieben des Fahrersitzes ist Fahrzeuggebrauch
Amtsgericht München
1. Der Begriff „durch den Gebrauch des Fahrzeugs" schließt den Betrieb des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 7 StVG ein und ist weit auszulegen (BGH NJW 2005, 2081).
2. Hiervon umfasst sind deshalb auch Schäden, die nicht den Risiken des Straßenverkehrs zuzuordnen sind. Voraussetzung ist nur, dass ein adäquater Ursachenzusammenhang zwischen Schadeneintritt und Gebrauch des Fahrzeuges besteht. D. h., das Fahrzeug muss im Zusammenhang mit der schadensstiftenden Handlung zeit- und ortsnah eingesetzt gewesen sein und nach dem Sinn der Klausel muss sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist.
3. Bei der Auslegung der Ausschlussklausel ist zwar auch zu berücksichtigen, ob bei ihrer Anwendung eine Deckungslücke entstünde, die ein verständiger Versicherungsnehmer bei gebotener Aufmerksamkeit und Überlegung nicht erwartet. Aus der Versagung des Versicherungsschutzes im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass der Schaden in den Bereich der Privathaftpflichtversicherung fällt, nur weil sonst eine Deckungslücke bestehen würde. Der Gedanke der Lückenlosigkeit des Versicherungsschutzes würde missverstanden, wenn ein der Kfz-Haftpflichtversicherung zuzuordnendes, dort aber ausgeschlossenes Risiko deshalb als von der Privathaftpflichtversicherung gedeckt angesehen würde, weil nach der Kfz-Haftpflichtversicherung Deckungsschutz nicht zu erreichen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2010 - 4 U 191/09; BGH r+s 1992, 46).
4. Unter Berücksichtigung dieser Abgrenzungskriterien können auch Vorgänge, die konkret erst der Vorbereitung des In-Gang-Setzens des Kraftfahrzeugs dienen, ein Gebrauch des Fahrzeugs sein, jedenfalls dann, wenn sich dabei die besonderen Gefahren des Fahrzeuges auswirken.
5. Im vorliegenden Fall diente das Zurückstellen des Fahrersitzes durch den Kläger der Vorbereitung des anschließenden Losfahrens mit dem Fahrzeug. Das Verstellen des Sitzes diente damit dem Gebrauch des Fahrzeuges, so dass ein adäquater Zusammenhang zwischen Schadeneintritt und Gebrauch anzunehmen ist. Dies ist vergleichbar mit der Rechtsprechung, wonach auch das Beladen und Entladen noch zum „Gebrauch" eines Kfz gehört (OLG Köln, VersR 1970, 415; OLG Nürnberg, VersR 1982, 1092).

Auch bei der Entwendung von Fahrzeugteilen reicht der Beweis des äußeren Bildes
OLG Hamm
Die Beweiserleichterung, wonach in der Fahrzeugversicherung das so genannte äußere Bild eines Diebstahls regelmäßig dann gegeben ist, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfindet, gilt entsprechend für die Entwendung von Teilen eines abgestellten Fahrzeugs. Der Versicherungsnehmer muss beweisen, dass das Fahrzeug unbeschädigt abgestellt und beschädigt wieder aufgefunden wurde. Das Auffinden des Fahrzeugs mit Aufbruchspuren (hier: eine eingeschlagene Seitenscheibe) für sich alleine begründet allerdings noch nicht das äußere Bild der Entwendung, weil solche Beschädigungen auch bei einem vorgetäuschten Diebstahl vorhanden sein können.

Sorgfaltsanforderungen gegenüber fahrenden Fahrzeugen beim Einsteigen in ein geparktes Kfz
OLG Karlsruhe
1. Streift ein PKW im Vorbeifahren eine im rechten Bereich auf der Fahrbahn befindliche Fußgängerin, die sich anschickt, in ihr geparktes Fahrzeug einzusteigen, kommt eine Haftung des PKW-Fahrers zu 100 % in Betracht, wenn ein schuldhafter Verkehrsverstoß der Fußgängerin nicht nachweisbar ist.
2. Der Fußgängerin fällt kein Verschulden zur Last, wenn sie dicht neben der geschlossenen Fahrertür ihres geparkten Fahrzeugs steht und wenn sie - wegen einer unübersichtlichen Kurve - beim Betreten der Fahrbahn den später vorbeifahrenden PKW noch nicht erkennen konnte.
3. Vorausgegangene Verkehrsverstöße der Fußgängerin beim Abstellen ihres Fahrzeugs spielen für die Haftungsquote keine Rolle, wenn der Schutz von vorbeifahrenden Fahrzeugen nicht zum Schutzbereich der verletzten Normen gehört (hier: verbotenes Parken auf dem Gehweg und verbotenes Parken auf einem Schutzstreifen für den Radverkehr.

 

Abgrenzung von unfallbedingten Verletzungen und Schäden aus Begehrensneurose
BGH
Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind.

Verdrängung des Mitverschuldens des nicht angeschnallten Verletzten durch grob verkehrswidriges Verhalten des Unfallverursachers
LG Saarbrücken
Zwar fällt dem Insassen eines Pkw, der den Sicherheitsgurt nicht anlegt, grundsätzlich ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) an seinen infolge der Nichtanlegung des Gurtes erlittenen Unfallverletzungen zur Last. Das Mitverschulden kann aber durch das grob verkehrswidrige Verhalten des Unfallverursachers verdrängt werden. Dies ist der Fall, wenn der Fahrzeugführer sich bei einer Geschwindigkeit von etwa 60-70 km/h zu seiner Beifahrerin hinüber beugt, um diese zu küssen, dabei auf die Gegenfahrbahn gerät und dort frontal mit dem entgegenkommenden Fahrzeug zusammenstößt (wobei eine nicht angeschnallte schwangere Frau getötet wird), nachdem er bereits kurz zuvor wegen desselben Verhaltens auf die Gegenfahrbahn geraten war und ein entgegenkommendes Fahrzeug nur durch Ausweichen einem Zusammenstoß entgehen konnte.(Rn.53)

Regress des Fahrzeughaftpflichtversicherers nach Unfallflucht des Versicherungsnehmers (hier: trotz hinterlassener Visitenkarte am Scheibenwischer)
AG Koblenz
1. Der Beklagte hat die durch Nummer E.1.3 AKB 2008 aufgegebene Pflicht im Schadensfall verletzt, den Unfallort nicht zu verlassen. Hierin ist eine Obliegenheitsverletzung gemäß § 28 Abs. 2 VVG zu sehe. Der Beklagte war bei einem Schaden in der Größe des hier in Rede stehenden Unfalls über 1.600,00 € verpflichtet, am Unfallort zu verbleiben. Die Wartezeit bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Umstände richten sich nach der Art des Schadens. Entgegen weitverbreiteter Ansicht reicht das Hinterlassen einer Nachricht, etwa einer Visitenkarte, nicht aus, um ein vorzeitiges Verlassen zu entschuldigen.
2. Der Beklagte hat durchaus auch vorsätzlich gehandelt. Vorsatz erfordert das Wollen der Obliegenheitsverletzung und Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm und umfasst bedingten Vorsatz, der gegeben ist, wenn der Versicherungsnehmer bzw. der Versicherte die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.
3. Nach Bewertung des Gerichts spricht alles dafür, dass diese Verletzung der Obliegenheit für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls bzw. für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Klägerin ursächlich war. So ist durch die Verkehrsunfallflucht offen geblieben, ob der Beklagte etwa fahruntüchtig war. Bei der Frage der Fahruntüchtigkeit handelt es sich aber um Umstände in der Sphäre der Beklagtenseite über die die Parteien im vorliegenden Verfahren ausdrücklich streiten. Insofern könnte der Versicherungsnehmer, wie häufig, nicht beweisen, dass die Verletzung vor dem Versicherungsfall zu erfüllender Obliegenheiten mit Eintritt des Versicherungsfalls nicht bewirkt oder mitwirkt oder den Umfang der Leistungspflicht nicht beeinflusst hat. Vermag der dem Versicherungsnehmer obliegende Beweis nicht geführt zu werden, ist von einer Leistungsfreiheit der Versicherung im bekannten Umfang auszugehen. Es genügt nicht, dass die Beklagtenseite apodiktisch eine eigene Fahrtüchtigkeit behauptet.
4. Selbst wenn der Beklagte absolut fahruntüchtig gewesen sein sollte, gibt es keinen Erfahrungssatz, dass der Beklagte vorsätzlich gehandelt hat. Für Vorsatz in dem Zusammenhang wäre die Klägerseite Darlegungsbeweispflichtig. Daher ist insoweit von einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung gegen die Trunkenheitsklausel auszugehen. Dennoch kommt bei einem hohen Alkoholisierungsgrad auch eine volle, nicht nur quotenmäßige, Leistungsfreiheit des Versicherers in Betracht.

Kein Ersatz von Gutachterkosten bei einem vom Geschädigten verschuldeten Unbrauchbarkeitsgutachtens
OLG Köln
Zwar sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall auch dann zu ersetzen, wenn sich das Gutachten objektiv als ungeeignet herausstellt. Das gilt aber dann nicht, wenn der Geschädigte den Sachverständigen nicht über das Vorhandensein von unreparierten Vorschäden informiert und damit - zumindest fahrlässig - die UNbrauchbarkeit des Gutachters zur Bezifferung des Schadens verschuldet hat.

Umwandlung einer Kaskoversicherung in Ruhensversicherung bei Abmeldung des Fahrzeuges
OLG Jena
§ 14 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) kennt nur den einheitlichen Vorgang der Außer-Betrieb-Setzung eines Fahrzeugs. Will der Versicherungsnehmer das Fahrzeug mit der Abmeldung nicht endgültig aus dem Verkehr ziehen, sondern nur vorübergehend still legen, wandelt sich die Kaskoversicherung in eine beitragsfreie Ruhensversicherung mit eingeschränktem Versicherungsschutz um. Für die Auslegung des vertraglich noch anzuwendenden § 5 AKB 2006 ist Leitbild das alte Regelungswerk der §§ 27 bis 29 StVZO.

Zurechnung des Handelns des Geschäftsführeres einer als Versicherungsnehmerin fungierenden GmbH
OLG Koblenz
Handeln des GmbH-Geschäftsführers ist der GmbH als Versicherungsnehmerin stets zuzurechnen, ohne dass es auf die Voraussetzungen der Repräsentantenhaftung ankommt, und unabhängig von dessen Befugnissen im Innenverhältnis (hier: Kaskoschaden,

Kürzung der Teilkaskoentschädigung um 50% wegen grober Fahrlässigkeit bei unbeobachtetem Zurücklassen eines Fahrzeugschlüssels in einem Aufenthaltsraum
OLG Koblenz
Lässt eine Pflegekraft inm Seniorenheim ihren Autoschlüssel im Korb in einem nicht geschlossenem Aufenthaltsraum zurück, obwohl ein abschließbarer Spind/Raum zur Verfügung stand, ist eine 50% Kürzung der Entschädigung für Entwendung mit dem Schlüssel unter dem Gesichtspunkt der groben Fahrlässigkeit gerechtfertigt.

Gleichmäßigkeitswettbewerbe" und Versicherungsschutz
LG München
Die Teilnahme an einer Gleichmäßigkeitsprüfung, für die das Erzielen einer Höchstgeschwindigkeit nicht maßgebend ist, fällt nicht unter den Ausschluss der sogenannten Rennklausel des § 2b (3) AKB und bedeutet keine Gefahrerhöhung im Sinne von § 23 VVG. Darüber hinaus stellt sie keine grob fahrlässige Herbeiführung eines Versicherungsfalles dar.

Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer bei Leasing
OLG Hamm
Zahlt der Leasingnehmer für das geleaste Fahrzeug eine Kraftfahrzeug-Vollversicherung, kommt es bei einem Totalschaden des Fahrzeuges für die Frage der Erstattungsfähigkeit der MwSt. allein auf die Verhältnisse des Leasinggebers an - hier: der zum Vorsteuerabzug berechtigten Gesellschaft. Dieses Ergebnis bedarf für den Leasingnehmer auch unter Billigkeitsgesichtspunkten keiner Korrektur, da die Versicherungswirtschaft (so auch im konkreten Fall) speziell für Leasingfahrzeuge gegen einen - in der Regel geringen - Aufpreis eine sogenannte GAP-Versicherung anbietet, mit der die Finanzierungslücke zwischen dem bedingungsgemäß zu erstatteten Wiederbeschaffungswert und dem Abrechnungsbetrag, wie er sich aus dem Leasingvertrag ergibt, geschlossen werden kann.

Keine Abrechnung auf Neuwagenbasis bei Leasingfahrzeug mit hoher Laufleistung
OLG Celle
1. Eine Schadensabrechnung auf Neuwagenbasis scheidet aus, wenn ein Leasingfahrzeug zum Unfallzeitpunkt bereits einen Monat zugelassen war und über 4.200 km Laufleistung aufwies.
2. Zur Problematik eines Feststellungsbegehrens im Rahmen einer beabsichtigten Schadensabrechnung auf Neuwagenbasis bei einem durch Verkehrsunfall beschädigten Leasingfahrzeug.

Beweislast bei Kollision mit anfahrendem Linienbus
LG Saarbrücken
Ist unaufklärbar, ob der Fahrer eines Linienbusses beim Anfahren von der Haltestelle den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hatte, kann ein Verstoß des vorbeifahrenden Kraftfahrers gegen § 20 Abs. 5 StVO ebenso wenig angenommen werden wie ein Verstoß des Busfahrers gegen § 10 StVO.

Schnee- und Dachlawinen in der Kraftfahrteilversicherung
OLG Köln
1. Ziffer A2.2.3 AKB 2010 enthällt eine abschließende Aufstellung der versicherten Naturereignisse (Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung). Die Gefahr des Abgangs von Schneelawinen fällt nicht darunter, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist. Das gilt auch für Schnee- und Dachlawinen.
2. Soweit Versicherer in den AVB Schneelawinen verwenden, ist darunter eine Lawine aus Schnee zu verstehen, unabhängig davon, ob diese nun von einem Berg oder von einem Dach abgeht.

Haftungsverteilung bei Auffahrunfall nach Spurwechsel mit hohem Tempo
OLG Oldenburg
1. Zur Haftungsquote nach einem Verkehrsunfall auf der Autobahn im Zusammenhang mit einem Überholvorgang des voranfahrenden Fahrzeugs, wenn weder ein Verschulden des Fahrers dieses Fahrzeuges, noch ein solches des Fahrers des unter deutlicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit (hier: 200 km/h) nachfolgenden und sodann auf das vorausfahrende Fahrzeug auffahrenden Pkw feststellbar ist.
2. Zur Bedeutung des Anscheinsbeweises bei dieser Fallgestaltung.

