Urteile zur Unfallversicherung

Nachfolgend finden Sie eine der umfassendsten und aktuellsten Sammlung interessanter Urteile der letzten Jahre zur Unfallversicherung. Weitere Urteile im Versicherungsrecht zu anderen Versicherungssparten finden Sie auf der Übersichtsseite.

Die Urteile werden fortlaufend aktualisiert und zusammengestellt von Rechtsanwalt Dr. Carsten Fuchs, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht.

Über unsere Suchfunktion können Sie einen Suchbegriff eingeben und über die Pfeile zu den jeweiligen Treffern navigieren. 

 

Invalidität – Erstbemessungszeitpunkt

OLG Dresden

1. Maßgeblich für die Erstbemessung der Invalidität in der Unfallversicherung ist allein der Zeitraum des Ablaufs der Invaliditätsfrist. Auf die Drei-Jahresfrist für die Neubemessung kommt es nur dann an, wenn der VN noch vor Ablauf dieser Frist klageweise Invaliditätsansprüche geltend macht.

2. Die Höhe des Invaliditätsgrades ist nach der zum Bemessungszeitpunkt unter Berücksichtigung des Heilungsverlaufs prognostisch zu erwartenden dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigung zu beurteilen.

 

Bemessung des Invaliditätsgrades bei der mehrfachen Verletzung eines Körperteils

OLG Hamm

Liegen mehrere Verletzungen/Beeinträchtigungen eines Arms (oder auch Beins) vor, können diese zwar zunächst getrennt bemessen werden, dürfen aber nicht addiert werden. Vielmehr ist ein einheitlicher Invaliditätsgrad unter Erhöhung der größten Einzelfunktionsbeeinträchtigung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Beeinträchtigungen zu bilden.

 

Tagegeld – Dauer der ärztlichen Behandlung

BGH

Die nach Ziffer 2.5 AUB 2008 für den Anspruch auf Tagegeld in der Unfallversicherung maßgebliche ärztliche Behandlung endet nicht stets mit der letzten Vorstellung beim Arzt. Sie umfasst vielmehr regelmäßig die Dauer der von dem Arzt angeordneten Behandlungsmaßnahmen.

 

Unfall – Erfrierungen bei Arbeit in einer Tiefkühlanlage

OGH

Erfrierungen sind Gesundheitsschädigungen, aber keine Unfallereignisse, da sie allmählich anstatt „plötzlich“ auftreten. Sie fallen daher nur unter den Versicherungsschutz, wenn sie durch ein Unfallereignis verursacht wurden.

 

Der Nachweis, dass bei eingetretener Invalidität eine beabsichtigte medizinische Maßnahme die Unfallfolgen ganz oder teilweise wieder beseitigen werden, obliegt stets dem Versicherer

OLG Frankfurt

1. Maßgeblich für die Beurteilung des Eintrittszeitpunktes der Invalidität Ist für die Erstbemessung der Zeitpunkt des Ablaufs der vereinbarten. Es kommt hingegen nicht auf die ausschließlich für die Neufestsetzung relevante Dreijahresfrist nach Ziffer 9.4 AUB an.

2. Dass es sich hier um eine Erstbemessung handelt und nicht um eine Neubemessung, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Schreiben der Beklagten, mit dem sie den Dauerschaden am linken Arm auf der Grundlage eines invaliditätsgrades von 2/5 Armwert erstmalig , abgerechnet hat. Diese Entscheidung greift die Klägerin an. Da die Klageerhebung erst nach Ablauf der Dreijahresfrist erfolgt ist, ist auch nicht entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausnahmsweise auf den Ablauf Zeitpunkt der Neubemessungsfrist abzustellen.

3. Für die Beurteilung des Vorliegens der Invalidität zum Stichtag eines Jahres nach dem Unfall (hier: 24.12.2012) hat eine bereits geplante weitere Operation (hier: 30.12.2012) außer Betracht zu bleiben.

Bei grundsätzlich feststehender Invaiidität ist der angestrebte Erfolg einer vor Ablauf der Frist bereits eingeleiteten Heilbehandlungsmaßnahme dann nicht zu berücksichtigen, wenn das ärztliche Urteil - unter Bewertung aller bis zum Ablauf der Jahresfrist erkennbar gewordenen Tatsachen -wie hier dahin geht, es könne noch nicht gesagt werden, dass die Heilmaßnahme mit dauerhaftem Erfolg oder Teilerfolg durchgeführt worden sei. Der Nachweis, dass bei eingetretener Invalidität die medizinischen Maßnahmen die Unfallfolgen ganz oder teilweise wieder beseitigen werden, obliegt dem Versicherer. Kann er diesen Nachweis nicht führen, weil nach der ärztlichen Einschätzung noch nicht beurteilt werden kann, ob mit der Heilmaßnahme ein dauerhafter Erfolg erzielt wird, ist der Versicherer zur Regulierung auf der Grundlage des zum Stichtag bestehenden Inyaliditätsgrades verpflichtet.

3. Es rnag dahingestellt bleiben, ob die Beklagte sich eine Neubemessung mit Blick auf etwaige Operationen bis zum Ablauf der Dreijahresfrist hätte vorbehalten können.

4. Soweit die Beklagte gegen die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und die sich daraus ergebende Beweislast anführt, diese gelte lediglich für den Fall der Funktionsbeeinträchtigung durch eine Prothese, trifft dies nicht zu. Zwar liegt den genannten Entscheidungen jeweils ein unfallbedingter Dauerschaden in Zusammenhang mit dem Einsatz einer Prothese zugrunde. Unabhängig davon hat der Bundesgerichtshof den Leitsatz, auf den es hier entscheidend ankommt, uneingeschränkt für alle Heilbehandlungsmaßnahmen formuliert.

 

¾ Armwert für Pseudarthrose mit weitreichenden Einschränkungen des linken Armes und gering verbleibenden Eisatzmöglichkeiten

OLG Frankfurt

Soweit die Beklagte dagegen einwendet, eine Pseudoarthrose werde in der Literatur mit 4/10 Armwert bewertet (Schiltenwolf/Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Auflage 2013, S. 886), vermag dies nicht zu überzeugen. Bei einem teilweisen Verlust ist Ausgangspunkt der Bewertung der für das gesamte Körperteil angesetzte Wert. Vorliegend entspricht daher der Armwert von 70 % einer völligen Funktionsunfähigkeit des Armes. Für die Bemessung des Invaliditätsgrades ist festzustellen, inwieweit das Körperteil beeinträchtigt ist und in welchem Umfang es seine= natürlichen Aufgaben noch zu erfüllen vermag. Davon ausgehend wird der behauptete Wert von 4/10 Armwert bei einer Pseudoarthrose den hier festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen nicht gerecht. Die angegebene Literaturstelle weist für eine instabile, operationsbedürftige und orthesepflichtige Pseudoarthrose am Oberarm sogar lediglich einen Armwert von 3/10 aus. Inwieweit ein solchermaßen in seiner Beweglichkeit eingeschränkter Arm noch in der Lage ist. Belastungen-auszuhalten und insbesondere Gegenstände anzuheben, lässt sich der Fundstelle nicht entnehmen. Aufgrund des Wertes von 3/10 Armwert ist aber davon auszugehen, dass der Arm noch weit über die Hälfte seine ursprünglichen Funktionen erfüllen kann. Dies ist nach den Feststellungen des Sachverständigen im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen. Aus den bereits dargelegten Gründen wirken sich die Beeinträchtigungen vielmehr in so erheblicher Weise aus, dass der Arm seine Funktionsfähigkeit nahezu vollständig eingebüßt hat; bei vollständiger Entlastung -Ablegen des Arms auf den Tisch - sind lediglich noch leichteste Bewegungen und Verrichtungen mit den Fingern möglich.

3. Auch der von der Beklagten bemühte Vergleich, ein Armwert von ¾ entspreche fast dem vollständigen Verlust des Unterarms, der nach der Gliedertaxe mit einem Invaliditätswert von 60 %zu entschädigen sei, ist nicht überzeugend. Es bleibt dabei außer Betracht, dass hier die Funktionsfähigkeit des nahezu gesamten Armes beeinträchtigt ist,, und dies obwohl die Funktion der Finger und weitgehend auch die Beweglichkeit des Ellenbogen- und des Handgelenks erhalten geblieben ist. Bei einem vollständigen Funktionsverlust des Unterarms verbleibt immerhin noch ein vollständig beweglicher, kraftvoller und einsatzfähiger Oberarm, dem nach der Gliedertaxe ein Wert von 40% zukommt.

 

Die bloße Nennung von Diagnosen in einem Befundbericht, die häufig zu einer Invalidität führen, ersetzt nicht eine ärztliche Invaliditätsfeststellung

LG Göttingen

1. Die ärztliche Feststellung einer unfallbedingten Invalidität dient dem berechtigten Interesse des Versicherers an der baldigen Klärung seiner Einstandspflicht. Es ist nach der ständigen Rechtsprechung Anspruchsvoraussetzung, deren Fehlen unentschuldbar ist.

2. Zwar darf die Feststellungswirkung nicht zu eng eingegrenzt werden, zum anderen darf aber auch das sicher nicht unüberschaubar werden.

3. Auch wenn in einem Bericht Diagnosen benannt werden, die nach Auffassung der Klägerin „in den meisten Fällen“ zur Invalidität führen, ändert dies nichts daran, dass auch in diesem Falle die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein müssen.

 

Treuwidrige Rückforderung des Versicherers von (zuletzt) vorbehaltlos gezahltem Unfalltagegeldes

OLG Hamm

Hat der Unfallversicherer nach Zahlung von Vorschüssen und nach Zwischennachrichten Tagegeld zuletzt vorbehaltlos gezahlt, kann einem Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB der Einwand von Treu und Glauben entgegenstehen.

 

Maßgeblicher Zeitraum für die Erstbemessung der Invalidität

OLG Dresden

Eine Neubemessung der Invalidität kommt erst nach vorangegangener Erstbemessung in Betracht. Maßgeblich für die Erstbemessung ist der Zeitpunkt des Ablaufs der vereinbarten Invaliditätsfrist. Auf die Drei-Jahres-Frist für die Neubemessung kommt es nur ausnahmsweise an, wenn der Versicherungsnehmer noch vor Ablauf dieser Frist klageweise Invaliditätsansprüche geltend macht.

 

Invalidität – Mitwirkung von Gebrechen bei klinisch stummen Verläufen

OLG Hamm

1. Zu einem Invaliditätszuschlag nach Wirbelkörperfraktur und Versteifungsoperation (Invalidität hier an sich 10 %) wegen verminderter Kompensationsfähigkeit (von hier weiteren 5 Prozentpunkten).

 2. Ein (mitwirkendes) Gebrechen liegt – nach dem maßgeblichen Verständnis des durchschnittlichen VN – nur vor, wenn [hier nicht diskutiert: und soweit] der gesundheitliche Zustand der versicherten Person von dem altersentsprechenden Zustand abweicht. Altersentsprechende Verschleißerscheinungen zählen dazu auch dann nicht, wenn sie erheblich sind. Die Beweislast für das Vorliegen eines Gebrechens liegt beim VR; dies gilt auch für das Überschreiten des altersentsprechenden Zustands. Lassen sich dazu – wie im Streitfall – nach sachverständiger Beratung keine Feststellungen treffen, hat der VR uneingeschränkt zu leisten.

 3. Offen bleibt die Frage, wann eine – einerseits – „klinisch stumme“ Veränderung (welche nach höchstrichterlicher Rspr. Gebrechen sein kann – andererseits -„eine einwandfreie Ausübung normaler Körperfunktionen (teilweise) nicht mehr zulässt“ (was nach ständiger Rspr. gerade auch des BGH weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Gebrechens ist).

 4. Wirkt sich ein bereits vorbestehender Zustand (hier Verknöcherung der Brustwirbelsäule oberhalb des unfallbedingten Wirbelkörperbruchs) erstmals unfallbedingt (hier aufgrund der künstlichen Versteifung im Wege einer Verlängerung der vorbestehenden Unbeweglichkeit in den Lendenwirbelsäulenbereich unterhalb des unfallbedingten Wirbelkörperbruchs) aus, ist dies zusätzlich zu berücksichtigen.

 

Immuntherapie ist keine Schutzimpfung, sondern eine vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Heilmaßnahme

OLG Zweibrücken

 1. Eine Immuntherapie in Form von Infusionen mit dem Wirkstoff Natalizumab, die zu einem Dauerschaden eines an multipler Sklerose Erkrankten führt, stellt keine versicherte Schutzimpfung iSd Ziffer 5. 2. 4. 4 AUB 2012 dar. Vielmehr handelt es sich bei dieser Therapie um eine nach Ziffer 5. 2. 3 AUB 2012 vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Heilmaßnahme

 2. Bei einer – in den AUB nicht definierten – (Schutz-)Impfung handelt es sich um die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, durch Aktivierung des Immunsystems bzw. die (künstliche) Erzeugung einer Immunität einer Infektionskrankheit vorzubeugen, d. h. mit dieser soll der Patient vor einer übertragbaren Krankheit geschützt werden.
 

Rotatorenmanschette-Schädigung durch erhöhte Kraftanstrengung

OLG Koblenz

1. Für die Frage, ob ein Bewegungsablauf oder eine Tätigkeit eine erhöhte Kraftanstrengung im Vergleich zu normalen Abläufen des täglichen Lebens erfordert, ist auf die individuellen körperlichen Verhältnisse der versicherten Person abzustellen.

2. Die in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage, ob die Supraspinatussehne der Rotatorenmanschette zum Arm oder zum Schulterbereich gehört, ist nicht generell, sondern nach dem jeweiligen Sitz der Verletzung zu entscheiden.

3. Lag beim Versicherungsnehmer eine ausgeprägte Retraktion der Sehnen im Retraktionsgrad patte III respektive IV sowie eine deutliche degenerative Verfettung der Supraspinatus- und Infraspinatussehnenmuskulatur entsprechend einem Verfettungsgrad nach Goutalier III vor, die auf eine schon lange Monate zurückliegende Rotatorenmanschettenruptur hinweisen, so kommt dem Sturz keine ursächliche Bedeutung für die Sehnenruptur zu und zwar auch nicht im Sinne einer Mitverursachung.

 

Nachweis eines unfallbedingten Halswirbelsäulenschadens; zur Bindung an erstinstanzliche Tatsachenfeststellungen

OLG Brandenburg

1. Das Berufungsgericht ist nicht an die tatsächlichen Feststellungen der Eingangsinstanz gebunden, wenn diese die Beweisaufnahme abgeschlossen hat ohne Ladung eines Sachverständigen, dessen persönliche Anhörung eine Partei beantragt hatte und sich der Sachverständige außerdem bei Erstellung seines Gutachtens in einem Maße der Mitwirkung Dritter bedient hat, dass in § 407 a Abs. 2 Satz 2 ZPO keine Stütze mehr findet.

2. Hat ein Sachverständiger eine unfallbedingte strukturelle Veränderung im Bereich der Halswirbelsäule nicht festgestellt, sondern bei seiner Einschätzung der Invaliditätsgrades offenbar vielmehr (fiktiv) eine traumatische Genese vorausgesetzt und hält er durch die Exazerbation eines dort bestehenden Vorschadens lediglich für möglich und kann diesen nicht mit Sicherheit ausschließen, so ist eine unfallbedingte Invalidität nicht bewiesen.

3. Diagnostiziert ein Sachverständiger Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule als deren Ursache mit Hilfe von Röntgenaufnahmen allein unfallunabhängige degenerative Veränderungen mit mehrsegmentalem Bandscheibenschäden objektiviert werden, so steht fest, dass die Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule nicht unfallbedingt sind.

 

Steuerbarkeit und Steuerpflicht einer Auslandsunfallversicherung

BFH

Die gemäß § 140 Abs. 2 SGB VII abgeschlossene Auslandsunfallversicherung (AUV) ist nicht im Inland steuerbar, soweit die versicherten Personen als Arbeitnehmer des inländischen Unternehmers (Versicherungsnehmer) ihrer Beschäftigung im Ausland nachgehen. Die AUV ist eine Versicherung gegen Unfälle, die Personen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung bei einem inländischen Unternehmen im Ausland erleiden. Diese Versicherung ist nur dann in Deutschland steuerbar, wenn sich das Versicherungsverhältnis, also die AUV, auf den hier befindlichen Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung bezieht. Das Versicherungsverhältnis bezieht sich auf einen dieser Orte im Inland, wenn hier - also im Inland - das versicherte Risiko liegt. Die Auslandsunfallversicherung ist nicht nach § 4 Nr. 3 VersStG von der Versicherungsteuer befreit.

 

Begriff der relativen Fahruntüchtigkeit des Versicherungsnehmers

OLG Brandenburg

Ein Recht, seine Versicherungsleistung zu kürzen, hat der Versicherer laut Abschn. A. 2.21.1 Satz 3 AKB dann, wenn der Versicherungsfall vom Versicherungsnehmer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Diese Regelung schränkt § 81 Abs. 2 VVG - in zulässiger Weise - zugunsten des Versicherungsnehmers ein. Um eine relative Fahruntüchtigkeit des Wagenlenkers zu bejahen, deren Unfallkausalität tatsächlich vermutet wird, genügt nicht allein die Feststellung einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 0,2 und 1,1 Promille, sondern es müssen sich - anders als bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach neuerer Rechtsprechung bei 1,1 Promille beginnt - weitere Gegebenheiten, speziell alkoholtypische Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler, konstatieren lassen, die den Schluss rechtfertigen, der Fahrer sei nicht mehr in der Lage gewesen, sein Automobil sicher im Verkehr zu steuern.

 

Versichertes Unfallgeschehen bei Schulterverletzung durch Griff auf Rückbank eines Fahrzeugs

OLG München

Ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen einer Unfallversicherung ist auch dann gegeben, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. Wie der Begriff der "erhöhten Kraftanstrengung" zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Allerdings muss entsprechend des Wortlautes ein Einsatz von Muskelkraft vorliegen, der über den normalen mit jeder körperlichen Bewegung verbundenen Kraftaufwand hinausgeht. Bei einem Griff vom Fahrersitz auf die Rückbank eines Autos, um dort aus einem schweren Karton Gegenstände zu entnehmen, handelt es sich auch dann um eine alltagsübliche Anstrengung des täglichen Lebens, wenn es dadurch zu einer schmerzhaften Verletzung der Schulter kommt. Mangels einer erhöhten Kraftanstrengung liegt kein versichertes Unfallgeschehen vor.

 

Invaliditätsgrad nach HWS-Distorsion

OLG Karlsruhe

1. Führen Schmerzen der Halsmuskulatur nach einer HWS-Distorsion zu dauerhaften Bewegungseinschränkungen ist die Gliedertaxe in der privaten Unfallversicherung nicht anwendbar. Die Abschätzung des Invaliditätsgrades kann jedoch vergleichbare Verluste der Funktionsfähigkeit in den Armen berücksichtigen, auf welche die Gliedertaxe Anwendung findet.

2. Dauerhafte Bewegungseinschränkungen wegen Schmerzen in der Halsmuskulatur nach einer HWS-Distorsion können zu einem Invaliditätsgrad von 25 % führen.

3. Die Auffassung eines Sachverständigen, eine HWS-Distorsion könne eine gesundheitliche Dauerfolge, die nicht rein psychischer Natur ist, nur dann verursachen, wenn nach dem Unfall ein pathomorphologisches Schadenssubstrat festgestellt wurde, entspricht nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft.

4. Die Darstellung eines medizinischen Sachverständigen, es sei nachgewiesen, dass eine Begleitung von Unfallopfern nach einer HWS-Distorsion durch Rechtsanwälte im Durchschnitt zu einem längeren Heilungsverlauf führe, entspricht nicht dem gesicherten Stand der medizinischen Wissenschaft.

 

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose der Invalidität ist der für deren Eintritt vertraglich bestimmte Zeitpunkt

OLG München

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH ist der Streit um den der Prognose des Grades der Invalidität zugrunde zu legenden Zeitpunkt geklärt: maßgeblich ist grundsätzlich der vertraglich bestimmte Zeitpunkt des Eintritts der Invalidität. Gesundheitliche Veränderungen, die nach diesem Zeitpunkt eintreten, sind grundsätzlich irrelevant.

 

Verhebetrauma durch Eigenbewegung stellt keinen Unfall dar

OLG Brandenburg

1. Das bloße Heben eines Kollegen im Rahmen einer Übung, das zu einer Verletzung der Bandscheiben führte, stellt keinen Unfall dar. Für ein Verhebetrauma fehlt es an einem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis. Das bloße Heben beruht auf einer Eigenbewegung des Verletzten.

2. Den ersten Angaben des Versicherungsnehmers zum Hergang des behaupteten Unfalls kommt regelmäßig besondere Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, wenn die Äußerungen gegenüber dem erstbehandelnden Arzt erfolgen, da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass der Patient mit schweren Verletzungen den Arzt über den Hergang des Unfalls umfassend informiert.

 

Versichertes Unfallgeschehen bei Schulterverletzung durch Griff auf Rückbank eines Fahrzeugs

OLG München

Ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen einer Unfallversicherung ist auch dann gegeben, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. Wie der Begriff der "erhöhten Kraftanstrengung" zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Allerdings muss entsprechend des Wortlautes ein Einsatz von Muskelkraft vorliegen, der über den normalen mit jeder körperlichen Bewegung verbundenen Kraftaufwand hinausgeht. Bei einem Griff vom Fahrersitz auf die Rückbank eines Autos, um dort aus einem schweren Karton Gegenstände zu entnehmen, handelt es sich auch dann um eine alltagsübliche Anstrengung des täglichen Lebens, wenn es dadurch zu einer schmerzhaften Verletzung der Schulter kommt. Mangels einer erhöhten Kraftanstrengung liegt kein versichertes Unfallgeschehen vor.

 

Verletzung „an Gliedmaßen“ durch Ruptur der Supraspinatussehne der Schulter

BGH

1. Eine Ruptur der Supraspinatussehne ist eine Verletzung „an Gliedmaßen“ im Sinne von Nr. 1.4.1 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB08).

2. Eine Minderung wegen Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen nach Nr. 3 AUB08 kann auch bei einer Sehnenruptur in Betracht kommen.

 

Bei einer gewollten Strangulation mit einem Seil um den Hals zur Steigerung des Lustgewinns („throatlift“) handelt es sich um einen vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Eingriff im Sinne von Ziffer 5.2.3 AUB

OLG Nürnberg

1. Bei einer gezielt herbeigeführten Selbststrangulation aus autoerotischen Gründen, handelt es sich um einen Unfall, wenn der Bürostuhl, auf dem sich der Versicherte zum Zeitpunkt der Selbststrangulation befindet, wegrollt und es dadurch zu einem längerfristigen Abschneiden der Sauerstoffversorgung mit einer erheblichen Schädigung des Gehirn kommt.

2. Eine gezielt herbeigeführten Selbststrangulation zur Steigerung des Lustgewinns verwirklicht jedoch den Ausschlusstatbestand der Nr. 5.2.3 AVB. Unerheblich ist dabei, ob die erzielte Strangulation aus autoerotischen oder anderen Motiven erfolgt. Der Ausschluss bei Eingriffen greift nur dann nicht, wenn keinerlei innerer Zusammenhang mit dem Eingriff besteht und der Unfall sich nur anlässlich des Eingriffs zufällig ereignet.

 

Keine Einwirkung von außen beim regulären Benutzen eines Spatens

OLG Jena

In der stoßartigen Belastung beim Auftreten des Fußes auf einen Spaten ist keine Einwirkung von außen zu sehen. Solange der Einwirkungsgegenstand nicht in unerwartete Bewegung gerät und solange der Einwirkende nicht in seiner gewollten Einwirkung und damit in seiner Eigenbewegung – etwa durch Straucheln oder Ausgleiten– beeinträchtigt ist, wirkt kein äußeres Ereignis auf seinen Körper ein. Vielmehr wirkt der Betroffene ausschließlich seinerseits auf den Gegenstand ein.

 

Unfallbedingte Rotatorenmanschettenschädigung

LG Dortmund

1. Ein direktes Anprall- oder Stauchungstrauma mit nach vorn ausgestrecktem Arm ist ungeeignet zur Auslösung einer isolierten Schulterrotatorenmanschettenverletzung.

2. Eine unfallbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette ist nicht nachgewiesen, wenn im Rahmen des operativen Eingriffs am linken Schultergelenk ein ausgeprägtes Verschleißleiden des linken Schultergelenkes mit Rotatorendefektarthropathie festgestellt wird.

 


Gesundheitsschäden durch eine Schutzimpfung gegen Tetanus sind gemäß Ziffer 5.2.3 AUB 2008 vom Versicherungsschutz ausgeschlossen

OLG Koblenz

1. Bei einer Schutzimpfung gegen Tetanus handelt es sich um einen Eingriff im Sinne von Ziffer 5.2.3 AUB 2008.

2. Die vorgenannte Klausel kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Schutzimpfungen gegen Infektionskrankheiten vom Anwendungsbereich der Klausel nicht erfasst sein sollen, weil eine solche Maßnahme im Interesse des Unfallversicherers vor dem versicherten Risiko einer Infektion durch Wundstarrkrampf schütze. Eine Auslegung der Klausel in diesem Sinne scheitert bereits am Wortlaut der Klausel sowie an ihrem Sinn und Zweck. Die Klausel regelt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar und verständlich, dass Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen oder Eingriffe am Körper der versicherten Person vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind und Versicherungsschutz nur dann gleichwohl besteht, wenn die Heilmaßnahmen oder Eingriffe durch einen unter den Vertrag fallenden Unfall veranlasst waren. Der Wortlaut der Klausel ist mithin nicht missverständlich oder b darauf, dass bestimmte Erkrankungen, die als Folge von Heilmaßnahmen oder Eingriffe in den Körper der versicherten Person eintreten, doch unter den Versicherungsschutz fallen sollen.

 

Versicherer handelt nicht treuwidrig, wenn er sich trotz vorgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens zur Frage einer Invalidität erst im Prozess auf eine Ausschlussklausel beruft

OLG Koblenz

Aus dem Umstand, dass der Unfallversicherer vorgerichtlich das Eingreifen einer Ausschlussklausel nicht geltend gemacht hat und sogar ein Sachverständigengutachten im Rahmen der Leistungsprüfung eingeholt hat, führt nicht zu einer Treuwidrigkeit des berufen des Unfallversicherers auf das Eingreifen einer Ausschlussklausel im Prozess. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Unfallversicherer vorgerichtlich keine Leistungspflicht anerkannt hat, da er somit auch keinen Vertrauenstatbestand für den Versicherungsnehmer begründet hat, dass ihm ein Anspruch gegen den Unfallversicherer tatsächlich zustehen könnte.

 

Invaliditätsgrad bei einem versteiften, verkürzten Bein

OLG Frankfurt

Eine Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes aufgrund aufgetretener Komplikationen nach einem offenen Schienbeinbruch mit Wadenbeinbruch mit einer verbleibenden Fehlstellung des körperfernen Schienbeins um 20 Grad und einer Beinverkürzung von 3 cm ist unter Berücksichtigung dessen, dass sich zukünftig weitere Beeinträchtigungen durch vorzeitigen Verschleiß ergeben werden, mit einem Invaliditätsgrad von 35 % zu bewerten.

 

Meniskusriss bei Vorschädigung und Arthrose

OLG Saarbrücken

Haben neben der unfallbedingten Verletzung – hier: Riss des Meniskus – auch unfallfremde Umstände – hier: beginnende Kniearthrose – zu der Invalidität beigetragen, so bemisst sich der Grad der unfallbedingten Invalidität nach der Systematik der Versicherungsbedingungen zunächst einheitlich nach der des betroffenen Körperteils, während die mitursächliche Vorschädigung erst hiernach als Vorinvalidität oder als Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen zu berücksichtigen ist.

 

Bei einer Ruptur der Supraspinatussehne handelt es sich um eine Verletzung "an Gliedmaßen"

BGH

1. Eine Ruptur der Supraspinatussehne ist eine Verletzung "an Gliedmaßen" im Sinne von Ziffer 1.4.1 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2008).

2. Eine Minderung wegen Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen nach Ziffer 3 AUB 2008 kann auch bei einer Sehnenruptur in Betracht kommen.

 

Radiusfraktur mit Gelenkversteifung; Mitwirkungsanteil einer schweren Arthrose an einer Invalidität

Landgericht Weiden

1. Für die Invaliditätsbemessung einer die Funktion des Handgelenks beeinträchtigenden distalen Radiusfraktur ist nach der Gliedertaxe nicht auf den Wert der Hand, sondern auf den Wert für den Unterarm abzustellen.

2. Kann der Versicherer nach den AUB seine Leistungen wegen Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen nicht kürzen, wenn der Mitwirkungsumfang einen bestimmten Prozentsatz nicht erreicht, so liegt die Beweislast beim VN, dass dieses Maß der Mitwirkung nicht erreicht ist.

3. Zum Mitwirkungsanteil einer Vorschädigung aus einem früheren Unfall (schwere Arthrose des Handgelenks) am Ausheilungsergebnis einer distalen Radiustrümmerfraktur (hier 60 %).

 

Grad der Invalidität für die Beeinträchtigung von 4 Fingern

OLG Brandenburg

1. Bei der Verletzung mehrerer Finger einer Hand ist die Invalidität nach der Gliedertaxe der Finger und nicht nach der Gliedertaxe der Hand zu bemessen. Auswirkungen der Verletzungen von Fingern auf die Gebrauchsfähigkeit der Hand sind in den Prozentsätzen der Gliedertaxe berücksichtigt.

2. Es liegt im fachlichen Ermessen des gerichtlichen Sachverständigen, welche Methoden er bei der Begutachtung anwendet (hier: Überprüfung der Kraft der Hand anhand des Spitzgriffes und/oder des Greifgriffes).

 

Belastung beim Auftreten des Fußes auf einen Spaten ist keine Einwirkung von außen und keine erhöhte Kraftanstrengung

OLG Jena

In der stoßartigen Belastung beim Auftreten des Fußes auf einen Spaten ist keine Einwirkung von außen zu sehen. So lange der Einwirkungsgegenstand nicht in unerwartete Bewegung gerät und so lange der Einwirkende nicht in seiner gewollten Einwirkung und damit in seiner Eigenbewegung – etwa durch Straucheln oder Ausgleichen – beeinträchtigt ist, wirkt kein äußeres Ereignis auf seinen Körper ein. Vielmehr wirkt der Betroffene ausschließlich seinerseits auf den Gegenstand ein.

 

Nicht jede "Kapsel" im medizinischen Sinne stellt auch eine Kapsel "an Gliedmaßen oder der Wirbelsäule" im Sinne von Ziff. 1.4 Spiegelstrich 2 Hs. 1 Var. 4 AUB dar

OLG Hamm

1. Allein aus einer medizinischen Begrifflichkeit "Kapsel" folgt aus Sicht des durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse auch unter Berücksichtigung seiner Interessen nicht, dass jede "Kapsel" im medizinischen Sinne auch eine Kapsel "an Gliedmaßen oder der Wirbelsäule" im Sinne von Ziff. 1.4 Spiegelstrich 2 Hs. 1 Var. 4 AUB.

2. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird den Begriff im Gesamtzusammenhang der Ziff. 1.4 AUB verstehen. Dabei wird durch die in den drei Spiegelstichen genannten Schädigungsarten deutlich, dass nicht bei jeder Schädigung jeder - medizinisch noch so bezeichneten - Kapsel ein Unfall fingiert werden soll, sondern eine Gelenkskapsel / eine Umhüllung eines Körperteils an Gliedmaßen oder der Wirbelsäule gezerrt oder gerissen sein muss.

3. Dabei wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer jedenfalls nicht auf die Idee kommen, dass durch die Unfallfiktion (mittelbare) Auswirkungen abnormer Kapselbildungen auf "Gliedmaßen" oder die "Wirbelsäule" versichert sein sollen. Das Wort "an" ("Gliedmaßen" oder der "Wirbelsäule") ist nicht rein örtlich in dem Sinne zu verstehen, dass auch eine zufällig in räumlicher Nähe zur Wirbelsäule befindliche Bindegewebskapsel erfasst ist. Es reicht also nicht aus, dass - wie vorliegend - ein Hämangiom (nach dem unterstellten Vortrag der Klägerin eine bindegewebliche Kapsel) an der Wirbelsäule liegt, platzt und das austretende Blut auf das Rückenmark schädigend einwirkt.
 

Eine Unfallversicherungsbedingung, nach der Krankenhaustagegeld bei einem Aufenthalt in Sanatorien, Erholungsheimen und Kuranstalten entfällt, schließt diesen Anspruch auch für den Aufenthalt in einer Rehaklinik aus

BGH

1. Eine Unfallversicherungsbedingung, nach der Krankenhaustagegeld bei einem Aufenthalt in Sanatorien, Erholungsheimen und Kuranstalten entfällt, schließt diesen Anspruch auch für den Aufenthalt in einer Rehaklinik aus.

2. Der Anwendung des Leistungsausschlusses kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Behandlung in einer Rehaklinik habe einer Krankenhausbehandlung entsprochen. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird aus dem Wortlaut der Klausel deutlich, dass der Leistungsausschluss jeden "Aufenthalt" in einer bestimmten Art von Einrichtung erfasst und es nicht auf die Ausgestaltung der Behandlung im jeweiligen Einzelfall ankommt. Die Regelung soll eine Leistung von Krankenhaustagegeld bei einem Aufenthalt in Einrichtungen, in denen sich Patienten nach einem Unfall typischerweise länger aufhalten als in einem Krankenhaus, generell ausschließen.
 

Feststellung des Invaliditätsgrades bei einer unfallbedingten Versteifung eines Beines

OLG Frankfurt

Führt ein Unfallschaden zu einer Versteifung eines Beines im Bereich des Unterschenkels und des Sprunggelenks und weist das Bein dabei in der Versteifung eine Schrägstellung auf, die künftig einen erhöhten Verschleiß der Knochen und Gelenke erwarten lässt, so ist die Zuerkennung eines Invaliditätsgrads von 35 Prozent als Grundlage der Leistungsansprüche aus einer privaten Unfallversicherung angemessen.

 

Wirksamkeit der Leistungsausschlussklausel in § 2 Abs. 4 AUB

OLG Dresden

Nach § 2 Abs. 4 AUB sind alle Leistungseinschränkungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die durch eine psychisch bedingte Reaktion auf das Unfallereignis bzw. die unfallbedingte Gesundheitsschädigung hervorgerufen wurden. Voraussetzung ist stets ein hinreichend medizinisch fundierter Zusammenhang zwischen der biologischen Reaktion und der zur Invalidität führenden Erkrankung. Diese Leistungsausschlussklausel ist wirksam. Sie erfasst auch Unfälle, bei denen infolge psychischer Fehlverarbeitung weitergehende Störungen auftreten. Ob psychische Vorgänge mit bestimmten biochemischen Prozessen im Körper zusammenhängen, ist für das Verständnis dieses Ausschlusstatbestandes ohne Belang. Der Versicherungsnehmer muss einen unfallbedingten Primärschaden und dessen Eignung zu einer psychischen, invaliditätsbedingten Reaktion darlegen und beweisen.
 

Die Formulierung "erhöhte" Kraftanstrengung in Ziffer 1.4 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2010 ist nicht intransparent: es gilt ein subjektiver Maßstab

BGH

Die Formulierung "erhöhte" Kraftanstrengung in Ziffer 1.4 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2010 ist nicht intransparent. Der Vergleichsmaßstab der "erhöhten" Kraftanstrengung bleibt nicht unklar. Nach dem Wortlaut der Klausel kommt es darauf an, dass (und inwieweit) sich der Versicherte angestrengt hat. Daraus wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer folgern, dass für die Frage, ob ein Bewegungsablauf oder eine Tätigkeit eine erhöhte Kraftanstrengung im Vergleich zu normalen Abläufen des täglichen Lebens erfordert, auf die individuellen körperlichen Verhältnisse abzustellen ist. Er wird also einen subjektiven Maßstab anlegen. Eine objektive, auf einen durchschnittlichen Versicherten abstellende Betrachtung wird er als fernliegend erachten.

 

Kausalität – Nervenschädigung bei Entfernen eines nicht unfallbedingten „Zufallbefundes“

Landgericht Bielefeld

Wird nach einem Sturz mit dem Hinterkopf gegen die Wand bei einem MRT der Halswirbelsäule ein Halswirbeltumor entdeckt, bei dessen operativer Entfernung Nerven an den Halswirbeln 5 und 6 beeinträchtigt werden, so besteht kein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und der anschließenden Beseitigung des „Zufallbefundes“.

 

Anspruch des Versicherungsnehmers auf Neubemessung der Invalidität – Belehrung des Versicherungsnehmers, Verjährung

Landgericht Schweinfurt

1. In der Unfallversicherung ist der Versicherungsnehmer über das Recht der Neubemessung mit einer Leistungsabrechnung zu belehren, eine Belehrung in einem Informationsblatt zur Unfallanzeige oder eine Belehrung des Versicherten genügt nicht.

2. Die Verjährungsfrist des Anspruchs auf Neubemessung beginnt erst mit der Beendigung der nötigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Leistungsumfanges zu laufen.

3. Der Anspruch auf Neubemessung setzt nicht voraus, dass dem Anerkenntnis des Versicherers eine ausreichende ärztliche Feststellung vorausgegangen ist.

 

Beweisführung für Invalidität aufgrund psychischer Gesundheitsstörung nach unfallbedingtem Primärschaden

OLG Dresden

Allein die schlüssige Darlegung eines hirnorganischen Primärschadens reicht für den Anspruch auf Leistungen aus einer Unfallversicherung nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss vielmehr zusätzlich mit dem Beweismaß des § 287 ZPO beweisen, dass dieser Primärschaden zu einer die Invalidität begründeten psychischen Reaktion geführt hat. Erst im Anschluss hieran muss der Versicherer die Voraussetzungen der „Psychoklausel“ beweisen.

 

Einnahme blutverdünnender Medikamente als mitwirkendes Gebrechen (hier: Marcumar)

OLG Köln

Bei der Marcumar-Therapie bzw. ihren körperlichen Auswirkungen, der Verdünnung des Blutes, handelt es sich nicht um eine „Krankheit“ oder ein „Gebrechen“. Sie rechtfertigen daher keine Leistungsminderung gemäß Nr. 3 AUB.

 

Rückforderung einer Invaliditätsleistung aufgrund geänderter Erstbemessung der Invalidität

BGH

1. Das Fehlen eines Neubemessungsvorbehalts im Sinne von Ziffer 9.4 Satz 3 AUB in der Erklärung des Unfallversicherers über die Leistungspflicht zur Erstbemessung der Invalidität nach Ziffer 9.1 Satz 1 AUB führt nicht zu seiner Bindung an diese Erklärung im Verfahren der Erstbemessung.

2. Der Rückforderung einer Invaliditätsleistung aufgrund geänderter Erstbemessung der Invalidität kann aber der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Versicherer in der vorgenannten Erklärung nach Ziffer 9.1 Satz 1 AUB den Eindruck erweckt, die Höhe der vertraglich geschuldeten Leistung endgültig klären zu wollen.

 

Zulässigkeit der Bestimmung der Invaliditätsleistung anhand einer Tabelle ist (hier: BOXplus-Paket); Bestimmung einer zu zahlenden Invaliditätsleistung

OLG Brandenburg

Die jeweilige Invaliditätsleistung mithilfe einer Tabelle zu bestimmen, ist weder intransparent noch überraschend oder in sonstiger Weise unfair. Aus dem Inhalt des Versicherungsantrags kann sich bereits für jeden durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse eindeutig ergeben, dass allein bei Vollinvalidität eine einmalige Versicherungsleistung im Umfange von 200.000,- Euro (beziehungsweise 220.000,- Euro nach einer zwischenzeitlichen Anpassung) geschuldet ist und bei Teilinvalidität eine geringere Entschädigung laut Tabelle gezahlt wird.

 

Neubemessungsanspruch in der Unfallversicherung: Anforderungen an die Belehrung desVersicherungsnehmers; Zeitpunkt des Verjährungsbeginns

LG Schweinfurt

1. Ein vom Unfallversicherer an die versicherte Person erteilter Hinweis auf das Recht auf Neubemessung der Invalidität gemäß § 188 VVG reicht zur ordnungsgemäßen Belehrung des Versicherungsnehmers nach § 188 Abs. 2 S. 1 VVG nicht aus, selbst wenn die versicherte Person auf Wunsch des Versicherungsnehmers und mit Kenntnis des Versicherers den Schaden gänzlich eigenverantwortlich abwickelt. Denn das Neubemessungsrecht ist und bleibt der materielle Anspruch des Versicherungsnehmers.

2. Analog zu den im Erstbemessungsverfahren geltenden Grundsätzen kann die Entstehung des Anspruchs auf Neubemessung und damit der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns erst mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen angenommen werden.

 

Wirksamkeit der Ausschlussklausel für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörung

OLG München

Die Ausschlussklausel für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, die den Musterbedingungen (vgl. § 2 I (1) AUB 94 und Ziff. 5.1.1 AUB 2010) entspricht, ist wirksam. Sie höhlt nicht den Vertragszweck aus, da Versicherungsschutz für normale Unfälle ohne erhöhtes Risiko besteht. Eine gesetzliche Vorgabe, uneingeschränkt Versicherungsschutz auch für durch Bewusstseinsstörungen verursachte Unfälle zu gewähren, gibt es nicht.

 

Auf Beschwerdefreiheit und fehlende Behandlungsbedürftigkeit durch einen Ausgleichsmechanismus kommt es bei Gebrechen nicht an

OLG München

1. Eine vorbestehende degenerative Ruptur der linken Rotatorenmanschette ist als mitwirkendes Gebrechen einzuordnen, weil es sich dabei um einen abnormen Gesundheitszustand handelt, der eine einwandfreie Ausübung normaler Körperfunktionen jedenfalls teilweise nicht mehr zulässt. Eine weiterhin normale Beweglichkeit des Armes und Beschwerdefreiheit, die aber nur durch einen Ausgleichsmechanismus sichergestellt ist, ändert hieran nichts, da der Zustand dennoch nicht innerhalb der medizinischen Norm liegt. Auf Beschwerdefreiheit und fehlende Behandlungsbedürftigkeit kommt es definitionsgemäß bei einem Gebrechen nicht an.

2. Es handelt sich bei der Ruptur auch nicht um eine altersbedingt normale Verschleißerscheinung, wenn der Sachverständige insoweit festgestellt hat, dass die versicherte Person für degenerative Schäden an der Rotatorenmanschette in diesem Ausmaß relativ jung ist.

 

Aktivlegitimation des Versicherten einer Unfallversicherung

OLG Düsseldorf

Eine Klausel in Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen, nach der bei der Fremdversicherung die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag nur dem Versicherungsnehmer zusteht, ist wirksam.

 

Aufklärungspflicht des Gerichts bei widerstreitenden Gutachten

BGH

Besteht ein Widerspruch zwischen den Äußerungen verschiedener Sachverständiger, ist der Tatrichter zur Aufklärung des Widerspruchs auch dann verpflichtet, wenn es dabei um Privatgutachten geht.

 

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Versicherungsbereich

OLG Hamm

Der Versicherungsnehmer eines Unfallversicherers ist nicht in den Schutzbereich des Vertragsverhältnisses zwischen dem Versicherer und dem von diesem als Gutachter beauftragten Arzt einbezogen.

 

Die Systematik der Gliedertaxe stellt durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab (hier: Verletzung der Hand mit Funktionsbeeinträchtigungen der Finger)

OLG Brandenburg

1. Die Gliedertaxe stellt für den Verlust und für die Funktionsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab (BGH, Urteil vom 24.5.2006, IV ZR 203/03, Rn. 12). Es kommt damit insbesondere darauf an, wo genau die unfallbedingte Schädigung eingetreten ist.

2.Ohne Erfolg macht der Kläger in der Berufung geltend, die Gliedertaxe berücksichtige nicht die Auswirkungen der Verletzung des rumpfferneren Gliedes auf die dem Rumpf näheren Glieder, so dass der Gliedertaxwert für die Hand anzuwenden sei. Das trifft unter Berücksichtigung der Systematik der Gliedertaxe nicht zu. Die jeweiligen Auswirkungen von Fingerverlusten (und Gebrauchseinschränkungen) auf die Gebrauchsfähigkeit von Hand (und Arm) sind unterschiedlich. Sie hängen davon ab, um welchen der fünf Finger einer Hand es geht. Das ist durch den Bau der menschlichen Hand bedingt, der dazu führt, dass die Gebrauchsfähigkeit von Hand und Arm in stärkerem Maße von der uneingeschränkten Einsatzfähigkeit des Daumens und auch des Zeigefingers abhängt als von der der übrigen drei Finger. Diesem Umstand ist mit den unterschiedlichen Fingersätzen der Gliedertaxe Rechnung getragen. Berücksichtigt ist ferner in der Gliedertaxe der unübersehbare Unterschied, der sich für die Gebrauchsfähigkeit von Hand und Arm danach ergibt, ob es um einen Verlust der Hand im Handgelenk geht oder um den Verlust der fünf Finger einer Hand, der eine Restgebrauchsfähigkeit der Hand bestehen lässt. Nur dann, wenn infolge eines Unfalles neben dem Verlust von Fingern zusätzlich eine Invaliditätsfolge im Bereich der Hand (z.B. Versteifung des Handgelenks) eintritt, beschränken sich die Invaliditätsfolgen nicht auf einen Fingerverlust und die durch diesen Verlust bedingte Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit von Hand und Arm und ist ein weiterreichender Dauerschaden eingetreten, der bedingungsgemäß zu entschädigen ist (BGH, Urteil vom 30.5.1990, IV ZR 143/89, Rn. 7, 9).

3. Die Systematik der Gliedertaxe stellt also für den gänzlichen oder teilweisen Verlust wie für gänzliche oder teilweise Gebrauchsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab. Die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Gebrauchsfähigkeit des jeweils verbliebenen, aber nicht durch den Unfall verlorenen oder selbst dauergeschädigten Restgliedes oder Teilbereichs eines Gliedes sind unübersehbar in den Prozentsätzen der Gliedertaxe bereits berücksichtigt. Verlust, Gebrauchsunfähigkeit und Gebrauchsbeeinträchtigung einzelner Finger wirken sich stets unvermeidbar auf die Gebrauchsfähigkeit der Hand aus und darüber hinaus mehr oder weniger spürbar auch auf diejenige des Armes (BGH, Urteil vom 23.1.1991, IV ZR 60/90, Rn. 5 f.).

 

Beratungspflicht des Versicherers bei Vereinbarung geänderter AVB (hier: AUB)

OLG Hamm

Werden im Zuge einer Vertragsänderung geänderte Vertragsbedingungen vereinbart, die für den Versicherungsnehmer teils günstiger, teils ungünstiger sind, so besteht für den Versicherer aus § 6 Abs. 4 VVG jedenfalls keine Verpflichtung, über sämtliche Abweichungen zu informieren. Das gilt etwa (so hier) für die Neuformulierung der AUB-Gliedertaxe „Arm“ statt „Arm im Schultergelenk“.

 

Ärztliche Invaliditätsfeststellung-Hinweispflicht des Versicherers

OLG Dresden

1. Der im Rahmen einer Unfallversicherung gebotene Hinweis auf die Vorlage einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung muss sich nicht im Einzelnen dazu verhalten, welche inhaltlichen Anforderungen an eine solche Feststellung zu stellen sind.

2. Auch eine Erklärung, dass und unter welchen Voraussetzungen der Versicherungsnehmer dem Einwand der Fristversäumnis Gegenrechte entgegenhalten kann, ist nicht geboten. Der Hinweis, dass bei Fristüberschreitung der „Wegfall des Invaliditätsanspruchs“ drohe, ist ausreichend.

3. Unterzieht sich der Versicherungsnehmer nach Fristablauf einer ärztlichen Untersuchung, bei der dieser lediglich den Oberkörper entkleiden muss, so ist das Berufen des Versicherers auf die Fristversäumnis nicht treuewidrig.

 

Beweislast für die Unfallbedingtheit eines Todesfalls

OLG Hamm

1. Zum Nachweis der Kausalität von Unfall und erstem Gesundheitsschaden bei einem tödlichen Unfall.

2. Wird nach einem Treppensturz der Versicherungsnehmer mit einer frischen Wunde im Bereich der Halswirbelsäule tot aufgefunden, so ist allein mit diesem Verletzungsbild nicht der Beweis geführt, dass der Versicherungsnehmer eine schwere innere – zum Tode führende – Verletzung erlitten hatte.

 

Versicherungsnehmer muss nicht nur Primärschaden aufzeigen, sondern auch Kausalität beweisen

OLG Dresden

Allein die schlüssige Darlegung eines hirnorganischen Primärschadens reicht für den Anspruch auf Leistungen aus einer Unfallversicherung nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss vielmehr zusätzlich mit dem Beweismaß des § 287 ZPO beweisen, dass dieser Primärschaden zu einer die Invalidität begründenden psychischen Reaktion geführt hat. Erst im Anschluss hieran muss der Versicherer die Voraussetzungen der „Psychoklausel“ beweisen (hier: Nachweis eines unfallbedingt erlittenen Schädel-Hirn-Traumas, das zu einer milden posttraumatischen Brain Injury geführt hat.

 

Hinweispflicht des Versicherers auf Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen

BGH

Bei einer Versicherung für fremde Rechnung obliegt es dem Unfallversicherer grundsätzlich nicht, die versicherte Person neben oder anstelle des Versicherungsnehmers entsprechend § 186 Satz 1 VVG zu informieren. Das gilt auch im Falle der Anzeige des Versicherungsfalls durch den Versicherten.
 

Invaliditätsbemessung – Schultergelenk

OLG Koblenz

1. Für nicht in der Gliedertaxe aufgeführte Körperteile (hier: Schultereckgelenkssprengung Schweregrad Tossy II) können bei der Invaliditätsbemessung Wertungen der Gliedertaxe in einer entsprechenden Anwendung als Vergleichswert (hier: Arm) herangezogen werden.

2. Typische berufsbedingte Einschränkungen sind bei der Invaliditätsbemessung nicht zu berücksichtigen, denn maßgebend ist allein die Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen, gesunden Versicherten im gleichen Alter.

 

Kein Versicherungsschutz für durch Eigenbewegung verursachte Meniskusverletzung

OLG Karlsruhe

1. Zur Abgrenzung zwischen einem versicherten Unfallereignis und einer nicht unter den Versicherungsschutz fallenden Verletzung durch Eigenbewegung an oder mit einem Gegenstand. 

2. Auch wenn sich der Versicherungsschutz in Erweiterung des Unfallbegriffs bedingungsgemäß auch auf die Zerrung oder Zerreißung von „Muskeln, Sehnen, Bändern oder Kapseln“ durch „erhöhte Kraftanstrengung“ erstreckt, wird hiervon eine durch Eigenbewegung verursachte Meniskusverletzung nicht erfasst.

 

Rechtscharakter des Anerkenntnisses des Unfallversicherers

OLG Düsseldorf

1. Erklärungen eines Versicherers im Rahmen der Erstbemessungspflicht gem. § 11 AUB i. V. m. § 187 Abs. 1 S. 2 VVG stellen in der Regel kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Vielmehr wird damit dem VN lediglich eine Erfüllungsbereitschaft des Inhalts mitgeteilt, in welchem Umfang Ansprüche als berechtigt angesehen und entsprechend reguliert werden sollen.

2. Ein solches Abrechnungsschreiben führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Lasten des Versicherers.

3. Die Annahme eines Schuldbestätigungsvertrages ist nur berechtigt, wenn zwischen den Parteien zuvor tatsächlich Streit oder Ungewissheit über das Bestehen des Schuldverhältnisses oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte herrschte.

 

Unfall – Eigenbewegung; erhöhte Kraftanstrengung – Knochenbruch

OLG Frankfurt

1. Hebt der VN seinen am Boden liegenden 80 kg schweren Sohn an, der plötzlich durch eine Eigenbewegung zwischen den Armen des VN abrutscht und packt der VN, um diesen wieder anzuheben, daraufhin ruckartig zu, wodurch er sich eine Brustwirbelfraktur zuzieht, so hat er sich diese Verletzung durch eine – nicht versicherte – willensgesteuerte Eigenbewegung zugezogen.

2. Der erweiterte Unfallbegriff „erhöhte Kraftanstrengung“ kann nicht analog auf den Fall eines Bruchs angewendet werden.


Umfang der Informationspflicht eines Unfallversicherers bei Versicherung für fremde Rechnung - nur VN ist nach § 186 VVG zu belehren

BGH

1. Bei einer Versicherung für fremde Rechnung obliegt es dem Unfallversicherer grundsätzlich nicht, die versicherte Person neben oder an Stelle des Versicherungsnehmers entsprechend § 186 Satz 1 VVG zu informieren. Das gilt auch im Falle der Anzeige des Versicherungsfalles durch den Versicherten.
2. Der Zweck der gesetzlichen Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige des Versicherungsfalles besteht darin, dem Versicherer eine zeitnahe Prüfung sowie schnelle und zuverlässige Klärung des Eintritts des Versicherungsfalles zu ermöglichen. Die Anzeigepflicht eines anspruchsberechtigten Dritten sowie des Versicherten in der Versicherung für fremde Rechnung trägt der Tatsache Rechnung, dass dieser oftmals deutlich früher als der Versicherungsnehmer Kenntnis vom Eintritt des Versicherungsfalls erlangt.

 

Erklärungen des Versicherers im Rahmen der Erstbemessung sind regelmäßig kein Schuldanerkenntnis

OLG Düsseldorf

Erklärungen eines Versicherers im Rahmen der Erstbemessungspflicht gemäß § 11 AUB in Verbindung mit § 187 Abs. 1 Satz 2 VVG stellen in der Regel kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Vielmehr wird damit dem Versicherungsnehmer lediglich eine Erfüllungsbereitschaft des Inhalts mitgeteilt, in welchem Umfang Ansprüche als berechtigt angesehen und entsprechend reguliert werden sollen. Ein solches Abrechnungsschreiben führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Lasten des Versicherers.

 

Zum Begriff der „erhöhten Kraftanstrengung“

OLG Hamm

Die Klausel in einem Unfallversicherungsvertrag, wonach eine Erweiterung des Unfallbegriffs dahingehend erfolgt, dass als Unfall auch gilt, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden, ist wirksam.

 

Abgrenzung zwischen versichertem Unfallereignis und nicht versicherter Eigenbewegung

OLG Karlsruhe

Auch wenn sich der Versicherungsschutz in Erweiterung des Unfallbegriffs bedingungsgemäß auch auf die Zerrung oder Zerreißung von „Muskeln, Sehnen, Bändern oder Kapseln“ durch „erhöhte Kraftanstrengung“ erstreckt, wird hiervon eine durch Eigenbewegung verursachte Meniskusverletzung nicht erfasst.

 

Anspruch auf Rückzahlung von Leistungen aus der privaten Unfallversicherung

LG Wuppertal

1. Die Anerkennung eines Invaliditätsanspruchs stellt zwar kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Der Versicherer ist jedoch gemäß Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, die Erstbemessung zu einem späteren Zeitpunkt zu seinen Gunsten anzupassen, wenn er den Grad der Invalidität anhand der ihm eingereichten Unterlagen und der von ihm eigeholten Gutachten noch nicht bestimmt hat.

2. Nach teilweiser Ansicht in der Rechtsprechung, ist ein Versicherer an seine Erstbemessung gebunden, sofern er sich nicht die Nachbemessung vorbehalten hat (vgl. OLG Frankfurt, VersR 2009, 1653; OLG Oldenburg, VersR 2017, 682).

3. Ob allgemein eine Bindung des Versicherers an die Erstbemessung auch für den Fall besteht, dass er sich die Nachbemessung zwar vorbehalten hat, diese aber nicht mehr ausüben kann, kann jedenfalls dann dahinstehen, wenn sich der Versicherer einer derartigen Bindung selbst unterworfen hat.Das ist anzunehmen, wenn der Versicherer in seinem Regulierungsschreiben die Bedingungen für die Ausübung der Nachbemessung im Vergleich zu den Regelungen aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen weiter verengt, in  dem er auf sein Recht zur Nachbemessung verzichtet hat, solange der VN  nicht seinerseits die Nachbemessung verlangt. Damit bringt der Versicherer für den Versicherungsnehmer erkennbar zum Ausdruck, dass er sich an die von ihm vorgenommene Erstbemessung bindet, sofern nicht der VN geltend macht, sein Gesundheitszustand habe sich seit der Erstbemessung verändert.

 

Keine äußere Einwirkung, wenn sich Versicherungsnehmer umgedreht hat, um nach einem Werkzeug zu greifen, während sich sein Knie bei Arbeiten in einem Brennofen in einer sogenannten Schiene befunden hat

OLG Karlsruhe

Versicherungsschutz einer Unfallversicherung besteht nur bei einem Einwirken der Außenwelt (Person oder Sache) auf den Körper des Verletzten, etwa bei einem Zusammenstoß oder einem Sturz, wobei die Art der Einwirkung beliebig ist. Mit diesem Kriterium sollen rein körperinterne Vorgänge (z. B. Erkrankungen, degenerative Vorgänge) als nicht dem Unfallbegriff unterfallend ausgeschlossen werden. Bei Eigenbewegungen des Versicherungsnehmers sind die Voraussetzungen des Unfallbegriffs erfüllt, wenn diese in ihrem Verlauf nicht gänzlich willensgesteuert sind und die Gesundheitsschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst wird. Es liegt kein von außen auf den Körper des Versicherungsnehmers wirkendes Ereignis vor, wenn sich dieser umgedreht hat, um nach einem Werkzeug zu greifen, während sich sein Knie bei Arbeiten in einem Brennofen in einer sogenannten Schiene befunden hat.

 

Ärztliche Invaliditätsfeststellung; Tauchunfall - tauchtypische Gesundheitsschädigung 

OLG Jena,

1. Die nach Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung erforderliche ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität muss den „Unfall“ nicht explizit als solchen bezeichnen und nicht den diesem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt angeben. Ausreichend ist, dass die Invaliditätsursache sowohl in deren medizinischer Ausprägung als auch in zeitlicher Hinsicht so konkret bezeichnet wird, dass einerseits deren medizinischer Inhalt und andererseits der ihr zugrunde liegende Lebenssachverhalt jeweils eindeutig von etwaig in Betracht kommenden anderen Ursachen abgegrenzt werden können.

2. Ist in Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung der Ertrinkungstod einem Unfall gleichgestellt, so besteht damit nicht auch für solche Ereignisse Versicherungsschutz, welche sich als „Beinahe-Ertrinken“ darstellen.

3. Ist in Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung eine „tauchtypische Gesundheitsschädigung“ versichert, so muss das Schadensereignis nicht gleichzeitig die allgemeinen Voraussetzungen eines „Unfalls“ erfüllen.

4. Erleidet der Versicherte bei einem Tauchgang eine Hirnblutung, so begründet dies nicht den Anscheinsbeweis einer „tauchtypischen Gesundheitsschädigung“ im Sinne der Versicherungsbedingungen.  

 

Bemessung des Invaliditätsgrades bei dauerhaften Folgen einer Achillessehnenruptur

KG Berlin

1. Bei dauerhaften Folgen einer Achillessehnenruptur ist die Bemessung des Invaliditätsgrades wegen des anatomischen Sitzes der unfallbedingten Schädigung im unteren Bein nach Rechtsprechung des BGH (Versicherungsrechts 2015, 617 Rn. 14; VersR 2012, 351 Rn. 10) grundsätzlich auf den Beinwert und nicht auf den Fußwert abzustellen.

2. Da sich die Schädigung jedoch hauptsächlich auf die Funktion des Fußes und kaum auf das Bein auswirkt, kann diese Funktionsbeeinträchtigung zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen (vgl. BGH VersR 2018, 345) berücksichtigt werden; auf den Fußwert kann abgestellt werden, wenn der sich daraus ergebende Invaliditätsgrad denjenigen des Beinwertes übersteigt. 

 

Keine Rückzahlungspflicht des VN nach einer ausschließlich von ihm verlangten Invaliditätsneubemessung 

OLG Düsseldorf 

Stellt sich nach einer alleine vom VN initiierten Neubemessung der unfallbedingten Invalidität heraus, dass diese geringer ist, als vom Versicherer bei der Erstbemessung angenommen, kann der Versicherer eine Überzahlung nicht kondizieren, wenn für den VN nicht unmissverständlich ist, dass er mit seinem Neubemessungsverlangen die bislang erhaltenen Leistungen gefährdet.  

 

Kein Versicherungsschutz für sogenannte chronische Borreliose

OLG Oldenburg

1. Die sogenannte „chronische Borreliose“ stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine gemäß anerkannte wissenschaftlichen Standard nachgewiesene pathologische Entität dar.

2. Zur Beweiskraft einer S-3-Leitlinie (hier: S-3-Leitlinie AWMF-Register 030/071).

 

Abbruch verjährungshemmender Verhandlungen durch einfache Leistungsablehnung

OLG Dresden

Für den Abbruch von Verhandlungen über eine private Invaliditätsversicherung reicht es aus, dass der Versicherer auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnisstandes eine Zahlung ablehnt. Nicht erforderlich ist es hierfür, dass er hierbei auch weitere Verhandlungen mit dem Versicherungsnehmer für die Zukunft kategorisch ausschließt.

 

Bewusstseinsstörung – alkoholisierter Fußgänger – Hinweispflicht des Versicherers

OLG Frankfurt

1. Eine die Leistungspflicht des Versicherers nach § 3 Nr. 4 AUB ausschließende Trunkenheit eines Fußgängers ist erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 2 Promille anzunehmen. Dass eine solche vorgelegen hat, ist vom Versicherer zu beweisen.

2. Dem Versicherungsnehmer ist es unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs verwehrt, sich auf die Versäumung der Ausschlussfrist zu berufen, wenn er den Versicherungsnehmer nach Abschluss der Leistungsprüfung nicht nochmals auf die Frist des § 8 Abs. 2 AUB hinweist.

 

Auslegung des Begriffs der „Versicherungsvermittlung“ in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2002/92/EG
EuGH
1. Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 09.12.2002 über Versicherungsvermittlung ist dahin auszulegen, dass die den Abschluss eines Versicherungsvertrages betreffenden Vorbereitungsarbeiten auch dann unter den Begriff „Versicherungsvermittlung“ fallen, wenn der betreffende Versicherungsvermittler nicht die Absicht hat, einen tatsächlichen Versicherungsvertrag abzuschließen.
2. Die Finanzberatung in Bezug auf die Anlage von Kapital, die im Rahmen einer auf den Abschluss einer Kapitallebensversicherung gerichteten Versicherungsvermittlung erbracht wird, fällt unter die Richtlinie 2002/92 und nicht unter die Richtlinie 2004/39/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates. 

 

Informations- und Aufklärungspflichten beim Vertrieb von Lebensversicherungen gegen Einmalzahlung
KG Berlin
1. Die Information und Aufklärungspflichten des Versicherers nach § 10 a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. richten sich nach Kapitalanlagegrundsätzen, wenn sich der Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages gegen Einmalzahlung - bei dessen isolierter Betrachtung oder wegen dessen Bedeutung als Bestandteil eines Gesamtkonzepts - bei wirtschaftlicher Betrachtung als Kapitalanlagengeschäfte darstellt.
2. Der Abschluss einer Kapitallebensversicherung, bei der der geschuldete sechsstellige Einmalbeitrag nicht aus dem eigenen Vermögen des VN gezahlt, sondern kreditfinanziert wird, stellt sich als Kapitalanlagegeschäft dar, mit dem der VN während der Laufzeit des Lebensversicherungsvertrages eine Rendite erzielen will, die die Kreditkosten übersteigen soll.
3. Der Versicherer verletzt diese Informations- und Aufklärungspflichten, wenn er - ohne den Interessenten hierüber aufzuklären - konkrete Aussagen über eine zu erwartende Wertentwicklung (Renditeprognosen) macht, hinsichtlich derer sich bereits bei Vertragsschluss abzeichnete, dass diese Werte tatsächlich nicht erreicht werden können. Letzteres kann etwa dann der Fall sein, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststeht, in welchen Fonds das Deckungskapital investiert werden soll.
4. Überlässt der Versicherer die Erfüllung der Informations- und Aufklärungspflichten beim Vertrieb von Versicherungsverträgen, die einen speziell für diesen Vertriebsweg entwickelten Tarif beinhalten, der anderen Versicherungsnehmern nicht zugänglich ist, so muss er sich eine durch diesen Dritten
(„ Strukturvertrieb“) erfolgte Pflichtverletzung nach § 278 BGB zurechnen lassen.  
 

Entbehrlichkeit der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bei substanzlosen Angriffen gegen ein überzeugendes Privatgutachten des Versicherers
Landgericht Koblenz
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Privatgutachten als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiierten Parteivortrages zuverlässig beantwortet werden kann.
2. Sind die Feststellungen des Privatsachverständigen nachvollziehbar und überzeugend, obliegt es dem Versicherten vielmehr, sich - ggfs. unter Hinzuziehung eines eigenen Privatsachverständigen oder aber eines behandelnden Arztes - eingehend mit den in sich schlüssigen und fundierten Ausführungen auseinanderzusetzen und konkrete Anhaltspunkte für eine unzureichende oder fehlerhafte Begutachtung aufzuzeigen.
3. Behauptet der Versicherungsnehmer schlicht eine bestimmten Invaliditätsgrad, ohne dass im Ansatz ersichtlich ist, wie genau der Versicherungsnehmer zu diesem Invaliditätsgrad gelangt, so ist insoweit in einem unzulässigen Vorbringen ins „Blaue hinein" auszugehen. Eine Behauptung, die ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts und willkürlich auf „gerate Wohl" bzw. „ins Blaue hinein" aufgestellt wird, hat unbeachtet zu bleiben.

Wirksamkeit einer Vertragsbedingung zur zeitlichen Grenzen der Feststellung der Invalidität als Voraussetzung einer Invaliditätsleistung
OLG Dresden
Die Vorschrift im Bedingungswerk einer Unfallversicherung, wonach Voraussetzung für eine Invaliditätsleistung ist, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und innerhalb von 15 bzw. 18 Monaten von einem Arzt schriftlich festgestellt und beim Versicherer geltend gemacht ist, benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen. Eine solche Fristenregelung ist weder mit Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar noch schränkt sie wesentliche, sich aus der Natur des Unfallversicherungsvertrages ergebende Rechte oder Pflichten so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre. Ebenso wenig ist eine solche Vertragsbedingung intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Kein Rückforderungsanspruch des Invaliditätsversicherers bei kulanzhalber Überprüfung der Erstfestsetzung bei fehlendem Vorbehalt der Neubemessung der Invalidität
OLG Frankfurt
1. Nach der Systematik von § 11 AUB ist, was die Bemessung der unfallbedingten Invalidität anlangt, zu unterscheiden: Zunächst hat sich der Versicherer nach Erhalt der in der Klausel näher bezeichneten Unterlagen binnen bestimmter Frist - beim Invaliditätsanspruch binnen drei Monaten - zu erklären, ob und in welcher Höhe er den Anspruch anerkennt. Bei dieser Erstbemessung bleibt es - unbeschadet der Möglichkeit des Versicherungsnehmers, in einem Rechtsstreit eine ihm günstigere Erstbemessung zu erstreiten - grundsätzlich, soweit keine der Vertragsparteien von ihrem Recht Gebrauch macht, den Grad der Invalidität - längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall - ärztlich neu bemessen zu lassen (§ 11 Abs. 4 AUB).
2. In diese zweite Stufe der Invaliditätsbemessung gelangen die Vertragsparteien nur dann, wenn entweder der Versicherungsnehmer, der Versicherer oder beide das Recht auf Neubemessung - fristgebunden - ausüben, das heißt gegenüber dem jeweils anderen eine entsprechende Erklärung abgeben. Unterbleibt eine solche Erklärung oder erfolgt sie nicht fristgemäß, hat die jeweilige Vertragspartei das Recht auf Neubemessung verloren. Grundlage jeder Neubemessung der Invalidität sind somit lediglich Veränderungen im Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers gegenüber demjenigen Zustand, der der - insoweit bindenden - Erstbemessung zugrunde liegt. Beide Stufen der Invaliditätsbemessung sind zwar dadurch verknüpft, dass die Erstbemessung unter dem Vorbehalt einer Änderung steht, soweit es tatsächlich zu einer Neubemessung gemäß § 11 Abs. 4 AUB kommt. Unbeschadet dessen sind die Stufen der Invaliditätsbemessung jedoch jeweils rechtlich eigenständig zu betrachten.
3. Hat der Versicherer im Rahmen der Erstbemessung einen Invaliditätsgrad anerkannt und entgegen der Vorgaben in den AUB ein eigenes Nachbegutachtungsverlangen zur Neubemessung im Regulierungsschreiben nicht ausdrücklich vorbehalten, hat dies zur Folge, dass er selbst die zur Entschädigungsgrundlage gemachte Invaliditätsbemessung nicht mehr neubemessen lassen kann.
4. Ist der Versicherungsnehmer hiermit nicht einverstanden und bittet er um eine "erneute gutachterliche Bewertung zur Bestimmung des Invaliditätsgrades", handelt es sich hierbei nicht um einen Neubewertungsantrag sondern um einen Antrag auf nochmalige Überprüfung der Erstfestsetzung.
5. Folgt hierbei ein niedrigerer Invaliditätsgrad als von dem Versicherer anerkannt, ist der Versicherer trotzdem an die Erstfestsetzung gebunden. Der Senat ist der Auffassung, dass im Rahmen der vorzunehmenden Auslegung der Klauseln nach §§ 133, 157 BGB ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nach einer Erstfestsetzung ohne Vorbehalt annehmen darf, dass er im Verhältnis zum Versicherer auch hinsichtlich der Erstfestsetzung eine unanfechtbare Position erlangt hat. Mangels Vorbehalts hat er eine Neubemessung und gegebenenfalls eine Rückforderung durch den Versicherer nicht zu befürchten. Er wird deshalb davon ausgehen, dass der Versicherer auch eine Überzahlung hinsichtlich der Erstfestsetzung nicht mehr eigenständig geltend machen kann, zumal der Versicherer diese zuvor nach eingehender Prüfung selbst festgesetzt hat. Aufgrund des Inhalts des Klauselwerks darf der Versicherungsnehmer vielmehr erwarten, dass eine solche, für ihn weitreichende Folge entsprechend dem Vorbehaltserfordernis bei der Neubemessung ausdrücklich geregelt sein würde. Zumindest wird das insoweit unklare Klauselwerk, das von der Klägerin verwendet wurde, nach § 305c Abs. 2 BGB nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers auszulegen sein.

 

Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung (1,18 Promille) im Straßenverkehr, Anscheinsbeweis der Unfallkausalität
OLG Saarbrücken
1. Nähert der alkoholisierte Versicherungsnehmer sich einer ihm als unfallträchtig bekannten Stelle mit einer um mindestens 50 km/h überhöhten Geschwindigkeit, obwohl zwei andere Fahrzeuge vor ihm gerade kurz hintereinander über einen sehr kurzen Fahrstreifen auf die Autobahn aufgefahren waren und erkennbar war, dass mit der Einleitung eines Überholvorgangs durch das hintere Fahrzeug zu rechnen war, ist das nur mit einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung zu erklären. Der Unfallversicherungsschutz ist deshalb ausgeschlossen.
2. Zum Risikoausschluss einer vorsätzlichen Straftat „Gefährdung des Straßenverkehrs oder Trunkenheit im Verkehr" existiert kein Erfahrungssatz des Inhalt, dass der Täter bei Eintritt einer Fahrt nach hohem Alkoholkonsum stets (bedingt) vorsätzlich handele, weil sich gerade Personen mit hohem Blutalkoholgehalt durchaus noch fahrsicher fühlen.

