Urteile zum allgemeinen Versicherungsvertragsrecht und zum Versicherungsprozess

Nachfolgend finden Sie eine der umfassendsten und aktuellsten Sammlungen wichtiger Urteile der letzten Jahre zum allgemeinen Versicherungsvertragsrecht und zum Versicherungsprozess. Weitere Urteile im Versicherungsrecht zu den einzelnen Versicherungssparten finden Sie auf der Übersichtsseite.

Die Urteile werden fortlaufend aktualisiert und zusammengestellt von Rechtsanwalt Dr. Carsten Fuchs, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht.

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Ablehnung wegen Befangenheit – Richter; Ablehnungsberechtigter

BGH

1. Das Ablehnungsrecht steht nur den Parteien selbst – und in den Grenzen des § 67 ZPO dem Streithelfer – zu. Am Rechtsstreit nicht beteiligte Dritte sind nicht ablehnungsberechtigt.

2. Bekannt ist der Partei nur derjenige Befangenheitsgrund, den sie positiv kennt; fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Dabei ist der Partei das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Eine Zusammenrechnung des Wissens der Partei einerseits und des Prozessbevollmächtigten andererseits findet allerdings nicht statt.

3. Die Äußerung eines Richters in der mündlichen Verhandlung, er möge den verklagten VR nicht und würde jedem Versicherten empfehlen, sich einen anderen VR zu suchen, begründet in einem weiteren Prozess gegen diesen VR den Antrag des VR, diesen Richter wegen Befangenheit abzulehnen.

 

Ablehnung eines Richters wegen langer Verfahrensdauer

OLG Dresden

1. Die Verfahrensdauer lässt für sich genommen keinen Rückschluss auf eine Besorgnis der Befangenheit des Richters zu. Der Vorwurf, das Verfahren werde so gestaltet, dass es in der Sache einer Rechtsschutzverweigerung gleichkomme, kann diese Besorgnis nur begründen, wenn sich für eine objektive Partei der Eindruck einer willkürlichen und voreingenommenen Verfahrensweise ergibt.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens über eine Richterablehnung entspricht dem Streitwert in der Hauptsache.

 

Auskunftsanspruch des VA nach DS-GVO Stufenklage

OLG Köln

1. Den VR treffen nach § 6 Abs. 4 S. 1 VVG auch während der Dauer des Versicherungsverhältnisses noch Beratungspflichten gegenüber dem VN. Voraussetzung hierfür ist aber, dass für den VR ein konkreter Anlass für eine Nachfrage und Beratung des VN erkennbar wird.

2. Nach Art. 15 DS-GVO hat jede betroffene Person - nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO also jede durch personenbezogene Daten identifizierbare oder identifizierte Person - das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden.

3. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist nicht auf die Stammdaten begrenzt. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auch auf elektronisch gespeicherte Vermerke des VR zu mit dem VN geführten Telefonaten und sonstigen Gesprächen.

4. Die Auskunft ist im Rahmen der Stufenklage lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Dient die Auskunft nicht dem Zweck der Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs, sondern will sich der Kl. sonstige mit der Bestimmbarkeit  als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen, so steht diesem im Rahmen der Stufenklage die Auskunftsklage nicht zur Verfügung.

 

Auskunftsanspruch des VN nach Art. 15 DS-GVO

OLG Köln

Der VR hat seinem VN nach Art. 15 DS-GVO auf dessen Antrag Auskunft zum Verlauf des Prämienkontos, zum Zustandekommen des Versicherungsverhältnisses sowie zu der zu diesem gespeicherten Korrespondenz zu geben.

 

Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DS-GVO bzw. auf Ablichtungen

LG Ulm

1. Der VN kann als betroffene Person nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO zunächst eine Bestätigung darüber verlangen, ob personenbezogene Daten verarbeitet wurden und wenn ja, dann kann er Auskunft über diese Daten verlangen. Personenbezogene Daten sind nach Art. 4 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Das Auskunftsrecht bezieht sich auf die Stammdaten sowie auf weitere Daten, die mit Bezug zu seiner Person gespeichert wird, wie z.B. elektronisch gespeicherte Vermerke des VR zu mit dem VN geführten Telefonaten und sonstigen Gesprächen.

2. Bei Erklärungen des VN (hier: Versicherungsantrag, Abtretungserklärung, Kündigungsschreiben, Rücktritt u.a.) handelt es sich nicht um personenbezogenen Daten. Soweit die Erklärungen personenbezogene Daten enthalten, besteht der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO; ein Anspruch auf Überlassung von Ablichtungen dieser Erklärungen des VN besteht nach Art. 15 III DS-GVO aber nicht.