Keine Nutzungsausfallentschädigung für Oldtimer bei Vorhandenseins eines Zweitfahrzeugs - Morgan +8
OLG Düsseldorf
1. Der Eigentümer eines unfallbeschädigten Oldtimer Sportwagen, Marke Morgan Modell +8, Erstzulassung 1975, dem ein Zweitfahrzeug ein Pkw Mercedes Benz E200 Kompressor für die alltägliche Lebensführung zur Verfügung steht, hat keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum der Reparatur, weil es an einer „fühlbaren" Nutzungsentbehrung fehlt.
2. Zwar mag aus Sicht des Geschädigten der Gebrauch des Zweitwagens im Vergleich zu dem Unfallfahrzeug Morgan Modell +8 mit einem deutlich geringeren Maß an Fahrvergnügen und einer Auffälligkeit verbunden sein. Eine solche immaterielle Beeinträchtigung begründet jedoch in einer subjektiven Wertschätzung des Geschädigten, welche sich gerade einer Bemessung der Nutzungseinbußen nach objektiven Maßstäben entzieht.

Keine Nutzungsausfallentschädigung für nicht allen Tags genutzten Oldtimer - Mercedes Benz 300 SL
OLG Karlsruhe
1. Bei der Beschädigung eines wertvollen Oldtimers kommt ein Anspruch auf Nutzungsausfall nur dann in Betracht, wenn die Verfügbarkeit des Fahrzeuges eine Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung des Eigentümers hat. Erforderlich ist eine Nutzung des Oldtimers im Alltag als normales Verkehrs- und Beförderungsmittel; ein reines Liebhaberinteresse an der Nutzung (Ausflugsfahrten in der „Oldtimersaison") ist nicht ausreichend.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die regelmäßige Nutzung des Oldtimers im Alltag obliegt dem Geschädigten.
3. Auch dann, wenn der Geschädigte kein zweites Fahrzeug besitzt, gibt es einen wertvollen Oldtimer (hier: Mercedes Benz 300 SL „Flügeltürer" Baujahr 1975) nicht ohne Weiteres eine Vermutung für eine normale Alltagsnutzung des Fahrzeuges.

 

Zur Berücksichtigung von Versicherungsprämien für private Unfall- und Lebensversicherungen als "fixe Kosten" bei der Ermittlung des Barunterhaltsschadens
BGH
1. Zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Unfallversicherung und eine Lebensversicherung eines Selbständigen als "fixe Kosten" bei der Ermittlung des Barunterhaltsschadens.
2. Zur Berücksichtigung der Altersentwicklung von Kindern bei der Höhe des Barunterhaltsschadens eines Elternteils.

Angemessene Anspruchsprüfungsfrist für Haftpflichtversicherer
OLG Köln
Dem gegnerischen Haftpflichtversicherer ist für die Prüfung der Ansprüche des Geschädigten eine angemessene Frist zuzubilligen, die mit Erhalt eines spezifizierten Anspruchsschreibens beginnt und je nach Fallgestaltung 4 bis 6 Wochen beträgt. Die Frist bei Beteiligung eines Mietwagenfahrzeugs auf Seiten der Versicherung beträgt jedoch mindestens 5 Wochen.

Haftung bei verbotenen Kraftfahrzeugrennen im öffentlichen Straßenverkehr
OLG Karlsruhe
1. Bei verbotenen Kraftfahrzeugrennen im öffentlichen Straßenverkehr kommt ein Haftungsausschluss nach den für gefährliche Sportarten entwickelten Grundsätzen jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Schädiger grob fahrlässig gehandelt hat oder haftpflichtversichert ist.
2. Die auf 5.000 € begrenzte Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 KfzPflVV steht dem nicht entgegen. Sie genügt auch nicht, um die Annahme eines konkludent vereinbarten Haftungsverzichts zu begründen.

Unwirksamkeit des Ausschlusses von Schäden "aufgrund eines Betriebsvorgangs" in A.2.3.2 AKB 2008
LG Stuttgart
Der Ausschlusstatbestand "Schaden aufgrund eines Betriebsvorgangs" in A.2.3.2 der AKB 2008 ist unwirksam.

Zum Nachweis einer Eigenbrandstiftung zweier LKW
OLG Jena
Der Kfz-Kaskoversicherer muss für den Brand an zwei Lkw eines Speditionsunternehmens einstehen, wenn er eine Auftragsbrandstiftung nicht nachweisen kann. Gegen eine Auftragsbrandstiftung spricht, wenn keine hinreichende Indizienkette vorgetragen ist und das strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden ist

Teilnahme eines Beifahrers an einer Autofahrt trotz erkennbarer Trunkenheit des Fahrers kann zu Mitverschulden des Beifahrers führen
OLG Celle
Die Teilnahme eines Beifahrers an einer Autofahrt trotz erkennbarer Trunkenheit des Fahrers stellt einen Verstoß gegen die eigenen Interessen dar. Wer zu einem erkennbar angetrunkenen Fahrer als Beifahrer ins Auto steigt, muss sich regelmäßig ein erhebliches Mitverschulden für einen etwaigen Schadenseintritt anrechnen lassen. Im Rahmen der Abwägung der Haftungsanteile wird dann den Fahrer regelmäßig ein höherer Haftungsanteil als den Beifahrer treffen (hier: 60 : 40 zum Nachteil des Fahrers). Die Beweislast für die Erkennbarkeit der Alkoholisierung liegt grundsätzlich beim Schädiger. Bei einer erheblichen Alkoholisierungsgrades des Fahrers und aufgrund der übrigen Umstände kann ein Beweis des ersten Anscheins dafür bestehen, dass der Beifahrer die massive Alkoholisierung des Fahrers vor Fahrtantritt erkannt hat, jedenfalls bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt im eigenen Interesse ohne Weiteres hätte erkennen müssen.

Zum Nachweis eines provoziertem Unfallgeschehens
LG Duisburg
Ein verkehrsunfallbedingter Schadensersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn es sich um einen provozierten Unfall handelt. Dabei kann die Überzeugungsbildung des Gerichts durch eine Vielzahl von typischen Umständen herbeigeführt werden, die in ihrem Zusammenwirken nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass der Unfall vorsätzlich herbeigeführt worden ist. Für ein provoziertes Unfallgeschehen spricht, dass sich die Unfallstelle für Unfallmanipulationen gut eignet und es sich bei den Fahrzeugen um höherwertige Fahrzeuge älteren Datums mit reparierten Vorschäden handelt, für die hohe Reparaturkosten geltend gemacht werden. War das Fahrzeug innerhalb von fünf Monaten in drei Unfälle verwickelt und hat der Halter das Fahrzeug verkauft, obwohl er wusste, dass im Rahmen der Schadensabwicklung eine Begutachtung des Fahrzeuges noch von Bedeutung hätte sein können, so spricht dies ebenso für einen manipulierten Unfall.

Verlassen des Unfallorts ohne Feststellung zu ermöglichen löst Regressanspruch des Versicherers aus
Amtsgericht Wetter
Ein Kraftfahrzeugversicherer hat gegen den Versicherungsnehmer wegen der Regulierung eines Verkehrsunfalls einen Regressanspruch, wenn dieser trotz erheblichen Schäden den Unfallort verlassen hat, ohne Feststellungen zu ermöglichen. Denn das Verlassen der Unfallstelle schränkt die Möglichkeit des Versicherers regelmäßig ein, den Sachverhalt aufzuklären. Ein solches Verhalten der versicherten Person ist auch bei eindeutiger Haftungslage als vertragswidrig zu bewerten und im Übrigen auch als „arglistig" einzustufen.

Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers bei arglistiger Verletzung der Auskunftspflicht durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und anfänglichen Vertuschungsversuchen gegenüber der Polizei
AG Essen
1. Das Entfernen von der Unfallstelle, ist kein die Leistungspflicht des Kaskoversicherers beseitigender Umstand, wenn der Versicherungsnehmer selbst nachträglich die Polizei informiert und auf diese Weise grundsätzlich noch die nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG erforderlichen Feststellungen ermöglicht hat.
2. Ein gerade bei der Verkehrsunfallflucht häufig ins Feld geführte Unfallschock führt nicht zum Ausschluss der Verantwortlichkeit analog § 827 S. 1 BGB, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass die Geistes- und Willenskraft des Fahrers vollständig aufgehoben ist.
3. Auch ein familiärer Trauerfall führt nicht zum Ausschluss der Verantwortlichkeit analog § 827 S. 1 BGB. In diesem Fall hätte sich der Versicherungsnehmer nicht an das Lenkrad setzen dürfen, wenn er erkannt hätte, dass er wegen seiner emotionalen Situation nicht zum Führen eines Fahrzeuges in der Lage ist. Wenn er sich aber an das Lenkrad seines Fahrzeuges setzt, so spricht dies dafür, dass er sich selbst in der Lage gesehen hat, ein Fahrzeug ordnungsgemäß im Straßenverkehr zu lenken.
4. Versucht der Versicherungsnehmer gegenüber den unfallaufnehmenden Polizisten seine Unfallflucht zu vertuschen, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit vor.
5. Dass der Versicherungsnehmer in den weiteren Ermittlungen, der Unwahrheit überführt, nunmehr den Unfallhergang wahrheitsgemäß schilderte, ist ohne rechtliche Bedeutung und führt insbesondere nicht mehr zu der für den Versicherungsnehmer günstigeren Rechtsfolge aus § 28 Absatz 3 Satz 1 VVG. Nach dieser Vorschrift besteht die Leistungspflicht zwar fort, wenn der Versicherer nachträglich noch alle erforderlichen Feststellungen treffen kann. § 28 Absatz 3 Satz 1 VVG gilt aber dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer wie hier arglistig gehandelt hat (§ 28 Absatz 3 Satz 2 VVG). Von einem arglistigen Verhalten ist aber hier zu sprechen, weil der Antragsteller vorsätzlich die Unwahrheit gesagt hat, um für sich selbst Vorteile aus den Angaben zu gewinnen und umgekehrt den Versicherer zu benachteiligen (zum Arglistbegriff vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 28 VVG, Rn. 116). Die Benachteiligungsabsicht liegt auf der Hand.
6. Ein solches arglistiges Verhalten wird nicht etwa dadurch beseitigt, dass der Antragsteller nachträglich einen anderen Sachverhalt, möglicherweise nunmehr den richtigen, gegenüber der Polizei eingeräumt hat. Denn insofern kann von einer freiwilligen Berichtigung früherer falscher Angaben (hierzu Prölss, a.a.O., § 31 VVG, Rn. 20) nicht mehr die Rede sein. Den neuen Sachverhalt hat der Antragsteller nämlich erst vorgetragen, nachdem ihm durch die Polizei nachgewiesen worden ist, dass der alte Sachverhalt auf keinen Fall zutreffen kann.
7. Die arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten führt zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers, ohne dass dem Antragsteller noch der Kausalitätsgegenbeweis erlaubt ist (vgl. Prölss, a.a.O., § 28 VVG, Rn. 115). Es kann dem Versicherer nicht angesonnen werden, den wirklichen Anspruch eines arglistig handelnden Versicherungsnehmers zu ermitteln, um diesen sodann ohne Verhängung einer Sanktion zu erfüllen.

Falschbetankung stellt „Gebrauch des Fahrzeugs" dar
KG Berlin
1. Das Befüllen eines Fahrzeugs mit den für die Fahrt notwendigen Betriebsmitteln gehört zu den Bedienvorgängen. Wer ein Fahrzeug bestimmungsgemäß - wenn auch fehlerhaft - bedient, gebraucht das Fahrzeug. Wird das Fahrzeug dadurch beschädigt, ist dieser Schaden durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht.
2. Dem steht nicht entgegen, dass sich nicht das Unfallrisiko oder die Gefährlichkeit des Treibstoffs verwirklicht hat, sondern ein allgemeines Lebensrisiko, das sich auch sonst bei der fehlerhaften Bedienung von Sachen verwirklichen kann. Denn das allgemeine Lebensrisiko ist kein dem jeweiligen Gebrauchsrisiko der genannten Sachen gegenüber stehender anderer Gefahrenbereich. Vielmehr verwirklicht sich das allgemeine Lebensrisiko, das in dem Unvermögen eines Menschen besteht, immer aufmerksam zu sein, für den Nutzer der Sachen bei einem Schadensfall zugleich mit dem Risiko, das dem Gebrauch der jeweiligen Sache innewohnt.

Schadensminderungsobliegenheit in der Kfz-Kaskoversicherung bei Weiterfahrt nach einem Wildunfall
OLG Saarbrücken
Fährt ein Versicherungsnehmer nach einem nächtlichen Zusammenstoß mit einem Fuchs auf einer Bundesautobahn zum nächsten Parkplatz weiter, so führt er einen dadurch entstandenen Motorschaden nicht durch grob fahrlässige Verletzung seiner Schadenminderungsobliegenheit herbei.

Kein Versicherungsschutz für Fahrzeugbrand anlässlich von Reparaturarbeiten am Fahrzeug
LG Paderborn
1. Das Haftungsmerkmal "beim Betrieb" ist wegen der hohen Verkehrsgefahr weit auszulegen. Nach der heute herrschenden "verkehrstechnischen Betriebsauffassung" ist ein Kfz in Betrieb, solange es sich im Verkehr bewegt oder in verkehrsbeeinflussender Weise darin ruht und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ausreichend zur Zurechnung eines Schadensereignisses ist, dass sich eine von dem Kfz ausgehende Gefahr verwirklicht hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kfz mit geprägt worden ist.
2. Es reicht aber nicht aus, dass ein Schaden "irgendwie" durch das Kfz hervorgerufen wurde. Vielmehr muss ein Zusammenhang mittels einer am Schutzzweck der Norm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. Danach fehlt es an einem erforderlichen Zusammenhang, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will. Dabei ist ein Indiz, wenn zwischen dem Schadensereignis und einem konkreten Vorgang ein enger zeitlich-örtlicher Zusammenhang besteht.
3. Bei einem Brand von Fahrzeugen oder Fahrzeugteilen bedeutet dies regelmäßig, dass dem Brandereignis ein Betriebsvorgang vorausgehen muss, der den Brand zumindest mit verursacht hat (OLG Saarbrücken VRS 99, 104: Brand durch Betätigung von Fahrzeugeinrichtungen; OVG Koblenz NVwZ-RR 2001, 382: Selbstanzündung infolge vorausgegangener Fahrt; OLG München NZV 1996, 199: Brand eines Kfz in privater Tiefgarage).
4. In dem hier zu entscheidenden Fall war das Fahrzeug bereits Tage zuvor in eine private, nicht öffentlich zugängliche Halle zwecks Reparaturarbeiten verbracht worden. Eine Einflussnahme auf den öffentlichen Straßenverkehr oder ein enger zeitlich-räumlich Zusammenhang mit einer vorangegangenen Fahrt lag daher nicht vor. Der Pkw wurde lediglich bei laufendem Motor untersucht und an den mechanischen Vorrichtungen verändert, somit allein im Sinne einer "maschinentechnischen Auffassung" in Betrieb, da der Motor lief. Unabhängig von der Frage, ob die maschinentechnische Auffassung für Schadensereignisse außerhalb des öffentlichen Verkehrs überhaupt noch anwendbar ist (vgl. Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Auflage 2011, 25. Kapitel, Rn. 49 f.), lief der Motor hier aber nicht zum Zwecke der Fortbewegung des Fahrzeugs, was jedoch auch für eine Haftung nach der maschinentechnischen Auffassung Voraussetzung ist (vgl. LG Hannover, Urteil vom 14.11.1984, Az. 2 O 272/84). Vielmehr war es so, dass das Fahrzeug wie eine beliebige andere Maschine im Stand in Betrieb gesetzt worden ist. Auch die Tatsache, dass Reparaturarbeiten durchgeführt werden sollten bzw. worden sind, um das Fahrzeug zukünftig wieder im Straßenverkehr nutzen zu können, ist unbeachtlich, weil insoweit ein zukünftiger Betriebsvorgang nicht schadensursächlich sein kann.
5. Dieses Ergebnis steht auch mit dem Schutzzweck der Vorschrift in Einklang. Durch § 7 StVG sollen Verkehrsteilnehmer vor den Gefahren geschützt werden, die von einem Kfz aufgrund seiner typischen komplexen Beschaffenheit ausgehen. Vorliegend befand sich das Fahrzeug zunächst in völliger Betriebsruhe in einer privat genutzten Halle, abseits des öffentlichen Verkehrs. Zu dem Brand kam es nicht bei der Nutzung des Pkw als Fortbewegungsmittel, sondern - allenfalls - bei dessen Reparatur. Von einem solchen Kfz geht in der Regel keine der typischen Gefahren aus, vor denen § 7 StVG schützen will (s. OLG Düsseldorf VersR 1996, 1549, 1550).