Nachweis einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung eines Fußgängers
OLG Hamm
Ein Unfall durch Bewusstseinsstörung kann nach den Umständen anzunehmen sein, wenn ein Fußgänger mit einer BAK ca. 95 min später von 1,81‰ sich nachts entweder zweimal oder längere Zeit nicht auf dem Geh-/Radweg, sondern auf der Landstraße befindet und dort von einem Fahrzeug erfasst wird.

Annahme von Vorsatz und Arglist bei fehlender technischer Plausibilität des geschilderten Unfallhergangs
OLG Saarbrücken
Lässt sich der vom Versicherungsnehmer geschilderte, auf eigener Wahrnehmung beruhende Unfallhergang aus technischer Sicht mit dem festgestellten Schadensbild in Einklang bringen, ist von einer bewusst unrichtigen Schilderung und von Arglist auszugehen.

Nachweis für fristgemäße ärztliche Feststellung der Invalidität; Anforderungen an die Invaliditätsfeststellung; Beweiskraft einer Privaturkunde
OLG Hamm
1. Beweisbelastet für die fristgemäße ärztliche Feststellung der Invalidität als anspruchsbegründende Tatsache ist der Versicherungsnehmer.
2. Eine tatsächliche Vermutung über die inhaltliche Richtigkeit einer Privaturkunde kann nur zwischen den Vertragsparteien, nicht aber gegenüber Dritten gelten.
3. Eine ärztliche Bescheinigung, die nur die Diagnose eines Verdachts auf eine Erkrankung, nicht aber eine kausale Verknüpfung mit dem Unfall enthält, genügt nicht den Anforderungen an eine Invaliditätsfeststellung.

Plausible gegenteilige Darstellung reicht aus, um Vorwurf einer Geistesstörung zu widerlegen
OLG Karlsruhe
Schließt ein Versicherer den Versicherungsschutz für Unfälle aus, die auf eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung zurückzuführen sind, muss der Nachweis hierfür zweifelsfrei erbracht werden. Die Ansicht des Versicherers, dass es sich aufgrund der Umstände bei einem Sturz aus dem Fenster nur um Freiwilligkeit (suizidale Absicht) oder eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung handeln kann, reicht als Nachweis nicht aus, wenn der dargelegte plausible Ablauf des Versicherten, wonach er das Gleichgewicht verloren hat, nicht zweifelsfrei widerlegt werden kann.

Belehrungspflicht nach § 186 VVG in der Fremdversicherung besteht ausschließlich gegenüber dem, Versicherungsnehmer
OLG Oldenburg
Ist nach den AUB die Wahrnehmung der Rechte aus einer Fremdversicherung ausdrücklich und ausschließlich dem Versicherungsnehmer zugewiesen (hier: § 12 Abs. 1 AUB 20111), bedarf es eines Hinweises nach § 186 VVG gegenüber dem Versicherten nicht; der Versicherer genügt seiner Pflicht, wenn er den entsprechenden Hinweis dem Versicherungsnehmer erteilt.

Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung eines Fußgängers
OLG Hamm
Ein Unfall durch Bewusstseinsstörung kann nach den Umständen anzunehmen sein, wenn ein Fußgänger mit einer BAK ca. 95 Minuten später von 1,81 Promille sich nachts entweder zweimal oder längere Zeit nicht auf dem Geh-/Radweg, sondern auf der Landstraße befindet und dort von einem Fahrzeug erfasst wird.

Amnesie als leistungsausschließende psychische Reaktion
OLG Dresden
Eine retrograde Amnesie, die nach einem Sturzereignis auftritt, ist auch dann als krankhafte Störung in Folge einer psychischen Reaktion im Sinne von Ziffer 5.2.6 AUB 08 anzusehen, wenn der Unfall zur Ausschüttung von Stresshormonen geführt hat, die zu hirnorganischen Veränderungen geführt haben, mit denen sich der dissoziative Gedächtnisverlust erklären lässt.

Erhöhte Kraftanstrengung - Tennisaufschlag
öOGH Wien
1. Für die Beurteilung der „erhöhten Kraftanstrengung" im Sinne von Artikel 6.2 AUVB 2006 ist mangels weiterer Definition in den Bedingungen von den im Rahmen alltäglicher Bewegungen vorkommenden Abläufen auszugehen. Auf individuelle körperliche Konstitutionen und Kräfteverhältnisse des Versicherten kommt es nicht an.
2. „Übliche" und typische Abläufe innerhalb einer Sportart, auch wenn sie - gemessen an der Sportart - nicht in erhöhtem Maße kraftvoll ausgeübt werden, genießen Versicherungsdeckung, wenn sie sich nur gegenüber alltäglichen Bewegungsabläufen außerhalb sportlicher Betätigung durch erhöhte Kraftanstrengung unterscheiden.

Sturz beim Krankentransport durch Sanitäter unterliegt dem Ausschluss nach Ziffer 5.2.3 AUB 2002
OLG Koblenz
1. Schlägt der Versicherer beim Transport durch Sanitäter mit dem Kopf auf den Boden entweder aufgrund eines noch andauernden Krampfanfalles oder wegen einer danach eingetretenen Bewusstlosigkeit auf, besteht nach Ziffer 5.1.1 AUB 2002 kein Versicherungsschutz, da Ursache des Aufschlagens entweder der Krampfanfall oder eine Bewusstseinsstörung war.
2. Entgleitet der Kopf nach einem beendeten Krampanfall im bewusstlosen Zustand den den Versicherten tragenden Sanitätern unterfällt dieser Unfall dem Versicherungsausschluss nach Ziffer 5.2.3 AUB 2002, da es sich bei dem Transport des Versicherten um eine Heilmaßnahme handelt.
3. Ein Transport des Versicherten entspricht dann bereits einer Heilmaßnahme, wenn er zu therapeutischen Zwecken diente. Nicht maßgeblich ist, ob die Sanitäter zu diesem Zeitpunkt bereits eine konkrete Behandlungsmaßnahme geplant hatten, da allein schon der Transport eine Maßnahme zur Behandlung darstellt.
4. Aufgrund des behandlungsbedürftigen Zustands des Versicherten zu dem Zeitpunkt, als das Umlagern und im Rahmen dessen sein Sturz auf den Boden erfolgte, handelt es sich bei dem Transport des Versicherten um eine zu therapeutischen Zwecken erfolgte Einwirkung, in deren adäquater Folge es zu einem Gesundheitsschaden des Versicherten kam, in dem sich dabei eine dieser Einwirkung eigentümliche Gefahr verwirklichte.

 

Keine Hinweispflicht des Versicherers gegenüber der versicherten Person in der Unfallversicherung
OLG Karlsruhe
Die Hinweispflicht des Versicherers in der Unfallversicherung gemäß § 186 VVG besteht nur gegenüber dem Versicherungsnehmer und nicht auch gegenüber der versicherten Person. Bei einem rechtzeitig dem Versicherungsnehmer erteilten Hinweis kann sich der Versicherer auch gegenüber Ansprüchen der versicherten Person auf die in den Versicherungsbedingungen statuierten Ausschlussfristen (hier: zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung) berufen.

Zum Nachweis eines Sturzes in suizidaler Absicht
OLG Karlsruhe
Der dem Versicherer obliegende Nachweis, dass der unfallursächliche Sturz aus einem Fenster nur entweder auf Freiwilligkeit (suizidale Absicht) oder auf einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung beruhen kann, ist nicht geführt, wenn ein vom Versicherten dargestellter plausibler Ablauf, bei dem der Sturz auf dem bloßen Verlust des Gleichgewichts ohne innere Ursache beruhen kann, nicht widerlegt ist.

Bei der Bemessung einer Schulterbeeinträchtigung können auch bei neueren Bedingungen die Wertungen der Gliedertaxe berücksichtigt
BGH
Auch wenn nach der Gliedertaxe „Arm" Beeinträchtigungen des Schultergürtels nicht mehr unmittelbar nach dem Armwert eingestuft werden, können die Wertungen der Gliedertaxe in entsprechender Anwendung herangezogen werden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.

Tinnitus in der Unfallversicherung
OLG Hamm
Der organische Tinnitus stellt keinen Verlust der Funktionsfähigkeit des Ohres, sondern eine zusätzliche Beeinträchtigung des Gehörs da, die außerhalb der Gliedertaxe zu bewerten ist.

Retrograde Amnesie nach einem Sturzereignis als krankhafte Störung infolge einer psychischen Reaktion im Sinne von Nr. 5.2.6 AUB
OLG Dresden
Eine retrograde Amnesie, die nach einem Sturzereignis auftritt, ist auch dann als krankhafte Störung infolge einer psychischen Reaktion im Sinne von Nr. 5.2.6 AUB anzusehen, wenn der Unfall zur Ausschüttung von Stresshormonen geführt hat, die zu hirnorganischen Veränderungen geführt haben, mit denen sich der dissoziative Gedächtnisverlust erklären lässt.

Unfallversicherung: Vereinbarte Schriftform; Kündigung per nicht unterschriebenem Fax
AG Hamburg
1. Muss ein Unfallversicherungsvertrag gemäß § 10.2 der wirksam einbezogenen Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen schriftlich gekündigt werden, ist diesem Erfordernis Genüge getan, wenn der Versicherungsnehmer die Kündigung mittels nicht unterzeichneten Fax ausspricht.
2. Auch ein nicht unterschriebener, per Fax übermitteltes Schreiben genügt dem Schrifterfordernis des § 127 BGB, wenn der Aussteller und der Wille rechtsgeschäftlichen Tätigwerdens hinreichend sicher zum Ausdruck kommt.

Ok-Vermerk des Sendeberichtes eines Telefaxes gilt nicht als Anscheinsbeweis des Zugangs einer Kündigung
AG Frankenthal
Ok-Vermerk des Sendeberichtes eines Telefaxes begründet keinen Anscheinsbeweis des Zugangs einer Kündigung des Versicherungsvertrages.

Ärztliche Invaliditätsfeststellung
OLG Düsseldorf
1. Eine ärztliche Invaliditätsfeststellung setzt voraus, dass der Arzt innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfallereignis schriftlich die Diagnose der eingetretenen körperlichen Beeinträchtigung und deren Unfallbedingtheit festgestellt hat. Die Mitteilung „eine Minderung der Erwerbsfähigkeit" beträft nach vorläufiger Schätzung über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus „ohne Angabe der Verletzung" erfüllt diese Voraussetzung nicht.
2. Eine als lediglich möglich genannte Unfallbedingtheit stellt keine Feststellung dar.
3. Werden ohne Feststellungen einer dauerhaften Beeinträchtigung weitere Therapien und Behandlungen für sinnvoll erachtet, so fehlt es an einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung.
4. Das Risiko einer zu spät entdeckten Invalidität geht zu Lasten des Versicherungsnehmers, wenn deshalb mangels einer fristgemäßen ärztlichen Invaliditätsfeststellung der Leistungsanspruch entfällt.

Altersbedingte Vorschäden können auch dann zu einer Minderung der Invaliditätsleistung führen, wenn sie vor dem Unfall keine Beschwerden ausgelöst haben (hier: Degeneration der Rotatorenmanschette)
OLG Celle
Altersbedingte Vorschäden, die nicht die Voraussetzungen einer altersentsprechenden Normabweichung erfüllen, sind als Gebrechen bei der Ermittlung der Invaliditätsleistung anspruchsmindernd zu berücksichtigen, wenn diese zur Verstärkung der Unfallfolgen beigetragen haben, auch wenn sie bisher keine Beschwerden ausgelöst haben.

Beweissicherungsverfahren in der privaten Unfallversicherung - Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Invaliditätsgrades
OLG Karlsruhe
1. Im selbstständigen Beweisverfahren obliegt die Beschreibung des Beweisthemas - anders als im Hauptverfahren - dem Antragsteller. Sollen in der Unfallversicherung Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen des Versicherungsnehmers durch ein ärztliches Gutachten geklärt werden, ist das Gericht für den Beweisbeschluss in der Regel an die vom Antragsteller formulierten Fragen bzw. Behauptungen gebunden.
2. Der Antragsteller kann im selbstständigen Beweisverfahren verbindliche Vorgaben für die Beurteilung der Invalidität durch den ärztlichen Sachverständigen formulieren (hier: „An die Prognose sind keine hohen Anforderungen zu stellen, denn eine ärztliche Prognose beinhaltet stets eine gewisse Unsicherheit und Vermutung.")
3. Inwieweit die in den Versicherungsbedingungen vereinbarte Gliedertaxe einem Gutachten zur Invalidität des Versicherungsnehmers zu Grunde gelegt werden soll, kann der Antragsteller bei der Konkretisierung des Beweisthemas gemäß § 487 Ziffer 2 ZPO bestimmen.
4. Das Gericht hat in der Regel nicht zu prüfen, ob der Antragsteller bei der Formulierung der Beweisfragen die rechtlichen Voraussetzungen seines möglichen Hauptsacheanspruchs zutreffend berücksichtigt hat. Ein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO liegt schon dann vor, wenn die rechtliche Erheblichkeit des Beweisthemas zumindest nicht von vornherein gänzlich ausgeschlossen ist.

Berechnung der Invalidität bei Augenverlust eines Brillenträgers mit Grünblindheit
OLG Hamm
1. In der privaten Unfallversicherung ist nach unfallbedingtem Verlust eines Auges eine Vorinvalidität zu berücksichtigen (sogenannter Brillenabschlag), wenn dem Versicherungsnehmer augenärztlich verordnet worden war, der Führerschein mit einem Brillenvermerk versehen ist und der Versicherungsnehmer die Brille zumindest zeitweilig getragen hat.
2. Der teilweise Verlust des Farbsehens aufgrund einer betonten Grünblindheit stellt eine Funktionsbeeinträchtigung des Auges dar.
3. Die Berücksichtigung einer Vorinvalidität erfolgt nur, wenn das alterstypische Maß überschritten ist.

Beweislast bei Rückforderung einer Invaliditätsleistung nach ärztlicher Neubemessung der Invalidität
OLG Brandenburg
1. Ergibt eine vom Versicherungsnehmer beantragte Neubemessung der Invalidität einen geringeren Invaliditätsgrad als bei der Erstbemessung angenommen, kann der Versicherer zu viel erbrachte Invaliditätsleistung im Wege der ungerechtfertigten Bereicherung zurückverlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherer sich die Invaliditätsleistung vorbehalten hatte oder nicht, solange er den Versicherungsnehmer bei dessen Antrag auf Neubemessung auf eine mögliche Rückforderung hingewiesen hat.
2. Fordert der Versicherer eine Invaliditätsleistung mit der Begründung zurück, auf Grundlage der Erstbemessung der Invalidität sei eine zu hohe Leistung erbracht worden, so trägt er die Beweislast dafür, dass der tatsächliche Invaliditätsgrad geringer anzusetzen ist als ursprünglich angenommen.

Anforderungen an die fristgerechte Invaliditätsfeststellung bei handschriftlichem Zusatz „wahrscheinlich"
OLG Bremen
1. Eine ärztliche Invaliditätsbescheinigung ist der Auslegung zugänglich. Dabei ist im Interesse der „Waffengleichheit" zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer auch von Bedeutung, ob ersterer Anlass hat, an der in seinen Händen befindlichen Bescheinigung zu zweifeln.
2. Veranlasst die Gestaltung des Formulars für die ärztliche Invaliditätsfeststellung zu einem einschränkenden Zusatz (hier: „wahrscheinlich"), so erscheint es treuwidrig, wenn der Versicherer sich sodann darauf beruft, es sei nicht eindeutig feststellbar, ob die Einschränkung sich gerade auf die Prognose der Invalidität beziehe.
3. Anamnesegespräche sind nicht von vornherein zur Befunderhebung im Rahmen der Feststellung der Invalidität ungeeignet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vom Versicherten geschilderten Beschwerden auch bei eingehender Untersuchung nur bedingt objektiv verifizierbar sind.

Bemessung der Invalidität außerhalb der Gliedertaxe (hier: Schädigung im Halswirbelbereich mit Auswirkung auf Schulter und Arm)
BGH
Für die Invaliditätsbemessung von nicht in der Gliedertaxe aufgeführten Körperteilen können - zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu den pauschalierten Invaliditätsgraden der Gliedertaxe - die Wertungen der Gliedertaxe in deren entsprechender Anwendung herangezogen werden.

Kündigung im Versicherungsfall - bedingte Kündigungsfrist
BGH
1. Die Regelungen in allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (hier: Nr. 10.3 AUB 2000) wonach der Vertrag durch den Versicherungsnehmer oder den Versicherer durch Kündigung beendet werden kann, wenn der Versicherer eine Leistung erbracht hat, ist dahin auszulegen, dass das Kündigungsrecht mit der ersten Leistung (z.B. Krankenhaustagegeld) beginnt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Invalidität
BGH
1. Hat der Versicherungsnehmer noch vor Ablauf der dreijährigen Neubemessungsfrist klageweise Invaliditätsansprüche geltend gemacht, so ist - ausnahmsweise - von einem beidseitigen Einverständnis der Parteien zur Invaliditätsfeststellung zum Ablauf des 3. Jahres nach dem Unfalltag auszugehen. Da es in diesem Fall um die Erstfestsetzung der Invalidität geht, hat der Versicherungsnehmer diese zu beweisen.
2. Eine Vorinvalidität muss nicht im betroffenen Körperteil selbst vorhanden sein, sondern kann sich auch durch Beeinträchtigungen der Funktionen des betroffenen Körperteils in Folge der Invalidität eines anderen Körperteils ergeben.

Nachweis einer unfallbedingten posttraumatischen Epilepsie, Höhe des Invaliditätsgrades bei „Grand-Mal-Anfällen
OLG Frankfurt
1. Der Versicherungsnehmer hat einen unfallbedingten Gesundheitsschaden und die eine Invalidität begründende dauernde gesundheitliche Beeinträchtigung nach § 286 ZPO zu beweisen, während für die kausale Verknüpfung dieser beiden Umstände der Maßstab des § 287 ZPO gilt.
2. Treten nach dem Sturz des Versicherungsnehmers auf einer Rolltreppe, bei dem dieser mit Kopf aufschlug, eine weniger als 20 min. anhaltende Bewusstlosigkeit, mehrstündige Erinnerungslücke, des Orientiertheit mit einem RSC-Score von 14 Initiale und prolongierte Kopf- und Nackenschmerzen, Initiale, nicht näher beschriebene Schläfrigkeit i.S. einer vorrübergehenden qualitativen Bewusstseinsstörung, Übelkeit, Unwohlsein und Erbrechen, anterograde und kurzzeitige retrograde Amnesie sowie während des stationären Aufenthaltes Sehstörungen auf, so sprechen diese Symptome nach Beurteilung eines medizinischen Sachverständigen dafür, dass der Versicherungsnehmer ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades mit Commotio-Syndrom und nicht eine Schädelprellung erlitten hat, bei der weder ein Gedächtnisverlust noch eine Verwirrtheit auftreten.
3. Erlitt der Versicherungsnehmer erstmals fünf bis sieben Tage nach Unfall einen großen Anfall mit einer Dauer von ca. 3-4 Min. bei dem dieser stürzte und sich am Kopf verletzte und treten solche großen Anfälle, die sich durch ein bestimmtes Bauchgefühl ankündigen, 3-4 mal monatlich auf, die sich mit dem Zucken und Schaum vor dem Mund, teilweise mit Zungenbiss und Einnässen ausdrücken und erleidet der Versicherungsnehmer daneben häufiger auch kleine Anfälle, die sich dadurch kennzeichneten, dass er starke Kopfschmerzen habe, sich hinlegen müsse, ihm schwarz vor den Augen werde und er in der Dunkelheit bleiben müsse, so ist nach den Bewertungen eines medizinischen Sachverständigen von echten epileptischen Anfällen auszugehen.
4. Bei durchschnittlichen mehrmals im Monat auftreten sogenannten „Grand-mal-Anfällen und noch häufiger auftretenden kleinen Anfällen ist aufgrund der enormen Häufigkeit der Anfälle der Invaliditätsgrad mit 70 % zu bemessen.

Auslegung der in der Gliedertaxe enthaltenen Klausel „Hand im Handgelenk"
OGH
Die in der Gliedertaxe enthaltene Wortfolge „Hand im Handgelenk" ist dahin auszulegen, dass der volle Invaliditätsgrad bereits bei vollständiger Funktionsunfähigkeit (Versteifung) des Handgelenks gilt und eine verbliebene Restfunktion der Hand nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist.

Erhöhte Kraftanstrengung - Verletzung nach Rückhandschlag eines Tennisspielers
LG Potsdam
1. Ob eine erhöhte Kraftanstrengung vorgelegen hat, ist nicht für jede Person gleichermaßen zu beurteilen, denn eine Kraftanstrengung wird für jedes Individuum je nach dessen Körperverfassung unterschiedlich hoch sein. Maßgebend für die Beurteilung ist die körperliche Konstitution des jeweiligen Versicherungsnehmer im Verhältnis zum Kraftaufwand im konkreten Fall. Bei einer Sportverletzung muss die Kraftanstrengung im konkreten Fall das Maß deutlich übersteigen, mit dem ein Sportler üblicherweise diese Sportart auszuüben pflegt.
2. Beim normalen Tennismatch ist das Spiel für einen geübten und regelmäßigen Tennisspieler mit einer Kraftanstrengung verbunden, mit der er jedes Spiel absolviert und die gleichmäßig, nicht aber im Verhältnis zu anderen Tennisspielen erhöht ist. Das gilt auch für einen Rückhandschlag, der zum normalen Tennismatch gehört. Eine Verletzung infolge Ausführung eines Rückhandschlages ist bei einem geübten Tennisspieler deshalb nicht auf eine erhöhte Kraftanstrengung zurückzuführen.
3. Die Regelung der Unfallfiktion „erhöhte Kraftanstrengung" ist nicht unklar i. S. d. § BGB § 307 BGB oder intransparent i. S. d. § BGB § 307 BGB.

Invalidität - Zeitpunkt der Erstbemessung bei Vorschusszahlungen
OLG Oldenburg
Leistet der Unfallversicherer innerhalb der Dreijahresfrist der Ziff.9.4. AUB 2003 nur Vorschusszahlungen und setzt er die Invalidität erstmals nach Ablauf der Dreijahresfrist endgültig fest, ist für die Bemessung der Invalidität und ihre gerichtliche Überprüfung der Gesundheitszustand bei Ablauf der Dreijahresfrist maßgeblich.

Nachweis einer Invalidität- Schmerzsymptomatik ohne objektiven Befund (hier: kein Muskelminus, keine Minderbeschwielung)
OLG Koblenz
Auch wenn 3 Jahre nach dem Unfall "objektive" Befunde für eine fortdauernde Beeinträchtigung, wie Muskelminus oder Minderbeschwielung, fehlen, kann eine verbleibende Invalidität auch dann bewiesen sein, wenn nach sachverständiger Beurteilung glaubhaft und nach den erlittenen Verletzungen nachvollziehbar weiter erhebliche Schmerzen mit bestimmten Bewegungen verbunden bleiben, so dass insoweit eine - keine „objektiven" Spuren hinterlassende - „Schonhaltung" eingenommen wird.

Bloß unvernünftiges Verhalten beweist bei einer BAK von 1,05 Promille nicht zwingend eine zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führende Fahruntüchtigkeit
OLG Saarbrücken
Ein Versicherungsnehmer, der sich mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,05 Promille einem „Kräfte messen" zwischen seinem Traktor und dem Pkw eines stark alkoholisierten Bekannten widmet und beim gegenseitigen Ziehen durch Überschlagen des Traktors schwere Hirnverletzungen erleidet, genießt den Schutz seiner privaten Unfallversicherung.

Unfall beim Golf spielen
OLG Hamm
Ein nicht geplanter Ausfallschritt nach einem Golfschlag ist - ohne weitere Umstände - nicht „überwiegende Ursache" für einen Bandscheibenvorfall.

Vorliegen einer arglistigen Täuschung, wenn die Ehefrau bei Ausfüllen der Schadensanzeige die Frage nach weiteren Unfallversicherungen und Behandlungen an der verletzten Stelle wahrheitswidrig verneint und der Versicherte das Antragsformular unterzeichnet
LG Mainz
1. Bei objektiv unrichtiger Angaben auf eine eindeutige und missverständliche Frage des Versicherers wird entsprechend dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 VVG ein vorsätzliches Verschulden vermutet. Es ist deshalb Sache des Versicherungsnehmers, diese Vermutung zu widerlegen.
2. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass nicht er die Schadensanzeige ausgefüllt habe, sondern seine Ehefrau, ist dies für die Frage des Verschuldens unerheblich. Selbst wenn man dies zugunsten des Beklagten unterstellt, entlastet ihn dies nicht, denn der Beklagte hätte spätestens vor dem Unterzeichnen die Schadensanzeige darauf überprüfen müssen, ob alle Antworten zutreffend und vollständig gegeben waren. Mit der Unterschrift übernimmt der Beklagte die Verantwortung für den Inhalt der Unfallanzeige. Durch seine Unterschrift verdeutlicht er, dass er die voran gestellten Erklärungen als eigene Erklärung abgegeben hat.
3. Sollte er hingegen die vorhandenen Fragen und Antworten nicht auf ihre Richtigkeit überprüft haben, sondern blind darauf vertraut haben, dass seine Ehefrau die Antworten richtig angekreuzt hatte, so hätte er zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt. In einem solchen Fall hätte es nämlich der Beklagte in Kauf genommen, dass einzelne Angaben unrichtig sein könnten, auch dann, wenn wie hier vorgetragen, die Ehefrau des Beklagten gut informiert gewesen ist. Auch dieser Umstand entbindet den Beklagten grundsätzlich nicht von der Pflicht, die Antworten in der Schadensanzeige auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, da Fehler stets passieren können und der Beklagte durch den entsprechend auch ausreichend kenntlich gemachten Hinweis auf die Folgen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung um die Bedeutung wahrheitsgemäßer Angaben wusste. Er kann sich deshalb nunmehr nicht darauf zurückziehen, dass er seiner Frau vertraut habe, die nach seinen Angaben über sämtliche Vorgänge informiert gewesen ist. Rechtlich handelt es sich in Fällen wie diesen stets um eine Obliegenheitsverletzung desjenigen, der unterschreibt und nicht um eine Obliegenheitsverletzung desjenigen, der den Antrag möglicherweise wie hier im Übrigen objektiv fehlerhaft ausgefüllt hat.
4. Unabhängig davon, ob die Ehefrau nun Kenntnis hatte oder nicht, ergibt sich auch aus § 166 Abs. 2 BGB, dass sich der Versicherungsnehmer bei einer eigenen Kenntnis von der mitzuteilenden Tatsache nicht auf die Unkenntnis einer von ihm eingeschalteten Hilfsperson berufen kann. Insofern ist § 166 BGB auch auf Fälle der Wissenserklärungsvertretung entsprechend anwendbar.
5. Die Annahme einer Arglist setzt gerade keine betrügerische Absicht voraus, da die Arglist eine Bereicherungsabsicht nicht verlangt. Es genügt, dass der Versicherungsnehmer im Sinne eines Dolus eventualis es zumindest für möglich hält, dass seine Angaben falsch und der Versicherer dadurch in seiner Regulierungsentscheidung übereinflusst wird. Aus diesem Grunde entlastet den Versicherungsnehmer eine Unkenntnis von der Falschbeantwortung auch dann nicht, wenn er im Bewusstsein seiner Unkenntnis „ins Blaue hinein" Angaben macht und dies nicht offenlegt.

Nicht alle krankhaften psychischen Störungen nach schwerem Unfall sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen
OLG Celle
Der Ausschlussgrund in einer privaten Unfallversicherung von krankhaften Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden (sog. "Psychoklausel"), ist nicht schlechthin unwirksam. Von dieser Ausschlussklausel können aber nicht immer bestimmte Krankheitsbilder wie "posttraumatische Belastungsstörung" u. a. erfasst werden. Krankhafte Störungen, die eine organische (nicht notwendig hirnorganische) Ursache haben, sind daher nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den Versicherungsnehmer abhängt. Die Ausschlussklausel gilt damit nicht, wenn der Versicherte nach einem schweren Unfall mit lebensbedrohlichen Folgen bis zum Beginn des operativen Eingriffs bei vollem Bewusstsein ist, und es nach sachverständiger Feststellung nicht um eine spätere psychische Fehlverarbeitung eines Unfalls geht, die psychische Reaktion bei lebensnaher Betrachtung eine vielmehr nicht vermeidbare Begleiterscheinung ist, und insoweit ein Anknüpfen der psychischen Störung direkt an die organischen Unfallfolgen vorliegt.

Eine Einschränkung auf „Leistungen ab 20 % Invalidität" ist wirksam - der Invaliditätsgrad ergibt sich aus der Multiplikation der Funktionseinschränkung mit dem Gliedertaxenwert
OLG Karlsruhe
1. Die Leistungseinschränkung „Leistungen ab 20 % Invalidität" ist wirksam und weder unüblich noch überraschend. Auch mit ihr besteht ein wirtschaftlich sinnvoller Versicherungsschutz für besonders schwerwiegende Unfallfolgen.
2. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für Leistungspflicht wie Leistungseinschränkung des Versicherers ist der Invaliditätsgrad des Versicherungsnehmers, der sich erst aus der Multiplikation der Funktionseinschränkung mit einem Prozentsatz entsprechend der Gliedertaxe ergibt.

Begutachtung nach drei Jahren durch Sachverständigen
OLG Koblenz
1. Die nachträgliche Aufklärung der Unfallfolgen durch gerichtliches Gutachten bedeutet keine nach § 11 Nr. 4 AUB 94 unstatthafte Neubemessung nach Ablauf von drei Jahren. Der beweispflichtige Versicherungsnehmer muss sich der Begutachtung unterziehen, wenn er nicht beweisfällig bleiben will.
2. Beruft sich eine Partei auf ein ihr günstigeres, vom Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen abweichendes Privatgutachten, kann sie zu der Anhörung des Gerichtsachverständigen zu dem Privatgutachten ihren Privatgutachter hinzuziehen.
3. Für eine Vernehmung des Privatgutachters als sachverständigen Zeugen, seine Bestellung als weiteren gerichtlichen Sachverständigen oder eine sonstige Heranziehung von Gerichtswegen fehlt es an der gesetzlichen Grundlage.

Versicherungsschutz für psychische Reaktionen
OLG Brandenburg
1. Die Ausschlussklausel in Ziff. 5.2.6 AUB für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen.
2. Bei psychischen Leiden, die einen unfallkausalen organischen Ursprung haben, besteht Versicherungsschutz.
3. Ein Versicherungsnehmer, der vorträgt, Auslöser einer posttraumatischen Belastungsstörung sei ein bei einem gewalttätigen Übergriff erlittenes Schädel-Hirn-Trauma, muss beweisen, dass er unfallkausal einen hirnorganischen Primärschaden erlitten hat, der zu einer die Invalidität begründenden posttraumatischen Belastungsstörung führen kann. Würde man allein das Vorliegen eines Unfalls und den substantiierten Vortrag eines organischen Schadens ausreichen lassen, um eine volle Beweislast des Versicherers für seine Behauptung anzunehmen, dass die psychische Störung nicht auf einem organischen Schaden beruhe, griffe die Beweislast des Versicherers für den Ausschlusstatbestand zu weit.

Wirksamkeit der Regelung zur fehlenden Versicherungsfähigkeit wegen Schwerpflegebedürftigkeit
LG Berlin
Die Regelung zur fehlenden Versicherungsfähigkeit wegen Schwerpflegebedürftigkeit in Ziff. 4.1 AUB 2000 ist wirksam.

Im Rechtsstreit um die Erstbemessung seiner Invalidität kann der Versicherungsnehmer im Grundsatz alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände heranziehen
BGH
Die Jahresfrist für den Eintritt der Invalidität nach Nr. 2.1.1.1 AUB 2000 soll den Versicherer davor schützen, für dauerhafte Spätfolgen eines Unfalls eintreten zu müssen, die sich erst später als ein Jahr nach einem Unfall erstmals zeigen. Geschützt wird damit das Kalkulationsinteresse des Versicherers. Tritt ein Dauerschaden binnen der Jahresfrist ein, besagt diese Frist aber nicht, dass bei der nachfolgenden Bemessung des Invaliditätsgrades ausschließlich diejenigen
Umstände herangezogen werden dürften, die innerhalb der Jahresfrist erkennbar geworden sind. Vielmehr kann der Versicherungsnehmer im Rechtsstreit um die Erstbemessung seiner Invalidität im Grundsatz alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände heranziehen. Eine zeitliche Begrenzung für die Berücksichtigung medizinischer Umstände bei der Erstfestsetzung ist auch nicht der in Nr. 9.4 AUB 2000 gesetzten Dreijahresfrist für die Neubemessung der Invalidität zu entnehmen. Zwar wird daraus ersichtlich, dass sich nach einer Erstfestsetzung des Invaliditätsgrades gesundheitliche Veränderungen auf die Leistungspflicht des Versicherers nur dann auswirken sollen, wenn sie spätestens binnen drei Jahren nach dem Unfall eingetreten sind. Das gilt aber nur im Neufestsetzungsverfahren. Ist dieses mangels Erstfestsetzung gar nicht eröffnet, ist für die nur im Neufestsetzungsverfahren vorgesehene Befristung kein Raum.

Bestimmung des Invaliditätsgrades einer Gebrauchsminderung der Schulter bei Nichterwähnung des Schultergelenks in der Gliedertaxe
BGH
1. Findet das Schultergelenk in den Bestimmungen der Gliedertaxe über Verlust oder vollständige Funktionsbeeinträchtigung eines Armes keine Erwähnung, ist der Invaliditätsgrad bei einer Gebrauchsminderung der Schulter nicht nach der Gliedertaxe, sondern nach den Regeln zur Invaliditätsbestimmung für andere Körperteile zu ermitteln.
2. Die fristgebundene ärztliche Invaliditätsfeststellung muss die Schädigung sowie den Bereich, auf den sich diese auswirkt, ferner die Ursachen, auf denen der Dauerschaden beruht, so umreißen, dass der Versicherer bei seiner Leistungsprüfung vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder Invaliditätsursachen geschützt wird und stattdessen den medizinischen Bereich erkennen kann, auf den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss.

Zum Unfall bei einer Reflex- und Ausweichbewegung
OLG Saarbrücken
1. Ein plötzlich von außen auf den Körper des Versicherungsnehmers wirkendes Ereignis kann beliebig sein. Auch sinnliche Einwirkungen wie Hören und Sehen erfüllen den Tatbestand, ein Körperkontakt ist nicht erforderlich. Deshalb fallen auch Schäden, die sich bei Reaktionen auf äußere Ereignisse, z. B. Ausweichbewegungen, ereignen, dann unter den Unfallbegriff, wenn der Ablauf der willentlich gesteuerten Bewegung von außen gestört wird und nicht programmgemäß verläuft.
2. Ob ein Unfall vorliegt, wenn die Eigenbewegung durch eine Reflexreaktion des Versicherungsnehmers aufgrund eines umfallenden Bügelbrettes gestört wurde und eine dadurch verursachte Drehbewegung einer Wirbelsäulenschädigung verursacht hat, kann mangels Nachweises offen bleiben, wenn dieser Ablauf erst in der Klage vorgetragen wird und weder in der ersten Unfallschilderung noch gegenüber den behandelnden Ärzten angegeben wurde.
3. Hat der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht auf die Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung hingewiesen, so kann er sich auf die Fristversäumnis nicht berufen. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer nach Kenntniserlangung während eines Rechtsstreits diese Feststellungen nicht veranlasst, denn in diesem Fall muss eine gerichtliche Feststellung ausreichen, dass die Invalidität innerhalb des maßgeblichen Zeitraums eingetreten ist.

Geltendmachung der Invalidität - Fristversäumnis
OLG Frankfurt
1. Das bloße Einreichen der Unfallanzeige reicht zur Geltendmachung der Invalidität nicht aus, da mit dieser noch keine Invalidität geltend gemacht wird.
2. Umstände, die sich im persönlichen Lebensbereich des Versicherungsnehmers abspielen - hier zahlreiche Arztbesuche -, sind grundsätzlich nicht geeignet, das nicht fristgerechte Geltendmachen der Invalidität zu entschuldigen.
3. Bei entschuldbarer Fristversäumnis beginnt keine neue Frist, vielmehr muss der Versicherungsnehmer die Geltendmachung der Invalidität nach Wegfall des Entschuldigungsgrundes unverzüglich nachholen.

Bei einer unfallbedingten chronischen, spastischen Querschnittslähmung des Versicherten ist eine fristgerechte Invaliditätsfeststellung entbehrlich
OLG Naumburg
1. Der Unfallversicherer kann im Einzelfall nach § 186 VVG gehalten sein, den Versicherungsnehmer mehrfach darauf hinzuweisen, dass eine Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von ihm geltend gemacht werden muss.
2. Bei einer unfallbedingten chronischen, spastischen Querschnittslähmung des Versicherten ist eine fristgerechte Invaliditätsfeststellung entbehrlich.

Für die Vorvertraglichkeit in der Rechtsschutzversicherung kommt es bei einem Rechtsstreit über Versicherungsleistungen auf den Zeitpunkt des Leistungsantrags an (hier: Antrag auf Leistungen aus einer Unfallversicherung)
OLG Hamm
Hat der Versicherte den Leistungsantrag gegenüber seinem Unfallversicherer schon vor Beginn des Versicherungsschutzes in der Rechtsschutzversicherung gestellt, so ist der Rechtsschutz gemäß § 4 Abs. 3 a ARB 08 auch dann ausgeschlossen, wenn die Unfallregulierung erst nach Beginn des Versicherungsschutzes abgelehnt wird.

Kein Nachweis einer krankhaften Bewusstseinsstörung wenn nicht auszuschließen ist, dass der Versicherungsnehmer nur auf Grund natürlicher Übermüdung hinter dem Lenkrad eingeschlafen und hiernach tödlich verunglückt ist
OLG Zweibrücken
Der Risikoausschluss „Bewusstseinsstörung" setzt eine krankhafte oder unnatürliche Beeinträchtigung der Sinnestätigkeit des Versicherten voraus, eine auf natürlicher Übermüdung beruhenden Beeinträchtigung genügt nicht.
2. Können keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Erkrankung des Versicherungsnehmers an einer Schlafapnoe festgestellt werden und ist nach der Fahrweise auch eine Übermüdung als Unfallursache nicht auszuschließen, so hat der Versicherer den Nachweis einer „Bewusstseinsstörung" nicht geführt.

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bemessung der Invalidität
OLG Oldenburg
Leistet der Unfallversicherer innerhalb der Dreijahresfrist der Ziff. 9.4. AUB 2003 nur Vorschusszahlungen und setzt er die Invalidität erstmals nach Ablauf der Dreijahresfrist endgültig fest, ist für die Bemessung der Invalidität und ihre gerichtliche Überprüfung der Gesundheitszustand bei Ablauf der Dreijahresfrist maßgeblich.

Anforderungen an eine ärztlichen Invaliditätsfeststellung
LG Bad Kreuznach
Die Formulierung in einem Durchgangsarztberichts "Nachschau ist aus medizinischen Gründen erforderlich, sofern dann noch Arbeitsunfähigkeit vorliegen sollte" stellt keine Prognose eines Dauerschadens dar. Auch die Formulierung in einer ärztlichen Bescheinigung "Möglichkeit von Dauerfolgen in Form von chronischen Schmerzen", die keine weiteren Angaben zu den damit verbundenen Auswirkungen auf den Versicherungsnehmer beinhaltet, erlaubt nicht zwingend den Rückschluss auf eine dauernde Beeinträchtigung.

Versicherer kann sich bei Treuwidrigkeit nicht auf verspätete Invaliditätsfeststellung berufen
OLG Karlsruhe
1. Wird die Invalidität erst nach Ablauf der Frist von 15 Monaten vom Arzt schriftlich festgestellt, steht dies der Leistungspflicht des Versicherers dann nicht entgegen, wenn der Versicherungsnehmer auf Grund des Verhaltens des Versicherers darauf vertrauen durfte, der Versicherer werde von sich aus für eine rechtzeitige ärztliche Feststellung sorgen.
2. Ein Vertrauensschutz kommt in Betracht, wenn der Sachbearbeiter des Versicherers ankündigt, er werde ein ärztliches Zeugnis anfordern. Erfolgt die ärztliche Feststellung nur deshalb erst nach Ablauf der 15-Monatsfrist, weil sich bei der Anforderung im Bereich des Versicherers Verzögerungen ergeben haben, kann dies nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.

Ein Privatgutachten ist als qualifizierter Parteivortrag zu werten und kann eine eigene Beweisaufnahme entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage schon aufgrund dieses Privatvortrags zuverlässig beantwortet werden kann
LG Bad Kreuznach
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, darf ein Privatgutachten als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und es kann eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiiertes Parteivortrags zuverlässig beantwortet werden kann.

Auslegung einer Progressionsstaffel in AVB
OLG Frankfurt
1. Versicherungsbedingungen sind auszulegen nach den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen, mit versicherungsrechtlichen Spezialkenntnissen nicht belasteten Versicherungsnehmers, der die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und ihren Sinnzusammenhang, soweit er dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar ist, in den Blick nimmt.
2. Nach der Einschätzung des Senats kann der verständige, unbelastete Versicherungsnehmer der umstrittenen Tarifbedingung allein entnehmen, dass die Regelungen zu lit. A.12. a), b) und c) der der „BBU Luxus 99" den Umfang der Progression abschließend umschreiben und die angeschlossene, mit dem Satz „Die zu zahlende Invaliditätsleistung erhöht sich aus diesen Bedingungen im Einzelnen wie folgt:" eingeleitete Tabelle keine weitere Erhöhung der Invaliditätsleistung umschreibt, vielmehr nur zum erleichterten Verständnis die Ergebnisse der Berechnung darstellt, die sich aus der Anwendung der ihr vorangehenden, zu den vorstehenden lit. a) - c) getroffenen Regelungen ergeben. Dies folgt für den verständigen Leser gleichviel, ob er versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse hat oder nicht, schon aus dem unmittelbaren Wortlaut der Ziff. 12: Heißt es einleitend „... werden der Berechnung der Invaliditätsleistung folgende Versicherungssummen zugrunde gelegt", dann ist diese Formulierung eindeutig eine abschließende, bedeutet also, dass das in den folgenden drei Absätzen - lit. a) - c) - Bestimmte die Berechnungsgrundlagen abschließend formuliert. Nichts anderes umschreibt der zur Tabelle überleitende Satz mit den Worten „erhöht sich aus diesen Bedingungen im Einzelnen", konnten doch andere als die vorstehenden Bedingungen zu lit. a) - c) nicht gemeint sein. Die Tabelle selbst macht ihrerseits und nunmehr nicht sprachlich, sondern rechnerisch dasselbe deutlich: Ihr Endwert einer Erhöhung von 100 % auf 350 % gibt exakt das Berechnungsergebnis wieder, das sich aus den zu lit. a) - c) formulierten Bedingungen ergibt: 25/100 (lit. a]) + 3 x 25/100 (lit. b]) + 5 x 50/100 (lit.c]) = 25/100 + 75/100 + 250/100 = 350/100 oder 350 %. Eine letzte Bestätigung findet der abschließende Charakter der zu lit. a) - c) getroffenen Regelungen im Versicherungsschein selbst, ist dort doch die Invaliditätsleistung bei Vollinvalidität mit dem Wert von 350 % der Versicherungssumme von 60.000,00 €, 210.000,00 € angegeben.

Keine schuldhafte Obliegenheitsverletzung, wenn die Eltern den Tod ihres 16-jährigen Sohnes nach einem Verkehrsunfall in der Silvesternacht nicht innerhalb von 48 Stunden dem Unfallversicherer angezeigt haben
Landgericht Koblenz
1. Es kann dahinstehen, ob die in den AUB enthaltene Obliegenheit, den Unfall mit Todesfolge innerhalb von 48 Stunden nach dem Unfall anzuzeigen, den Versicherungsnehmer im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt oder ob überhaupt eine Fallgestaltung denkbar ist, in welcher der Versicherungsnehmer, der den Tod eines nahen mit ihm im Familienverband lebenden Angehörigen nicht innerhalb von 48 Stunden dem Versicherungsnehmer anzeigt, nicht ohnehin entschuldigt ist.
2. Es widerspräche jeder menschlicher Regung, konfrontiert mit dem Verlust des eigenen Kindes, innerhalb von 48 Stunden diesen Unfall einer Versicherung, die man vor Jahren abgeschlossen hat, mitzuteilen. Eine vorwerfbare Verletzung der Obliegenheit zur Mitteilung des Unfalltodes innerhalb von 48 Stunden ist unter diesem Gesichtspunkt überhaupt nicht denkbar. Das Interesse der Versicherung an der Feststellung der Ursache des Unfalls muss vor diesem Hintergrund auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ggfs. eine Alkoholeinwirkung in Betracht kommen könnte, zurücktreten.

Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens in der privaten Unfallversicherung
OLG Nürnberg
1. Der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO ist weit zu fassen. Bei einem von dem Versicherungsnehmer einer privaten Unfallversicherung gestellten Antrag auf ein selbständiges Beweisverfahren ist es grundsätzlich auch dann gegeben, wenn der Versicherer geltend macht, ein Versicherungsfall liege nicht vor oder die bedingungsgemäße Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung sei nicht eingehalten.
2. Der Grad der Invalidität des Versicherungsnehmers gehört zum Zustand einer Person im Sinne des § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Umknicken beim Tennisspiel kein Unfallereignis
KG Berlin
Das Umknicken mit dem Fuß beim Tennisspiel stellt keinen Unfall in der privaten Unfallversicherung i.S.d. § 178 Abs. 2 VVG dar, wenn das vorangegangene Ausrutschen auf Blättern nicht bewiesen werden kann.

Keine Kürzung zur Möglichkeit des Versicherers bei Unfallschäden wegen stumm verlaufender degenerativer Vorschäden
OLG Stuttgart
Ist ein Unfall ursächlich für eine dauerhafte Schädigung im Schultergelenk, berechtigen degenerative Vorschäden des Schultergelenks, die vor dem Unfall weder behandlungsbedürftig waren noch zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt hatten, nicht zur Kürzung der Invaliditätsentschädigung.

Eine versäumte Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität muss im Prozess nicht nachgeholt werden
OLG Saarbrücken
1. Auf die Versäumung der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität kann sich der Unfallversicherer nicht berufen, wenn er es versäumt hat, den Versicherungsnehmer auf vertragliche Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie einzuhaltende Fristen in Textform hinzuweisen.
2. Ein Unfall liegt nach § 1 Abs. 3 AUB 94 vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper einwirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Das Ereignis kann beliebig sein, auch sinnliche Einwirkungen wie Hören und Sehen erfüllen den Tatbestand. Ein Körperkontakt ist nicht erforderlich
3. Zwar wird die Ansicht vertreten, dass die ärztliche Feststellung der Invalidität in einem derartigen Fall im Prozess nachgeholt werden muss und dass bei verspätetem Hinweis noch eine angemessene Frist nach dem Hinweis einzuräumen sei. Dem steht aber entgegen dass die Beweissicherungsfunktion des § 7 Abs. 1 Satz 1 AUB 94 zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erreicht werden kann. Zumindest kann während des Prozesses keine ärztliche Feststellung mehr innerhalb einer zusätzlichen Frist verlangt werden. Bei Annahme einer zusätzlichen Frist, z.B. von 3 Monaten, die auch ohne gerichtlichen Hinweis zu laufen begänne, würde Sinn und Zweck von § 186 VVG n.F. verfehlt.

 

Urteile aus dem Jahr 2014

Streiten die Parteien ausschließlich über die Richtigkeit der Erstbemessung des Invaliditätsgrads, kommt es ausschließlich auf den Gesundheitszustand des Versicherten nach Ablauf des ersten Unfalljahres an
KG Berlin
Gemäß § 11 Ziff. I AUB kommt es auf den Zeitpunkt 1 Jahr nach dem Unfallereignis an, wenn um die Erstbemessung der Versicherungsleistung gestritten wird. Nach Prüfung des Parteivorbringens beider Seiten streiten die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit ausschließlich um die Richtigkeit der Erstbemessung der unfallbedingten Invalidität. Entscheidend ist insoweit, dass der Kläger sich mit seiner Klage ausschließlich gegen die Erstbemessung der Beklagten gewendet hat, also keine Verschlechterung seiner Beeinträchtigungen anführt, und i.Ü. auch die Beklagte keine Neubemessung verlangt, also keine Verbesserung der unfallbedingten Beschwerden nach der Erstbemessung geltend gemacht hat. Eine solche Beschränkung des Streitstoffs ist den Parteien ohne weiteres möglich. Es kommt deshalb letztlich nicht darauf an, ob die Beklagte das Recht hätte, eine Neubewertung der Unfallfolgen zum 2.6.2010 vorzunehmen und demzufolge im anhängigen Rechtsstreit der Invaliditätsgrad zu diesem Zeitpunkt festzustellen und zugrunde legen wäre (so das Landgericht im angefochtenen Urteil).
1. Unabhängig davon hat der Senat aber auch Zweifel, der Auslegung von § 11 Ziff. IV AUB durch das Landgericht zu folgen, dass der Versicherer auch ohne Vorbehalt nach § 11 Ziff. IV S. 3 AUB ein Recht auf eine Neubemessung hat, wenn der Versicherungsnehmer sich gegen die Erstbemessung wendet und insoweit gerichtlich einen höheren Invaliditätsgrad geltend macht. Der Wortlaut der Vorschrift gibt eine solche Auslegung nicht her, vom Sinn und Zweck soweit er sich einem durchschnittlichen, um Verständnis der Bedingungen bemühten Versicherungsnehmer erschließt - folgt eine solche Einschränkung des Ausschlusses einer Neubemessung ebenfalls nicht. Es ist nicht erkennbar, warum es für den Versicherer unzumutbar sein sollte, sich ein Recht auf Nachbemessung vorzubehalten, bzw. sich an seiner zum Zeitpunkt der Erstbemessung getroffenen Entscheidung, ein solches Recht nicht vorzubehalten, festhalten zu lassen.

Bei einem feststehenden „Mindestinvaliditätsgrad" hat eine Erstbemessung zu erfolgen
OLG Saarbrücken
Der Versicherer ist nicht berechtigt, mit der endgültigen Erstbemessung des Grades einer feststehenden unfallbedingten Invalidität bis zum Schluss des dritten Jahres nach dem Unfallereignis zu warten.

Keine Kürzung der Invaliditätsentschädigung bei bis zum Unfall stumm verlaufenen degenerativen Vorschäden
OLG Stuttgart
Ist ein Unfall ursächlich für eine dauerhafte Schädigung im Schultergelenk, berechtigen degenerative Vorschäden des Schultergelenks, die vor dem Unfall weder behandlungsbedürftig waren noch zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt hatten, nicht zur Kürzung der Invaliditätsentschädigung.

Eine „geringfügige Hautverletzung" liegt vor, wenn keine Veranlassung gegeben war, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie entweder überhaupt keiner Behandlung bedürfen oder mit einfachen Mitteln wie etwa mit einem Pflaster selbst versorgt werden können und bei denen zu erwarten ist, dass sie alsbald folgenlos wieder verheilen
LG Dortmund
1. Gemäß Ziffer 5.2.4.1 AUB 2002 sind Infektionen auch dann ausgeschlossen, wenn sie durch sonstige geringfügige Haut- oder Schleimhautverletzungen verursacht wurden, durch die Krankheitserreger sofort oder später in den Körper gelangten. Um eine solche, den gedeckten Versicherungsfall ausschließende geringfügige Haut- oder Schleimhautverletzung handelt es sich bei der Risswunde, die sich der Ehemann der Klägerin auf der Arbeit zugezogen hat. Denn ob eine Hautverletzung als geringfügig im Sinne dieser Regelung anzusehen ist, beurteilt sich nicht in erster Linie nach der Tiefe oder der oberflächlichen Ausbreitung der Verletzung, sondern danach, ob ein Verletzungsbild entstanden ist, das - objektiv gesehen - Veranlassung gibt, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.
2. Das erkennende Gericht teilt wie das OLG Köln nicht die in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur - zum Teil unter ausdrücklichem Rückgriff auf die Auffassung der Bedingungsgeber - vertretene Auffassung, dass es auf die Geringfügigkeit einer Hautverletzung nur dann ankommt, wenn die Wunde über den Bereich der Haut mit ihren drei Schichten Oberhaut, Leder- und Unterhaut nicht hinausreicht. Dem steht indes entgegen, dass die Entstehungsgeschichte einer Klausel und damit die Ansicht der Bedingungsgeber für die Auslegung einer Versicherungsbedingung unmaßgeblich ist. Auch können für die Auslegung nicht rein medizinische Wertungen entscheidend sein, weil dem durchschnittlichen VN medizinische Kenntnisse in aller Regel fehlen werden. Als geringfügig wird der durchschnittliche VN solche Haut- oder Schleimhautverletzungen ansehen, die keine Veranlassung geben, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie entweder überhaupt keiner Behandlung bedürfen oder mit einfachen Mitteln wie etwa mit einem Pflaster selbst versorgt werden können und bei denen zu erwarten ist, dass sie alsbald folgenlos wieder verheilen.
3. Dass es insoweit nicht entscheidend auf die Tiefe der Hautverletzung ankommt, wird dem durchschnittlichen VN dadurch verdeutlicht, dass nach den Bedingungen ausdrücklich als Beispielsfälle für geringfügige Hautverletzungen Insektenstiche oder Insektenbisse angeführt sind, obwohl hierdurch regelmäßig alle drei Hautschichten durchdrungen werden. Die Wertung, ob eine Hautverletzung als geringfügig anzusehen ist, beurteilt sich deshalb nicht in erster Linie nach der Tiefe oder der oberflächlichen Ausbreitung der Verletzung, sondern danach, ob ein Verletzungsbild entstanden ist, das - objektiv und nicht lediglich aus der subjektiven Sicht des jeweiligen VN gesehen- Veranlassung gibt, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.

 

Beweislast für den Ausschluss des Versicherungsschutzes für Infektionen nach „geringfügigen Hautverletzungen"
OLG Karlsruhe
1. Dem Unfallversicherer, der sich bei einer Schädigung durch eine Infektion darauf beruft, dass die Krankheitserreger durch eine Hautverletzung, die als solche geringfügig ist, in den Körper gelangt sind, obliegt der Nachweis, dass tatsächlich lediglich die Haut und nicht auch darunter liegendes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen worden ist.
2. Verletzt sich der Versicherungsnehmer beim Schneiden von Rosenstücken an einem Rosendorn, so muss er eine Unfreiwilligkeit der Unfallverletzung nicht beweisen, da diese Unfreiwilligkeit bis zum Beweis des Gegenteils nach § 178 Abs. 2 Satz 1 VVG vermutet wird.

Fehlerhafte Ermittlung des Invaliditätsgrades bei Nichtberücksichtigung der „Gelenksrechtsprechung" durch den Gutachter
BGH
1. Es stellt einen schwerwiegenden Fehler bei der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts dar, wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige bei der Bewertung des Invaliditätsgrades eines in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigten Schultergelenks nach der vereinbarten Gliedertaxe „eines Armes im Schultergelenk" in Unkenntnis der höchstrichterlichen Rspr. die erhalten gebliebene Funktionsfähigkeit der körperferneren Teile des Arms (Ellenbogengelenk und Hand) invaliditätsmindernd berücksichtigt, statt nur auf die volle oder teilweise Funktionsunfähigkeit im Gelenk selbst abzustellen. Ein solches Gutachten ist im Prozess nicht verwertbar.
2. Stellt ein Urteil des Landgerichts wegen schwerwiegender Fehler keine hinreichende Entscheidungsgrundlage dar, dann sind erneute Feststellungen des Berufungsgerichts geboten.

Herzinfarkt - Kausalitätsnachweis zwischen Unfall und Gesundheitsschaden
LG Arnsberg
Bleibt ungeklärt, ob der Versicherungsnehmer infolge eines Herzinfarktes mit seinem Auto verunglückte oder durch den Stress eines leichten Auffahrunfalls den Herzinfarkt erlitt, so hat der Versicherungsnehmer einen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und seinem Gesundheitsschaden (hier apallisches Syndrom) nicht nachgewiesen.

Bloßes Umknicken auf ebenem Boden ist kein Unfall
Amtsgericht Köln
1. Ein „Unfall" setzt ein beliebiges Einwirken der Außenwelt (Person oder Sache) auf den Körper des Verletzten voraus. Erforderlich ist immer, dass die geplanten Bewegungsabläufe nicht „programmgemäß" verlaufen, ihr Ablauf oder Abschluss also von außen gestört oder behindert wird. Dass im Rahmen einer gewollten Bewegung eine Verletzung erlitten wird, ist noch kein Unfallereignis. Nicht ausreichend ist danach, dass die Gesundheitsbeschädigung des Versicherungsnehmers ausschließlich durch ein gewollte oder unwillkürliche (ungeschickte) Eigenbewegung bewirkt wird.
2. Genau dies ist aber der Fall, wenn ein Versicherungsnehmer beim Aussteigen aus dem Auto mit dem Fuß umknickt, ohne dass dies auf einem Hindernis beruht. In einem solchen Falle fehlt es an einem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis. Sowohl normale als auch ungeschickte eigene Körperbewegungen, die eine Gesundheitsbeschädigung herbeiführen, sind keine von außen wirkenden Ereignisse im Sinne des Unfallbegriffes. Ungeschickte Eigenbewegungen können, wenn sie in ihrem Verlauf nicht gänzlich willensgesteuert sind, nur dann Unfälle bewirken, wenn sie die Gesundheitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung wie etwa einer Unebenheit oder ein Ausrutschen ausgelöst haben. Eine äußere Einwirkung ist beim üblichen Aussteigen aus einem Fahrzeug nicht ersichtlich.

Kein Unfall beim bloßen Umknicken (hier: beim Tennisspielen)
KG Berlin
Das Umknicken mit dem Fuß beim Tennisspiel stellt keinen Unfall in der privaten Unfallversicherung im Sinne des § 178 Abs. 2 VVG dar, wenn das vorangegangene Ausrutschen auf Blättern nicht bewiesen werden kann.

Muss ein Transplantat unfallbedingt entfernt werden, ist eine Vorschädigung zu berücksichtigen
OLG Köln
1. Bei dem unfallbedingten Verlust einer (nach Funktionsuntüchtigkeit beider körpereigenen Nieren) transplantierten Niere ist regelmäßig von einer Vorinvalidität von 50 % auszugehen.
2. Ein Privatgutachten kann eine gerichtliche Beweisaufnahme nur dann überflüssig machen, wenn der Gegner keine substantiierten Einwendungen erhebt.

Mitwirkende Verursachung durch Vorerkrankungen in der Unfallversicherung (hier: Tod nach Dekubitii)
OLG Karlsruhe
1. Eine mitwirkende Verursachung des Todes durch Vorerkrankungen gemäß § 182 VVG ist nur anzunehmen, wenn feststeht, dass der (unfallbedingte) Tod des Versicherungsnehmers ohne die Vorerkrankungen nicht eingetreten wäre. Für den Nachweis der Mitverursachung, der dem Versicherer obliegt, ist ein Vollbeweis gemäß § 286 Abs. 1 ZPO erforderlich.
2. Stirbt ein 75-jähriger Versicherungsnehmer nach dem unfallbedingten Bruch eines Oberschenkelknochens, weil im Krankenhaus Dekubitus-Geschwüre auftreten, die zu einer tödlichen Sepsis führen, kann eine Mitverursachung des Todes durch Vorerkrankungen, wie z. B. bei einer arteriellen Verschlusskrankheit, nahe liegen. Für den Nachweis einer Mitverursachung im Sinne von § 182 VVG reicht dies jedoch nicht aus, weil bei einem 75-jährigen Patienten - auch ohne Vorerkrankungen - generell ein Risiko besteht, dass bei einem stationären Krankenhausaufenthalt Dekubitus-Geschwüre auftreten, die u U. auch zu einer tödlich verlaufenden Sepsis führen können.

Das Umknicken mit dem Fuß beim Tennisspiel stellt keinen Unfall dar
KG Berlin
Nicht schon allein eine beim Umknicken erlittene Bandverletzung erfüllt den Unfallbegriff. Dafür ist nach der gesetzlichen Unfalldefinition in § 178 Abs. 2 VVG, die sich mit der in Ziffer 1.3 der AUB 2005 enthaltenen Definition deckt, vielmehr notwendig, dass die Klägerin die Gesundheitsbeschädigung „durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis erlitten hat". Da die Klägerin sich den Riss der Außenbänder und die Überdehnung der Innenbänder, die Ursache des behaupteten Dauerschadens wären, unstreitig nicht durch einen Sturz (Aufprall auf den Boden, vgl. dazu BGH VersR 2011, 1135) zugezogen hat, sondern während der Bewegung, liegt ein bedingungsgemäßer Unfall nur vor, wenn das Umknicken des Fußes auf ein von außen kommendes Ereignis zurückgeführt werden kann. Denn allein die körperliche Fehlbewegung, die zum Umknicken des Fußes geführt hat, reicht -obwohl in Bezug auf das Umknicken nicht willensgesteuert- für die Erfüllung des Unfallbegriffs nicht aus..

Verminderung der Versicherungsleistung aus einer Unfalltodversicherung bei Vorerkrankungen
LG Waldshut-Tiengen
Nach den Bedingungen für die Unfalltod-Zusatzversicherung vermindert sich die Leistung entsprechend dem Anteil der Mitwirkung, soweit an der Herbeiführung des Todes neben dem Unfall Krankheiten oder Gebrechen zu mindestens 25 Prozent mitgewirkt haben. Die Beweislast liegt insoweit bei dem Unfallversicherer. Die genannte Versicherungsbedingung greift ein, wenn ein Unfall und die nachfolgende operative Versorgung eine Kette weiterer Erkrankungen in Gang gesetzt hat, welche zum Tode des Versicherungsnehmers einer Unfalltodversicherung führten, und wenn die Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers zu mindestens 25 Prozent bei dem durch das Unfallereignis verursachten Todeseintritt mitgewirkt haben.

 

Eine Zerrung der Muskeln und Sehnen der Rotatorenmanschette durch eine erhöhte Kraftanstrengung fällt unter den sogenannten fiktiven Unfallbegriff
LG Dortmund
1. Gemäß Ziffer 1.4 AUB gilt als Unfall auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. Das Tragen einer schweren und unförmigen Doppelstabmatte stellt eine erhöhte Kraftanstrengung dar.
2. Die Muskeln der Rotatorenmanschette, insbesondere der Infraspinatusmuskel, der Supraspinatusmuskel und der Subscapularismuskel und die dazugehörigen Sehnen verbinden Schulter mit Oberarm und ermöglichen dadurch die Rotation und Abduktion des Armes. Es handelt sich damit um Muskeln und Sehnen an Gliedmaßen im Sinne von Ziffer 1.4 AUB, da dieser Regelung aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht entnommen werden kann, dass sich die betroffenen Muskeln und Sehnen ausschließlich an Gliedmaßen befinden müssen, die beispielsweise die Achillessehne, die sich nur am Bein befindet. Deshalb fällt eine Zerrung der Muskeln und Sehnen der Rotatorenmanschette durch eine erhöhte Kraftanstrengung unter den sogenannten fiktiven Unfallbegriff der Ziffer 1.4 AUB.

Versicherer trifft volle Beweislast dafür dass Vorerkrankung (hier: arterielle Verschlusskrankheit) mitursächlich für tödliche Sepsis im Krankenhaus war
OLG Karlsruhe
Eine mitwirkende Verursachung des Todes durch Vorerkrankungen ist nur anzunehmen, wenn feststeht, dass der Tod des Patienten ohne die Vorerkrankungen nicht eingetreten wäre. Stirbt ein 75-jähriger Patient nach dem unfallbedingten Bruch eines Oberschenkelknochens, weil im Krankenhaus Dekubitus-Geschwüre auftreten, die zu einer tödlichen Sepsis führen, kann eine Mitverursachung des Todes durch eine bereits vorhandene arterielle Verschlusskrankheit grundsätzlich nahe liegen. Für den Vollbeweis einer Mitverursachung reicht dies jedoch nicht aus, weil bei einem älteren Pateinten auch ohne Vorerkrankungen generell bei einem stationären Krankenhausaufenthalt das Risiko von Dekubitus-Geschwüren besteht.

Der Antrag, eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von „mindestens ..... €" zu zahlen, ist unzulässig.
Amtsgericht Montabaur
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift u.a. einen wichtigen Antrag enthalten. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die klagende Partei den Umfang der von ihr begehrten Leistungen konkret benennt. Ein unbezifferter bzw. offen formulierter Zahlungsantrag ist demgegenüber nur in Ausnahmefällen zulässig, da andernfalls das mit einem erhöhten Zahlungsverlangen verbundene Prozessrisiko unterlaufen werden könnte. Eine konkrete Bezifferung ist vor diesem Hintergrund nur dort entbehrlich, wo die Höhe des Zahlungsbetrags letztlich in die Schätzung des Gerichts gestellt ist und nicht von objektiven, ggfs. sachverständig festzustellenden, außerjuristischen Tatsachen abhängt. Allein der Umstand, dass die Anspruchshöhe wohl möglich ist im Laufe einer Beweisaufnahme festgestellt werden kann, macht es der klagenden Partei demgegenüber nicht unzumutbar, ihr Klagebegehren konkret zu beziffern oder unter Umständen zunächst eine Feststellungsklage über das Vorliegen objektiver Umstände zu erheben, die eine sodann zu beziffernden Zahlungsverlangen zugrunde gelegt werden können.
2. Diesen Anforderungen genügt die Klage nicht. Die Klägerin hat keinen konkreten Zahlungsantrag formuliert, sondern lediglich eine Mindestforderung geltend gemacht und allein aus dem Umstand, dass die Anspruchshöhe von dem Grad der tatsächlichen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit abhängen mag, macht es der Klägerin nicht unzumutbar, ihr Zahlungsverlangen konkret zu beziffern unter Behauptung einer spezifischen, im hiesigen Verfahren unter Umständen durch Beweisaufnahme weiter aufzuklärenden, Minderung ihrer Leistungsfähigkeit. Der Grad der Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin und ein hierauf beruhender Zahlungsanspruch wegen des behaupteten Unfalls betrifft eine objektive Tatsache, die nicht der freien Schätzung des Gerichts anheimgestellt ist.

Zum Nachweis der überwiegenden Ursache für die Stammganglienblutung
OLG Köln
1. Die Klausel in den AUB, wonach kein Versicherungsschutz für Schädigungen an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen besteht, es sei denn, ein unter den Vertrag fallendes Unfallereignis ist die überwiegende Ursache, ist wirksam. Sie nimmt - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbar - bestimmte Gesundheitsschädigungen vom Leistungsversprechen des Versicherers aus, wenn ihnen kein Unfallereignis vorangegangen ist oder dieses sich nicht als überwiegend ursächlich für die gesundheitliche Beeinträchtigung darstellt. Die Klausel ist verständlich abgefasst und verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB); sie trägt vielmehr dem - auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Umstand Rechnung, dass die in der Klausel genannten Gesundheitsschädigungen nicht selten unfallunabhängig auf körperinterne Ursachen zurückzuführen sind und deshalb die Unfallkausalität häufig nicht sicher geklärt werden kann. Die Beweislast dafür, dass ein Unfall die überwiegende Ursache für die in Ziffer 4.2.6 GUB 2005 angeführten Gesundheitsschädigungen ist, hat der Versicherungsnehmer.
2. Zur Klärung der Frage der überwiegenden Verursachung bedarf es nicht auch der Einholung eines radiologischen Zusatzgutachtens. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Facharzt - hier für Neurologie - imstande ist, CT- und Kernspinaufnahmen auf sein Fachgebiet bezogen auszuwerten. Im Übrigen legt der Kläger auch nicht dar, aus welchen Feststellungen des Sachverständigen sich mangelnde Fähigkeit zur Begutachtung der Aufnahmen ergeben soll. Es kommt hinzu, dass sich die Feststellungen des Sachverständigen Prof. I im Kern mit den Feststellungen des von der Beklagten vorgerichtlich beauftragten Gutachters decken; bei diesem handelt es sich um einen externen Gutachter, dessen Fachkunde als Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie an der Universität .. ebenfalls keinen Bedenken unterliegt.
3. Die Einholung eines unfallanalytischen, biomechanischen Gutachtens ist deswegen entbehrlich, weil in den CT-Aufnahmen jegliche Anzeichen einer traumatischen Einwirkung fehlen und deswegen eine traumatische Blutung ausgeschlossen werden kann.

Minderung der Invaliditätsleistung nach AUB 2005 wegen einer Spinalkanalstenose
OLG Schleswig
Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, mindert sich nach Nr. 3 AUB 2005 im Falle einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens. In der Unfallversicherung rechtfertigt eine vorbestehende Spinalkanalstenose, die an der Ausprägung des Gesundheitsschadens nach einem Sturz auf den Rücken erheblich mitgewirkt hat, eine Minderung der Invaliditätsleistung nach dieser Bestimmung. Dies gilt auch dann, wenn sie zuvor keine Beschwerden bereitet hat. Sie ist als ein Gebrechen im Sinne der Bedingungen anzusehen. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird annehmen, dass ein Gebrechen vorliegt, wenn es der bei ihm vorliegenden Konstitution an der für einen gesunden Körper medizinisch vorausgesetzten Normalität gebricht, es ihm an dieser Normalität also in bestimmter Hinsicht fehlt oder sein Körperzustand von dieser Normalität abweicht.

Rückforderung zu viel gezahlter Invaliditätsleistung durch den Versicherer bei Neubemessung auf Verlangen des Versicherungsnehmers)
LG Bonn
1. Einer Forderung des Versicherers auf Rückzahlung zu viel erbrachter Invaliditätsleistung steht nicht entgegen, dass er das Recht, eine Neubemessung zu verlangen, nicht selbst ausgeübt hat, sondern die Neubemessung auf Verlangen des Versicherungsnehmers erfolgt ist. Macht eine der Parteien von ihrem Recht auf erneute ärztliche Bemessung Gebrauch, hat dies zur Folge, dass die Fälligkeit des Anspruchs auf Invaliditätsleistung insgesamt hinausgeschoben wird und dass bei der Bemessung auf den Sachverhalt abzustellen ist, der am Ende der dreijährigen Frist erkennbar ist, wie sich aus § 11 Abs. 4 AUB 94 a. E. ergibt, der ausdrücklich von einer „endgültigen Bemessung" spricht.
2. Eine Auslegung dahingehend, dass die Versicherung in jedem Fall an ihre nach § 11 Abs. 1 AUB 94 erfolgte Abrechnung gebunden ist, auch wenn der Versicherte sich das Recht auf jährliche Neuberechnung nach § 11 Abs. 4 AUB 94 vorbehält, ist bei verständiger Würdigung der Regelungen des § 11 AUB 94, insbesondere ihres jeweiligen Regelungszwecks und ihres Zusammenspiels, nicht nahe liegend.

Kein Nachweis einer Invalidität bei ärztlichem Bericht "Heilungsverlauf ist sicher noch nicht abgeschlossen"
OLG Köln
Zwar sind an die Feststellung der Invalidität in der privaten Unfallversicherung keine hohen Anforderungen zu stellen. So muss sie sich nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Aus der Invaliditätsfeststellung müssen sich aber die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Erforderlich ist die Angabe eines konkreten, die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinflussenden Dauerschadens. Ärztliche Befundberichte, die lediglich die Verletzungsfolge beschreibende Diagnosen enthalten oder Formulierungen wie "mit einem Dauerschaden ist zu rechnen" oder "ein Dauerschaden ist zu erwarten" reichen dafür nicht aus. Wird durch den Arzt der (erfolgreiche) Abschluss des Heilungsverlaufs in den Raum gestellt, liegt ein Dauerschaden im Sinne der AUB 88 nicht vor. Von der ärztlichen Feststellung, dass als Unfallfolge eine dauernde Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eingetreten ist, kann allerdings ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn sich der Dauerzustand aus dem angegebenen Befund zwingend ergibt.