3. Hinsichtlich der vom VR erzielten Fondsgewinne besteht kein Auskunftsanspruch des VN nach Art. 15 DS-GVO, da diese nicht einer bestimmten Person zugeordnet werden können. Insoweit handelt es sich um interne Vorgänge im Rahmen des Geschäftsmodells, die weder Bezug zu einer bestimmten Person haben noch Rückschlüsse auf eine Person zulassen.

4. Ein Anspruch auf Überlassung von Abschriften nach § 3 Abs. 4 Satz 1 VVG besteht nur solange, bis das Versicherungsverhältnis auf beiden Seiten vollständig beendet ist. Nur soweit der VN noch konkrete Leistungsansprüche darlegt, besteht auch bei einem beendeten Versicherungsvertrag im Rahmen der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen noch ein Anspruch auf Abschriften eigener Erklärungen.

 

Keine Streitwerterhöhung durch als Nebenforderung geltend gemachte vorprozessuale Anwaltsgebühren

BGH

1.Der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen

Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Wert des Beschwerdegegenstands nicht, soweit er neben der Hauptforderung geltend gemacht wird, für deren Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung jedoch nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung.

2.Der Wert dieses Anteils ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei der von den gesamten nach der Klagedarstellung vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten diejenigen (fiktiven) Kosten abzuziehen sind, die entstanden wären, wenn der Rechtsanwalt auch vorprozessual den Anspruch nur in der Höhe geltend gemacht hätte, wie er Gegenstand der Klage geworden ist.

 

Gehörsverletzung – abweichende Würdigung von Sachverständigenausführungen

BGH

Auch wenn es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts steht, ob und inwieweit eine im ersten Rechtszug durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen ist, kann von einer erneuten mündlichen Anhörung des Sachverständigen jedenfalls dann nicht abgesehen werden, wenn das Berufungsgericht dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will.

 

Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, bei Antragstellung einen Umstand vergessen zu haben, an den er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses hätte erinnern können

LG Koblenz

1. Zu den bei Vertragsschluss anzugebenden Gefahrumständen zählen alle Umstände, die geeignet sind, den Entschluss des Versicherers, einen Vertrag über oder zu den Bedingungen abzuschließen, zu beeinflussen.

2. Für das Gericht ist es offenkundig, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass beim Versicherungsnehmer im Erfragungszeitraum von einem Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie die Diagnose einer Anpassungsstörung gestellt wurde. Mit Blick auf die zu versichernde Gefahr, hier die Nichtausübung des Berufes, stellen psychische Vorerkrankungen bei einem erheblichen Gefahrenumstand dar, weil das Risiko einer Berufsunfähigkeit eines psychologisch vorbehandelten denklogisch höher ist, als bei einer gesunden Person. Nach allgemeiner Lebenserfahrung hätte der Versicherer dieses erhöhte Risiko aus dem Versicherungsvertrag ausgenommen oder diesen sogar ganz abgelehnt.

3. Kenntnis von den angabepflichtigen Umständen setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer sie bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung kannte, dass er also positives Wissen von dem anzeigepflichtigen Umstand hatte. Positive Kenntnis setzt aber nicht voraus, dass der fragliche Umstand dem Versicherungsnehmer sogleich präsent ist. Vielmehr ist zu verlangen, dass er sein Gedächtnis prüft. Der Versicherungsnehmer kann daher nicht einwenden, er habe um den Umstand zwar gewusst, jedoch gerade nicht an ihn gedacht. Ein Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, einen Umstand vergessen zu haben, an den er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses hätte erinnern können (BGH, r+s 2009, 361).

 

Mitteilung in Textform unter Verwendung eines mobilen Druckers

LG Koblenz

Für eine Mitteilung in Textform ist ausreichend ein Antrag in Papierform oder ein elektronisches Dokument. Wird der Antrag im Computer ausgefüllt und erhält der Versicherungsnehmer sodann mittels eines mobilen Druckers einen Ausdruck, bevor er diesen unterzeichnet und im Anschluss noch eine CD-Rom, liegt eine Mitteilung in Textform vor.