Höhe der üblichen Vergütung eines Sachverständigen kann nicht nach dem Ergebnis Befragung des BVSK bestimmt werden
Amtsgericht Düsseldorf
Die Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) stellt keine ausreichende Quelle zur Beurteilung der tatsächlichen und üblichen Honorarhöhe eines Sachverständigen dar.

Gegen einen gestellten Verkehrsunfall kann eine größere Anzahl von Insassen in den beteiligten Fahrzeugen sprechen
OLG Naumburg
1. Der Versicherer muss beweisen, dass ein gestellter Unfall vorliegt. Für einen solchen Nachweis reichen gewichtige Indizien, die bei einer Gesamtschau den Schluss auf eine Unfallmanipulation zulassen.
2. Gegen einen gestellten Unfall können die größere Anzahl von Insassen in den beteiligten Fahrzeugen (hier: 5) und der Umfang der Schäden, der auf eine erhebliche Krafteinwirkung schließen lässt, sprechen.

Nichtdurchführung eines Sachverständigenverfahrens bei einem Kfz-Kaskoschaden kann zu fehlender Forderungsfälligkeit führen
Amtsgericht Gummersbach
Die Klage eines Versicherungsnehmers gegen seinen Versicherer auf Leistungen aus einer Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung ist noch nicht begründet, wenn die geltend gemachte Forderung noch nicht fällig ist. Ein Anspruch auf solche Versicherungsleistungen ist noch nicht fällig, wenn das in den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) vorgesehene Sachverständigenverfahren noch nicht durchgeführt ist und der Versicherer sich darauf beruft. Demnach entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit über die Höhe eines Schadens einschließlich der Feststellung eines Wiederbeschaffungswertes oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten ein Sachverständigenausschuss. Der Versicherer ist nicht daran gehindert, sich erst im Prozess auf die vorherige Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zu berufen. Er ist auch nicht verpflichtet, prozessual auf das Sachverständigenverfahren, das nach den AKB vorgesehen ist, hinzuweisen.

 

§ 116 Abs. 6 S. 1 SGB X ist analog auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften anwendbar
OLG Köln
Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft stehen "Familienangehörigen" gleich. Dies ist für die mit § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X inhaltgleiche Vorschrift des § 67 Abs. 2 VVG a. F. inzwischen anerkannt (BGH, Urt. v. 22.04.2009 - IV ZR 160/07, NJW 2009,2062 ff) und gilt auch für § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X. Struktur und Interessenlage beider Vorschriften sind vergleichbar. Der Gleichlauf wird insbesondere auch vom Bundesgerichtshof betont, der ausführt, dass nach der Gesetzesbegründung § 116 Abs. 6 SGB X wegen gleicher Interessenlage der Vorschrift des § 67 Abs. 2 VVG a.F. nachgebildet

Kein Regressanspruch des Versicherers wegen Trunkenheitsfahrt des Versicherungsnehmers bei nicht an das neue VVG angepassten AKB
OLG Celle
Ein Versicherer kann sich zur Begründung seines Regressanspruchs gegen den Versicherungsnehmer auch dann nicht auf seine AKB 05 berufen, wenn er diese zwar umgestellt hat, aber deren Zugang nicht beweisen kann, und der Versicherungsnehmer vorsätzlich gegen Obliegenheiten verstoßen hat (hier: Trunkenheitsfahrt im Jahr 2009).

Kein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten infolge eines auf Weisung des Kfz-Haftpflichtversicherers für die Widerklage genommenen zweiten Anwalts
OLG Nürnberg
Erhebt der Beklagte Widerklage, so hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten, die dadurch entstanden, dass er (und sei es auf Weisung seines Haftpflichtversicherers) zur Verteidigung gegen die Widerklage einen anderen als den im Klageverfahren tätigen Rechtsanwalt betraute. Erstattungsfähig sind nur die fiktiven Kosten eines Rechtsanwalts.

Kein Schadensersatz allein für die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Mitgesellschafters einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis
OLG Koblenz
1. Ist der Mitgesellschafter einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis unfallbedingt vorübergehend arbeitsunfähig (hier: 70 Tage), entspricht der dadurch entstehende Einnahmeausfall der Gemeinschaftspraxis weder dem vertragsgemäß weitergezahlten Entgelt des Verletzten noch dessen fiktiven Honorareinnahmen im Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit, wenn es an zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt, dass Patienten der Gemeinschaftspraxis sich wegen des Ausfalls des verletzten Arztes anderen Orts haben behandeln lassen.
2. In einem derartigen Fall kann auch kein normativer Schadensersatz zuerkannt werden, weil der Ausfall der Arbeitskraft als solcher kein zu ersetzender Vermögensschaden ist.

Anforderungen an grobe Fahrlässigkeit i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei arbeitsteiliger Organisation eines SVT
BGH
Eine die Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Lauf setzende grob fahrlässige Unkenntnis ist in Regressfällen nicht schon dann gegeben, wenn die Mitarbeiter der Leistungsabteilung der Versicherung des Geschädigten bei arbeitsteiliger Organisation keine Initiativen zur Aufklärung des Schadensgeschehens entfalten und deshalb der Schadensfall den Mitarbeitern der Regressabteilung nicht bekannt geworden ist.

 

Zum Mitverschulden bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes
BGH
1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. In erster Linie ist hierbei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben.
2. Den Insassen eines Pkw, der entgegen § 21a Abs. 1 Satz 1 StVO während der Fahrt den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte, trifft im Falle einer Verletzung infolge eines Verkehrsunfalls nur dann eine anspruchsmindernde Mithaftung, wenn im Einzelfall festgestellt ist, dass nach der Art des Unfalls die erlittenen Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären, wenn der Verletzte zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen wäre (vgl. Senatsurteile vom 20. März 1979 - VI ZR 152/78, BGHZ 74, 25, 33 und vom 1. April 1980 - VI ZR 40/79, VersR 1980, 824 f.).
3. Gerade bei einer hohen Aufprallgeschwindigkeit kann zweifelhaft sein, inwieweit das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts für die eingetretenen Verletzungen ursächlich war (vgl. Senatsurteil vom 20. März 1979 - VI ZR 152/78, aaO).
3. Die gemäß § 21a Abs. 1 Satz 1 StVO "während der Fahrt" bestehende Anschnallpflicht dauert zwar auch bei kurzzeitigem verkehrsbedingten Anhalten fort (Senatsurteil vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 411/99, VersR 2001, 524), doch war nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Fahrt vorliegend dadurch beendet worden, dass der Pkw der Klägerin unfallbedingt an der Leitplanke zum Stehen gekommen war. Nachdem es zu diesem Unfall gekommen war, war die Klägerin mithin nicht nur berechtigt, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen zu können, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO sogar dazu verpflichtet, nämlich um die Unfallstelle sichern zu können. Bei dieser Sachlage kann ihr nicht angelastet werden, unangeschnallt gewesen zu sein, als sich der Zweitunfall ereignete.

Schadensersatzanspruch trotz vorsätzlicher Kollision eines Polizeifahrzeugs mit einem Fluchtfahrzeug zur Hinderung der Weiterfahrt
BGH
1. Der Halter eines Kraftfahrzeuges, der sich der polizeilichen Festnahme durch Flucht unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges entzieht, haftet unter dem Gesichtspunkt des Herausforderns sowohl nach § 823 Abs. 1 BGB als auch nach § 7 StVG für einen bei der Verfolgung eintretenden Sachschaden an den ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen, wenn dieser Schaden auf der gesteigerten Gefahrenlage beruht und die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu deren Zweck stehen.
2. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Fahrer eines Polizeifahrzeuges zum Zwecke der Gefahrenabwehr vorsätzlich eine Kollision mit dem fliehenden Fahrzeug herbeiführt, um es zum Anhalten zu zwingen.
3. Der Anspruch auf Ersatz des dabei an den beteiligten Polizeifahrzeugen entstandenen Sachschadens kann nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG auch als Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Fluchtfahrzeuges geltend gemacht werden.

Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte nach einem Unfall im Ausland bei einer Klage des Versicherungsnehmers für den Kaskoversicherer in gewillkürter Prozessstandschaft
LG Hamburg
Eine Klage am Sitz der bei einem Verkehrsunfall geschädigten Personen ist nicht zulässig, wenn sie für ihren Kaskoversicherer in gewillkürter Prozessstandschaft klagt. Der Kaskoversicherer ist nicht schwächere Partei im Verhältnis zum gegnerischen Haftpflichtversicherer und kann daher nicht an seinem Sitz klagen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Kaskoversicherer selbst, aufgrund einer Abtretung oder der Versicherungsnehmer in gewillkürter Prozessstandschaft klagt.

Geschädigter muss Versicherer bei verzögerter Regulierung auf die daraus folgende Gefahr einer Schadensvergrößerung hinweisen
OLG Karlsruhe
1. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung beschränkt sich grundsätzlich auf die für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung notwendige Zeit.
2. Allerdings verlängert sich die zeitliche Dauer des entschädigungspflichtigen Nutzungsausfalls dann, wenn dem Geschädigten die Gebrauchsvorteile durch ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers (Verzug oder zögerliches Regulierungsverhalten der einstandspflichtigen Versicherung) für eine längere Zeit entgehen.
3. Der Geschädigte ist im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) gehalten, den Schädiger auf die Gefahr eines aus dem Regulierungsverhalten des Schädigers drohenden höheren Schadens hinzuweisen (i. A. an OLG Celle, VersR 1980, 6333; KG, MDR 2010, 79).

Gebrauch des Fahrzeugs - hier: Starthilfe
AG Fürstenfeldbruck
Eine Starthilfe, bei der es infolge eines fehlerhaft angeschlossenes Überbrückungskabels zu einem Überspannungsschaden an einem anderen Fahrzeug kommt, stellt keinen Gebrauch des Fahrzeugs des Pannenhelfers dar.

Erfordernis eines umfriedeten Abstellplatzes
OLG Karlsruhe
1. Dem Erfordernis eines „umfriedeten Abstellplatzes" in der Ruhevers. der Kraftfahrtvers. lässt sich nicht entnehmen, dass dieses körperliche Hindernis dergestalt sein muss, dass Dritte sich nur mit großem Aufwand darüber hinwegsetzen können. Ausreichend sind daher auch unverschlossene Türen und Tore sowie jegliche, auch niedrige Einfriedungen.
2. Bei der Bestimmung von H.1.5 AKB 2008 (Abstellen des Kfz in einem Einstellraum oder auf einem umfriedeten Abstellplatz) handelt es sich um eine Obliegenheit des VN und nicht um eine Risikobeschreibung
3. Ein Obliegenheitsverstoß ist nicht kausal für den Eintritt des Versicherungsfalles, wenn der VersFall bei Erfüllung der Obliegenheit ebenfalls eingetreten wäre. Standen dem VN mehrere Alternativen zur Erfüllung einer gefahrmindernden Obliegenheit zu Gebote, so entfällt die Kausalität, wenn die Wahl irgendeiner der Alternativen den Eintritt des Versicherungsfalles nicht vermieden hätte (hier: nicht zu verhinderndes Aufbrechen des Fahrzeugs, Einschlagen einer Seitenscheibe, Wegnehmen des Navigationsgerätes bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit).

Ermessensentscheidung über Abwehr unbegründeter oder Freistellung von begründeten Ansprüchen
LG Köln
Die Auffassung, wonach jede falsche Entscheidung und nicht nur ein Ermessenfehlgebrauch des Versicherers objektiv einen Pflichtenverstoß darstellt, ist mit den Grundsatz nicht in Einklang zu bringen, dass der VN i.d.R. nur auf Feststellung klagen kann, dass der Versicherer ihm wegen einer Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe.

Vorschnelle Klage und Kostenfolge
OLG Karlsruhe
1. Auch wenn § ZPO § 93 ZPO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, so dient sie doch dazu, vorschnelle Klagen und unnötige Prozesse zu vermeiden und zu sanktionieren.
2. Ein Anlass zur Klage besteht regelmäßig dann nicht, wenn der bei einem Kfz-Unfall Geschädigte es entgegen § VVG § 119 Abs. VVG § 119 Absatz 3 VVG unterlässt, berechtigt angeforderte Auskünfte zu erteilen und Belege zur Verfügung zu stellen. Dies gilt entspr. für Fotos eines Schadengutachtens.

Haftungsabwägung bei Unfall mit Pferd
OLG Saarbrücken
Der Führerin eines Pferdes, die beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges zu Schaden kommt, weil das Pferd infolge des beim Anfahren eines PKW verursachten Geräuschs scheut, kann in der Haftungsabwägung ein eigener fahrlässiger Verstoß gegen die im Umfang mit Pferden erforderliche Sorgfalt vorzuwerfen sein. Dem ist so, wenn die Reiterin das Pferd nicht weit genug von der Gefahrenstelle weg, sondern auf die Gefahrenquelle zubewegt. Es muss einer hinreichend erfahrenen Reiterin möglich sein, die Gangrichtung eines Pferdes zu beeinflussen.