Nachweis einer Gehirnblutung als Unfallfolge bzw. als überwiegende Unfallursache
OLG Frankfurt
Kann die konkrete medizinische Ursache für die Entstehung der Blutung mit der initialen Computertomographie und den im weiteren Verlauf gefertigten computertomograpischen magnetresonanztomographischen Untersuchungen nicht eindeutig geklärt werden, lagen jedoch keine entsprechenden äußeren Verletzungsanzeichen vor, die eine unfallbedingte Blutung als möglich erscheinen lassen, so hat der Versicherungsnehmer nicht nachgewiesen, dass die Gehirnblutung Unfallfolge bzw. der Unfall (hier: Überschlagen des Kfz) die überwiegende Ursache für die Gehirnblutung war.

Ausschluss Gehirnblutung - Wiedereinschluss bei überwiegender Unfallursache
OLG Köln
1. Der Ausschluss von Gehirnblutungen, es sei denn, ein versichertes Unfallereignis ist die überwiegende Ursache, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen und ist deshalb wirksam.
2. Fehlen nach den CT-Aufnahmen jegliche Anzeichen einer traumatischen Einwirkung und ist deshalb nach den Feststellungen eine traumatische Blutung ausgeschlossen, so hat der Versicherungsnehmer eine überwiegend durch den Unfall (hier: Anstoß beim Rückwärtsfahren gegen einen Baum) verursachte Gehirnblutung nicht nachgewiesen.

Keine Hinweispflicht auf Schriftform der Invaliditätsfeststellung
OLG Köln
1. Auch wenn mehrere, das Ausmaß der Invalidität beeinflussende körperliche Beeinträchtigungen vorliegen, sind für die Feststellungen des Invaliditätsanspruchs nur diejenigen zu berücksichtigen, die innerhalb der 15-monatigen Ausschlussfrist ärztlich festgestellt worden sind.
2. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer nicht darauf hinweisen, in welcher Form und mit welchem Inhalt die ärztliche Invaliditätsfeststellung zu erfolgen hat, die Hinweispflicht besteht nur in Bezug auf die einzuhaltende Frist der ärztlichen Invaliditätsfeststellung.

 

Minderung der Invaliditätsleistung gem. Nr. 3 Satz 2 AUB 2005 wegen Vorschädigungen auch wenn diese vor dem Unfall keinerlei Beschwerden verursachten
OLG Schleswig
In der Unfallversicherung rechtfertigt eine vorbestehende Spinalkanalstenose, die an der Ausprägung des Gesundheitsschadens nach einem Sturz auf den Rücken erheblich mitgewirkt hat, eine Minderung der Invaliditätsleistung gemäß Nr. 3 Satz 2 AUB 2005, und dies auch dann, wenn sie zuvor keine Beschwerden bereitet hat. Sie ist als ein Gebrechen im Sinne der Bedingungen anzusehen.

Plötzliche Einwirkung bei Feuerwehrmann im Einsatz
LG Bremen
1. Führt ein Wärmestau bei einem im Sommer mit schwerer Kleidung einen Brand bekämpfenden Feuerwehrmann zu einem Herz- und Atemstillstand, ist dieser auf ein äußeres Ereignis zurückzuführen, da der Wärmestau sich zwar im Inneren der Kleidung, aber räumlich doch in dem Bereich zwischen der Haut des Feuerwehrmannes und der Feuerschutzkleidung ereignet hat. Ein nicht versicherter innerer Vorgang läge dann vor, wenn der Stillstand z.B. durch eine Kraftanstrengung ausgelöst worden wäre.
2. Der Begriff der Plötzlichkeit hat eine objektive zeitliche Komponente und eine subjektive Komponente. Bei einer zeitlich längeren Einwirkung stellt sich die Frage nach der Grenze zwischen „plötzlich" und „allmählich"; für diese Grenzziehung kommt der subjektiven Komponente Bedeutung zu. Wo die versicherte Person einer längeren Einwirkung und Anstrengung ausgesetzt ist und sich dieser Einwirkung entziehen kann, kommt an sich keine Plötzlichkeit in Betracht.
3. Keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung der subjektiv begründeten Plötzlichkeit gilt jedoch für Rettungskräfte (z.B. Feuerwehrleute und technische Hilfsdienste), die eine Gefahr bewusst auf sich nehmen und sich ihr nicht entziehen wollen bzw. dürfen. Wenn es eine gesetzliche Vorschrift (hier: § 15 S. 1 BremHilfeG) gibt und auf dieser Grundlage eine Versicherung für fremde Rechnung durch die Feuerwehr abgeschlossen wird, weiß der Versicherer von vornherein, dass für die im Rahmen eines solchen Vertrages versicherten Personen (Feuerwehrleute) eine besondere Unfallträchtigkeit bestehen wird, weil die versicherten Personen ihrer Aufgabe nur gerecht werden können, wenn sie potentiell gesundheitsschädigenden „Einwirkungen" nicht aus dem Weg gehen, sondern etwas riskieren.

Todesfallleistung der Unfallversicherung beim Verschlucken von Speiseresten
OLG Hamm
1. Ein zum Erstickungstod führendes Verschlucken erbrochener Nahrungsreste ist kein "äußeres Ereignis" im Sinne der AUB. Das Einatmen erbrochener Nahrung ist kein Unfall.
2. Die Ernährung über eine PEG-Sonde stellt eine Heilmaßnahme dar.

Bewertung der Gesamtinvalidität bei Mitursächlichkeit eines Vorschadens aus einem früheren Unfall für das Unfallereignis - doppelter Abzug für Vorschäden und wegen Mitwirkung
OLG Frankfurt
1. Hat ein Vorschaden aus einem früheren Unfall zu dem Unfallereignis beigetragen, reicht die Mitursächlichkeit des zweiten Unfalls für die Handverletzung aus, um die Gesamtinvalidität nach dem Zweitunfall nach dem funktionellen Endzustand aufgrund der vollständigen Versteifung des Handgelenks mit einem Wert von 10/10 zu bewerten.
2. Von diesem Wert sind gemäß § 2 Nr. 1.2 lit. d AUB die vorhandenen dauerhaften Vorschäden an dem Handgelenk aufgrund des Erstunfalls in einem Umfang von 1/10 Handwert in Abzug zu bringen, weil der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert wird.
3. Eine weitere Minderung dieses Wertes ergibt sich nach § 4 Nr. 1 AUB, wonach der Prozentsatz des Invaliditätsgrades um den Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, das bei der durch den Unfall verursachten Gesundheitsschädigung und deren Folgen mitgewirkt hat, zu reduzieren ist. Der Mitwirkungsanteil ist auch dann zu berücksichtigen, wenn der Invaliditätswert bereits um den Anteil der Vorschädigung reduziert worden ist.

Erhöhte Kraftanstrengung verlangt keinen gesteigerten Kraftaufwand sondern nur einen erhöhten Muskeleinsatz (hier bejaht beim Anheben einer Tür)
OLG Frankfurt am Main
Hat der Unfallversicherte eine Tür aus eigener Kraft heraus angehoben und die Verletzung seines Handgelenks durch diesen Hebevorgang und die dadurch aufgewendete Kraft erlitten, nicht aber aufgrund einer von außen auf das Handgelenk einwirkenden Kraft, durch die das Handgelenk verletzt worden wäre, greift der erweiterte Unfallbegriff in den AUB ein. Dieser erfasst auch Ereignisse, bei denen es aufgrund erhöhter Kraftanstrengung zu Schädigungen an den Gliedmaßen gekommen ist. Der Begriff der Kraftanstrengung setzt lediglich einen erhöhten Einsatz von Muskelkraft voraus, wobei das Attribut "erhöhte" nicht als gesteigerter Kraftaufwand zu verstehen ist. Es handelt sich vielmehr um normale Handlungen des täglichen Lebens, die zwar einen gewissen Muskeleinsatz, aber nach allgemeiner Lebensauffassung für einen normal gesunden Durchschnittsmenschen keinen bemerkenswerten Krafteinsatz erfordern. Als solche Beanspruchungen werden auch das Heben und Tragen schwerer Lasten aufgefasst.

Keine Bindungswirkung des vorprozessualen Leistungsanerkenntnisses
OLG Saarbrücken
Das Anerkenntnis des Versicherers in der Unfallversicherung ist regelmäßig keine deklaratorische Schuldbestätigung sondern eine Mitteilung über die Regulierung ohne Bindungswirkung und ohne die Wirkung einer Beweislastumkehr bei späterem Streit um die Unfallbedingtheit von Bandscheibenverletzungen.

Versterben an einer rauschmittelbedingten Intoxikation (hier: Kokain) als Unfall; dem Versicherungsnehmer zurechenbare falsche Angaben in der Gesundheitsselbsterklärung des Schauspielers
BGH
1. Ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis gemäß § 178 Abs. 2 VVG liegt auch dann vor, wenn die versicherte Person willentlich die Injektion von Kokain vornimmt und anschließend an einer rauschmittelbedingten Intoxikation verstirbt.
2. Falsche Angaben eines Schauspielers in einer vom Versicherer geforderten Gesundheitsselbsterklärung sind dem Versicherungsnehmer in entsprechender Anwendung von §§ 156, 179 Abs. 3, 193 Abs. 2 VVG zuzurechnen.

Unter gewissen Umständen kann der Versicherer auch zum wiederholten Hinweis auf die Frist für eine ärztliche Feststellung der Invalidität verpflichtet sein
OLG Naumburg
Der Unfallversicherer kann im Einzelfall nach § 186 VVG gehalten sein, den Versicherungsnehmer mehrmals darauf hinzuweisen, dass eine Invalidität innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem

Keine Eintrittspflicht einer privaten Unfallversicherung bei Tod durch Aspirationspneumonie nach Ernährung über Magensonde
OLG Hamm
Über eine private Unfallversicherung sind nicht versichert die adäquaten Folgen einer Heilmaßnahme (hier: Nahrungszuführung über eine Magensonde), wenn sich dabei eine der Behandlung eigentümliche Gefahr verwirklicht. Für den Tod einer dementen Versicherungsnehmerin durch Ersticken an Erbrochenem im Zuge der Ernährung über eine Magensonde ist die private Unfallversicherung daher nicht eintrittspflichtig, da es sich bei dem Erbrechen und dem Gelangen des Erbrochenen in die Atemwege um einen rein körperinternen Vorgang handelt, und nicht um ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Als solches kann auch nicht die Ernährung mittels einer Magensonde angesehen werden, da nicht diese selbst, sondern eine körperliche Reaktion auf die zugeführte Nahrung das Geschehen in Gang gesetzt hat.

Versterben durch Nussallergie als versicherter Unfall
BGH
Verstirbt ein 15-jähriges Kind infolge einer heftigen allergischen Reaktion beim Verzehr nusshaltiger Schokolade, ist der private Unfallversicherer einstandspflichtig. Denn sowohl § 178 Abs. 2 Satz 1 VVG als auch Nr. 1.3 GUB 99 gehen davon aus, dass ein versicherter Unfall vorliegt, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet. Die Kontaktaufnahme der Schokolade mit der Mundschleimhaut stellt ein solches Ereignis dar. Dass die Zuführung der die allergische Reaktion auslösenden Nahrung zu einer Kette von körperinneren Ereignissen im Immunsystem des Kindes geführt hat, steht der Annahme eines Unfalles jedenfalls nicht entgegen. Es ist in Anbetracht der weiten Verbreitung von Allergien in der Bevölkerung auch weder ungewöhnlich, dass auch versicherte Personen einer Unfallversicherung an Nahrungsmittelallergien leiden können, noch liegt es außerhalb der Lebenserfahrung, dass die Aufnahme allergener Stoffe bei Vorliegen einer Nahrungsmittelallergie zu schwersten bis tödlichen allergischen Reaktionen führen kann.

Unfallversicherung: Nachweis der Kausalität einer Gehirnblutung für das Unfallereignis
OLG Frankfurt
Der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast dafür, dass eine Gehirnblutung, die zum Eintritt der Invalidität geführt hat, unfallbedingt unfallbedingt verursacht worden ist. Beweiserleichterungen kommen ihm nicht zugute.

Minderung des Invaliditätsgrades um die Vorinvalidität und den Mitwirkungsanteil der Vorschädigung zulässig
OLG Frankfurt
1. Hat der Versicherte eine Tür aus eigener Kraft heraus angehoben und die Verletzung seines Handgelenks durch diesen Hebevorgang und die dadurch aufgewendete Kraft erlitten, nicht aber aufgrund einer von außen auf das Handgelenk einwirkenden Kraft, durch die das Handgelenk verletzt worden wäre, greift der erweiterte Unfallbegriff in § 1 Nr. 2.1 lit. b AUB ein, der auch Ereignisse erfasst, bei denen es aufgrund erhöhter Kraftanstrengung zu Schädigungen an den Gliedmaßen gekommen ist.
2. Hat ein Vorschaden aus einem früheren Unfall zu dem Unfallereignis beigetragen, reicht die Mitursächlichkeit des zweiten Unfalls für die Handverletzung aus, um die Gesamtinvalidität nach dem Zweitunfall nach dem funktionellen Endzustand aufgrund der vollständigen Versteifung des Handgelenks mit einem Wert von 10/10 zu bewerten.
3. Von diesem Wert sind gemäß § 2 Nr. 1.2 lit. d AUB die vorhandenen dauerhaften Vorschäden an dem Handgelenk aufgrund des Erstunfalls in einem Umfang von 1/10 Handwert in Abzug zu bringen, weil der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert wird.
4. Eine weitere Minderung dieses Wertes ergibt sich nach § 4 Nr. 1 AUB, wonach der Prozentsatz des Invaliditätsgrades um den Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, das bei der durch den Unfall verursachten Gesundheitsschädigung und deren Folgen mitgewirkt hat, zu reduzieren ist. Der Mitwirkungsanteil ist auch dann zu berücksichtigen, wenn der Invaliditätswert bereits um den Anteil der Vorschädigung reduziert worden ist.

Doppelte Berücksichtigung von Vorschäden und Vorinvalidität
OLG Frankfurt
1. Die vollständige Versteifung des Handgelenks steht der vollen Gebrauchsuntauglichkeit gleich.
2. Tragen Vorschäden zum Unfallereignis bei und begründen die zugleich Vorinvalidität, ist eine doppelte Kürzung der Invalidität vorzunehmen, wobei der Abzug der Vorinvalidität vorrangig ist.
3. Dies gilt auch in den Fällen des erweiterten Unfallbetriebs.

Die mit einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ I verbundenen Beeinträchtigungen durch Kontrolle und Insulingabe stellen für sich betrachtet keinen Dauerschaden dar
OLG München
Die mit der Erkrankung eines 14-jährigen Mädchens an Diabetes mellitus Typ I verbundenen dauerhaften Beeinträchtigung durch die notwendigen ständigen Kontrollen und Insulingaben stellen für sich betrachtet keine Dauerschädigung unter medizinischen Gesichtspunkten im Sinne der Kinderversicherung dar.

Bei einer gutachterlichen Beurteilung des Vorliegens einer Borrellioseerkrankung kommt den Leitlinien der Deutschen Borrelliosegesellschaft e.V. keine entscheidende Bedeutung zu
OLG München
Bei der gutachterlichen Beurteilung, ob ein Patient sich eine Borrellioseinfektion zugezogen hat oder an Borreliose erkrankt ist, kommt den Leitlinien der Deutschen Borreliosegesellschaft e.V. keine entscheidende Bedeutung zu.

Geringfügigkeit einer Hautverletzung
OLG Köln
1. Ob eine Hautverletzung als geringfügig im Sinne von Nr. 5.2.4.1 AUB 04 anzusehen ist, beurteilt sich nicht in erster Linie nach der Tiefe oder oberflächlichen Ausbreitung der Verletzung, sondern danach, ob ein Verletzungsbild entstanden ist, das - objektiv gesehen - Veranlassung gibt, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.
2. Beweispflichtig für den Wiedereinschluss der durch eine Ausschlussklausel der ausgeschlossenen Verletzung ist der Versicherungsnehmer.

 

 

Urteile aus dem Jahr 2013


Bezugsberechtigungsänderung bei einer Gruppenunfallversicherung
BGH
1. Wird in einem Gruppenunfallversicherungsvertrag vereinbart, dass für den Fall des Unfalltodes eines Mitarbeiters (versicherte Person) des Unternehmens (Versicherungsnehmer) die gesetzlichen Erben des Mitarbeiters bezugsberechtigt sind, soweit keine andere Bestimmung getroffen wurde, so muss der Mitarbeiter dem Versicherer eine Änderung der Bezugsberechtigung mitteilen.
2. Eine Anzeige des Mitarbeiters gegenüber dem Unternehmen reicht jedoch dann, wenn vereinbart wurde, dass das Unternehmen Änderungen für den Versicherer entgegennehmen kann.

Kein Versicherungsschutz für Somatisierungs- und posttraumatischen Belastungsstörung trotz unfallbedingter organischer Verletzung
OLG Koblenz
1. Nach Nr. 5.2.6 AUB 2000 ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden. Zutreffend ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (so unter anderem BGH VersR 2004, 1449) krankhafte Störungen, die eine organische Ursache haben, nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den Versicherungsnehmer abhängt. Damit sind jedoch nicht alle psychischen Leiden versichert, die auch nur in irgendeiner kausalen Beziehung zu einer unfallbedingten organischen Schädigung stehen; vielmehr sind solche Beeinträchtigungen nicht versichert, die allein durch ihre psychogene Natur erklärt werden können (BGHZ 159, 360).
2. Die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach Nr. 5.2.6 AUB 2000 sind nicht schon dann nicht erfüllt, wenn psychische Beeinträchtigungen und Störungen auf unfallbedingten dauerhaften organischen Schädigungen beruhen und von diesen hervorgerufen wurden.
3.. Der Senat teilt vielmehr die Auffassung des Landgerichts, dass es sich bei der von dem Kläger geltend gemachten Somatisierungs- und posttraumatischen Belastungsstörung seiner Ehefrau, der Versicherten, um eine psychische Reaktion handelt, die nicht durch die erlittene Fußverletzung sowie die LWK-1-Fraktur der Versicherten physisch verursacht wurde.

Für die Überprüfung der Erstfeststellung des Unfallversicherers kommt es auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung an
OLG Düsseldorf
Für die gerichtliche Überprüfung der zwischen den Parteien streitigen Erstfeststellung des Unfallversicherers kommt es auf sämtliche Erkenntnisse an, die im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung gewonnen wurden und nicht auf den Zeitpunkt von drei Jahren nach dem Unfall. Die Dreijahresfrist für die Neubestimmung von Invalidität gilt nämllich für den Fall der Überprüfung der Erstfeststellung des Versicherers nicht. Das folgt schon daraus, dass zwischen der Erstfeststellung von Invalidität und der Neubestimmung von Invalidität klar zu differenzieren ist. Die Neubemessung von unfallbedingter Invalidität setzt begrifflich voraus, dass bereits zuvor eine bedingungsgemäße, das heißt binnen Jahresfrist eingetretene Invalidität festgestellt worden ist.

Berücksichtigung nicht altersentsprechender degenerativer Vorschäden (hier: Spinalkanalstenose)
LG Itzehoe
1. Erleidet ein Versicherungsnehmer anlässlich eines Sturzes eine Querschnittslähmung, ist eine Mitwirkung im Sinne von Nr. 3 AUB 2010anzunehmen, wenn dieser bereits vor dem Unfall unter einer Spinalkanalstenose, also einer besonderen Verengung des Rückenmarkkanals, litt, denn hierbei handelte es sich um eine Krankheit bzw. ein Gebrechen. Im Sinne der Klausel.
2. Gemäß Nr. 3 der AUB 2010 führen Krankheiten oder Gebrechen, die bei einem Unfallereignis mitgewirkt haben, entsprechend ihres Anteils zu einer Minderung der Versicherungsleistungen, sofern der Mitwirkungsanteil zumindest 25 % beträgt. Unter Krankheit in diesem Sinne ist ein regelwidriger Körperzustand zu verstehen, der ärztlicher Behandlung bedarf, ein Gebrechen liegt bei einem von der Norm abweichenden Gesundheitszustand vor, der die Ausübung normaler Körperfunktionen jedenfalls teilweise mindert (Grimm, Unfallversicherung, Komm, zu Ziff. 3 AUB 2010, Rn. 2 m. w. N.). Nach Auffassung der Kammer ist in der besonderen Verengung des Rückenmarkkanals, die bei dem Kläger zum Zeitpunkt des Sturzes vorlag, ein Gebrechen zu sehen.
3. Der Umstand, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt des Sturzes keine Kenntnis von der besonderen Verengung des Rückenmarkkanals hatte und hierdurch gemäß seinem Vortrag bis zu dem Sturz nicht beeinträchtigt worden war, spricht nicht gegen die Annahme eines Gebrechens. Denn für die Beurteilung, ob eine Krankheit bzw. ein Gebrechen vorliegt, gilt der objektive Krankheitsbegriff; es kommt also nicht darauf an, ob ein Versicherter - wie hier der Kläger - keine Kenntnis von einem besonderen, von der Norm negativ abweichenden Gesundheitszustand hat bzw. diesen nicht bemerkt (OLG Schleswig, r+s 1995, 119; Grimm a. a. 0.).
4. Auch der vom Kläger mit der Berufung hervorgehobene Umstand, dass ihn die Verengung des Wirbelkanals bis zu dem Zeitpunkt des Unfalls nicht in seiner Lebensführung beeinträchtigt habe, ändert nichts an der Einordnung als Gebrechen. Es mag sein, dass sich diese besondere körperliche Konstitution nicht auf die uneingeschränkte Ausübung der vom Kläger wahrgenommenen Körperfunktionen ausgewirkt hat. Aber gemäß den oben dargestellten Ausführungen des Sachverständigen hatte die Verengung des Rückenmarkkanals zur Folge, dass die Flüssigkeit im Rückenmark nicht wie im Normalfall ihre Schutzfunktion entfalten konnte. Insofern war bei dem Kläger aufgrund der Verengung des Rückenmarkkanals eine Körperfunktion, nämlich die Schutzfunktion des Flüssigkeitsmantels um das Rückenmark, ganz erheblich vermindert, so dass bei ihm ein Gebrechen vorlag.
5. Einen nicht altersgerechten degenerativen Vorschaden als mitwirkende Ursache im Sinn von Nr. 3 AUB 2010 anzusehen, entspricht auch der Rechtsprechung anderer Gerichte.

Keine Qualifizierung eines Sanatoriumsaufenthalts als unfallbedingter Krankenhausaufenthalt
OLG Köln
1. Nach Buchst. D. A. der Versicherungsbedingungen der Beklagten ist ein "unfallbedingter Krankenhausaufenthalt" Voraussetzung für die Erbringung der versicherten Leistungen. Nach der Definition gemäß Buchst A. der Bedingungen ist ein Krankenhausaufenthalt eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung der versicherten Person in einem Krankenhaus. Damit ist klar geregelt, dass die Beklagte Versicherungsleistungen nur schuldet, wenn unfallbedingte Verletzungen in einem Krankenhaus behandelt werden.
2. Eine Krankenhausbehandlung ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass sie unter - behandlungsbedingtem - besonders intensivem Einsatz des medizinischen Personals, ggfls. ergänzt durch den Einsatz von besonderen dafür vorgehaltenen medizinisch-technischen Geräten, stattfindet. Der Behandlungsverlauf unterliegt der ständigen ärztlichen Überwachung, insbesondere durch tägliche Visiten. Regelmäßig ist der Patient - sei er bettlägerig oder nicht - vollständig durch die Behandlung in Anspruch genommen; sein Tagesablauf wird durch die Notwendigkeit der ständigen medizinischen und ärztlichen Betreuung und Behandlung bestimmt. Während der Behandlung stellt sich deshalb ein Verlassen der Einrichtung - etwa zu Spaziergängen - als Ausnahme dar. Demgemäß ist die Ausstattung eines Krankenhauses in der Regel nicht in erster Linie darauf ausgerichtet, einem Erholungsbedürfnis des Patienten Rechnung zu tragen. Im Vordergrund steht vielmehr eine den Anforderungen an eine intensive und möglichst umfassende medizinische und ärztliche Betreuung und Behandlung entsprechende Ausstattung; das schließt in der Regel auch das Vorhandensein von ausreichenden diagnostischen Möglichkeiten, von Operationseinrichtungen und solchen der Intensivmedizin ein.
3. Demgegenüber stellt die Durchführung einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung, die gemäß der ausdrücklichen Regelung in Buchst. A. der Bedingungen (zur Definition "Krankenhausaufenthalt") nicht vom Versicherungsschutz gedeckt ist, hinsichtlich der Intensität des Einsatzes von medizinischem Personal und/oder beim Einsatz besonderer medizinisch-technischer Geräte geringere Anforderungen, als sie bei einer Krankenhausbehandlung vorauszusetzen sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch werden in Sanatorien Patienten aufgenommen, die entweder an einer leichteren chronischen Krankheit leiden, oder solche, die bereits einen Krankenhausaufenthalt oder eine sonstige Heilbehandlung hinter sich haben, einer weiteren Krankenhausbehandlung nicht mehr bedürfen, jedoch noch nicht völlig wieder hergestellt sind. Der Heilerfolg wird in erster Linie von einer geregelten Lebensweise, einer zweckmäßigen Diät, der Herausnahme aus der gewohnten Umgebung und der Fernhaltung störender Umwelteinflüsse erwartet. Die Sanatoriumsgäste sind meist nicht bettlägerig; sie haben daher auch die Möglichkeit, das Sanatorium zu Spaziergängen zu verlassen. Ähnliches gilt für einen Aufenthalt in einem Kurbad.
4. Ebenfalls vom Versicherungsschutz nicht erfasst sind Rehabilitationsmaßnahmen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Heilerfolg nicht so sehr von der Herausnahme aus der gewohnten Umgebung, der Fernhaltung schädlicher Umwelteinflüsse und einer geregelten Lebensweise erwartet wird, sondern in erster Linie von einer Anleitung des Patienten zu eigener Tätigkeit, durch die er diejenigen Kräfte und Fähigkeiten (wieder-) erwerben soll, die ihn zu einer Teilnahme am Arbeits- und Gemeinschaftsleben befähigen (vgl. BGH a.a.O.).

Infektionsrisiko von Unfallversicherung nicht abgedeckt
OLG Köln
Tritt eine privat Unfallversicherte in eine rostige Schraube und erleidet danach eine Infektion, die zu einer dauerhaften Funktionsbeeinträchtigung des rechten Fußes führt, muss der Unfallversicherer nicht zahlen, da das Risiko von Infektionen nicht abgesichert ist.

Als Körperteil im Sinne des § 8 (3) AUB 84 ist nicht die Hand als solche sondern die "Hand im Handgelenk" im Sinne von § 8 (2) a AUB anzusehen
OLG Hamm
1. Die Regelung in § 8 (3) AUB über die Gebrauchsunfähigkeit eines Körperteils oder eines Sinnesorgans ist nach Auffassung des Senates auf die Regelung in § 8 (2) AUB betreffend den Verlust (etwa einer Hand im Handgelenk) bezogen. Als Körperteil im Sinne des § 8 (3) AUB 84 ist deshalb - jedenfalls bei Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB - nicht die Hand als solche sondern die "Hand im Handgelenk" im Sinne von § 8 (2) a AUB anzusehen. Auf deren Funktionsminderung kommt es deshalb für die Bemessung der Invaliditätsentschädigung an.
2. Das zeigt sich bei systematischer Auslegung der Versicherungsbedingungen aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Sprachkenntnisse. Dabei ist nämlich zu berücksichtigen, dass § 8 (3) Satz 2 AUB, in dem der teilweise Verlust und die teilweise Gebrauchsunfähigkeit geregelt sind, ausdrücklich auf die in § 8 (2) AUB genannten Prozentsätze Bezug nimmt. Deshalb drängt sich eine Gesamtbetrachtung von § 8 (2) und § 8 (3) AUB auf. Danach ist es durchaus nahe liegend, als Körperteil im Sinne von § 8 (3) nicht die Hand oder den Arm als solche zu verstehen sondern die in § 8 (2) a) AUB genannten Begriffe aus der Gliedertaxe und damit die "Hand im Handgelenk" bzw. den "Arm im Schultergelenk".
3. Dies Ergebnis wird durch einen Blick auf § 8 (4) AUB bestärkt. Gemäß § 8 (4) AUB werden bei Verlust oder Gebrauchsunfähigkeit von mehreren der vorgenannten Körperteile oder Sinnesorgane die sich nach den Ziffern (2) und (3) ergebenden Prozentsätze zusammengerechnet. Insofern kann § 8 (4) AUB ohne weiteres dahin verstanden werden, dass es sich bei der Auflistung in der Gliedertaxe des § 8 (2) AUB jeweils um Körperteile bzw. Sinnesorgane im Sinne von § 8 AUB 84 der Beklagten handelt.
4. Zutreffend ist deshalb das Landgericht auch davon ausgegangen, dass - neben einer streng auf den Wortsinn des Begriffs "Körperteil" abstellenden Auslegung auch ein Verständnis der Bedingungen in der Weise möglich ist, dass Körperteil im Sinne von § 8 (3) AUB entsprechend der Gliedertaxe des § 8 (2) AUB zu verstehen ist, und sich diese Unklarheit zu Lasten des Versicherers auswirken muss (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9.7.2003, IV ZR 74/02).

Privater Unfallversicherer muss nach Erstickungstod bei künstlicher Ernährung mittels PEG-Sonde nicht zahlen
LG Dortmund
Ein nach künstlicher Ernährung mittels PEG-Sonde durch Speiseaspiration ausgelöster Erstickungstod löst keine Ansprüche der Erbengemeinschaft auf Versicherungsleistungen aus einer privaten Unfallversicherung des Verstorbenen aus. Denn gemäß Ziffer 5.2.3 AUB 2000 sind Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen oder Eingriffe am Körper der versicherten Person nicht versichert. Unter dem Begriff der Heilmaßnahmen werden alle Maßnahmen zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken gefasst, ohne dass diese von Ärzten durchgeführt worden sein müssen. Weder ist eine medizinische Indikation noch eine Durchführung lege artis erforderlich, damit der Ausschluss eingreift. Insofern kann die künstliche Ernährung ohne Weitere als eine therapeutische Maßnahme eines unter Schluckbeschwerden und Demenz leidenden Patienten verstanden werden.

§ 7 I (1) AUB 94 verlangt nach Sinn und Zweck eine schriftliche Feststellung der Invalidität
OLG Frankfurt
1. Nach einer in der Rechtsprechung ganz überwiegend vorherrschenden Ansicht besteht ein Schriftformerfordernis, obwohl die hier anzuwendenden AUB 94 dies nicht ausdrücklich erwähnen (vgl. OLG Celle VersR 2008, 670, BGH VersR 2007, 1114, OLG Frankfurt VersR 1996, 618, OLG Frankfurt (7.Senat) NVersZ 2002, 403, OLG Frankfurt 14 U 57/94 v. 21.2.1995, OLG Hamm RuS 2012, 195, u.a.m.). In den AUB, die den AUB 94 und den AUB 95 nachgefolgt sind, ist die Rechtsprechung zur Schriftlichkeit der Feststellungen zur Invalidität ausdrücklich in den Bedingungstext übernommen worden.
2. Die Feststellungen zur Invalidität sind auch unter der Geltung der hier einschlägigen AUB 94 im Sinne einer echten Anspruchsvoraussetzung schriftlich zu treffen, weil der Versicherer nur auf der Grundlage schriftlicher Untersuchungsergebnisse die notwendige Überprüfung der attestierten Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherten vornehmen kann; eine bloß intern gebliebene, nicht schriftlich festgehaltene Diagnose reicht dafür nicht aus (vgl. OLG Celle VersR 2008, 670 Juris Rn. 33). Dieser überzeugenden Begründung zu den AUB 94/95 schließt sich der Senat an.
3. Die Klausel in § 7 I (1) AUB 95 hält in dieser Auslegung einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand und ist hinreichend transparent (vgl. BGH VersR 2007, 1114 Juris Rn. 10).
4. Das Fehlen ausreichender und rechtzeitiger schriftlicher Feststellungen kann auch nicht entschuldigt werden (vgl. BGH VersR 2006, 352).
5. Für die notwendigen Feststellungen kann auch ein Krankenhausattest ausreichend sein (OLG Düsseldorf 4 U 3/05, RuS 2006, 518).
6. Aus der Invaliditätsfeststellung muss sich die ärztlicherseits angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit des Versicherten ergeben (vgl. BGH VersR 1997, 442; BGH VersR 2007, 1114; OLG Saarbrücken VersR 2008, 199; OLG Celle VersR 2008, 670). Erforderlich ist die Angabe eines konkreten, die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinflussenden Dauerschadens (BGHZ 130, 171, 178; BGH VersR 2007,1114 Juris Rn. 12). Feststellungen zum Grad der Invalidität sind ebenso wenig erforderlich, wie die Bescheinigung inhaltlich nicht zutreffend sein muss (BGH a.a.O. Juris Rn. 10).

Ob eine ärztliche Invaliditätsfeststellung durch Vorlage eines Bescheides über die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nachgewiesen werden kann, kann offenbleiben
OLG Köln
Zwar kann zur Bemessung des Grades der Invalidität nach den AUB grundsätzlich nicht auf den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit abgestellt werden. Für die ärztliche Invaliditätsfeststellung kommt es auf das Ausmaß der Schädigung indes nicht an, sondern nur darauf, ob überhaupt eine dauerhafte unfallbedingte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit vorliegt. Eine solche Feststellung dürfte auch die Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit beinhalten, denn diese setzt gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gerade eine (dauerhafte) Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens voraus (vgl. OLG Düsseldorf, ZfS 2006, 523; OLG Oldenburg, NVersZ 2000, 333; Leverenz in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., AUB 2008 Ziff. 2.1, Rn. 95; Kloth, Private Unfallversicherung, Rn. G 28). Dies bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung durch den Senat.

Kein bedingungsgemäßer Unfall beim bloßen Umknicken
OLG Köln
Ein Umknicken stellt keinen bedingungsgemäßen Unfall i. S. v. § 1 Abs. 3 AUB 88 dar. Eine ungeschickte Körperbewegung, die als solche zu einer Gesundheitsschädigung führt, stellt kein von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis dar. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung angegeben, beim Treppensteigen wahrscheinlich eine Stufe übersprungen zu haben.

Zu den Schlüssigkeitsanforderungen einer Klage auf Invaliditätsentschädigung wegen mehreren Unfällen
OLG Koblenz
1. Zu einem schlüssigen Vortrag im Rahmen von Leistungen aus Unfallversicherungen gehört, dass bezüglich jedes Unfallereignisses im Einzelnen die behauptete Invalidität unter Heranziehung der Gliedertaxe dargestellt wird (BGH VersR 2011, 202).
2. Obwohl die Klägerin hierauf von beiden Beklagten in ihren jeweiligen Klageerwiderungen, dem Landgericht sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch in dem angefochtenen Urteil und vom Senat im Hinweisbeschluss vom ... ausdrücklich hingewiesen worden ist, hat die Klägerin weiter lediglich vorgetragen, die mindestens 90 %ige Invalidität auf Dauer sei erst mit dem zweiten Unfallereignis eingetreten.

Die bloße Kraftanstrengung beim Anheben eines Gegenstands stellt kein von außen wirkendes Ereignis dar
OLG Hamm
1. An einem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis i.S.d. Nr. 1.3 AUB 2000 fehlt es, wenn die erlittene Gesundheitsschädigung allein auf eine plangemäße ausgeführte und von außen ungestörte Kraftanstrengung der versicherten Person zurückzuführen ist.
2. Deshalb stellt die bloße Kraftanstrengung beim Anheben eines schweren Gegenstands kein von außen wirkendes Ereignis dar, weil der im Wege der Kraftanstrengung zu überwindenden Schwerkraft des Objekts, dass allein Gegenstand der Bemühungen der versicherten Person ist, jegliches dynamisches Element fehlt.

Ein Ausschluss von Leistungen bei einem mehr als 90 Tage nach einem Unfall beginnenden Krankenhausaufenthalt ist wirksam
OLG Köln
Eine Klausel in einem Unfallkrankenhaustagegeldversicherungsvertrag, die Leistungen bei einem erst mehr als 90 Tage nach dem Unfall beginnenden Krankenhausaufenthalt ausschließt, stellt keine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Invaliditätsentschädigung bei Versteifung eines Fußgelenks
LG München
1. Bei einer Versteifung eines Fußgelenks ist nach den AUB 2004 der Bekl. eine verbleibende Teilfunktionsfähigkeit bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der Gliedertaxe zu berücksichtigen, da nach diesen AUB der Invaliditätsgrad nicht - wie bei den AUB 2000/94/88 - nach der „Funktionsunfähigkeit eines Fußes im Fußgelenk", sondern nach der „völligen bzw. teilweisen Funktionsunfähigkeit eines Fußes" zu bemessen ist.
2. Etwaige Ausstrahlungen einer Teilfunktionsunfähigkeit auf das Restglied sind nach der Gliedertaxe bereits bei dem für das Teilglied bestimmten Invaliditätsgrad berücksichtigt.

Funktionsunfähigkeit des oberen Sprunggelenks; weitere Beeinträchtigung nach 3. Jahresfrist
LG Duisburg
1. Eine vollständige Funktionsuntüchtigkeit des Fußgelenks liegt nur vor, wenn das obere und das untere Sprunggelenk in ihrer Gesamtheit funktionsuntüchtig sind. Liegt eine Versteifung des oberen Sprunggelenks und eine beginnende, aber nicht fortgeschrittene Verschleißerkrankung des unteren Sprunggelenks vor, so sind die Invaliditätsvoraussetzungen nach Ziff. 2.1.2.2.1 AUB 2000 „Funktionsunfähigkeit eines Fußes im Fußgelenk" nicht erfüllt.
2. Für die Beurteilung des Invaliditätsgrades sind die Beeinträchtigungen maßgebend, die innerhalb von drei Jahren nach dem Unfall vorliegen oder in diesem Zeitraum vorhersehbar sind. Spätere, binnen des dreijährigen Prognosezeitraums nicht vorhersehbare Veränderungen können bei der Invaliditätsbemessung nicht mehr berücksichtigt werden (hier bejaht für die nicht vorhersehbare Versteifung eines unteren Sprunggelenks bei bekannter beginnender Verschleißerkrankung).

Versteifung nur des unteren Sprunggelenks führt nicht zur vollständigen Funktionsunfähigkeit des Fußgelenkes
OLG Köln 
Eine Versteifung des unteren Sprunggelenks führt nicht zu einer vollständigen Funktionsuntüchtigkeit des Fußgelenks, da das Fußgelenk aus dem - weiterhin intakt gebliebenen - oberen und unteren Sprunggelenk besteht und bei einem nur versteiften unteren Sprunggelenk ein Gehen in weiten Teilen weiterhin möglich bleibt.

Voller Invaliditätsgrad bei unbeweglichem Handgelenk mit Restfunktion der Finger nach den AUB 84
LG Paderborn
1. Aus der Systematik der Klausel des § 8 AUB 84 in Verbindung mit der Formulierung des Abs. 4 „vorgenannten Körperteile" ist diese Klausel von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur so zu verstehen, dass sie insbesondere die in § 8 Abs. 2 AUB enumerativ aufgeführten Begrifflichkeiten als Körperteile anzusehen sind.
2. Eine Gebrauchsunfähigkeit der „Hand im Handgelenk" liegt bereits dann vor, wenn eine Funktionsunfähigkeit gerade im Handgelenk vorliegt. Dies ergibt sich daraus, dass die Formulierung „Hand im Handgelenk" objektiv unklar ist, da sie bei einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer zu dem Verständnis führen kann, dass auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks selbst und nicht auf die Funktionsfähigkeit des Teilgliedes Hand abzustellen ist.

Krankhafte Störungen ohne organische Ursachen sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen
OLG Köln
1. Im Rahmen der Unfallversicherung sind nur die körperlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die innerhalb der maßgeblichen Frist (hier: 15 Monate) als invaliditätsbegründend festgestellt worden sind. Im Hinblick auf den Inhalt der ärztlichen Invaliditätsfeststellung bestehen grundsätzlich keine Hinweispflichten des Versicherers.
2. Der Versicherungsschutz ist nach § 2 Abs. 4 AUB 88 wegen krankhafter Störungen infolge psychischer Reaktionen ausgeschlossen, wenn bei einer krankhaften Störung jegliche organische Ursache mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Unfallversicherer muss nicht für Infektionsfolgen nach Tritt in eine rostige Schraube aufkommen
OLG Köln
Erleidet eine privat Unfallversicherte nach einem Tritt in eine rostige Schraube eine Infektion, die zu einer dauerhaften Funktionsbeeinträchtigung des rechten Fußes führt, ist die Versicherung nicht einstandspflichtig, da das Risiko von Infektionen grundsätzlich nicht abgesichert ist. Etwas anderes gilt nur, wenn die Haut durch das Eindringen der Schraube in den Fuß mehr als nur geringfügig verletzt worden ist. In einem solchen Fall wäre das Unfallereignis tatsächlich auch unmittelbare Ursache für den Schaden. Dies ist aber nicht anzunehmen, wenn es um eine Verletzung geht, die keiner Behandlung bedarf oder mit einfachen Mitteln wie etwa mit einem Pflaster selbst versorgt werden kann. Eine solche geringfügige Verletzung liegt jedenfalls vor, wenn bei einer Eindringtiefe von 0,5 cm nicht zwingend alle 3 Hautschichten durchdrungen worden sind.

Kein Anspruch auf Invaliditätsleistung einer Unfallversicherung bei fehlender ärztlicher Invaliditätsfeststellung
LG Köln
Ein Anspruch auf Invaliditätsleistung einer Unfallversicherung besteht nicht, wenn eine ärztliche Feststellung der Invalidität nicht vorliegt und wenn der Versicherer zudem wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers aufgrund einer verspäteten Anzeige des Unfalls leistungsfrei ist. Zwar sind an die bedingungsgemäß erforderliche ärztliche Invaliditätsfeststellung keine hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl enthalten Aussagen, wonach eine Invalidität in Zukunft voraussichtlich festgestellt werden kann, wie etwa "mit einem Dauerschaden ist zu rechnen" oder "ein Dauerschaden ist zu erwarten", keine Feststellung der Invalidität.

Alkoholbedingte Bewusststeinsstörung einer Fußgängerin mit BAK-Wert von 1,92 Promille
OLG Köln
Überquert eine Fußgängerin mit einem BAK-Wert von 1,92 Promille die Fahrbahn, wird der Unfallversicherer im Falle einer Kollision mit einem herannahenden Pkw von der Eintrittspflicht befreit. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass eine alkoholbedingte, für den Unfall mitursächliche Bewusstseinsstörung vorlag. Unabhängig vom Vorliegen alkoholtypischer Ausfallerscheinungen ist ein derartiges verkehrswidriges Verhalten als typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt anzusehen, da es darauf beruht, die Geschwindigkeit herannahender Fahrzeuge falsch einzuschätzen. Steht fest, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt unter einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung litt, ist zu vermuten, dass die Bewusstseinsstörung für den Unfall mitursächlich geworden ist.

Mangelnde Glaubhaftigkeit der Unfallschilderung bei mehrfach wechselhaftem Vortrag
OLG Naumburg
1. Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben dann nicht auf die Ausschlussfrist nach Nr. 2.1.1.1 S. 2 AUB 99 berufen, wenn er nach selbst eingeholten ärztlichen Auskünften eine anspruchsbegründende Invalidität für möglich erachtet und es verabsäumt, den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass sein rechtzeitig eingereichtes ärztliches Attest nicht den Anforderungen einer Invaliditätsfeststellung nach Nr. 2.1.1.1 AUB 99 entspricht.
2. Gegen die Glaubhaftigkeit einer Unfallschilderung des Versicherungsnehmers kann bereits ein mehrfach wechselhafter Vortrag hierzu sprechen.
3. Ein bedingungsgemäßer Unfall scheidet dann aus, wenn eine pflegebedürftige, umzubettende Person beim Anheben zwar unerwartet den Kopf wegdreht, aber das anschließende gesundheitsschädigende Umgreifen des Versicherungsnehmers nicht unkontrolliert erfolgt, sondern auf einem bewussten Willensentschluss beruht.

Kein Versicherungsschutz für posttraumatische Belastungsstörung
OLG Hamm
1. Der Leistungsausschluss „psychische Reaktionen" gilt nicht für organische Schädigungen, die ihrerseits zu einem psychischen Leiden führen, auch wenn im Einzelfalls das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den Versicherungsnehmer abhängt.
2. Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich allein in Angst vor dem Auto- und Busfahren äußert, handelt es sich um eine den Versicherungsschutz ausschließende psychische Reaktion auf den Unfall als belastendes Ereignis, die nicht Folge einer organischen Schädigung durch ein erlittenes HWS-Syndroms ist.

Kein Versicherungsschutz für psychische Reaktion (hier: Depression und Körperbildstörung) aufgrund verunstaltender Unfallfolgen
OLG Koblenz
1. Nach den AUB sind psychische Reaktionen auf körperliche Verletzungen im Rahmen der Unfallversicherer auch dann nicht zu entschädigen, wenn sie aufgrund der Schwere des Unfalls und der dabei erlittenen Körperschäden verständlich und nachvollziehbar sind (entgegen OLG Hamm r+s 2006, 428).
2. Treten aufgrund verunstaltender Unfallfolgen (hier: schwere Beinverletzung) beim versicherten psychische Beeinträchtigungen in Form mittelgradig depressiver Störung verbunden mit einer Anpassungsstörung in Form einer massiven Körperbildstörung auf, so handelt es sich um eine „psychische Reaktion" auf das Unfallgeschehen, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.

Kein Versicherungsschutz für Somatisierungsstörungen nach Lendenwirbelbruch bei einem Fahrradunfall
OLG Frankfurt
Leidet ein an Depression erkrankter Versicherungsnehmer nach einem Fahrradunfall, bei dem er sich einen Bruch des dritten Lendenwirbels zugezogen hat, an Somatisierungsstörungen, die ohne unfallbedingte organische Schädigung auf eine Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens zurückzuführen sind, so sind diese Störungen aufgrund der Ausschlussklausel „psychische Reaktion" nicht versichert.

Beweisanforderung bei möglicher alkoholbedingter Bewusstseinsstörung und behauptetem Sturz - oder Nachtrunk
OLG Köln
Zur Darlegungs- und Beweislast beim Vorliegen einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung und Behauptung eines Sturz- oder Nachtrunks.

 

Privater Unfallversicherer muss nicht für Gehirnblutung infolge des Tragens schwerer Lasten einstehen
OLG Hamm
Erleidet der Versicherungsnehmer in der privaten Unfallversicherung infolge des Tragens schwerer Lasten eine Gehirnblutung, so handelt es sich nicht um ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis i.S. von Nr. 1.3 AUB 2000. Die Schwerkraft der Kanister stellt kein Unfallereignis dar, da ihr jedes dynamische Element fehlt, das dem Ereignisbegriff innewohnt. Die Schwerkraft entfaltet in einem, solchen Fall erst dann ihre Wirkung, wenn der Betroffene versucht, sie durch Aufbietung eigener Muskelkraft zu überwinden. Diese Kraftanstrengung bleibt jedoch ein innerer Vorgang, solange der Gegenstand einfaches Objekt der Bemühungen ist.

Unfall - Muskelriss beim Ballabschlag eines Fußballtorwarts
OLG München
1. Verletzt sich der VN einer Unfallvers. dadurch, dass er als Fußballtorwart beim Abschlag durch den Aufprall des Balles auf den Vorderfuß einen Muskelriss im gestreckten Bein erleidet, liegt ein von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen vor. In einem solchen Fall, in dem erst die „Kollision" des Versicherten mit der Außenwelt - hier mit dem Fußball - die Gesundheitsbeschädigung unmittelbar herbeiführt, ist nicht zu prüfen, ob auch eine Eigenbewegung des Versicherten im Zusammenspiel mit äußeren Einflüssen als Unfall angesehen werden kann (im Anschluss an BGH, r+s 2011 Seite 400).
2. Der Umstand, dass der Abschlag selbst gewollt war, betrifft nicht die „Einwirkung von außen", sondern die von den Unfallversicherungsbedingungen weiter geforderten Merkmale „plötzlich" und „unfreiwillig". Auch ein geplanter und nach Plan ablaufender Vorgang in einer kurzen Zeitspanne ist „plötzlich"; das Merkmal „unfreiwillig" bezieht sich auf die Gesundheitsbeschädigung, nicht auf das Unfallereignis, das die Verletzung herbeiführt.*

Unfall - Verletzung bei der Ballannahme eines Fußballspielers
OLG Karlsruhe
Prallt ein über ca. 25 m durch die Luft fliegender Fußball bei dem Versuch der Annahme mit erheblicher Wucht gegen den rechten Fuß des Feldspielers und kommt es dadurch zu einem Kreuzbandriss an diesem Fuß, so liegt ein Unfall vor.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung - Rotatorenmanschettenruptur
LG München I
1. Dass erst nach einem Unfall Beschwerden im Schulterbereich aufgetreten sind, ist bei Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette kein Indiz dafür, dass dieser Gesundheitsschaden unfallbedingt ist.
2. Eine sturzbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette ist nicht nachgewiesen, wenn nach medizinischer Begutachtung degenerative Schäden als Folge einer chronischen degenerativen Abnutzung vorliegen und aufgrund biomechanischer Gegebenheiten es nicht wahrscheinlich ist, dass der Sturz sich mechanisch bei Defekten im Bereich des mittleren Supraspinatussehnenanteiles ausgewirkt hat.

Bandscheibenschaden - Nachweis des Unfalls als überwiegende Ursache
LG Traunstein 
Rutschte die VN (selbstständige Gymnastiklehrerin und Bewegungstherapeutin) bei einer Bewegungsübung am Rande des Schwimmbeckens aus, in dem sie sich um die eigene Achse drehte und mit dem rechten Unterarm und der rechten Hüfte auf den Beckenrand aufschlug, suchte sie nach 7 Tagen wegen zunehmender Schmerzen ihren behandelnden Arzt auf und erlitt sie einen Monat später (13.10) einen Bandscheibenvorfall an relativ atypischer Stelle (zwischen 1. und 2. LWK, während Vorfälle meist in den Segmenten 4 und 5 vorhanden sind), so hat die VN eine Ursächlichkeit des Sturzes für den Bandscheibenvorfall nicht nachgewiesen, wenn in einem MRT am 13. 10. Verletzungen an Knochen oder Bändern nicht feststellbar waren. Dafür spricht auch, dass die VN weiterhin ihren Beruf ausgeübt hat, denn schwere Verletzungen der Wirbelsäule sind auch bei „Zähne-Zusammenbeißen" von Selbstständigen mit der Ausübung des Berufs einer Gymnastiklehrerin nicht vereinbar.

Bandscheibenschaden - Nachweis des Unfalls als überwiegende Ursache
LG Berlin
Wurde der VN bei einem Rugbyturnier bei einem Kampf um den Ball von einem Gegenspieler zu Fall gebracht und fiel anschließend ein weiterer Gegenspieler auf ihn, so hat der VN eine überwiegend unfallbedingte Ursache eines Bandscheibenschadens (HWK 5/6 - Prolaps) nicht nachgewiesen, wenn der Unfallhergang mangels axialer Krafteinwirkung mit Scher-, Rotationswirkungen, und Überbeugungen nicht geeignet war, eine gesunde Bandscheibe ohne Knochenbruch zu zerreißen und ferner eine traumatische Bandscheibenverletzung sich neurologisch im Sinne einer Wurzelreizsymptomatik bemerkbar gemacht hätte, eine solche jedoch ärztlicherseits nicht dokumentiert worden war, denn das MRT zeigte zwar Bandscheibenprotrusionen auf, aber auch ein unauffälliges Knochenmarksignal und keine Anzeichen einer frischen Kapsel-Bandverletzung.

Bandscheibenschaden - Nachweis des Unfalls als überwiegende Ursache
LG Arnsberg
Lagen beim Versicherten drei ältere Bandscheibenvorfälle vor und erlitt dieser eine weiteren Bandscheibenvorfall, als er auf schneebedecktem Boden ins Rutschen geriet und sich durch reflexartige Bewegung noch an einem Brückengeländer festhalten und wieder aufrichten konnte, so war der Unfall nicht die überwiegende Ursache. Die unfallbedingte Zerrung der Lendenwirbelsäule und der Muskulatur ist nicht geeignet, eine gesunde Bandscheibe nachhaltig zu schädigen. Eine unmittelbar nach dem Unfall durchgeführte Kernspintomographie zeigte keine Schäden auf, die durch den Unfall selbst ausgelöst worden sein könnten, vielmehr hätte es nach Feststellung des medizinischen Sachverständigen auf Grund der Vorschäden sowie der Verschleiß- und Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule jederzeit auch ohne ein erhebliches traumatisches Ereignis zu diesem Vorfall kommen können.

Nachweis des Unfalls als überwiegende Ursache eines Bandscheibenschadens
LG Siegen
Ist nach den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen eine breitbasige Bandscheibenprotrusion in den Segmenten L 4/5 und L 5/S 1 mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf das Ausrutschen beim Wegschieben eines Fahrzeuges auf rutschigem Untergrund zurückzuführen, so hat der Versicherungsnehmer eine überwiegend unfallbedingte Ursache für die Bandscheibenschädigungen nicht nachgewiesen.

Beweis des unfallbedingten Todes bei Sturz vom Fahrrad
LG Hannover 
Stürzte der VN beim Absteigen vom Fahrrad auf den Boden (Verletzungen: Schürfwunden am Oberarm und Oberschenkel links), übergab sich danach und verlor teilweise das Bewusstsein, klagte über Brustschmerzen und verstarb 75 Minuten nach dem Sturz und kann nach medizinischem Gutachten nicht unterschieden werden zwischen einem erlittenen Myokardininfarkt und nachfolgendem Fahrradsturz (erscheint möglich - nicht versichert) und einem Sturz mit nachfolgender Aortendissektion (nicht auszuschließen - versichert), so ist nicht bewiesen, dass der Tod Folge des Fahrradsturzes war.

Beweis des Todes durch ein Unfallereignis
LG Bochum 
Zieht sich eine ältere VN bei einem Sturz einen Oberschenkelhalsbruch zu und stirbt sie sieben Tage später an einem akuten Hinterwand-ST-Hebungs-Myokaninfarkt und ist nach medizinischer Begutachtung nicht zu klären, ob der Herzinfarkt durch den Sturz oder sturzbedingten Stress ausgelöst wurde oder andere Faktoren für den Tod ursächlich geworden sind, so ist der Eintritt des Todes als Folge des Unfalls nicht nachgewiesen.

Keine Verlängerung der ärztlichen Invaliditätsfeststellung durch Wiedereinschluss von Gesundheitsschäden wegen der Behandlung eines Unfalls
OLG Stuttgart
Der Wiedereinschluss von - grundsätzlich ausgeschlossenen - Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen, wenn die Heilmaßnahmen durch einen versicherten Unfall veranlasst worden sind, führt nicht zu einer Verlängerung der Frist der ärztlichen Invaliditätsfeststellung für den Gesundheitsschaden, der schon durch den versicherten Unfall eingetreten ist.

Ausschluss von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen in der Kinder-Invaliditätsversicherungen (ADHS)
OLG Jena
1. Eine Klausel, die Neurosen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen sowie Psychosen und Oligophrenie vom Versicherungsschutz in der Kinder-Invaliditätsversicherung ausschließt ist nicht gemäß § 305 c Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB unwirksam.
2. Eine Rückausnahmeklausel, die Beeinträchtigungen infolge einer „Erkrankung mit hirnorganischen Schäden" dem Versicherungsschutz unterstellt, ist hinreichend transparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
3. Liegen die Ursachen der bei einem Kind aufgetretenen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in multiplen psychosozialen Belastungsfaktoren, chronischer Überforderung oder massiven erzieherischen Defiziten, ist die Beeinträchtigung durch ADHS nicht durch eine hirnorganische Erkrankung bedingt und unterfällt daher der Ausschlussklausel.

 Urteile aus dem Jahr 2012


Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einer Vergewaltigung der Versicherungsnehmerin handelt es sich um reine psychische Reaktion auf ein belastendes Ereignis die nicht dem Versicherungsschutz unterfällt
OLG Köln
1. Die Vorschrift des § 2 Abs. 4 AUB 88 ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam und schließt den Versicherungsschutz für Gesundheitsbeschädigung infolge solcher psychischer Reaktionen aus, die sowohl auf Einwirkungen von außen über Schock, Schreck, Angst oder ähnliches, als auch auf unfallbedingter Fehlverarbeiten beruhen; sie ergreift jedoch nicht psychische Leiden, die auf organische Schädigungen oder Reaktion zurückzuführen sind, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den Versicherungsnehmer abhängt (BGH r+s 2004, 516).
2. Der Annahme einer psychischen Reaktion steht nicht entgegen, dass die Versicherungsnehmer bei dem Unfallereignis auch körperliche Verletzungen davongetragen hat. Bei der Abgrenzung einer Gesundheitsbeschädigung infolge psychischer Reaktionen von einem psychischen Leiden, das auf eine organische Schädigung oder Reaktion zurückzuführen ist, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die krankhafte Störung nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden kann (BGH VersR 2010, 60).
3. Wenn nach Ausführungen des Sachverständigen weder die anlässlich einer Vergewaltigung der Versicherungsnehmerin zugeführten (oberflächlichen) Schnittverletzungen mit dem Messer noch die dadurch verbliebenen Narben Ursache der psychischen Beschwerden gewesen sind, sind die psychischen Beschwerden nach dem belastenden Trauma als eine posttraumatische Belastungsstörung zu werten, die auch ohne die organischen Verletzungen eingetreten wäre. Dass es sich gerade bei einer posttraumatischen Belastungsstörung um eine rein psychische Reaktion auf ein belastendes Ereignis handelt, ist aber allgemein anerkannt.

Invaliditätsgrad bei Versteifung im Handgelenk nach den AUB 61
LG Paderborn
Ist eine Hand im Handgelenk versteift, so gilt im Rahmen der AUB 61 der für den Verlust maßgebliche Invaliditätsgrad.

Geistes- oder Bewusstseinsstörung im Sinne der AUB kann auch bei plötzlichem Schwindelanfall vorliegen
OLG Düsseldorf
Gemäß der Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUB) eines Unfallversicherers fallen Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen nicht unter den Versicherungsschutz. Eine solche Geistes- oder Bewusstseinsstörung kann vorliegen, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund einer Kreislaufschwäche oder eines plötzlichen Schwindelanfalls aus dem Fenster stürzt. Denn eine Bewusstseinsstörung i.S. dieser Bestimmung liegt auch vor, wenn es sich um eine nur kurzfristig aufgetretene gesundheitliche Beeinträchtigung handelt, die eine gebotene und erforderliche Reaktion auf eine Gefahrenlage nicht mehr zulässt.

Kein richterlicher Hinweis auf Fehlen einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung erforderlich bei ausdrücklichem Bestreiten durch den Versicherer
LG Köln
1. Die Einhaltung der ärztlichen Invaliditätsfeststellungsfrist bezieht sich nur auf den konkret attestierten Dauerschaden. Erforderlich ist die Angabe eines konkreten, die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinflussenden Dauerschadens, da nur die in der ärztlichen Invaliditätsbescheinigung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein können (vgl. BGH NJW-RR 2007, S. 977, 978). Sinn und Zweck des Erfordernisses einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung ist, schwer abklärbare und unüberschaubare Spätschäden aus der Leistungspflicht des Versicherers auszunehmen.
2. Das Vorliegen einer fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung ist Schlüssigkeitsvoraussetzung. Auch auf den entsprechenden Einwand der Beklagten in der Klageerwiderungsschrift hat der Kläger hierzu nicht weiter vorgetragen. Daher ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der über das Leistungsprüfungsverfahren hinaus geltend gemachten Beeinträchtigungen eine fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht vorliegt.

Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik und reaktiver Depression nach einem Unfall sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen
LG Köln
Eine behauptete Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik und reaktiver Depression unterfällt der Ausschlussklausel in Ziff. 5.2.1 AUB und ist daher im Rahmen des Anspruchs auf Invaliditätsleistung nicht zu berücksichtigen.

Entbehrlichkeit eines gerichtlichen Gutachtens bei Vorlage eines qualifizierten Privatgutachtens durch den Versicherer
LG Köln
1. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ausnahmsweise entbehrlich sein kann, wenn eine Partei ein außergerichtlich von ihr eingeholtes Gutachten vorgelegt hat. Ein solches Privatgutachten kann als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiierten Parteivortrags zuverlässig beantwortet werden kann (OLG Köln, Urt. v. 22.03.2000 - Az. 5 U 218/99, VersR 2001, S. 755 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 11.05.1993 - Az. VI ZR 243/92, NJW 1993, S. 2382 f.; Urt. v. 28.07.2004 - Az. 5 U 2/04, VersR 2005, S. 679).
2. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Privatgutachter sachkundig und unabhängig ist, seine Feststellungen erschöpfend, nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind und die gegnerische Partei keine substantiierten Einwendungen gegen die gutachterlichen Feststellungen vorbringt (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2005 - Az. 5 W 92/05, OLGR Köln 2006, S. 58 ff.).

Die Formulierung eine Gesundheitsschädigung „ist absehbar" beinhaltet keine ärztliche Invaliditätsfeststellung
LG Köln
1. Zwar sind an die bedingungsgemäß erforderliche ärztliche Invaliditätsfeststellung keine hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl enthalten Aussagen, wonach eine Invalidität in Zukunft voraussichtlich festgestellt werden kann, wie etwa „mit einem Dauerschaden ist zu rechnen" oder „ein Dauerschaden ist zu erwarten", keine Feststellung der Invalidität (vgl. Grimm, Unfallversicherung, 4. Aufl. 2006, AUB 99 Nr. 2 Rn. 11 m. w. N.).
2. Eine derart unsichere Aussage ist in dem Arztbericht vom 03.12.2009 jedoch getroffen worden. Dort wird lediglich ausgeführt, dass absehbar sei, dass die Klägerin ihre letzte berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können werde, da hierzu die aktuellen kognitiven, sprachlichen und emotionalen Fähigkeiten auch vermutlich längerfristig nicht ausreichend seien. Die Formulierung „(etwas) ist absehbar" beinhaltet gerade keine Feststellung einer gegenwärtigen Tatsache im Beurteilungszeitpunkt, sondern stellt lediglich eine Einschätzung bezogen auf die Zukunft dar. Die Unsicherheit der Prognose ist zudem durch die Verwendung des Begriffs „vermutlich" verstärkt

Keine Entbehrlichkeit einer rechtzeitigen Invaliditätsfeststellung bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma
LG Köln
1. Ausnahmsweise können Befunde als ärztliche Feststellung gelten, wenn sie so eindeutig sind, dass sie für sich selbst sprechen; dies ist etwa beim Vorliegen einer Querschnittslähmung, bei bestimmten Gehirnschäden oder unfallbedingten Glied- oder Organverlusten anzunehmen (Grimm, a. a. O.). Erforderlich ist eine hinreichende Erkennbarkeit der Eindeutigkeit bzw. invaliditätsbezogenen Relevanz des Befundes nach außen. Für einen objektiven und medizinisch ungeschulten Betrachter muss auf den ersten Blick erkennbar sein, dass der Befund mit einer Invalidität im Sinne der maßgeblichen Unfallversicherungsbedingungen gleichbedeutend ist.
2. Im Hinblick auf Schädigungen des Gehirns kommt dies nur bei schwersten Hirnschäden mit äußerlich erkennbarem Verlust bzw. deutlicher Beeinträchtigung der Hirnfunktionen, wie etwa Zustand nach sauerstoffmangelbedingtem Hirnschaden mit Wachkoma, in Betracht.
3. Diese Voraussetzungen sind hier auch in Ansehung der schweren Verletzungen der Klägerin und der Diagnostizierung insbesondere eines schweren Schädel-Hirn-Traumas nicht erfüllt. Selbst bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma ist ein irreversibler dauernder Gesundheitsschaden nicht mit der erforderlichen Erkennbarkeit nach außen indiziert. Dabei ist auch die konkrete, grundsätzlich positive Entwicklung des Gesundheitszustands der Klägerin zu berücksichtigen.
4. Das seitens der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten zu der Frage, ob das diagnostizierte Schädel-Hirn-Trauma zwingend einen irreversiblen und dauernden Gesundheitsschaden nach sich zieht, war nicht einzuholen. Denn bei der Frage, ob Befunde (von außen erkennbar) so eindeutig sind, dass sie eine ärztliche Invaliditätsfeststellung entbehrlich machen, handelt es sich um eine rechtliche Wertung.

Das Tragen zweier 35kg schwerer Kanister stellt keine Einwirkung von Außen dar
OLG Hamm
1. Das Anheben von zwei je 35kg schweren Kanistern bzw. die dabei aufgewandte Kraftanstrengung stellt durchaus ein Ereignis im Sinne der AUB dar, weil es sich dabei um einen dynamischen Vorgang handelt. Ein Ereignis ist in jeglichem Geschehensablauf zu sehen, durch den ein bestehender Zustand verändert wird (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 25). Auch wirkte dieses Ereignis auf den Körper des Klägers ein, weil die Schwerkraft der Kanister einen von ihm körperlich zu überwindenden Widerstand darstellte.
2. Allerdings ist die vom Kläger aufgewandte Kraftanstrengung zur Überwindung der Schwerkraft der Kanister nicht als ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis im Sinne des Unfallbegriffs zu qualifizieren.Ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis liegt - in Abgrenzung zu innerorganischen Vorgängen - vor, wenn Kräfte auf den Körper der versicherten Person einwirken, die außerhalb des Einflussbereichs des eigenen Körpers liegen. Mit der Begrenzung auf von außen wirkende Ereignisse soll die private Unfallversicherung auf Vorgänge beschränkt werden, deren schädliche Wirkungen nicht auf Eigenschaften und Handlungsweisen des Betroffenen selbst beruhen, sondern jeden, unabhängig davon, in einer Weise treffen, die gleichsam jedermann widerfahren kann. Die Auswirkungen rein innerkörperlicher Vorgänge wie etwa eines Herzinfarktes oder einer Gehirnblutung sollen nicht von der Unfallversicherung abgedeckt werden (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 40). Nur dann, wenn der innerkörperliche Vorgang - wie hier die Gehirnblutung - seinerseits auf einem von außen wirksamen Ereignis beruht, ist deshalb ein Unfall anzunehmen.
3. An einer solchen von außen auf den Körper des Klägers einwirkenden Kraft im Sinne eines Ereignisses fehlt es hier. Insoweit kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die außerhalb seines Körpers wirksame Schwerkraft der Kanister auf ihn eingewirkt habe, als er sie anhob und transportierte und zu ihrer Überwindung eine entsprechende Körperkraft aufwenden musste. Die Schwerkraft der Kanister stellt kein Unfallereignis dar. Ihr fehlt jedes dynamische Element, das dem Ereignisbegriff innewohnt, weil sie ganz unabhängig von jeglicher menschlicher (oder sonstiger) Einwirkung aufgrund der Naturgesetzlichkeit existiert. Die Schwerkraft entfaltete im Hinblick auf den Körper des Klägers erst dann ihre Wirkung, als er versuchte, sie durch Aufbietung eigener Muskelkraft zu überwinden. Diese Kraftanstrengung bleibt ein innerer Vorgang, solange der Gegenstand einfaches Objekt der Bemühungen ist (BGH VersR 1989, 73; VersR 1988, 242; Senat VersR 1995, 774).
4. Eigene Bewegungen und Anstrengungen des Verletzten können nur dann Unfälle bewirken, wenn sie nicht gänzlich willensgestört ablaufen und im Ergebnis die Gesundheitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren (störenden) Einwirkung ausgelöst haben (Senat, VersR 1999, 44, Juris-Rdn. 4; OLG Frankfurt, RuS 2009, 32, Juris-Rdn. 27). Maßgeblich ist dabei die Bewegungsstörung von außen, die Bewegung muss anders verlaufen oder enden als geplant, ansonsten fehlt es an einem „von außen" auf den Körper einwirkenden Ereignis. In Fällen, in denen die versicherte Person eine normale Bewegung vollständig plan- und willensgemäß ausführt, aber ungewollt eine Beeinträchtigung erleidet, fehlt es so an einer Einwirkung von außen (Prölss/Martin/Knappmann, VVG 28. Aufl. 2010, § 178, Rdn. 4; Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 64, 65, 67; OLG Dresden, RuS 2008, 432, Juris-Rdn. 3; OLG Koblenz, VersR 2004, 504, Juris-Rdn. 13).

Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung der Klägerin durch verspätete Anzeige des Unfalls (hier: mehr als 2 Jahre nach dem Unfall)
LG Köln
1.Gemäß § 9 I. AUB 88 ist der Versicherungsnehmer nach einem voraussichtlich eine Leistungspflicht herbeiführenden Unfall verpflichtet, unverzüglich - d. h. ohne schuldhaftes Zögern - den Versicherer zu unterrichten.
2. Diese Obliegenheit hat die Klägerin zumindest grob fahrlässig verletzt, indem sie den Unfall vom 07.10.2008 und die daraus resultierenden Gesundheitsschäden erst am 27.12.2010 bei der Beklagten gemeldet hat.
3. Die Verwendung des Begriffs „voraussichtlich" gestattet es dem Versicherungsnehmer nicht, die Anzeige bis zur völligen Klarheit über die Unfallfolgen hinauszuzögern; die Grenze der Unverzüglichkeit ist vielmehr dann überschritten, wenn der Versicherte dem Versicherer erst nach langer Zeit einen Unfall meldet, obwohl er während dieser Zeit aufgrund dauernder und sich nicht bessernder Beschwerden und Schmerzen in ärztlicher Behandlung war (OLG Köln 21.12.2007 - 20 U 167/07, zitiert nach Juris, Rn. 8).
4. Im Rahmen des § 10 AUB 88 wird vermutet, dass die Obliegenheitsverletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 10 AUB 94 Rn. 3). Die Verschuldensvermutung ist von der Klägerin nicht entkräftet worden. Anhaltspunkte für ein fehlendes Verschulden sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Grobe Fahrlässigkeit ist bereits dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer einfachste und naheliegende Überlegungen nicht anstellt und dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall hätte einleuchten müssen (OLG Köln 21.12.2007, a. a. O.).
5. Bei lediglich grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung verbleibt gemäß § 10 S. 2 AUB 88 zwar eine Leistungspflicht des Versicherers, soweit die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Unfalles noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat. Hinreichende Anhaltspunkte für den Kausalitätsgegenbeweis sind von der darlegungsbelasteten Klägerin jedoch weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Eine - wie hier - erheblich verspätete Unfallanzeige ist in der Regel ursächlich, da jeder längere Zeitablauf eine Verringerung der Möglichkeit zur objektiven Feststellung der Schadensursachen bedeutet (OLG Köln 21.12.2007, a. a. O.; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Nr. 8 AUB 2008 Rn. 6).
6. Dass die Beklagte sich in treuwidriger Weise auf die Obliegenheitsverletzung beruft, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 27.01.2011 (Bl. 70 f. d. A.) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine unverzügliche Anzeige des Unfalls nicht erfolgt sei. Ein - ggf. konkludenter - Verzicht auf den Einwand der verspäteten Unfallanzeige ist weder diesem Schreiben zu entnehmen noch in der Folge erklärt worden. Es verstößt nicht gegen § 242 BGB, wenn der Versicherer danach eine Entschädigungspflicht verneint und sich im Prozess erneut auf die Verfristung beruft (OLG Köln 21.12.2007, a. a. O.).