 

Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO sowie des Anspruchs auf Ablichtungen nach
§
3 VVG

LG Ulm

1. Bei Erklärungen des VN (hier: Versicherungsantrag, Kündigungsschreiben, Rücktritt u.a.) handelt es sich nicht um personenbezogene Daten. Wenngleich die entsprechenden Erklärungen personenbezogene Daten enthalten können, besteht daher gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO bezogen auf das jeweilige Dokument kein Anspruch auf Überlassung von Ablichtungen.

2. Ein Anspruch auf Überlassung von Abschriften nach § 3 Abs. 4 S. 1 VVG besteht lediglich solange, bis das Versicherungsverhältnis auf beiden Seiten vollständig beendet ist.

 

Drucktechnische Hervorhebung der Widerspruchsbelehrung bei 7-seitigem Versicherungsschein

OLG Dresden

1. Die in einem siebenseitigen Versicherungsschein auf der zweiten Seite enthaltene und als einziges durch eine Umrandung hervorgehobene Widerspruchsbelehrung, ist drucktechnisch hinreichend hervorgehoben.

2. Eine Widerspruchsbelehrung, die für den Fristlauf auf den Zugang der "vollständigen Unterlagen" abstellt, nötigt den Versicherungsnehmer nicht zu weiteren Ermittlungen, sondern wiederholt nur den Gesetzeswortlaut. Ihrer Wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass der Widerspruchsadressat in der Belehrung nicht aufgeführt ist.

 

Zur rückwirkenden Einfügung eines Leistungsausschlusses in den Versicherungsvertrag nach § 19 Abs. 4 S. 2 VVG im Falle der grob fahrlässigen Nichtangabe einer Gonathrose IV. Grades in den Gesundheitsfragen

LG Offenburg

Ein Versicherungsnehmer einer Existenzschutzversicherung kann seine Anzeigepflicht verletzt haben, wenn er einem dem für den Vertragsschluss allein maßgeblichen Neuantrag keine Erklärungen zu seiner von einem Arzt diagnostizierten Gonarthrose IV. Grades angegeben hat, obwohl das Versicherungsunternehmen in rechtlich zulässiger Weise weit gefasst nach dem Bestehen von dauerhaften, durch einen Arzt diagnostizierten körperlichen Veränderungen oder Funktionsbeeinträchtigungen fragte. Es verbleibt der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit, wenn sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer bei der auch nur oberflächlichen Lektüre der Frage nach dem Bestehen einer durch einen Arzt diagnostizierten dauerhaften körperlichen Veränderung oder Funktionsbeeinträchtigung die Angabe der Gonanthrose IV. Grades geradezu aufdrängen musste, selbst wenn weder ausdrücklich nach Kniebeschwerden noch nach Gonathrosen gefragt wurde.

 

Arglistige Täuschung bei „Erklärungen ins Blaue hinein“ bzw. blindem Unterzeichnen eines von einem Dritten ausgefüllten Antragsformulars

OLG Schleswig

1. Der Versicherer kann einen Versicherungsvertrag nach den vorstehenden Regeln wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Versicherungsnehmer mit der wissentlich falschen Angabe von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag - hier: auf Pflegetagegeldversicherung - anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - IV U 331/05, VersR 2007, 785 Rn. 8; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 22 Rn. 7).

2. Zwar begründet die allein vorsätzliche falsche Angaben den Vorwurf der Arglist nicht (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1990 - IV ZR 113/89, NJW-RR 1991, 411, 412); denn der daneben zu fordernde Täuschungsvorsatz setzt die billigende Erkenntnis des Versicherungsnehmers voraus, der Versicherer könne durch seine – falschen oder unvollständigen – Angaben in seiner Vertragsentscheidung beeinflusst werden. Der Vorsatz des Versicherungsnehmers muss sich mithin auf die Täuschungshandlung, die Irrtumserregung und die dadurch erfolgende Willensbeeinflussung erstrecken (BeckOK VVG/Spuhl, 7. Ed. 15.03.2019, VVG § 22 Rn. 18). Selbst bei gutem Glauben im Hinblick auf die Richtigkeit der Angaben liegt jedoch Arglist vor, wenn der Erklärende "ins Blaue hinein" objektiv unrichtige Angaben macht. Der die Arglist begründende Vorwurf ist in dem Umstand zu erkennen, dass die Klägerin im Bewusstsein eigener Unkenntnis das Antragsformular "blind" unterzeichnet und damit die für sie erkennbare Vorstellung der Beklagten ausgenutzt hat, dass im redlichen Geschäftsverkehr Erklärungen "ins Blaue hinein" nicht abgegeben werden, der Erklärungsempfänger also darauf vertrauen kann, dass die Erklärung auf zuverlässiger Tatsachengrundlage abgegeben wurde (vgl. hierzu nur KG, Beschluss vom 10. Januar 2006, VersR 2007, 381; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Juli 2008, ZfSch 2009, 269) oder aber der Erklärende den Inhalt seiner Erklärung zur Kenntnis genommen hat und den Inhalt billigt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. Februar 1990 - 20 W 6/90, VersR 1990, 765). Ein Versicherungsnehmer, der objektiv falsche Angaben "ins Blaue hinein" macht, nimmt deren Unrichtigkeit zumindest billigend in Kauf (BeckOK VVG/Spuhl, 6. Ed. 15.03.2020, a. a. O.), ebenso derjenige, der ein von einem Dritten vorausgefülltes Formular "blind" unterschreibt (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, a.a.0., § 22 Rn. 26 m.w.N.).