Bei Überholvorgang auf der Autobahn mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit kann den Überholenden eine Haftungsquote von 2/3 treffen
OLG Oldenburg
Ist bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn im Zusammenhang mit einem Überholvorgang des voranfahrenden Fahrzeugs weder ein Verschulden des Fahrers dieses Fahrzeuges noch ein solches des Fahrers des unter deutlicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit (hier: 200 km/h) nachfolgenden und sodann auf das vorausfahrende Fahrzeug auffahrenden PKW feststellbar, so ist bei der Abwägung auf beiden Seiten lediglich die Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Bei einer ganz erheblichen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit (hier um mindestens 70 km/h) erscheint eine Quote von 2/3 zu 1/3 zum Nachteil des Überholenden angemessen, da die Betriebsgefahr des von ihm geführten PKW in der konkreten Situation deutlich überwog.

3.000,00 € Schmerzensgeld für akute Belastungsreaktion und mittelgradig depressive Episode des Ehemanns nach Unfalltod der von ihm getrennt lebenden Ehefrau
OLG Karlsruhe
1. Eine Ersatzpflicht für psychisch vermittelte Beeinträchtigungen (hier: der Unfalltod naher Angehöriger) ist regelmäßig nur zu bejahen, wenn es zu gewichtigen psychopathologischen Ausfällen von einiger Dauer kommt, die die auch sonst nicht leichten Nachteile eines schmerzlich empfundenen Trauerfalls für das gesundheitliche Allgemeinbefinden erheblich übersteigen und die deshalb auch nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Verletzung des Körpers oder der Gesundheit betrachtet werden. Die Gesundheitsbeschädigung muss also nach Art und Schwere über das hinausgehen, was nahe Angehörige in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erleiden.
2. Zum - hier gelungenen - Nachweis, dass die Nachricht vom Unfalltod der hier getrennt lebenden Ehefrau einen Schockschaden im Sinne einer akuten Belastungsreaktion, daneben aber auch eine mittelgradige depressive Episode auslöste, für die der Schädiger aus Gefährdungshaftung einzustehen hat (hier: Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 €).

Wegfall des versicherten Interesses in der Kfz-Versicherung
OLG Köln
1. Anspruchsgrundlage für den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien wegen späteren Wegfalls des versicherten Interesses gemäß § 68 Abs. 2 a. F. VVG ist § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB.
2. § 68 Abs. 2 a. F. VVG erfordert einen dauerhaften Wegfall jedes versicherbaren Interesses des Versicherungsnehmers oder des Versicherten. Allein aufgrund beschlagnahmter Fahrzeuge (auch der eines ausländischen Staates) ist dieses Interesse noch nicht entfallen.

Zum Nachweis von mut- oder böswilligen Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen
OLG Köln
1. Die Voraussetzungen von A2.3.3 AKB 2008, nämlich mut- oder böswillige Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen, hat der Versicherungsnehmer zu beweisen.
2. Wenn der Täter gezielt - und nicht wahllos - durch Anbringen von Löchern in der Karosserie des Fahrzeugs an bestimmten, planmäßig ausgewählten Stellen einen Schaden herbeigeführt hat, der erkennbar den Sinn hat, eine möglichst hohe Reparaturkostenkalkulation nach Gutachten zu erreichen, obwohl der tatsächliche Reparaturaufwand gering ist und der Schaden durch eine Billigreparatur beseitigt worden ist, ist ein Schaden durch mut- oder böswillige Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen, nicht bewiesen.

Unrichtige Angaben zur Sicherung eines Wohnwagens
LG Oldenburg
Der Versicherungsnehmer hat die Auskunftsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall vorsätzlich und arglistig verletzt,
• wenn er für den Zeitpunkt der Entwendung des versicherten Wohnwagens die Frage im Schadenanzeigeformular nach zusätzlichen Sicherungen bejaht, diese als Deichselschloss konkretisiert und auch die Aktivierung der Sicherung behauptet hat, obwohl der Wohnwagen nicht in dieser Weise gesichert war, wie der Versicherungsnehmer auch von Vorneherein der Polizei gegenüber bekundet hat und
• wenn der Versicherungsnehmer aufgrund der Hinweise in dem Schadenanzeigeformular um die Auskunftsobliegenheit wusste und der Versicherer in der Schadensanzeige in gebotener Weise über die Rechtsfolgen unwahrer oder unvollständiger Angaben belehrt worden ist.

Erwerbsschaden bei Ausfall einer Taxe
LG Düsseldorf
1. Der Halter mehrerer Taxen kann den durch den unfallbedingten Ausfall einer Taxe entstandenen Erwerbsschaden nicht auf der Basis des täglich mit einer Taxe erzielten Durchschnittsgewinns errechnen; er muss darlegen, welchen Verdienst er zusätzlich erzielt hätte, wenn das Unfallfahrzeug nicht ausgefallen wäre.
2. Ein Unternehmer hat auch bei bestehenden Sprachschwierigkeiten in der Regel keinen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage bei seiner Rechtsschutzversicherung.

Zum Ersatzanspruch nach Verletzung eines Pferdes
OLG Stuttgart
Der Pferdehalter hat, wenn sein Pferd durch einen Verkehrsunfall die Gebrauchsmöglichkeit als Reitpferd verliert, keinen Anspruch auf Ersatz der Unterhalts- und Unterstellkosten, weil diese auch ohne Unfall angefallen wären.

Schaden bei Starthilfe mit Überbrückungskabel unterliegt nicht dem Versicherungsschutz in der Kfz-Haftpflichtversicherung
Amtsgericht Fürstenfeldbruck
Wird bei der Starthilfe durch die Batterie des versicherten Fahrzeugs die elektrische Anlage des anderen Fahrzeugs beschädigt, weil Plus- und Minuspol des Überbrückungskabels falsch angeschlossen wurden, besteht kein Versicherungsschutz in der Kfz-Haftpflichtversicherung.

Haftungsabwägung bei „rechts vor links"
BGH
Für die Folgen eines Verkehrsunfalls hat der Linksabbieger, der die ihn gem. § STVO § 9 Abs. STVO § 9 Absatz 3 Satz 1 StVO gegenüber dem Gegenverkehr treffende Wartepflicht missachtet hat, regelmäßig in vollem Umfang allein oder doch zumindest zum größten Teil zu haften.

Haftungsabwägung bei Kreuzungsunfall
OLG Köln
1. Das Grünlicht befreit nicht von der Verpflichtung, Nachzüglern das Verlassen der Kreuzung zu ermöglichen; wer bei Grün mit „fliegendem Start" in eine unübersichtliche Kreuzung einfährt, muss mit Nachzüglern rechnen. Andererseits muss auch derjenige, der noch bei Grün die Haltelinie überquert hatte, nach dem Farbwechsel anhalten, wenn er den durch die Flucht- oder Fahrlinien gebildeten Kreuzungsbereich noch nicht erreicht hat; hatte er ihn erreicht, darf er ihn vorsichtig unter sorgfältiger Beobachtung des einsetzenden Gegen- oder Querverkehrs verlassen; der Nachzügler darf nicht blindlings darauf vertrauen, dass er vorgelassen werde.
2. Steht beiderseits ein schuldhafter Verkehrsverstoß nicht fest, ist dennoch beiderseits eine erhöhte Betriebsgefahr gegeben; eine Schadenteilung kann dann gerechtfertigt sein.

Linksabbieger, der seine Wartepflicht gegenüber dem Gegenverkehr missachtet, haftet regelmäßig zu 100 %
BGH
Ein Linksabbieger, der die ihm nach der StVO gegenüber dem Gegenverkehr treffende Wartepflicht missachtet hat, hat für die Folgen eines Verkehrsunfalls regelmäßig in vollem Umfang allein oder doch zumindest größtenteils zu haften. Bei einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers muss dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten nur im Umfang der Haftungsquote erstatten.

Kein Nutzungsausfall für Zweitwagen
OLG Düsseldorf
Ein Anspruch auf Ersatz eines Kraftfahrzeug bezogenen Nutzungsausfalls setzt die Feststellung voraus, dass die Entbehrung der Nutzung für den Geschädigten „fühlbar" gewesen sein muss, weil er das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. An der „Fühlbarkeit" der Nutzungsentbehrung fehlt es, wenn dem Geschädigten ein weiteres, auf seinen Namen zugelassenes Kraftfahrzeug zur Verfügung steht.

Quotenmäßige Haftung gegenüber Geschädigtem zieht quotenmäßige Erstattung der Sachverständigenkosten nach sich
BGH
Ist der bei einem Verkehrsunfall geschädigte Fahrzeughalter in erheblicher Weise für den Schaden mit verantwortlich, so führt dies zu einer Beschränkung von Grund und Umfang des Schadensersatzanspruches. Der Anspruch auf Ersatz der Kosten eines Sachverständigengutachtens kann nur unbeschmälert fortbestehen, wenn sich aus den Umständen, insbesondere aus der Feststellung, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist, ein solches Ergebnis rechtfertigen lässt. Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten mithin im Umfang der Haftungsquote zu erstatten.

Anforderungen an Arglist des Versicherungsnehmers bei vorsätzlicher Unfallflucht
LG Offenburg
1. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass der Versicherungsnehmer oder der lediglich mitversicherte Fahrer, der trotz Kenntnis seiner Verpflichtung die Unfallstelle verlässt ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen, dies stets mit dem Willen macht, in Verfolgung eines gegen den Versicherer gerichteten Zwecks auf dessen Willen einzuwirken, auch wenn das häufig nahe liegen mag. Vielmehr müssen besondere weitere Umstände hinzutreten, die für sich allein oder in ihrer Gesamtschau einen anderen Schluss als denjenigen auf Arglist ernstlich nicht in Betracht kommen lassen.
2. Der Beweis, dass die Verletzung der Obliegenheit weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat, obliegt dem Versicherungsnehmer. Er kann diesen negativen Beweis aber praktisch nur so führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der Versicherungsnehmer dann ebenfalls zu widerlegen hat.

Zur Auslegung der Vertragsklausel des § 5 AKB bei Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs
OLG Jena
1. Nach Inkrafttreten der Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung (FZV), die (große) Teile der StVZO ersetzt hat, wird im Zulassungsrecht nicht mehr zwischen vorübergehender und endgültiger Abmeldung (eines Fahrzeugs) unterschieden; § 14 FZV kennt nur noch den einheitlichen Vorgang der Außerbetriebsetzung (eines Fahrzeugs).
2. Bei (vom Versicherungsnehmer gewollter) nur vorübergehender Stilllegung eines Fahrzeugs, die länger als 2 Wochen, aber nicht länger als 18 Monate andauert, wandelt sich eine uneingeschränkte Fahrzeugversicherung (automatisch) in eine beitragsfreie Ruhensversicherung (mit beschränktem Versicherungsschutz) um, wenn der Versicherungsnehmer mit der Abmeldung des Fahrzeugs dieses (noch) nicht endgültig aus dem Verkehr ziehen wollte. Insoweit bildet das (alte) Regelungswerk der §§ 27 - 29a StVZO das Leitbild für die Auslegung der in diesem Fall versicherungsrechtlich (noch) anwendbaren Vertragsklausel des § 5 AKB (2006).

Preisaufschlag von 10 % auf unverbindlich empfohlene Preise für Ersatzteile kann auch bei fiktiver Abrechnung verlangt werden
LG München I
Ein Preisaufschlag auf unverbindlich empfohlene Preise für Ersatzteile (UPE-Aufschlag) in angemessener Höhe von 10 % kann auch bei fiktiver Abrechnung verlangt werden.

Angemessene Prüfzeit und sofortiges Anerkenntnis des Versicherers
OLG Karlsruhe
1. Auch wenn § 93 ZPO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, so dient sie doch dazu, vorschnelle Klagen und unnötige Prozesse zu vermeiden und zu sanktionieren.
2. Ein Anlass zur Klage besteht regelmäßig dann nicht, wenn der bei einem Kfz-Unfall Geschädigte es entgegen § 119 Abs. 3 VVG unterlässt, berechtigt angeforderte Auskünfte zu erteilen und Belege zur Verfügung zu stellen. Dies gilt entsprechend für Fotos eines Schadensgutachtens.
3. Freilich darf auf diesem Wege nicht ein dilatorisches Verhalten eines Haftpflichtversicherers honoriert werden, das auf eine sachlich nicht gerechtfertigte oder gar schikanöse Regulierungsverzögerung angelegt ist.
4. Unabhängig von der Verfahrenswahl (schriftliches Vorverfahren oder früher erster Termin) müssen zunächst einmal erst alle Gründe entfallen sein, die es einem Beklagten vorprozessual erlaubten, die Erfüllung zu verweigern; solange sie fortbestehen, bleibt ein sofortiges Anerkenntnis, wenn diese Gründe dann entfallen, immer noch möglich.

Zum Begriff "umfriedeter Abstellplatz" in der Ruhensversicherung
OLG Karlsruhe
1. Zum Begriff "umfriedeter Abstellplatz" in der Ruheversicherung bei einem Kraftfahrtversicherungsvertrag.
2. Ein Obliegenheitsverstoß ist nicht kausal für den Eintritt des Versicherungsfalles, wenn der Versicherungsfall bei Erfüllung der Obliegenheit ebenfalls eingetreten wäre. Standen dem Versicherungsnehmer mehrere Alternativen zur Erfüllung einer gefahrmindernden Obliegenheit zu Gebote, so entfällt die Kausalität, wenn die Wahl irgendeiner der Alternativen den Eintritt des Versicherungsfalls nicht vermieden hätte

Übliche Vergütung eines Sachverständigen richtet sich nach dem sog. „HB Korridor" der BVSK-Honorarbefragung
LG Nürnberg-Fürth
Trifft der Unfallgeschädigte mit dem von ihm beauftragten KFZ-Sachverständigen keine Honorarvereinbarung, kann der Geschädigte vom Unfallverursacher nur die Kosten der üblichen Vergütung i.S.v. § 632 Abs. 2 BGB als erforderlich ersetzt verlangen. Einen praktikablen Wert für die Üblichkeit liefert das arithmetische Mittel des sog. "HB III Korridors" der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 bzw. des entsprechenden "HB V Korridors" der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011.

 

Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit
BGH
Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen (hier: Kürzung auf null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung der Umstände des Einzelfalles (Fortführung von Senatsurteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, VersR 2011, 1037).

Kaskoversicherungsleistungen müssen auch die Mehrwertsteuerposition berücksichtigen
LG Koblenz
Bei vereinbarter Neupreisentschädigung für ein Kraftfahrzeug umfassen die Versicherungsleistungen aus der Kaskoversicherung auch die Position der Mehrwertsteuer in der Abrechnung. Geht es tatsächlich um eine Ersatzbeschaffung, besteht kein Anlass, dem Geschädigten unter subjektbezogener Schadensbetrachtung schlechter zu stellen, als er vor dem Schadensereignis gestanden hat.