Der bedingungsgemäß vorgesehene Verlust des Nachbemessungsrechts der Beklagten infolge fehlender Rechtsausübung gemäß § 11 IV Satz 2 AUB 94 kann aus Sicht des redlichen Versicherungsnehmers nur dazu führen, dass die Beklagte nunmehr mit dem Einwand einer Verbesserung gegenüber der Erstbemessung ausgeschlossen ist
LG Berlin
1. Geht ein Versicherungsnehmer bereits vor Ablauf der Neufeststellungsfrist gegen die Ablehnung seiner Ansprüche im Klagewege vor, so kann er im Regelfall nicht länger erwarten, sein Versicherer werde dennoch außerprozessual die nur bei entsprechendem Verlangen einer Vertragspartei in den AUB 61 vorgesehene Neufeststellung in die Wege leiten. Vielmehr gehen die Prozeßbeteiligten dann typischerweise davon aus, daß der Streit insgesamt in dem vor Fristablauf eingeleiteten Prozeß ausgetragen werden soll einschließlich etwaiger weiterer Invaliditätsfeststellungen. Für diese Fälle bleibt im Regelfall der in den §§ 13 Abs. 3a und 15 II Abs. 6a Satz 2 AUB 61 getroffenen Regelung damit Rechnung getragen, daß bei der Entscheidung des Gerichts wie in den ihr zugrunde gelegten Begutachtungen des Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers nur Tatsachen Berücksichtigung finden dürfen, die bis zum Ablauf der Drei-Jahres-Frist erkennbar geworden sind. Dem kann der Versicherungsnehmer unter den genannten Umständen nicht mit Erfolg entgegenhalten, die in den AUB 61 vorgesehene Begutachtungsfrist sei ungenutzt abgelaufen, denn hierzu hat gerade er selbst maßgeblich beigetragen.
2. Die Kammer hält diese Fallgruppe hier für einschlägig, da bei Anhängigkeit der Klage (04.01.2009) - nach Ablehnung weiterer Ansprüche - die erst am 2. Juni 2010 ablaufende Dreijahresfrist noch nicht abgelaufen war und daher die "Prozeßbeteiligten dann typischerweise davon ausgehen, daß der Streit insgesamt in dem vor Fristablauf eingeleiteten Prozeß ausgetragen werden soll einschließlich etwaiger weiterer Invaliditätsfeststellungen", wobei hierzu nur "die Tatsachen Berücksichtigung finden dürfen, die bis zum Ablauf der Drei-Jahres-Frist erkennbar geworden sind". Dabei ist die Nichtausübung des Nachbemessungsrechts durch die Beklagte zugleich mit deren Erstbemessung (§ 11 IV Satz 2 AUB 94) nach der angeführten BGH-Entscheidung ausdrücklich unerheblich, weil es eines Neufestsetzungsverfahrens nicht bedarf.
3. Die Regelung des § 188 VVG steht nicht entgegen; ihr Wortlaut entspricht im
4. Soweit der Kläger anmerkt, dass nach der Bedingungslage jedenfalls die Beklagte sich nicht mehr auf die Dreijahresfrist berufen kann, weil sie die dazu nötige Rechtsausübung gemäß § 11 IV Satz 2 AUB 94 nicht zugleich mit ihrer Erstbemessung vorgenommen hat, greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn die Beklagte hatte für eine entsprechende Rechtsausübung gar keine Veranlassung, wenn sie sich an ihre Erstbemessung gemäß Schreiben vom 9. April 2009 mit 2/10 Handwert auch für den Drei-Jahreszeitraum binden möchte. Der bedingungsgemäß vorgesehene Verlust des Nachbemessungsrechts der Beklagten infolge fehlender Rechtsausübung gemäß § 11 IV Satz 2 AUB 94 kann aus Sicht des redlichen Versicherungsnehmers nur dazu führen, dass die Beklagte nunmehr mit dem Einwand einer Verbesserung gegenüber der Erstbemessung ausgeschlossen ist. Der Verlust kann aber nicht dazu führen, dass die Beklagte, die sich an ihre Erstbemessung festhalten lassen möchte, mit dem Einwand der Heilung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die gerichtliche Betrachtung des Ein-Jahreszeitraums zu einem höheren Invaliditätsgrad als die Erstbemessung führen würde.

Ohne ausdrücklichen Vorbehalt ändert das Verlangen eines weiteren ärztlichen Attests nicht an einem Anerkenntnis des Versicherers
OLG Karlsruhe
1. Ein sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO kommt im Prozess nicht mehr in Betracht, wenn der Versicherer vorprozessual den fälligen Betrag trotz Aufforderung des Versicherungsnehmers nicht gezahlt hat.
2. Erklärt der Unfallversicherer „anerkennen wir unsere Leistungspflicht", wird die Leistung gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 AUB 88 fällig. Der Umstand, dass der Unfallversicherer im selben Schreiben noch ein weiteres ärztliches Attest vom Versicherungsnehmer verlangt, ändert an den Wirkungen des Anerkenntnisses nichts, wenn dieses keinen ausdrücklichen Vorbehalt enthält.

Kommen mehrere Ursachen für eine Hirnblutung in Betracht, streitet zugunsten des Versicherungsnehmers bzw. des Bezugsberechtigten kein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Tod infolge von sturzbedingten Verletzungen eingetreten ist
AG Bad Segeberg
1. Ist bei einem Versicherungsvertrag, der vor dem 1. Januar 2008 geschlossen worden ist, der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 2008 eingetreten, ist der zeitliche Anwendungsbereich des § 215 Abs. 1 VVG unabhängig davon eröffnet, ob Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG zur Anwendung kommen oder nicht.
2. Sehen die Versicherungsbedingungen für den Fall einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vor, dass bei einer grob fahrlässig begangenen Obliegenheitsverletzung nur bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Vorschrift die Leistungspflicht des Versicherers bestehen bleibt und im Übrigen vollständig entfällt, sind die Versicherungsbedingungen insoweit wegen Verstoßes gegen den wesentlichen Grundgedanken des § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam; macht der Versicherer von der ihm in Art. 1 Abs. 3 EGVVG eingeräumten Möglichkeit zur Anpassung seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen keinen Gebrauch, bleibt es bei der sich aus dem Gesetz ergebenden Unwirksamkeit (Anschluss an BGH, Urt. v. 12. Oktober 2011, IV ZR 199/10).
3. Wird in den Versicherungsbedingungen der Unfall dahingehend definiert, dass ein solcher vorliegt, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet und sehen die Versicherungsbedingungen in einer gesonderten Regelung weiter vor, dass der Versicherungsschutz für Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen ausgeschlossen ist, sofern nicht ein unter den Vertrag fallendes Unfallereignis die überwiegende Ursache ist, handelt es sich hierbei insgesamt um eine objektive primäre Risikobeschreibung und nicht um einen Risikoausschluss bzw. eine verhüllte Obliegenheit, für welche der Versicherer beweispflichtig wäre.
4. Macht ein Bezugsberechtigter Ansprüche aus einer Unfallversicherung geltend, hat er einen Sachverhalt zu beweisen, der seinem äußeren Erscheinungsbild nach den Schluss auf das Vorliegen eines Unfalls i.S. der Versicherungsbedingungen zulässt; der Versicherungsnehmer ist beweispflichtig dafür, dass es zu einem Unfalltod gekommen ist. Steht fest, dass infolge eines Sturzes eine zum Tode führende Verletzung eingetreten ist, muss der Versicherungsnehmer nicht auch die Einzelheiten des Unfallherganges und deren Ursachen beweisen, vielmehr ist insoweit der Versicherer beweispflichtig, wenn er sich auf die Ursächlichkeit eines nicht versicherten Umstandes beruft. Ist dagegen streitig, ob sich der Versicherungsnehmer infolge eines Sturzes eine zum Tode führende Kopfverletzung zugezogen hat, ist der Versicherungsnehmer bzw. der Bezugsberechtigte beweisbelastet hierfür.
5. Kommen mehrere Ursachen für eine Hirnblutung in Betracht, streitet zugunsten des Versicherungsnehmers bzw. des Bezugsberechtigten kein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Tod infolge von sturzbedingten Verletzungen eingetreten ist.

Erklärt der Unfallversicherer "anerkennen wir unsere Leistungspflicht", wird die Leistung sofort fällig
OLG Karlsruhe
1. Ein sofortiges Anerkenntnis i. S. v. § 93 ZPO kommt im Prozess nicht mehr in Betracht, wenn der Versicherer vorprozessual den fälligen Betrag trotz Aufforderung des Versicherungsnehmers nicht gezahlt hat.
2. Erklärt der Unfallversicherer "anerkennen wir unsere Leistungspflicht", wird die Leistung gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 AUB 88 fällig (vgl. auch die entsprechende Regelung in Nr. 9.2 AUB 08). Der Umstand, dass der Unfallversicherer im selben Schreiben noch ein weiteres ärztliches Attest vom Versicherungsnehmer verlangt, ändert an den Wirkungen des Anerkenntnisses nichts, wenn dieses keinen ausdrücklichen Vorbehalt enthält.

Anspruch auf Zahlung von Invaliditätsleistungen aus der Unfallversicherung, Bemessung des Gesamtinvaliditätsgrads
LG Dortmund
1. Der Invaliditätsgrad für den Verlust einer Hand im Handgelenk bemisst sich nach § 8 Abs. 2 AUB/Signal mit 55 %. Wird unter Berücksichtigung der "Gelenksrechtsprechung" des BGH allein auf das Gelenk abgestellt, berechnet sich der Invaliditätsgrad der Hand mit 38,5 % (70 % von 55 %). Soweit der Sachverständige die Restfunktion des Handgelenks mit 30 % festgestellt hat, bemisst sich der Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung weiterer 20 % für die allgemeine Invalidität auf insgesamt 50 %.
2. Weitergehende Leistungsansprüche folgen nicht aus dem Eingreifen der Progression, wenn die Progression nach den Vertragsbedingungen nur bei einem Unfall greift, der sich vor der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ereignet und der Versicherte den Unfall erst weit nach Vollendung des 65. Lebensjahres erlitten hat.
3. In der Übersendung von jeweiligen Dynamiknachträgen sowie eines Nachtrags zum Versicherungsschein ist kein Angebot des Versicherers zu sehen, die Progression nunmehr auch bei Unfällen nach Vollendung des 65. Lebensjahres eingreifen zu lassen, wenn Anlass zur Übersendung des Nachtrags zum Versicherungsschein der Dynamiknachtrag war und mithin eine Änderung ausdrücklich nur in Bezug auf die Prämie und Versicherungssumme erfolgen sollte.

Annahme einer Bewusstseinsstörung bei nächtlichen Sturz aus dem Fenster
OLG Düsseldorf
1. Gemäß § 2 I. (1) der Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUB) der Beklagten fallen Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen nicht unter den Versicherungsschutz.
2. Eine Bewusstseinsstörung im Sinne der Ausschlussklausel setzt nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus, es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen, die also den Versicherten außer Stande setzen, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen. Ob eine Bewusstseinsstörung in diesem Sinne vorgelegen hat, hängt damit sowohl vom Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit als auch von der konkreten Gefahrenlage ab, in der sich die Klägerin als Versicherte befunden hat. Um dies zu beurteilen ist eine fallbezogene Betrachtung erforderlich. Dabei ist eine Bewusstseinsstörung im vorbeschriebenen Sinne nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass der entsprechende Zustand nur einige Sekunden gedauert hat. Denn auch eine solche nur kurzzeitige gesundheitsbedingte Störung der Aufnahme- und Gegenwirkungsmöglichkeit kann geeignet sein, dem Versicherten die Fähigkeit zu nehmen, die konkrete Gefahrenlage, in der er sich befindet, zu beherrschen (BGH NJW 2008, 3644 Rn. 3; OLG Hamm, RuS 2009, 30 Rn. 41 f.).
3. Damit ist unter einer Bewusstseinsstörung auch eine kurzfristig aufgetretene gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine gebotene und erforderliche Reaktion auf eine Gefahrenlage nicht mehr zulässt, zu verstehen, wie eine vorübergehende Kreislaufreaktion („Schwarz vor Augen werden") oder ein plötzlicher Schwindelanfall (OLG Hamburg, RuS 2007, 386 Rn. 4). Ob hiernach eine Bewusstseinsstörung vorliegt, ist aus dem Verhalten des Versicherten vor dem Unfall, seiner allgemeinen konstitutionellen Veranlagung und auch aus dem Unfallhergang selbst zu folgern (vgl. Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, Nr. 5 AUB 2008 Rn. 7).
4. Wenn die Klägerin nach ihrem Vortrag, in der Nacht aufgrund der wetterbedingten Hitze im Bett aufgewacht sei, Übelkeit verspürt und sich benommen gefühlt und deshalb dazu entschlossen habe, an das lediglich gekippte Fenster zu gehen, um es zu öffnen und sie sich nicht mehr daran erinnern kann, was nach dem Öffnen des Fensters passiert sei, ist davon auszugehen, dass sie aufgrund einer Kreislaufschwäche oder eines plötzlichen Schwindelanfalls aus dem Fenster gestürzt ist.
5. Ein anderer Grund für den Sturz wird von der Klägerin nicht genannt. Sie trägt im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (vgl. OLG Hamburg, RuS 2007, 386 Rn. 7; OLG Hamm, RuS 2009, 30 Rn. 53) auch keine Umstände vor, die eine äußere Ursache für den Sturz plausibel erscheinen lassen. Vielmehr ist es einzig lebensnah, dass die Klägerin wegen kurzzeitiger Kreislaufprobleme aus dem Schlafzimmerfenster gefallen ist. Denn abgesehen davon, dass eine andere Ursache weder vorgetragen noch ersichtlich ist, trägt die Klägerin selber vor, dass ihr übel gewesen sei und sie sich benommen gefühlt habe. Ihr augenblicklicher Körperzustand war demnach schon beeinträchtigt und der Grund dafür, dass sie frische Luft in das Schlafzimmer lassen wollte. Auch wenn sie nicht aus dem Bett gefallen sein sollte, spricht dies deutlich dafür, dass sie jedenfalls am Fenster kurzzeitig eine Kreislaufstörung oder einen Schwindelanfall erlitten hat.
6. Für die nach § 286 BGB erforderliche Überzeugungsbildung reicht der hier vorliegende für das praktische Leben brauchbare Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen; eine jede andere Möglichkeit ausschließende absolute Gewissheit ist nicht erforderlich. Eine Beratung durch einen medizinischen Sachverständigen braucht der Senat dabei nicht. Zum einen liegen die aus den Angaben der Klägerin gezogenen Schlussfolgerungen bereits für einen medizinischen Laien mit Lebenserfahrung auf der Hand. Zum anderen hat der im Schwerpunkt mit Versicherungssachen befasste Senat auch aus einer Reihe von Unfallversicherungsprozessen, in denen medizinische Gutachten zu komplexeren Fragen der Ursächlichkeit von Bewusstseinsstörungen für einen Unfall eingeholt wurden, ebenso die erforderliche Sachkunde gezogen wie aus der Verfolgung der einschlägigen Rechtsprechung.

Berufung eines Unfallversicherers auf einen Fristablauf kann rechtsmissbräuchlich sein
OLG Naumburg
1. Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben dann nicht auf die Ausschlussfrist nach Ziffer 2.1.1.1 Satz 2 AUB 99 berufen, wenn er nach selbst eingeholten ärztlichen Auskünften eine anspruchsbegründende Invalidität für möglich erachtet und es verabsäumt, den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass sein rechtzeitig eingereichtes ärztliches Attest nicht den Anforderungen einer Invaliditätsfeststellung nach Ziffer 2.1.1.1 AUB 99 entspricht.
2. Gegen die Glaubhaftigkeit einer Unfallschilderung des Versicherungsnehmers kann bereits ein mehrfach wechselhafter Vortrag hierzu sprechen.
3. Ein bedingungsgemäßer Unfall scheidet dann aus, wenn eine pflegebedürftige, umzubettende Person beim Anheben zwar unerwartet den Kopf wegdreht, aber das anschließende gesundheitsschädigende Umgreifen des Versicherungsnehmers nicht unkontrolliert erfolgt, sondern auf einem bewussten Willensentschluss beruht.

Auffangen eines Kartons, Bandscheibenschaden ohne Wirbelkörperverletzung
OLG Düsseldorf
1. Will der Versicherungsnehmer einen von einem Handwagen rutschenden Karton auffangen und verhebt er sich dabei, so ist eine dabei erlittene Rückenverletzung nicht unfallbedingt, denn der Gesundheitsschaden ist durch eine Eigenbewegung und nicht äußere Einwirkung entstanden.
2. Nur ein gravierendes, mit erheblicher äußerer Gewalteinwirkung auf die Wirbelsäule verbundenes Trauma ist geeignet, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule zu verursachen, wenn an den Bandscheiben nicht zuvor bereits ganz erhebliche degenerative oder sonstige Vorschäden vorlagen. Ein solches Trauma geht in der Regel mit knöchernen Begleitverletzungen der Wirbelkörper oder zumindest Verletzungen der die Wirbelkörper umgebenden Strukturen, etwa der anliegenden Weichteile oder des Bänderapparats, einher.

Ohne ausdrücklichen Vorbehalt ändert das Verlangen eines weiteren ärztlichen Attests nicht an einem Anerkenntnis des Versicherers
OLG Karlsruhe
1. Ein sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO kommt im Prozess nicht mehr in Betracht, wenn der Versicherer vorprozessual den fälligen Betrag trotz Aufforderung des Versicherungsnehmers nicht gezahlt hat.
2. Erklärt der Unfallversicherer „anerkennen wir unsere Leistungspflicht", wird die Leistung gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 AUB 88 fällig. Der Umstand, dass der Unfallversicherer im selben Schreiben noch ein weiteres ärztliches Attest vom Versicherungsnehmer verlangt, ändert an den Wirkungen des Anerkenntnisses nichts, wenn dieses keinen ausdrücklichen Vorbehalt enthält.

Kein Unfall nach Umknicken beim Aufstehen von einer Toilettenschüssel
LG Köln
1. Wer Ansprüche aus einer Unfallversicherung geltend macht, muss darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass ein Unfallereignis unfreiwillig durch äußere Umstände herbeigeführt worden ist.
2. Ungeschickte Körperbewegungen, die als solche eine Gesundheitsschädigung herbeiführen und normale Eigenbewegungen, die durch sich selbst zu einer Gesundheitsschädigung führen, sind kein von außen wirkendes Ereignis (hier: Umknicken beim Aufstehen von einer Toilettenschüssel).

Nachweis einer Borreliose-Erkrankung nach Zeckenstich
OLG Koblenz
1. Werden beim Versicherten positive Borrelien-Antikörpertiter festgestellt, so kann aus medizinischer Sicht daraus noch nicht auf eine chronische, klinisch manifestierte Borrelieninfektion geschlossen werden, denn derartige Antikörpertiter kommen bei etwa 10 bis 20% (in einzelnen Regionen über 20%) der allgemeinen Bevölkerung ohne klinische Symptomatik vor.
2. Zeigt eine Liquoruntersuchung eine normale Zellzahl und keine Antikörperproduktion im Liquorraum auf, so sind damit keine Diagnosekriterien der Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie festgestellt, nach denen das Vorliegen einer Borreliose mit neurologischen Symptomen wahrscheinlich oder gesichert ist. Voraussetzung einer solchen Feststellung ist ein Nachweis von entzündlichen Veränderungen im Nervenwasser (Liquor) und von dort vorhandenen Borrelien-Antikörpern. Haben diverse durchgeführte Antibiotikatherapien zu keiner dauerhaften Besserung der Symptome geführt, so spricht dies zusätzlich gegen einen kausalen Zusammenhang der Beschwerden des Versicherten (Leistungsknick, Abgeschlagenheit, Schmerzsyndrom in verschiedenen Muskeln) mit einer Borrelieninfektion.

Unfall-Krankenhaustagegeldversicherung kann wirksam auf Inanspruchnahme 90 Tage nach Unfall beschränkt werden
OLG Köln
Die Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Unfall-Krankenhaustagegeldversicherung, dass diese nur eintrittspflichtig ist, wenn der Krankenhausaufenthalt innerhalb von 90 Tagen nach dem Unfall beginnt, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Eine solche Klausel dient erkennbar dem mit zunehmendem zeitlichem Abstand vom Unfallereignis immer schwerer feststellbaren Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Krankenhausaufenthalt. Die kaufmännische Entscheidung, insoweit den Versicherungsschutz zu begrenzen, bleibt dem Versicherer überlassen, ohne dass damit eine Aushöhlung des Versicherungsschutzes verbunden wäre.

Nachweis einer Einwirkung von Außen bei Tod nach Milzruptur
OLG Karlsruhe
Kommt es infolge einer Milzruptur zum Tode des Versicherten und kann die Ursache der Primärverletzung sowohl eine ruckartige Bewegung des Armes als auch ein dem nachfolgenden Abrutsch- und Auffangvorgang sein, sind die Voraussetzungen des Unfallbegriffs nicht bewiesen.

Fristenregelung in den AUB 2002 zur rechtzeitigen ärztlichen Invaliditätsfeststellung und zur Geltendmachung der Invalidität ist wirksam
BGH
Die Fristenregelung in den AUB 2002 Nr. 2.1.1.1, nach der die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und geltend gemacht sein muss, genügt auch unter Berücksichtigung des vorangestellten Inhaltsverzeichnisses den Anforderungen des Transparenzgebots.

Beauftragt der Versicherer einen Gutachter mit der Begutachtung eines rechtzeitig festgestellten und geltend gemachten Dauerschadens, ist es ihm nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Nichteinhaltung der Fristen zu berufen, wenn der Gutachter über den Gutachterauftrag hinaus belastende Erhebungen zu Gesundheitsbeeinträchtigungen vornimmt, für die die vorgenannten Fristen nicht gewahrt wurden - ein Gutachterexzess ist dem Versicherer nicht zuzurechnen
BGH
1. Nur in Ausnahmefällen ist es dem Versicherer verwehrt, sich auf eine Fristversäumnis zu berufen. Der Senat hat dies in einem Fall angenommen, in dem es ebenfalls um die 15-Monatsfrist in Unfallversicherungsbedingungen ging und in denen der Versicherer den Versicherungsnehmer noch nach Fristablauf zu einer „Reihe von ärztlichen Untersuchungen und Explorationen" veranlasst hatte, „die sich größtenteils auch auf neurologischem und psychiatrischen Gebiet bewegten und ... mit erheblichen körperlichen und seelischen Unannehmlichkeiten verbunden waren" (Urteil vom 28.06.1978 - IV ZR 7/77). In einer späteren Entscheidung hat er bestätigt, dass es sich dabei um einen Ausnahmefall handelt, der im dort entschiedenen Fall nicht in Betracht komme (BGHZ 130, 171). Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nennt als Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit des Einwands ebenfalls dem Versicherten vom Versicherer zugemutete „Untersuchungen mit erheblichen körperlichen und seelischen Unannehmlichkeiten", „beschwerliche ärztliche Diagnosemaßnahmen" oder „umfangreiche Untersuchungen mit belastenden Eingriffen", die der Versicherte verweigert hätte, wenn er mit einer Anspruchsablehnung wegen Fristversäumnis hätte rechnen müssen (OLG Hamm, VersR 1992, 1255; OLG Karlsruhe, VersR 1998, 882; OLG Frankfurt, OLGR 2001, 221).
2. Dass ein Sachverständiger den ihm erteilten Auftrag überschritten hat, kann eine Treuwidrigkeit des Versicherers nicht begründen. Insoweit kann dahinstehen, ob er gegenüber dem Versicherten den Eindruck erweckt hat, mit einer weitergehenden Untersuchung beauftragt zu sein. Ein solches Verhalten müsste sich der Versicherer nicht zurechnen lassen. Der vom Versicherer mit einer medizinischen Untersuchung und Begutachtung beauftragte Sachverständige ist weder sein Vertreter noch sein Erfüllungsgehilfe bei der Bearbeitung und Regulierung der versicherungsvertraglichen Ansprüche, weil er insoweit nicht mit der Wahrnehmung dem Versicherungsnehmer gegenüber zum Erfüllen der Vertragspflichten betraut ist. Außerdem setzt ein auf § 242 BGB gestützter Rechtsverlust eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen voraus, die nicht nur auf den Empfängerhorizont des Vertragsgegners abstellt.

Allergische Reaktion nach Nussschokoladengenuss als Unfall
OLG München
1. Der Unfallbegriff ist erfüllt, wenn ein Allergiker nach dem Verzehr von mit Nussbestandteilen verunreinigter Schokolade verstirbt.
2. Allergiebereitschaft stellt weder eine Krankheit noch ein Gebrechen dar und kann deshalb keine Leistungskürzung rechtfertigen.

Ein auf einer nächtlichen Atemregulationsstörung beruhender Sekundenschlaf stellt eine Bewusstseinsstörung im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 dar
LG Kaiserslautern
1. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 schließt eine Leistungspflicht des Versicherers aus, wenn Unfälle durch Geistes- und Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder anderen Krampfanfälle, die den ganzen Körper des Versicherten ergreifen, verursacht werden. Da es sich bei § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 um einen Ausschlusstatbestand handelt, obliegt dem Versicherer die Beweislast für das Vorliegen einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung. Der Versicherer hat den Vollbeweis darüber zu führen, dass der Unfall auf einer Geistes- oder Bewusstseinsstörung beruhte. Allerdings sind die Anforderungen an diesen Vollbeweis nicht zu überspannen. Die im Rahmen des Vollbeweises nach § 386 ZPO erforderliche Überzeugung erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit", sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifel schweigend gebietet (BGH, VersR 2008, 1128 m.w.N.).
2. Als Bewusststeinsstörung im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 sind gesundheitliche Beeinträchtigungen in der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten anzusehen, die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen und ihn damit außer Stande setzen, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen (st. Rspr. des BGH; vgl. u.a. BGH, NJW-RR 1991, 147). Eine solche Störung liegt vor, wenn die dem Versicherten bei normaler Verfassung innewohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, sie geistig zu verarbeiten und auf sie angemessen zu reagieren, ernstlich beeinträchtigt ist (BGHZ 18, 311). Erforderlich ist keine vollkommene Bewusstlosigkeit. Vielmehr reicht es aus, wenn der entsprechende Zustand nur einige Sekunden gedauert hat (BGH, Vers. 2000, 1090).
3. Es erscheint bei verständiger Würdigung nicht nachvollziehbar, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer, der während seiner Fahrt über ein normales Wahrnehmungs- und Reaktionsvermögen verfügt, über eine längere Fahrstrecke mehrfach erhebliche Auffälligkeiten im Fahrverhalten zeigt (Überfahren eines Stoppschildes, Geraten in den Gegenverkehr, heftiges Abbremsen und Gasgeben, Kollision mit einer Leitplanke und Fortsetzen der Fahrt trotz Unfalls).
4. Es kann dahinstehen, ob die Annahme einer nicht näher bezeichneten Bewusstseinsstörung für das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 ausreicht. Hierfür spricht, dass die Ursachen einer eindeutig festzustellenden Bewusstseinsstörung häufig nicht zweifelsfrei benannt werden können. Es würde die an die Darlegungs- und Beweislast des Versicherers zu stellenden Anforderungen überspannen, wenn diesem nicht nur der Beweis einer Bewusstseinsstörung, sondern darüber hinaus die eindeutige Zuordnung von dessen Ursache abverlangt würde.
5. Die Darlegung verschiedener Risikofaktoren, die das Vorliegen einer für eine Bewusstseinsstörung ursächlichen Erkrankung wahrscheinlich erscheinen lassen, genügt auch den an die Beweislast zu stellenden Anforderungen (so auch: BGH, ZfS 2012, 338). Dies ergibt sich bereits aus dem Beweismaß, welches keine absolute Gewissheit erfordert.
6. Ein auf einer nächtlichen Atemregulationsstörung beruhender Sekundenschlaf stellt eine Bewusstseinsstörung im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 dar (so auch: LG Hannover, r+s 1997, 481). Denn es handelt sich in diesem Fall um eine auf eine krankhafte und nicht auf eine natürliche Ursache zurückführende Beeinträchtigung. Ob auch ein auf bloßer Übermüdung beruhender Sekundenschlaf als Bewusstseinsstörung im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 88 anzusehen ist, bedarf keiner Entscheidung.
7. Dafür, dass der Unfall durch eine Bewusstseinsstörung verursacht wurde, spricht auch, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, alternative Unfallursachen zu benennen, die den Unfallhergang plausibel machen würden. Denn eine Geistes- und Bewusstseinsstörung ist bereits dann als Unfallursache anzusehen, wenn es keine andere plausible Erklärung hierfür gibt (OLG Hamm, r+s 2009, 30).

Ein beim Abschlag durch den Aufprall des Balles auf den Vorderfuß eingetragener Muskelriss eines Fußballtorwarts ist durch einen Unfall hervorgerufen
OLG München
1. Verletzt sich der VN einer Unfallversicherung dadurch, dass er als Fußballtorwart beim Abschlag durch den Aufprall des Balles auf den Vorderfuß einen Muskelriss im gestreckten Bein erleidet, liegt ein von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen vor. In einem solchen Fall, in dem erst die „Kollision" des Versicherten mit der Außenwelt (hier: mit dem Fußball) die Gesundheitsbeschädigung unmittelbar herbeiführt, ist nicht zu prüfen, ob auch eine Eigenbewegung des Versicherten im Zusammenspiel mit äußeren Einflüssen als Unfall angesehen werden kann (i. A. an BGH, VersR 2011, 1135).
2. Der Umstand, dass der Abschlag selbst gewollt war, betrifft nicht die „Einwirkung von außen", sondern die von den Unfallversicherungsbedingungen weiter geforderten Merkmale „plötzlich" und „unfreiwillig". Auch ein geplanter und nach Plan ablaufender Vorgang in einer kurzen Zeitspanne ist „plötzlich"; das Merkmal „unfreiwillig" bezieht sich auf die Gesundheitsbeschädigung, nicht auf das Unfallereignis, das die Verletzung herbeiführt.

Kein Versicherungsschutz für posttraumatische Belastungsstörung selbst wenn diese zu einer hirnorganischen Schädigung führen mag
LG Köln
1. Der Ausschlusstatbestand der so genannten Psychoklausel ist erfüllt, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen dadurch eintreten, dass von Außen durch Schock, Schreck oder Angst auf die Psyche des Versicherten eingewirkt wird. Versicherungsschutz besteht also nicht, wenn es an körperlichen Traumata fehlt oder die krankhafte Störung des Körpers nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden kann, also eine psychische Fehlverarbeitung vorliegt.
2. Speziell für posttraumatische Belastungsstörungen ist anerkannt, dass es sich um Schädigungen psychogener Natur handelt und nicht auf dadurch unter Umständen erlittene psychische Verletzungen. Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich typischerweise um eine akute oder chronische psychische Störung nach einem extrem belastenden Ereignis, wie z. B. einem Unfall oder einer Katastrophe, die mit starker Furcht oder Hilflosigkeit einhergeht.
3. Zwar führt nach Auffassung des Sachverständigen jede posttraumatische Belastungsstörung auch zu hirnorganischen Schädigungen, da sich Veränderungen im Hirn ergeben würden. Diese Auffassung würde zum einen aber zu einem unlösbaren Widerspruch führen, weil dann jede posttraumatische Belastungsstörung, die gerade eine psychische Fehlverarbeitung darstellt, auch eine körperliche Schädigung darstellen würde. Der posttraumatischen Belastungsstörung ist aber immanent, dass sie eine Folge des belastenden Ereignisses selbst ist und grundsätzlich nicht eine Folge eines sich aus dem Unfall ergebenden organischen Erkrankung. Als hirnorganische Schädigungen, die nicht zum Leistungsausschluss infolge psychischer Reaktionen führen, werden zum Anderen typischerweise Gehirnerschütterungen genannt.
4. Zwar führen krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen nicht zum Ausschluss, wenn sie durch organische Schäden hervorgerufen werden, die ihrerseits zu einem psychischen Leiden führen. Die Auslegung ist jedoch so zu verstehen, dass die psychische Reaktion eine sekundäre psychische Reaktion darstellen muss, also auf den körperlichen Schäden beruht. Erst wenn feststeht, dass körperliche Schäden durch das Unfallereignis eingetreten sind, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob diese für die psychische Reaktion ursächlich sind.
5. Der Kammer erscheint eine Auslegung der Klausel, wonach es darauf ankommen soll, ob die Reaktion in Anbetracht der Schwere des Unfalls oder der eingetretenen Körperschäden gleichsam verständlich und nachvollziehbar ist und deshalb nicht alleine durch ihre psychogene Natur erklärt werden kann, nicht angezeigt. Eine solche Einschränkung lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Zu Recht wird aber in der Literatur darauf hingewiesen, dass durch die unbestimmten Rechtsbegriffe „verständlich" und „nachvollziehbar" Wertungskomponente in die Prüfung eingebracht werden, die wegen des unterschiedlichen Beurteilungsmaßstabes zu Recht zur Unsicherheit führen.

Keine Versicherungsschutz für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen
OLG Köln
Nach der Vorschrift des § 2 Abs. 4 AUB 94, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht unklar ist und einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG bzw. § 307 BGB standhält, fallen krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen gleichgültig, wodurch diese verursacht worden sind, nicht unter den Versicherungsschutz. Die Klausel erfasst Gesundheitsbeschädigungen infolge psychischer Reaktionen, die sowohl auf Einwirkungen von außen über Schock, Schreck oder Angst und ähnliches erfolgen, als auch auf unfallbedingter Fehlverarbeitung beruhen. Das heißt, der Risikoausschluss greift ein, wenn die krankhafte Störung des Körpers nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden kann. Anders liegt es bei krankhaften Störungen, die eine organische Ursache haben, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den Versicherungsnehmer abhängt.

Freigabe einer Unfallversicherung des Schuldners durch Insolvenzverwalter
OLG Koblenz
Die Freigabe einer Unfallversicherung des Schuldners aus der Masse bei gleichzeitiger Ablehnung der Fortführung durch den Insolvenzverwalter bleibt wirksam, auch wenn aufgrund späteren Unfalls erhebliche Leistungsansprüche entstehen.

Risikoausschluss „Bewusstseinsstörung beim Schlafwandeln"
OLG Bamberg
1. Der Risikoausschluss „Bewusstseinsstörung" setzt weder eine längere Dauer der Beeinträchtigung noch ein Grundleiden oder ein vorheriges Auftreten oder den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus. Es genügt eine solche gesundheitliche Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit, die dazu führt, dass der Versicherte die Gefahrenlage nicht mehr beherrschen kann, dieser also außer Stande ist, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen.
2. Das Schlafwandeln durch ein mit Mobiliar und sonstigen Einrichtungsgegenständen ausgestattetes, mit Treppen versehenes Wohnhaus ist als eine Bewusstseinsstörung im Sinne der Ziffer 5.1.1 AUB 2008 zu bewerten.

Nachforderung wegen späterer Verschlimmerung des Gesundheitsschadens nach einem gerichtlichen Vergleich
OLG Jena
Hat der Versicherungsnehmer sich zu seinem Unfallschaden (hier: sturzbedingte Schulterverletzung) mit dem Unfallversicherer verglichen, so ist ihm bei späterer Verschlimmerung seines Gesundheitsschadens ein Festhalten am Vergleich nach Treu und Glauben nur dann nicht zumutbar und kann er eine Nachforderung stellen, wenn entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich weggefallen ist oder sich geändert hat, so dass eine Anpassung an die veränderten Umstände erforderlich erscheint oder weil nachträglich erhebliche Äquivalenzstörungen in den Leistungen der Parteien eingetreten sind, die für den Geschädigten nach den gesamten Umständen des Falles eine ungewöhnliche Härte bedeuten würden.

Wirkung der Anfechtung eines Unfallversicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung über die Vorerkrankungen nur einer von mehreren vertraglich versicherten Personen
OLG Saarbrücken
Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über Vorerkrankungen einer von mehreren versicherten Personen erfasst einen Unfallversicherungsvertrag als ganzen nur dann, wenn der Versicherer ihn bei Offenbarung der Vorerkrankungen insgesamt nicht abgeschlossen hätte.

Ein Unfallereignis nur vor, wenn die intendierte Eigenbewegung infolge des Mitwirkens äußerer Umstände außer Kontrolle gerät und dadurch zu der Gesundheitsschädigung führt
OLG Karlsruhe
1. Tritt eine Verletzung als unmittelbare Folge eines Aufpralls des Körpers auf einen anderen Gegenstand ein, liegt darin der von den Bedingungen vorausgesetzte, schadensursächliche Kontakt des Körpers des Versicherten zur Außenwelt und deshalb ein von außen wirkendes Ereignis vor (BGH, VersR 2011, 1135). Kommt es dagegen schon bei einer Eigenbewegung des Versicherten selbst zu einer Gesundheitsschädigung, liegt ein Unfallereignis nur vor, wenn die intendierte Eigenbewegung infolge des Mitwirkens äußerer Umstände außer Kontrolle gerät und dadurch zu der Gesundheitsschädigung führt (OLG Nürnberg, RuS 89, 165; Grimm, AUB, 4. Aufl. 2006, AUB 99 § 1 Rn. 27). Der Ablauf oder der Abschluss der Bewegung muss von außen gestört oder behindert werden.
2. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof einen Unfall bejaht in einem Fall, in dem der Versicherte sich nach einem Fehltritt noch im Fallen infolge einer Drehbewegung unter der von ihm mitgeführten 40 kg schweren Last eine Verletzung der Wirbelsäule zugezogen hatte (BGH, NJW-RR 2009, 679). Die Gesundheitsbeschädigung war dort erfolgt, nachdem die anfänglich willensgesteuerte Eigenbewegung in ihrem weiteren Verlauf nicht mehr gezielt und für den Kläger nicht mehr beherrschbar war. Dagegen liegt kein von außen wirkendes Ereignis und damit kein bedingungsgemäßer Unfall vor, wenn die Gesundheitsbeschädigung bei einer plan- und willensgemäß ausgeführten Eigenbewegung erlitten wird (Prölls/Martin/Knappmann, a.a.O., § 178 Rn. 4; Grimm a.a.O. § 1 Rn 30).
3. Bleibt offen, ob ein Versicherungsnehmer eine Milzruptur, welche nach den Bekundungen des Sachverständigen durch jede Allerweltsbewegung verursacht werden kann, anlässlich einer gewollten ruckartigen Bewegung erlitt oder anlässlich eines dadurch im Anschluss notwendig gewordenen (ungewollten) Abrutsch-, Festhalte- und Abstützvorgang, hat der Versicherungsnehmer den ihm obliegenden Nachweis einer Einwirkung von Außen nicht geführt. Genauso wahrscheinlich ist es, dass bereits die ruckartige Drehbewegung zu der Milzruptur geführt hat. Der Versicherte hätte sich die Gesundheitsschädigung dann durch die willensgesteuerte Eigenbewegung selbst zugezogen und nicht erst durch eine durch äußere Umstände außer Kontrolle geratene Bewegung.

Bescheinigung von „persistierenden Beschwerden" stellt keine ärztliche Invaliditätsfeststellung dar
LG Göttingen
Die Bescheinigung über einen diagnostizierten Bandscheibenvorfall und eine Bandscheibenvorwölbung mit dem weiteren Hinweis „persistierende Beschwerden" enthält keine ärztliche Feststellung eines Dauerschadens, denn „persistierend" sagt nur, dass die Beschwerden nicht innerhalb der im Regelfall üblichen Zeit abgeklungen sind, nicht aber, dass es sich um dauerhaft anhaltende Beschwerden handelt.

Ärztliche Invaliditätsfeststellung muss schriftlich (oder elektronisch fixiert) sein
OLG Hamm
Im Hinblick auf die Dokumentationsfunktion einer ärztlichen Invaliditätsbescheinigung ist stets eine schriftlich (oder elektronisch) fixierte ärztliche Erklärung notwendig. Denn die Funktion dieser Bescheinigung besteht darin, dem Versicherer gestützt auf die Invaliditätsbescheinigung eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls zu ermöglichen. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn später - etwa durch Vernehmung damals behandelnder Ärzte - geklärt werden müsste, welche Unfallfolgen aus Sicht des Arztes bestanden.*

Ärztlichen Feststellung eines Schädelhirntrauma II. Grades erfasst keine dauerhafte kognitive Störungen und Kopfschmerzen
OLG Hamm
Mit der ärztlichen Feststellung eines Schädelhirntrauma II. Grades sind nach medizinischer Sicht nicht auch dauerhafte kognitive Störungen und Kopfschmerzen erfasst, sodass diese in einer Invaliditätsfeststellung gemäß § AUB1995 § 7 AUB1995 § 7 Absatz I 1 AUB 95 extra aufgeführt werden müssen.

Unfallversicherer ist bei Ertrinken nach „funktioneller Störung der Herztätigkeit" nicht einstandspflichtig
BGH
Grundsätzlich ein Tod durch Ertrinken zwar immer ein Unfalltod im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen, ohne dass es auf dessen Ursachen ankäme. Die Leistungspflicht des Versicherers ist jedoch ausgeschlossen, wenn es zu dem Ertrinken durch eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung gekommen ist. Steht nach dem Obduktionsbefund fest, dass mit Blick auf die Todesursache eine funktionelle Störung der Herztätigkeit als ein „sehr wahrscheinliches" Ereignis anzusehen ist, kann sich der Versicherer insofern auf den Ausschlusstatbestand berufen.

Allergische Reaktion als Unfall
OLG München
1. Die versehentliche bzw. unbewusste Aufnahme von Allergenen in einem Lebensmittel durch eine auf verschiedene Stoffe bekannterweise allergische Person und die dadurch ausgelöste allergische Reaktion des Körpers stellt einen Unfall im Sinne der privaten Unfallversicherung dar.
2. Eine bestehende allergische Reaktionsbereitschaft des Körpers auf bestimmte Lebensmittelstoffe ist keine „mitwirkende" Krankheit und mindert deshalb die Ansprüche gegen den Versicherer nicht.

Ärztliche Invaliditätsfeststellung ist Voraussetzung für den Verjährungsbeginn der Invaliditätsentschädigung
OLG München
1. Nach § 12 Abs. 1 VVG a. F. verjähren die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann. Für den Verjährungsbeginn kommt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, VersR 2002, 698) nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an.
2. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung tritt Fälligkeit regelmäßig dann auch ohne Rücksicht auf den Umfang der nötigen Erhebungen ein, wenn der Versicherer die Leistung umfassend und endgültig ablehnt.
3. Auch bei einer endgültigen Leistungsablehnung setzt die Fälligkeit des Anspruchs nach der Rechtsprechung des BGH (VersR 2002, 472) zunächst seine Entstehung voraus. Die Leistungsablehnung bewirkt nur, dass der dem Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, dass ein noch gar nicht entstandener Anspruch fällig wird.
4. Fehlt es zum Zeitpunkt der Leistungsablehnung an der Anspruchsvoraussetzung der ärztlichen Invaliditätsfeststellung, ist der Anspruch zur Zeit der Leistungsablehnung noch nicht entstanden; die Verjährung kann erst mit der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beginnen.

Der Verlust oder die Funktionsunfähigkeit eines funktionell höher bewerteten, rumpfnäheren Gliedes schließt den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit des rumpfferneren Gliedes ein
BGH
Nach der für die Bemessung der Invaliditätsleistung maßgeblichen Gliedertaxe schließt der Verlust oder die Funktionsunfähigkeit eines funktionell höher bewerteten, rumpfnäheren Gliedes den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit des rumpfferneren Gliedes ein (hier: Schulter und Hand des rechten Arms). Eine Addition der einzelnen Invaliditätsgrade findet nicht statt. Führt die Funktionsunfähigkeit des rumpfferneren Körperteils zu einem höheren Invaliditätsgrad als die Funktionsunfähigkeit des rumpfnäheren Körperteils, so stellt die Invaliditätsleistung für das rumpffernere Körperteil die Untergrenze der geschuldeten Versicherungsleistung dar.

Ärztliche Invaliditätsbescheinigung muss schriftlich oder elektronisch fixiert sein
OLG Hamm
Im Hinblick auf die Dokumentationsfunktion einer ärztlichen Invaliditätsbescheinigung ist stets eine schriftlich (oder elektronisch) fixierte ärztliche Erklärung notwendig. Denn die Funktion dieser Bescheinigung besteht darin, dem Versicherer gestützt auf die Invaliditätsbescheinigung eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls zu ermöglichen. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn später - etwa durch Vernehmung damals behandelnder Ärzte - geklärt werden müsste, welche Unfallfolgen aus Sicht des Arztes bestanden.

Unfallbedingtheit eines Bandscheibenvorfalls im Bereich der Lendenwirbelsäule setzt ein gravierendes Trauma mit knöchernen Begleitverletzungen der Wirbelkörper voraus
OLG Düsseldorf
Es ist davon auszugehen, dass nur ein gravierendes Trauma, das mit erheblicher äußerer Gewalteinwirkung auf die Wirbelsäule verbunden ist, geeignet ist, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule zu verursachen. Dies gilt jedenfalls, soweit an den Bandscheiben nicht zuvor bereits ganz erhebliche degenerative oder sonstige Vorschäden vorlagen. Ein solches Trauma geht aber in der Regel mit knöchernen Begleitverletzungen der Wirbelkörper oder zumindest Verletzungen der die Wirbelkörper umgebenen Strukturen, etwa der anliegenden Weichteile oder des Bänderapparates, einher. Wird dies nicht ärztlich bestätigt, fehlt es an den Anspruchsvoraussetzungen für eine Invaliditätsleistung.

Fälligkeit der Invaliditätsleistungen
OLG Köln
1. Der Unfallversicherer kommt nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch ohne Mahnung in Verzug, wenn seiner Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und für diese eine angemessene Frist bestimmt ist, die sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Unter dem Begriff des Ereignisses fällt auch der Zugang von Unterlagen. Da nach § 11 AUB 94 der Versicherer innerhalb von 3 Monaten nach Zugang der für die Feststellung eines Invaliditätsanspruchs erforderlichen Unterlagen sich erklären muss, ob er den Anspruch anerkennt, und bei Anerkennung innerhalb von 2 weiteren Wochen seine Leistungen zu erbringen hat, ist der Leistungszeitpunkt kalendermäßig berechenbar, mit der Folge, dass der Versicherer auch ohne Mahnung des Versicherungsnehmers nach Fristablauf in Verzug gerät.
2. Eine Vorschusszahlung auf den Invaliditätsanspruch ersetzt nicht die Erstbemessung der Invalidität.

Fristablauf der ärztlichen Invaliditätsfeststellung wegen unerkannter Unfallverletzung
LG Dortmund
1. Der versicherten Person steht kein Anspruch auf Invaliditätsleistungen zu, wenn die ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht innerhalb der in den AUB vorgesehenen Frist erfolgt ist.
2. Die ärztliche Invaliditätsfeststellung ist Anspruchsvoraussetzung, deren Fehlen - anders als bei einer Ausschlussfrist - nicht entschuldigt werden kann.
3. Auch wenn eine ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht fristgemäß erfolgen konnte, weil ein unfallbedingter Brustbeinbruch innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall ärztlicherseits nicht erkannt worden ist und die Ärzte deshalb von einer harmlosen Unfallverletzung ausgingen, ist das Fehlen dieser Anspruchsvoraussetzung, die die Entschädigungspflicht des Versicherers begrenzt, zu berücksichtigen.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung - Rotatorenmanschettenruptur
LG Potsdam
Behauptet der Versicherungsnehmer, dass er im Getümmel eines Wasserballspiels nach Anrempeln durch einen Mitspieler plötzlich stechende Schmerzen in seiner linken Schulter verspürt und er bei diesem Spiel eine vollständige Ruptur der Supraspinatussehne, eine Ruptur des Rotatorenintervalls und eine Partialruptur der labrumnahen Bizepssehne erlitten habe, so hat er die Unfallbedingtheit nicht nachgewiesen, wenn der gerichtlich bestellte, medizinische Sachverständige feststellt, dass nach dem Schadenbild die Verletzungen mit dem vom Versicherungsnehmer beschriebenen Bewegungsablauf beim Wasserballspiel nicht in Einklang zu bringen seien sowie verletzungsspezifische Veränderungen wie Einblutungen oder Gewebswassereinlagerungen in den benachbarten Weichteilen nicht festzustellen waren, sondern die Verletzungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf degenerative Veränderungen im Schulterbereich und die Eigenbewegung des Versicherungsnehmers zurückzuführen seien und kein ursächlicher, sondern nur ein zeitlicher Zusammenhang des Übertritts einer klinisch noch stummen Schadenanlage zum klinisch manifesten Schadenbild bestehe.

Versicherer obliegt Vollbeweis für Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen bei den unfallbedingten Gesundheitsschädigungen
BGH
Der Unfallversicherer hat den Vollbeweis i.S. von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO dafür zu erbringen, dass Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen (hier dem Tod des Versicherungsnehmers) zu mindestens 25% mitgewirkt haben.

Zur Reichweite einer Anfechtung des Unfallversicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung bei mehreren versicherten Personen
OLG Saarbrücken
Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über Vorerkrankungen einer von mehreren versicherten Personen erfasst einen Unfallversicherungsvertrag als Ganzen nur dann, wenn der Versicherer ihn bei Offenbarung der Vorerkrankung insgesamt nicht abgeschlossen hätte.

Herzinfarkt nach mehrstündiger Betriebsratssitzung kann bedingungsgemäßes Unfallgeschehen darstellen
OLG Hamm
Es ist anerkannt, dass ein Unfall vorliegt, wenn ein Schockerlebnis zu einer Gesundheitsschädigung führt, wobei als äußere Ursache auch Stresssituationen ausreichend sind. Ein Unfall im Sinne der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen kommt daher auch in Betracht, wenn ein Betriebsratsvorsitzender am Abend nach einer mehrstündigen Betriebsratssitzung einen Herzinfarkt erleidet.

Leistungskürzung nach Tod durch Stromschlag nur bei einem feststellbaren quantitativen Mitverursachungsanteil einer bereits bestehenden Herzschädigung
OLG Koblenz, VersR 2011, 1508
Auch wenn davon auszugehen ist, dass der Stromschlag ohne eine vorbestehende Herzschädigung nicht zum Tod geführt hätte, würde eine Leistungskürzung wegen der Herzschädigung nach § 8 AUB 88 voraussetzen, dass ein geschätzter quantitativer Mitverursachungsanteil derselben festgestellt werden könnte. Ist dies nicht möglich, besteht Anspruch auf die volle Todesfallleistung.

Leistungsfreiheit des Unfallversicherers bei alkoholbedingtem Treppensturz des Versicherungsnehmers
LG Düsseldorf
Bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,0 ‰ zum Zeitpunkt eines Treppensturzes ist auch bei einem alkoholgewöhnten Menschen regelmäßig davon auszugehen, dass die Blutalkoholkonzentration zu alkoholbedingten Unsicherheiten geführt hat und dass diese Alkoholisierung mithin ursächlich für den Unfall war, was die Leistungsfreiheit des Unfallversicherers gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AUB 2000 zur Folge hat.

Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung - Kausalität für zweiten Unfall nach Aussteigen aus dem verunfallten Fahrzeug und anschließendem überrollen durch ein anderes Fahrzeug
OLG Saarbrücken
Fährt der Versicherungsnehmer mit einer Blutalkoholkonzentration von über 1,3 ‰ zu nächtlicher Stunde mit einer Geschwindigkeit von ca. 160 km/h bei einer BAB-Ausfahrt gegen die rechte Leitplanke und anschließend schleudernd gegen die linke Leitplanke, an der das Kfz liegen bleibt, und wird er anschließend beim Überqueren der Fahrbahn von einem Kfz erfasst, so ist die nach § 2 AUB 94 nicht unter den Versicherungsschutz fallende trunkenheitsbedingte Bewusstseinsstörung mit einer Alkoholisierung von mehr als 1,3 ‰ auch für diesen zweiten Unfall mit ursächlich.

Keine zu hohen Anforderungen an Sachvortrag bei Anspruch auf Krankentagegeld wegen Arbeitsunfähigkeit nach einer radiologischen Untersuchung
BGH
Trägt ein Kläger im Rahmen eines Rechtsstreits über Ansprüche auf Krankentagegeld aus seiner Unfallversicherung wegen Arbeitsunfähigkeit vor, dass er über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus arbeitsunfähig gewesen sei und das dieser Zustand auf dem durch eine MRT-Untersuchung hervorgerufenen Defekt des ICD beruhe und tritt er hierfür Beweis an, dann ist der Vortrag weiterer Hilfstatsachen, die diese Behauptung „nachvollziehbar" erscheinen lassen, nicht erforderlich. Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es um die Beurteilung medizinischer Zusammenhänge geht, die eine spezifische Sachkunde erfordern, welche bei einer Partei nicht anzunehmen ist. In derartigen Fällen geringer Sachkunde einer Partei dürfen an ihren klagebegründenden Sachvortrag keine hohen Anforderungen gestellt werden. Eine Partei darf sich auch den Vortrag auch von ihr zunächst nur vermuteter Tatsachen beschränken.

Wird gem. § 7 I (3) AUB 95 wegen einer Vorinvalidität ein Abzug von der Gesamtinvalidität vorgenommen, kommt eine weitere Anspruchskürzung gem. § 8 AUB 95 wegen der die Vorinvalidität begründenden Gesundheitsschädigung nicht in Betracht
LG Dortmund
1. Die AUB 95 geben keine unmittelbare Auskunft über das Verhältnis der Leistungskürzung wegen Vorinvalidität einerseits und der Leistungskürzung wegen Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen andererseits. Dem Aufbau der AUB, die zunächst in § 7 des Ausmaß der versicherten Invalidität mit Berücksichtigung der Vorinvalidität regeln und erst im Anschluss hieran den Kürzungstatbestand nach § 8 AUB folgen lassen, lässt sich immerhin entnehmen, dass die Leistungskürzung nach § 7 I (3) AUB Vorrang von der Leistungskürzung nach § 8 AUB hat (vgl. OLG Karlsruhe, r + s 2004, 474). Insoweit besteht in Rechtsprechung und Literatur auch Einigkeit. Umstritten ist indes, ob dieses Vorrangverhältnis dahingehend zu verstehen ist, dass primär die Leistungskürzung nach § 7 I (3) AUB vorzunehmen ist und nachrangig die Leistungskürzung nach § 8 AUB - das umgekehrte Rangverhältnis kann je nach Formulierung der AUB bei Anwendung von Progressionsstaffeln zu höheren Leistungsansprüchen führen (BGH, VersR 200, 444; OLG Saarbrücken, VersR 1998, 836)- oder ob die Anwendung der Leistungskürzung gemäß § 7 I (3) AUB eine weitere Leistungsminderung nach § 8 AUB ausschließt, soweit dieselbe Vorschädigung sowohl als Vorinvalidität als auch als mitwirkende(s) Krankheit oder Gebrechen einzustufen ist. Denn die Vorinvalidität unterscheidet sich von dem Gebrechen bzw. der Krankheit nach § 8 AUB nur dadurch, dass die Vorinvalidität immer eine andauernde Funktionsbeeinträchtigung bedeutet, während die Krankheit oder das Gebrechen nach § 8 AUB dauerhaft sein kann, aber nicht sein muss, so dass beide Kürzungstatbestände theoretisch auf ein und dieselbe Vorschädigung anwendbar sein können.
2. Ein Teil von Rechtsprechung und Literatur nimmt an, dass sowohl § 7 I (3) AUB als auch § 8 AUB kumulativ, wenn auch in dem genannten Rangverhältnis Anwendung finden können (OLG Schleswig, OLGR Schleswig 2006, 396; OGH, VersR 2009, 997-bei gleicher Bedingungslage-; Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Bd. 9 Ziffer 3 AUB 2008 Rn. 14 und Ziffer 2.1 AUB 2008 Rn. 238; Grimm, Unfallversicherung, 4. Aufl., Ziffer 2 AUB 99 Rn. 40 und Ziffer 3 AUB 99 Rn. 6; Naumann/Brinkmann, Die private Unfallversicherung, § 5 Rn. 55; Kloth, Private Unfallversicherung, Kapitel J VI. Rn. 12). Demgegenüber steht ein anderer Teil von Rechtsprechung und Literatur auf dem Standpunkt, dass Vorinvalidität einerseits und Mitwirkung von Krankheit und Gebrechen andererseits nicht doppelt berücksichtigt werden dürfen (OLG Karlsruhe r + s 2004, 474, 475; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Ziffer 3 AUB 2008 Rn. 3; Rixecker, zfs 2004, 575 in Anm. zu OLG Düsseldorf, zfs 2004, 574; Marlow in Veith/Gräfe, Versicherungsprozess, 2. Aufl., § 8 Rn. 167 durch Bezugnahme auf OLG Karlsruhe a.a.O.; Dörner in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar VVG, § 178 Rn. 241).
3. Das erkennende Gericht schließt sich der letztgenannten Auffassung an, wonach die Anwendung von § 7 I (3) AUB -Vorinvalidität - die Berücksichtigung von § 8 AUB ausschließt. Dies folgt aus dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers von den AUB 95 bei deren aufmerksamer und um Verständnis bemühter Durchsicht (vgl. zur Auslegung von Versicherungsbedingungen BGH VersR 2009, 623; r + s 2008, 25). Der verständige Versicherungsnehmer kann den AUB, die eine entsprechende Regelung gerade nicht treffen, nicht entnehmen, dass dieselbe vorbestehende körperliche Beeinträchtigung doppelt leistungsmindernd berücksichtigt werden soll, einerseits als Vorinvalidität und andererseits als Mitwirkung von Krankheit oder Gebrechen, was insbesondere bei hoher Vorinvalidität und damit entsprechend hoher Leistungskürzung zusätzlich auch bei der Mitwirkung von Krankheit oder Gebrechen zu einer so deutlichen Leistungskürzung führen würde, dass ihm im Verhältnis der vereinbarten Versicherungssumme nur noch geringe Beträge zustehen würden. Zumindest ist für den verständigen Versicherungsnehmer mangels ausdrücklicher Regelung in den AUB unklar, ob beide Kürzungsmöglichkeiten nebeneinander bestehen oder ob die vorrangige Kürzung nach § 7 I (3) AUB 95 die weitere Leistungsminderung nach § 8 AUB 95 verdrängt - wie auch die widerstreitenden Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur ausweisen -, so dass nach der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB die für den Versicherungsnehmer günstigere Auslegung Anwendung findet ( BGH VersR 2003, 1163).

Vorliegen einer „erhöhten Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule"
OLG Hamm
1. Die Beurteilung, ob eine „erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule" vorliegt, die unter den erweiterten Unfallbegriff von Nr. 1.4.1 der AUB 2002 fällt, bestimmt sich nach den persönlichen Verhältnissen des Versicherten.
2. Wenn ein Taxifahrer einen etwa 20 kg schweren Koffer aus dem Fahrzeug nehmen möchte, dieser Koffer sich verkantet und wenn dann beim Herausziehen die Bizepssehne des rechten Armes reißt, so fällt dieses Geschehen nicht unter den erweiterten Unfallbegriff von Nr. 1.4.1 AUB 2002.

Viele Bagatellunfälle ohne medizinischen Nachweis sprechen für das Vorliegen nur vorgetäuschter bzw. absichtlich herbeigeführter Versicherungsfälle
OLG Hamm
Verlangt ein Unfallversicherer an den Versicherungsnehmer erbrachte Entschädigungsleistungen zurück, muss der Versicherungsnehmer aufgrund der ihn insoweit treffenden sekundären Darlegungslast Umstände darlegen, aus denen er das Behaltendürfen ableitet. Nur das Vorliegen dieser Rechtsgründe muss der Versicherer widerlegen. Das Gericht kann die Überzeugung vom Vorliegen nur vorgetäuschter bzw. absichtlich herbeigeführter Versicherungsfälle (hier: Unfallversicherung) auch darauf stützen, dass eine ungewöhnliche Vielzahl vermeintlicher Unfälle als Bagatellereignisse ohne objektiven medizinischen Verletzungsnachweis vorliegen.

Ein selbstständiges Beweisverfahren ist im Rahmen der privaten Unfallversicherung zulässig
OLG Celle
Zur Zulässigkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Bemessung der Höhe des Grades der Invalidität im Rahmen der privaten Unfallversicherung.

Bei einer Funktionsunfähigkeit nach der „Arm-im-Schultergelenk"-Rechtsprechung sind Ausstrahlungen und zusätzliche Funktionsbeeinträchtigungen mit abgegolten
OLG Hamm
1. Wird ein in der Gliedertaxe benannter Teilbereich eines Gliedes durch einen Unfall verloren oder wird er funktionsunfähig, steht der sich daraus ergebende Invaliditätsgrad nach der Gliedertaxe unverrückbar fest.
2. Wird unfallbedingt der linke Arm im Schultergelenk funktionsunfähig, so sind durch den damit gegebenen Invaliditätsgrad Ausstrahlungen dieser Funktionsunfähigkeit auf den linken Arm mit abgegolten.
3. Zusätzlich gegebene Funktionsbeeinträchtigungen des linken Ellenbogengelenkes, des linken Handgelenks und der Finger der linken Hand haben nicht zur Folge, dass für diesen neben dem sich aus der Funktionsunfähigkeit des linken Armes im Schultergelenk ergebenden Invaliditätsgrad Eigeninvaliditätsgrade durch Addition zu berücksichtigen wären.
4. Einem verständigen Versicherungsnehmer erschließt sich ohne weiteres, dass nach der Systematik der Gliedertaxe der Verlust bzw. die Funktionsunfähigkeit eines funktionell höher bewerteten, rumpfnäheren Gliedes den Verlust und die Beeinträchtigung des rumpfferneren Giedes mit einschließt.

Gliedertaxe-Addition einzelner Teilglieder?
OLG Frankfurt
1. Wirkt sich die Verletzung eines Körperglieds auf verschiedene Teile des Glieds aus, die in der Gliedertaxe separat bewertet werden (hier eine Verletzung des Arms auf Schulter, Ellenbogen, Handgelenk und Finger), so ist auf den rumpfnächsten Sitz der unfallbedingten Schädigung abzustellen (hier: „Arm im Schultergelenk").
2. Für den danach betroffenen Gliederteil ist eine einheitliche Bewertung des Ausmaßes der Funktionsbeeinträchtigung vorzunehmen. Eine Addition der in der Gliedertaxe vorgesehenen einzelnen Teilgliedern (Finger, Hand, Arm) findet nicht statt.
3. § 7 I (2) AUB 88 ist weder unklar noch mehrdeutig im Sinne des § 305 b Abs. 2 BGB.
4. Bei der Gesamtbewertung dürfen aber die sich aus der Beeinträchtigung von Teilgliedern ergebenden Einzelwerte nicht unterschritten werden, sie stellen insoweit ein Mindestwert der Beeinträchtigung des Gesamtgliedes dar. Ob dies auch dann gilt, wenn ein Körperglied durch mehrere Verletzungen in verschiedenen Teilen beeinträchtigt ist (Polytrauma), bleibt dahingestellt.

Nachweis einer unfallbedingten Verschlimmerung eines bestehenden Tinnitus
LG Berlin
Ein Auffahrunfall, bei dem der Versicherte eine Halswirbelsäulentorsion erlitt, kann gelegentlich Ursache für die Entstehung - oder Verschlimmerung - eines bestehenden Tinnitus sein. Nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen ist dies aber nur dann wahrscheinlich, wenn folgende 5 Kriterien erfüllt sind:
- ein Körperschaden ist objektivierbar,
- der Tinnitus ist sofort nach dem Unfall aufgetreten und nicht erst nach Stunden,
- das Ohrgeräusch muss frequenzspezifisch, reproduzierbar und über der Hörschwelle im Bereich der Hörminderung verdeckbar sein,
- das Ohrgeräusch darf nicht nur in Zeiten der Ruhe wahrnehmbar sein und
- muss fortdauernd, also nicht unterbrochen und bei besonderen Anlässen vorliegen.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist von einer psychischen Fehlverarbeitung des Unfalls auszugehen.

Zum Freiwilligkeitsnachweis i.S.v. § 188a VVG a.F.
OLG Schleswig
Zu den Anforderungen an den Nachweis der Freiwilligkeit der Gesundheitsbeschädigung i.S.v. § 180a VVG a.F., für die der Versicherer beweisbelastet ist.

Trotz Indizien für die Freiwilligkeit einer Amputation der Hand kann durch die Gesamtumstände die gesetzliche Unfreiwilligkeitsvermutung nicht widerlegt sein
OLG Stuttgart
Der Versicherer hat den Gegenbeweis gegen die gesetzliche Unfreiwilligkeitsvermutung nicht geführt, auch wenn in der Gesamtschau der zu berücksichtigenden Umstände für die Freiwilligkeit der Verletzung insbesondere das reflexartige Gasgeben mit der Kettensäge beim Fallen, der Schnittwinkel parallel zum Boden, die Auftrefflage der Arme sowie der Säge nach dem Sturz, das zufällige Aufkommen und Verweilen des Armes auf dem wackeligen Kantholz, der unstimmige Verlust der abgetrennten Hand sowie ein PKW als Auslöser sprechen, jedoch für die Unfreiwilligkeit der Verletzung spricht, dass der Unfall der Schilderung entsprechend erfolgt sein kann, dass die Versicherung mit nicht exorbitant hohen Versicherungssummen bereits seit Längerem bestanden sowie die Aussage stringent und die Glaubwürdigkeit des Klägers und letztlich die Schwere der Verletzungen und ihre Folgen für den noch relativ jungen Kläger. Insgesamt verbleiben in diesem Fall erhebliche Zweifel an der Freiwilligkeit der Verletzung.

Trotz Indizien für die Freiwilligkeit einer Amputation der Hand kann durch die Gesamtumstände die gesetzliche Unfreiwilligkeitsvermutung nicht widerlegt sein
OLG München
Die Motivlage, einen Gewinn aus Unfallversicherungen zu erzielen, reicht auch im Zusammenhang mit anderen Indizien, insbesondere dem Verbrennen der mit der Kettensäge abgetrennten Hand und dem Bereitstehen von Werkzeug- und Verbandkasten sowie dem Umstand, dass Zweifel am zufälligen Aufkommen der Hand auf einem in der Nähe befindlichen Kantholz angebracht sind nicht aus, um von der Freiwilligkeit der Amputation zu überzeugen. Das Zusammentreffen sämtlicher Merkwürdigkeiten und Zufälle ist zwar auffällig, jedoch nicht ausgeschlossen.

Kein Unfall bei einer Gesundheitsbeeinträchtigung nach einer vom Willen des Versicherten noch gesteuerten, wenn auch ungeschickten Eigenbewegung (hier: behaupteter Bandscheibenvorfall nach dem Anheben eines in Bewegung geratenen Kartons)
OLG Düsseldorf
1. Voraussetzung eines Unfalls ist zunächst ein Einwirken der Außenwelt auf den Körper des Verletzten. Eigene willensgesteuerte Bewegungen können nur dann zu einem Unfall führen, wenn sie die Verletzung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst haben. Nicht ausreichend ist danach, dass ausschließlich die gewollte oder unwillkürliche (ungeschickte) Eigenbewegung die Gesundheitsbeschädigung bewirkt. So sind z.B. ein Umknicken ohne weitere äußere Umstände oder eine ungeschickte Bewegung beim Tragen oder Heben von Lasten keine Unfälle (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 178, Rdnr. 4 m.w.Nachw.).
2. Behauptet der Versicherungsnehmer , er habe einen Bandscheibenvorfall bei dem Versuch erlitten, einen von einem Handwagen rutschenden Karton aufzufangen, hierbei habe er das Gleichgewicht verloren und sei gestürzt, fehlt es nach dem eigenen Vortrag des Versicherungsnehmers an einem bedingungegemäßen Unfall. Aus dieser Schilderung ergibt sich nicht, dass eine Einwirkung auf die Wirbelsäule mit der - angeblichen - Folge eines Bandscheibenvorfalls erst durch den Aufprall auf den Boden ausgelöst worden ist - der Kläger behauptet insbesondere nicht, mit dem Rücken auf den Boden aufgeschlagen zu sein - oder bereits bei einer ungeschickten Bewegung im Zusammenhang mit dem Versuch, das Herunterrutschen des Kartons zu verhindern. Wenn er sich hierbei nur "verhoben" hat, weil die Last des Kartons zu schwer war oder er ihn ungeschickt umfasst hat, wäre die gewollte Eigenbewegung und kein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis Ursache des angeblich hierbei erlittenen Gesundheitsschadens.
3. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der ins Rutschen geratene Karton unerwartet auf seinen Rücken geprallt wäre oder wenn der Kläger erst durch den Aufprall bei dem anschließenden Sturz eine Rückenverletzung erlitten hätte. Dies hat der Kläger aber nicht vorgetragen. Die Schilderung des Hergangs durch den Kläger lässt vielmehr die Möglichkeit offen, dass eine von seinem Willen noch gesteuerte, wenn auch ungeschickte Eigenbewegung Ursache des nach dem Unfall empfundenen Schmerzes im Bereich der Lendenwirbelsäule (Lumboischialgie) war. Für korrespondierende äußere Verletzungen bestehen keine Anhaltspunkte.

Unfallbedingter Bandscheibenvorfall setzt ein gravierendes Trauma, das mit erheblicher äußerer Gewalteinwirkung auf die Wirbelsäule voraus
OLG Düsseldorf
Nach den aus Sachverständigengutachten in Unfallversicherungssachen gewonnenen Erkenntnissen des ständig mit Versicherungssachen befassten Senats ist nur ein gravierendes Trauma, das mit erheblicher äußerer Gewalteinwirkung auf die Wirbelsäule verbunden ist, geeignet, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule zu verursachen, jedenfalls wenn an den Bandscheiben nicht zuvor bereits ganz erhebliche degenerative oder sonstige Vorschäden vorlagen. Ein solches Trauma geht aber in der Regel mit knöchernen Begleitverletzungen der Wirbelkörper oder zumindest Verletzungen der die Wirbelkörper umgebenden Strukturen, etwa der anliegenden Weichteile oder des Bänderapparats einher (vgl. auch OLG Koblenz VersR 2008, 1683-1685).

Gliedertaxe - Addition einzelner Teilglieder?
OLG Hamm
1. Geht ein in der Gliedertaxe benannter Teilbereich eines Gliedes durch einen Unfall verloren oder wird funktionsunfähig, steht der sich daraus ergebende Invaliditätsgrad der Gliedertaxe unverrückbar fest.
2. Wird unfallbedingt der linke Arm im Schultergelenk funktionsunfähig (BGH, r+s 2006, 387: „Arm im Schultergelenk"-Rechtsprechung), so sind durch den damit gegebenen Invaliditätsgrad Ausstrahlungen dieser Funktionsunfähigkeit auf den linken Arm mit abgegolten.
3. Zusätzlich gegebene Funktionsbeeinträchtigungen des linken Ellenbogens, des linken Handgelenks und der Finger der linken Hand haben nicht zur Folge, dass für diese neben den sich aus der Funktionsunfähigkeit des linken Arms im Schultergelenk ergebenden Invaliditätsgrad eigene Invaliditätsgrade durch Addition zu berücksichtigen wären.
4. Einem verständigen Versicherungsnehmer erschließt sich ohne weiteres, dass nach der Systematik der Gliedertaxe der Verlust bzw. die Funktionsunfähigkeit eines funktionell höher bewerteten, rumpfnäheren Gliedes den Verlust oder die Beeinträchtigung des rumpfferneren Gliedes mit einschließt.

Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung bei einem Gewohnheitstrinker
LG Düsseldorf
Verstirbt der alkoholgewöhnte Versicherte nach einem Sturz auf der Kellertreppe und wurde im Rahmen der anschließenden Notfallbehandlungen 3 Stunden später eine Blutalkoholkonzentration von 2,13 ‰ festgestellt, so ist auch bei einem alkoholgewohntem Menschen bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,0 von alkoholbedingten Unsicherheiten, insbesondere Gleichgewichtsstörungen, auszugehen, die für den Treppensturz mitursächlich waren. Der Versicherungsschutz ist deshalb aufgrund einer unfallursächlichen, alkoholbedingten Bewusstseinsstörung ausgeschlossen.