Voraussetzungen für die Erstattungspflicht des Haftpflichtversicherers für Kosten der Einholung einer Deckungszusage
BGH
Befindet sich bei der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens der Haftpflichtversicherer des Schädigers mit der Ersatzleistung in Verzug, sind Rechtsanwaltskosten, die der Geschädigte im Zusammenhang mit der Einholung einer Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers verursacht hat, nur zu erstatten, soweit sie aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.

Versicherungsentschädigung aus fremd verschuldetem Verkehrsunfall steht bei Kündigung eines Leasingsvertrags mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung dem Leasinggeber zu
BGH
Bei der vorzeitigen Beendigung eines Leasingvertrages mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung steht eine Versicherungsentschädigung, die aufgrund eines fremd verschuldeten Verkehrsunfalls vom Haftpflichtversicherer des Schädigers wegen der Beschädigung des Leasingfahrzeugs auf Totalschadenbasis gezahlt wird, dem Leasinggeber zu, soweit sie nicht vom Leasingnehmer zur Reparatur des Leasingfahrzeugs verwendet wird. Das gilt auch insoweit, als die Versicherungsentschädigung den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags noch nicht amortisierten Gesamtaufwand des Leasinggebers einschließlich des kalkulierten Gewinns übersteigt.

Mitverschulden eines Beifahrers wegen Kenntnis der alkoholbedingt eingeschränkten Fahrtüchtigkeit des Fahrers setzt Gelegenheit zum Verlassen des Fahrzeugs vor Fahrantritt voraus
OLG Naumburg
1. Für die Frage, ob ein geschädigter Beifahrer die Einschränkung der Fahrtüchtigkeit eines alkoholisierten Fahrers kannte oder kennen musste, kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang der Fahrer in Gegenwart des später Geschädigten alkoholische Getränke zu sich genommen hat oder welche Ausfälle, die auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit schließen lassen, er gezeigt hat. Aus dem Grad der BAK werden sich dabei - jedenfalls im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit - keine zwingenden Rückschlüsse auf erkennbare alkoholbedingte Ausfallerscheinungen ziehen lassen.
2. Mitverschulden setzt voraus, dass der Beifahrer in Kenntnis der Alkoholisierung Gelegenheit hatte, das Fahrzeug noch zu verlassen. Ist dieser Punkt streitig, trifft denjenigen, der den Mitverschuldenseinwand erhebt, dafür die volle Beweislast.

Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Anwalts, wenn der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat
OLG Saarbrücken
1. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Anwaltskosten hängt, auch wenn es jedem Streitgenossen unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich freisteht, einen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen, in Fallkonstellationen der vorliegenden Art davon ab, ob es für den Fahrer notwendig war, sich durch einen weiteren, gesondert beauftragten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, obwohl der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; denn nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Anwälte einer Partei vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder in der Person des Anwalts ein Wechsel erforderlich war. Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn ein konkreter sachlicher Grund die Inanspruchnahme von mehreren Prozessbevollmächtigten gebietet (grundlegend: BGH, Beschl.v. 20. Januar 2004, VI ZB 76/03, m.w.N.).
2. Der Umstand, dass nach den im Innenverhältnis zwischen dem Fahrer und seiner Haftpflichtversicherung geltenden Versicherungsbedingungen der Versicherungsnehmer im Falle eines Rechtsstreits dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen hat (vgl. § 7 II Nr. 5 AKB 2007, E.2.4. AKB 2008) (siehe hierzu auch Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 7 AKB 2007, Rz. 60, m.w.N., sowie 28. Aufl., E.2 AKB 2008, Rz. 6, m.w.N.), sich damit also grundsätzlich jeder Einflussnahme auf die Prozessführung zu enthalten und auch von sich aus keinen Anwalt zu bestellen hat, rechtfertigt es nicht, dem Gegner die hierdurch entstehenden Mehrkosten aufzuerlegen. Vielmehr spricht diese Regelung gerade für eine Begrenzung der Kostenerstattungspflicht.

Überprüfung der Haftungsquotelung vom Berufungsgericht
OLG Oldenburg
Die Haftungsquote nach § 17 Abs. 1 StVG sind durch das Berufungsgericht inhaltlich voll zu überprüfen. Es gibt insoweit kein tatrichterliches Ermessen der ersten Instanz, das der Kontrolle entzogen wäre.

Haftung des Linksabbiegers bei Kollision mit überholendem Rettungsfahrzeug
LG Saarbrücken
1. Zur Wahrnehmung von Sonderrechten nach § 35 V a StVO durch den Fahrer eines Rettungsdienstfahrzeugs.
2. Das Gebot, einem Notarzteinsatzfahrzeug mit Blaulicht und Einsatzhorn freie Fahrt zu ermöglichen, gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Verwendung der Warnsignale tatsächlich gegeben waren.
3. Den Linkabbieger, der trotz eines von hinten mit Blaulicht und Martinshorn herannahenden und gut wahrnehmbaren Rettungsfahrzeugs zum Abbiegen ansetzt und mit dem überholenden Rettungsfahrzeug kollidiert, trifft die volle Haftung.

Zur Auslegung einer Vergleichs- und Abfindungserklärung in Verbindung mit dem Vorbehalt hinsichtlich zukünftiger materieller und immaterieller Ansprüche
OLG Koblenz
1. Der vorliegenden Vergleichs- und Abfindungserklärung ist weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Zweck ein schuldumschaffendes konstitutives Anerkenntnis (§ 781 BGB) zu entnehmen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Parteien für die materiellen und immateriellen Zukunftsschäden eine von dem Haftungsgrund losgelöste selbständige Haftungsgrundlage schaffen wollten. In der Vergleichs- und Abfindungserklärung wird deutlich auf den Schuldgrund (Verletzung am xx.xx.xxxx) und den dadurch erlittenen Schaden hingewiesen und auf weitere Ansprüche aus dem "oben erwähnten Schadensfall" mit der aufgenommenen Einschränkung verzichtet. Damit war eine eindeutige Zuordnung zu dem Schadensfall hergestellt (BGH VersR 2003, 452 ff.; OLG Rostock r + s 2011, 490 ff.). Die Haftung der Beklagten war nicht streitig. Dann bedurfte es nicht der Schaffung einer selbständigen Haftungsgrundlage.
2. Auch ein titelersetzendes Anerkenntnis gemäß § 218 Abs. 1 BGB a.F. ist in der Vergleichs- und Abfindungserklärung in Verbindung mit dem Vorbehalt hinsichtlich zukünftiger materieller und immaterieller Ansprüche zugunsten der Klägerin nicht zu sehen. Die Parteien haben in die Erklärung keinen ausdrücklichen Verjährungsverzicht aufgenommen. Die Interessenlage allein des Geschädigten kann für eine derartige Auslegung des Abfindungsvergleichs nicht maßgeblich sein (BGH VersR 1992, 1091 ff.; BGH VersR 2003, 452 ff.). Der Interessenlage der Beklagten hätte ein solches titelersetzendes Anerkenntnis nicht entsprochen; sie hätte sich für 30 Jahre nicht wirksam auf die Einrede der Verjährung berufen können.
3. Auch die Ankündigung oder Absicht der Klägerin, für den Fall, dass eine Einigung mit der Beklagten nicht zustande kommen werde, Klage zu erheben, verhilft der Vergleichs- und Abfindungserklärung nicht zu dieser Bedeutung. In diesem Fall lag eine Klage sicherlich nahe. Anhaltspunkte für die Annahme, ohne die Abgabe einer die Verjährungsfrist hinausschiebenden Erklärung der Beklagten habe konkret eine Feststellungsklage hinsichtlich der Zukunftsschäden gedroht, ergeben sich aus dem Urteil des Landgerichts nicht. Dass eine solche Klage bei Regulierungsverhandlungen immer im Raum steht, reicht für die Annahme einer Klaglosstellung durch die Abgabe eines titelersetzenden Anerkenntnisses von Seiten der beklagten Versicherung nicht aus. Der Vorbehalt ist auf Betreiben der Klägerin in den Abfindungsvergleich aufgenommen worden; auch deshalb kann aus der Aufnahme des Vorbehalts nicht auf eine Absicht der Beklagten geschlossen werden, die Klägerin mit der Aufnahme des Vorbehalts von einer Feststellungsklage abzuhalten (BGH VersR 2002, 474 ff.; VersR 1992, 1021 ff.).
4. In dem Vorbehalt liegt auch kein (stillschweigender) Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Ein solcher Verzicht wäre zwar wegen Verstoßes gegen § 225 BGB a.F. unwirksam. Allerdings könnte die Beklagte aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sein, sich auf die Verjährung zu berufen, wenn sie bei der Klägerin den Eindruck erweckt hätte, sie werde zukünftige Ansprüche befriedigen und die Klägerin dadurch von einer rechtzeitigen Klage abgehalten hätte (BGH VersR 2003, 452 ff.). Dem Wortlaut der Vergleichs- und Abfindungserklärung vom 15.04.1999 lässt sich nur entnehmen, dass mit dem Vorbehalt immaterielle und materielle Zukunftsschäden von dem Verzicht der Klägerin auf den Abfindungsbetrag übersteigende Ansprüche ausgenommen werden sollten. Für einen gleichzeitigen Verzicht auf die Einrede der Verjährung finden sich hingegen keine Anhaltspunkte
5. Mit dem Abschluss des Vergleichs vom 15.04.1999 endete die Hemmung der Verjährung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin gemäß § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F.. Während der laufenden Verhandlungen wird der Geschädigte mit dieser Vorschrift davor geschützt, dass seine Ansprüche verjähren. Mit der Abfindungserklärung und der Zahlung des ausgehandelten Betrags endet die Verjährungshemmung, so dass auch für die vorbehaltenen Zukunftsschäden die Verjährungsfrist läuft (BGH VersR 2002, 474 ff.; OLG Rostock r + s 2011, 490 ff.). Die Verjährungsfrist beginnt nicht erst dann zu laufen, wenn sich weitere Schäden zeigen, sondern bereits mit Abschluss der Verhandlungen durch den Abfindungsvergleich und die Zahlung des ausgehandelten Betrages. Der Schadensersatzanspruch ist einheitlich auch für erst in Zukunft fällig werdende Beträge entstanden, sobald ein erster Teilbetrag durch Leistungsklage geltend gemacht werden kann (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 199 Rn 14, 16).

Kein Anscheinsbeweis bei Auffahrunfall auf der Autobahn nach Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs bei im Übrigen nicht aufklärbarem Sachverhalt
BGH
Bei Auffahrunfällen auf der Autobahn ist ein Anscheinsbeweis regelmäßig nicht anwendbar, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen nicht aufklärbar ist.

Der Regulierungsbeauftragte einer ausländischen Versicherung ist für eine Schadensersatzklage nicht passivlegitimiert
AG München
Ein bloßer Regulierungsbeauftragter ist nicht passivlegitimiert für eine entsprechende Schadensersatzklage (vgl. z.B. AG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.02.2009, 32 C 92/08). Allein der Umstand, dass ein Regulierungsbeauftragter gegenüber dem Geschädigten nach außen aufgetreten ist, führt nicht zur Passivlegitimation; dies ist für einen Regulierungsbeauftragten gerade typisch. Auch dass möglicherweise im Rahmen eines Konzerns Verbindungen zwischen dem Regulierungsbeauftragten und dem eigentlichen ausländischen Kfz-Versicherer bestehen mögen, genügt nicht, um eine Passivlegitimation des Regulierungsbeauftragten zu begründen; maßgeblich ist, welche konkrete juristische Person im Unfallzeitpunkt Versicherer des Unfallfahrzeugs war.

Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Kfz-Haftpflichtversicherung
OLG Nürnberg
1. Die Halterhaftung für Unfälle beim Betrieb des Kfz scheidet nach § 7 Abs. 3 StVG aus, wenn jemand das Fahrzeug ohne Wissen und Wollen des Halters benutzt. Dann haftet anstelle des Halters der unbefugte Fahrer, die Haftung des Halters bleibt nur bestehen, wenn er die Benutzung schuldhaft ermöglicht hat. Dass das Fahrzeug ohne sein Wissen und Wollen benutzt wurde, muss der Halter beweisen.
2. Der Risikoausschluss des § 103 VVG für einen vorsätzlich herbeigeführten Unfall gilt für den Versicherungsnehmer und ebenso für den mitversicherten Fahrer auch im Rahmen der Kfz-Pflichtversicherung.

Entbehrlichkeit der Beweiserhebung über Nachweis des äußeren Bildes eines behaupteten Diebstahls
KG Berlin
Es stellt weder eine fehlerhafte Beweiswürdigung noch eine Verletzung rechtlichen Gehörs dar, wenn das LG aufgrund größtenteils unstreitiger Tatsachen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Versicherungsnehmer die behauptete Kfz-Entwendung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht hat und deswegen nicht weiter geprüft hat, ob der Versicherungsnehmer das äußere Bild der behaupteten Entwendung durch seine Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hätte beweisen können.

 

Das bloße „Füreinander-da-sein" der Eltern für ein nach einer ärztlichen Fehlbehandlung behindertes Kind ist nicht als Pflegemehraufwand ersatzfähig
OLG Dresden
Werden einem (hier: infolge einer ärztlichen Fehlbehandlung) geschädigten Kind die notwendigen Pflegeleistungen unentgeltlich durch seine Angehörigen erbracht, ist auch deren Tätigkeit grundsätzlich zu vergüten, soweit sie ihrer Art nach in vergleichbarer Weise auch von der einer fremden Hilfskraft übernommen werden könnten. Das bloße „Füreinander-da-sein", d. h. die Gegenwart der Eltern in der Nähe ihrer Kinder, z. B. um ihnen in den verschiedenen Situationen beizustehen, ist nicht als Pflegemehrbedarf ersatzfähig, sondern Inhalt der elterlichen Personensorge und Ausdruck unvertretbarer, elterlicher Aufwendung, auch wenn der dafür betriebene Aufwand insgesamt über dasjenige hinausgeht, was Gegenstand des ansonsten selbstverständlichen, originären Aufgabengebiets der Eltern ist. Die finanzielle Bewertung des Marktwertes eines pflegenden Angehörigen kann im Rahmen einer Schätzung mit 9,00 € pro Stunde pauschaliert werden.

Geschädigter eines Verkehrsunfalls kann als Schadensersatz auch angefallene Umsatzsteuer für ein Kfz-Leasing verlangen
OLG Celle
Auch die Anschaffung eines PKW in Form des Leasings stellt eine Maßnahme der Ersatzbeschaffung im Sinne der Restitution nach einem Schaden dar. Der Geschädigte muss bei dem unfallgeschädigten Fahrzeug keine Ersatzbeschaffung in derselben Rechtsform wie vor dem Unfallereignis vornehmen. Ausgangspunkt ist für die Ersatzpflicht von Umsatzsteuer stets, dass sie angefallen ist. Es soll insoweit genügen, dass sich der Geschädigte durch Erteilung des Reparaturauftrags oder bei der Maßnahme Ersatzbeschaffung zu einer Zahlung verpflichtet hat, die die Umsatzsteuer umfasst. Daher hat der Geschädigte einen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, soweit sie schon angefallen ist.