Gebrauchsbeeinträchtigung einzelner Finger nach der Gliedertaxe
OLG Köln
1. Die Gliedertaxe der AUB stellt für die/den - gänzliche(n) oder teilweise(n) - Verlust bzw. Gebrauchsunfähigkeit der aufgeführten Gliedmaße allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab.
2. Die unfallbedingte Durchtrennung der Strecksehnen des Mittel- und Zeigefingers der linken Hand wirkt sich zwar anatomisch unvermeidbar auf die Gebrauchsfähigkeit der Hand aus, diese Auswirkung ist jedoch in Prozentsätzen der Gliedertaxe bereits berücksichtigt. Deshalb ist bei der Verletzung mehrerer Finger nicht die Gebrauchsbeeinträchtigung der Hand, sondern die der einzelnen Finger maßgebend.

Versicherer muss Zugang einer Belehrung über die nach einem Unfall einzuhaltenden Fristen nach altem Recht nicht beweisen
LG Koblenz
Soweit nach altem Recht überhaupt eine Verpflichtung des Versicherers nach § 242 BGB bestand, auf die Fristen des § 7 Abs. 1 Ziffer 1 AUB 88 hinzuweisen, ist diese jedenfalls erfüllt, wenn der Versicherer die dazu erforderlichen Handlungen vorgenommen hat. Ausreichend ist insoweit, dass der Versicherer einen entsprechenden Hinweis an die richtige Adresse des Versicherungsnehmers abgesandt hat, dessen Zugang muss er nicht beweisen (vgl. OLG Hamm, r+s 1998, 260).

Fehlende fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung kann nicht über die Grundsätze von Treu und Glauben fingiert werden
LG Dortmund
Dem Versicherer ist die Berufung auf das Fehlen einer schriftlichen ärztlichen Feststellung nicht nach Treu und Glauben verwehrt. Da es sich bei dem Erfordernis der rechtzeitigen schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung um eine Anspruchsvoraussetzung handelt, kann deren Vorliegen nicht über die Grundsätze von Treu und Glauben fingiert werden.

Unfallbedingtheit einer bewiesenen dauernden Beeinträchtigung kann bei bestehender erster Unfallverletzung nach § 287 ZPO bewiesen werden
BGH
1. Das Berufungsgericht darf von der Anordnung einer weiteren Beweiserhebung auf psychiatrischem Gebiet, die weitergehende Erkenntnismöglichkeiten verspricht, nicht absehen, wenn der in erster Instanz unterlegene Kläger in der Berufungsbegründung die fehlende psychiatrische Fachkompetenz des gerichtlichen Sachverständigen beanstandet und ein weiteres Gutachten anregt.
2. Nur ein unfallbedingter erster Gesundheitsschaden und die eine Invalidität bedauernde gesundheitliche Beeinträchtigung sind nach § 286 ZPO zu beweisen, während der Maßstab des § 287 ZPO für die kausale Verknüpfung dieser beiden Umstände gilt; d. h., die Unfallbedingtheit der dauernden Beeinträchtigung kann nach § 287 ZPO bewiesen werden, wenn diese Beeinträchtigung als solche und eine erste Unfallverletzung feststehen.
3. Allerdings genügt auch nach diesem erleichterten Beweismaßstab die bloße Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs vom Unfallereignis einerseits und fortdauernder Krankheit oder Invalidität andererseits nicht, sondern es ist jedenfalls eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich.

Schlafwandeln erfüllt den Ausschlusstatbestand wegen Bewusstseinsstörung
OLG Bamberg
1. Eine Bewusstseinsstörung im Sinne des Leistungsausschlussklausel in Nr. 5.1.1 AUB 2008 setzt nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus, es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen.
2. Eine solche Störung liegt mithin dann vor, wenn die dem Versicherten bei normaler Verfassung inne wohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, sie geistig zu verarbeiten und auf sie angemessen zu reagieren, ernstlich beeinträchtigt ist. Sie muss einen Grad erreicht haben, bei dem die Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann. Das Schlafwandeln durch ein mit Mobiliar und sonstigen Einrichtungsgegenständen ausgestattetes sowie mit Treppen versehenes Wohnhaus ist demnach als Bewusstseinsstörung im Sinne des Ausschlusstatbestandes zu bewerten.

Vergleichs- und Abfindungserklärung zwischen Unfallversicherer und Versichertem ist nicht anfechtbar, wenn Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag nicht dargelegt worden ist
OLG Thüringen
Will der Unfallgeschädigte (hier: mit einer Schulterverletzung infolge eines Sturzes) von einem umfassenden, mit dem Unfallversicherer abgeschlossenen Abfindungsvergleich abweichen und Nachforderungen stellen, muss er dartun, dass ihm ein Festhalten am Vergleich nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, weil entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich weggefallen ist oder sich geändert hat, so dass eine Anpassung an die veränderten Umstände erforderlich erscheint oder weil nachträgliche erhebliche Äquivalenzstörungen in den Leistungen der Parteien eingetreten sind, die für den Geschädigten nach den gesamten Umständen des Falles eine ungewöhnliche Härte bedeuten würden.

Angabe „Ruptur beider Kreuzbänder" in ärztlicher Bescheinigung stellt keine ärztliche Invaliditätsfeststellung dar
OLG Celle
1. Die in Ziffer 2.1.1.1 Satz 2 AUB 2000 als Anspruchsvoraussetzung für eine Invaliditätsentschädigung genannten Fristen für den Eintritt, die Feststellung und die Geltendmachung der Invalidität sind wirksam. Insbesondere verstoßen diese nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
2. Aus der Angabe „Ruptur beider Kreuzbänder" in der ärztlichen Bescheinigung der Unfallfolgen ergibt sich nicht die Feststellung eines Dauerschadens.

Zur Treuwidrigkeit des Berufens auf den Fristablauf ärztlicher Invaliditätsfeststellung
OLG Koblenz
1. Eine Überschreitung der Frist der ärztlichen Invaliditätsfeststellung um 4 Tage lässt die Folgen einer nicht fristgerechten ärztlichen Feststellung nicht entfallen.
2. Der Versicherer beruft sich nicht treuwidrig auf den Fristablauf der ärztlichen Invaliditätsfeststellung, wenn er wenige Tage vor Fristablauf dem Versicherungsnehmer mitteilt, dass die eingereichten Unterlagen nicht ausreichen und er deshalb einen Bericht des Krankenhauses angefordert habe.

Verspätete Geltendmachung der Invaliditätsneubemessung durch Versicherungsnehmer
OLG Braunschweig
1. Nach bisherigem VVG bestand keine allgemeine Belehrungspflicht des Versicherers zur Frist für die Neubemessung der Invalidität bis längstens 3 Jahre nach dem Eintritt des Unfalls.
2. Der Antrag des Versicherungsnehmers auf Neubemessung am letzten Tag der 3-Jahres-Frist ist verspätete gestellt, weil eine ärztliche Untersuchung innerhalb dieser Frist nicht mehr möglich ist.
3. Die Regelung des § 11 Abs. 4 Satz 2 AUB 94 ist nicht AGBG-widrig, da sie den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligt.
4. Sollte ein ärztliches Gutachten nicht von einer im Einzelfall wirksamen Schweigepflicht gedeckt sein und deshalb wegen eines daraus resultierenden Beweisverwertungsverbots für Feststellung der Invalidität des Versicherten nicht herangezogen werden dürfen und liegen keine sonstigen verwertbaren Unterlagen für die Invaliditätsfeststellung vor, so kann der Versicherer mangels plausibler Darlegung der Invalidität durch den Versicherungsnehmer dessen Antrag auf Invaliditätsleistungen ablehnen.

Kein treuwidriges Berufen auf Fristablauf zur Invaliditätsfeststellung bei Kulanzprüfung
LG Berlin
Hat sich der Versicherer nach Fristablauf der ärztlichen Invaliditätsfeststellung zur kulanzweisen Prüfung nach Einholung eines ärztlichen Gutachtens mit dem ausdrücklichen Hinweis bereit erklärt, er verzichte damit nicht auf mögliche Einwendungen, auch zu Fristabläufen, und zahlt er anschließend eine Teilentschädigung, so handelt er nicht treuwidrig, wenn er einen weitergehenden Anspruch des Versicherungsnehmers unter Hinweis auf den Fristablauf ablehnt.

Verletzt sich der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung bei einem Sturz dadurch, dass er auf den Boden prallt, liegt darin ein von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis; insoweit ist nur das Geschehen in den Blick zu nehmen, das die Gesundheitsbeschädigung unmittelbar herbeiführt
BGH
1. Für die Frage, ob die Einwirkung "von außen" erfolgt, ist allein das Ereignis in den Blick zu nehmen, das die Gesundheitsbeschädigung unmittelbar herbeiführt. Nicht entscheidend sind demgegenüber die Ursachen, auf denen dieses Ereignis seinerseits beruht. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine Verletzung erst als unmittelbare Folge eines Aufpralls des Körpers auf einen anderen Gegenstand -hier die Skipiste -eintritt, liegt darin der von den Bedingungen vorausgesetzte, schadensursächliche Kontakt des Körpers des Versicherten zur Außenwelt und deshalb ein von außen wirkendes Ereignis vor. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Körper des Versicherten mit einer beweglichen oder unbeweglichen Sache kollidiert.
2. Ob auch eine Eigenbewegung des Versicherten im Zusammenspiel mit äußeren Einflüssen als ein von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis im Sinne dieses Unfallbegriffs angesehen werden kann, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nur zu prüfen, wenn schon diese Eigenbewegung - und nicht erst eine durch sie verursachte Kollision - zur Gesundheitsbeschädigung führt. So lag der Senatsentscheidung vom 28. Januar 2009 (IV ZR 6/08, r+s 2009, 161 Rn. 11) ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Versicherte sich nach einem Fehltritt noch im Fallen infolge einer Drehbewegung unter der von ihm mitgeführten 40 kg schweren Last eine Verletzung der W irbelsäule zugezogen hatte.

Die Regelung zu den formellen Voraussetzungen der Invaliditätsleistung in Ziffer 2.1.1.1 AUB 2004 begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken
LG Dortmund
1. Bei dem Erfordernis einer schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung binnen 15 Monate nach dem Unfall handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Anspruchsvoraussetzung, die prozessual nicht verzichtbar ist und die die Parteien allenfalls unstreitig stellen können (OLG Celle, NJOZ 2004, 612; r+s 2002, 260; OLG Frankfurt, r+s 2004, 518; OLG Hamm, NVersZ 2001, 551; LG Dortmund NJOZ 2009, 2980). An die bedingungsgemäße ärztliche Invaliditätsfeststellung sind allerdings keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Sie muss sich nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Die Feststellungen der Unfallbedingtheit eines bestimmten Dauerschadens muss auch nicht richtig sein und dem Versicherer nicht innerhalb der bestimmten Frist zugehen, sofern sie nur fristgerecht getroffen worden ist. Allerdings müssen sich aus der Invaliditätsfeststellung die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Sie muss damit die ärztliche Aussage enthalten, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden ursächlich ist, wobei die bloße Möglichkeit der Kausalität nicht ausreicht (OLG Hamm, r+s 2007, 74; MDR 2006, 1045; OLG Frankfurt, r+s 2003, 29). Auch muss die Feststellung eine Aussage zur Invalidität dem Grunde nach treffen (BGH, r+s 1997, 84).
2. Die Regelung zu den formellen Voraussetzungen der Invaliditätsleistung in Ziffer 2.1.1.1 AUB 2004 begegnet hier auch keinen Wirksamkeitsbedenken. Zwar hat das Oberlandesgericht Hamm (Versicherungsrecht 2008, 811) Bedenken gegen eine ausreichende Transparenz geltend gemacht, weil der um Kenntnis der nach einem Versicherungsfall zu treffenden Maßnahmen bemühte Versicherungsnehmer durch das vorangestellte Inhaltsverzeichnis und durch die Überschrift über Ziff. 7 AUB davon abgehalten werden könnte, auch den Anspruchsvoraussetzungen in Ziff. 2.1.1.1 AUB Beachtung zu schenken, so dass die Fristenregelung gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen könnte. Diese Bedenken gegen die Transparenz der maßgeblichen Regelung bestehen jedoch im Hinblick auf das hier zur Prüfung stehende Bedingungswerk der AUB 2004 der Beklagten nicht. Denn der Versicherungsnehmer wird durch dieses hier nicht dazu verleitet, die Regelung für die Frist zur Beibringung der ärztlichen Feststellung zu übersehen. Zunächst wird die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers, der Ansprüche geltend machen will, im Inhaltsverzeichnis auf die fettgedruckte Überschrift "Der Leistungsfall" gelenkt. Der folgende Gliederungspunkt Ziff. 7 "Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?" wird dessen Interesse finden. Liest er dort nach, stößt er auf folgende Einleitung: "Beachten Sie bitte nach einem Unfall zunächst die Voraussetzungen der vereinbarten Leistungsarten nach Ziff. 2 bzw. nach den jeweiligen vereinbarten besonderen (bzw. Zusatz-)bedingungen". Danach liegt ein klarer Verweis auf die Anspruchsvoraussetzungen der Nr. 2 AUB 2004 der Beklagten vor. Damit wird der Versicherungsnehmer veranlasst, sich auch Ziff. 2.1.1.1. der AUB 2004 durchzulesen. Ihm wird deutlich gemacht, dass Ziff. 7 keine abschließende Erläuterung dessen enthält, was von einem VN nach einem Unfall zu beachten ist (zu einer wortgleichen Verweisung LG Dortmund VersR 2010, 193, insoweit bestätigt durch Beschluss des OLG Hamm vom 02.11.2009 (Az: 20 U 151/09); zu einer ähnlichen "Rückverweisung": LG Dortmund NJOZ 2008, 4035 und OLG Celle ZfS 2009, 34).

Behandlung der Selbsttötungsklausel in Übergangsfällen
LG Saarbrücken
1. Soweit der in den Versicherungsbedingungen vorgesehene Leistungsausschluss wegen Selbsttötung des Versicherten die dreijährige Ausschlussfrist von der Zahlung des Einlösungsbeitrages an berechnet, während § 161 Abs. 1 Satz 1 VVG jetzt auf den (formellen) Abschluss des Vertrages abstellt, und § 161 Abs. 2 VVG weiterhin vorsieht, dass die Frist nach Absatz 1 Satz 1 (nur) durch Einzelvereinbarung erhöht werden kann, führt diese Abweichung nicht zur Unwirksamkeit des Leistungsausschlusses.
2. Die Klausel ist vielmehr durch Auslegung dahin zu korrigieren, dass es für den Fristbeginn nur noch dann auf die Zahlung des Einlösungsbeitrages ankommt, wenn dieser Zeitpunkt dem Vertragsabschluss vorausging, während ansonsten der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für den Fristbeginn maßgeblich ist.
Behandlung der Selbsttötungsklausel in Übergangsfällen3. Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbei, indem er sich kurz vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist selbst tötet, kann eine Leistungspflicht des Versicherers auch nicht unter Rückgriff auf einen Schadensersatzanspruch wegen "verzögerter Behandlung des Antrages" begründet werden.

Ärztliche Invaliditätsfeststellung muss konkreten, die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinflussenden Dauerschaden nennen
Landgericht Limburg
1. Die Feststellung der ärztlichen Invalidität innerhalb von 15 Monaten dient dem berechtigten Interesse des Versicherers an der baldigen Klärung seiner Einstandspflicht und führt selbst dann zum Ausschluss von Spätschäden, wenn den Versicherungsnehmer an der Nichteinhaltung dieser Frist kein Verschulden trifft. Auch eine Leistungsablehnung des Versicherers ändert nichts daran, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers nicht entsteht, wenn die Invalidität nicht fristgerecht ärztlich festgestellt worden ist.
2. Zwar sind an die Feststellung der Invalidität keine hohen Anforderungen zu stellen. So muss sie sich insbesondere auch nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Weiter brauchen auch die Feststellung des unfallbedingten Dauerschadens noch nicht richtig zu sein und dem Versicherer auch nicht innerhalb der Frist zugehen, sofern sie nur fristgerecht getroffen worden ist. Dennoch muss sich aber aus der Feststellung der Invalidität die vom Arzt hierfür angenommene Ursache und vor allem die Art ihrer Auswirkungen ergeben, weil die Invaliditätsbescheinigung dem Versicherer Gelegenheit geben soll, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seiner Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellungen zu prüfen. Zugleich soll sie aber auch eine Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abgrenzbar sind und sich auch nur schwer überschauen lassen, insbesondere solche, die das Versicherungsunternehmen von der Deckung ausnehmen will.
3. Deshalb muss nach der Rechtsprechung des BGH ein konkreter, die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinflussenden Dauerschaden angegeben werden. Nur einem Dauerschaden, zu dessen Ursache und Auswirkungen sich die Bescheinigung bereits verhält, kann der Versicherer nachgehen. Für die ärztliche Bescheinigung des Dauerschadens, auf den sich der Versicherungsnehmer später für seinen Anspruch auf die begehrte Invaliditätsleistungen beruft, noch gar nicht auf, kann der mit der Regelung des § 7 Abs. 1 (1) Satz 2 AUB 88 verfolgte Zweck nicht erreicht werden.

Netzhautablösung nach Sturz; falsche Auskunft zu Vorerkrankung
KG Berlin
1. Die zeitliche Nähe einer Netzhautablösung zu einem Sturz, bei dem der Versicherte mit der Stirn auf seine Hand auf eine Treppenstufe fiel, reicht für die Annahme der Mitursächlichkeit des Sturzes nicht aus, wenn der Versicherte zwei Monate zuvor am Grauen Star (Katarakt) operiert wurde und nicht auszuschließen ist, dass die Netzhautablösung auch Folge dieser Operation sein kann.
2. Beantwortet der Versicherungsnehmer die Frage der Unfallanzeige „Besteht oder bestand bei der versicherten Person eine ernsthafte Erkrankung oder ein Gebrechen?" mit „Nein", obwohl der Versicherte zwei Monate zuvor am Grauen Star operiert wurde, so hat er die Frage vorsätzlich falsch beantwortet. Bei dem Grauen Star handelt es sich um eine ernste Erkrankung, da diese zur Erblindung führen kann.

Trotz Einholung eines Gutachten zu den Unfallfolgen ist der Versicherer nicht daran gehindert, danach das Vorliegen eines Unfallereignisses zu bestreiten
OLG Frankfurt
Der Versicherer erweckt bei dem Versicherten kein schutzwürdiges Vertrauen geweckt, ein bedingungsgemäßes Unfallgeschehen nicht bestreiten zu wollen, wenn er eine Begutachtung der Unfallfolgen in Auftrag gibt. Eine von dem Unfallversicherer veranlasste Begutachtung des Gesundheitszustandes ist nicht geeignet, bei dem Versicherten die Erwartung zu begründen, der Versicherer werde seine Unfallschilderung nicht bezweifeln. Die Gewissheit, dass ein Unfall vorgelegen hat, kann sich ein Versicherer unabhängig von der Schilderung des Versicherungsnehmers dadurch verschaffen, dass typische Unfallverletzungen festgestellt werden. Deshalb kann die Durchführung einer Begutachtung vom Versicherungsnehmer nicht so verstanden werden, dass der Versicherer jedenfalls von einem Unfall ausgeht.

Hirninfarkt - Unfallursache oder Unfallfolge? Ausschluss: Schlaganfall
OLG Celle
1. Dass ein Hirninfarkt durch das Unfallereignis verursacht wurde, hat der Versicherungsnehmer zu beweisen. Nach medizinischer Erfahrung sind Hirninfarkte als Unfallfolge sehr selten. Ist ein traumatisches Geschehen ausweislich der kernspintomographischen Untersuchung unwahrscheinlich - keine traumatische Verletzung hirnzuführender Blutgefäße etwa im Sinn einer Gefäßdissektion erkennbar - und schätzt der medizinische Sachverständige die Wahrscheinlichkeit des Hirninfarktes als Ursache für den Unfall mit etwa 90 % ein - beim Versicherungsnehmer lagen Risikofaktoren für einen unfallunabhängigen Hirninfarkt wie hochgradige Adipositas, Nikotinabusus vor -, so hat der Versicherungsnehmer einen unfallbedingten Hirninfarkt nicht nachgewiesen.
2. Steht ein Eintritt eines Hirninfarktes als Unfallursache fest, der zur Sehstörung in Form plötzlicher Verschlechterung der Sehfähigkeit mit Blendungsgefühlen geführt hat, mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer eine Verkehrsinsel überfuhr und sich bei diesem Unfall einen Gesundheitsschaden zuzog, so hat der Versicherer den Ausschlusstatbestand „Unfall durch Schlaganfall" nachgewiesen.

Rechtskraft eines Urteils über die Erstbemessung einer Invaliditätsleistung hindert eine Klage auf Neubemessung nicht
OLG Hamm
1. Die Rechtskraft eines Urteils über die Erstbemessung einer Invaliditätsleistung aus einer Unfallversicherung steht einer Klage auf Neubemessung nicht entgegen.
2. In die Neubemessung fließen alle Gesundheitsveränderungen ein, die noch nicht in die gerichtliche Erstbemessung eingeflossen sind. Eine Verpflichtung, alle bis zur mündlichen Verhandlung über die Erstbemessung eingetretenen Gesundheitsveränderungen bereits im Prozess über die Erstbemessung geltend zu machen, besteht nicht. Grundlage der Neubemessung ist die Gesundheitsveränderung gegenüber den im Erstbemessungsverfahren herangezogenen ärztlichen Befunden, insbesondere einem dort eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten (im Anschluss an BGH VersR 2009, 920 = r+s 2009, 293).

Für die Bemessung nach der Gliedertaxe ist auf den Sitz der Verletzung abzustellen
OLG Köln
Die Gliedertaxe der AUB 94 stellt für den Verlust ebenso wie für die Gebrauchsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereichen alleine auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab; dass ist der Sitz der Unfallverletzung.

Zum Anspruch aus der privaten Unfallversicherung, wenn in Betracht zu ziehen ist, dass dem Ertrinkungstod des Versicherten beim Tauchen ein innerer Vorgang (hier: Funktionsbeeinträchtigung des Herzens und dadurch verursachte Bewusstseinsstörung) vorausgegangen ist
OLG Nürnberg
1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass der Versicherte zwar ertrunken ist, der Versicherungsschutz für dieses Ereignis aber durch § 2 I 1. der AUB ausgeschlossen wird. Der Unfall des Versicherten wurde nämlich durch eine Bewusstseinsstörung ausgelöst, die ihrerseits Folge einer Funktionsbeeinträchtigung des Herzens war und nicht selbst durch ein versichertes Unfallereignis verursacht wurde. Am Anfang der Kausalkette, die zum Tod des Versicherten führte, stand also nicht ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis (§ 1 III AUB 88), sondern eine nicht versicherte innere Ursache. Zweifel an dieser inneren Ursache können zwar nicht mit einer zur absoluten Gewissheit führenden Sicherheit ausgeschlossen werden. Der Senat ist jedoch mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit davon überzeugt, dass die bei dem Verstorbenen nach dem Ergebnis der Obduktion sicher vorliegenden Prädispositionen für eine funktionelle Störung der Herztätigkeit ursächlich für seinen Tod geworden sind.
2. Der Tod durch Ertrinken ist nach h.M. stets ein plötzlich von außen auf den Körper des Versicherten wirkendes Ereignis. Unter Ertrinken wird allgemein der typische Tod durch Eindringen (Einatmen) von Wasser in die Atemwege verstanden. Als Unfallereignis wird demgemäß das Eindringen von Wasser in den Kehlkopf angesehen. Dagegen ist die Ursache des Untersinkens nur für einen eventuellen Ausschluß erheblich. Die Erkenntnis, dass nahezu jeder Tod im Wasser mit einer Ertrinkungsphase einhergeht, verbietet es jedoch, Wasseraspiration mit Ertrinken und Unfall gleichzusetzen, weil eine Wasseraspiration auch stattfinden kann, wenn der Tod durch körperinnere Vorgänge verursacht wurde. Vielmehr kann ein Unfall durch Ertrinken nur angenommen werden, wenn die zum Ertrinken führende Kausalkette bereits vorher mit einem Geschehen außerhalb des Körpers begonnen hat (Grimm, Unfallversicherung, AUB 99 Nr. 1 Rn 33, zitiert nach beck-online).
3. Der BGH hat in einem Urteil vom 22.06.1977 (IV ZR 128/75) zur Eintrittspflicht des Unfallversicherers bei Tod durch Ertrinken Grundsätze aufgestellt, die seitdem in der Rechtsprechung weitgehend anerkannt sind (z.B. OLG Stuttgart, Urteil vom 27.07.2006, Az. 7 U 208/05).
4. Für ein Ertrinken spricht, dass Anzeichen einer relevanten Aspiration von Süßwasser ableitbar sind. Dass dieses Wasser nicht mehr in der Lunge nachgewiesen werden konnte, beruht auf dem Umstand, dass Süßwasser einen geringeren Salzgehalt als Blut aufweist und hypoosmolare Flüssigkeiten wie Süßwasser nach Aspiration in die Lunge sehr schnell in die Blutbahn resorbiert werden. Der Befund von flüssigem Leichenblut spricht deshalb zusammen mit dem nach dem Obduktionsprotokoll festgestellten Schaumpilz bzw. schaumig durchsetzter Flüssigkeit in den Atemwegen und der starken Lungenüberblähung sowie den unter den Lungenüberzügen beschriebenen disseminiert vorliegenden glasstecknadelkopfgroßen Blutungen für ein Ertrinken. Bei diesen Obduktionsbefunden liegt auch dann ein Ertrinkungstod vor, wenn es eine Funktionsbeeinträchtigung des Herzens mit Bewußtseinsstörung gegeben hat. Die Bewusstseinsstörung führte nach den Darlegungen des Sachverständigen über die Aspiration einer relevanten Menge von Süßwasser zum Ertrinkungstod. Dafür, dass es einen Sekundenherztod, also einen Tod praktisch von einem Moment auf den anderen gegeben hätte, ohne dass der Versicherte noch Süßwasser aspiriert hat, gibt es keinen Anhaltspunkt.

Kein Anspruch auf Invaliditätsleistung wegen abgebrochener OP-Zange, wenn anschließende Lähmung auch Folge der Heilbehandlung sein kann
LG Dortmund
Der Anspruch auf eine Invaliditätsleistung wegen eines ärztlichen Kunstfehlers ist nicht gegeben, wenn der Anspruchsteller handschriftliche ärztliche Feststellungen unfallbedingter Invalidität nicht vorlegt. Hierbei handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung, die prozessual nicht verzichtbar ist und die die Parteien allenfalls unstreitig stellen können. Nicht allein der Umstand, dass während einer Operation eine Fasszange abbricht und die Patientin in der Folge über Lähmungserscheinungen klagt, wenn die Lähmungserscheinungen auch als Folge der Heilbehandlung auftreten können. Dass nach bei einem ärztlichen Instrument ein Materialfehler vorliegt, mag ein seltener Umstand sein. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, eine adäquate Verursachung durch die Heilmaßnahme zu verneinen, weil der Kontakt mit einem ärztlichen Instrument wiederum für eine Operation typisch ist und sich die Verwendung von schadhaften Materialien und Instrumenten nie gänzlich ausschließen lässt.

Kofferverladung durch Taxifahrer ist typische Tätigkeit und fällt nicht unter den erweiterten Unfallbegriff
OLG Hamm
Die Beurteilung, ob eine „erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule" vorliegt, die unter den erweiterten Unfallbegriff fällt, bestimmt sich nach den persönlichen Verhältnissen des Versicherten. Wenn ein Taxifahrer einen etwa 20 kg schweren Koffer aus dem Fahrzeug nehmen möchte, dieser Koffer sich verkantet und wenn dann beim Herausziehen die Bizepssehne des rechten Armes reißt, so fällt dieses Geschehen nicht unter den erweiterten Unfallbegriff. Das Verladen und Herausnehmen von Koffern bis zu einem üblichen Gewicht - 20 kg Gepäck sind etwa für Fluggäste häufig üblich - ist damit noch innerhalb des für einen Taxifahrer normalen Kraftaufwands.

Nachweis eines Unfalls bei veränderter Unfallschilderung
OLG Frankfurt
Schilderte der Versicherungsnehmer den Unfallhergang zunächst dem Versicherer und den ihn behandelnden Ärzten in einer Weise, dass kein versichertes Unfallereignis vorliegt und ändert er auf die Klageerwiderung sein Vorbringen, so bestehen Zweifel am Unfallhergang, die zu Lasten des beweispflichtigen Versicherungsnehmers gehen.

Bestreiten des Unfalls durch Versicherer im Prozess trotz außergerichtlich eingeholten Gutachtens möglich
OLG Frankfurt
Eine vom Versicherer veranlasste ärztliche Begutachtung des Gesundheitszustandes des Versicherten lässt nicht den Schluss zu, dass der Versicherer das Vorliegen eines Unfalls nicht mehr bestreiten will.

Ein Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik löst keinen Anspruch auf ein im Rahmen einer Unfallversicherung versichertes Krankenhaustage- und Genesungsgeld aus
LG Köln
1.Für den Begriff des Krankenhauses ist kein bestimmtes Einzelmerkmal entscheidend, es kommt vielmehr auf das Gesamtbild der Einrichtung und der angebotenen Behandlung an. Ein Krankenhaus dient in der Regel, aber nicht immer der Behandlung von akuten Krankheiten. Die Patienten werden meist unmittelbar nach der Erkrankung aufgenommen. Charakteristisch ist vor allem die ständige ärztliche Überwachung des Heilungsverlaufes, insbesondere durch die täglichen Visiten des Arztes. Bei der Behandlung stehen physikalische und chemische Mittel im Vordergrund (BGH, VersR 1983, 677). Im Gegensatz dazu werden in Sanatorien (oder Rehabilitationskliniken) Patienten aufgenommen, die bereits einen Krankenhausaufenthalt oder eine sonstige Heilbehandlung hinter sich haben, einer weiteren Krankenhausbehandlung nicht mehr bedürfen, jedoch noch nicht völlig wiederhergestellt sind (BGH, VersR 1983, 677).
2. Eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme kann zwar einer Sanatoriumsbehandlung nicht völlig gleichgestellt werden. Sie unterscheidet sich von ihr vor allem dadurch, dass der Heilerfolg nicht so sehr von der Entfernung aus der gewohnten Umgebung, der Fernhaltung schädlicher Umwelteinflüsse und einer geregelten Lebensweise erwartet wird, sondern in erster Linie von einer Anleitung des Patienten zu eigener Tätigkeit, durch die er diejenigen Kräfte und Fähigkeiten (wieder-) erwerben soll, die ihn zu einer Teilnahme am Arbeits- und Gemeinschaftsleben befähigen (BGH, VersR 1983, 677). Dennoch handelt es sich bei einem Sanatorium, Erholungsheim oder einem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik um eine Gruppe, die sich deutlich von den Krankenhäusern unterscheidet.
4. Bei einer Rehabilitationsmaßnahme handelt es sich nicht um eine "notwendige Heilbehandlung", da sie nur der Verbesserung der der Leistungsfähigkeit dient.

Addition der in der Gliedertaxe vorgesehenen einzelnen Teilglieder bei Auswirkung der Verletzung auf mehrere Teile eines Körpergliedes
OLG Frankfurt
1. Wirkt sich die Verletzung eines Körperglieds auf verschiedene Teile des Glieds aus, die in der Gliedertaxe separat bewertet werden (hier eine Verletzung des Arms auf Schulter, Ellenbogen, Handgelenk und Finger), so ist auf den rumpfnächsten Sitz der unfallbedingten Schädigung abzustellen (hier: "Arm im Schultergelenk").
2. Für den danach betroffenen Gliederteil ist eine einheitliche Bewertung des Ausmaßes der Funktionsbeeinträchtigung vorzunehmen. Eine Addition der in der Gliedertaxe vorgesehenen einzelnen Teilglieder (Finger, Hand, Arm) findet nicht statt. Eine solche ist auch nach § 7 I (2) d AUB 88 nicht möglich.
3. Diese Klausel ist weder unklar noch mehrdeutig im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB.
4. Bei der Gesamtbewertung dürfen aber die sich aus der Beeinträchtigung von Teilgliedern ergebenden Einzelwerte nicht unterschritten werden, sie stellen insoweit einen Mindestwert der Beeinträchtigung des Gesamtglieds dar. Dahin gestellt bleibt, ob dies auch für die Fälle gilt, in denen ein Körperglied durch mehrere Verletzungen in verschiedenen Teilen beeinträchtigt ist (Polytrauma).

Altersgerechte Verschleißerscheinungen sind weder Krankheit noch Gebrechen
OLG Saarbrücken
1. Die Rotatorenmanschette ist Teil einer Gliedmaße im Sinne des erweiterten Unfallbegriffs von § 1 Abs. 4 AUB (Nr. 1.4 AUB 2008).
2. Altersgerechte Verschleißerscheinungen begründen, auch wenn sie schwerwiegend sind, weder eine Krankheit noch ein Gebrechen. Sie können deshalb eine Leistungskürzung nach § 8 AUB (Nr. 3 AUB 2008) nicht rechtfertigen.

Haftung des Gutachters einer Unfallversicherung
OLG Schleswig
Der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung fällt nicht in den Schutzbereich des Vertragsverhältnisses zwischen dem Versicherer und dem von diesen beauftragte Gutachter.

Darlegung einer die posttraumatische Bewusstseinsstörung auslösenden organischen Hirnleistungsstörung
OLG Köln
Der Versicherungsnehmer hat vorzutragen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung auf eine organische Ursache zurückzuführen ist. Mit der Darlegung von Richtsymptomen für eine solche Hirnschädigung genügt der Versicherungsnehmer seiner Substantiierungspflicht. Hat der behandelnde Arzt eine organische Hirnschädigung verneint und trägt der Versicherungsnehmer keine Sichtsymptome für eine organische Schädigung bzw. liegt keine eine hirnorganische Störung bejahende ärztliche Diagnose vor, so fehlt es an einer substantiierten Darlegung eines unfallbedingten organischen Körperschadens, der zu der posttraumatischen Belastungsstörung geführt hat.

Fristversäumnis der ärztlichen Invaliditätsfeststellung und Ablehnung des Versicherers
LG Düsseldorf
Hat der Versicherer Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld abgerechnet und dabei auf die Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Invaliditätsansprüchen hingewiesen und lehnt er später den Invaliditätsanspruch nach Einblick in die Ermittlungsakte wegen Fahrens gegen einen Straßenbaum in selbstmörderischer Absicht ab, so ist sein Berufen auf den Fristablauf zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung nicht treuwidrig.

Selbsttötung des Versicherungsnehmers - Fahrt gegen Brückenpfeiler einer Bundesautobahn
LG Hannover
- Fuhr der Versicherungsnehmer mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 130 bis 140 km/h in einer langgezogenen Kurve, die im Brückenbereich annährend gerade ist, gegen einen rechts stehenden Brückenpfeiler der Bundesautobahn, nachdem ausweislich der Triftspur auf dem rechten Fahrstreifen eine Lenkraddrehung um 30 bis 45 Grad vorgenommen wurde;
- ist ein Auslöser für einen so starken Lenkeinschlag nicht erkennbar und fehlt es an einer Reaktion des Versicherungsnehmers auf einen solchen Auslöser der Gefahr;
- war die gefahrene Geschwindigkeit angesichts der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Straßenverkehrsverhältnisse sowie des Fahrzeugtyps nicht überhöht und scheidet ein technischer Defekt am Fahrzeug als Unfallursache aus;
- begann ca. eine halbe Stunde vor dem Unfall eine Hausdurchsuchung beim Versicherungsnehmer, bei der seine dritte Ehefrau erstmals von dem Verdacht gegen ihren Ehemann wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften sowie einer vor 1,5 Jahren erfolgten Verurteilung ihres Ehemanns wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern erfuhr;
so hat der Versicherer die zugunsten des Versicherungsnehmers gesetzliche Vermutung einer unfreiwilligen Gesundheitsschädigung widerlegt und die Selbsttötung des Versicherungsnehmers durch Indizien nachgewiesen. Dass der Versicherungsnehmer keinen Abschiedsbrief hinterlassen hatte bzw. ein solcher nicht gefunden wurde, spricht nicht gegen eine Selbsttötung.

Invalidität durch Borreliose nach Zeckenstich
LG Saarbrücken
Hat der Versicherungsnehmer sich durch Zeckenstich eine Borreliose zugezogen, die mit einem Antibiotikum behandelt wurde, und ergab eine Laboruntersuchung, die später aufgrund der vom Versicherungsnehmer behaupteten Invalidität infolge andauernder Beschwerden durchgeführt wurde, dass keine Borrelien igG-Antikörper mehr festzustellen sind, so ist der Eintritt einer Invalidität als Folge des Zeckenstichs nicht nachgewiesen.

Beeinträchtigungen durch Somatisierungsstörungen nach einem Fahrradunfall sind durch die Psychoklausel ausgeschlossen
OLG Frankfurt am Main
Bestehen psychiatrische Beschwerden, die schon vor einem Fahrradunfall in Form von einer Depression vorhanden gewesen sind und sich seit einem Unfall als Somatisierungsstörung verstärkt oder selbstständig herausgebildet haben, müssen bei der Bemessung des Grads der Invalidität unberücksichtigt bleiben, denn sie sind, soweit es sich um eine Unfallfolge handelt, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Soweit der Versicherungsnehmer an Depressionen leidet oder den Fahrradunfall und die zunächst bestehenden Schmerzen fehl verarbeitet hat, handelt es sich nicht um eine organisch hervorgerufene psychische Beeinträchtigung, sondern um eine lediglich psychisch vermittelte Beeinträchtigung. Entscheidend für den Ausschluss ist somit, dass es sich um eine Fehlverarbeitung eines Unfallgeschehens handelt, ohne dass fortbestehende, unfallbedingte organische Veränderungen hierzu beitragen.

Arglistiges Verschweigen einer Alkoholerkrankung begründet Leistungsfreiheit für Unfallversicherung
OLG Saarbrücken
Ein in einem privaten Unfallversicherungsvertrag Mitversicherter kann keinen Anspruch auf eine Invaliditätsentschädigung wegen eines unfallbedingten Sturzes geltend machen, wenn er einen jahrelangen Alkoholmissbrauch, der bereits zu stationär behandlungsbedürftigen Leberschäden geführt hatte, bei Beantragung des Versicherungsvertrags arglistig verschwiegen hat. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Anspruchsteller aufgrund des Umstands, dass unmittelbar vor Antragstellung weitere Folgeschäden der Alkoholerkrankungen aufgetreten waren, nicht der Erkenntnis verschließen konnte, dass es sich bei seiner Erkrankung um einen Umstand handelte, der für die Versicherung von erheblicher Bedeutung war. Ein solches Verhalten führt insofern zur Leistungsfreiheit der Unfallversicherung.

Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität ist Anspruchsvoraussetzung für Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung
LG Dortmund
Muss nach den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren 3 Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht werden und ist insbesondere die Invaliditätsfeststellung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erfolgt, so besteht kein Anspruch auf Invaliditätsleistung. Das Fehlen dieser die Entschädigungspflicht des Unfallversicherers begrenzenden Anspruchsvoraussetzung ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn eine ärztliche Feststellung der Invalidität innerhalb der bedingungsgemäßen Frist nicht erfolgen konnte. Es handelt sich insoweit nicht um eine Ausschlussfrist.

Auch „nachvollziehbare und verständliche" psychischen Reaktionen gehören nach Ziffer 5.2.6 AUB 2000 zu den Unfallfolgen, für die Versicherungsschutz nicht gewährt wird
OLG Koblenz
1. Von dem Ausschluss nach Ziffer 5.2.6 AUB 2002 werden alle Gesundheitsstörungen erfasst, die auf einer psychischen Reaktion beruhen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Reaktion auf den Unfall selbst, um eine solche auf die entweder im Laufe des Heilungsprozesses auftretenden Beschwerden und Leiden oder auch um eine Reaktion auf nach Abschluss des Heilungsprozesses verbleibende Behinderungen handelt. Treten nach einem Unfall, der organische Schädigungen mit sich brachte, in der Folgezeit psychische Beeinträchtigungen auf, so muss geklärt werden, ob der krankhafte Zustand seine Ursache in der organischen Schädigung hat oder letztlich auf einer psychischen Reaktion beruht. Es reicht nicht aus, wenn nach einer körperlichen Schädigung in der Folge psychische Probleme auftreten (Buhrmann/Heß, Psychische Erkrankungen, r+s 2010, 403 ff.).
2. Eine Auslegung des Inhalts, dass psychische Reaktionen auf körperliche Verletzungen dann im Rahmen der Unfallversicherung zu entschädigen sind, wenn sie aufgrund der Schwere des Unfalls und der damit erlittenen Körperschäden verständlich und nachvollziehbar sind (so z. B. OLG Hamm, r+s 2006, 428), wird durch die Versicherungsbedingung nicht gedeckt. Auch dann, wenn es nachvollziehbar ist, dass auf Grundlage der erlittenen Verletzungen eine Depression oder eine sonstige psychische Störung entstanden ist, handelt es sich doch nicht um eine unmittelbare Folge der körperlichen Verletzung, sondern um eine erst aufgrund einer psychischen Reaktion eingetretene weitere Störung, deren Eintritt von der psychischen Verarbeitung des Unfalls und seiner physischen Folgen abhängt und damit nicht zwangsläufig mit der körperlichen Verletzung verbunden ist, sonder sich nur im Fall einer Fehlverarbeitung des Traumas und seiner Folgen einstellt. Damit gehören auch die „nachvollziehbaren und verständlichen" psychischen Reaktionen zu den Unfallfolgen, für die Versicherungsschutz nicht gewährt wird.

„Nachvollziehbare und verständliche" psychische Reaktionen unterfallen nicht dem Ausschluss nach Ziffer 5.2.6 AUB 2000
OLG Oldenburg
Nicht jedes psychische Beschwerdebild, das infolge einer organischen Gesundheitsschädigung auftritt, kann als eine physisch verursachte, und damit nicht unter die Ausschlussklausel der Allgemeinen Unfallbedingungen fallende, Gesundheitsstörung qualifiziert werden. Vielmehr ist danach zu differenzieren, ob die psychische Reaktion in Anbetracht der Schwere der erlittenen körperlichen Beeinträchtigungen medizinisch nachvollziehbar ist. Fehlt es hieran, können die durch einen Unfall bedingten Körperschaden mittelbar hervorgerufenen psychischen Beschwerden nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden. Sie sind dann das Resultat einer psychischen Fehlverarbeitung, so dass die Ausschlussklausel greift.

Der Umstand, dass der von dem Versicherer wegen einer fristgerecht geltend und festgestellten Beeinträchtigung beauftragte Sachverständige den ihm erteilten Gutachtenauftrag überschreitet und auch auf Untersuchungen zu Beeinträchtigungen ausdehnt, die nicht fristgerecht festgestellt wurden, hindert den Versicherer nach Treu und Glauben nicht, sich insoweit auf die Nichteinhaltung der Fristen zu berufen
OLG Koblenz
1. Beauftragt der Unfallversicherer nach Ablauf der 15-Monats-Frist einen Arzt mit der Begutachtung der fristgerecht geltend gemachten und festgestellten Unfallverletzungen auf orthopädischem Gebiet, kann es dem Versicherer nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben angelastet werden, wenn er sich in Bezug auf nicht rechtzeitig geltend gemachte neurologische Schäden auf den Fristablauf beruft, auch wenn der von ihm beauftragte Gutachter die neurologischen Beeinträchtigungen mit begutachtet hat.
2. Der Umstand, dass der von dem Versicherer wegen einer anderen Beeinträchtigung, bezüglich welcher der Versicherer in das Prüfungsverfahren eingetreten ist, beauftragte Sachverständige den ihm erteilten Auftrag überschreitet und lange nach Fristablauf erstmals Feststellungen bezüglich einer weiteren Beeinträchtigung trifft, muss sich der Versicherer weder zurechnen lassen noch ist er geeignet, sein verhalten als treuwidrig erscheinen zu lassen, wenn sie sich gegenüber den hierauf gestützten Ansprüchen auf den Fristablauf beruft.

Auch wenn nach der Rechtsprechung des BGH der Anwendungsbereich der Ziffer 5.2.6 von der (medizinisch) schwer zu beantworten Frage abhängt, ob die krankhafte psychische Störung nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden kann, ist die Klausel nicht untransparent und damit wirksam
OLG Koblenz
1. Nach Ziffer 5.2.6 AUB 2002 besteht kein Versicherungsschutz für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht sind.
2. Es ist abzustellen auf den Zusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden und seiner Ursache. Kann die krankhafte Störung nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden, will der Versicherer keinen Versicherungsschutz gewähren. Psychogen bedeutet, dass der Zustand vor allem auf psychische Bedingungen, d.h. die Art und Weise der Erlebnisverarbeitung, zurückzuführen ist. Führt dagegen eine organische Schädigung unmittelbar zu einem psychischen leiden, löst dies den Ausschlusstatbestand nicht aus, da diese seelische beschwerden nicht, wie die Klausel dies wörtlich verlangt, ihrerseits auf psychische Reaktionen beruhen, sondern physisch hervorgerufen sind, wie z.B. die Veränderung der Psyche bei einer hirnorganischen Verletzung.
3. In dieser Lesart ist Ziffer 5.2.6 AUB 2002 auch nicht unwirksam. Der Umstand, dass die tatsächliche Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Klausel im Einzelnen schwierig und für medizinische Laien nicht ohne weiteres einsichtig sein kann, führt nach Auffassung des Senats nicht zu ihrer Bewertung als untransparent im Sinn von § 305c Abs. 2 BGB

Versicherungsschutzausschluss wegen Gesundheitsschädigung durch Heilmaßnahmen nach Sturz beim Umbetten im Krankenhaus
OLG Celle
1. Stürzt der Versicherungsnehmer während der Narkoseeinleitung, als ein Krankenpfleger ihn umbetten wollte, vom Bett, so fällt die dabei erlittene Gesundheitsschädigung unter den Versicherungsschutzausschluss „Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen". Von diesem Ausschluss werden alle Handlungen erfasst, die den Eingriff vorbereiten oder begleiten und im inneren Zusammenhang mit dieser Maßnahme stehen. Der Ausschluss erfasst nicht nur von einem Arzt vorgenommene Handlungen.
2. Der Versicherungsschutzausschluss „Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen" ist weder unklar, noch mehrdeutig, noch benachteiligt er den Versicherungsnehmer unangemessen.
3. Die Regelung der Ziffer 2.1.1.1 Satz 2 AUB 2000, durch die - als Anspruchsvoraussetzung einer Invaliditätsentschädigung - bestimmte Fristen für den Eintritt, die Feststellung und die Geltendmachung der Invalidität gesetzt werden, ist wirksam.

Nichteinhaltung der 15-Monats-Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung kann nicht entschuldigt werden
LG Dortmund
Der versicherten Person steht kein Anspruch auf Invaliditätsleistung zu, wenn die ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht innerhalb der in den AUB vorgesehenen Frist erfolgt ist. Das Fehlen dieser die Entschädigungspflicht des Unfallversicherers begrenzenden Anspruchvoraussetzung ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn eine ärztliche Feststellung der Invalidität innerhalb der bedingungsgemäßen Frist nicht erfolgen konnte.

Vergleichsmaßstab für eine „erhöhte Kraftanstrengung" im Sinne der AUB sind alltägliche Bewegungsabläufe (hier: Achillessehnenruptur beim Tennisspielen)
LG Frankfurt
Als Vergleichsmaßstab für die „erhöhte Kraftanstrengung" im Sinne der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen sind nicht die üblichen Bewegungsabläufe innerhalb einer ausgeübten Sportart heranzuziehen, da vom Wortlaut der Klausel jede erhöhte Kraftanstrengung erfasst wird. Bei der Ausübung einer Sportart dürfte dabei in der Regel stets von einer erhöhten Kraftanstrengung auszugehen sein. Als Vergleichsmaßstab sind dementsprechend alltägliche Bewegungsabläufe heranzuziehen. Ein bei einem Tennisspiel zugezogener Achillessehnenriss stellt dementsprechend einen Unfall dar.

Wann muss „geleugnete" Alkoholerkrankung bei Antragstellung angegeben werden
OLG Saarbrücken
Von der Kenntnis einer erheblichen Krankheit ist auszugehen, wenn der Versicherte seine Alkoholerkrankung zwar stets geleugnet hat, er aber ärztlich lange Jahre vor Alkoholmissbrauch gewarnt und wegen dessen Folgeerscheinungen bereits stationär behandelt worden war.

Bei mehreren verletzten Fingern ist daher nicht die dauernde Gebrauchsbeeinträchtigung der Hand, sondern die der einzelnen Finger maßgebend
OLG Köln
1. Die Gliedertaxe stellt in § 7 I. (2) a) AUB 94/1 für gänzlichen oder teilweisen Verlust ebenso wie für gänzliche oder teilweise Gebrauchsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab (BGH VersR 2006, 1117; VersR 2003, 1163; VersR 1991, 413).
2. Sieht man als unfallbedingte Schädigung - folgerichtig - die unfallbedingte Verletzung an, so liegt diese bei der Ehefrau des Klägers in der Durchtrennung der Strecksehnen des Mittel- und Zeigefingers der linken Hand auf dem Handrücken in Höhe des Fingergrundgelenks. Diese Strecksehnen dienen der Streck- und Beugefähigkeit der ihnen zugehörigen Langfinger und sind ebenso wie die Fingergrundgelenke unzweifelhaft den Fingern als Teilgliedmaßen im Sinne der Gliedertaxe zugehörig. Der Sitz der Verletzung liegt damit im Bereich der Finger der linken Hand. Es ist zwar anatomisch unvermeidbar, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung einzelner Finger sich stets auch auf die Gebrauchsfähigkeit der Hand auswirkt, wie dies bei der Ehefrau des Klägers der Fall ist. Diese Auswirkungen auf die Gebrauchsfähigkeit des verbliebenen, aber nicht durch den Unfall verlorenen oder selbst dauergeschädigten Restgliedes oder Teilbereichs eines Gliedes sind jedoch in den Prozentsätzen der Gliedertaxe bereits berücksichtigt (BGH VersR 1991, 413). Bei mehreren verletzten Fingern ist daher nicht die dauernde Gebrauchsbeeinträchtigung der Hand, sondern die der einzelnen Finger maßgebend (BGH aaO; vgl. auch BGH VersR 1990, 964). Da es nach den Feststellungen des Sachverständigen an einer eigenen unfallbedingten Dauerschädigung des Handgelenks oder des Unterarms der Ehefrau des Klägers gerade fehlt, ist für die Berechnung der Invaliditätsentschädigung allein auf die jeweiligen Fingerwerte der Gliedertaxe abzustellen.

Beeinträchtigungen durch Somatisierungsstörungen sind durch die Psychoklausel ausgeschlossen
OLG Frankfurt
1. Es besteht kein Beweis des ersten Anscheins, dass die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden ihre Ursache insgesamt im Unfall haben.
2. Der Versicherungsnehmer muss zwar, wenn eine Primärverletzung durch den Unfall feststeht, die weiteren Folgen nur mit dem Beweismaß des § 287 ZPO nachweisen. Daran fehlt es aber, wenn nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass die bei dem Versicherungsnehmer zu beobachtenden Einschränkungen auf dem Unfall beruhe.

Bei Vereinbarung einer progressiven Invaliditätsstaffel, die § 7 I (2) und (3) AUB 88 entsprechende Bedingungen in Bezug nimmt, ist Grundlage für die Progression der um die Vorinvalidität geminderte Invaliditätsgrad
BGH
1. Durch die Besonderen Bedingungen wird § 7 I AUB 88 ausdrücklich "erweitert", so dass der Versicherungsnehmer die so in Bezug genommene Klausel und ihren Regelungsgehalt zum Ausgangspunkt nimmt. Bestätigt wird er in dieser Sichtweise durch den nachfolgenden Wortlaut der Besonderen Bedingungen, wonach ein Unfall "nach den Bemessungsgrundsätzen der Nummern (2) und (3)" zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führen muss. Das bringt mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck, dass von den Bemessungsgrundsätzen des § 7 I (2) und (3) AUB 88 nicht abgewichen werden soll, insbesondere soll es bei der Trennung zwischen dem vom Versicherer zu entschädigenden unfallbedingten Invaliditätsgrad und dem dem Versicherungsnehmer zuzurechnenden Vorinvaliditätsgrad - sei er auch seinerseits unfallbedingt - verbleiben. Dies gilt umso mehr, als die Besonderen Bedingungen keine eigenen Bemessungsgrundsätze enthalten, sondern ausdrücklich an die in § 7 I AUB 88 enthaltenen anknüpfen und diese lediglich insoweit fortschreiben, als bei Erreichen eines bestimmten Invaliditätsgrades sich die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme verdoppelt oder sogar verdreifacht. Dies ändert indes nichts daran, dass Basis für die Progression der um die Vorinvalidität bereinigte Invaliditätsgrad ist, der sich allein nach § 7 I (2) und (3) AUB 88 bestimmt.
2. Allein diese Auslegung der Versicherungsbedingungen der Beklagten erweist sich demnach als richtig. Sie folgt den Grundsätzen des Senatsurteils vom 24. Februar 1988 (IVa ZR 220/86, VersR 1988, 461 unter 1 zu AUB 61), an denen festzuhalten ist; für die AUB 88 ergeben sich insoweit keine Besonderheiten (vgl. auch Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 8 AUB 94 Rdn. 3; Nr. 3 AUB 2008 Rdn. 9; Grimm, Unfallversicherung 4. Aufl. Nr. 3 AUB 99 Rdn. 6; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 47 Rdn. 197; Rüffer in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG Ziff. 2 AUB 2008 Rdn. 34). Das Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 (IV ZR 264/98, VersR 2000, 444 unter 2 b aa), in dem auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken (VersR 1998, 836) Bezug genommen wird, steht dem nicht entgegen, denn im dortigen Zusammenhang ging es um eine Klausel, die § 8 AUB 88 entspricht.
3. Erst der nach § 7 I (2) und (3) AUB 88 ermittelte unfallbedingte Invaliditätsgrad versetzt den Versicherer nach alledem in den Stand, die ihm obliegende Berechnung der nach den Versicherungsbedingungen geschuldeten Entschädigungsleistung vorzunehmen. Die Beklagte hat in den Besonderen Bedingungen lediglich für Fälle, in denen die unfallbedingte Invalidität des Versicherten 25% übersteigt, die Anknüpfung an bewegliche, mit dem unfallbedingten Invaliditätsgrad progressiv steigende Versicherungssummen versprochen, nicht dagegen die Maßgeblichkeit anderer Invaliditätsgrade als der in den AUB vereinbarten (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 aaO unter 2). Folgen zwei Unfälle aufeinander, kommt es auch für den zeitlich späteren Unfall nur auf den Invaliditätsgrad an, der letzterem zuzuordnen ist. Eine Zusammenrechnung oder eine sonstige übergreifende Betrachtung beider Unfälle, wie der Kläger sie geltend macht, scheidet für die progressive Invaliditätsstaffel aus. Einen Invaliditätsgrad, der 25% übersteigt, hat der Kläger allein mit dem zweiten Unfall nicht erreicht, so dass die Beklagte zu einer weiteren Versicherungsleistung nicht verpflichtet ist.

 Urteile aus dem Jahr 2010

Wenn bei der Würdigung eines Unfallgeschehens zwei Alternativen verbleiben und nur eine dieser beiden für eine freiwillige Verletzung spricht, ist die Unfreiwilligkeit nicht erwiesen
OLG Koblenz
1. Gemäß § 180a VVG a.F. wird die Unfreiwilligkeit des Unfallversicherungsfalles zunächst zugunsten des Versicherungsnehmers bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
2. Die Tatsache,
- dass der Versicherungsnehmer eine Invaliditätssumme sowie eine Rentenzahlung versichert hat, die in einem deutlichen Missverhältnis zu seinem vor dem Unfall erwirtschafteten Einkünften lagen;
- dass sich der in Rede stehende Unfall bereits 7 Monate nach Abschluss des Versicherungsvertrages ereignet hat;
- dass in der Familie der Ehefrau des Klägers in auffälligem Maße entsprechende Unfälle aufgetreten sind;
- dass der Kläger selbst an einem Versicherungsbetrug zugunsten seiner Ehefrau beteiligt war und deswegen rechtskräftig verurteilt wurde und
- dass schließlich eine Klage des Schwagers des Klägers gegen den Versicherer wegen Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgewiesen wurde, da es sich bei dem als Ursache der Berufsunfähigkeit genannten angeblichen Unfall um eine absichtliche Selbstverletzung der versicherten Person gehandelt habe,
reichen nicht als Indizien aus, um die Unfreiwilligkeit zu widerlegen, solange keine Zweifel an der Unfallschilderung gegeben sind und damit nicht feststeht, dass sich der Unfall, so wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann.
2. Erst dann, wenn sich bzgl. der Unfallschilderung Zweifel ergeben haben und wenn feststeht, dass sich der Unfall, so wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann, besteht ein hinreichender Verdacht bzgl. der Freiwilligkeit des angeblichen Unfallgeschehens und erst in diesem Fall können die von dem Versicherer genannten Indizien diesen Verdacht bis letztlich zur Gewissheit verstärken. Wenn bei der Würdigung des Unfallgeschehens jedoch zwei Alternativen verbleiben und nur eine dieser beiden für eine freiwillige Verletzung spricht, haftet der Versicherer, da die Unfreiwilligkeit nicht erwiesen ist.

Generelle Hinweise auf die einzuhaltenden Fristen nach Schadensanzeige machen erneute individuelle Hinweise nicht entbehrlich, wenn sich in der Folge für den Versicherer zeigt, dass Versicherungsnehmer die Hinweise nicht verstanden hat
LG Dortmund
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Berufung des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung rechtsmissbräuchlich, wenn dem Versicherer ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fristversäumnis deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterlässt. Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte Invaliditätsansprüche rechtzeitig geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahelegen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlt.
2. Ein solches Belehrungsbedürfnis muss dem Versicherer deutlich werden, wenn der Versicherungsnehmer kurz vor Ablauf der Frist erstmals Ansprüche wegen eingetretener Invalidität geltend macht und ausdrücklich nachfragt, welche Informationen der Versicherer noch zur Festsetzung der Entschädigungsleistung fehlten.
3. Demgegenüber kann der Versicherer sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe bereits bei der Unfallanzeige hinreichende Hinweise erteilt. Solche - generellen - Hinweise vermögen nicht den aufgrund einer konkreten Nachfrage des Klägers kurz vor Fristablauf erforderlichen - individuellen - Hinweis zu ersetzen. Die hier bestehende Belehrungspflicht wurde durch den konkreten Anlass der Nachfrage ausgelöst. Ein Versicherungsnehmer, der bereits durch frühere Hinweise hinreichend aufgeklärt wurde und der diese frühere Aufklärung zutreffend aufgefasst hat, wird keine Nachfragen stellen. Stellt er sie doch, so wird hierdurch die anlassbezogene Belehrungspflicht für den Versicherer ausgelöst, mit welcher ihm nichts Unzumutbares abverlangt wird.

Nachweis eines Unfallereignisses bei ungeklärtem Geschehensablauf nur anhand des Verletzungsbildes
OLG Saarbrücken
1. Wird ein Versicherter mit schweren Kopfverletzungen (Schädelfraktur und Hirnblutung) in seinem Hausflur aufgefunden, ohne dass der Geschehensablauf aufgeklärt werden kann, ist von einem von ihm zu beweisenden Unfall auszugehen, trotz Vorbefunden nicht aber von einer vom Versicherer zu beweisenden alkoholbedingten oder epileptisch bedingten Verursachung.
2. Von dem Bewusstsein einer erfragten "erheblichen Krankheit" ist trotz bewiesener Leugnung einer Alkoholerkrankung durch den Versicherten auszugehen, wenn er ärztlich lange Jahre vor Alkoholmissbrauch gewarnt und wegen dessen Folgeerscheinungen auch bereits stationär behandelt worden war.

Die Verjährung erfasst nicht nur bis dahin fällig gewordene Renten sondern sämtliche - auch zukünftige - Rentenansprüche
LG Dortmund
1. Im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 VVG a. F. kann die Leistung regelmäßig verlangt werden, zu dem Zeitpunkt, in dem die Erhebungen beendet sind oder bei korrektem Vorgehen beendet gewesen wären; an eine Ablehnungserklärung des Versicherers ist der Beginn der Verjährung nicht geknüpft, er ist auch nicht von einer Belehrung nach § 12 Abs. 3 S. 2 VVG a. F. abhängig.
2. Hinsichtlich der Verjährung ist der Versicherer nicht gehalten, eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen.
3. Erfasst von der Verjährung werden nicht nur bis dahin etwaig fällige Unfallrentenansprüche, sondern der Anspruch auf sämtliche Renten, da vorliegend das "Stammrecht" verjährt ist (BGH VersR 1955, 97; OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 612).

Erstmaliges Bestreiten des Unfallhergangs durch den Versicherer im Prozess
LG Aachen
1. Ein erstmals in einem Rechtsstreit erfolgtes Bestreiten der Unfallschilderung des Versicherungsnehmers durch den Unfallversicherer ist prozessual ohne Bedeutung, wenn der eigene Sachverständige des Versicherers außerprozessual in einem Gutachten Verletzungen festgestellt hat, die typische Folgen von Sturzereignissen sind. Tritt der Versicherer auf Grundlage dieses Gutachtens in die Regulierung ein, gibt er zu erkennen, dass auch er das Gutachten für überzeugend hält.
2. Angesichts dessen darf sich der Versicherer nicht auf einfaches Bestreiten der Unfallschilderung im nachfolgenden Prozeß beschränken. Vielmehr muss der Versicherer in Auseinandersetzungen mit den eigens für ihn getroffenen Feststellungen seines Sachverständigen zu den Verletzungen des Versicherungsnehmers qualifiziert darlegen müssen, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände er sich nunmehr zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzt.

Keine Addition einzelner Invaliditätsgrade nach den AUB 99
OLG München
1. Eine Zusammenrechnung der von den Sachverständigen auf unfallchirurgischem, urologischem und neurologischem Gebiet geschätzten Invaliditätsgrade (30 %, 30 %, 20 %) findet nach den AUB 99 nicht statt. Vielmehr ist nach Nr. 2.1.2.2.2 dieser Bedingungen die Beeinträchtigung der normalen körperlichen Leistungsfähigkeit insgesamt festzustellen.
2. Maßgebend ist deshalb die vom neurologischen Sachverständigen geschätzte Gesamtbeeinträchtigung (60 %), an der kein Zweifel besteht.
3. Nummer 2.1.2.2.4 der hier einschlägigen Bedingungen verweist auf die nach den vorstehenden Bestimmungen (2.1.2.2.1, 2.1.2.2.2 und 2.1.2.2.3) ermittelten Invaliditätsgrade, diese werden zusammengerechnet. Nummer 2.1.2.2.1 mit den festgelegten Invaliditätsgraden für Beeinträchtigungen bestimmter Körperteile und Sinnesorgane (Gliedertaxe) ist nicht einschlägig. Die Invalidität für eine nicht nach der vorgenannten Regelung zu bestimmende Beeinträchtigung anderer Körperteile und Sinnesorgane bemisst sich gemäß Nummer 2.1.2.2.2 nach der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit insgesamt, es sind nicht die Einzelwerte zusammenzuzählen (OLG Hamm 20 U 182/07; Versicherung und Recht kompakt 2009, 7). Eine Zusammenrechnung nach 2.1.2.2.4 wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn neben der nach Nummer 2.1.2.2.2 mit einem einheitlichen Invaliditätsgrad festzulegenden Gesamtbeeinträchtigung noch weitere nach Nummer 2.1.2.2.1 ermittelte Invaliditätsgrade hinzugekommen wären (Grimm Unfallversicherung, 4. Aufl., Nr. 2 AUB 99, Rn. 38, Seite 169).

Die Bemessungsempfehlungen von Lehmann/Ludolph haben keinen zwingenden Charakter sondern können nur als Orientierungshilfe dienen
LG Aachen
1. Die Bemessungsempfehlungen für die Private Unfallversicherung zur Beurteilung von unfallbedingten Invaliditätsgraden von Ludolph/Schröter haben keinen andere Sachverständige bindenden Verordnungscharakter; vielmehr enthalten sie eine abstrakte sachverständige Einschätzung typisierter Unfallschäden. Sie sind damit als Orientierungshilfe für andere Sachverständige und für mit der Beurteilung von medizinischen Invaliditätsfragen befasste Gerichte außerordentlich hilfreich.
2. Stets aber muss der zu beurteilende, konkrete Einzelfall im Blick behalten und gfs. mit seinen Besonderheiten gewürdigt werden. Eine solche spezielle Würdigung vermag vor allem ein Sachverständiger vorzunehmen, der den Unfallgeschädigten persönlich untersucht hat.

Die Invaliditätsfristen in den AUB 2002 sind wirksam
LG Stuttgart
Die Invaliditätsfristen in den AUB 2002 stellen keine unangemessene Benachteiligung entgegen Treu und Glauben dar und halten einer Inhaltskontrolle Stand.

Versicherungsausschluss für psychische Reaktionen
LG Freiburg
1. „Psychische Reaktionen" auf einen Unfall fallen dann nicht unter den Ausschluss, wenn zwischen Gesundheitsschaden und körperlichem Trauma ein adäquater Zusammenhang besteht. Hat der Versicherungsnehmer einen Körperschaden erlitten, der jedoch nicht zu dem Trauma geführt hat, dieses vielmehr im Sinne einer Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens allein psychogener Natur ist, so fällt dieser Traumaschaden unter den Ausschluss.
2. Der vom Versicherer zu beweisende Ausschluss ist geführt, wenn er nachweist, dass keinerlei Anhaltspunkte für eine physisch/unfallbedingte Verursachung der aufgetretenen Beeinträchtigung festzustellen sind. Nicht erforderlich ist der Nachweis, dass naturwissenschaftlich zwingend eine ausschließlich psychische Ursachenverknüpfung anzunehmen ist (Ausschluss bejaht bei einer Konversionsneurose).

Ärztliche Invaliditätsfeststellung - Dokumentation des Dauerschadens
OLG Saarbrücken
1. Für die ärztliche Feststellung von Invalidität bedarf es einer über eine bloße Befunderhebung hinausgehende Dokumentation. Hierfür genügt jede schriftliche bzw. elektronisch gespeicherte und abrufbare Dokumentation in den Krankenunterlagen oder in der Patientenkarte.
2. Die ärztliche Feststellung muss zum Ausdruck bringen, dass eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung vorliegt, die auf Dauer die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherten mindert.

Achillessehnenriss beim Tennis stellt Unfall wegen erhöhter Kraftanstrengung dar
LG Frankfurt
Als Vergleichsmaßstab für die "erhöhte Kraftanstrengung" i.S.d. § 1 IV AUB 88 sind nicht die üblichen Bewegungsabläufe innerhalb einer ausgeübten Sportart heranzuziehen, sondern alltägliche Bewegungsabläufe. Ein bei einem Tennisspiel zugezogener Achillessehnenriss stellt daher einen Unfall i.S.d. § 1 IV AUB 88 dar.

Ärztliche Invaliditätsfeststellung; Hinweispflicht auf neue AVB
OLG Düsseldorf
1. Eine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität liegt vor, wenn sich aus ihr der Unfall als die ärztlicherseits angenommene Ursache einer dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigung sowie die Art ihrer Auswirkung und eine Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall ergibt. Nicht genügt die ärztliche Angabe, dass der Versicherte den Unfall als Ursache angegeben habe und deshalb von einer unfallbedingten Ursache auszugehen sei.
2. Vereinbaren die Vertragsparteien zu einem bestehenden Vertrag die Geltung neuer Versbedingungen, so ist mangels ausdrücklicher Vereinbarung von keiner rückwirkenden Geltung dieser AVB auszugehen oder davon, dass nach der Vertragsumstellung angemeldete Ansprüche nach den neuen AVB abzuwickeln sind.
3. Der Versicherer ist ohne konkreten Anlass nicht verpflichtet, den VN zu bestehenden Verträgen über die Einführung neuer Versicherungsbedingungen und deren Einbeziehung in diese Verträge zu informieren. Ein diese Hinweispflicht auslösender konkreter Anlass ist dann anzunehmen, wenn Verhandlungen über die Verlängerung oder Änderung eines bestehenden Vertrages geführt werden. Solchen Verhandlungen nicht gleichzusetzen sind automatisierte Anpassung von Prämien oder Leistungen auf Grund Vertragsanpassungsklauseln oder automatisierte Vertragsverlängerungen bei fehlender Kündigung einer Vertragspartei.
4. Offen bleibt, ob eine solche Hinweispflicht ferner dann anzunehmen ist, wenn die Änderungen der neuen AVB ausnahmslos im Interesse des VN liegen.

Bemessung der Invalidität bei mehreren Verletzungen
OLG München
Liegen mehrere Verletzungen vor, die nicht in der Gliedertaxe (Nr. 2.1.2.2.1 AUB 99) aufgeführt sind, so sind nicht die Einzelwerte zusammen zu zählen, vielmehr ist die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit insgesamt zu ermitteln, d.h. maßgeblich ist, um wie viel Prozent die Funktionsfähigkeit des gesamten Körpers beeinträchtigt ist (Nr. 2.1.2.2.2 AUB 99). Eine Zusammenrechnung nach Nr. 2.1.2.2.4 AUB 99 kommt nur dann in Betracht, wenn neben der nach Nr. 2.1.2.2.2 AUB 99 mit einem einheitlichen Invaliditätsgrad festzulegenden Gesamtbeeinträchtigung noch weitere nach der Gliedertaxe ermittelte Invaliditätsgrade hinzukommen (Grimm, Unfallversicherung, 4. Aufl. Nr. 2 AUB 99, Rn. 38).

Auswirkung von Vorerkrankungen auf den Invaliditätsgrad
LG Regensburg
1. Die Regelung der Ziffer 3 AUB 2000, nach der der Prozentsatz des Invaliditätsgrades entsprechend der Mitwirkung von Krankheiten/Gebrechen an der unfallbedingten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen gemindert wird, ist weder widersprüchlich noch benachteiligt sie den Versicherungsnehmer unangemessen.
2. Führen eine periphere arterielle Verschlusserkrankung sowie eine terminale Niereninsuffizienz bei einer banalen unfallbedingten Verletzung (hier: Zerrung im rechten Sprunggelenk) zu einer septischen Komplikation mit dadurch ärztlich gebotener Unterschenkelamputation, so mindern diese Vorerkrankungen den unfallbedingten Invaliditätsgrad (hier: Mitwirkung von 50 %).

Keine Invaliditätsentschädigung für Tinnitus nach Knallkörperdetornation ohne körperliches Trauma
LG Koblenz
1. Nach der Rechtsprechung des BGH zur Frage eines Versicherungsschutzes für einen Tinnitus nach Knallkörperdetornation (VersR 2004, 1449) kann die Eintrittspflicht des Versicherers wegen eines Tinnitus infolge eines Knalltraumas nur dann begründet werden, wenn es Zusammenhänge zwischen den Gesundheitsschäden und ihren Ursachen gibt.
2. Fehlt es an einem körperlichen Trauma oder kann die krankhafte Störung des Körpers nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden, will der Versicherer keinen Versicherungsschutz übernehmen. Andererseits soll aber Versicherungsschutz bestehen, wenn er durch den Unfall beispielsweise hirnorganisch beeinträchtigt wird, dass dann die Psyche krankhaft verändert wird. Die organische Schädigung oder Reaktion, die zu einem psychischen Leiden führt, vermag den Ausschlusstatbestand also nicht auszulösen; die seelischen Beschwerden beruhen nicht, wie von der Klausel deutlich verlangt, ihrerseits auf psychischen Reaktionen, sondern sind physisch hervorgerufen und mithin nicht vom Ausschluss erfasst (BGH, a. a. O.). Der zugesagte Unfallversicherungsschutz für von Außen auf den Körper wirkende Ereignisse bleibt für alle Gesundheitsschäden - also einschließlich psychischer Leiden - unangetastet, soweit sich die Beschwerden nicht als Folge psychischer Reaktion darstellen. Für den gesamten Bereich physisch vermittelter Unfallschädigungen greift der Ausschluss nicht (BGH, a. a. O.).

Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht identisch mit dem Grad der Invalidität
LG Koblenz
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist ein sozialversicherungsrechtlicher Begriff, der für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin einen unfallbedingten Dauerschaden im Sinne einer Invalidität erlitten hat, nicht von Bedeutung ist.

Die Formulierung "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" ist unklar i.S.d. § 305c BGB
OLG Celle
1. Die Formulierung "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" ist unklar i.S.d.
§ 305c BGB.
2. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die Invaliditätsgrad der Hand bzw. Handgelenks
hinzuzuaddieren sind.

Erhöhte Kraftanstrengung mit Schädigung der Schultermuskulatur
LG Berlin
1. Eine Körperverletzung infolge Ziehens an einem schwergängigen Hebel ist mangels äußerer Einwirkung nicht unfallbedingt im Sinne des § 1 Abs. 3 AUB 94, weil der Hebel keine Eigendynamik entfaltet, die Verletzung vielmehr auf eine willensgesteuerte Eigenbewegung des Versicherers zurückzuführen ist.
2. Eine Verletzung der Schultermuskulatur, die den Oberarmkopf in der sehr flachen Gelenkpfanne des Schulterblattes hält, am Schulterblatt entspringt sowie am Oberarmknochen ansetzt, ist ein Gliedmaßen eingetreten, denn die Schulter gehört zu den Gliedmaßen. Hat der Versicherte beim Hantieren mit einem schwergängigen Hebel eine über die normale Bewegung hinausgehende Kraft aufgewendet und kommt es dabei zu einer Veränderung im Bereich des Obergrätenmuskels der Rotatorenmanschette (Musculus supra spintus), so liegt ein Unfall durch erhöhte Kraftanstrengungen an Gliedmaßen im Sinne des § 1 Abs. 4 AUB 94 vor.

Die Ausschlussklausel für „Gesundheitsschäden für Heilmaßnahmen und Eingriffe" greift bei einem Sturz während der Narkoseeinleitung
OLG Celle
1. Ein Sturz des Versicherungsnehmers bei der Narkoseeinleitung anlässlich des Umbettens fällt unter die Ausschlussklausel für „Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen und Eingriffe" nach den AUB 2000, auch wenn das Umbetten von einem Krankenpfleger und nicht von einem Arzt durchgeführt wurde.
2. Die Ausschlussklausel für „Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen und Eingriffe" ist weder unklar oder mehrdeutig im Sinne von § 305 c BGB noch stellt sie eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 307 BGB dar.
3. Die Regelung der Invaliditätsfristen in den AUB 2000 ist wirksam.

Die Fristenregelung der AUB 2000 ist wirksam
OLG Düsseldorf
Die Fristenregelung in Nr. 2.1.1.1 AUB 2000 ist selbst dann nicht unwirksam, wenn in Nr. 7 AUB 2000 („Was ist nach einem Unfall zu beachten [Obliegenheiten]?") nicht noch ausdrücklich auf Nr. 2 AUB 2000 hingewiesen wird.

Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung ist transparent
OLG Bremen
Eine Fristenregelung zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung, auf die bereits deutlich im Inhaltsverzeichnis der AUB hingewiesen wird, ist nicht intransparent.

Ausschluss wegen einer „Infektion" bei einer nur geringfügigen Hautverletzung
LG Düsseldorf
Zieht sich der Versicherungsnehmer bei einem Anstoß mit dem rechten Mittelzeh an einer Badewanne eine blutende Wunde zu, die er ärztlich nicht versorgt und die nach Beschreibung des Hausarztes eine banale, kleine Verletzung war, die man allgemein kaum beachten würde, da der Anstoß der eigentliche Schmerz auslösende Moment gewesen sei, und wurde 5 Tage nach dem Unfall bei der Notaufnahme des Versicherungsnehmers im Krankenhaus wegen starker Schmerzen im rechten Unterschenkel eine Wunde am Fuß im Notfallprotokoll nicht notiert, so ist von einer geringfügigen Hautverletzung im Sinne des Ausschlusses „Infektionen" auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Wunde nach Angabe des Versicherungsnehmers so stark blutete, dass ein Bettlaken erhebliche Blutspuren aufwies, weil erfahrungsgemäß auch oberflächliche Hautverletzungen erheblich bluten, ohne dass es deshalb einer ärztlichen Behandlung bedarf.

Wirksame besondere Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel OLG Saarbrücken
1. Besondere Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel sind nicht unklar, wenn den Versicherungsbedingungen eine Progressionstabelle beigefügt ist, wenn sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, dass das Vielfache der Invaliditätssumme nicht auf den gesamten, zwischen 25 und 50 % liegenden Invaliditätsgrad anzuwenden ist, sondern eine Abschichtung nach verschiedenen „Teilen" des Invaliditätsgrades zu erfolgen hat, bis zu 25 % ist dann die einfache Invaliditätssumme anzuwenden und nur für den darüber hinausgehenden Teil die mehrfache Invaliditätssumme.
2. Eine Verzinsungspflicht nach den AUB 94 kommt nicht in Betracht, wenn es sich nicht um eine Neubemessung einer bereits anerkannten Invaliditätsleistung, sondern lediglich um den Fall einer Vorschusszahlung handelt.

Auch bei einem Verkehrsunfall nach innerörtlicher "Wettfahrt" und mit überhöhter Geschwindigkeit besteht kein automatischer Leistungsausschluss in der Unfallversicherung
OLG Bamberg
1. Die in zunehmendem Umfang auch im innerörtlichen Straßenverkehr zu beobachtenden "Wettfahrten" sind selbst dann, wenn dies unter grober Missachtung oder Verletzung von Vorschriften der StVO geschieht, keine "Veranstaltung" im Sinne von § 2 Abs. 1 (5) AUB 94, sondern allenfalls ein privates "Kräftemessen" oder ein bloßes Ausleben von Egoismen.
2. Zwar kann ein solches "Wettrennen", sofern es unter Verletzung von Verkehrsvorschriften erfolgt, zugleich den Tatbestand einer Gefährdung des Straßenverkehrs erfüllen. Eine vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs im Sinn des § 315c Abs. 1 Nr. 2d StGB erfordert indessen nicht nur ein zu schnelles Fahren an Straßenkreuzungen oder Straßeneinmündungen und eine dadurch verursachte konkrete Gefährdung, sondern darüber hinaus in der Person jedes beteiligten Fahrzeuglenkers die "grob verkehrswidrige und rücksichtslose" Begehung des Verkehrsverstoßes sowie einen sowohl auf den Verkehrsverstoß als auch auf die genannte Begehungsweise bezogenen Vorsatz des Täters.

Bloße Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers (hier: Verdacht auf Selbstverstümmelung) reichen zur Überzeugung des Gerichts nicht aus, um die Vermutung des § 180a VVG a.F. zu entkräften
LG Koblenz
1. Gemäß § 180a VVG a.F. wird die Unfreiwilligkeit des Unfallversicherungsfalles zunächst zu Gunsten des Versicherungsnehmers bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
2. Diese Vermutung ist auch dann nicht bezogen auf das erste Unfallereignis widerlegt, wenn der Versicherungsnehmer zu einem späteren Zeitpunkt wegen eines gemeinschaftlich mit seiner Ehefrau begangenen Versicherungsbetrugs wegen Selbstverstümmelung verurteilt wird und sich in der Familie des Versicherungsnehmers schon mehrere Versicherungsbetrügereien ereignet haben. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen sich der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt des (behaupteten) ersten Unfalls nicht in finanziellen Schwierigkeiten befunden hat und auch keine Unstimmigkeiten in der seinerzeitigen Unfalldarstellung vorliegen.
3. Bloße Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers reichen zur Überzeugung des Gerichts nicht aus, um die Vermutung des § 180a VVG a.F. zu entkräften.

Zur Rückforderung eines geleisteten Vorschusses
OLG Hamm
2. Der Versicherer kann einen an den den Versicherungsnehmer geleisteten Vorschuss zurückfordern, wenn die Leistung ohne Rechtsgrund erbracht hat. Das ist dann der Fall, wenn der Versicherer überhaupt nicht zur Zahlung der Invaliditätsentschädigung aus der Unfallversicherung bzw. nicht in der gezahlten Höhe verpflichtet war. Für das Fehlen des Rechtsgrundes ist grds. der Bereicherungsgläubiger beweisbelastet. Insoweit gelten im Versicherungsrecht in der Regel dieselben Grundsätze wie in anderen Rechtsgebieten. Hiervon ist allerdings dann eine Ausnahme zu machen, wenn in der Zahlung kein Anerkenntnis der Forderung liegt und unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt.
3. Selbst wenn ein Versicherer außergerichtlich durch die Zahlung eines Betrages eine Erklärung nach § 11 Abs. 1 AUB 88 abgegeben hat, liegt darin kein Anerkenntnis der Forderung. Denn nach ganz h. M. liegt in einer solchen Erklärung kein Anerkenntnis.

Schultergelenk in der Gliedertaxe der AUB
OLG Koblenz
1. Als Schultergelenk im Sinne der Gliedertaxe ist das Kugelgelenk zwischen Schulterblatt und Oberarmknochen zu verstehen, nicht die Gesamtheit des Schultergürtels einschließlich Schlüsselbein und Schulterblatt.
2. Keine Verzinsung nach § 11 Nr. 4 AUB 88, wenn nur ein Vorschuss geleistet und keine Erstfeststellung durch Invalidität getroffen wurde.

Durch Röntgenaufnahme nachgewiesene Verschleißerscheinung steht einem begehrten höheren Leistungsanspruch gegen Unfallversicherer entgegen
OLG Frankfurt
Ein Versicherungsnehmer hat gegen seinen privaten Unfallversicherer keinen Anspruch auf höhere Leistungen, wenn infolge eines Risses der langen Bizepssehne am Arm des nun vorhandenen Dauerschadens nur eine Minderung der Gebrauchsfähigkeit um 1/10 Armwert, was einem Invaliditätsgrad von 7 % entspricht, festzustellen ist und die begehrte höhere Einstufung wegen unfallunabhängig aufgetretener Veränderung nicht gewährt werden kann. Um solche nicht unfallbedingten Veränderungen handelt es sich, wenn die geltend gemachten Beeinträchtigungen und damit einhergehenden Schmerzen durch Verschleißerscheinungen verursacht wurden. Eine deutliche Verschleißanzeichen aufzeigende Röntgenaufnahme kann dies belegen.

Risikoausschluss für psychische Reaktionen ohne unfallbedingten Organschaden
OLG Frankfurt
1. Treten aufgrund psychischer Fehlverarbeitungen unfallbedingter Verletzungsfolgen krankhafte Störungen auf, die nicht auf eine durch den Unfall verursachte organische Erkrankung des Nervensystems zurückzuführen sind, sondern nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden können, so sind die Voraussetzungen des Risikoausschlusses für psychische Reaktionen erfüllt.
2. Ein infolge eines Sturzes in Höhe HDK4/5 aufgetretener Bandscheibenschaden ist nur dann anzunehmen, wenn die traumatische Einwirkung so stark erfolgt ist, dass es entweder zu einer massiven Verschiebung der Wirbelkörper bzw. zu knöchernen Schädigungen oder aber zu Zerreißungen von Bandstrukturen gekommen ist, die zwangsläufig mit Einblutungen im Bereich der geschädigten Wirbelsäule verbunden sind. Wurden derartige Schäden nach einem Skisturz nicht festgestellt, ist der Versicherte vielmehr am Nachmittag sowie dem Vormittag des nächsten Tages weiter Ski gelaufen, so hat der Versicherungsnehmer einen unfallbedingten Bandscheibenschaden nicht nachgewiesen.

Kein Versicherungsschutz für posttraumatische Belastungsstörung nach einem Unfall
OLG Düsseldorf
1. Posttraumatische Belastungsstörungen mit der Folge einer Invalidität eines Mitgliedes der freiwilligen Feuerwehr nach einem Einsatz, die auf den Ausfall der Atemschutzmaske zurückzuführen sind, ohne dass der Versicherte dabei organische Gesundheitsschäden durch den Ausfall erlitt, fallen unter den Ausschlusstatbestand für psychische Störungen. Dass es infolge der posttraumatischen Belastungsstörungen zu strukturellen und funktionellen Veränderungen des Gehirns kommt, ist mangels einer unfallbedingten organisch begründbaren Läsion des Nervensystems oder Gehirns nicht versichert.
2. Der Ausschlusstatbestand für Folgen psychischer Störungen im Anschluss an einen Unfall ohne unfallbedingte organische Erkrankungen in einem Gruppen-Unfallversicherungsvertrag für Feuerwehrleute gefährdet weder den Vertragszweck noch enthält er eine unangemessene Benachteiligung.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung - Rotatorenmanschettenruptur
Amtsgericht Gladbeck
Liegt beim Versicherten eine degenerative Veränderung im Bereich der Rotatorenmanschette vor, so können bestimmte Bagatellereignisse zu einer Rotatorenmanschettenläsion führen. Ein derartiger Schaden ist mangels Ruptur nicht durch ein Trauma, sondern durch eine auswechselbare Gelegenheitsursache verursacht, der Körperschaden ist nicht unfallbedingt.  

Zeckenstich-Nachweise einer Borrelioseerkrankung
LG Trier
Dass infolge eines Zeckenstichs eine chronische aktive und zur Invalidität führende Borreliose entstanden ist, hat der Versicherungsnehmer nicht nachgewiesen, wenn serologische Belege einer Borrelieninfektion (Borrelien-Antikörper) fehlen, keine für eine Neuroborreliose typischen neurologischen Symptome wie z. B. Hirnhaut-, Hirnmark- oder Rückenmarkentzündung vorliegen, nur unspezifische klinische Beschwerden bestehen, Zeichen einer Lyme-Arthritis ärztlicherseits nicht dokumentiert wurden und eine dauerhafte Besserung der Beschwerden nach mehreren Antibiotikatherapien nicht eingetreten ist.  

Auch bis zum Unfall klinisch stumm verlaufende Vorschäden können zu einer Leistungskürzung führen
LG Dortmund
Der Unfallversicherer kann seine Leistung nach § 8 AUB 88 kürzen, wenn degenerative Verschleißerscheinungen zu mindestens 25% an der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt haben, auch wenn diese unfallunabhängige Vorschädigung bis zum Unfallereignis klinisch stumm verlaufen ist und den Versicherten nicht spürbar beeinträchtigt hat.

Berücksichtigung der Vorinvalidität bei Invaliditätsentschädigung
OLG Brandenburg
Zur Berechnung der Invaliditätsentschädigung bei mehreren Unfällen mit Vorinvalidität und Vereinbarung einer progressiven Staffel.

Neufassung des Sonderkündigungsrechtes im Versicherungsvertragsgesetz ist auch auf Altverträge anwendbar
Amtsgericht Düsseldorf
Ein Versicherungsnehmer, der mit einer privaten Unfallversicherung einen Versicherungsvertrag für die Dauer von 5 Jahren vor In-Kraft-Treten der Neuregelung zum Sonderkündigungsrecht abgeschlossen hat, ist berechtigt, den Vertrag entsprechend der neuen Vorschrift bereits zum Schluss des dritten Jahres unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten zu kündigen. Denn auf diese so genannten Altverträge ist zwar das alte Gesetz anzuwenden. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass ab In-Kraft-Treten der Neufassung dieses neue Recht auf die Altverträge anzuwenden ist, mit der Folge, dass eine Kündigung nicht erst zum Ende des 5. Jahres, sondern bereits zum Ende des 3. Jahres möglich ist.

Versicherer obliegt die Beweislast dafür dass die körperlichen Beeinträchtigungen wegen degenerativer Vorschäden auch ohne den Unfall binnen der drei Jahres Frist nach dem Unfall eingetreten wären
OLG Hamm
1. Der Kausalität steht nicht entgegen, dass nach Aussage des Sachverständigen bei dem Versicherten aufgrund der degenerativen Vorschäden über kurz oder lang auch ohne den Unfall gewissen Beeinträchtigungen aufgetreten wären.
2. Soweit sich der Versicherer auf diesen Einwand stützt, macht er einen hypothetischen (Reserve-) Kausalverlauf geltend. Die Beweislast liegt nach allgemeinen Grundsätzen bei ihm.
3. Dieser Beweis ist nicht geführt, wenn jedenfalls offen bleibt, ob zu dem maßgeblichen Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfall auch ohne Unfall eine Beeinträchtigung eingetreten wäre.

Die Abfindung eines Rentenanspruchs in der privaten Unfallversicherung in einem Prozessvergleich hat keinen streitwertbezogenen Mehrwert
OLG Stuttgart
Wird ein Rechtsstreit durch Vergleich beendet, so bemisst sich die anwaltliche Einigungsgebühr, wenn keine nicht rechtshängigen Ansprüche einbezogen wurden, nach dem Wert der erledigten Klageanträge, nicht nach dem Wert der vergleichsweise übernommenen Verpflichtungen einer Partei.  

(Mit-) Kausalität genügt zur Begründung der Invaliditätsentschädigung
OLG Hamm
1. Eine (Mit-) Kausalität genügt zur Begründung des Leistungsanspruchs.
2. Hätte sich das Geschehen ohne den Unfall nicht so entwickelt und wäre die Invalidität so nicht eingetreten, liegt (Mit-) Kausalität des Unfalls für das weitere Geschehen (hier: Schwellung, vier Arthroskopien, Operation und Teilgelenksersatz, Invalidität)vor.
3.Wären bei dem Versicherten aufgrund degenerativer Vorschäden über kurz oder lang auch ohne den Unfall gewisse Beeinträchtigungen aufgetreten, steht dies der Annahme einer (Mit-) Kausalität nicht entgegen. Hierbei handelt es sich um einen hypothetischen (Reserve-) Kausalverlauf. Die Beweislast dafür liegt nach allgemeinen Grundsätzen bei dem Versicherer.

Zum Krankheitswert degenerativer Vorschädigungen, die vor dem Unfall weder behandlungsbedürftig waren noch den versicherten sonst wie beeinträchtigten
OLG Hamm
1. Eine zur Kürzung der Invaliditätsentschädigung berechtigende "Krankheit" im Sinne des § 8 AUB liegt nur vor bei einem regelwidrigen Körperzustand, der ärztlicher Behandlung bedarf.
2. "Gebrechen" im Sinne des § 8 AUB wird ebenfalls allgemein - verstanden als dauernder abnormer Gesundheitszustand, der die Ausübung normaler Körperfunktionen jedenfalls teilweise hindert.
3. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer muss die Klausel nicht anders verstehen; Zweifel gingen zu Lasten des Versicherers (§ 305c Abs. 2 BGB).
4. Lässt sich weder feststellen, dass die degenerativen Erscheinungen vor dem Unfall behandlungsbedürftig waren, noch lässt sich feststellen, dass der Versicherte vor dem Unfall bei der Ausübung seiner Körperfunktionen wegen dieser Zustände - auch nur teilweise - behindert gewesen wäre und gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger vor dem Unfall Schmerzen deswegen hatte, kommt eine Kürzung nicht in Betracht.  

Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die nichtgehaltene 15-Monats-Frist berufen, wenn er in Kenntnis der nicht eingehaltenen Frist gleichwohl ein Gutachten zu den Unfallfolgen beauftragt
LG Koblenz
1. Es kann dahinstehen, ob die Ausschlussklausel nach Ziffer 2.1.1.1 AUB 2002, wonach eine Invalidität innerhalb von 15-Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt worden sein muss, wirksam ist.
2- Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die nichteingehaltene Frist berufen, wenn er in Kenntnis der verstrichenen Frist ein Gutachten zu den nicht rechtzeitig festgestellten Unfallverletzungen verlangt.
3. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der von der Versicherung beauftragte Sachverständige bei der Gutachtenerstellung über den ihm erteilten Gutachterauftrag hinausging.

Keine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers wenn sich nur dieser das Neubemessungsrecht fristgerecht vorbehalten hat und sich dann weigert, den vom Versicherer beauftragten Gutachter aufzusuchen
BGH
Aus dem allein vom Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung nach § 11 IV AUB 88 fristgemäß vorbehaltenem Recht, die Neubemessung der Invalidität zu verlangen, erwächst für den Versicherungsnehmer nicht die Pflicht, eine solche Neubemessung tatsächlich herbeizuführen. Die Weigerung des Versicherungsnehmers, zum Zweck der Neubemessung einen vom Versicherer benannten Arzt aufzusuchen, steht insoweit einem - zulässigen - Verzicht auf die Neubemessung gleich und verletzt nicht die Obliegenheit aus § 9 IV AUB 88. [

Der Risikoausschluss für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen greift auch ein bei ausschließlich psychisch bedingter Reaktion
BGH
1. Der Risikoausschluss wegen psychischer Reaktion greift auch ein, wenn die krankhafte Störung des Körpers nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden kann.
2. Nach der Rechtssprechung des BGH sind die Voraussetzungen für den Leistungsausschluss erfüllt, wenn es sich bei den fortdauernden Beschwerden des Versicherten um eine ausschließlich psychisch bedingte Reaktion in Form einer psychischen Fehlverarbeitung der Verletzungsfolgen handelt.

Keine Kausalität des Unfallereignisses für dauerhafte Funktionsbeeinträchtigungen der Schulter, wenn diese auf degenerative Verschleißerscheinungen zurückzuführen sind und das Unfallereignis lediglich den auslösenden Moment darstellte, auch wenn der Versicherungsnehmer vor dem Unfall unter keinerlei Beeinträchtigungen/Schmerzen litt
LG Dortmund
1. Sind auf bildgebenden Befunden nach einem Treppensturz deutlich sichtbare degenerative Veränderungen in Form einer erheblichen Verschmächtigung des Supraspinatus-, zum Teil Infraspinatusmuskels und der deutlichen Verfettung des Supraspinatus wie auch ein sehr großer Defekt zu erkennen, die nicht binnen der kurzen Zeit, die zwischen der Anfertigung der bildgebenden Befunde und dem Unfallereignis gelegen hat, entstanden sein können, sondern sich über einige Jahre entwickelt haben müssen, sind diese degenerativen Veränderungen der Grund für die dauerhaften Beschwerden des Versicherungsnehmers.
2. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer vor dem Unfall noch keine merkbaren Beeinträchtigungen verspürt hat. Degenerative Verschleißprozesse - auch im Bereich der Schultern - verlaufen sehr häufig klinisch stumm und werden erst durch einen auslösenden Moment, etwa in Form eines Unfallgeschehens, aktiviert.

Ungekürzte Unfallversicherungsleistung bei altersbedingten Vorschäden
OLG Celle
1. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, den Nachweis der Ursächlichkeit eines Unfalls für die dadurch bedingte Gesundheitsschädigung zu führen. Dieser Nachweis kann nach Sachverständigerberatung auch dann geführt sein, wenn der Versicherungsnehmer bei einem Spaziergang auf die Schulter gestürzt ist und erst bei einer etwa 6 Monate später erfolgten Kernspintomographie eine Rotatorenmanschettenruptur festgestellt wird, soweit feststeht, dass es in der Zwischenzeit nicht zu einem weiteren Trauma gekommen ist.
2. Eine Rotatorenmanschettenruptur kann ausnahmsweise auch durch einen Sturz auf die Schulter verursacht sein, wenn bereits eine degenerativ verlaufende Verschleißerscheinung vorlag.
3. Eine Kürzung des Anspruchs nach § 8 AUB 94 kommt bei einem alterstypischen normalen Verschleißzustand nicht in Betracht. Ein zum Unfallzeitpunkt 72-jähriger Versicherungsnehmer kann daher eine ungekürzte Zahlung aus der Unfallversicherung erhalten, wenn bei ihm der Anteil der degenerativen Vorschäden an den Unfallfolgen 80 % beträgt, es sich nach sachverständiger Einschätzung hierbei aber um eine alterstypische Abnutzung handelt.

Eine Borrelioseerkrankung macht eine fristgerechte ärztliche Feststellung nicht entbehrlich
OLG Düsseldorf
1. An der Unfalleigenschaft eines Zeckenbisses bestehen keine Zweifel.
2. Ein Arztbrief, der bei der Vorgeschichte einen Zeckenbiss im Bereich des linken Armes erwähnt und ausführt, „dass insgesamt von einer aktiven Borreliose auszugehen ist", beinhaltet keine auf dem Zeckenbiss beruhende ärztliche Feststellung einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit.
3. Ein Ausnahmefall, in dem ein ärztlicher Befund auch ohne ausdrückliche Erwähnung per Dauerfolgen so eindeutig für eine Invalidität spricht, liegt bei einer Borrelioseerkrankung nicht vor. Diese Erkrankung führt nicht notwendig zu Dauerfolgen, die deshalb nicht ausdrücklich gesondert erwähnt zu werden bräuchten, weil sie mit der gestellten Diagnose stets einhergehen.
4. Auch wenn der Vortrag zutreffen sollte, wonach die Dauerfolgen einer durch Zeckenbiss übertragenen Borrelioseinfekt meist erst später als 1 Jahr nach dem Biss eintreten und erkennbar werden, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
5. Es kann offen bleiben, wie genau eine Zecke die entsprechenden Keime in die Blutbahn überträgt und ob diese dann festzustellende Übertragungsart der entspricht, die ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer unter dem Wortlaut der Widerausschlussregelung in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 AUB 94 versteht. Das könnte dann zweifelhaft sein, wenn die Erreger durch die als solche geringfügige Hautverletzung in die Blutbahn gelangen, in dem die Zecke sie hineindrückt, ähnlich wie bei einer Injektion.

Die Geltendmachung der Invalidität kann auch durch ein auf eigene Veranlassung des Versicherungsnehmers erstelltes und unmittelbar vom Gutachter eingereichtes Gutachten erfolgen
OLG Koblenz
Eine fristgerechte Geltendmachung der Invalidität durch einen Versicherungsnehmer kann auch darin liegen, dass ein auf seine Veranlassung hin zum Zweck der Weiterleitung an den Versicherer erstattetes medizinisches Gutachten unmittelbar vom Gutachter an den Versicherer übersandt wird.

Nur die in der Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden können Grundlage einer Invaliditätsleistung sein
OLG Koblenz
Eine fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung erfordert die Angabe sämtlicher Einzelbeeinträchtigungen (hier: Geruchssinn, Geschmackssinn, Sensibilitätsstörungen aufgrund Frontalhirnsyndroms usw.), auf die die Invalidität gestützt werden soll.  

Zum Unfallzeitpunkt bereits bestehende anlagebedingte Fehlsichtigkeit als Vorinvalidität - Abzug von 3% bei Weitsichtigkeit
BGH
1. Hyperopie (Weitsichtigkeit) als anlagebedingte Fehlsichtigkeit, die eine Beeinträchtigung der natürlichen Funktionsfähigkeit des Auges zur Folge hat und durch eine Sehhilfe zwar ausgeglichen, aber nicht beseitigt werden kann, ist nach denselben Maßstäben, nach denen sich nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 AUB 88 die anspruchsbegründende Invalidität bemisst, als Vorinvalidität nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 AUB 88 zu bewerten.
2. Ein Abzug von 3 % ist nicht zu beanstanden.

Unfallbedingte Gesundheitsbeschädigung - Rotatorenmanschettenruptur
LG Heidelberg
1. Den unfallbedingten Riss einer Sehne der Rotatorenmanschette hat der Versicherungsnehmer nicht nachgewiesen, wenn der Unfall keine Verletzungen an den die Rotatorenmanschette sichernden knöchernen Strukturen herbeigeführt hat, eine ca. 2 Monate und 3 Wochen nach dem Unfall bei einer MRT-Untersuchung festgestellter ansatznaher Riss der Subraspinatussehne mit Retraktion des Musculus Subraspinatus und mindestens 2 cm in dieser kurzen Zeit nicht entstanden sein kann und damit eine degenerative Veränderung vor dem Unfall darstellt, ein auf einer am Unfalltag angefertigten Röntgenaufnahme erkennbarer Oberarmkopf hoch stand und ebenfalls auf eine vor dem Unfall vorhandene Schädigung hinweist sowie unmittelbar nach dem Unfall eine erheblich eingeschränkte Beweglichkeit des betroffenen Armes (so genannter Drop-Arm) ärztlicherseits nicht festgestellt wurde.
2. Ist der beim Versicherungsnehmer festgestellte Defekt an der Rotatorenmanschette nach medizinischer Erfahrung bei ca. 25 - 24 % seines Alters vorhanden, so handelt es sich nicht um eine altersentsprechende Verschleißerscheinung, sondern um eine Krankheit im Sinne des § 8 AUB.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung - Rotatorenmanschettenruptur
Amtsgericht Nordhausen
Wird nach einem glatteisbedingten Sturz des 54-jährigen Versicherten eine Rotatorenmanschettenläsion festgestellt, und zwar in Form einer Schädigung von den 3 Sehnen Subra-, Infraspinatus- und Subscarpularissehne, so ist der Schaden biomechanisch nur dann unfallbedingt, wenn es infolge des Sturzes zu einer Ausrenkung des Oberarmkopfes gekommen wäre.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung - Rotatorenmanschettenruptur
LG München
Stürzt der - 77-jährige - Versicherungsnehmer, als dieser seitlich von seinem Hund angesprungen wird und prallt mit der rechten Schulter, dem Rücken und Gesäß auf eine Grasfläche mit eher hartem Boden, so liegt nach medizinischer Erkenntnis kein Unfallmechanismus vor, der zur Verursachung einer Rotatorenmanschettenruptur geeignet ist. Das bloße Fallen (Kontusion) auf die Schulter entwickelt keine solche Zuglast auf die Subraspinatussehne, so dass diese reißt.

 Urteile aus dem Jahr 2009

Die Fristenregelung der AUB 2000 ist wirksam
OLG Köln
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Fristenregelung, wie sie in Nummer 2.1.1.1 AUB 2000 enthalten ist, für sich betrachtet einer Inhaltskontrolle Stand hält. Entsprechendes gilt für die Regelung in Nummer 7, in der es auch keines besonderen Hinweises auf die Fristenregelung in Nummer 2.1.1.1 bedarf. Die AUB 2000 sind auch nicht aufgrund vorangestellten Inhaltsvergleiches intransparent; die vom OLG Hamm (VersR 2008, 811) geäußerten Zweifel sind nicht durchgreifend.

Ein mit der Klagefrist versehene Leistungsentscheidung des Versicherers zur Erstbemessung schränkt das Neubemessungsrecht des Versicherungsnehmers nicht ein
OLG Frankfurt
1. Eine Klage auf Neubemessung der Invalidität ist zulässig.
2. Das Recht des Versicherungsnehmers, wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen eine Neufeststellung der Invaliditätsentschädigung zu beanspruchen, wird von der Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 VVG a. F. nicht eingeschränkt.

Rumpfnähere Funktionsbeeinträchtigung konsumiert rumpffernere Funktionsbeeinträchtigung
LG Dortmund
Bei einer Funktionsbeeinträchtigung eines Beines werden die Invaliditätsgrade, die in der Gliedertaxe für die Beeinträchtigung von körpernahen und körperferneren Teilglieder eines Beins vereinbart sind, nicht addiert, so dass bei einer Verletzung von Fuß und Bein nur der höhere Beinwert maßgebend ist.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung (Rotatorenmanschettenruptur)
Amtsgericht Gladbeck
Liegt beim Versicherten eine degenerative Veränderung im Bereich der Rotatorenmanschette vor, so können bestimmte Bagatellereignisse (hier: Sturz im Garten von einer Leiter) zu einer Rotatorenmanschettenläsion führen. Ein derartiger Schaden ist mangels Ruptur nicht durch ein Trauma, sondern durch eine auswechselbare Gelegenheitsursache verursacht, der Körperschaden ist nicht unfallbedingt.  

Leistungsfreiheit wegen Falschbeantwortung der Frage nach Vorschäden in der Schadensanzeige
LG Koblenz
1. Die Verneinung der Frage in der Schadensanzeige, ob der Versicherte innerhalb von 5 Jahren vor dem Unfall wegen Beschwerden an den jetzt betroffenen Körperteilen/Sinnesorganen in ärztlicher Behandlung gewesen sei, stellt eine objektive Obliegenheitsverletzung dar, wenn der Versicherte, der wegen eines Plexusschadens und eines Bizepsabrisses am Oberarm Leistungen aus der Unfallversicherung geltend macht, innerhalb des 5-Jahres Zeitraums zweimal wegen einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Schulter in ärztlicher Behandlung war.
2. Steht eine Obliegenheitsverletzung fest, wird nach altem Recht zunächst vermutet, dass der Versicherte vorsätzlich gehandelt hat, so dass er darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, dass ihn an der Verletzung kein Verschulden trifft.
3. Die unterlassene Mitteilung ist auch von Relevanz. Die Relevanz ergibt sich bereits daraus, dass die Kenntnis von bestehenden Beschwerden für die Prüfung der Unfallbedingtheit aber auch für die Prüfung erforderlich ist, ob bei einer etwaigen Invalidität ggf. Vorerkrankungen mitgewirkt haben.

Kein Unfallereignis beim Riss der Achillessehne anlässlich eines Spaziergangs
LG Dortmund
Ein bei einem Spaziergang auf dem Olympiaberg in München erlittener Achillessehnenriss (Rezidiv) ist weder durch ein äußeres Ereignis, noch durch eine erhöhte Kraftanstrengung verursacht, so dass eine Leistungspflicht des Unfallversicherers nicht ausgelöst wird.

Vorrang der ersten Unfallschilderung bei abweichenden Unfalldarstellungen der versicherten Person
LG Dortmund
Den ersten Angaben eines Versicherungsnehmers oder einer versicherten Person kommt regelmäßig besondere Bedeutung zu, weil bei dieser Schilderung der Vorfall unbehelligt von rechtlichen Erwägungen so berichtet wird, wie er sich tatsächlich zugetragen hat. Gleichwohl kann der Versicherungsnehmer/Versicherte noch darlegen, dass es sich anders verhalten habe, als in der ersten Meldung berichtet. Dabei sind jedoch hohe Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Widerspruchsfreiheit der neuen Behauptung zu stellen.

Mitwirkung unfallbedingter Vorschäden/Kreuzbandriss auch ohne vorangegangene Beschwerden
BGH
1. Ein Gebrechen ist ein dauernd abnormaler Zustand, der eine einwandfreie Ausübung normaler Körperfunktionen (teilweise) nicht mehr zulässt. Zustände, die noch im Rahmen der medizinischen Norm liegen, sind selbst dann keine Gebrechen, wenn sie eine gewisse Disposition für Gesundheitsstörungen bedeuten.
2. Prägt eine früher erlittene Körperverletzungen auch ohne zwischenzeitliche Beschwerden zur Verstärkung der gesundheitlichen Folgen eines späteren Unfalls bei, so liegt ein Gebrechen vor. Anspruchsmindernd wirkt sich nach Ziffer 3 AUB 2000 ein durch einen früheren Unfall eingetretenes Gebrechen auch dann auf die Invaliditätsentschädigung aus einem späteren Unfallschaden aus, wenn der frühere Unfall während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eingetreten ist und auch wenn der Versicherer für die Körperverletzung aus dem früheren Unfall keine Invaliditätsentschädigung gezahlt hat.

Wirksamkeit der Fristenregelung zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung in den AUB 2000 ist weder unklar noch intransparent
OLG Düsseldorf
1. Die Fristenregelung zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung in den AUB 2000 ist weder unklar noch intransparent. Wird unter Ziffer 7 „Was ist nach dem Unfall zu beachten" ausdrücklich hervorgehoben, dass nach einem Unfall „zunächst die Voraussetzungen der vereinbarten Leistungsarten gemäß Ziffer 2" zu beachten sind, so ist unmissverständlich darauf hingewiesen, dass auch die unter Ziffer 2 genannten Erfordernisse einzuhalten sind.
2. Hat der Versicherer in einem vorangegangenen Unfallschaden auf die Einhaltung der Fristen zum Anspruch auf die Invaliditätsleistung hingewiesen, so handelt er nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er in einem weiteren Unfallschaden diesen Hinweis nicht wiederholt.

Außenknöchelfraktur des Sprunggelenks löst keine Hinweispflicht auf die Fristen aus
OLG Düsseldorf
1. Die Fristenregelung zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung in den AUB 2000 ist weder unklar noch intransparent.
2. Eine Außenknöchelfraktur des Sprunggelenks lässt vom Verletzungsbild nicht auf einen verbleibenden Dauerschaden des Versicherten schließen.

„Schwarz werden vor Augen" als Bewusstseinsstörung
LG Dortmund
Nach Ziffer 5.1.1 der AUB 2000 fallen Unfälle durch Bewusstseinsstörungen nicht unter den Versicherungsschutz. Dabei muss die gesundheitliche Beeinträchtigung so beschaffen sein, dass sie eine den Unfall vermeidende Reaktion des Versicherten nicht zulässt. Dies setzt nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus. Es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen).
2. Eine solche Störung liegt mithin dann vor, wenn die dem Versicherten bei normaler Verfassung innewohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, sie geistig zu verarbeiten und auf sie angemessen zu reagieren, ernstlich beeinträchtigt ist. Sie muss einen Grad erreicht haben, bei dem die Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann.
Dabei muss die Bewusstseinsstörung nicht durch eine vorbestehende Krankheit verursacht worden sein. Vielmehr reichen auch vorübergehende Kreislaufstörungen oder Schwindelanfälle aus, wenn hierdurch die konkrete Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann.
3. Soweit die Kammer in einem früheren Stadium des Prozesses den Hinweis erteilt hat, die Bewusstseinsstörung müsse krankhafter Natur und Folge einer schon vor dem Unfall vorhandenen - gefahrerhöhenden - Beeinträchtigung sein, so wird diese Auffassung - wie in der mündlichen Verhandlung bereits ausführlich erörtert - nicht aufrechterhalten. Die Kammer ist mit dem zuvor zitierten Urteil des OLG Karlsruhe und Mangen der Auffassung, dass auch kurze Schwindelanfälle oder "schwarz vor Augen werden" als gesundheitliche Beeinträchtigungen ausreichend sein können, soweit durch diese die konkrete Gefahrenlage nicht beherrschbar ist.

Abzug wegen Vorinvalidität bei Sehkraftverlust eines vorgeschädigten aber operierbaren Auges
OLG Düsseldorf
In der Unfallversicherung ist bei der Bemessung der Invalidität nach dem vollständigen Verlust der Sehfähigkeit eines Auges eine Vorinvalidität des Auges, dessen Sehkraft infolge Kurz- und Stabsichtigkeit 0,05 ohne Sehhilfe betrug und mit Brille 0,9, zu berücksichtigen. Das gilt auch im Hinblick auf eine aussichtsreiche Möglichkeit, den Sehfehler durch einen Eingriff mittels der Lasik-Methode zu beseitigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherungsnehmer während des Bestehens der Seeschwäche keine Schritte unternommen hat, um einen solchen Eingriff vornehmen zu lassen.

Bei Ansprüchen aus einer Unfallversicherung wirkt sich auch auf früheren Unfall beruhender Vorschaden anspruchsmindernd aus
BGH
Bei einer Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung ist der Prozentsatz des Invaliditätsgrades entsprechend dem Anteil der vorhandenen Vorschädigung (hier: Kreuzbandriss) zu mindern (hier: um 25 %). Ein Vorschaden wirkt sich auch dann anspruchsmindernd aus, wenn er auf einen früheren Unfall beruht. Dabei ist es unerheblich, ob sich der frühere Unfall während der Laufzeit desselben Versicherungsvertrages oder vorher ereignete.  

Rechtzeitige ärztliche Invaliditätsfeststellung ist auch dann erforderlich, wenn der Versicherer bereits aus anderen Gründen vor Ablauf der 15-Monats Frist seine Leistungspflicht abgelehnt hat
OLG Düsseldorf
1. Das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung der Invalidität ist eine Anspruchsvoraussetzung, deren Nichtvorliegen nicht entschuldigt werden kann. Daher kommt es nicht darauf an, ob und aus welchen Gründen die Klägerin das betreffende Erfordernis verkannt hat. Eine allgemeine Belehrungspflicht des Versicherers im Hinblick auf die in den Bedingungen enthaltenen Fristenregelungen besteht nicht.
2. Auch ist es unerheblich, dass die Beklagte bereits vor Fristablauf es aus anderen Gründen abgelehnt hat, Leistungen für das vorliegende Unfallereignis zur Verfügung zu stellen. Denn die Leistungsablehnung durch den Versicherer ändert nichts daran, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers nicht entsteht, wenn Invalidität nicht fristgerecht durch den Arzt festgestellt worden ist.
3. Auf die ärztlicher Feststellung der Invalidität kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus den vorliegenden Befunden zwingend eine dauernde Beeinträchtigung ergibt. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Ausschlusses. Denn bei einem zweifelsfrei von Anfang an unabänderlichen Gesundheitszustand besteht für den Versicherer kein schützenswertes Interesse und er handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er sich im Streit auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung (hier im Ergebnis bei Sturz aus Bett verneint).
4. Die Berufung des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung kann einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn dem Versicherer ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolgen der Fristversäumung deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterlässt. Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte Invaliditätsansprüche rechtzeitig geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahe legen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlen
5. Ein Rechtsmissbrauch des Versicherers nicht daraus, dass sie bei einem vorangegangenen Unfallschaden, dessen Abwicklung noch nicht abgeschlossen war, der Versicherer - ohne entsprechende Verpflichtung - schriftlich auf die Einhaltung der Fristen hingewiesen hat. Eine rechtswirksame Bindung, in dieser Form auch bei zukünftigen Schadensfällen zu verfahren, ist hierdurch nicht begründet worden. Ebenso gibt der Versicherer damit zu erkennen, dass die Fristen ohne einen ausdrücklichen Hinweis von ihr nicht gelten würden. Der Inhalt der vereinbarten Versicherungsbedingungen ist von ihr zu keiner Zeit aufgegeben worden.
6. Die Fristenregelung unter Nr. 2.1.1.1 der vereinbarten Bedingungen ist nicht unwirksam. Insbesondere hält sie wegen des mit ihr bezweckten Ausschlusses von Spätschäden einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB stand. Dies gilt insbesondere auch für die Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität. Die Bestimmung ist auch nicht unklar oder intransparent. Insbesondere wird durch das vorangestellte Inhaltsverzeichnis der AUB 2000 und die zu den einzelnen Klauseln gewählten Überschriften ein aufmerksamer und sorgfältiger Versicherungsnehmer nicht zu der Auffassung verleitet, er habe im Versicherungsfall lediglich die unter Nr. 7 mit "Was ist nach einem Unfall zu beachten?" überschriebenen Anforderungen zu beachten (vgl. hierzu bei anders lautenden Bedingungen: OLG Hamm VersR 2008, 811). Denn unter Nr. 7 der Bedingungen ist ausdrücklich hervorgehoben, dass nach einem Unfall "zunächst die Voraussetzungen der vereinbarten Leistungsarten gem. Ziffer 2" zu beachten sind. Aufgrund dieses Hinweises kann kein Missverständnis darüber entstehen, dass nicht allein die unter Nr. 7 im Einzelnen geregelten Anforderungen, sondern auch die Erfordernisse unter Nr. 2 der Bedingungen einzuhalten sind.

Ursächlichkeit eines Sturzes für eine erst 6 Monate später diagnostizierte Rotatorenmanschettenruptur
OLG Celle
1. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, den Nachweis der Ursächlichkeit eines Unfalls für die dadurch bedingte Gesundheitsschädigung zu führen (§ 1 III AUB 94). Dieser Nachweis kann nach sachverständiger Beratung auch dann geführt sein, wenn der Versicherungsnehmer bei einem Spaziergang auf die Schulter gestürzt ist und erst bei einer etwa 6 Monate später erfolgten Kernspintomographie eine Rotatorenmanschettenruptur festgestellt wird, soweit feststeht, dass es in der Zwischenzeit nicht zu einem weiteren Trauma gekommen ist.
2. Eine Rotatorenmanschettenruptur kann ausnahmsweise auch durch einen Sturz auf die Schulter mitverursacht sein, wenn bereits eine degenerativ verlaufende Verschleißerscheinung vorlag.

Maßgeblicher Stichtag für die Bemessung der Invaliditätsentschädigung
OLG Frankfurt
1. Bei der Bemessung des Invaliditätsgrades ist auf den medizinischen Sachverhalt abzustellen, der bis zum Abschluss der 3-Jahres-Frist erkennbar geworden ist. Spätere Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden.
2. Das Recht auf Neubemessung des Invaliditätsanspruchs bis zu 3 Jahren nach Eintritt des Unfalls verbleibt dem Versicherer nur, wenn er sich die Neubemessung mit der Abgabe seiner Erklärung entsprechend § 11 Abs. 1 AUB 88 vorbehält.

Leistung ab 20 % Invalidität - nicht AGB-widrig
LG Hamburg
Die Vereinbarung, dass eine Invaliditätsentschädigung erst ab einem Invaliditätsgrad von 20 % zu zahlen ist, ist nicht überraschend. Sie ist nicht ungewöhnlich, wenn der Versicherte die Unfallversicherung als Bonus für die Dauer seiner Mitgliedschaft bei einem Dritten erhalten hat, der diesen Leistungsumfang der Unfallversicherung in dem zugrunde liegenden, von ihm abgeschlossenen Gruppenunfallversicherungsvertrag bewusst so vereinbart hat.

Sachdienlichkeit der Frage nach dem Bestehen weiterer Unfallversicherungen
OLG Saarbrücken
1. Die Frage in der Schadensanzeige nach dem Bestehen weiterer Unfallversicherungsverträge bei anderen Versicherern ist auch dann sachdienlich, wenn solche im Versicherungsantrag angegeben waren.
2. Indizien für ein vorsätzliches Verschweigen des Bestehens weiterer Unfallversicherungsverträge sind insbesondere die Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Bestehen der weiteren Versicherung bei Abschluss des Vertrages, die Anzeige des Unfalls gegenüber der weiteren Versicherung sowie die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer den Namen dieser Versicherung bei der Übersendung eines von ihr eingeholten Gutachtens abgedeckt hat.  

Kausalität zwischen Knalltrauma mit Hörverlust durch explodierenden Knallkörper
LG Amberg
Die Behauptung des Versicherungsnehmers, durch ein dicht an seinem Ohr explodierenden Feuerwerkskörper ein Knalltrauma mit der Folge eines vollständigen Gehörverlustes erlitten zu haben, ist nicht nachgewiesen, wenn die typischen Symptome eines Knalltraumas wie ein kurzer stechender Ohrenschmerz, ein starkes kontinuierliches Ohrgeräusch im Sinne eines Tinnitus und eine Schwerhörigkeit fehlen sowie charakteristische anatomisch nachweisbare Veränderungen nicht objektivierbar sind.

Die „Marcumarisierung" stellt keine Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit eines Beins dar
LG Köln
Eine „Marcumarisierung" kann nicht mit einem eigenständigen Invaliditätsgrad bewertet werden, vielmehr kommt insoweit nur die Bildung eines Gesamtinvaliditätsgrades (hier: hinsichtlich des Beinwertes) in Betracht.

Der Versicherungsnehmer muss sich an seiner ersten Schadensschilderung festhalten lassen
Amtsgericht Darmstadt
Der Versicherungsnehmer muss sich an seiner ersten Schadensschilderung aus rechtlich noch nicht sensibilisierter Zeit festhalten lassen, weil er in dieser unbehelligt von rechtlichen Erwägungen am Ehesten den Vorfall so berichtet, wie er sich tatsächlich zugetragen hat.

Kein Unfall beim Umknicken beim Aufwärmen vor einem Handballspiel ohne Fremdeinwirkung
Amtsgericht Darmstadt
Das Umknicken des Fußes stellt weder eine Einwirkung von außen noch eine erhöhte Kraftanstrengung und somit keinen Unfall dar.

Pflicht des zur Abwicklung eines Unfallschadens beauftragten Maklers zur Belehrung über die in den AUB enthaltenen Fristen
BGH
Der in die Abwicklung eines Unfallschadens eingeschaltete Versicherungsmakler muss den Versicherungsnehmer regelmäßig auf die Frist zur ärztlichen Feststellung einer Invalidität und ihrer Geltendmachung gegenüber dem Versicherer nach § 7 I (1) AUB (1994) hinweisen, wenn für ihn erkennbar ist, dass Ansprüche wegen Invalidität gegen den Unfallversicherer ernsthaft in Betracht kommen.

Zum Erfordernis fristgerechter Invaliditätsfeststellungen bezüglich sämtlicher Einzelbeeinträchtigungen jeweils für sich (Geruchssinn, Geschmackssinn, Sensibilitätsstörungen aufgrund Frontalhirnsyndrom usw.)
OLG Koblenz
1. Bei dem Verlust des Geschmackssinnes handelt es es sich nicht um dieselbe neurologische Schädigung wie bei dem (entschädigten) Verlust des Geruchssinnes handelt, so dass es nicht lediglich um die Feststellung einer weiteren Auswirkung derselben körperlichen Beeinträchtigung geht. Ein derart enger Zusammenhang zwischen dem Geruchssinn und dem Geschmackssinn ist nicht erkennbar, es handelt sich um zwei verschiedene Sinne.
2. Selbst wenn durch die zahlreichen Operationen, denen sich die Klägerin unterziehen musste, eine Diagnose verschiedener gesundheitlicher Störungen der Klägerin erschwert worden wäre, führt dies nicht dazu, dass der Versicherer sich nicht auf die versicherungsvertraglich vereinbarten Fristen berufen dürfte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin sich bis zum Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung von Gesundheitsschäden und der Frist zur Geltendmachung derselben in einer so hilflosen Lage befunden hätte, dass sie die Fristen nicht hätte wahrnehmen können.

Belehrungserfordernis über Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung in der Unfallversicherung
OLG Saarbrücken
1. Eine Belehrung, die nicht von den übrigen Teilen eines Schadenanzeigeformulars abgesetzt, sondern sich zwischen Angaben zum Unfallgeschehen und zum Datenschutz ohne Hervorhebung findet, ist unwirksam.
2. Bei der Einschätzung des Invaliditätsgrades kann die Annahme von 9/35 auf 3/10 aufgerundet werden.  

Für die Invaliditätsbemessung kommt es darauf an, welcher Gesundheitszustand als sicher eintretend prognostizierbar ist - die bloße (naheliegende) Wahrscheinlichkeit einer Verschlechterung genügt nicht
LG Koblenz
Grundsätzlich gilt für die Invaliditätsbemessung, dass auf den Sachverhalt abzustellen ist, der am Ende der 3-jährigen Frist erkennbar ist. Für die Invaliditätsleistung ist endgültig und abschließend der Gesundheitszustand maßgeblich, der am Ende der genannten 3-jährigen Frist prognostizierbar ist. Spätere Veränderungen - seien sie positiv oder negativ - haben außer Betracht zu bleiben. Entscheidend ist auf den Zustand abzustellen, der als sicher eintretend prognostizierbar ist (vgl. dazu OLG Hamm, r+s 2002, 525). Die bloße Wahrscheinlichkeit oder die Möglichkeit einer dauerhaften Schädigung genügen hingegen nicht.

Im Zweifelfall einer Berechnung des Invaliditätsgrades nach dem Bein- oder Fußwert ist die für den Versicherten günstigere Berechnung anzuwenden
BGH
Besteht ein Zweifelsfall, ob der Invaliditätsgrad gemäß der Gliedertaxe des § 7 I Nr. 2 a AUB 88 nach dem Beinwert oder nach dem Wert eines Fußes im Fußgelenk zu bemessen ist (hier: Sprunggelenks- und Fibulatrümmerfraktur), ist von der für den Versicherten günstigeren Auslegung auszugehen.

Erfordernis einer schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung auch bei unterstellter Unwirksamkeit der Fristenregelung in Nr. 2.1.1.1 AUB 2000
LG Dortmund
Eine schriftliche ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität ist auch dann Anspruchsvorraussetzung für eine Invaliditätsleistung, wenn die "Fristenregelung" in Nr. 2.1.1.1 der AUB 2000 (hier AUB 2000 Plus) wegen Intransparenz unwirksam sein sollte.

Der Ausschluss wegen psychischer Reaktion liegt bei fehlender organischer Entsprechung eines festgestellten Tinnitus vor
LG Nürnberg-Fürth
1. Kann der Sachverständige ein so genanntes „Normal-Gehör" feststellen, also dass eine organische Schädigung, etwa der Haarzellen, die einen Schaden im Hörvermögen begründen könnte, nicht etwa objektivierbar ist, fehlt es an einer organischen Entsprechung für einen festgestellten Tinnitus. Dadurch greift zugunsten des Versicherers die im Übrigen wirksame Ausschlussklausel wegen psychischer Reaktion ein.
2. Ein Kfz-Auffahrunfall ist nicht geeignet, ein Knalltrauma zu verursachen, das als organisches Korrelat des Tinnitus anerkannt werden könnte. Hierfür benannte Zeugen sind kein geeignetes Beweismittel, um exakt und verwertbare Angaben zu (extremen) technischen Werten zu machen (hier: ein Schalldruckpegel von mindestens 160 db für 1 bis 3 Millisekunden als Voraussetzung für ein Knalltrauma).
3. Eine posttraumatische Belastungsstörung wird von der Ausschlussklausel wegen psychischer Reaktion erfasst.

Die Prüfung einer Kulanzzahlung hemmt nicht die Verjährung
OLG Saarbrücken
1. Durch die nach Ablehnung einer weiteren Entschädigungsleistung erfolgende Mitteilung, eine Kulanzzahlung zu prüfen, wird die Verjährung nicht gehemmt.
2. Der Versicherungsnehmer muss sein Recht auf Neufestsetzung des Grades der Invalidität innerhalb eines Monats nach Eingang des Anerkenntnisses dem Versicherer gegenüber durch eine diesem zugehende Erklärung ausüben.

Umfang der Verjährungshemmung bei Leistungsklage
BGH
1. In der Unfallversicherung wird die Verjährung des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung durch Erhebung einer Leistungsklage nur im Umfang des bezifferten Antrags gehemmt; dass sich nach Ablauf der Verjährungsfrist ein höherer als der mit der Klage geltend gemachter Invaliditätsgrad etwa aufgrund einer Beweisaufnahme ergibt, ändert daran nichts. Das Risiko einer erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zutage getretenen Änderung der Verhältnisse, die für die Anspruchshöhe maßgebend sind, hat der beweispflichtige Versicherungsnehmer zu tragen.
2. Der zur Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. geltende Grundsatz „Fristwahrung des gesamten Anspruchs durch Teilklage" gilt nicht für die Frage einer Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 BGB.

Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bzw. Restitutionsklage wenn nachträglich - hier: durch Einschaltung eines Detektivs nach Urteilsverkündung - Anhaltspunkte für einen (versuchten) Prozessbetrug (hier: Vortäuschen eines hohen Invaliditätsgrads) vorliegen
BGH
1. Macht der Versicherer durch die Angaben eines von ihm eingeschalteten Detektivs glaubhaft, dass die Angaben des Versicherungsnehmers zu seinem Gesundheitszustand wissentlich unrichtig gewesen seien, hat das Gericht die Wiedereröffnung des mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzuordnen.
2. Ist bereits ein Urteil zugunsten des Versicherungsnehmers ergangen, liegt hierin der Restitutionsgrund des 580 Nr. 4 ZPO begründet, weil das Urteil durch eine in Beziehung zu dem Rechtsstreit verübte Straftat (hier: Prozessbetrug) verübt wurde.

Bei schwersten Unfallverletzungen kann die Geltendmachung der Invalidität ausnahmsweise auch in der Erstattung der Unfallanzeige gesehen werden
OLG Stuttgart
1. Die Geltendmachung der Invalidität gemäß § 7 I AUB 94 kann in Ausnahmefällen auch bereits in einer zeitnah erstatteten Unfallanzeige liegen, wenn in ihr Verletzungsfolgen genannt sind, die notwendiger Weise zu einer Invalidität führen. Werden Ganzkörperverbrennungen 3. Grades mitgeteilt, muss dies auch als Geltendmachung von Invalidität angesehen werden.
2. Zur Bemessung der Funktionseinschränkungen bei schweren Brandverletzungen.

Eine vor Ablauf der drei-Jahres-Frist erhobene Klage auf Zahlung der Invaliditätsentschädigung ist zulässig
OLG Koblenz
1. Der Zulässigkeit der auf Zahlung der Invaliditätsentschädigung gerichteten Klage steht nicht entgegen, dass der Drei-Jahres-Zeitraum des § 11 Nr. IV AUB 99 bei Erhebung des Zahlungsanspruchs noch nicht verstrichen war. Nach § 11 Nr. 1 AUB 99 hat der Versicherer innerhalb von drei Monaten zu erklären, ob und in welcher Höhe er einen Anspruch anerkennt. Diese Erklärungsfrist beginnt, sobald dem Versicherer die Unterlagen zugegangen sind, die der Versicherungsnehmer zum Nachweis des Unfallhergangs und der Unfallfolgen sowie über den Abschluss des für die Bemessung der Invalidität notwendigen Heilverfahrens beizubringen hat. Diese Voraussetzungen lagen vor, sobald der Kläger die Bescheinigung des Arztes E. vom 3. Juni 2005 bei der Beklagten eingereicht hatte.
2. § 11 Nr. I AUB 99 sieht demgegenüber nicht vor, dass die Erklärung des Versicherers zur Erstfeststellung eines geltend gemachten Versicherungsanspruchs von dem Ergebnis eigener Erhebungen bzw. selbst in Auftrag gegebener Begutachtungen abhängen soll.
3. Steht danach die Leistungspflicht des Versicherers zunächst nur dem Grunde nach fest, hat der Versicherer auf Verlangen des Versicherungsnehmers angemessene Vorschüsse zu zahlen, § 11 Nr. III AUB 99. Bereits daraus ergibt sich die Begründetheit der ursprünglich von dem Kläger erhobenen Vorschussklage.
4. Die nach § 11 Nr. I AUB 99 geschuldete Erklärung zur Erstfeststellung kann sodann gemäß § 11 Nr. IV AUB 99 seitens des Versicherers unter dem Vorbehalt abgegeben werden, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahren nach Eintritt des Unfalls, erneut ärztlich bemessen zu lassen. Es handelt sich also bei der endgültigen Invaliditätsbemessung zum Ende des dritten Jahres nach Eintritt des Unfalls nicht um die Erstfeststellung der dem Versicherungsnehmer zustehenden Versicherungsleistung, sondern um eine - sofern vorbehalten - Nachprüfung der bereits zuvor getroffenen Entscheidung. Daraus ergibt sich, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung nicht erst zum Ende des dritten Jahres nach dem Eintritt des Unfalls zustand.

Eine posttraumatische Belastungsstörung nach Einquetschung durch einen Gabelstapler bis zur Bewusstlosigkeit unterfällt dem Leistungsausschluss nach Nr. 5.2.6 AUB 2000
LG Dortmund
1. Nach Nr. 5.2.6 der vereinbarten AUB 2000 sind krankhafte Störung infolge psychischer Reaktion, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Risikoausschluss der vorgenannten Bestimmung, wenn es an einem körperlichen Trauma insgesamt fehlt oder die krankhafte Störung des Körpers nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden kann. Hingegen gilt der Ausschluss nicht für organische Schädigungen, die ihrerseits zu einem psychischen Leiden führen; diese seelischen Beschwerden beruhen nämlich ihrerseits nicht auf psychischen Reaktionen, sondern sind physisch hervorgerufen (BGH, VersR 2004, 1039 und 1449). Danach fallen krankhafte Veränderungen der Psyche wegen einer hirnorganischen Schädigung nicht unter den Ausschluss ( LG Dortmund, NJW-RR 2006, 320), ebenso nicht anlagebedingte Somatisierungsstörungen nach Unfallverletzungen (OLG Celle, r + s 2008, 329; OLG Hamm, VersR 2006, 1394) oder psychische Fehlverarbeitungen von unfallbedingten organischen Verletzungen (OLG Köln, VersR 2007, 976) oder posttraumatische Belastungsstörungen, die auf das Unfallereignis selbst und nicht auf darauf beruhende körperliche Schädigungen zurückzuführen sind (OLG Celle, a.a.O.; OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1487-reaktive Depression-; OLG Brandenburg; VersR 2006, 1251; vgl. auch Abel/Winkens, VersR 2009, 30), während wiederum nicht vom Ausschluss erfasst und damit vom Versicherungsschutz gedeckt werden krankhafte Veränderungen der Psyche als Folge von unfallbedingten körperlichen Verletzungen.
2. Nach der psychiatrischen Nomenklatur wird die posttraumatische Belastungsstörung als eine Folge des Erlebens eines gravierenden Unfallgeschehens gesehen und nicht als die Folge von Verletzungen, die bei einem Unfall entstehen können. Deshalb werden auch die psychischen Störungen und Ängste des Geschädigten nicht geprägt durch die nur vorübergehenden organischen Verletzungen, sondern allein bestimmt durch das Erlebnis vom Unfallgeschehen.
3. Gibt die versicherte Person an, dass er immer wieder unter Bildern leidet, in denen er sieht, wie der Gabelstapler auf ihn zufährt und ihn zu zerquetschen droht und dass er hat deshalb eine Phobie entwickelt habe, sich in engen Räumen wie einem Auto oder einer Toilette aufzuhalten und sind diese Angstzustände erstmals nach zwei bis drei Wochen nach dem Unfallgeschehen aufgetreten und haben sich in der Folgezeit verstärkt, zu einer Zeit also, als die bei dem Unfall erlittenen Verletzungen wenn nicht schon abgeklungen, dann aber jedenfalls im Abklingen begriffen waren, haben die Angstzustände bei der versicherten Person keine organische Ursache.
4. Steht somit fest dass keine der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen im Zusammenhang mit den psychischen Beschwerden der versicherten Person stehen, letztere vielmehr eindeutig eine Reaktion auf das von der versicherten Person als lebensbedrohlich empfundene Unfallgeschehen selbst darstellen, liegen die Voraussetzungen für den Risikoaufschluss nach Nr. 5.2.6 AUB 2000 vor.

Invaliditätsgrad von 5% für den unfallbedingten Verlust der Milz
OLG Koblenz
1. Für die Entfernung der Milz wird aus allgemeinmedizinischer Sicht sowohl eine Außerachtlassung und damit eine Invaliditätswertung mit 0 % vertreten als auch der Ansatz eines Invaliditätsgrades von bis zu 10 %. Diese unterschiedliche Bewertung ergibt sich daraus, dass einerseits jedenfalls ein essenzielles Organ fehlt, andererseits das Fehlen der Milz für das Alltagsleben normalerweise ohne auffallende Bedeutung ist, sondern erst in Erkrankungssituationen in den Vordergrund tritt.
2. Trotzdem kann der Verlust der Milz jedenfalls nicht mit 0 % Invalidität zu bewerten sein kann, da die Milz eine eigenständige Körperfunktion erfüllt und insbesondere in Erkrankungssituationen ihr Fehlen von Bedeutung sein kann. Im Hinblick auf die Bedeutung der Milz in Erkrankungssituationen wird der dafür anzusetzende Invaliditätsgrad auf 5 % (§ 287 ZPO) geschätzt.

Gesundheitsbeeinträchtigungen, die zwar bereits zum Zeitpunkt der Erstfeststellung der Invalidität vorlagen, aber dort nicht berücksichtigt wurden, können noch bei der Neufeststellung der Invalidität berücksichtigt werden
BGH
Im Rechtsstreit um die Erstfeststellung seiner Invalidität (hier nach § 11 II AUB 94) trifft den Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung keine rechtliche Verpflichtung, bereits alle bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen Veränderungen seines Gesundheitszustandes geltend zu machen. Kann deshalb die Vertragspartei, welche später die Neubemessung der Invalidität verlangt, darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass bestimmte Veränderungen im Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers, auf die sich das Begehren stützt, noch nicht in die gerichtliche Erstbemessung eingeflossen sind, so sind diese Veränderungen im Rahmen der Neubemessung zu berücksichtigen.

Der Versicherungsnehmer kann sich schon dann auf eine nicht erfüllte Hinweispflicht des Versicherers auf die einzuhaltenden Fristen berufen, wenn er bis zur mündlichen Verhandlung noch nicht ein Mal eine (verfristete) ärztliche Invaliditätsfeststellung vorlegt
OLG Rostock
1. Eine Klage auf Leistungen aus einer Unfallversicherung muss ohne weiteres abgewiesen werden, wenn der Versicherte nicht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung eine ärztliche Invaliditätsfeststellung vorlegt, aus der sich eine unfallbedingte Invalidität ergibt.
2. Wird eine solche Bescheinigung nicht vorgelegt, so kommt es nicht darauf an, ob die Versicherung sich nach Treu und Glauben nicht auf einen Fristablauf berufen kann. Das Gericht hat zunächst und vor allem zu prüfen, ob die ärztlichen Bescheinigungen, die der Versicherte innerhalb der genannten Fristen einreichte, ausreichen, um die unfallbedingte Invalidität überhaupt geltend zu machen.

Bloße Diagnose einer Borrelioseerkrankung im Arztbrief beinhaltet keine ärztliche Invaliditätsfeststellung und löst auch (nach altem Recht) keine Hinweispflichten des Versicherers auf die einzuhaltenden Fristen aus
OLG Düsseldorf
1. Ein Arztbrief, der „lediglich" eine Borrelioseerkrankung nach einem Zeckenbiss attestiert, beinhaltet keine auf dem Zeckenbiss beruhende ärztliche Feststellung einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinn des § 7 I Nr. 1 AUB 94.
2. Einer der Ausnahmefälle, in denen ein ärztlicher Befund auch ohne ausdrückliche Erwähnung der Dauerfolgen so eindeutig für eine Invalidität spricht, dass er für sich selbst spricht, etwa bei der Diagnose einer Querschnittslähmung, bestimmter Gehirnschäden oder unfallbedingter Glied- bzw. Organverluste, liegt bei einer Borrelioseerkrankung nicht vor. Die Borreliose-Erkrankung führt nicht notwendig zu Dauerfolgen, die deshalb nicht ausdrücklich gesondert erwähnt zu werden bräuchten, weil sie mit der gestellten Diagnose stets einhergehen.
3. Da eine Borreliose-Infektion weder notwendig noch auch nur mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Dauerbeeinträchtigung führt, vielmehr zumeist unter medikamentöser Behandlung folgenlos ausheilt, liegt für den Versicherer bei der Meldung der Borrelioseerkrankung der Eintritt einer Invalidität nicht nahe, schon gar nicht eine Invalidität, die innerhalb eines Jahres nach dem Zeckenbiss eintreten würde. Dem Versicherer ist es daher nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die fehlende fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität zu berufen.

Verjährungshemmung bei Anspruch auf Invaliditätsentschädigung durch Erhebung von Leistungsklage nur im Umfang des bezifferten Antrags
BGH
In der Unfallversicherung wird der Verjährung des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung durch Erhebung einer Leistungsklage nur im Umfang des bezifferten Antrags gehemmt; da sich nach Ablauf der Verjährungsfrist ein höherer als der mit der Klage geltend gemachte Invaliditätsgrad etwa aufgrund einer Beweisaufnahme ergibt, ändert daran nichts.

Werden in der privaten Unfallversicherung angemeldete Ansprüche auf Invaliditätsleistung nicht weiterverfolgt, so entfällt spätestens nach 10 Jahren die Hemmung der Verjährung
LG Dortmund
1. Gibt ein Versicherer keine Erklärung über seine Leistungspflicht ab, obwohl der Versicherungsnehmer sämtliche erforderlichen Mitwirkungshandlungen erbracht hat, so steht dies einer Ablehnung des Anspruches gleich, so dass damit Fälligkeit der Invaliditätsentschädigung eintritt. Voraussetzung für eine Fälligkeit und damit das Anlaufen der Verjährungsfrist ist jedoch stets, dass der Versicherungsnehmer die nach dem Bedingungswerk erforderlichen Mitwirkungshandlungen erbracht hat. Werden diese, auch über einen längeren Zeitraum, nicht vorgenommen, kann die Verjährung grundsätzlich nicht zu laufen beginnen. Unter Geltung der AUB 61 bedeutet dies, dass die Verjährung nicht anlaufen kann, bevor der Versicherungsnehmer die nach § 11 AUB 61 erforderlichen Unterlagen eingereicht hat.
2. Nach § 12 Abs. 2 VVG wird die Verjährung bis zum Eingang einer schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt, wenn der Versicherungsnehmer beim Versicherer einen Anspruch angemeldet hat.
3. Die Hemmung der Verjährung entfällt gemäß § 242 BGB auch ohne schriftliche Entscheidung des Versicherers, wenn dieser davon ausgehen durfte, der Versicherungsnehmer verfolge die von ihm zunächst angemeldeten Ansprüche nicht mehr weiter und daher die Erteilung eines schriftlichen Bescheides durch den Versicherer keinen vernünftigen Sinn mehr hätte und nur eine reine Förmelei wäre, weil der Geschädigte auf einen endgültigen Bescheid überhaupt nicht mehr wartet. Dabei berechtigt allerdings die bloße Untätigkeit des Geschädigten während eines längeren Zeitraumes noch nicht zu der Annahme, ein schriftlicher Bescheid sei überflüssig und sinnlos, mit ihm könne der Geschädigte billigerweise nicht mehr rechnen. Werden allerdings angemeldete Invaliditätsansprüche vom Versicherer viele Jahre nicht beschieden, so ist regelmäßig von einem Entfall der Hemmung der Verjährung nach mehreren Jahren auszugehen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung darf der Versicherer jedenfalls spätestens nach 10 Jahren davon ausgehen, dass der Versicherte einen Anspruch auf Invaliditätsleistung nicht mehr verfolgen würde ( vgl. zum Zeitraum von 10 Jahren auch den Rechtsgedanken des § 937 Abs.1 BGB - Befriedung, Beruhigung und Vereinfachung unklarer Rechtsbeziehungen -)

Der Nachweis des Leistungsfalls in der Kinderinvaliditätszusatzversicherung kann durch Vorlage des Versorgungsamtsbescheids über Schwerbehinderung erbracht werden
OLG Karlsruhe
In der Kinderinvaliditätszusatzversicherung kann der Nachweis des Leistungsfalls in bedingungsgemäßer Form durch Vorlage der Bescheide des Versorgungsamts bzw. des Schwerbeschädigtenausweises erbracht werden.

Kein Versicherungsschutz, wenn stark alkoholisiertes Unfallopfer eigentliche Verletzungen erst nach Verlassen des Unfallwagens erleidet
Saarländisches Oberlandesgericht
Eine Versicherungsbedingung, die den Wiedereinschluss von trunkenheitsbedingten Unfällen aufhebt, in dem die Versicherungsleistung bei einem Alkoholeinfluss von 1,3 ‰ bei Unfällen im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges ausgeschlossen ist, ist nicht auf das Führen des Fahrzeugs beschränkt. Der verständige Versicherungsnehmer erkennt, dass der Versicherer „Unfälle infolge von Bewusstseinsstörungen soweit durch Trunkenheit verursacht" über eine Grenze von 1,3 ‰ nicht toleriert. Führt der Alkoholisierzustand zu einem Unfall, besteht auch dann kein Versicherungsschutz, wenn Personenschäden erst nach dem Verlassen des Unfallwagens erfolgen. Das Kausalitätserfordernis, wonach der Unfall „durch" die Bewusstseinsstörung eingetreten ist, liegt in solchen Fällen darüber hinaus auch vor.  

Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung kann sich in Ermangelung einer besonders hohen BAK (hier: 1,46 ‰ etwa 1 ½ h nach dem Unfall) auch aus den Gesamtumständen ergeben
OLG Celle
1. Eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung im Sinne von § 2 I. (1) AUB 88 setzt nicht zwingend die Feststellung einer besonders hohen BAK voraus, sondern kann sich auch aus dem konkreten Verhalten des verletzten Versicherungsnehmers ergeben (hier: nächtlicher Sturz aus einem Hotelfenster).
2. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach die ärztliche Feststellung der Invalidität gemäß § 7 I. (1) Satz 3 AUB 88 eine schriftliche Invaliditätsfeststellung innerhalb der 15-Monats-Frist voraussetzt.