Berechtigte Interessenwahrnehmung des Haftpflichtversicherers bei Verdacht einer Unfallmanipulation
BGH
Beim Verdacht einer Unfallmanipulation darf der neben seinem Versicherungsnehmer verklagte Haftpflichtversicherer im Prozess sowohl als Streitgenosse als auch als Streithelfer nach §§ 61, 69 ZPO seine eigenen Interessen wahrnehmen.

Auf den Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers wegen fehlender Fahrerlaubnis und Unfallflucht nach § 416 BGB ist § 86 Abs. 3 VVG auch nicht analog anwendbar.
OLG Koblenz
1. Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift des § 86 Abs. 3 VVG kommt nicht in Betracht, da der Haftpflichtversicherer mit der Schadenersatzzahlung eine eigene Verpflichtung erfüllt; der Versicherer erwirbt den Regressanspruch gegen den Fahrer nicht gemäß § 86 Abs. 1 VVG vom Versicherungsnehmer, sondern gemäß § 416 BGB unmittelbar vom Haftpflichtgläubiger. Eine unmittelbare Anwendung wird aber auch von der Berufung nicht geltend gemacht.
2. Aber auch eine analoge Anwendung des § 86 Abs. 3 VVG ist zu verneinen. Der Versicherer würde andernfalls gezwungen, ein bestimmtes Risiko, nämlich die Schadenverursachung durch einen Fahrer, der nicht die erforderliche Fahrerlaubnis besitzt, zu decken, obwohl er dieses Risiko ausweislich seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen erkennbar nicht übernehmen will (vgl. auch BGH VersR 84, 327; VersR 88, 1062; OLG Celle VersR 2005, 681, OLG Hamm VersR 2006, 965, Prölss/Martin, VVG 28. Aufl.; § 86 Rz. 54).
3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 05.03.2008 (ZfSch 2008, 274-277). Dies gilt bereits deshalb, weil dieser Entscheidung eine Kaskoversicherung bzw. die Überprüfung eines Kaskoschadens zugrunde lag. Vom BGH wurde in der genannten Entscheidung die Frage erörtert und bejaht, ob in der Kaskoversicherung, die von einer Personengesellschaft für ein zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Fahrzeug genommen wird, auch das Sachersatzinteresse der Gesellschafter als mitversichert anzusehen ist, die gesellschaftsintern dazu berufen sind, das versicherte Fahrzeug zu nutzen. Da jedoch im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 VVG nicht erfüllt sind, kommt auch eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 86 Abs. 3 VVG nicht in Betracht.

Bei grob fahrlässiger Verkennung der Gebotenheit einer Rettungsmaßnahme ist zu quoteln
OLG Koblenz
1. Das „Alles-oder-Nichts-Prinzip" wollte der Gesetzgeber auch nicht mehr beim Aufwendungsersatz anwenden; § 83 Abs. 1 Satz 1 VVG enthält eine abgestufte, der Einschätzung des Versicherungsnehmers entsprechende Ersatzpflicht des Versicherers.
2. Sofern der Wortlaut der AKB ausdrücklich nichts anderes hergibt, gilt ein in den AKB erklärter Verzicht auf die Erhebung des Einwands der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls auch für die grob fahrlässige Verkennung einer Rettungshandlung.

Bei grob fahrlässiger Verkennung der Gebotenheit einer Rettungsmaßnahme ist zu quoteln
OLG Saarbrücken
Gewährt der Versicherer in der Teilkaskoversicherung Deckung bei Schäden durch einen Zusammenstoß mit Tieren und steht nicht fest, welche Größe das Tier hatte, dem der Versicherungsnehmer auf einer Bundesautobahn mit der Folge eines Unfallschadens ausgewichen ist, so kommt eine Kürzung des Rettungskostenersatzes um 50 % in Betracht.

Leistungskürzung bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Unfalls
OLG Düsseldorf
1. Hat ein Versicherer in seinen AKB geregelt, er sei berechtigt, bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls seine Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen, dann muss der Versicherer die Kürzung erklären; sie ist nicht von Amts wegen vorzunehmen.
2. Die Kürzung ist von der vollen Leistung vorzunehmen, es ist nicht etwa von einem „Mittelwert" von 50 % auszugehen.
3. Einzelfallgerecht ist allein die gerichtliche Überprüfung, ob der Versicherer unter Abwägung aller für und gegen den Versicherungsnehmer sprechenden berücksichtigungsfähigen Gesichtspunkten von seinem Kürzungsrecht keinen zu hohen Gebrauch gemacht hat. Dies entspricht es nicht, von Vorneherein „Reduzierungsschritte" in einer bestimmten Größenordnung (von z. B. 10 % oder 25 %) in Ansatz zu bringen.
4. Hat der Versicherer grundsätzlich in der Kfz-Voll- und Teilkaskoversicherung auf den Einwand grober Fahrlässigkeit verzichtet, hiervon aber eine Ausnahme für den Fall der Herbeiführung des Versicherungsfalls „infolge des Genusses alkoholischer Getränke" gemacht, reicht für den Eintritt des Versicherungsfalls aus, dass der Alkoholkonsum den Schadeneintritt mit verursacht hat.
5. Für die der Kürzung zugrunde liegende Abwägung ist nach dem Wegfall des Verzichts auf den Einwand grober Fahrlässigkeit der Abwägungsspielraum uneingeschränkt eröffnet. Es sind daher sämtliche zugunsten wie auch zu Lasten des Versicherungsnehmers feststehende Umstände zu würdigen, die geeignet sind, die konkrete Schwere seines gesamten unfallursächlichen Verschuldens zu bestimmen. Das kann auch zu einer höheren Kürzung führen, als sie allein für die Trunkenheit anzusetzen wäre.

Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung in gewerblichen Kfz-Mietverträgen
BGH
1. Ist in einem gewerblichen Kfz-Mietvertrag eine Haftungsbefreiung oder eine Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung vereinbart, ist ein in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgesehener und differenzierter Haftungsvorbehalt für den Fall grober Fahrlässigkeit nach § 307 BGB unwirksam.
2. An die Stelle der unwirksamen Klausel über den Haftungsvorbehalt tritt der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 2 VVG.
3. Dies gilt hinsichtlich der Haftung des grob fahrlässig handelnden berechtigten Fahrers, der nicht Mieter ist, gleichermaßen jedenfalls dann, wenn dessen Haftungsfreistellung in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen ausdrücklich vorgesehen ist.

Der regressierende Sozialversicherungsträger hat keinen eigenen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen nach § 119 VVG zu übersendender Kopien
OLG Köln
Regressiert der Sozialversicherungsträger aus übergegangenem Recht nach § 116 SGB X beim Haftpflichtversicherer des Schädigers Aufwendungen, kann er für die nach § 119 VVG zu übersenden Kopien mangels eines eigenen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs keine Erstattung von Kopierkosten verlangen. Der Sozialversicherungsträger kann jedoch vor Übersendung der Kopien eine Kostenübernahmeerklärung für nach § 811 Abs. 2 BGB analog anfallende Kosten verlangen.

Das Verschweigen eines Vorschadens gegenüber dem vom Versicherer beauftragten Privatgutachter stellt eine arglistige Obliegenheitsverletzung dar, über deren Rechtsfolgen nicht belehrt werden muss
LG Saarbrücken
1. Der Versicherungsnehmer, dessen Fahrzeug einen Vorschaden erlitten hat, muss darlegen und beweisen, dass der gesamte Schaden, dessen Ersatz er von seinem Kaskoversicherer beansprucht, auf den neuen Versicherungsfall zurückzuführen ist.
2. Erklärt der Versicherungsnehmer, er sei der Meinung gewesen, dass der vom Versicherer beauftragte Privatgutachter nicht über den Vorschaden informiert werden muss, weil die damalige Angelegenheit für ihn „erledigt" gewesen sei, so spricht dies für eine arglistige Verletzung der Auskunftsobliegenheit.
3. Im Fall der Arglist des Versicherungsnehmers bedarf es keiner vorherigen Belehrung über die Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung gemäß § 28 Abs. 4 VVG.

Berücksichtigung von Entschädigungsgrenze und Selbstbehalten bei Kumulschäden
OLG München
Wenn in einer Kraftfahrzeugversicherung, die eine Mehrheit von Fahrzeugen umfasst,
- für alle Schäden aufgrund eines Elementarereignisses eine Entschädigungsgrenze vereinbart ist,
- für Schäden durch Elementarereignisse je Fahrzeug und Elementarschadenereignisse eines Selbstbehalt gilt,
- weiter bestimmt ist, dass bei Schäden an mehreren Fahrzeugen durch ein und dasselbe Elementarereignis (Kumulschaden) der Selbstbehalt 15 % der ermittelten Entschädigungsleistung für alle betroffenen Fahrzeuge zusammen beträgt, mindestens jedoch der je Fahrzeug geltende Selbstbehalt, maximiert auf das 30-fache,
führen Selbstbehalt und Entschädigungsgrenze zu einer Versicherungsleistung, ist bei der Ermittlung der Entschädigung nach dem Wortlaut der Regelung zunächst die Entschädigungsgrenze zu berücksichtigen und von der so ermittelten Entschädigungsleistung der Selbstbehalt abzuziehen.

Unfall zwischen Radfahrer und Skater
OLG Düsseldorf
Zu den Pflichten von Inline-Skatern auf gemeinsamen Rad- und Fußwegen gegenüber nachfolgenden schnelleren Radfahrern.

Unfall infolge Nichtbenutzung des Radweges
OLG Frankfurt
Der Radfahrer, der den entsprechend ausgeschilderten Radweg nicht benutzt und auf der Fahrbahn auf einer von einem PKW hinterlassenen erkennbaren Ölspur ausrutscht, trifft ein Mitverschulden. Haftet der Kraftfahrer nur aus § 7 StVG, ist ein Abzug von 50 % gerechtfertigt.

Schädigung bei Starthilfe
OLG Düsseldorf
Wer mittels eines Überbrückungskabels Starthilfe leistet und dabei den Halter des defekten Kfz verletzt, ist eventuell nach § 105 Abs. 2 Satz 1 SGB VII haftungsprivilegiert. Es ist aber zunächst im UV-Verfahren zu klären, ob ein Versicherungsfall im Sinne des SGB VII vorliegt.

Betriebsgefahr eines fahrenden Fahrzeugs tritt bei Verstoß gegen die Verhaltensmaßregeln beim Aussteigen hinter der Betriebsgefahr eines parkenden Fahrzeugs zurück
LG Wiesbaden
Die Betriebsgefahr eines fahrenden Fahrzeugs tritt bei Verstoß gegen die Verhaltensmaßregeln beim Ein- und Aussteigen in jedem Fall hinter der Betriebsgefahr eines parkenden Fahrzeugs zurück. Hat der Aussteigende die Fahrertür so weit wie nur möglich in die Fahrbahn hinein geöffnet, so streitet gegen den klagenden Kfz-Haftpflichtversicherung zunächst einmal der Anschein, dass der Unfall allein darauf zurückzuführen ist, dass der Aussteigende in den Klägerfahrzeug die Verhaltensmaßregeln beim Ein- und Aussteigen nicht beobachtet hat. Denn es ist anerkannt, dass derjenige, der die linke Wagentür zur Fahrbahn hin öffnen will, eben diese Tür nur langsam und nur spaltweise öffnen darf, wobei letzterem regelmäßig nur bei einer Spaltbreite von bis zu 10 cm genüge getan ist und die Tür obendrein nur dann überhaupt geöffnet werden darf, wenn sich mit Gewissheit kein Verkehr nähert.

Für Ersatz schockbedingter Schäden bei Todesnachricht eines Kindes ist Sachverständigengutachten nicht zwingend erforderlich
OLG Frankfurt
Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch die Nachricht vom Unfalltod eines nahen Angehörigen ist nicht veranlasst, wenn das Gericht seiner Beurteilung ärztliche Atteste zugrunde legt. Ob daraus ein Entschädigungsanspruch folgt, unterliegt allein der wertenden rechtlichen Beurteilung durch das Gericht. Auch bei durch den Tod eines Kindes ausgelösten erheblichen und langwierigen gesundheitlichen Folgen begründen diese keinen Schadensersatzanspruch, wenn sie nach Art und Schwere nicht in erheblichem Umfang die Folgen übersteigen, die erfahrungsgemäß mit einem tief empfundenen Trauerfall verbunden sind. Dies gilt auch dann, wenn die Beeinträchtigungen in medizinischer Sicht als Verletzung der Gesundheit betrachtet worden sind, das Gericht jedoch die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten sieht.

Kein Anspruch auf Ersatz höherer Reparaturkosten, wenn die vom Geschädigten durchgeführte Reparatur von den Vorgaben des Sachverständigen abweicht
BGH
Der Ersatz des Reparaturaufwands bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges kann nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Daher ist regelmäßig die Erstattung von Reparaturkosten über den Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt, wenn der Geschädigte selbst sein Kraftfahrzeug nicht vollständig und fachgerecht nach den Vorgaben des Sachverständigen instand setzt.

Pflichten des Grundstücksausfahrers
BGH
Das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu überlassen und diesen nicht zu behindern.

Schätzungsbonus für Berufsanfänger bei der Bemessung eines zukünftigen Verdienstausfallschadens
OLG München
1. Der Wegfall oder die Minderung (MdE) der Arbeitsleistung als solche stellt keinen schadensersatzrechtlich relevanten Schaden dar. Die MdE ist für einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch nicht maßgeblich. Maßgebend ist vielmehr der konkrete Verdienstausfall des Geschädigten aufgrund seiner Unfallverletzungen. Personen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, ist ein sog. Schätzungsbonus zuzubilligen, weil ihnen die Chance genommen wurde, zu beweisen, dass sie ihre Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen hätten (vgl. BGH NJW 1997, 937).
2. Welche Tatsachen gem. §§ 252 S. 2 BGB, 287 ZPO zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehören und welche Tatsachen so wesentlich sind, dass sie vom Kläger dargelegt und ggf. bewiesen werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und lässt sich daher nicht ein für alle Mal festlegen (BGHZ 54, 45 [56]). Zunächst hat das Gericht über die bestrittenen und für die Schadensbemessung erforderlichen Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen Beweis zu erheben, um den Schätzungsweg gemäß §§ 287 ZPO, 252 BGB und die damit verbundenen Beweiserleichterungen zu eröffnen (BGH VersR 1988, 836).

Wird ein Kind durch einen Unfall vollständig erwerbsunfähig, richtet sich der Verdiensterwerbsschaden nach gerichtlicher Prognose des späteren Berufs ohne Unfall
LG Münster
Im Rahmen der Klage wegen Verdiensterwerbsschadens aufgrund eines Verkehrsunfalls mit einem 9-jährigen Kind kann das Gericht nach der Beweisaufnahme zu der prognostischen Überzeugung kommen, dass es ohne Unfall im streitgegenständlichen Zeitraum eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert hätte. An eine solche Prognose dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis dem Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte. Zutreffend werden deshalb in solchen Fällen auch der Beruf, die Vor- und Weiterbildung der Eltern, ihre Qualifikation in der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind sowie schulische und berufliche Entwicklungen von Geschwistern herangezogen.

Leistungskürzung nach § 81 Abs. 2 VVG erfolgt erst nach Abzug einer etwaigen Selbstbeteiligung
LG Aachen
Bei der im Falle grober Fahrlässigkeit zu treffenden Quote ist der Betrag der Selbstbeteiligung zunächst auf den Schaden anzurechnen und erst sodann ist die Kürzung des Leistungsanspruchs vorzunehmen (so auch LG Konstanz, Urteil v. 26.11.2009, Az. 3 O 119/09, juris Rn. 26 f; AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 28.10.2009, Az. 916 C 359/09, juris Rn. 12). Dies folgt daraus, dass die Selbstbeteiligung in unmittelbarem Zusammenhang zum Schaden steht, dessen Höhe eben erst feststehen muss, bevor eine Leistungskürzung nach § 81 Abs. 2 VVG vorgenommen wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich etwas anderes auch nicht aus § 13 Abs. 10 AKB. In dieser Bestimmung ist lediglich normiert, dass von dem Schaden die Selbstbeteiligung abzuziehen ist. Eine Regelung, wie die Selbstbeteiligung bei Leistungskürzungen nach § 81 Abs. 2 VVG zu berücksichtigen ist, enthält § 13 Abs. 10 AKB dagegen nicht.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort rechtfertigt bei einem nicht unerheblichen Fahrzeugschaden eine Kürzungsquote von 50%
AG Mülheim
1. Hat der Versicherungsnehmer sich nach einem wahrgenommenen Anstoß vom Unfallort entfernt und kann er sich nicht vom Vorwurf einer leichtfertig unterlassenen Untersuchung des beschädigten Pkw exkulpieren, ist der Versicherer wegen einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung nach § 28 VVG zu einer Kürzungsquote berechtigt.
2. Bei einem nicht unerheblichen Fahrzeugschaden einerseits, andererseits jedoch auch einer als Augenblicksversagen zu qualifizierenden Überforderung des betagten Versicherungsnehmers ist eine Kürzungsquote in Höhe von 50% der Schwere des Verschuldens angemessen.
3. Der Kausalitätsbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG ist dem Versicherungsnehmer verwehrt, wenn eine medikamentenbedingte Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit durch den Versicherungsnehmer aufgrund seiner "Unfallflucht" nicht aufgeklärt werden kann.

Leistungskürzung bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Unfalls
OLG Düsseldorf
1. Hat ein Versicherer in seinen AKB geregelt, er sei berechtigt, bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls seine Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen, dann muss der Versicherer die Kürzung erklären; sie ist nicht von Amts wegen vorzunehmen.
2. Die Kürzung ist von der vollen Leistung vorzunehmen, es ist nicht etwa von einem „Mittelwert" von 50 % auszugehen.
3. Einzelfallgerecht ist allein die gerichtliche Überprüfung, ob der Versicherer unter Abwägung aller für und gegen den Versicherungsnehmer sprechenden berücksichtigungsfähigen Gesichtspunkten von seinem Kürzungsrecht keinen zu hohen Gebrauch gemacht hat. Dies entspricht es nicht, von Vorneherein „Reduzierungsschritte" in einer bestimmten Größenordnung (von z. B. 10 % oder 25 %) in Ansatz zu bringen.
4. Hat der Versicherer grundsätzlich in der Kfz-Voll- und Teilkaskoversicherung auf den Einwand grober Fahrlässigkeit verzichtet, hiervon aber eine Ausnahme für den Fall der Herbeiführung des Versicherungsfalls „infolge des Genusses alkoholischer Getränke" gemacht, reicht für den Eintritt des Versicherungsfalls aus, dass der Alkoholkonsum den Schadeneintritt mit verursacht hat.
5. Für die der Kürzung zugrunde liegende Abwägung ist nach dem Wegfall des Verzichts auf den Einwand grober Fahrlässigkeit der Abwägungsspielraum uneingeschränkt eröffnet. Es sind daher sämtliche zugunsten wie auch zu Lasten des Versicherungsnehmers feststehende Umstände zu würdigen, die geeignet sind, die konkrete Schwere seines gesamten unfallursächlichen Verschuldens zu bestimmen. Das kann auch zu einer höheren Kürzung führen, als sie allein für die Trunkenheit anzusetzen wäre.

Abrechnung nach Erwerb eines billigeren Ersatzfahrzeugs
LG Coburg
Investiert der Geschädigte nach einem wirtschaftlichen Totalschaden bei der Ersatzbeschaffung weniger als den Netto-Wiederbeschaffungswert, kann er nur auf Netto-Wiederbeschaffungsbasis abrechnen.

Die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers als Anerkenntnis und seine Verjährung
AG Mannheim
Die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten beinhaltet, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt, mit der Folge eines beide Rechtsverhältnisse umfassenden, den Versicherer wie Versicherungsnehmer unmittelbar selbst verpflichtenden, deklaratorischen (kausalen) Anerkenntnisses (Anschluss an BGH NJW-RR 2009, 382; OLG Bamberg BauR 2010, 1596.

Prozessführung des Versicherers und RA-Kosten des Versicherungsnehmers
AG Mannheim
1. Da der Versicherer verpflichtet ist, für den Versicherungsnehmer den Prozess zu führen, hat er für die unrechtmäßige Verweigerung der Deckungspflicht schon dem Grunde nach wegen einer Pflichtverletzungen des Versicher
ungsvertrages gemäß §§ 280, 281, 249 BGB in haftungsbegründender Weise einzustehen. 2. In diesem Fall hat der Versicherungsnehmer, der den Prozess dann selbst führt, gemäß §§ 82, 83 VVG Anspruch auf Bezahlung seiner Gebühren, denn er führt den Prozess, um den Schaden nach Möglichkeit anzuwenden oer zu mindern.
3. Da den Versicherer grundsätzlich keine Pflicht trifft, Aufwendungen des Versicherungsnehmers zu ersetzen, die dadurch entstehen, dass dieser eigenmächtig einen Prozessbevollmächtigten bestellt bzw. einen Rechtsstreit führt, hat der Umstand, dass der Versicherte seinen Prozessbevollmächtigten schon beauftragt hatte und dem Rechtsstreit beigetreten war, bevor ihm überhaupt eine Reaktion der Versicherung vorlag, zur Folge, dass diese nur diejenigen Kosten zu erstatten hat, die ab dem Zeitpunkt der Verweigerung der Deckung entstanden sind.

Zuständigkeit des Arbeitsgerichts für Regressanspruch des Kaskoversicherers gegen Arbeitnehmer seines Versicherungsnehmers
LG Nürnberg-Fürth
Der Regressanspruch eines Kaskoversicherers gegen den Arbeitnehmer seines Versicherungsnehmers wegen der Beschädigung eines durch jenen geführten Betriebsfahrzeugs ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a i.V.m. § 3 ArbGG in der Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte geltend zu machen.

Auslegung eines Verzichts auf die Prüfung des Rechtsübergangs bzw. dem Einwand der mangelnden Übergangsfähigkeit in Teilungsabkommen mit Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
BGH
Wenn in einem zwischen einem Haftpflichtversicherer und einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung geschlossenen Teilungsabkommen auf die „Prüfung des Rechtsübergangs" bzw. dem Einwand der mangelnden Übergangsfähigkeit verzichtet wird, erstreckt sich dieser Verzicht grundsätzlich auf das Fehlen der für den Regress vorausgesetzten Kongruenz zwischen einzelnen Schadenspositionen und den Versicherungsleistungen sowie auf das Eingreifen des Familienprivilegs. Von der Prüfung des Übergangs des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches ist die Prüfung der Haftungsfrage zu trennen.

Keine Gefahrerhöhung bei Weiterbenutzung des PKW trotz Schlüsselverlustes
Amtsgericht Bad Segeberg
1. Bei Verlust eines Fahrzeugschlüssels und einer anschließenden Weiterbenutzung des Fahrzeugs liegt keine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG a. F. vor (Anschluss an OLG Celle, VersR 2005, 640; entgegen OLG Nürnberg, Urteil vom 28.03.2003 - 8 U 4326/01).
2. In diesem Fall kann sich eine Leistungsfreiheit indes gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 VVG a. F. ergeben (Anschluss an OLG Celle, a. a. O.). Insoweit trägt der Versicherungsnehmer die volle Beweislast dafür, dass der Verlust des Fahrzeugschlüssels keinen Einfluss auf den Eintritt des (behaupteten) Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat gemäß § 28 Abs. 2, 2. Alternative, 2 VVG a. F.. Es bleibt offen, ob eine unterbliebene Anzeige des Schlüsselverlustes kausal für den Eintritt oder den Umfang des Versicherungsfalls geworden ist, geht dies zu Lasten des Versicherungsnehmers (Anschluss an LG Bielefeld, r+s 1995, 368).
3. Unmaßgeblich ist, ob der Versicherungsnehmer Kenntnis davon hatte, dass er das Abhandenkommen des Fahrzeugs bei der Versicherung anzeigen musste; anders als § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a. F. stellen die §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 VVG a. F. auf einen (fehlenden) Vorsatz des Versicherungsnehmers nicht ab. Es kann daher auch dahinstehen, ob ein etwaiger Rechtsirrtum des Versicherungsnehmers für diesen vermeidbar gewesen wäre.

Klausuliertes Garantieversprechen beim Gebrauchtwagenkauf darf nicht intransparent von Garantieinspektion abhängig gemacht werden
LG Bonn
Wird bei einer vorformulierten Garantieversicherung im Rahmen eines Gebrauchtwagenkaufs nicht hinreichend deutlich, dass die Garantie zunächst lediglich 12 Monate gilt und sich nur verlängert, wenn der Käufer eine jährliche Garantieinspektion durchführen lässt, liegt eine unangemessene Benachteiligung mit der Folge der Unwirksamkeit vor. Dabei ist unerheblich, dass auf dieses Erfordernis in den Versicherungsformularen unter „Wichtiger Hinweis" ausdrücklich hingewiesen wird.

 

Unwirksamkeit von Haftungsbefreiungen oder -reduzierungen in KFZ-Mietverträgen nach Art der Vollkaskoversicherung
BGH
1. Ist in einem gewerblichen KFZ-Mietvertrag eine Haftungsbefreiung oder Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung vereinbart, ist ein in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen vorgesehener undifferenzierter Haftungsvorbehalt für den Fall grober Fahrlässigkeit nach § 307 BGB unwirksam.
2. An die Stelle der unwirksamen Klausel über den Haftungsvorbehalt tritt der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 2 VVG.
3. Dies gilt hinsichtlich der Haftung des grob fahrlässig handelnden berechtigten Fahrers, der nicht Mieter ist, gleichermaßen jedenfalls dann, wenn dessen Haftungsfreistellung in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen ausdrücklich vorgesehen ist.

Ersatz von Reitkosten als vermehrte Bedürfnisse (§ 843 Abs. 1 2. Alt. BGB) bzw. als einmaliger Mehrbedarf (§§ 249, 251 BGB) nach einem Unfall nur bei therapeutischem Wert in Bezug auf die Unfallfolgen
OLG Koblenz
1. Vermehrte Bedürfnisse umfassen unfallbedingte Mehraufwendungen, die diejenigen Nachteile ausgleichen sollen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (BGH NJW-RR 2004, 671). Regelmäßig muss es sich dabei um Aufwendungen handeln, die dauerhaft und regelmäßig erforderlich sind und nicht der Wiederherstellung der Gesundheit dienen (BGH a.a.O., 672).
2. Daneben können aber ausnahmsweise einmalig anfallende Kosten nach §§ 249, 251 BGB zu ersetzen sein, wenn durch die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels ein erhöhtes Bedürfnis des Verletzten befriedigt werden kann (BGH a.a.O., 672).
3. Die Mehraufwendungen sind aber nur dann zu ersetzen, wenn die Schädigung zu gesteigerten Bedürfnissen des Verletzten zur Aufrechterhaltung des vor dem schädigenden Ereignis gewohnten Lebensstils geführt hat. Davon abzugrenzen sind diejenigen Fälle, in denen der Geschädigte mit dem Schadensersatzbegehren ein Bedürfnis verfolgt, in gleicher Weise wie vor dem Unfall persönlichen Neigungen bei der Freizeitgestaltung uneingeschränkt nachgehen zu können. Diese Freiheit kann bei einer irreversiblen körperlichen Schädigung in tatsächlicher Hinsicht nicht wiederhergestellt werden. Insoweit liegt eine immaterielle Beeinträchtigung der Lebensfreude vor, deren Ausgleich unter dem Gesichtspunkt der Bemessung eines Schmerzensgeldes zu erfolgen hat (vgl. BGH NJW-RR 2004, 671, 672 und NJW-RR 1992, 792, 793).
4. Zum Ersatz der Reitkosten bedarf es des Vortrages konkreter Tatsachen, inwiefern nach so langer Zeit (hier: 25 Jahre) die Wiederaufnahme des Reitens nunmehr einen therapeutischen Wert in Bezug auf die Unfallfolgen haben soll. Der bloße Hinweis auf eine Stabilisierung der Muskulatur und der Koordinationsfähigkeit durch das Reiten reicht nicht aus. Insbesondere hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan, wieso sich diese angestrebten Verbesserungen nicht auch durch andere Maßnahmen erreichen ließen.
5.Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe steht der Klägerin kein Zahlungsanspruch im Hinblick auf die durch das Reiten und die Sattelanfertigung angefallenen Kosten zu. Unfallbedingte Einschränkungen bei der Ausübung des Reitens als Freizeitsport, wie sie die Klägerin erlitten hat, können nicht beseitigt werden. Sie sind grundsätzlich über die Regelungen zum immateriellen Schadensersatz zu kompensieren. Verhältnismäßigkeitserwägungen im Hinblick auf entstehende Kosten spielen bei dieser Unterscheidung keine entscheidende Rolle (vgl. BGH NJW-RR 1992, 792, 793).
6. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt der Pflicht des Schädigers zur Ermöglichung der Aufrechterhaltung des bis zum Unfall gewohnten Lebensstandards (vgl. BGH NJW 2004, 671, 672 und NJW 2006, 1271, 1274, 1275). Dazu hätte eine regelmäßige Ausübung des Reitsports zu den gewohnten Verhältnissen der Klägerin vor dem Unfall gehören müssen. Selbst unter Zugrundelegung des Vorbringens der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausübung des Reitsports für ihr Leben vor dem Unfall von so prägender Bedeutung war, dass sich die Wiederaufnahme des Reitsports als Ausdruck der Aufrechterhaltung eines erreichten Lebensstandards darstellt. Die Klägerin selbst hat hierzu vorgetragen, zwischen dem 5. und 9. Lebensjahr regelmäßig und danach etwa vom 10. bis zum 13. Lebensjahr immerhin noch häufiger geritten zu sein. In der Folge sei ihr das Reiten in den Jahren bis zu dem Unfall noch gelegentlich für eine Reitstunde im Urlaub möglich gewesen. Ein fester Lebensbestandteil war das Reiten zu diesem Zeitpunkt demnach nicht mehr.