Für den Rückforderungsanspruch des Versicherers nach einer Nachbemessung der Invaliditätsleistung muss sich die frühere Einschätzung nunmehr als zu hoch erweisen
OLG Hamm
Hat der Versicherer den Grad der voraussichtlich dauernden Invalidität zu einem Zeitpunkt vor Ablauf von 3 Jahren nach dem Unfall festgestellt und entsprechend geleistet und enthalten die Versicherungsbedingungen eine Nachbesserungsregel, wie etwa § 11 Abs. 4 AUB 88, so setzt ein Rückforderungsanspruch nach Ablauf von 3 Jahren nach dem Unfall nicht nur voraus, dass bei richtiger Beurteilung nach damaligem Erkenntnisstand (ex ante) die damals getroffene Einschätzung zu hoch war. Der Anspruch besteht vielmehr insoweit auch nur insoweit, wie sich die damalige Einschätzung nunmehr - bezogen auf den Zeitpunkt 3 Jahre nach dem Unfall - tatsächlich als zu hoch erweist.  

Die Regelung der Ziff. 2.1.1.1 S. 2 AUB 2000, durch die - als Anspruchsvoraussetzungen einer Invaliditätsentschädigung - bestimmte Fristen für den Eintritt, die Feststellung und die Geltendmachung der Invalidität gesetzt werden, ist wirksam
OLG Celle
1. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB muss eine Regelung nicht nur aus sich heraus klar und verständlich sein; sie hält einer Inhaltskontrolle auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, von dem allerdings die aufmerksame Durchsicht der Bedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann; jedes eigene Nachdenken kann dem Kunden nicht erspart bleiben; eine Überspannung des Transparenzgebots würde letztlich wieder Intransparenz mit sich bringen.
2. Es trifft zu, dass das Augenmerk des Versicherungsnehmers, der nach einem Unfall die Versicherungsbedingungen zur Hand nimmt, um festzustellen, was zu veranlassen ist, durch die nicht gelungene Überschrift zu Ziff. 7 „ Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheit)? " zunächst auf seine Obliegenheiten gelenkt wird, ohne dass sich dort ein Hinweis auf die nach dem Unfall als Anspruchsvoraussetzung einer Invaliditätsleistung zu wahrenden Fristen findet. Es würde dem Versicherungsnehmer den Zugang sicherlich erleichtern, wenn sich dort eine weitere Erläuterung finden würde.
3. Gleichwohl genügen die vorliegenden AUB 2000 der Beklagten insoweit noch den Anforderungen des Transparenzgebotes. Dass die für die Invaliditätsleistung geltende Fristenregelung nicht unter den Obliegenheiten aufgeführt ist, hat seinen Grund darin, dass es sich um eine echte Anspruchsvoraussetzung handelt und die Versicherungsbedingungen deutlich zwischen Anspruchsvoraussetzungen und Obliegenheiten unterscheiden. Diese Regelungstechnik ist nicht zu beanstanden. Von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der nach einem Unfall meint, es könne eine Invaliditätsleistung in Betracht kommen, kann erwartet werden, dass er bei der gebotenen aufmerksamen Durchsicht der Bedingungen auch die in dem Abschnitt „Versicherungsumfang" unter der Überschrift „2.1 Invaliditätsleistung" aufgeführten Bestimmungen liest. Der Versicherungsnehmer kann sich die Lektüre dieser Bestimmungen nicht ersparen, wenn er über den Versicherungsschutz, der ihm zusteht, auch nur in groben Zügen informiert sein will. Unter Ziff. 2.1. stößt der Versicherungsnehmer gleich zu Beginn auf die „Voraussetzungen für die Leistung" und findet ohne Weiteres die drucktechnisch sehr übersichtlich aufgeführten Fristen. Von der gebotenen Lektüre wird der Versicherungsnehmer auch nicht dadurch abgehalten, dass die ihn treffenden Obliegenheiten unter der Überschrift „Was ist nach dem Unfall zu beachten?" aufgeführt werden. Wenn der Versicherungsnehmer tatsächlich zuerst diesen Abschnitt liest, wird er sogleich feststellen, dass sich dort keine Regelungen, die sich speziell auf die Invaliditätsleistung beziehen, finden lassen und er den Abschnitt „2.1 Invaliditätsleistung" lesen muss, um sich näher über mögliche Anspruche auf eine Invaliditätsleistung zu informieren. Hierdurch wird kein falscher Eindruck erweckt, dass es genügen könnte, nur den die Obliegenheiten betreffenden Abschnitt zu lesen, um hinreichend über eine mögliche Invaliditätsleistung informiert zu sein.

Eine unterstellte Intransparenz der Fristenregelung in den AUB 2000 würde allenfalls zur Teilunwirksamkeit der Klausel hinsichtlich der 15-Monats-Frist führen, nicht aber zur Unwirksamkeit soweit die ärztliche Feststellung der Invalidität gefordert wird
LG Dortmund
1. Es bleibt offen, ob die Fristenregelung in Ziffer 2.1.1.1 AUB 2000 wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist.
2. Eine Unwirksamkeit der Fristenregelung würde jedenfalls nicht die weiteren in Ziffer 2.1.1.1 AUB 2000 bedungenen Anspruchsvoraussetzungen erfassen und diese sind auch nicht ihrerseits wegen Intransparenz unwirksam, so dass insbesondere eine schriftliche ärztliche Invaliditätsfeststellung für den Anspruch auf Invaliditätsleistung erforderlich bleibt.

Invaliditätsfeststelllung wahrt die Frist nur hinsichtlich der dort angegebenen Dauerschäden
LG Dortmund
§ 7 I 1 (AUB 94) erfordert für den Anspruch auf Invaliditätsleistung eine fristgebundene schriftliche ärztliche Invaliditätsfeststellung. Aus der ärztlichen Invaliditätsfeststellung müssen sich die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Die Invaliditätsbescheinigung soll dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich soll sie eine Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar sind und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen will. Deshalb können nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein.

Schriftlichkeit der ärztlichen Invaliditätsfeststellung erforderlich
OLG Celle
1. Eine ärztliche Invaliditätsfeststellung im Sinne des § 7 I Abs. 1 Satz 3 AUB 94 liegt nur dann vor, wenn diese schriftlich festgestellt worden ist. Mündliche Äußerungen gegenüber dem Versicherten genügen nicht. Das Erfordernis einer schriftlichen Feststellung dient der Rechtssicherheit und Beweissicherung und soll dem Versicherer die Möglichkeit geben, anhand von objektivierbaren Tatsachen vom Vorliegen einer unfallbedingten Invalidität in Abgrenzung zu nicht versicherten Spätfolgen auszugehen.
2. Aus der Verletzung eines Sprunggelenks kann nicht zwingend auf eine dauerhaft verbleibende Beeinträchtigung geschlossen werden, so dass sich der Versicherer nicht treuwidrig auf eine nicht fristgerechte Invaliditätsfeststellung beruft, wenn er von dieser Verletzung innerhalb der Frist erfahren hat.

Beweislast für eine äußere Einwirkung nach Sturz auf einem unebenen Fußweg - Voraussetzungen für die Annahme eines Anscheinsbeweises
OLG Celle
1. Ein Unfall liegt gemäß Ziff. 1.3 AUB 2000 vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Grundsätzlich muss es sich hierbei um ein Einwirken der Außenwelt (Person oder Sache) in der Form eines Zusammenstoßes auf den Körper des Verletzten handeln. Zwar können auch Eigenbewegungen des Versicherten einen Unfall bewirken, wenn sie die Gesundheitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst haben. Das kann etwa gegeben sein beim Sturz gegen ein nicht oder zu spät gesehenes Hindernis, Umknicken des Fußes an einer Bordsteinkante der infolge einer Bodenunebenheit sowie infolge stumpfen Hallenbodens beim Handballspielen. Entscheidende Verletzungsursache muss aber immer der irreguläre Zustand der Außenwelt, nicht dagegen das eigene Ungeschick des Versicherten sein. Entsprechend fehlt die Unfalleigenschaft bei bloß ungeschickten Eigenbewegungen, die als solche ohne Mitwirkung eines äußeren Ereignisses eine Gesundheitsschädigung hervorrufen, z. B. beim Umknicken des Fußes auf normalem Boden, Hüpfen, Drehen und Stolpern beim Tanzen, tanztypischen Ausfallschritt- und Drehbewegungen , Umknicken des Fußes beim Aussteigen aus dem Auto, Umknicken des Fußes beim Treppensteigen. Anderenfalls wäre jede Verletzung bei Bewegungen, insbesondere bei jeder sportlichen oder gymnastischen Betätigung, als Unfall anzusehen. Das ist indessen mit dem Unfallbegriff nicht zu vereinbaren, wie sich auch aus einem Umkehrschluss zu Ziff. 1.4 AUB 2000 ergibt. Hiernach sind nur bestimmte Eigenbewegungen durch erhöhte Kraftanstrengungen mit im einzelnen bestimmten Verletzungsfolgen als Unfall anzusehen. Dieser Unfallfiktion bedürfte es nicht, wenn bereits jede Verletzung durch ungeschickte Eigenbewegungen als Unfall anzusehen wären.
2. Dem Versicherungsnehmer obliegt die Beweislast für einen bedingungsgemäßen Unfall. Ist streitig, ob die versicherte Person stolperte und durch den sich anschließenden Sturz eine Kniescheibenbänder-Abriss erlitt oder ob die versicherte Person, die unstreitig vor dem Sturz unter einer Polyarthritis litt, eine Spontanruptur erlitt und erst deshalb stürzte, ist ein Unfallereignis nicht nachgewiesen.
3. Die versicherte Person kann den Beweis dann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit führen, wenn sie zwar angibt, dass der Fußweg sehr unebene gewesen sei und dass sie deshalb annehme, wegen einer Bodenunebenheit gestürzt zu sein. Die bloße Annahme einer äußeren Einwirkung genügt nicht
4. Dass gerade die Bodenunebenheiten Ursache des Sturzes waren, kann auch nicht im Wege eines Anscheinsbeweises vermutet werden. Zwar könnte - in entsprechender Anwendung der zu Verkehrssicherungspflichtverletzungen ergangenen Rechtsprechung im Wege des Anscheinsbeweises vermutet werden, dass eine vorhandene Bodenunebenheit Ursache des Sturzes war, wenn sich der Bürgersteig in einem verkehrswidrigen Zustand befunden hätte. Einen verkehrswidrigen Zustand des Bürgersteiges hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen. Vielmehr lagen nach seinem Vorbringen allein Höhenunterschiede der Gehwegplatten vor, die sich durch Witterungseinflüsse ergeben hätten. Dass diese Höhenunterschiede das übliche und hinzunehmende Maß überschritten, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Der Verweis im Versicherungsschein auf das Gesamtbedingungswerk führt nicht zur Vereinbarung sämtlicher dort genannten Leistungsarten
LG Hamburg
Eine im Versicherungsschein nicht ausdrücklich genannte Leistungsart (z.B. Unfall-Rente) wird auch nicht dadurch Vertragsinhalt, dass der Versicherungsschein auf das Gesamtbedingungswerk mit seinen vielfältigen Leistungsarten verweist.

Keine Mitteilungspflicht über Änderung der Unfallversicherungsbedingungen
OLG Düsseldorf
Ein Unfallversicherer ist nicht verpflichtet, die Änderungen seiner AUB ohne einen konkreten Anlass den Versicherungsnehmern mitzuteilen, um diesen die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Einbeziehung der neuen Bedingungen in ihren Versicherungsvertrag zu stellen. Als Anlass genügt nicht, dass sich aus dem neuen Klauselwerk einzelne Vorteile für den Versicherungsnehmer ergeben können (hier: Verlängerung der Fristen zur ärztlichen Feststellung der Invalidität und deren Geltendmachung). Die automatisierte Vertragsverlängerung bei nicht rechtzeitiger Kündigung ist kein Anlass zur Mitteilung der Bedingungsänderung.

Sowohl eine Kreislaufstörung als auch ein Schlafwandeln stellen eine Bewusstseins- oder Geistesstörung im Sinne der Ausschlussklausel nach Nr. 4.1.1 AUB 2005 dar
OLG Hamm
1. Sowohl Kreislaufstörungen oder Schlafwandeln fallen unter den Begriff der Bewusstseins- oder Geistesstörung im Sinne der Ziffer 4.1.1 AUB 2005.
2. Behauptet der Versicherer eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung als Unfallursache, so hat sich der Versicherungsnehmer dazu zu erklären (sekundäre Darlegungslast). Macht der Versicherungsnehmer keine näheren Angaben und bleibt als plausible Erklärung für den Unfall nur eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung, so ist diese als Unfallursache anzusehen.

Zum Vorsatzausschluss nach Ziff. 5.2.1 bei Unfällen, denen eine Beleidigung des Versicherten vorausgegangen ist
OLG Hamm
1. Unfälle, die sich im Zusammenhang mit einer Beleidigungstat ereignen, sind nur dann vom Ausschlusstatbestand der Nr. 5.2.1 AUB 2000 (Vorsatztatausschluss) erfasst, wenn sich die der Straftat "Beleidigung" eigentümliche Gefahr verwirklicht. Das kann (so hier) zu verneinen sein, wenn der Beleidigungsvorsatz erst gefasst wird - oder sich das nicht ausschließen lässt -, nachdem der gefahrträchtige Vorgang begonnen wurde. 2. Bringt ein Unfallversicherter seinen Pkw durch schrittweises leichtes Abbremsen zum Stillstand, um einen über eine längere Wegstrecke dicht auffahrenden anderen Verkehrsteilnehmer zum Anhalten zu bewegen und um diesen dann auf die Gefährlichkeit des Auffahrens und auf die Einhaltung des Sicherheitsabstandes hinzuweisen, so ist dieses Verhalten nicht als verwerflich nach § 240 Abs. 2 StGB zu bewerten. Der Ausschluss nach Nr. 5.2.1 AUB 2000 (Vorsatztatausschluss) wegen der Vorsatztat "Nötigung" greift dann nicht ein.  

Die Ausschlussfristenregelung Ziffer 2.1.1.1 der AUB 2000 ist nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam
OLG Karlsruhe
1. Die ärztliche Feststellung eines ausschließlich das Bein betreffenden unfallbedingten Dauerschadens wahrt die Voraussetzungen auf eine Invaliditätsleistung nach Ziffer 2.1.1.1 AUB 2000 in Bezug auf weitergehende Dauerschäden (hier: Blasenentleerungsstörung und erektile Dysfunktion) auch dann nicht, wenn diese auf die Beinschädigung zurückgehen (Anschluss an BGH VersR 2007, 1114).
2. Die Ausschlussfristenregelung Ziffer 2.1.1.1 der AUB 2000 ist nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.

Zum Unfallbegriff bei anfänglich willensgesteuerter, dann aber in ihrem weiteren Verlauf nicht mehr gezielter und beherrschbarer Eigenbewegung des Versicherungsnehmers
BGH
1. Nach Ziffer 1.3 AUB liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Als Unfall ist damit jedes vom Versicherten nicht beherrschbare und in Bezug auf die dadurch verursachte Gesundheitsschädigung unfreiwillige Geschehen anzusehen.
2. Diese Voraussetzungen sind auch dann gegeben, wenn eine vom Willen des Versicherten getragene und gesteuerte Eigenbewegung zu einer plötzlichen Einwirkung von außen führt, wie es bei einer ursprünglich zwar gewollten und bewusst eingeleiteten, hinsichtlich des Tritts in eine Vertiefung neben dem Plattenweg dann aber unerwarteten Ausweichbewegung mit nachfolgendem Straucheln der Fall ist, wobei eine vom Versicherungsnehmer bis dahin willentlich und problemlos getragene Last von 40 kg eine ebenfalls unerwartete Eigendynamik entfaltet hat und vom Versicherungsnehmer abgefangen bzw. abgestützt werden musste.
3. Die anfänglich willensgesteuerte Eigenbewegung war in ihrem weiteren Verlauf nicht mehr gezielt und für den Versicherungsnehmer beherrschbar, so dass Eigenbewegung und äußere Einwirkung zusammengetroffen sind, wobei die äußere Einwirkung ihrerseits Einfluss auf die veränderte und nicht mehr beherrschbare Eigenbewegung genommen hat. Schon dadurch ist der Unfallbegriff i.S. von Ziffer 1.3 AUB erfüllt. Ein (zusätzliches) Aufschlagen auf den Boden ist - anders als die Revision dies meint - dazu nicht erforderlich. Es kommt daher in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Kläger den starken Schmerz verspürte, bevor oder nachdem es zum Aufprall auf den Boden kam.

Beweis der überwiegenden Verursachung des Unfalls für Schäden an der Bandscheibe
BGH
1. Der Versicherer trägt die Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach 5.2.1 AUB wegen Schädigungen der Bandscheibe. Gelingt dem Versicherer dieser Beweis, ist es Sache des Versicherungsnehmers, den Wiedereinschluss - insbesondere die überwiegende Ursächlichkeit des Unfallereignisses - darzulegen und zu beweisen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 24. September 2008 - IV ZR 219/07 - VersR 2008, 1683).
2. Bei der Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Verursachungsanteil der Bandscheibenvorfall (traumatische) Folge des Unfallereignisses oder Ergebnis bereits vorhandener degenerativer Veränderungen gewesen ist, für die sich das Unfallereignis lediglich als Gelegenheitsursache erweist, geht es nicht darum, dass der Leistungsausschluss schon bei jeglichen degenerativen Veränderungen, die altersgemäß bei praktisch jedem Versicherten vorhanden sind, zum Tragen kommt und für einen Wiedereinschluss nahezu kein Anwendungsbereich verbliebe. Das Unfallereignis muss nicht die ausschließliche Ursache für die vom Versicherungsschutz an sich ausgenommene Schädigung an Bandscheiben gewesen sein, um einen Wiedereinschluss zu erreichen. Ebenso ist es, wenn degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule für die Gesundheitsschädigung nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben.
3. Es ist lediglich erforderlich und vom Versicherungsnehmer nachzuweisen, dass das Unfallereignis die überwiegende Ursache für den Bandscheibenvorfall gewesen ist, auch wenn degenerative Veränderungen zur Gesundheitsschädigung beigetragen haben mögen. Das kommt bereits im Wortlaut der Klausel hinreichend zum Ausdruck.
4. Es ist Aufgabe des Tatrichters, Gutachten gerichtlich bestellter Sachverständiger sorgfältig und kritisch zu würdigen und auf die Ausräumung möglicher Unvollständigkeiten, Unklarheiten und Zweifel hinzuwirken .. Dazu kann es geboten sein, ein weiteres Gutachten einzuholen, insbesondere wenn das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen insgesamt oder zumindest in einzelnen Punkten zu vage und unsicher erscheint.
5. Das Gericht darf den Antrag einer Partei, ein weiteres gerichtliches Gutachten einzuholen (§ 412 Abs. 1 ZPO), nur übergehen, wenn es nach Ausschöpfung der bisherigen Beweismittel und Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung das bereits vorliegende Gutachten für vollständig und überzeugend hält und die Gründe dafür im Urteil ausführlich darlegt.

Beweis der Ursächlichkeit eines Unfalls für Gehirnblutung
LG Dortmund
1. Es steht in der Beweislast des Versicherungsnehmers, dass der Unfall für die erlittene Gesundheitsbeeinträchtigung, die Gehirnblutung, ursächlich gewesen ist. Den Beweis der Ursächlichkeit zwischen Unfallereignis und Gesundheitsbeeinträchtigung (haftungsbegründende Kausalität) hat der Kläger mit dem Beweismaßstab des § 286 ZPO zu führen.
2. Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt ein Geschehen voraus, bei dem die Regeln des Lebens und die Erfahrung des üblichen und gewöhnlichen dem Richter die Überzeugung vermitteln, dass auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in vergleichbaren Fällen.
3. Ein derart typischer Geschehensablauf ist aber dann nicht gegeben, wenn es darum geht, welche von mehreren behaupteten Möglichkeiten die Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht haben, ob nämlich der Versicherungsnehmer eine spontane Gehirnblutung erlitten hat oder ob die Blutung durch den Unfall ausgelöst worden ist. Selbst wenn die Möglichkeit, dass das äußere Ereignis die Blutung verursacht haben könnte, wahrscheinlicher wäre, als das Entstehen einer Spontanblutung, würde dies nicht genügen, um einen Anscheinsbeweis anzunehmen. Es fehlt an einem allgemeinen Lebenserfahrungssatz für solche Fälle (BGH r+s 1988, 151; OLG Saarbrücken a.a.O., OLG Hamm r+s 1991, 286).

Kein bedingungsgemäßer Unfall bei einem nur infolge einer ungeschickten Eigenbewegung erlitten Sturz beim Skifahren
OLG Celle
1. Ein Unfall nach § 1 Abs. 3 AUB 94, § 2 Abs. 1 AUB 61, § 178 VVG liegt nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer bei einem Ski-Abfahrtsablauf stürzt, weil ein anderer Skifahrer von oben kommend an ihm vorbeifährt, ihn aber nicht berührt und er sodann auf der Schulter zu Fall kommt, wodurch er einen Riss der Sehnen im Bereich der Rotatorenmanschette erleidet. Ein bloßes Erschrecken und ein unmittelbar darauf beruhender Sturz nur infolge einer ungeschickten Eigenbewegung stellt mangels irregulären Zustandes der Außenwelt keinen Unfall dar.
2. Ist der Sturz auch nicht im Zusammenhang mit einer erhöhten Kraftanstrengung erfolgt, so liegt ebenfalls kein versichertes Ereignis nach dem fiktiven Unfallbegriff des § 1 Abs. 4 AUB 94, § 2 Abs. 2 lit. a AUB 61 vor.

Nichtangabe einer Diabetes in der Schadenanzeige
LG Köln
1. Verneint der Versicherungsnehmer die Frage in der Schadenanzeige nach ernsten Erkrankungen, obwohl er seit 3 Jahren wegen Diabetes Mellitus Typ II medikamentös (täglich 4 Tabletten, keine Insulinpflicht) behandelt wird und es bereits infolge dieser Diabetes zu einer leichten Netzhautschädigung gekommen war, so ist eine vorsätzliche Verletzung der Auskunftspflicht zu vermuten.
2. Ist von einer grob fahrlässigen Verletzung der Auskunftspflicht durch den Versicherungsnehmer auszugehen, der unfallbedingt beim Auffangen eines schweren Gegenstandes eines Glaskörpers eine Blutung mit Verlust der Sehkraft auf einem Auge von 75 % erlitten hat und ist nach medizinischer Einschätzung die Diabetes wahrscheinlich für den eingetretenen Schaden ursächlich, so hat der Versicherungsnehmer eine fehlende Kausalität seiner Verletzung der Auskunftsobliegenheit nicht nachgewiesen.

Unfallversicherung und Gliedertaxe
OLG Hamm
Außerhalb der Gliedertaxe ist einheitlich zu ermitteln, wie die Verletzungen insgesamt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Invaliditätsgrade nach der Gliedertabelle oder auch solche gemäß Gliedertabelle und außerhalb der Gliedertabelle sind zu addieren.

Keine Mitverursachung durch degenerative Veränderungen, wenn diese das alterstypische Maß nicht übersteigen
OLG Koblenz
Eine Mitverursachung durch degenerative Schäden kommt nur dann in Betracht, wenn Anhaltspunkte für über das Alter entsprechende Maß hinausgehende, degenerative Veränderungen bestehen.  

Kein treuwidriges Berufen des Versicherers auf die fehlende fristgerechte Geltendmachung der Invalidität trotz einer vom Versicherer veranlassten ärztlichen Untersuchung, wenn diese ohne nennenswerte Belastungen verbunden war
LG Kleve
1. Erleidet der Versicherungsnehmer bei einem Unfall Beinverletzungen sowie eine Gehörschädigung (Tinnitus) und zeigt er dem Versicherer nur die Beinverletzung an, so hat er keine Invalidität wegen des weiteren Körperschadens Tinnitus geltend gemacht.
2. Der Versicherer beruft sich nicht treuwidrig auf eine verspätete Geltendmachung der Invalidität, wenn er nach Fristablauf eine nicht besonders belastende ärztliche Untersuchung des Gehörschadens veranlasst hat.

Kein Vollbeweis eines Unfalls wenn Versicherungsnehmer weder gegenüber dem erstbehandelnden Arzt noch gegenüber einem Kollegen, der ihn zum Arzt fuhr, einen Unfall erwähnt hat
OLG Frankfurt
1. Stürzt der Versicherte, weil ein Kabel plötzlich nachgegeben hat, dass er in stark gebückter Haltung herausziehen wollte, so liegt ein Unfall vor.
2. Hat der Versicherungsnehmer einen am Vortag erlittenen Unfall (Sturz beim Nachgeben eines gezogenen Kabels, der zur Amputation eines Beines führte) den behandelnden Ärzten nicht geschildert, die ihn nach seiner ersten - später dann richtig gestellten - Darlegung auch nicht dazu befragt hätten, kann der Versicherungsnehmer ferner keine Erklärung dafür abgeben, dass die Ärzte stattdessen eine „kniende Tätigkeit" in ihren Berichten angegeben hatten, hatte er auch seinem Arbeitskollegen, der ihn in die Klinik fuhr, nichts von einem Unfall gesagt, meldet der Versicherungsnehmer den Versicherer erst 6 Monate nach dem Unfall dieses Ereignis mit einer so schwerwiegenden Gesundheitsfolge „Amputation", hat er den Unfallhergang im Verlauf des Rechtsstreits unterschiedlich geschildert und litt der Versicherungsnehmer ferner seit Jahren an einer arteriellen Verschlusskrankheit beider Beine, die als andere Ursache für die Amputation ernsthaft in Betracht kommt, so hat der Versicherungsnehmer den Unfall nicht bewiesen.

Ermittlungen des Grades der Invalidität außerhalb der Gliedertaxe
OLG Hamm
Außerhalb der Gliedertaxe ist einheitlich zu ermitteln, wie die Verletzungen insgesamt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Invaliditätsgrade nach der Gliedertabelle oder auch solche gemäß Gliedertabelle und außerhalb der Gliedertabelle sind zu addieren.

Das Anheben eines Gegenstands ohne Eigendynamik ist kein bedingungsgemäßer Unfall
LG Bayreuth
1. Das Anheben eines Gegenstands, der keine Eigendynamik entwickelt, ist kein bedingungsgemäßer Unfall.
2. Beim Pleuragewebe handelt es sich nicht um Gewebe, das im Zusammenhang mit den Gliedmaßen oder der Wirbelsäule steht, und es stellt auch keine Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln dar, so dass eine entsprechende Verletzung (Pneumothorax) nicht der Unfallfiktion nach § 1 Abs. 4 AUB 88 unterfällt.

Streitwert einer auf Fortbestand des Versicherungsverhältnisses gerichteten Feststellungsklage
LG Dresden
1. Der Streitwert einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Unfallversicherung bemisst sich regelmäßig mit 10 % der Höchstleistungssumme, sofern ein Versicherungsfall bereits reguliert oder noch überhaupt nicht eingetreten war.
2. Der Streitwert einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Unfallversicherung in der Leistungsansprüche des Versicherungsnehmers aus einem behaupteten Versicherungsfall ebenfalls in Streit stehen beträgt hingegen 20 % der Höchstleistungssumme.  

Kein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch des Versicherers, wenn sich in einem vom Versicherungsnehmer angestrengten Klageverfahren ein niedrigerer Entschädigungsanspruch ergibt, als ihn der Versicherer außergerichtlich reguliert hatte und sich der Versicherer kein Recht auf Neufeststellung der Invalidität vorbehalten hat
OLG Frankfurt 
1. Zahlt der Versicherer einen Vorschuß und verweist er im Übrigen auf eine noch zu erfolgende Begutachtung, handelte es sich dabei um die gemäß § 11 Abs. 1 AUB 88 (§ 9 Ziff. 1.1. AUB 99/L) vorgesehene Erklärung des Versicherers, ob und in welcher Höhe er einen Anspruch anerkennt.
2. Zwar stellt diese Erklärung kein Anerkenntnis der Leistungspflicht dar, so dass der Versicherer auch bei Angabe eines Anerkenntnisses nach § 11 AUB nicht daran gehindert ist, die geleistete Entschädigung wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzuverlangen; das Recht auf Neubemessung des Invaliditätsanspruchs bis zu 3 Jahren nach Eintritt des Unfalls verbleibt dem Versicherer aber nur, wenn er sich die Neubemessung mit der Abgabe seiner Erklärung entsprechend § 11 I AUB 88 vorbehält (vgl. § 11 IV AUB 88; § 9 Ziff. 3.2. AUB 99/L). Fehlt es an einer solchen Erklärung folgt daraus, dass die in dem Regulierungsschreiben zur Entschädigungsgrundlage gemachte Invaliditätsbemessung für den Versicherer bindend geworden ist.
3. Das nachträgliche Neubemessungsverlangen des Versicherungsnehmers beseitigt diese Bindungswirkung nicht. Denn es liegt auf der Hand, dass das Neubemessungsverlangen unter der Einschränkung einer Neubemessung zugunsten des Versicherungsnehmers steht. Dieses Verlangen gibt dem Versicherer kein Recht zur Abänderung ihrer Erklärung zum Nachteil des Klägers, weil ansonsten die Bindungswirkung der Festsetzung unterlaufen würde.

Leistungsfreiheit des Versicherers aufgrund von Wahlfeststellung bei einem Todesereignis in suizidaler Absicht oder wegen Bewusstseinsstörung
LG Dortmund
Bleiben ernsthaft nur zwei alternative Geschehensabläufe für ein Todesereignis übrig (hier: entweder in suizidaler Absicht freiwillig vom Balkon gestürzt oder Sturz als Folge einer krankhaften Bewusstseinsstörung bzw. infolge des Genusses von Alkohol oder andern Rauschmitteln) und ist der Versicherer in beiden Fällen nicht eintrittspflichtig, bedarf es keiner abschließenden Feststellung der Unfreiwilligkeit des Geschehens.

Bewusstseinsstörung bei hitzebedingtem Kreislaufkollaps
BGH
1. Eine den Versicherungsschutz ausschließende Bewusstlosigkeit nach § 2 Abs. 1 (1) Satz 1 AUB 88 setzt keine völlige Bewusstlosigkeit voraus, es genügt eine solche Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit, die die gebotene Reaktion auf eine Gefahrenlage nicht mehr zulässt. Sackt der Versicherte infolge einer sonnen- und hitzebedingten Kreislaufreaktion zusammen und schlägt mit dem Kopf auf die Betonkante eines Beetes auf, ohne auf die Gefahr noch reagieren zu können, so liegt unbeschadet der Dauer der Beeinträchtigung eine Bewusstseinsstörung vor.
2. Der Wiedereinschluss einer unfallbedingten Bewusstlosigkeit setzt in den Fällen einer allmählichen Einwirkung von Witterungseinflüssen voraus, dass der Versicherte durch ein äußeres Ereignis in seiner Bewegungsfreiheit so beeinträchtigt wird, dass er hilflos diesen Einwirkungen ausgesetzt ist. Das Einschlafen in der Sonne ist kein solches von außen wirkendes Ereignis, sondern ein innerer Vorgang.

Rechtscharakter eines Abrechnungsschreibens
OLG Frankfurt
Korrigiert der Versicherer auf entsprechende Rückfrage des Versicherungsnehmers ohne weitere Diskussion seine bisherige Abrechnung zu dessen Gunsten, so enthält das neue Abrechnungsschreiben nur eine einseitige Erklärung des Versicherers und kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Ein die Rückforderung des Versicherers aus ungerechtfertigter Bereicherung ausschließendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass über die Leistungspflicht des Versicherers bei den Vertragsparteien Ungewissheit bestand oder bestritten wurde und der Versicherer diese Ungewissheit oder den Streit durch das Anerkenntnis beenden wollte.

Rechtscharakter eines Abrechnungsschreibens
OLG Oldenburg
Teilt der Versicherer dem Versicherungsnehmer seine Bereitschaft mit, den Versicherungsfall unter Anerkennung eines bestimmten Invaliditätsgrades zu regulieren, so ist diese Erklärung als Auskunft des Versicherers über seine Zahlungsbereitschaft und nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu bewerten. Hinsichtlich des anerkannten Invaliditätsgrades hat der Versicherer die Beweislast für die Unrichtigkeit des Anerkenntnisses, falls er seine Leistung später zurückfordert. Verlangt hingegen der Versicherungsnehmer Leistungen nach einem höheren Invaliditätsgrad, so ist es dem Versicherer nicht verwehrt, die Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitsbeschädigung zu bestreiten.

Nachweis überwiegender Unfallursache für einen Bandscheibenvorfall
OLG Düsseldorf
Der Versicherungsnehmer hat eine überwiegend unfallbedingt entstandene Bandscheibenschädigung nicht bewiesen, wenn nach sachverständiger Bewertung dieser Schaden jeweils zu 50 % durch das Unfallereignis (Abfangen eines bettlägerigen Patienten, der beim Hochziehen am Bettgalgen diesen los ließ und auf den rechten Arm des Versicherungsnehmers fiel) bzw. durch eine vorgeschädigte Wirbelsäule des Versicherungsnehmers verursacht wurde. Auch wenn eine auf einen Prozentsatz abzielende Schätzung regelmäßig nur zu einem Näherungswert führt und damit der Verursachungsbeitrag des Unfalls durchaus über den von den Sachverständigen in Ansatz gebrachten 50 % liegen, aber auch hinter diesen zurückbleiben kann, so geht dies zu Lasten des beweispflichtigen Versicherungsnehmers, da sich ein über 50 % liegender Verursachungsbeitrag des Unfalls nicht mehr aufklären lässt.

 Urteile aus dem Jahr 2008

Ruptur der Achillessehne beim Badminton Spielen als fingierter Unfall nach Ziff. 1.4 AUB 99
LG Dortmund 2. Zivilkammer 
1. Erleidet die versicherte Person während eines Badmintonspiels bei einem schnellen Antritt eine Ruptur der Achillessehne am rechten Fuß, fehlt es an einem versicherten Unfallereignis im Sinne von Ziff. 1.3 AUB 99, weil der Riss der Achillessehne bei einem willensgesteuerten Bewegungsvorgang des Klägers geschehen ist, ohne dass der Geschehensablauf durch äußere Einflüsse wie z. B. Bodenunebenheiten beeinflusst worden wäre.
2. Es liegen allerdings die Voraussetzungen eines sogenannten fingierten Unfalles nach Ziff. 1.4 der vereinbarten AUB 99 vor. Danach gilt als Unfall auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskel, Sehnen, Bänder oder Kapsel gezerrt oder zerrissen werden, denn bei einem schnellen Antritt im Rahmen einer sportlichen Betätigung handelt es sich um eine Kraftanstrengung, die im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen erhöht ist.
3. Durch das Erfordernis der erhöhten Kraftanstrengung sollen für den Versicherungsnehmer erkennbar Kraftanstrengungen des täglichen Lebens, die zwar einen gewissen Muskeleinsatz aber keinen bemerkenswerten Krafteinsatz erfordern, als Gelegenheitsursachen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Solche Bewegungsabläufe führen regelmäßig nur dann zu Verletzungen, wenn bereits anlage- oder schicksalsbedingte Verschleißerscheinungen oder krankhafte Veränderungen an den Körperteilen vorliegen. Vom Versicherungsschutz gedeckt werden sollen hingegen besondere Anstrengungen, die nach Art oder Intensität von dem erforderlichen Kraftaufwand abweichen, der bei normalen körperlichen Bewegungen wie Gehen, Laufen, Aufstehen oder ähnlichem aufzubringen ist. Daran gemessen stellt der schnelle Antritt im Rahmen sportlicher Betätigung insbesondere beim Badmintonspiel eine im Sinne der Versicherungsbedingungen erhöhte Kraftanstrengung dar, da für den kurzen Sprint, den der Kläger vorgenommen hat, eine maximale Anspannung der betroffenen Muskelgruppen erforderlich war, was ebenfalls zur maximalen Belastung der mit dem Wadenmuskel verbundenen Achillessehne geführt hat. Diese Kraftanstrengung geht über das normale Maß üblicher Kraftanstrengungen sowohl des Klägers als auch der Gruppe aller Versicherten deutlich hinaus.
4. Sie entspricht derjenigen in anderen Fällen sportlicher Betätigung, in denen die Rechtsprechung einen fingierten Unfall im Sinne von Ziff. 1.4 AUB 99 bzw. den gleichlautenden Vorläuferbedingungen angenommen hat wie beim Anspannen der Bizepssehnen beim Sportkegeln, beim 50 m-Sprint anlässlich einer Schiedsrichterprüfung und dabei erlittenem Achillessehnenriss bei einer Muskelanspannungsübung im Sportunterricht und dabei erlittenem Muskelfaserriss oder beim fußballspielbedingten kämpferischen Einsatz um den Ball und dabei erlittener Achillessehnenruptur.

Fälligkeitszeitpunkt der Invaliditätsentschädigung nach den AUB 2000 wenn zwar die Invalidität dem Grunde nach, nicht aber der Höhe nach feststeht, weil die Behandlungen noch andauern
LG Dortmund
1. Die von vielen Versicherern praktizierte Handhabung, den Zeitpunkt für die Entscheidung über die eigene Leistungspflicht auf das Ende des dritten Jahres nach dem Unfall zu verschieben, weil das Heilverfahren noch nicht abgeschlossen ist, entspricht nicht den AUB 2000, denn nach Ziff. 9.1 AUB 2000 hängt die Fälligkeit der Invaliditätsleistung nicht vom Abschluss des Heilverfahrens ab.
2. Fälligkeitsvoraussetzung ist nach dem eindeutigen Bedingungswortlaut der Abschluss des Heilverfahrens nur insoweit, als er für die Feststellungen der Invalidität erforderlich ist. Das Heilverfahren braucht nur insoweit beendet zu sein, als es zur Feststellung von dauernden Unfallfolgen nötig ist. Dafür reicht aus, dass das Heilverfahren soweit gediehen ist, dass ärztlicherseits eine Mindestinvalidität prognostiziert werden kann.
3. Sofern bereits eine dauernde Funktionsbeeinträchtigung vorhanden ist, beeinflusst die Aussicht weiterer Behandlungsmaßnahmen und operativer Revisionen weder die Verpflichtung der Beklagten, ihre Leistungspflicht anzuerkennen noch den für die Leistungsentscheidung zu berücksichtigen Invaliditätsgrad, wenn der Erfolg solcher Behandlungsmaßnahmen und operativen Revisionen ungewiss ist und nicht einmal feststeht, ob solche überhaupt eingeleitet waren oder innerhalb der Dreijahresfrist eingeleitet werden sollten.
4. Auch das in Ziff. 9.4 AUB 2000 vereinbarte Recht, die Invalidität jährlich, längstens bis zu 3 Jahren nach dem Eintritt des Unfalles, erneut ärztlich bemessen zu lassen die Pflicht des Versicherers nicht, sich zeitgerecht nach Ziff. 9.1 AUB 2000 zur eigenen Leistungspflicht zu erklären. Denn die Regelung in Ziff. 9.4 AUB 2000 über die Möglichkeit der jährlichen Neubemessung, die eine Erstbemessung notwendigerweise voraussetzt, liefe weitgehend leer, wenn der Versicherer den Zeitpunkt der Erstbemessung im Hinblick auf mögliche Veränderungen des Grades der Invalidität in dem nach Ziff. 9.1 AUB 2000 maßgebenden Zeitpunkt auf das Ende der 3-Jahresfrist nach dem Unfall verschieben könnte.

Überwiegende Wahrscheinlichkeit eines unfallbedingten Bandscheibenvorfalls bei aufprallbedingte Bewegungsenergie von 6,3 bis 7,2 g
OLG Koblenz 10. Zivilsenat 
Ist eine aufprallbedingte Bewegungsenergie von 6,3 bis 7,2 g bewiesen, kann im Einzelfall auch ohne dokumentierte Begleitverletzungen die überwiegende Unfallverursachung eines Bandscheibenvorfalls (hier: im Bereich C5/C6) nachgewiesen sein.

Versicherer ist nicht gehindert, trotz außergerichtlich gezahlter Invaliditätsleistung im Folgeprozeß die Kausalität und damit seine generelle Einstandspflicht zu bestreiten
OLG Oldenburg 5. Zivilsenat
Erklärt der Versicherer, er sei bereit den Versicherungsfall unter Anerkennung eines bestimmten Invaliditätsgrades zu regulieren, hindert ihn dies in der Regel nicht, im nachfolgenden Prozess, in dem der Versicherungsnehmer einen höheren Invaliditätsgrad geltend macht, den Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschädigung zu bestreiten.

Zeitpunkt für die Bemessung der Invalidität bei Nachforderungen oder bei Rückforderungen
OLG Hamm
1. Verlangt der Versicherer gezahlte Leistungen als überhöht zurück, kann sich der Versicherungsnehmer auf den Gesundheitszustand drei Jahre nach dem Unfall auch dann berufen, wenn er die Nachbemessung entgegen § 11 Abs. 4 AUB nicht vorbehalten (bzw. entgegen Nr. 9.4 AUB 1999 nicht rechtzeitig geltend gemacht) hatte. Dies gilt auch, wenn die Zahlung ex ante tatsächlich überhöht war.
2. Maßgeblich für die Bemessung der Invalidität ist in Anlehnung an die in den AUB vorgesehenen Regelungen zur Nachbesserung der Zustand drei Jahre nach dem Unfall. Spätere Entwicklungen sind nicht zu berücksichtigen, jedenfalls nicht, wenn sie ungewiss sind.

Fristgerechte Geltendmachung der Invalidität setzt als empfangsbedürftige Willenserklärung fristgerechten Zugang beim Versicherer voraus
OLG Koblenz
1. Die fristgerechte Geltendmachung der Invalidität setzt anders als die ärztliche Feststellung der Invalidität den Zugang beim Versicherer voraus. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem sprachlichen Gehalt der Regelung; zudem handelt es sich bei der Geltendmachung der Invalidität im Gegensatz zur ärztlichen Feststellung der Invalidität um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit dem Zugang (§ 130 BGB) wirksam wird.
2. Der nicht fristgerechte Zugang kann indes entschuldigt sein, wenn die Geltendmachung der Invalidität fristgerecht an den Versicherer abgesandt wurde. Dieser Entlastungsbeweis obliegt dem Versicherungsnehmer.
3. Da es hierbei nicht um eine Obliegenheit, sondern um die Wahrung einer Ausschlussfrist geht, ist ein etwaiges Verschulden dritter Personen dem Versicherungsnehmer entsprechend § 278 BGB zuzurechnen, ohne dass es etwa auf die Frage einer Repräsentantenanstellung des Dritten ankäme.

Keine generelle Belehrungspflicht des Versicherers über die nach den AUB einzuhaltenden Fristen
OLG Koblenz
Der Versicherer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Versicherungsnehmer nach erfolgter Schadensmeldung auf die Frist des § 7 Nr. 1 Abs. 1 AUB 88 noch einmal gesondert hinzuweisen. Eine Ausnahme hiervon kann nach Treu und Glauben allenfalls dann in Betracht kommen, wenn nach dem Inhalt der Schadensanzeige oder sonstigen Umständen eine Invalidität möglich erscheint oder jedenfalls nicht fern liegt, und der Versicherer in Kenntnis dieser Umstände gleichwohl nicht auf die Frist des § 7 AUB hinweist, obwohl er erkennt, dass der Versicherungsnehmer trotz des wahrscheinlichen Vorliegens der Anspruchsvoraussetzung aus Unkenntnis diese Frist versäumen könnte.

Unfallbedingte Gesundheitsschädigung bei Rotatorenmanschettenruptur
OLG Dresden
1. Eine durch das Anheben eines Gegenstandes (hier: Wasserkasten) ausgelöste Gesundheitsschädigung ist nicht durch einen Unfall herbeigeführt, so lange dieser Gegenstand keine Eigendynamik entwickelt oder der Geschädigte nicht stürzt oder umknickt.
2. Eine Rotatorenmanschettenruptur stellt keinen Schaden an Gliedmaßen in Folge erhöhter Kraftanwendung dar, weil die Schulter Teil des Rumpfes und damit kein Gliedmaß ist.
3. Ein äußeres Ereignis ist für eine Gesundheitsschädigung nicht kausal, wenn diese zwar die Schädigung auslöst, aber dadurch nur eine bereits vorbestehende gesundheitliche Beeinträchtigung sichtbar wird, die durch jeden geringfügig und beliebig austauschbaren Anlass hätte ausgelöst werden können (so genannte Gelegenheitsursache - hier bejaht bei Ruptur einer Rotatorenmanschette bei Anheben eines Wasserkastens, die deutlich degenerative Veränderungen aufwies).

Unfallbedingte Gesundheitsentschädigung bei Rotatorenmanschettenruptur
LG Bochum
Liegen keine Umstände vor, die bei einem Unfall (hier: Sturz) auf eine starke Verdrehung der Schulter bzw. Spreizung (Abduktion) des Armes schließen lassen, so ist eine traumatisch bedingte Ruptur der Rotatorenmanschette nicht nachgewiesen. Dass der Versicherte sich vor dem Unfall beschwerdefrei fühlte, reicht für den Nachweis einer Ruptur nicht aus.

Keine Invaliditätsfeststellung, wenn Spätfolgen in einem ärztlichen Attest nur als „möglich" bezeichnet werden
Landgericht Koblenz
1. Aus der Invaliditätsfeststellung müssen sich die ärztlicherseits dafür angenommenen Ursachen der Invalidität und die Art ihrer Auswirkung auf die Gesundheit des Versicherten ergeben.
2. Daraus folgt, dass die Angabe eines konkreten, die Leistungsfähigkeit des Versicherten beeinflussenden und auf das Unfallereignis zurückzuführenden Dauerschadens notwendig ist. Allein die Möglichkeit der Kausalität reicht nicht.
3. Enthält ein ärztliches Attest die Formulierung „mit weiteren Unfallfolgen ist nach Ablauf von 3 Jahren nicht zu rechnen, wenn keine Osteomyelitis infolge der zurückgebliebenen Schraube entsteht" enthält keine Aussage dazu, dass das Unfallereignis überhaupt für einen Dauerschaden ursächlich wäre. Die ärztliche Aussage ist vage und steht unter dem Vorbehalt, dass keine Osteomyelitis infolge der Schraube entsteht.

Abrechnung nur nach Armwert bei Bruch der Speiche, auch wenn das Handgelenk unfallbedingt (mit-) beeinträchtigt wurde
LG Frankfurt
1. Speiche und Elle gehören anatomisch sowohl zum Handgelenk als auch zum (Unter-) Arm, so dass ein verbleibender Dauerschaden sowohl die Funktion des Handgelenks als auch die des Armes beeinträchtigt.
2. Die Beeinträchtigung eines rumpfnäheren Gliedes schließt den Verlust oder die Beeinträchtigung eines rumpfferneren Gliedes ein; eine Addition der Werte aus der Gliedertaxe findet in diesem Fall nicht statt.

Grad der Erwerbsminderung ist für die Bemessung des Grades der Invalidität unerheblich
LG Koblenz
Der Begriff der Erwerbsminderung ist ein sozialversicherungsrechtlicher Terminus, der in der privaten Unfallversicherung keine Rolle spielt, da der Begriff der Leistungsfähigkeit von anderen Voraussetzungen abhängig ist.

Beweisanzeichen für einen Suizid nach Sturz vom Balkon
LG Dortmund 2. Zivilkammer
1. Bleiben bei einem ungeklärten Sachverhalt ernsthaft nur zwei alternative Geschehensabläufe übrig (Suizid oder Unfallereignis als Folge einer krankhaften oder alkohol- oder betäubungsmittelbedingten Geistes- oder Bewusstseinsstörung) und ist der Versicherer in beiden nicht eintrittspflichtig, bedarf es keiner abschließenden Feststellung der Unfreiwilligkeit des Geschehens
2. Für den Nachweis eines Suizids ist nach den Regeln des Strengbeweises keine unumstößliche Gewissheit erforderlich, vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese notwendig auszuschließen. Dieser dem Versicherer obliegende Gegenbeweis kann dabei durch Indizien erbracht werden, wobei bei Sturzverletzungen aussagekräftig insbesondere das Verhältnis von Körperschwerpunkt und Brüstungshöhe, die Lage des Versicherten und dessen Verletzungen sind
3. Angesichts einer Körpergröße von 182 cm und einer 110 cm hohen Balkonbrüstung ist ein Sturz nur erklärbar ist, wenn sich die versicherte Person auf eine auf dem Balkon vorgefundene Steighilfe gestellt und über die Brüstung gebeugt hat. Gibt es hierbei keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden spricht zunächst die Lebenserfahrung dagegen, dass der Versicherte nicht gewollt und freiwillig diese Lage eingenommen hat. Bei einem unfreiwilligen Sturz ist bei normaler Reaktionsfähigkeit zu erwarten, dass ein Versicherter den Sturz mit den Händen auffängt und sich Verletzungen an den oberen Extremitäten zuzieht.
4. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob bei dem Versicherten ein die freie Willensbestimmung ausschließender Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit bestand und aus einem solchen zwingend die Unfreiwilligkeit der Gesundheitsbeschädigung folgt. Hat nämlich eine psychische Beeinträchtigung des Versicherten den Anlass für den Sturz vom Balkon gegeben unterliegt es keinem Zweifel, dass bei dem Versicherten die dem Menschen normalerweise innewohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, diese geistig zu verarbeiten und darauf richtig zu reagieren, mindestens ernstlich gefährdet war, so dass eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung bestand. Der Sturz wäre in diesem Falle auch durch die Geistes- oder Bewusstseinsstörung verursacht. Eine absolute Gewissheit ist für die Tatsachenfeststellung gem. § 286 ZPO nicht erforderlich.

Invaliditätsfeststellung wahrt Frist nur hinsichtlich der dort beschriebenen Dauerschäden
Landgericht Koblenz
Die Invaliditätsbescheinigung soll dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf der Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich soll sie eine Abgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar sind und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen will. Deshalb können aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweissicherung nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein.

Es spricht einiges dafür, dass die Obliegenheit, einen Unfalltod innerhalb von 48 Stunden zu melden, unwirksam ist, jedenfalls aber deren Nichteinhaltung bei dem Tod naher Angehöriger stets entschuldigt ist
LG Dortmund 2. Zivilkammer
1. Es spricht einiges dafür, dass die Klausel, dass der Unfalltod innerhalb von 48 Stunden nach dem Tod dem Versicherer anzuzeigen ist, den Versicherungsnehmer im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
2. Fraglich ist auch, ob überhaupt eine Fallgestaltung denkbar ist, in der der Versicherungsnehmer, der den Tod seines nahen Angehörigen nicht innerhalb von 48 Stunden dem Versicherer anzeigt, nicht a priori entschuldigt ist, weil derjenige, der den tragischen Verlust eines nahen Angehörigen zu beklagen hat, kaum in erster Linie daran denken wird, diesen in Versicherungsleistungen umzumünzen.

Streitwert bei Auseinandersetzung über den Bestand einer Unfallversicherung
LG Dresden 
In einer gerichtlichen Auseinandersetzung über den Bestand einer Unfallversicherung erhöht sich der Streitwert auf 20 % des Leistungsbetrages für Vollinvalidität, sofern Invaliditätsleistungen aus einem behaupteten Versicherungsfall im Streit stehen.

Versicherungsausschluss bei psychischen Reaktionen (hier: posttraumatischeBelastungsstörung)
OLG Celle
Eine posttraumatische Belastungsstörung sowie somatoforme Schmerzstörung, die nicht organisch durch das Unfallgeschehen selber verursacht wurden, sondern durch sehr komplex ablaufende mittelbare Prozesse der Psyche und des Gehirns in Folge des Unfalls entstanden sind, fallen unter den Ausschluss „Psychische Reaktionen". Dass als biologische Reaktion auf die unfallbedingte Stressreaktion Kortison ausgeschüttet und dadurch die posttraumatische Belastungsstörung bzw. somatoforme Schmerzstörung herbeigeführt wurde, stellt keine - nicht unter den Ausschluss fallende - psychische Reaktion in Folge unfallbedingter organischer Schädigung dar.

Prozessführungsbefugnis der Versicherten Person
OLG Köln
1. Ist die Unfallversicherung für Unfälle abgeschlossen, die einem Dritten zustoßen (Fremdversicherung), so kann grundsätzlich nur der Versicherungsnehmer und nicht auch der versicherte Dritte den Anspruch gerichtlich geltend machen.
2. Der Versicherte kann nur dann den Anspruch selbst gerichtlich geltend machen, wenn dieser ihm wirksam abgetreten worden ist (Vorfälligkeit des Anspruchs nur mit Zustimmung des Versicherers wirksam).
3. Der Versicherer beruft sich treuwidrig auf die fehlende Aktivlegitimation des Versicherten, wenn er sich konkludent mit der Geltendmachung durch den Versicherten einverstanden erklärt hat. Ein konkludentes Einverständnis ist anzunehmen, wenn der Versicherer vorprozessual mit dem Versicherten verhandelt hat, ohne dabei auf die ausschließlichen Rechte des Versicherungsnehmers hinzuweisen.

Kein Unfall, wenn es beim bloßen Anheben eines Grills zu einer Fraktur des Lendenwirbelkörpers kommt
LG Koblenz
1. Nach § 1 Abs. 3 AUB 88 liegt ein Unfall vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von Außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Dabei muss es sich bei dem Unfall um ein äußeres Ereignis handeln, das - nicht willensgesteuert - auch im Ablauf einer willentlichen ganggesetzten Eigenbewegung des Versicherten auftreten kann und dann zumindest mitursächlich für die Gesundheitsbeschädigung wird.
2. Bei Kraftanstrengungen, die eine willensgesteuerte Eigenbewegung darstellen und zu einer inneren Verletzung führen, liegt kein Unfall im Sinne des § 1 Abs. 3 AUB 88 vor. Anders kann es sich nur dann verhalten, wenn von dem Einwirkungsgegenstand selbst eine unerwartete Bewegung verursacht wird und dadurch der Versicherungsnehmer ins Straucheln oder Ausgleiten gerät. Die Arbeit mit oder an einem Gegenstand ist keine Einwirkung, solange diese ausschließlich Objekt von Bemühungen bleibt, also keine Eigendynamik entwickelt und der Geschädigte nicht stürzt oder umknickt.
3. Die durch das Anheben eines Gegenstands ausgelöste Gesundheitsschädigung stellt somit keinen Unfall in diesem Sinne dar. Dem Geschädigten obliegt die volle Beweislast dafür, dass die Gesundheitsschädigung eingetreten ist und das Unfallereignis für die Gesundheitsschädigung kausal war (vgl. insgesamt OLG Koblenz, r+s 2000, 303; r+s 2004, 211).

Die Fristenregelung der AUB 2000 zur Vorlage der ärztlichen Invaliditätsfeststellung genügt jedenfalls dann dem Transparenzgebot, wenn in den Bestimmungen zu den Obliegenheiten auch auf die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen hingewiesen wurde
LG Dortmund
Die Fristenregelung für das Entstehen des Anspruchs auf Invaliditätsleistung ist an den AUB 2000 ausgerichteten Versicherungsbedingungen jedenfalls dann nicht wegen Intransparenz unwirksam, wenn in den Bestimmungen zu den Obliegenheiten ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass neben der Beachtung der Obliegenheiten auch die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen ( z.B. die Fristen in Ziffer 2.1.1.1) zu prüfen sind ( Abgrenzung zu OLG Hamm, r+s 2008, 124).

Auch ein komplizierter Heilverlauf nach einem Schien- und Wadenbeinbruch, der wegen der Ausbildung einer Pseudarthrose und Valgusabweichung einen Revisionseingriffs erforderlich macht, macht einen Dauerschaden nicht greifbar, so dass der Versicherer nicht gegen Treu und Glauben verstößt, wenn er sich auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung beruft
LG Koblenz
1. Das Berufen des Versicherers auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung ist erst dann treuwidrig, wenn sich aus den eingeholten Auskünften greifbare Anhaltspunkte für dem Versicherungsnehmer geltend gemachten Dauerschaden ergeben oder wenn der Versicherer von sich aus ein umfassendes Gutachten auch zu den Dauerfolgen des Unfalls einholt.
2. Ergibt sich aus den fristgerecht vorgelegten ärztlichen Befunden, dass sich der Heilverlauf nach einem Schien- und Wadenbeinbruch kompliziert gestaltete und es zur Ausbildung einer Pseudarthrose mit Valgusabweichung gekommen ist und deshalb ein Revisionseingriff erforderlich sein wird, lässt sich hieraus gleichwohl nicht entnehmen, dass deswegen der Eintritt von unfallbedingten Dauerfolgen für den Versicherer erkennbar gewesen wäre.

Nur die in der Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden können Grundlage einer Invaliditätsfeststellung sein
LG Berlin
1. Es können nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein. Erforderlich ist daher die Angabe eines konkreten Dauerschadens.
2. Unabhängig von der Frage, ob der Einwand nicht eingehaltener Invaliditätsfristen mit Treu und Glauben im konkreten Fall zu vereinbaren ist, entbindet es den Anspruchsteller nicht davon, zumindest nach Ablauf der Frist die Anspruchsvoraussetzung einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung zu erfüllen.

Nichterweislichkeit eines Unfallereignisses aufgrund mangelnder Glaubhaftigkeit
LG Ravensburg
Bestehen bezüglich der Glaubhaftigkeit sowohl der Angaben der versicherten Person als auch deren Zeugen (hier: Sohn) Bedenken, fehlt es an einer mit dem für eine Verurteilung erforderlichen Maß (Vollbeweis nach § 286 ZPO) zu bildenden Überzeugung, dass sich das konkrete Unfallereignis in der von der versicherten Person geschilderten Weise ereignet hat, so dass es nicht bewiesen werden kann. Solche Bedenken liegen vor, wenn immer wieder neue Anpassungen des tatsächlichen Vortrags zum Unfallgeschehen an die medizinischen Erkenntnisse aus den gutachterlichen Feststellungen zu den Ursachen der Unfallfolgen vorliegen.

Beweisanzeichen für Suizidabsicht
OLG Frankfurt
Stirbt die versicherte Person an den Folgen schwerer Verbrennungen infolge einer Verpuffung in einem Gartenhaus, ist von der freiwilligen Herbeiführung einer solchen Verpuffung und von gegebener Suizidabsicht auszugehen, wenn eine Zündquelle nicht von Außen gekommen sein kann und auch die vorhandene elektrische Anlage als Ursache auszuschließen ist und darüber hinaus der Versicherte in einer handschriftlichen Notiz 10 Monate vor dem Unfall Überlegungen über eine Lösung der jedenfalls von ihm wahrgenommenen finanziellen Probleme durch Selbsttötung festgehalten hat.

Wirksamer Ausschluss für Infektion durch Zeckenbiss
OLG Köln
Der Versicherungsschutzausschluss einer durch Zeckenbiss herbeigeführten Infektion nach § 2 Abs. 2 (3) AUB 88 ist nicht AGBG-widrig, denn er ist weder überrascht noch beteiligt er den Versicherungsnehmer unangemessen. Der Ausschluss ist auch nicht sittenwidrig nach § 138 BGB, denn er steht in keinem Widerspruch zu Sinn und Zweck eines vertraglichen Unfallschutzes.

Mitwirkung unfallbedingter Vorschäden
LG Flensburg
Krankheiten sind in der Unfallversicherung als Vorschädigung auch dann anspruchsmindernd zu berücksichtigen, wenn sie ihrerseits auf Unfälle während der Versicherungsdauer beruhen. Dies gilt auch dann, wenn Ansprüche aus dem früheren Unfall nicht mehr geltend gemacht werden können.

Wirksamkeit einer zeitlich unbeschränkten Frage nach vor dem Unfall bestehenden Krankheiten oder Gebrechen erscheint zweifelhaft
OLG Hamm 
1. Wie die Frage im Formular einer Unfallanzeige „Bestehen oder bestanden unabhängig von den Folgen des jetzigen Unfalls Krankheiten oder Gebrechen? Ggf. welche, Name(n) und Anschrift(en) behandelnder Ärzte" zu verstehen ist, erscheint zweifelhaft. Dies ist, wenn eine Falschangabe des Versicherungsnehmers bejaht wird, auch bei dem vom Versicherungsnehmer zu führenden (vorliegend erbrachten) Beweis zur Widerlegung der Vorsatzvermutung zu berücksichtigen.
2. Maßgeblich für die Bemessung der Invalidität ist (in Anlehnung an die in den Allgemeinen Unfallbedingungen vorgesehenen Regelungen zur Nachbemessung) der Zustand drei Jahre nach dem Unfall. Spätere Entwicklungen sind nicht zu berücksichtigen, jedenfalls nicht, wenn sie ungewiss sind.

Schadensanzeige 11 Monate nach dem Unfallereignis trotz 5-monatiger ärztlicher Behandlung ist verspätet
LG Köln
Wenn 5 Monate nach einem Unfall trotz ärztlicher Behandlung therapieresistente Dauerbeschwerden bestehen, ist die Abgabe einer Unfallanzeige an einen privaten Unfallversicherer weitere 6 Monate später nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 AUB 88, so dass der Versicherungsnehmer damit seine Schadensmeldeobliegenheit verletzt.

Gehirnblutung nach Marcumarbehandlung
OLG Koblenz
1. Schlägt der Versicherungsnehmer bei einem Sturz mit dem Kopf auf den Boden und kommt es dadurch zu einer Ruptur eines Blutgefäßes im Gehirn, so ist diese Verletzung unfallbedingt. Versicherungsschutz für eine dadurch ausgelöste Gehirnblutung besteht dann, wenn das Unfallereignis die überwiegende Ursache war, § 2 Abs. 3 (2) AUB 94.
2. Maßgeblich ist nicht allein die Auslösung einer Gefäßruptur für den Blutungsbeginn, sondern die Gewichtung der Ursachen für die konkrete Gehirnblutung insgesamt.
3. War nach Beurteilung des medizinischen Sachverständigen das Ausmaß der Blutung ganz überwiegend durch die vorherige Einnahme von Marcumar beeinflusst und wäre es ohne die Blutgerinnungshemmung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Blutung in dem Umfang gekommen, so war der Unfall nicht die überwiegende Ursache.
3. Die Blutverdünnung infolge der Einnahme von Marcumar ist einer Krankheit oder einem Gebrechen im Sinne des § 8 AUB 94 gleichzusetzen. Ist die bei einem Sturz aufgetretene Gehirnblutung allein auf die Blutgerinnungshemmung durch Marcumar zurückzuführen, so ist der Versicherungsschutz nach § 8 AUB 94 ausgeschlossen.

Unterschiedliche Schilderungen des Unfallhergangs durch den Versicherungsnehmer können Beweisaufnahme über Unfallhergang entbehrlich machen
LG Köln
1. Bei unterschiedlichen Unfallschilderungen des Versicherungsnehmers kann das Gericht spätere abweichende Detailschilderungen unberücksichtigt lassen, wenn Zweifel an der Nachvollziehbarkeit und Widerspruchsfreiheit bestehen.
2. Der ersten Schilderung kommt entscheidende Bedeutung zu, weil diese unbehelligt von rechtlichen Erwägungen den Vorfall am Ehesten so berichtet, wie er sich tatsächlich zugetragen hat.
3. Liegt nach der ersten Unfallschilderung, der das Gericht folgt, kein bedingungsgemäßer Unfall vor, bedarf es keiner weiteren Beweisaufnahme.

 

Berechnung eines Invaliditätsgrades bei Vereinbarung einer erhöhten Gliedertaxein der Unfallversicherung - Rechtsqualität eines Abrechnungsschreibens im Rückforderungsprozeß
OLG Frankfurt
1. Ist für den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit beider Füße anstelle eines Invaliditätsgrades von 40 % + 40 % ein erhöhter Invaliditätsgrad von 100 % vereinbart, so wird die besondere Beeinträchtigung beider Füße durch eine Erhöhung von 25 % gegenüber der nicht erhöhten Gliedertaxe ausgedrückt, die auf einen Teilverlust oder eine Funktionsbeeinträchtigung beider Gliedmaßen heruntergerechnet wird.
2. Das Abrechnungsschreiben eines Unfallschadens stellt in der Regel kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Dieses setzt voraus, dass zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen einer Schuld oder rechtserhebliche Punkte besteht und die Parteien durch das Anerkenntnis das zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen. Aus diesen Gründen handelt es sich bei einem Abrechnungsschreiben in der Regel um eine Erklärung über die Leistungspflicht im Sinne des § 11 AUB 88, die zwar im Text der AUB als „Anerkenntnis" bezeichnet wird, nach allgemeiner Ansicht aber nur eine einseitige Erklärung des Versicherers zur Information des Versicherungsnehmers darstellt, die nachträgliche Einwendungen nicht ausschließt.

Der Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 4 AUB 88 erfasst auch eine psychogene Lähmung bei Fehlen einer dauerhaften organischen Schädigung
LG Köln
Erleidet der Versicherte aufgrund eines behaupteten Unfalls eine Handverletzung und stellt sich später eine vollständige Gebrauchsunfähigkeit der Hand ein, die bei Fehlen einer dauerhaften organischen Schädigung der Hand auf einer psychogenen Lähmung wegen einer Persönlichkeitsstörung des Versicherten beruht, greift der Leistungsausschluss des § 2 Abs. 4 AUB 88 ein.

Ärztliche Feststellung der Invalidität erfasst nur die Funktionsbeeinträchtigungen, die in der Bescheinigung aufgeführt wurden (hier: keine Nennung einer Depression)
OLG Frankfurt
1. Legt der Versicherungsnehmer eine ärztliche Bescheinigung über eine unfallbedingte funktionelle Darmstörung und Schmerzsymptome im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule vor, so enthält die Bescheinigung keinerlei ärztliche Aussage zu einer depressiven Erkrankung. Bei der Depression handelt es sich um einen selbstständigen Gesundheitsschaden, der ebenfalls fristgerecht ärztlich festzustellen ist.
2. Hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer eine Bescheinigung des Krankenhauses über bestimmte unfallbedingte Erkrankungen mit der Bitte um einen entsprechenden Hinweis vorgelegt, sofern dies nicht zum Nachweis der Invalidität ausreichen sollte, und weist der Versicherer anschließend nicht darauf hin, dass die Bescheinigung nicht für einen solchen Nachweis ausreicht, so ist es dem Versicherer nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Fristablauf der ärztlichen Invaliditätsfeststellung zu berufen.

Folgenlosigkeit einer Obliegenheitsverletzung in der Unfallversicherung bei Rückforderung der Invaliditätssumme
BGH
1. Fordert der Versicherer gezahlte Leistungen wegen einer Obliegenheitsverletzung zurück, trägt er die Darlegungs- und Beweislast auch insoweit, als im Aktivprozess des Versicherungsnehmers dieser sich entlasten müsste. Dies gilt nicht nur für die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG a. F., sondern auch für die Frage der Relevanz bzw. der Entbehrlichkeit der Relevanzprüfung wegen fehlender Folgenlosigkeit der Obliegenheitsverletzung.
2. Folgenlos ist eine Obliegenheitsverletzung, wenn der Versicherer nicht zuviel gezahlt hat, wenn er nicht mit zusätzlichen, sonst nicht entstandenen Kosten belastet worden ist und wenn er nicht, auch nicht vorübergehend, mit für ihn nachteiligen Konsequenzen daran gehindert wurde, sachgemäße Entschlüsse zu fassen und den Sachverhalt aufzuklären.

Der erstmalige Einwand der nicht rechtzeitigen Geltendmachung der Invalidität ist auch nach Einholung eines Gutachtens im Prozess noch zulässig wenn mit der Begutachtung keine psychischen oder körperlichen Belastungen verbunden waren
OLG Düsseldorf
Dem Versicherer ist der Einwand der nicht rechtzeitig geltend gemachten Invalidität erstmals im Rechtsstreit auch dann nicht verwehrt, wenn die Leistungspflicht nach Fristablauf aufgrund eines eingeholten Gutachtens abgelehnt wird, wenn mit der Begutachtung keine psychischen oder körperlichen Belastungen verbunden waren.  

Auslegung der Gliedertaxe bei Funktionsunfähigkeit im Gelenk
BGH
1. Nach der Gliedertaxe ergibt sich bereits eine vollständige Funktionsuntauglichkeit des linken Schultergelenkes ohne Rücksicht auf eine möglicherweise erhaltende teilweise Gebrauchsfähigkeit des Unterarms oder der Hand eine Gesamtinvalidität von 70 %.
2. Das Gericht ist antragsgemäß zu weitergehenden Beweiserhebungen verpflichtet, wenn der Sachverständige in Verkennung der Auslegung der Gliedertaxe Bedenken gegen vorhandene klinische Befunde nicht weiterverfolgt hat.

Auswirkung einer erhöhten Gliedertaxe bei Teilverlust und Funktionsbeeinträchtigung beider Füße
OLG Frankfurt
1. Auch ein korrigiertes Abrechnungsschreiben des Versicherers ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das eine spätere Rückforderung erbrachter Leistungen durch den Versicherer ausschließt. Etwas Anderes kann nur dann gelten, wenn zwischen den Parteien Streit oder subjektive Ungewissheit über das Bestehen einer Schuld oder rechtserhebliche Punkte besteht und die Parteien durch das Anerkenntnis das zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen (BGH, NJW 1995, 960).
2. Der Erhöhungsfaktor eines erhöhten festen Invaliditätsgrades für den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit beider Beine oder Füße gegenüber der normalen Gliedertaxe ist auch bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung beider Füße zu berücksichtigen.

Bei einem Bescheid des Versorgungsamtes über den Grad der Behinderung handelt es sich nicht um eine ärztliche Feststellung der Invalidität
LG Koblenz
Der Bescheid des Versorgungsamtes über den Grad der Behinderung stellt keine ärztliche Feststellung der Invalidität im Sine des § 7 I AUB dar, denn es handelt sich hierbei nicht um die Feststellung eines Arztes; dies gilt erst recht, wenn aus dem Bescheid nicht ersichtlich ist, dass der dort festgestellte Grad der Behinderung auf den Unfall zurückzuführen ist.

Treuwidriges Berufen des Versicherers auf Nichteinhaltung der 15-Monatsfrist nach Veranlas-sung einer Begutachtung der versicherten Person in Kenntnis der nicht eingehaltenen Frist
LG Koblenz
1. Der Versicherer verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn er trotz nicht eingehaltener 15-Monats Frist eine Begutachtung der versicherten Person veranlasst und sich erst im nachfolgenden Prozeß auf die nicht fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität beruft.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Gutachter konkret nur mit der Untersuchung auf neurologi-schem Gebiet beauftragt war und über den ihm erteilten Gutachtenauftrag hinausgehende psychiatrische Erhebungen (Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung) durchführt, ohne hierzu von dem Versicherer beauftragt worden zu sein. In diesem Fall muss sich der Ver-sicherer das Handeln des von ihm beauftragten Gutachter zurechnen lassen.

Neubemessung der Invalidität nach rechtskräftigem Urteil
OLG Hamm
Steht aufgrund der Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils fest, dass im Zeitpunkt der seinerzeit letzten mündlichen Verhandlung weitere Invaliditätsansprüche nicht bestanden, so kann der Versicherungsnehmer im Verfahren der Neubemessung gemäß § 11 Abs. 4 AUB 94 nur eine in der Zwischenzeit (zwischen jenem Zeitpunkt und spätestens dem Zeitpunkt 3 Jahre nach dem Unfall) eingetretene Verschlechterung geltend machen.

Keine Neufestsetzung der Invalidität bei Fehlen einer primären Erstfeststellung
BGH
Ohne eine Erstfeststellung der Invalidität, sei es durch Anerkenntniserklärung des Versicherers nach § 11 Abs. 1 AUB 94 oder durch gerichtliche Entscheidung, ist später keine Neufestsetzung des Grades der Invalidität nach § 11 Abs. 4 AUB 94 möglich.