Kein Anspruch auf „Reparaturkostendeckungszusage" für die erforderlichen Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes
LG Dortmund
Solange eine vollständige Reparatur des verunfallten Fahrzeugs nicht erfolgt ist, ist der Versicherer lediglich gehalten, nach Ziffer A. 2. 7.1 b) AKB 2008 zu regulieren (erforderliche Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des in den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswertes). Zu einer Reparaturkostendeckungszusage für die erforderlichen Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ist der Versicherer nicht verpflichtet.

Kein Versicherungsschutz, wenn rotes Kennzeichen nur im Fahrzeuginneren verwahrt und nicht von außen befestigt worden ist
OLG Koblenz
Eine fehlerhafte Beratung über fehlenden Vollkaskoschutz für ein rotes Kennzeichen begründet mangels Kausalität keine Haftung vom Versicherer oder Agent, wenn das rote Kennzeichen beim Schadenfall (Brand) nicht außen an dem Fahrzeug angebracht, sondern im Inneren des Fahrzeuges verwahrt worden war, da das Fahrzeug in diesem Fall nicht mit dem Kennzeichen im Sinn von Nr. I 1 der Sonderbedingungen zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kfz-Handel und -Handwerk „versehen" war.

Nur maßvolle Anforderungen an die Prognose einer künftigen Geschäftsentwicklung im Rahmen der Berechnung des Verdienstausfallschadens eines Selbständigen
OLG Celle
1. Ist die voraussichtliche berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen (§§ 252 BGB, 287 ZPO), muss der Geschädigte soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dartun. Doch dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.
2. Bei selbständig Tätigen bedarf es zur Beantwortung der Frage, ob diese einen Verdienstausfallschaden erlitten haben, der Prüfung, wie sich ihr Betrieb ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte. Welche Tatsachen dabei zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehören und welche Tatsachen so wesentlich sind, dass sie vom Geschädigten dargelegt und ggf. bewiesen werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
3. Persönliche spekulative Einschätzungen sowie Absichtserklärungen des Geschädigten über seine Gewinnchancen aus etwaigen zukünftigen betrieblichen Gestaltungen sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. Insoweit handelt es sich nicht um den gewöhnlichen Verlauf der Dinge, der ohne das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre.
4. Soweit der Geschädigte den im Wege des Schadensersatzes erhaltenen Verdienstausfall nachträglich ausgeglichen bekommt und zu versteuern hat, hat der Schädiger auch die konkret auf den zu erstattenden Betrag entfallende Steuer zu ersetzen.
5. Ein Hobby (hier: Reisen, Camping) hat nicht ohne weiteres einen Vermögenswert und ist damit keine ausgleichsfähige Position im Rahmen eines Verdienstausfallschadens. Ein Ausgleich dieser Positionen ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes möglich. Hier kann ein entsprechender Verlust an Lebensqualität durch entsprechende Zuschläge zu berücksichtigen sein.
6. Auch bei einem Querschnittsgelähmten kann im Einzelfall (hier: mehrfacher Welt- und Europameister im Badminton; Behindertensportler des Jahres) Mithilfe bei der Hausarbeit zumutbar sein. Entsprechend verringert sich ein Haushaltsführungsschaden.

Leistungskürzungsrecht nur bei entsprechender Erklärung des Versicherers
OLG Düsseldorf
1. Hat ein Versicherer in seinen AKB geregelt, er sei berechtigt, bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen, dann muss der Versicherer die Kürzung erklären; sie ist nicht von Amts wegen vorzunehmen.
2. Die Kürzung ist von der vollen Leistung vorzunehmen; es ist nicht etwa von einem "Mittelwert" von 50 % auszugehen.
3. Einzelfallgerecht ist allein die gerichtliche Überprüfung, ob der Versicherer unter Abwägung aller für und gegen den Versicherungsnehmer sprechenden berücksichtigungsfähigen Gesichtspunkte von seinem Kürzungsrecht keinen zu hohen Gebrauch gemacht hat. Dem entspricht es nicht, von vornherein "Reduzierungsschritte" in einer bestimmten Größenordnung (von z. B. 10 % oder 25 %) in Ansatz zu bringen.
4. Hat der Versicherer grundsätzlich in der Kfz-Voll- und Teilkaskoversicherung auf den Einwand grober Fahrlässigkeit verzichtet, hiervon aber eine Ausnahme für den Fall der Herbeiführung des Versicherungsfalls "infolge des Genusses alkoholischer Getränke" gemacht, reicht für den Eintritt des Versicherungsfalls aus, dass der Alkoholkonsum den Schadeneintritt mitverursacht hat.
5. Für die der Kürzung zugrunde liegende Abwägung ist nach dem Wegfall des Verzichts auf den Einwand grober Fahrlässigkeit der Abwägungsspielraum uneingeschränkt eröffnet. Es sind daher sämtliche zu Gunsten wie auch zu Lasten des Versicherungsnehmers feststehende Umstände zu würdigen, die geeignet sind, die konkrete Schwere seines gesamten unfallursächlichen Verschuldens zu bestimmen. Das kann auch zu einer höheren Kürzung führen als sie allein für die Trunkenheit anzusetzen wäre.

Keine Leistungsfreiheit eines Pkw-Haftpflichtversicherers bei fehlerhafter Belehrung über die Rechtsfolge der Nichtzahlung der ersten Prämie
LG Dortmund
Leistungsfreiheit einer Haftpflichtversicherung bei nicht fristgerechter Zahlung der ersten Prämie tritt nur dann ein, wenn der Versicherungsnehmer im Versicherungsschein und in einem gesonderten Schreiben über die Folgen der Nichtzahlung belehrt wurde, wobei aus der Belehrung klar hervorgehen muss, bis wann welcher Betrag zu zahlen ist, damit der Versicherungsschutz eintritt. Es reicht nicht aus, wenn in der Belehrung lediglich von rechtswilliger Zahlung die Rede ist. Leistungsfreiheit tritt im Übrigen auch dann ein, wenn die in der Belehrung genannte Frist fehlerhaft berechnet ist.

Vorrang des fließenden Verkehrs bei Grundstücksausfahrt
BGH, Urteil vom 20.09.2011, VI ZR 282/10
Das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern.

Recht auf Versicherungsentschädigung bei vorzeitiger Beendigung des Leasingsvertrages
BGH
Bei der vorzeitigen Beendigung eines Leasingvertrags mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung steht eine Versicherungsentschädigung, die aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls vom Haftpflichtversicherer des Schädigers wegen der Beschädigung des Leasingfahrzeugs auf Totalschadensbasis gezahlt wird, dem Leasinggeber zu, soweit sie nicht vom Leasingnehmer zur Reparatur des Leasingfahrzeugs verwendet wird. Das gilt auch insoweit, als die Versicherungsentschädigung den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages noch nicht amortisierten Gesamtaufwand des Leasinggebers einschließlich des kalkulierten Gewinns übersteigt (Fortführung von BGH, WM 2008, 368).

Kein Nachweis des äußeren Bildes einer Entwendung eines Fahrzeuges bei Widersprüchen des Versicherungsnehmers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung
KG Berlin
Will der Kläger als Versicherungsnehmer in der Kfz-Kaskoversicherung den Beweis des äußeren Bildes einer Entwendung seines Fahrzeuges mit seinen eigenen Angaben führen, müssen diese Angaben bei der persönlichen Anhörung des Klägers zur Überzeugungsbildung des Gerichts gemäß § 286 ZPO in der Gesamtbetrachtung glaubhaft sein. Bei der Würdigung können widersprüchliche Angaben und auch das Aussageverhalten des Klägers zu seinen Lasten berücksichtigt werden.

Kein Anspruch gegen den Unfallgegner auf Erstattung der Kosten für die Einholung der Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer des Geschädigten
OLG Karlsruhe
1. Den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung kann eine Verkehrsunfallgeschädigter vom Schädiger nicht fordern, da diese nicht vom Schutzzweck des § 249 BGB umfasst sind (im Anschluss an die Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschluss vom 9. Dezember 2010, 1 W 64/10).
2. Selbst wenn man annimmt, dass dem Rechtsanwalt für die Deckungsanfrage überhaupt eine gesonderte Gebühr zusteht (offengelassen von BGH NJW 2011, 1222) und es sich auch nicht um eine Vorbereitungshandlung im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RVG handelt (so aber OLG München JurBüro 1993, 163), so unterhält der Geschädigte die Rechtsschutzversicherung, um sich gegen das Kostenrisiko abzusichern, das sich ergibt, wenn er in einem Rechtsstreit unbegründete Forderungen geltend macht oder sich als Beklagter erfolglos gegen vom Prozessgegner erhobene Ansprüche verteidigt. Die Absicherung gegen dieses Risiko ist jedoch von dem konkreten Verkehrsunfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Zur Absicherung gegen die eine Partei möglicherweise trotz Obsiegens treffende sekundäre Kostenlast bedarf es der Heranziehung der Rechtsschutzversicherung wegen der jederzeit möglichen direkten Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG), bei dem ein Insolvenzrisiko faktisch nicht besteht, nicht. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 2011, 1222) sind solche Kosten nur dann zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falles erforderlich und zweckmäßig war; das ist nicht der Fall, wenn die Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage umstandslos erteilt. Es bedarf dann der Darlegung, warum die Partei die Zusage nicht selbst hätte einholen können.

Aufrechnung des Versicherungsnehmers mit eigenen Ansprüchen trotz Schuldanerkenntnis seines Haftpflichtversicherers
LG Saarbrücken
1. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das der Kfz-Haftpflichtversicherer gegenüber dem Unfallgeschädigten abgegeben hat, steht der Aufrechnung seines Versicherungsnehmers mit eigenen Ansprüchen aus dem Unfallereignis nicht entgegen.
2. Zur Haftungsverteilung bei "halber Vorfahrt".

Bei einem durch ein vorausfahrendes Kfz verursachten Steinschlagschaden kann eine Gefährdungshaftung gegeben sein
LG Heidelberg
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG sind erfüllt, wenn ein Stein nachweislich infolge der Fahrt des vorausfahrenden Kraftfahrzeuges in Bewegung gesetzt wurde und dieser sodann beim Auftreffen die Frontscheibe des nachfolgenden Fahrzeugs beschädigt hat. In diesem Fall obliegt dem durch den Steinschlag Geschädigten nicht zusätzlich die Darlegung und der Beweis der „genauen Art und Weise der Schadensverursachung". Die Frage, ob der Stein von den Rädern des vorausfahrenden Fahrzeuges aufgewirbelt wurde oder von seiner unzureichend gesicherten Ladefläche herabgefallen ist, ist vielmehr nur für die Frage eines Haftungsausschlusses nach § 17 Abs. 2, 3 StVG (unabwendbares Ereignis) relevant. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Halter des vorausfahrenden Fahrzeuges.

Bei Regulierung eines Schadens eines Dritten ist der Versicherungsnehmer beweisbelastet für die Pflichtverletzung des Versicherers
LG Köln
Wenn die Interessen des Versicherungsnehmers berührt werden und wo diese die Rücksichtnahme des Versicherers verlangen, insbesondere bei einer drohenden Rückstufung, ist der Versicherer gehalten, sich ein hinreichend genaues umfassendes Bild über die Umstände zu verschaffen, aus denen die drohenden Ansprüche hergeleitet werden, die Rechtslage sorgfältig zu prüfen und die Aussichten für eine Abwehr der Ansprüche nach Grund und Höhe möglichst zuverlässig einzuschätzen. Unterlässt der Versicherer eine solche Prüfung völlig und zahlt er gewissermaßen „auf gut Glück", dann braucht der Versicherungsnehmer das Verhalten des Versicherers gegenüber dem Verletzten im Innenverhältnis nicht gegen sich gelten zu lassen. Die Beweislast für eine solche schuldhafte Pflichtverletzung des Versicherers trägt allerdings der Versicherungsnehmer.

Unwirksame Sonderbedingungen bei Hagelschäden
LG Bremen
Die Klausel: „Für versicherte Sturm-, Hagel-, Überschwemmungs- oder Blitzschlagschäden (Elementarschäden) gilt eine Selbstbeteiligung von 1.500,00 € je Schadenfall, es sei denn, die vertragliche Selbstbeteiligung liegt höher. Bei Abrechnung des Schadens auf der Basis eines Sachverständigengutachtens oder eines Kosten(vor)anschlags werden abweichend von § 13 AKB bis zu 50 % des gutachterlich ermittelten Betrages erstattet. Der so ermittelte Entschädigungsbetrag vermindert sich um die vertragliche Selbstbeteiligung." ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Es bleibt unklar, wonach sich die Höhe des zu ersetzenden Prozentsatzes (bis zu 50 %) richten soll.

Abfindungsvergleich unter Vorbehalt, Verjährung
OLG Rostock
1. Mit einem Abfindungsvergleich endet die Hemmung der Verjährung auch hinsichtlich der vorbehaltenen Ansprüche; die Verjährung beginnt insoweit neu zu laufen.
2. Ein Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede liegt weder in der Vereinbarung des Vorbehaltes noch in der erklärten Bereitschaft, gegebenenfalls auch Zukunftsschäden abzufinden; für die Auslegung ist auf die Ansicht des anwaltlich vertretenen Geschädigten abzustellen.
3. Dem Ersatzverpflichteten ist es in der Regel auch nicht verwehrt, sich auf die Verjährung zu berufen.

Zum Nachweis unfallbedingter SVT-Aufwendungen
LG Gera
Zwar ist ein Sozialversicherungsträger eine öffentlichen Behörde im Sinne des § 415 ZPO; die von ihm erstellte Forderungsaufstellung erbringt aber lediglich den vollen Beweis für die Abgabe der beurkundeten Erklärung, nicht für deren inhaltliche Richtigkeit.

 

Werksangehörigenrabatt ist bei konkreter Schadensabrechnung nach Verkehrsunfall anzurechnen
BGH
Entscheidet sich ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall für eine konkrete Schadensabrechnung hinsichtlich der Reparaturkosten für sein Fahrzeug, muss er sich einen ihm gewährten Werksangehörigenrabatt anrec