Auskunftspflicht des Arbeitgebers über das Bestehen einer Gruppenunfallversicherung mit Direktanspruch des Arbeitnehmers
BAG
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass er aufgrund eines bestehenden Gruppenunfallversicherungsvertrages berechtigt und verpflichtet ist, den Versicherungsfall selbst unmittelbar dem Versicherer anzuzeigen.

Anzeige des Unfalls erst 11 Monate nach dem Unfall trotz behaupteter Schmerzen und ärztli-cher Behandlungen ist grob fahrlässig verspätet und berechtigt den Versicherer deshalb zur Leistungsfreiheit
OLG Köln
1. Nach Eintritt eines Unfalls, der voraussichtlich eine Entschädigungspflicht herbeiführen wird, ist der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer zu einer unverzüglichen - ohne schuldhaftes Zögern - schriftlich Anzeige verpflichtet (§ 9 Abs. 1 AUB 88).
2. Die Grenze zur Unverzüglichkeit ist dann überschritten, wenn der Versicherte erst nach langer Zeit (hier: 11 Monate später) dem Versicherer einen Unfall meldet, obwohl er während dieser Zeit aufgrund behaupteter dauernder und sich nicht bessernder Schmerzen in ärztli-cher Behandlung war.
3. In einem derartigen Fall ist es unerheblich, ob sich erst bei rückwärtiger Betrachtung ein Zusammenhang für den Versicherten ergab, denn § 9 Abs. 1 S. 1 AUB 88 setzt lediglich voraus, dass der Unfall „voraussichtlich" eine Leistungspflicht herbeiführt. Dies gestattet dem Versicherungsnehmer nicht, die Anzeige bis zur völligen Klarheit über den Unfall hinauszuzögern.
4, Eine erheblich verspätete Unfallanzeige ist in der Regel immer ursächlich im Sinne von § 10 S. 2 AUB 88, weil jeder längere Zeitablauf eine Verringerung der Möglichkeit bedeutet, die Ursachen eines Schadensvorgangs (auch mitwirkende Ursachen) objektiv festzustellen.

Beweislast im Rückforderungsprozess des Versicherers wegen Obliegenheitsverletzungen
BGH
1. Im Rückforderungsprozess hat - anders als im Deckungsprozess - der Versicherer darzulegen und zu beweisen, dass eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung kausal für den Um-fang seiner Leistungspflicht war.
2. Hat der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls eine weitere Unfallversicherung nicht angegeben, so ist die Verletzung seiner Auskunftsobliegenheit folgenlos geblieben, wenn nach dem von anderen Versicherer eingeholten Sachverständigengutach-ten von einem höheren Invaliditätsgrad auszugehen ist als der, den der Versicherer aufgrund des von ihm eingeholten Gutachtens seiner Entschädigungsberechnung zugrunde gelegt hat.
3. Bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzungen entspricht eine Belehrung des Versicherers nicht dem von der Relevanzrechtssprechung geforderten ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis, des Versicherers auf den Verlust des Versicherungsschutzes bei folgenloser Ob-liegenheitsverletzung, wenn der Versicherer lediglich von der Gefährdung des Versicherungs-schutzes bei bewusst unwahren und unvollständigen Antworten wahrt.

Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs durch Zurückweisung eines Antrages auf wei-tergehende Begutachtung in der Unfallversicherung
BGH
1. Nach der Gliedertaxe ergibt bereits eine vollständige Funktionsuntauglichkeit des linken Schultergelenkes ohne Rücksicht auf eine möglicherweise erhaltene teilweise Gebrauchsfähigkeit des Unterarms oder der Hand eine Gesamtinvalidität von 70 %.
2. Hat das Vordergericht in einem Rechtsstreit um Invalidenrente wegen einer Schultergelenksversteifung auf Grund eines Sachverständigengutachtens wegen der nach Ansicht des Sachverständigen zu berücksichtigenden noch teilweise erhaltenen Funktionsfähigkeit des Armes eine vollständige Versteifung des Schultergelenks lediglich unterstellt und nicht den Invaliditätsgrad zugebilligt, der bei Funktionsunfähigkeit des Schultergelenks ohne Berücksichtigung einer teilweisen Armfunktionsfähigkeit festzusetzen wäre, dann verletzt das Berufungs-gericht das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör, wenn es nicht durch Anhörung des Sachverständigen aufklärt, ob eine volle Funktionsunfähigkeit des Schultergelenks festgestellt werden kann.
3. Das Gericht ist antragsgemäß zu weitergehenden Beweiserhebungen verpflichtet, wenn der Sachverständige in Verkennung der Auslegung der Gliedertaxe Bedenken gegen vorhandene klinische Befunde nicht weiter verfolgt hat.

Zweifel an der Wirksamkeit der Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung
OLG Hamm
Es ist zweifelhaft, ob die Klausel der Nr. 2.1.1.1, 2. Spiegelstrich, AUB 2000 (ärztliche Feststellung binnen 15 Monaten nach dem Unfall) wirksam ist, wenn das den Versicherungsbedingungen vorangestellte Inhaltsverzeichnis eine derartige Regelung an dieser Stelle nicht vermuten lässt.

Ärztliche Feststellung der Invalidität
OLG Zweibrücken
1. Die Formulierung in einem Durchgangsarztbericht „Nachschau ist aus medizinischen Gründen erforderlich, sofern dann noch AU vorliegen sollte, am ..." beinhaltet keine Prognose eines Dauerschadens.
2. Die Formulierung einer ärztlichen Bescheinigung „Möglichkeit von Dauerfolgen in Form von chronischen Schmerzen", die keine Angaben zu den damit verbundenen Auswirkungen auf den Versicherten enthält, lässt nicht zwingend auf eine dauernde Beeinträchtigung schließen.
3. Die Formulierung in einem ärztlichen Bericht „starke Schmerzen ohne Befundbesserung" mit dem Hinweis, dass nicht sicher beurteilt werden könne, dass dieser Zustand auf den Unfall zurückzuführen sei, stellt mangels einer erforderlichen Ursachenfeststellung keine ärztliche Invaliditätsfeststellung dar.

Infektion mit Borreliose durch Zeckenbiss ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen
OLG Hamm
1. Infektionen, die durch einen Zeckenbiss verursacht werden, sind vom Unfallversicherungsschutz ausgeschlossen.
2. § 2 Abs. 2 Nr. 3 AUB 94 ist weder überraschend noch intransparent noch führt sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherten.

Fehlende fristgerechte ärztliche Feststellung psychischer Erkrankungen lässt die Leistungs-pflicht des Versicherers unabhängig von Ausschlusstatbeständen entfallen - zur Treuwidrigkeit der Berufung auf die fehlende fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität
OLG Frankfurt
1. Fehlt eine fristgerechte ärztliche Feststellung für einen behaupteten Dauerschaden aufgrund depressiver Erkrankung, kann es dahingestellt bleibt, ob die Erkrankung vom Ausschlusstatbestand wegen psychischer Reaktionen erfasst ist.
2. Auf das Versäumen der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität kann sich der Versicherer nicht berufen, wenn ihm der Versicherungsnehmer innerhalb der Frist ärztliche Bescheinigungen einreicht und ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis bittet, sofern diese nicht zum Nachweis der Invalidität ausreichen sollte.

Bestimmung einer Invalidität außerhalb der Gliedertaxe
OLG Hamm
1. Bei der Bestimmung einer Invalidität, für die die Gliedertaxe nicht anwendbar ist, ist zu prüfen, ob die die gefundene Invalidität sich in das System und in die Wertungen der Gliedertaxe einfügt.
2. Ist für einen Vertrag eine verbesserte Gliedertaxe vereinbart, dann führt diese unmittelbar nur zu einer Erhöhung des nach der üblichen Gliedertaxe ermittelten Invaliditätsgrades. Eine Erhöhung für die Fälle, die nicht in der Gliedertaxe geregelt sind, sieht die Zusatzvereinbarung nicht vor. Ob bei der Vereinbarung einer erhöhten Gliedertaxe geprüft werden muss, ob auch insoweit ein Wertungswiderspruch zu einem gefundenen Invaliditätsgrad besteht, bleibt offen.

Nachweis der Kausalität des Unfalls für Körperschaden
OLG Düsseldorf
Bleibt offen, ob der Körperschaden (Gefühlsstörungen rechts vom Unterschenkel bis zu den Zehen) auf eine unfallbedingte Dehnungsschädigung des Nervus peronaeus oder unfallunabhängige Polyneuropathie im Bereich des Nervus peronaeus zurückzuführen ist, so geht dies zu Lasten des Versicherungsnehmer, da dieser die Kausalität zwischen Unfall und Körper-schaden zu beweisen hat.

Der nicht rechtzeitige Zugang der schriftlichen Geltendmachung der Invalidität ist entschuldigt, wenn der Versicherungsnehmer die fristgerechte Absendung des Schreibens beweist.
LG Koblenz
1. Die Geltendmachung der Invalidität ist eine Willenserklärung. Sie bedarf der Schriftform und wird erst mit Zugang wirksam. Eine bloße Unfallanzeige ist für die Geltendmachung trotz des Hinweises nicht ausreichend.
2. Die Versäumung der 15-Monats-Frist zur Geltendmachung der Invalidität ist dem Entschuldigungsbeweis zugänglich, wobei der Versicherungsnehmer in der Regel als entschuldigt anzusehen ist, wenn er zumindest die fristgerechte Absendung des Schreibens beweist.

Zahlungen aus vom Arbeitgeber abgeschlossener Gruppenunfallversicherung nicht unbedingt steuerpflichtig
FG Rheinland Pfalz
Zahlungen aus einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung sind nicht steuerpflichtig, wenn die Versicherungsleistung nicht als Arbeitslohn anzusehen ist. Für die Qualifizierung als Arbeitslohn - und damit den Steuerabzug - ist entscheidend, ob sich die Zuwendung des Arbeitgebers bei objektiver Betrachtung für den Arbeitnehmer als Frucht sei-ner Arbeitsleistung darstellt.

Der Versicherer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Versicherungsnehmer nach einem Unfall gesondert über die von diesem einzuhaltenden Fristen zu informieren
LG München
1. Die bloße Unfallanzeige im Sinne des § 9 I (1) AUB 88 kann generell nicht als Geltendmachung einer Invalidität angesehen werden, es sei denn, aus Art der mitgeteilten Verletzungen ist zwingend auf eine verbleibende Invalidität zu schließen.
2. Der Versicherer ist nicht verpflichtet, neben dem Hinweis in den Versicherungsbedingungen nach einem Unfall gesondert auf den (drohenden) Ablauf der Frist für die ärztliche Feststellung sowie Geltendmachung der Invalidität zu belehren.
3. Nur im Einzelfall können für den Versicherer Hinweis- oder Belehrungspflichten als Nebenpflichten aus dem Grundsatz von Treu und Glauben bestehen, wenn für ihn eine Belehrungs-bedürftigkeit seines Versicherungsnehmers erkennbar ist, er aber gleichwohl eine Belehrung unterlässt.

Bloße Befunderhebung erfüllt nicht die Anforderungen an eine ärztliche Feststellung der Inva-lidität
OLG Saarbrücken
Für die ärztliche Feststellung von Invalidität bedarf es einer über eine bloße Befunderhebung hinausgehende Dokumentation.

Ärztliche Feststellung der Invalidität setzt Schriftform voraus
OLG Celle
Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 3 der All-gemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 94), wonach die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätes-tens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein muss, erfordert im Sinne einer echten Anspruchsvoraussetzung eine schriftliche Invaliditätsfeststellung innerhalb der 15-Monats-Frist. Mündliche Äußerungen des Arztes, etwa gegenüber seinem Patienten, genügen nicht, so dass mangels schriftlicher Invaliditätsfeststellung innerhalb der Frist auch eine spätere Vernehmung des Arztes als Zeuge nicht in Betracht kommt.

Ausschluss Bandscheibenbeschädigung als Folgeschaden
OLG Hamburg
Der Ausschluss „Schädigung an Bandscheiben" erfasst auch durch diese Gesundheitsschädigung ausgelöste weitere Gesundheitsstörungen wie z. B. Lähmungen. Nur wenn der Unfall den Schadeneintritt überwiegend hervorgerufen hat, besteht ausnahmsweise auch für Folge-schäden Versicherungsschutz.

Versicherungschutz bei Unfall nach Auseinandersetzung im Straßenverkehr
LG Dortmund
1. Der Ausschluss nach Nr. 5.1.2 AUB 2000 (Unfälle bei Ausführung einer vorsätzlichen Straftat) greift nur ein, wenn sich mit dem Unfall der für die Straftat eigentümliche Gefahrenbereich verwirklicht.
2. An einem solchen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn der Versicherungsnehmer als Fahrzeugführer sein Fahrzeug wegen eines vermeintlichen verkehrswidrigen Verhaltens seines Hintermannes anhält, diesen mit möglicherweise beleidigenden Worten zur Rede stellt und bei der Rückkehr zu seinem Fahrzeug von einem im Gegenverkehr fahrenden Verkehrsteilnehmer erfasst und schwer verletzt wird.

Aussagen von Freunden des Verstorbenen über dessen Unfähigkeit zur Selbsttötung und über seine Zukunftspläne können den Nachweis der Selbsttötung nicht erschüttern
OLG Koblenz
1. Eine freiwillige Selbsttötung kann als erwiesen angesehen werden, wenn sich ein unfreiwilliger Vorgang nur durch eine Kette von Ungereimtheiten erklären ließe oder sich eine Erklärung für einen unfreiwilligen Hergang des Geschehens nicht finden lässt (hier: Überrollen durch einen Zug an abgelegener Stelle auf den Gleisen, an denen sich kein Weg befindet, der die Gleise kreuzt).
2. Der durch Geschehensablauf erbrachte Nachweis der Selbsttötung kann nicht durch die Behauptung erschüttert werden, der Verstorbene sei kein Mensch gewesen, der zu einem Suizid in der Lage gewesen wäre und so etwas für sich habe behalten können, sondern einer, der Pläne für die Zukunft gehabt habe. Denn menschliches Verhalten lässt sich nicht typisie-ren in dem Sinne, dass sicher vorhersehbar ist, wie ein Mensch in einer gegebenen Situation reagieren wird. Selbst das Fehlen eines Abschiedsbriefes ist deshalb kein Indiz gegen einen Suizid.

Blutverdünnung mit „Marcumar" ist bei der Frage des Leistungsausschlusses einer Krankheit gleichzusetzen
OLG Koblenz
1. Für die Abgrenzung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Gehirnblutung bei Blutverdünnung durch „Marcumar" ist nicht allein die Auslösung einer Gefäßruptur für den Blutungsbeginn, sondern die Gewichtung der Ursachen für die konkrete Gehirnblutung insgesamt maßgeblich.
2. Die Blutverdünnung mit Marcumar ist einer Krankheit oder einem Gebrechen gleichzusetzen, da sie die Beschaffenheit des Blutes in einer Weise verändert, die zu Risiken für die Gesundheit führt und geeignet ist, eventuelle Unfallfolgen erheblich zu verschlimmern.

Aktivierung einer Schmerzsymptomatik bei bereits bestehenden Verschleißerscheinungen einschließlich einer Rotatorenmanschettenruptur bei Sturz in der Badewanne
LG Kiel
1. Bei einem Sturz auf einen ausgestreckten und erst Recht nicht auf den angewinkelten Arm kann eine Verletzung der Rotatorenmanschette nicht herbeigeführt werden.
2. Kann ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Rotatorenmanschettenruptur nicht angenommen werden, kommt nur ein Zusammenhang in Betracht zwischen dem Unfall und dem Umstand, dass die bereits bestehenden Verschleißerscheinungen einschließlich der Rotatorenmanschettenruptur symptomatisch geworden sind, sich also nach dem Unfall durch erhebliche Schmerzen bemerkbar gemacht haben. Voraussetzung hierfür ist, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ohne den Unfall die dege-nerative Vorerkrankung nicht zu Tage getreten wäre.
3. Selbst wenn dauerhafte Schmerzen aufgrund einer solchen „Aktivierung" durch den Unfall verursacht worden sind, sind sie dann keine Unfallfolge, wenn durch den Unfall lediglich eine zuvor bereits bestehende Gesundheitsschädigung vollendet oder sichtbar wird.

Klage auf Neubemessung der Invalidität trotz Rechtskraft einer früheren Entscheidung
OLG Hamm
1. Die Rechtskraft des die Klage abweisenden Urteils zur Erstbemessung der Invaliditätsentschädigung steht einer erneuten Klage auf Neubemessung und Zahlung der sich daraus ergebenden Beträge nicht entgegen.
2. Erfolg kann eine solche Klage nur haben, wenn im Zeitraum zwischen der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess und dem für die Neubemessung maßgeblichen Zeitpunkt eine Gesundheitsverschlechterung eingetreten ist.

Keine Addition von Bein- und Fußwert bei Schien- und Wadenbeinbruch sowie Bänderabriss im Sprunggelenk
LG Dortmund
In der Unfallversicherung werden bei einer Funktionsbeeinträchtigung eines Beines die in der Gliedertaxe vereinbarten Invaliditätsgrade für die Beeinträchtigung der Teilglieder des Beines nicht zusammengerechnet (keine Addition von Bein- und Fußwert bei Verletzung von Bein und Fuß).

Unfallbegriff bei Sturz nach Ausrutschen - Unfallfolgen bei degenerativen Vorschäden - Gele-genheitsursache für Gesundheitsschaden
OLG Köln
1. Rutscht der Versicherungsnehmer nach einem kleinen Sprung oder großen Schritt über eine Pfütze auf nassem oder glattem Untergrund weg, so liegt ein Unfall vor, weil dieser Vorgang nicht in vollem Umfang willensgesteuert ist.
2. Liegt beim Versicherungsnehmer ein degenerativer Vorzustand vor, bei dem es nur eines banalen Anlasses bedarf, damit dieser als Abschluss einer langen Entwicklung der Gesundheitsbeschädigung „zu Tage tritt" (hier: Riss einer degenerativen Achillessehne beim Queren einer Pfütze), so ist die Gesundheitsschädigung keine Unfallfolge. Der Riss einer gesunden, nicht vorgeschädigten Achillessehne setzt eine erhebliche Gewaltanwendung voraus, die nach medizinischer Erfahrung beim Ausrutschen nach einem Sprung über eine Pfütze nicht gegeben ist.

Unfallbegriff bei Sturz nach Aussteigen aus der Badewanne- Unfallfolgen bei degenerativen Vorschäden - Gelegenheitsursache für Gesundheitsschaden
LG Kiel
1. Prallt der Versicherungsnehmer nach einem Sturz beim Aussteigen aus der Badewanne mit der rechten Schulter auf das schräge Ende der Badewanne, so kann nach medizinischer Erfahrung ein Sturz auf einen nicht ausgestreckten Arm bzw. nicht angewinkelten Arm nicht zu einem Riss der Rotatorenmanschette führen. Dagegen spricht nicht, dass der Versicherungsnehmer bis zu diesem Unfall beschwerdefrei war, weil häufig sich degenerative Veränderungen über längere Zeit nicht bemerkbar machen.
2. Wird durch einen Unfall eine bereits bestehende Gesundheitsschädigung lediglich vollen-det oder sichtbar, so ist eine dadurch eintretende Invalidität keine Unfallfolge.

Unfallbegriff - Umknicken beim Fußballspiel auf einem „Bolzplatz"
OLG Hamm
Der Unfallversicherte muss den vollen Beweis (§ 286 ZPO) dafür erbringen, dass ein Ereignis plötzlich von außen auf den Körper eingewirkt hat (§ 1 Abs. 3 AUB 94 = 88). Eine solche Einwirkung liegt vor, wenn der Versicherte beim Fußballspiel wegen einer Unebenheit umknickt. Zum Beweis kann es genügen, dass die Verletzung beim Spiel auf einem „Bolzplatz" mit vielen Unebenheiten geschah und nach sachverständiger Beratung keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Versicherte auf Grund einer inneren Ursache, also ohne Bodenunebenheit umknickte.

Eine vollständige Kompensation des Verlustes einer Niere durch die andere schließt ohne ausdrückliche Regelung in der Gliedertaxe Invaliditätsleistungen aus
OLG Celle
1. Verliert der Versicherte durch einen Unfall eine von zwei Nieren, so kommt es, wenn der Verlust dieses Organs in der Gliedertaxe nicht aufgeführt ist, allein darauf an, inwieweit hierdurch die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit unter ausschließlicher Berücksichtigung medizinischer Gesichtspunkt beeinträchtigt ist.
2. Steht nach dem Ergebnis eines medizinischen Sachverständigengutachtens fest, dass der Verlust der einen Niere vollständig durch die andere Niere kompensiert wird und mit keinen weiteren Nachteilen zu rechnen ist, so kommt eine Invaliditätsentschädigung nicht in Betracht.
3. Soweit in Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Versorgungs- oder Schwerbehindertenrechts beim Verlust einer Niere ein fester Grad der Behinderung oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgesehen ist, spielt das für die Auslegung privat-rechtlicher Vorschriften des Unfallversicherungsrechts keine Rolle.

Wegrutschen bei einem größeren Schritt auf nassem Untergrund als unbeachtliche Gelegen-heitsursache für einen Achillessehnenriss
OLG Köln
Wer bei einem kleineren Sprung oder einer größeren Schrittbewegung auf nassem oder sonst glatten Untergrund wegrutscht und sich dabei verletzt, erleidet ein Unfallereignis, was jedoch nicht geeignet ist, eine gesunde Achillessehne zu zerreißen. Das Wegrutschen stellt sich in diesem Fall insgesamt als eine unbeachtliche Gelegenheitsursache dar.

  
 Urteile aus dem Jahr 2007

Für später nachgeschobene Mehrforderung von Invaliditätsleistungen gilt nach verdeckter Teilklage gesonderte Verjährung
OLG Stuttgart
Eine bezifferte verdeckte Teilklage hängt die Verjährung grundsätzlich nur in beantragtem Umfang. Später nachgeschobene Mehrforderung, die nicht auf eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse beruhen, sind verjährungsrechtlich gesondert zu behandeln. Dies gilt auch bei einer anderen Beurteilung des Invaliditätsgrades durch einen Sachverständigen im Verlauf des Rechtsstreits.

Versicherungsleistung nach Sturz mit Gehirnblutung/Marcumar
OLG Koblenz
1. Für die Abgrenzung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine Gehirnblutung bei Blutverdünnung durch Marcumar ist nicht allein die Auslösung einer Gefäßruptur für den Blutungsbeginn maßgeblich, sondern die Gewichtung der Ursachen für die konkrete Gehirnblutung insgesamt.
2. Erforderlichkeit der Marcumar-Behandlung als Krankheit oder Gebrechen im Sinne des § 8 AUB 84.

Ärztliche Feststellung der Invalidität bedarf der Schriftform
LG Verden
Zur fristgerechten ärztlichen Feststellung der Invalidität bedarf es einer schriftlichen ärztlichen Feststellung der Invalidität. Die mündliche Feststellung reicht nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht aus. Anderenfalls würden gerade die Beweisschwierigkeiten und Unsicherheiten entstehen, die durch das Erfordernis einer ärztlichen Feststellung binnen 15 Monaten vermieden werden sollen.

Invaliditätsbemessung bei Trümmerbruch an Speicher und Elle
LG Berlin
Für die Invaliditätsbemessung nach der Gliedertaxe ist der Sitz der unfallbedingten Invalidität maßgeblich. Bei Körperfernbruch von Elle und Speicher ist Handwert abzurechnen. Wirkt sich der Dauerschaden auch auf ein körpernäheres Glied (hier: Unterarm) aus, ist das bei der Bemessung des Handwertes zu berücksichtigen.

Invaliditätsbemessung außerhalb der Gliedertaxe
OLG Hamm
1. *Die Bemessung des Invaliditätsgrades außerhalb der sog. Gliedertaxen, also die Bemessung gemäß § 7 Abschnitt 1 Abs. 2 Buchst. c) AUB 88/99 hat sich - gleichwohl - auch an dem in Buchst. a) vereinbarten Gliedertaxen zu orientieren und darf nicht zu einem Wertungswiderspruch mit diesen führen (Festhalten an Senat r+s 1993, 157).*
2. Ist nach § 7 I 2 c) AUB 88/99 der Invaliditätsgrad bestimmt, so hat eine Kontrolluntersuchung dahingehend zu erfolgen, ob die „gefundene Invalidität" sich in das System und in die Wertungen der Gliedertaxe einfügt oder ob diese zu einem Wertungswiderspruch führt, so dass die „gefundene Invalidität" zu erhöhen ist.
3. Ob eine - vereinbarte - verbesserte Gliedertaxe, die sich nur auf die Invaliditätsbemessung nach § 7 I 2 a) und b) AUB 88 bezieht, auch zu einer Erhöhung der nach § 7 I 2 c) AUB 88 ermittelten Invalidität führt, bleibt offen.

Kündigung nach Entschädigungszahlung
LG Dortmund
Die Bestimmung (§ 7 II (2) a) AUB 61), dass der Vertrag nach Zahlung einer Entschädigung gekündigt werden kann, ist wirksam. Die vom BGH genannten Gründe für die Unwirksamkeit eines zeitlich begrenzten Kündigungsrechts in der Krankenversicherung sind auf die Unfallversicherung nicht übertragbar.

Verjährung - Ablehnung des Invaliditätsanspruchs
OLG Nürnberg
§ 12 Abs. 1 weicht insoweit von den allgemeinen Verjährungsregeln des BGB zu Gunsten des VN ab, als für den Verjährungsbeginn nicht die Entstehung des Anspruchs, sondern erst die Fälligkeit des Anspruchs entscheidend ist. Fällig ist der Anspruch, wenn auf sofortige Leistung geklagt werden kann, d.h. nach § 11 VVG erst nach Abschluss der notwendigen Feststellungen des Versicherers zum Versicherungsfall und seines Leistungsumfangs. Mit einer Leistungsablehnung stellt der Versicherer klar, dass seine Feststellungen abgeschlossen sind. Die damit eintretende Fälligkeit wird damit nicht mehr durch etwaige sonst notwendige Mitwirkungshandlungen des VN wie z.B. Geltendmachung der Invalidität oder Beibringung von Belegen aufgeschoben.

Ärztliche Feststellung der Invalidität bedarf der Schriftform
OLG Saarbrücken
Für die ärztliche Feststellung von Invalidität bedarf es einer über eine bloße Befunderhebung hinaus gehende schriftliche Dokumentation.

Tod durch Einatmen vom verabreichten Hustensaft fällt nicht unter den Unfallversicherungsschutz
OLG Stuttgart
Das im schlaftrunkenen Zustand erfolgte Einatmen von verabreichtem Hustensaft fällt nicht unter den Unfallversicherungsschutz. Der hierdurch verursachte Tod ist als Folge einer Heilmaßnahme vom Versicherungsschutz ausgenommen.


Verspätete ärztliche Feststellung und Geltendmachung der Invalidität
OLG Saarbrücken
Eine generelle Belehrung über die Frist zur Geltendmachung von Invalidität obliegt dem Versicherer nach geltendem Recht nicht.

Sachdienlichkeit der Frage nach anderen bestehenden Versicherungen
OLG Saarbrücken
Die Frage nach dem Bestehen weiterer Unfallversicherungsverträge ist auch dann sachdienlich, wenn der Versicherer zunächst Zahlungen auf die Unfallanzeige hin erbracht und das Unfallereignis vorerst nicht bestritten hat.

Ausschluss nach § 2 Abs. 4 AUB 88 erfasst die durch einen Unfall und seine physischen Folgen ausgelösten psychischen Reaktionen beim Fehlen eines dauerhaften Organschadens.
OLG Köln
Erleidet der Versicherte bei einem Verkehrsunfall ein HWS-Schleudertrauma und eine Schädelprellung mit Gehirnerschütterung und stellen sich später vielfältige Krankheitssymptome wie u. a. Bewegungsstörung der Halswirbelsäule, migräneartiger Kopfschmerz, Schwindel, Gefühlsstörungen im Bereich der Arme und spastische Paresen beider Beine ein, liegen jedoch weder auf orthopädischem noch auf neurologischen Fachgebiet dauerhafte organische Schädigungen des Versicherten vor, beruht der krankhafte Zustand des Versicherten allein auf einer psychischen Reaktion als Folge des Unfallereignisses, die dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 4 AUB 88 unterfällt.

Invaliditätsleistungen wegen einer sich nach einem Unfall entwickelnden Depression setzt fristgerechte ärztliche Feststellung der Depression voraus
BGH
In der Unfallversicherung kann nach einem Unfall mit organischen Verletzungen eine als Unfallfolge behauptete Depression nicht zu Invaliditätsleistungen führen, wenn die ärztlichen Befunde, die die Feststellung der Invalidität enthalten sollen, die Depression nicht als einen invaliditätsbegründenden Dauerschaden nennen.

Feststellung des Invaliditätseintritts binnen Jahresfrist
OLG Karlsruhe
1. Die Anspruchsvoraussetzung, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres eingetreten sein muss, bezweckt, dass der Versicherer für in der Regel schwer aufklärbare und unvorsehbare Spätschäden nicht einstehen muss. Ein solcher Spätschaden liegt nicht vor, wenn zum Ende des Unfalljahres Unfallfolgen verblieben sind und bereits zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie andauern werden.
2. Die „Prognose" einer unfallbedingten Invalidität ist an den konkreten Verhältnissen beim Versicherten auszurichten. Liegt beim Versicherten eine Disposition vor, die einen ungünstigen Verlauf erwarten lässt, so darf nicht allein auf allgemeine Erfahrung mit dem Ausheilen von Unfallfolgen abgestellt werden.
3. Eine dauerhafte Beeinträchtigung ist nachgewiesen, wenn der nach einem Jahr sich ergebende unfallbedingte Zustand nach Ablauf von 3 Jahren noch immer vorhanden ist und sich ein Ende nicht absehen lässt.

Der Versicherungsnehmer kann der Berufung des Versicherers auf die nicht fristgerechte Invaliditätsfeststellung nicht den Einwand nach Treu und Glauben entgegenhalten, wenn überhaupt keine ärztliche Feststellung zur Invalidität getroffen wurde
OLG Hamm
Fehlt es an einer ärztlichen Feststellung unfallbedingter Invalidität, ist die Klage auch dann abzuweisen, wenn sich der Versicherer auf die Verspätung einer etwaigen Feststellung nicht berufen könnte.

Vorinvalidität - altersgemäße Augenschwäche
OLG München
1. Vorinvalidität in der Unfallversicherung liegt nur dann vor, wenn die normale körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers bereits vor dem Unfallereignis dauerhaft beeinträchtigt war. Hierbei ist auf die Altersgruppe abzustellen, welcher der Versicherungsnehmer angehört. Eine altersentsprechende Weitsichtigkeit bei einem über 60-jährigen Versicherungsnehmer entspricht daher der normalen körperlichen Leistungsfähigkeit der Vergleichsgruppe und begründet keine Vorinvalidität.
2. Auch die Notwendigkeit, zeitweise beim Lesen kleinere Schriften eine Lesebrille tragen zu müssen, begründet, anders als beim stark kurzsichtigen Versicherungsnehmer, keine Vorinvalidität.

Beweislast für Infektion durch nicht geringfügige Hautverletzung
LG Paderborn
1. Die Beweislast für eine - nach der Systematik AUB wieder eingeschlossenen - Infektion infolge einer nicht geringfügigen Unfallverletzung liegt beim Versicherungsnehmer. Dieser hat den Vollbeweis (§ 286 ZPO) zu führen.
2. Zum Nachweis, dass Hepatitis C Viren über eine beim Unfall zugezogene blutende Knieverletzung in den Körper gelangt sind.

Bei der Invaliditätsentschädigung kommt es nicht auf den Sitz der eingetretenen Verletzung, sondern auf den Sitz der Auswirkungen der Verletzung an
OLG Frankfurt
Trat beim Versicherungsnehmer nach einer komplizierten Mittelfußfraktur mit komplikationsreichem Heilverlauf nach der Eingipsung zusätzlich ein chronisch-regionales Schmerzsyndrom nach abgelaufener Algodystrophie im Bereich des rechten Fußes bis oberhalb des Sprunggelenks auf, so ist dieses als Folge einer unfallbedingt eingetretenen Nervenschädigung bei der Invaliditätsermittlung zu berücksichtigen. Nach dem System der Gliedertaxe ist nicht auf den Sitz der eingetretenen Verletzung (hier: Fuß), sondern auf Sitz der Auswirkung der Verletzung abzustellen, sodass bei einer Auswirkung des Schmerzsyndroms auf die Gebrauchsfähigkeit des Beines (hier: auch kleine Gehstrecken können nur mit einer Gehhilfe zurückgelegt werden) auf den Beinwert abzustellen ist.

Invalidität bei funktionsunfähigen Beinen infolge eines Sudeck-Syndroms
OLG München
1. Kann der Versicherungsnehmer infolge eines Schmerzsyndroms Typ 1 (Sudeck-Syndrom) seine Unterschenkel und Füße nicht mehr gebrauchen, so ist von einer vollständigen Funktionsunfähigkeit der Beine unterhalb des Knies auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer seine Beine noch im Liegen bewegen kann, denn die funktionsgemäße Bestimmung von Beinen „Fortbewegung durch Gehen" ist nicht mehr möglich.
2. Wird beim Gehen auf Knien der Schienbeinkopf - als anatomischer Teil des Unterschenkels - zwangsläufig mit belastet, so begründet das keine Verringerung des Invaliditätsgrades eines unterhalb des Knies nicht mehr funktionsfähigen Beines.

Unfallrente ab 50 % Invalidität
KG
1. Die Voraussetzungen eine Invalidität von mindestens 50 % für die Zahlung der Unfallrente muss in dem einzelnen Unfall erfüllt sein. Eine Addition einzelner Invaliditätsgrade aus mehreren Unfällen ist nicht möglich.
2. Verhandelt der Mitarbeiter eines Versicherers mit dem Versicherungsnehmer „zur Abwicklung des Schadensfalles", so hat dieser für den Versicherungsnehmer erkennbar keine Vollmacht zur Änderung des Unfallsversicherungsvertrages.

Ärztliche Feststellung der Invalidität muss nicht unbedingt richtig sein
OLG Hamm
Die Invaliditätsfeststellung muss die ärztlicherseits angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit des Versicherten ergeben, ohne dass beides unbedingt richtig sein müsste. Die ärztliche Feststellung entfaltet seine Wirkung nur für Gesundheitsschäden in den jeweils ausdrücklich angesprochenen Bereichen (verneint für sexuelle Störungen nach Hüftgelenks- und Beinverletzungen).

Kein Unfallversicherungsschutz bei Neuroborreliose durch Zeckenbiss
LG Düsseldorf
1. Eine Neuroborreliose und ihre Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers einer Unfallversicherung fallen als Infektion, die nicht durch eine unter dem Versicherungsvertrag fallende Unfallverletzung in den Körper gelangt ist, nicht unter den Versicherungsschutz. Der Zeckenbiss als geringfügige Hautverletzung hat für sich betrachtet keinen Krankheitswert.
2. Der Ausschluss der Neuroborreliose aus dem Versicherungsschutz ergibt sich ferner aus dem gesondert erwähnten Versicherungsschutz bei einer erstmaligen Infektion mit Frühsommer-Meningo-Endcifalitits (Hirnhautentzündung durch Zeckenbiss).

Invalidität und ärztliche Feststellung
OLG Düsseldorf
1. Die Regelung, dass die Invalidität binnen 15 Monate ärztlich festgestellt sein muss, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
2. Eine Invaliditätsfeststellung bedeutet, dass ein Arzt schriftlich festgestellt haben muss, dass bestimmte Gesundheitsbeeinträchtigungen auf den Unfall zurückzuführen sind und diese zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führen, und zwar unabhängig davon, ob diese Feststellungen richtig sind. Die Feststellungen „enggradige Funktionseinschränkungen Schultergelenk" enthält weder eine Aussage zur Unfallbedingtheit noch zu eventuellen Dauerfolgen.
3. Ein Bescheid des Versorgungsamtes über den Grad der Behinderung ersetzt nicht die nach den AUB erforderliche ärztliche Invaliditätsfeststellung.
4. Eine ärztliche Invaliditätsfeststellung ist ferner nicht einem Attest wegen reaktiver posttraumatischer Depression, die nicht auf hirnorganische und damit körperliche Ursachen zurückzuführen ist, zu entnehmen, weil diese nach Nr. 5.2.6 AUB 2000 als krankhafte Störung infolge psychischer Reaktion vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Keine Unfallversicherungsleistung trotz Gutachten nach verspäteter Invaliditätsfeststellung
LG Dortmund
Dem Versicherer ist es in der Unfallversicherung auch dann nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf den Ablauf der Frist für die Einholung des ärztlichen Invaliditätsattestes gemäß § 8 Abs. 2 (1) AUB 61 zu berufen, wenn er nach Fristablauf zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens dem Versicherungsnehmer nur geringfügig belastende Untersuchungen zumutet und danach die Zahlung einer Invaliditätsleistung ablehnt.

Streitwert einer Klage auf Bestehen einer Unfallversicherung
OLG Köln
LG Dortmund
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Unfallversicherung bemisst sich mit 10 % der Höchstleistungssumme.

Kündigung des Unfallversicherungsvertrages im Schadensfall auch nach 56 Prämienjahren zulässig
LG Dortmund
Die Schadensfallkündigungsklausel des § 7 II (2) a AUB 61 ist wirksam. Der Versicherer ist deshalb berechtigt, auch nach 56 Prämienjahren das Versicherungsverhältnis im Schadensfall zu kündigen.

Verätzungen bei Betonarbeiten als bedingungsgemäßer Unfall
LG Bayreuth
1. Das Kriterium des Unfallbegriffes des „plötzlich" von außen einwirkenden Ereignisses hat zwei Elemente, das objektive des Zeitmomentes (der Eintritt in - im Gegensatz zu allmählich - zu kurzer Zeit, um diesem ausweichen zu können) und das subjektive Element (des für den Versicherungsnehmer unerwarteten, nicht vorausgesehenen, unentrinnbaren Eintritt des Ereignisses).
2. Arbeitet der Versicherungsnehmer ohne Schutzkleidung über ca. 1,5 Stunden im frischen Beton, so ist zweifelhaft, ob bei dieser Dauer noch von einer so kurzen Zeitspanne ausgegangen werden kann, weil der Versicherungsnehmer unabhängig von seinem subjektiven Kenntnisstand eine längere Einwirkung der chemischen Substanzen des Betons hätte ausweichen können. Konnte der Versicherungsnehmer allerdings die Möglichkeit der Verätzungen weder voraussehen noch hat er deren Eintritt während der Arbeit bemerkt, so ist das subjektive Kriterium der Plötzlichkeit erfüllt, so dass von einem bedingungsgemäßen Unfall auszugehen ist.

Die ärztliche Invaliditätsfeststellung entfaltet seine Wirkung nur für den ausdrücklich angesprochenen Bereich
OLG Hamm
Die Invaliditätsfeststellung muss die ärztlicherseits angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit des Versicherten ergeben, ohne dass beides unbedingt richtig sein müsste. Die ärztliche Feststellung entfaltet eine Wirkung nur für Gesundheitsschäden in den jeweils ausdrücklich angesprochenen Bereichen (hier: verneint für sexuelle Störungen nach Hüftgelenks- und Beinverletzung).

Anspruch aus Unfallversicherung ist aufgrund einer Vorschädigung auch dann zu mindern, wenn diese auf einem Unfall während der Versicherungsdauer beruht
LG Flensburg
Krankheiten sind in der Unfallversicherung als Vorschädigung auch dann anspruchsmindernd zu berücksichtigen, wenn sie ihrerseits auf Unfällen während der Versicherungsdauer beruhen.

Vorübergehende Kreislaufreaktion oder ein plötzlicher Schwindelanfall kann zum Ausschluss der Ansprüche führen
OLG Hamburg
1. Eine Bewusstseinsstörung liegt auch bei einer nur kurzfristig aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigung vor, die eine gebotene Reaktion auf eine Gefahrenlage nicht mehr zulässt, wie z. B. bei einer vorübergehenden Kreislaufreaktion (Schwarz vor Augen werden) oder einem plötzlichen Schwindelanfall.
2. Ob eine Bewusstseinsstörung vorliegt ist aus dem Verhalten des Versicherten vor dem Unfall, seiner allgemeinen konstitutionellen Veranlagung und auch aus dem Unfallhergang selbst zu folgern.
3. Stürzt die versicherte Hausfrau, die seit mehreren Jahren wegen so genannter „Abscencen" Tabletten einnimmt, in der Küche ohne einen Schrei oder ohne irgendwelchen erkennbaren Abwehrreaktionen und liegen keine äußeren Umstände (z. B. Stolperfallen, glatter Fußboden) vor, die den Sturz erklären könnten, so hat der Versicherer aufgrund der Gesamtumstände den Ausschlusstatbestand „Bewusstseinsstörung" bewiesen.
4. Auch wenn der Versicherer den Ausschlusstatbestand darzulegen und zu beweisen hat, hat der Versicherer nach der ihm nach Treu und Glauben obliegenden sekundären Darlegungslast die Informationen, die in seiner Sphäre liegen, aufzuzeigen, wie z. B. Angaben zur Umgebung des Unfallortes oder Umstände, die Rückschlüsse auf die Unfallursache zulassen.

Ausschluss einer durch Zeckenbiss herbeigeführten Infektion ist wirksam
OLG Hamm
Der Versicherungsschutzausschluss einer durch Zeckenbiss herbeigeführten Infektion nach § 2 II (3) AUB 94 ist nicht AGBG-widrig, denn er ist weder überraschend noch benachteiligt er den Versicherungsnehmer unangemessen.

Schriftliche oder elektronisch fixierte ärztliche Feststellung aller körperlichen Invaliditätssymptome ist Anspruchsvoraussetzung für die Invaliditätsleistung
OLG Hamm
1. Das Vorliegen einer ärztlichen Feststellung der dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit aufgrund eines Unfalls ist Anspruchsvoraussetzung und stets zu fordern. Es müssen darin alle körperlichen Symptome angegeben werden, auf welche die Invalidität gestützt wird, soweit diese nicht miteinander im Zusammenhang stehen. Die ärztlichen Feststellung muss fristgerecht schriftlich oder elektronisch fixiert sein. Es genügt nicht, dass der Arzt als Zeuge rückblickend aussagt, er sei bereits innerhalb der Frist von einem unfallbedingten Dauerschaden ausgegangen.
2. Liegt bis zum Ende der mündlichen Verhandlung überhaupt keine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität vor, ist die Klage auch dann abzuweisen, wenn sich der Versicherer auf die Verspätung einer etwaigen Feststellung nicht berufen könnte.

Die Bemessung des Invaliditätsgrades außerhalb der Gliedertaxe
OLG Hamm
1. Die Bemessung des Invaliditätsgrades außerhalb der Gliedertaxe hat sich - gleichwohl - auch an dem in § 7 Abs. 1 Abs. 2 a vereinbarten Gliedertaxen zu orientieren und darf nicht zu einem Wertungswiderspruch mit diesen führen.
2. Ob dabei auch auf die - dem Versicherungsnehmer mitgeteilte - Ausgangsregelung in § 7 I Abs. 2 a und b AUB 88/94 abzustellen ist, wenn durch besondere Bedingungen vereinbart ist, dass bei bestimmten der in Buchstaben a) genannten Beeinträchtigungen ein höherer Invaliditätsgrad angesetzt wird (so genannte verbesserte Gliedertaxe), oder ob dann diese verbesserte Gliedertaxen maßgeblich sind, bleibt offen.
3. Zur Bemessung der Invalidität mit 50 % bei Einsteifung der Halswirbelsäule und weiteren Beeinträchtigungen.

Abzug der Invaliditätsleistung bei einem Brillenträger
OLG Brandenburg
Wird das Auge eines Brillenträgers geschädigt und glich die Brille auch die Sehkraft des unfallgeschädigten Auges aus, so kommt ein Abzug nach § 7 I, 3 AUB 88 wegen Vorinvalidität in Betracht. War der Versicherte auf dem geschädigten Auge weitsichtig mit +3 Dioptrien, so ist ein Abzug in Höhe von 3 % nicht zu beanstanden.

Für später nachgeschobene Mehrforderung von Invaliditätsleistungen gilt nach verdeckter Teilklage gesonderte Verjährung
OLG Stuttgart
Eine bezifferte verdeckte Teilklage hängt die Verjährung grundsätzlich nur in beantragtem Umfang. Später nachgeschobene Mehrforderung, die nicht auf eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse beruhen, sind verjährungsrechtlich gesondert zu behandeln. Dies gilt auch bei einer anderen Beurteilung des Invaliditätsgrades durch einen Sachverständigen im Verlauf des Rechtsstreits.

Versicherungsleistung nach Sturz mit Gehirnblutung/Marcumar
OLG Koblenz
1. Für die Abgrenzung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine Gehirnblutung bei Blutverdünnung durch Marcumar ist nicht allein die Auslösung einer Gefäßruptur für den Blutungsbeginn maßgeblich, sondern die Gewichtung der Ursachen für die konkrete Gehirnblutung insgesamt.
2. Erforderlichkeit der Marcumar-Behandlung als Krankheit oder Gebrechen im Sinne des § 8 AUB 84.

Ärztliche Feststellung der Invalidität bedarf der Schriftform
LG Verden
Zur fristgerechten ärztlichen Feststellung der Invalidität bedarf es einer schriftlichen ärztlichen Feststellung der Invalidität. Die mündliche Feststellung reicht nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht aus. Anderenfalls würden gerade die Beweisschwierigkeiten und Unsicherheiten entstehen, die durch das Erfordernis einer ärztlichen Feststellung binnen 15 Monaten vermieden werden sollen.

Invaliditätsbemessung bei Trümmerbruch an Speicher und Elle
LG Berlin
Für die Invaliditätsbemessung nach der Gliedertaxe ist der Sitz der unfallbedingten Invalidität maßgeblich. Bei Körperfernbruch von Elle und Speicher ist Handwert abzurechnen. Wirkt sich der Dauerschaden auch auf ein körpernäheres Glied (hier: Unterarm) aus, ist das bei der Bemessung des Handwertes zu berücksichtigen.

Invaliditätsbemessung außerhalb der Gliedertaxe
OLG Hamm
1. *Die Bemessung des Invaliditätsgrades außerhalb der sog. Gliedertaxen, also die Bemessung gemäß § 7 Abschnitt 1 Abs. 2 Buchst. c) AUB 88/99 hat sich - gleichwohl - auch an dem in Buchst. a) vereinbarten Gliedertaxen zu orientieren und darf nicht zu einem Wertungswiderspruch mit diesen führen (Festhalten an Senat r+s 1993, 157).*
2. Ist nach § 7 I 2 c) AUB 88/99 der Invaliditätsgrad bestimmt, so hat eine Kontrolluntersuchung dahingehend zu erfolgen, ob die „gefundene Invalidität" sich in das System und in die Wertungen der Gliedertaxe einfügt oder ob diese zu einem Wertungswiderspruch führt, so dass die „gefundene Invalidität" zu erhöhen ist.
3. Ob eine - vereinbarte - verbesserte Gliedertaxe, die sich nur auf die Invaliditätsbemessung nach § 7 I 2 a) und b) AUB 88 bezieht, auch zu einer Erhöhung der nach § 7 I 2 c) AUB 88 ermittelten Invalidität führt, bleibt offen.

Kündigung nach Entschädigungszahlung
LG Dortmund
Die Bestimmung (§ 7 II (2) a) AUB 61), dass der Vertrag nach Zahlung einer Entschädigung gekündigt werden kann, ist wirksam. Die vom BGH genannten Gründe für die Unwirksamkeit eines zeitlich begrenzten Kündigungsrechts in der Krankenversicherung sind auf die Unfallversicherung nicht übertragbar.

Verjährung - Ablehnung des Invaliditätsanspruchs
OLG Nürnberg
§ 12 Abs. 1 weicht insoweit von den allgemeinen Verjährungsregeln des BGB zu Gunsten des VN ab, als für den Verjährungsbeginn nicht die Entstehung des Anspruchs, sondern erst die Fälligkeit des Anspruchs entscheidend ist. Fällig ist der Anspruch, wenn auf sofortige Leistung geklagt werden kann, d.h. nach § 11 VVG erst nach Abschluss der notwendigen Feststellungen des Versicherers zum Versicherungsfall und seines Leistungsumfangs. Mit einer Leistungsablehnung stellt der Versicherer klar, dass seine Feststellungen abgeschlossen sind. Die damit eintretende Fälligkeit wird damit nicht mehr durch etwaige sonst notwendige Mitwirkungshandlungen des VN wie z.B. Geltendmachung der Invalidität oder Beibringung von Belegen aufgeschoben.

Anforderungen an die ärztliche Feststellung der Invalidität
OLG Saarbrücken
Für die ärztliche Feststellung von Invalidität bedarf es einer über eine bloße Befunderhebung hinaus gehende schriftliche Dokumentation.

Der Ausschluss des Versicherungsschutzes bei Invalidität aufgrund angeborener Krankheiten ist wirksam
KG
Der Ausschluss des Versicherungsschutzes bei Invalidität aufgrund angeborener Krankheiten in den Bedingungen eines Unfallversicherers, der auch Versicherungsschutz für die während der Wirksamkeit des Vertrages durch schwere Krankheiten eingetretene Invalidität des vom ersten bis 16. Lebensjahres versicherbaren Kindes bietet, verstößt nicht gegen §§ 9 AGBG, 307 BGB

Weite Auslegung des Ausschlusses für Unfälle durch Bewußtseinsstörungen
LG Dortmund:
Der Ausschluss für Unfälle durch Bewusstseinsstörungen (§ 2 I 1 AUB) greift auch dann, wenn der Versicherungsnehmer nach Beendigung einer Trunkenheitsfahrt mit Verfolgung durch die Polizei versehentlich angeschossen und dabei schwer verletzt wird.

Klausel über Rente statt Kapitalleistung bei Unfall nach dem 65. Lebensjahr ist weder intransparent noch überraschend
LG Dortmund:
Die Regelung in den AUB 61, dass dem Versicherungsnehmer in einem Versicherungsfall die Invaliditätsentschädigung in Form einer Rente gewährt wird, wenn der Versicherte am Unfalltag das 65. Lebensjahr vollendet hat, ist wirksam

Tod durch Ertrinken (hier: in Badewanne) ist regelmäßig Unfalltod
OLG Stuttgart:
Bei der Prüfung der Unfallvoraussetzungen kommt es ausschließlich auf dasjenige Ereignis an, das die Schädigung unmittelbar ausgelöst hat. Danach ist der Tod durch Ertrinken regelmäßig ein Unfalltod. Ursachen, die zum Ertrinken geführt haben (hier: Bewusstseinsstörung), sind im Rahmen der Ausschlußtatbestände der § 3 Abs. 4 AUB 61 bzw. § 2 I Nr. 1 AUB 94 zu prüfen.

Zum Unfallzeitpunkt bereits bestehende Beeinträchtigungen des Sehvermögens begründet grundsätzlich Vorinvalidität
OLG Brandenburg
War der Geschädigte vor der unfallbedingten Beeinträchtigung seiner Sehkraft bereits Brillenträger, findet grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 AUB 88 ein Abzug wegen Vorinvalidität statt. Dies gilt auch in Ansehung der Fortschritte, die in der Brillentechnik seit der Entscheidung des BGH vom 27.04.1983 (VersR 83, 581) zu verzeichnen waren.

Leistungsfreiheit wegen Verschweigens weiterer Unfallversicherungen
OLG Saarbrücken
Die wahrheitswidrige Verneinung der Frage nach dem Bestehen weiterer Unfallversicherungsverträge in der Schadensanzeige stellt eine Obliegenheitsverletzung dar, die auch dann relevant im Sinne der Relevanzsrechtsprechung ist, wenn der Versicherer zunächst Zahlungen auf die Unfallanzeige hin erbracht hat und das Unfallereignis vorerst nicht bestritten hat.

Kein Unfall bei Tod nach Lungenentzündung wegen Heilmitteleinnahme
OLG Stuttgart
Das in schlaftrunkenem Zustand erfolgte Einatmen von verabreichtem Hustensaft fällt nicht unter den Unfallversicherungsschutz (AUB 94). Der hierdurch verursachte Tod ist als Folge einer Heilmaßnahme vom Versicherungsschutz ausgenommen.

Kein Unfallversicherungsschutz bei Neuroborreliose durch Zeckenbiss
LG Düsseldorf
LG Dortmund
LG Dortmund
Schließt ein privater Unfallversicherer in seinen Bedingungen Versicherungsschutz für Infektionen aufgrund geringfügiger Hautverletzungen aus, dann ist damit auch der Versicherungsschutz für Infektionen aufgrund eines Zeckenbisses ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht nur insoweit, als der Versicherer in seinen Bedingungen ausdrücklich eine Ausnahme zulässt, wie z.B. für die erstmalige Infektion mit Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (Hirnhautentzündung durch Zeckenstich).

Erfüllung durch Überweisung der Invaliditätsentschädigung auf ein vom Versicherungsnehmer benanntes (inzwischen aufgelöstes) Bankkonto
OLG Hamm
1. Zahlt der Unfallversicherer die Invaliditätssumme auf ein ihm vom Versicherungsnehmer Unversichertem mitgeteilten Konto des Versicherten, tritt Erfüllung auch dann ein, wenn das Konto bei Zahlung bereits aufgelöst war, die Bank dem Versicherten die Summe aber gutbringt. Dies gilt auch dann, wenn die Bank den Zahlbetrag später mit eigenen Forderungen gegenüber dem Versicherten verrechnet.
2. Die Mitteilung des Versicherten, dass ein anderer Anspruch aus der Versicherung auf ein anderes Konto zu zahlen sei, begründet keinen Widerruf der Zahlstelle für die Invaliditätsentschädigung.

Fristgemäße Invaliditätsfeststellung ist auch bei Leistungsablehnung des Versicherers wegen eines angeblichen Risikoausschlusses erforderlich
OLG Saarbrücken
Die - behauptete - Invalidität muss auch dann fristgemäß festgestellt sein, wenn der Versicherer seine Leistungspflicht wegen eines angeblichen Risikoausschlusses verneint.

Schwindelattacke als Bewusstseinsstörung
LG Düsseldorf
Eine Schwindelattacke stellt eine Bewusstseinsstörung dar, wenn die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit durch den Schwindelanfall derart gestört war, dass der Versicherungsnehmer außer Stande war, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen (hier: Sturz beim Herabsteigen einer Treppe).

Leistungspflicht bei Selbsttötung nach Unfall
OLG Koblenz
1.Auch bei Einschluss der Selbsttötung infolge unfallbedingter Geistesstörung in der Unfalldeckung besteht Leistungspflicht nur bei Selbsttötung binnen Jahresfrist nach dem Unfall, der die Geistesstörung verursacht hat.
2. Zu den Anforderungen an die Darlegung der Geistesstörung

Leistungsfreiheit bei einer von der Ehefrau ausgefüllten und vom Versicherungsnehmer blanko unterschriebenen unrichtigen Schadensanzeige
OLG Saarbrücken
Der Versicherer ist leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer ein von seiner Ehefrau ausgefülltes Schadensformular blanko unterschreibt, in dem sie die Frage nach einem tatsächlichen Alkoholgenuss des Versicherungsnehmers vor einem Unfall verneint.

Unterlassene Angabe eines ADAC-Schutzbriefes bei Abschluss einer Unfallversicherung ist nicht gleich zwingend arglistige Täuschung
BGH
Nach herkömmlichem Verständnis wird ein ADAC-Schutzbrief anders aufgefasst als ein allgemeiner Unfallversicherungsvertrag mit einer Versicherungsgesellschaft. Auch die Aufschrift auf dem Deckblatt des Schutzbriefes (Auslands-)"Kranken- und Unfallschutz" bedeutet nicht notwendig Unfallversicherungsschutz für Personenschäden. Schließt ein Versicherungsnehmer eine Unfallversicherung ab und gibt er dabei zwar eine andere Unfallversicherung, nicht aber seinen ADAC-Schutzbrief an, dann muss das Gericht bei der Prüfung einer arglistigen Täuschung dem Vortrag des Versicherungsnehmers nachgehen, dass ihm nicht ansatzweise bewusst gewesen sei, dass er mit dem Schutzbrief einen Versicherungsvertrag abgeschlossen habe.

Kein Anspruch auf Invaliditätsleistung aus Unfallversicherung wenn ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht konkreten Dauerschaden angibt
BGH
Eine ärztliche Invaliditätsfeststellung kann nur dann Grundlage für den Anspruch auf Invaliditätsleistung nach § 7 I (1) AUB 95 sein, wenn sie bereits die für die Invalidität angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen beschreibt. Sie darf nicht unvollständig sein, etwa weil sie einen (weiteren) Dauerschaden nicht benennt, auf den sich der Versicherte später beruft, oder weil an die Stelle des dort angeführten Dauerschadens später ein anderer Dauerschaden tritt, der von dem feststellenden Arzt als solcher nicht erkannt worden ist.

Voraussetzungen der Leistungspflicht bei Selbsttötung
OLG Koblenz
Auch bei Einschluss der Selbsttötung im Folge unfallbedingter Geistesstörung in die Unfalldeckung besteht Leistungspflicht nur bei Selbsttötung binnen Jahresfrist nach dem Unfall, der die Geistesstörung verursacht hat.

  
 Urteile aus dem Jahr 2006

Die Invaliditätsbezeichnung „Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk" in der Gliedertaxe ist nach der Unklarheitenregel auszulegen
OLG Karlsruhe
Die in der Gliedertaxe (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 a AUB 94) enthaltene Wendung „Funktionsunfähigkeit eines Arms im Schultergelenk" ist unklar im Sinne der § 5 AGBG, § 305 c Abs. 2 BGB.

Nachweis einer nicht vom Versicherungsschutz erfassten krankhaften Störung in Folge psychischer Reaktion
OLG Rostock
Treten nach einem Unfallereignis krankhafte Störungen auf, die gutachterlich nicht auf die diagnostizierten Unfallschäden (hier: Schädel-Hirn-Trauma) zurückgeführt werden können, ist von einer psychischen Reaktion auf das Unfallereignis auszugehen, die nicht vom Versicherungsschutz erfasst ist.

Alkoholbedingter Sturz eines Fußgängers
OLG Köln
1. Hat der verunfallte Fußgänger zum Zeitpunkt des Unfalls eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,67 Promille, liegt eine den Versicherungsschutz ausschließende Bewusstseinsstörung vor.
2. Stürzt ein derart alkoholisierter Fußgänger auf einem Klettersteig einen Abhang hinunter, ist nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass die alkoholbedingte Bewusstseinsstörung zumindest mitursächlich für den Unfall war.

Anforderungen an eine rechtsmissbräuchliche Berufung des Versicherers auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Feststellung unfallbedingter Invalidität
BGH 
1. Der Versicherer kann sich auch dann ohne Rechtsmissbrauch auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Feststellung unfallbedingter Invalidität berufen, wenn er den Versicherungsnehmer nicht rechtzeitig vor Ablauf der Frist für die ärztliche Invaliditätsfeststellung auf deren Fehlen hingewiesen hat, weil dem Versicherer bis zu diesem Zeitpunkt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass ein unfallbedingter Dauerschaden nahe liege.
2. Eine im Einzelfall gebotene Belehrung entfällt nicht deshalb, weil der Versicherungsnehmer anwaltlich beraten ist.

Leistungsausschluss wegen vorsätzlicher Straftat auch bei vermeidbarem Verbotsirrtum und strafbefreiendem Rücktritt des VN
OLG Hamm
Eine „vorsätzliche Ausführung einer Straftat" liegt auch dann vor, wenn der Versicherungsnehmer in einem vermeidbaren Verbotsirrtum gehandelt hat.

Nichtvornahme einer Operation mit lediglich vertretbarem Risiko stellt keine Obliegenheitsverletzung des VN dar
OLG Frankfurt
In der Unfallversicherung muss sich der Versicherungsnehmer nur solchen Operationen unterziehen, zu denen sich ein vernünftiger Mensch unter Abwägung aller Umstände entschließen würde. Auch im Rahmen der allgemeinen Schadensgeringhaltungspflicht ist der Geschädigte lediglich gehalten, sich auf einfache, gefahrlose und sicheren erfolgversprechenden Operationen einzulassen, nicht aber auf solche, deren Risiko der Sachverständige als lediglich vertretbar, nicht aber als nur gering eingestuft hat.

Bei Mittelfußfraktur ist für die Bemessung des Invaliditätsgrades auf den Beinwert abzustellen
OLG Frankfurt
Entsteht infolge komplikationsreichen Heilverlaufs einer unfallbedingten Mittelfußfraktur eine Dysregulierung der die Nerven umgebenden Gefäße, die zur Nervenathrophie und in der Folge davon zu Kausalgien führen, ist bei der Bemessung des Invaliditätsgrades nach dem System der vereinbarten Gliedertaxe nicht auf den Sitz der eingetretenen Verletzung (Fußwert), sondern auf den der Auswirkung der Verletzung (Beinwert) abzustellen.

Auslegung einer sog. „verbesserten Gliedertaxe"
OLG Hamm 
1. Ist eine verbesserte Gliedertaxe für „Verluste oder Funktionsfähigkeit beider Arme oder Hände, beider Beine oder Füße, je eines Arms oder einer Hand und eines Beines oder eines Fußes" vereinbart, ist diese beim Verlust eines Beins nicht anwendbar.
2. Daran ändert nichts, dass in der Mehrzahl der Fälle eine Verbesserung gar nicht eintritt, die Überschrift deshalb irreführend ist.

Todesfalleistungen in der Unfallversicherung nach Suizid wegen einer unfallbedingten Depression
LG Dortmund
1. Die Todesfallleistung der Unfallversicherung kann auch bei einem Suizid innerhalb eines Jahres nach dem Unfall verlangt werden, wenn eine Kausalität zwischen Unfall und Selbsttötung bestand. Dies ist anzunehmen, wenn der Unfall zu einer Hirngewebsläsion und zu unfallbedingten Depressionen geführt hat, die (wenn auch zusammen mit anderen Faktoren wie die berufliche Situation des Verletzten) letztlich zur Freitodentscheidung geführt haben.
2. Der Anspruch ist nicht nach § 2 Abs. 4 AUB 95 ausgeschlossen, denn dieser Ausschluss erfasst keine krankhaften Störungen der Psyche, die Manifestationen physischer, organischer Schädigungen vor allem des zentralen Nervensystems sind (Anschluss BGH, 29. September 2004, IV ZR 233/03, NJW-RR 2005, 32).
3. Zudem kann der Leistungsausschluss wegen krankhafter Störungen in Folge psychischer Reaktionen nicht den Tod meinen, denn der Tod ist keine Störung (der Gesundheit) und erst recht nicht krankhaft, da eine Krankheit nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers Leben voraussetzt und eine Störung der Gesundheit nicht mit dem Tod gleichzusetzen ist.

Erfolgreiche Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes innerhalb des Prognosezeitraums ist bei der Bemessung der Invalidität positiv zu berücksichtigen
OLG Frankfurt 
Anders als die Anpassung einer Prothese, die am Verlust des Beins nichts ändert, dient die erfolgreiche Implantation eines künstlichen Hüftgelenks der dauerhaften Wiederherstellung der Gebrauchsfertigkeit des vorhandenen Beins und ist daher bei der Bemessung des Invaliditätsgrads zu berücksichtigen, sofern sie innerhalb des Prognosezeitraums eingeleitet worden ist.

Eine posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Störung als Reaktion auf einen Unfall und somit vom Leistungsausschluß nach § 2 IV AUB erfasst
OLG Brandenburg 
Eine posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Störung als Reaktion auf den Unfall und nicht eine psychische Störung als Reaktion auf eine durch den Unfall erlittene physische Erkrankung. Der posttraumatischen Belastungsstörung ist immanent, dass sie eine Folge aus dem Ereignis selbst ist und grundsätzlich nicht eine Folge einer sich aus dem Unfall ergebenden organischen Erkrankung.

Ein Unfall liegt vor, wenn der Versicherte für die Dauer von 1 ½ im frischen Beton kniet und sich weder vorausgesehene noch bemerkte Verätzungen zuzieht
LG Bayreuth 
Ein Unfall liegt vor, wenn der Versicherte für die Dauer von etwa 1 ½ Stunden im frischen Beton kniet und sich weder vorausgesehene noch bemerkte Verätzungen zuzieht.

Der Ausschluss nach § 2 IV AUB 94 erfasst auch die durch den Unfall und dessen physischen Folgen nur ausgelöste psychischen Folgen
OLG Hamm 
1. Tragen Unfall und Vorschädigung vergleichbar zur Invalidität bei, kann der Anteil der Mitwirkung auf 50 % geschätzt werden.
2. Psychische Folgen eines unfallbedingten Körperschadens unterfallen nur dann nicht dem Ausschluss des § 2 Abs. 4 AUB 94, wenn sie etwa in Anbetracht der Schwere des Unfalls oder der eingetretenen Körperschäden gleichsam verständlich oder nachvollziehbar sind und deshalb nicht allein durch ihre psychogene Natur erklärt werden können.
3. Letzteres wird aber insbesondere dann regelmäßig anzunehmen sein, wenn der Unfall und seine physischen Folgen nur Auslöser einer (eventuell auch latent schon vorhandenen) psychischen Erkrankung sind.

Auslegung der Regelung über die Jahresfrist zur Invaliditätsfeststellung
OLG Karlsruhe 
1. Die Regelung, wonach Invalidität des Versicherungsnehmers binnen Jahresfrist eingetreten sein muss, ist eng auszulegen. Die Fristsetzung bezweckt, dass der Versicherer nicht für Spätschäden, die in der Regel schwer aufklärbar und unvorhersehbar sind, einstehen muss. Ein solcher Spätschaden ist aber nicht anzunehmen, wenn zum Ende des Unfalljahres Unfallfolgen verblieben sind und bereits zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie andauern werden.
2. Eine dauernde Beeinträchtigung in diesem Sinn kann auch dann als nachgewiesen angesehen werden, wenn der sich nach einem Jahr ergebende unfallbedingte Zustand nach Ablauf von 3 Jahren (unbeschadet gradueller Unterschiede) noch immer vorhanden ist und sich ein Ende nicht absehen lässt.

Altersentsprechende Weitsichtigkeit begründet keine Vorinvalidität
OLG München 
1. Vorinvalidität in der Unfallversicherung liegt nur dann vor, wenn die normale körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers bereits vor dem Unfallereignis dauerhaft beeinträchtigt war. Hierbei ist auf die Altersgruppe abzustellen, welcher der Versicherungsnehmer angehört. Eine altersentsprechende Weitsichtigkeit bei einem über 60-jährigen Versicherungsnehmer entspricht daher der normalen körperlichen Leistungsfähigkeit der Vergleichsgruppe und begründet keine Vorinvalidität.
2. Auch die Notwendigkeit, zeitweise beim Lesen kleiner Schriften eine Lesebrille tragen zu müssen, begründet anders als beim stark kurzsichtigen Versicherungsnehmer (BGH, VersR 1983, 581) keine Vorinvalidität.

Voraussetzungen und Beweislast bei einer Rückforderung einer nach der Erstbemessung gezahlten Entschädigung im Rahmen der Neubemessung der Invalidität nach § 11 IV AUB 94
OLG Hamm
Verlangt der Versicherer die nach Erstbemessung gezahlte Entschädigung zurück, muss er beweisen, dass die Invalidität geringer als bei Zahlung angenommen ist. Dies gilt auch, wenn die Neubemessung nachträglich vereinbart worden ist.

Die Herausnahme von Erbkrankheiten aus dem Versicherungsschutz einer Invaliditätsversicherung ist zulässig
KG 
Der Ausschluss des Versicherungsschutzes bei Invalidität aufgrund angeborener Krankheiten in den Bedingungen eines Unfallversicherers, der auch Versicherungsschutz für die während der Wirksamkeit des Vertrages durch schwere Krankheit eingetretene Invalidität des vom ersten bis 16. Lebensjahres versicherbaren Kindes bietet, verstößt nicht gegen § 9 AGBG, § 307 BGB n. F..

Fristenregelung für ärztliche Feststellung der Invalidität in AUB 2000 verstößt nicht gegen das Transparenzgebot; Bescheid des Versorgungsamtes über den GdB ist keine ärztliche Invaliditätsfeststellung; reaktive posttraumatische Depression ist infolge psychischer Reaktion vom Versicherungsschutz ausgeschlossen
OLG Düsseldorf 
1. Nr. 2.1.1.1 AUB 2000 verstößt nicht gegen das Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
2. Die ärztliche Invaliditätsfeststellung kann durch einen Bescheid des Versorgungsamtes über den Grad der Behinderung nicht ersetzt werden.
3. Eine reaktive posttraumatische Depression ist als krankhafte Störung infolge psychischer Reaktion gemäß Nr. 5.2.6 AUB 2000 vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Der fristgerechte Eintritt der Invalidität sowie die fristgerechte ärztliche Feststellung sind Anspruchsvoraussetzungen; über die Fristen der ärztlichen Feststellung muss der Versicherer nur ausnahmsweise belehren
OLG Saarbrücken 
1. Der fristgerechte Eintritt der Invalidität sowie die fristgerechte ärztliche Feststellung sind Anspruchsvoraussetzungen.
2. Der Versicherer kann sich auf beide Gesichtspunkte auch erstmalig im Prozess berufen, wenn die Ablehnung anderweitig begründet worden ist.
3. Über die Fristen der ärztlichen Feststellung muss der Versicherer nur ausnahmsweise belehren.

Verdeckte Teilklage unterbricht nicht die Verjährung für den nicht eingeklagten Teil
OLG Hamm 
Eine verdeckte Teilklage kann zwar die Frist des § 12 Abs. 3 VVG wahren, lässt aber den Lauf der Verjährungsfrist für den nicht rechtshängig gemachten Teil des Anspruchs unberührt. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag, dass der Invaliditätsgrad X % betrage.

Vollständige Funktionsunfähigkeit beider Beine bis unterhalb der Knie auch bei Bewegungsunfähigkeit der Beine im Liegen
OLG München 
1. Es steht einer vollständigen Funktionsunfähigkeit der Beine bis unterhalb der Knie gemäß § 7 I Abs. 2 a AUB 94 nicht entgegen, dass der Kläger die Beine im Liegen noch bewegen kann.
2. Unvermeidbare Mitbelastung des Schienbeinkopfs beim „Gehen" auf den Knien entspricht nicht dessen funktionsgemäßer Bestimmung und ändert deshalb nicht an der Annahme des Invaliditätsgrades von 50 % wegen Funktionsunfähigkeit eines Beines bis unterhalb des Knies.

Feststellung der alkoholbedingten Bewusstseinsstörung eines Fußgängers bei einer BAK von mindestens 1,41‰
LG Kassel 
Auf eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung ist zu schließen, wenn beim Versicherten im Unfallzeitpunkt eine BAK von 1,41 bis 1,68 ‰ vorlag, dieser seinen PKW in einer Feldgemarkung festgefahren hatte und dann bei Dunkelheit eine Bundesautobahn beschritt und von einem Fahrzeug, in das er hineinlief, angefahren wurde.

Unverbindliche und kostenfrei Ersteinschätzung

Gerne können Sie unser versicherungs- und haftungsrechtliches Team vor unserer Beauftragung um eine unverbindliche und kostenfreie Ersteinschätzung zu den Erfolgsaussichten Ihres Falles bitten. Wir bemühen uns, Ihnen innerhalb von 24 h zu antworten oder Sie innerhalb gleicher Zeit zurückzurufen und nehmen uns gerne die Zeit, Ihnen die Chancen und Risiken, die voraussichtlichen Kosten und die Eintrittspflicht einer etwaigen Rechtsschutzversicherung aufzuzeigen. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage. Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten bei Nutzung dieses Kontaktformulars finden Sie unter dem Menüpunkt Datenschutz.

Kontaktformular

fieldset
captcha