3. Die Beklagte musste entgegen der Annahme der Klägerin bei ihr nach Übersendung des Antragsformulars wegen erkennbar unvollständiger, unklarer oder missverständlicher Angaben keine Nachfrage halten. Es ist bereits fernliegend, dass die Beklagte allein wegen des Alters der Klägerin von 68 Jahren bei Antragstellung die Angaben zu fehlenden Vorerkrankungen hätte in Zweifel ziehen müssen. Letztlich steht die Verletzung der Nachfrageobliegenheit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aber ohnehin nicht entgegen (BeckOK VVG/Spuhl 7. Ed. 15.03.2020, VVG § 19 Rn. 172).

 

Kein Rechtsschutzbedürfnis für neuen PKH-Antrag bei identischem Lebenssachverhalt

OLG Dresden

Wird nach Zurückweisung eines PKH-Gesuchs ein neuer Antrag ausschließlich auf denselben Lebenssachverhalt gestützt und ausschließlich auf die bisherige Begründung verwiesen, fehlt hierfür in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis.

 

Wirksamer Rücktritt des Versicherers bei „Vergessen“ von anzeigepflichtigen Vorerkrankungen

OLG Hamm

1. Es kann dahinstehen, wer die Beweislast für ein Vergessen gefahrerheblicher Umstände zum Zeitpunkt der Antragstellung trägt. Denn auch nach den hierzu vertretenen unterschiedlichen Auffassungen und allgemeiner Meinung umfasst § 19 Abs. 1 S. 1 VVG trotz des Wortlauts „bekannte Gefahrumstände“ im Hinblick auf seinen Sinn und Zweck nicht nur die Obliegenheit zur Anzeige des dem VN „aktuell vorhandenen jederzeit verfügbaren Wissens“, sondern auch desjenigen Wissens, an das sich der VN bei „zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses“ bzw. bei „angemessenen Bemühungen“, sich zu erinnern, hätte erinnern können.

2. Im Falle einer objektiven Anzeigepflichtverletzung wird nach § 19 Abs. 3 S. 1 VVG Vorsatz vermutet. Die Beweislast für das Nichtvorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit liegt beim VN.

3. Vorsatz ist gekennzeichnet durch das Zusammentreffen eines Wissens- und eines Wollens-Elements in der Vorstellung der handelnden Person. Vorsatz setzt anders als Arglist nicht voraus, dass der Antragssteller erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde. Für das Wollens-Element reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser setzt voraus, dass der Handelnde die mögliche Falschangabe und damit die mögliche Verletzung der Anzeigeobliegenheit erkennt, ihm dieses Falschangabe aber so wichtig ist, dass er sich mit den drohenden Folge abfindet, anstatt mit Rücksicht auf die erkannte Gefahr davon Abstand zu nehmen. Bei bewusster (und damit meist auch grober) Fahrlässigkeit hingegen lässt der Handelnde sich von der – wenn auch u.U. objektiv unbegründeten – Hoffnung leiten, die Obliegenheit werde trotz seines Verhaltens nicht verletzt.

4. Der Ausschluss nach § 19 Abs. 4 S. 1 VVG kommt nur bei grober Fahrlässigkeit zur Anwendung. Der Ausschluss des Rücktrittsrechts des Versicherers wäre unbillig, wenn der VN seine Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt hat. Dem Versicherer kann nicht zugemutet werden, an einem Vertrag mit einem VN festgehalten zu werden, der seine Pflicht nach Abs. 1, die für den Versicherer erheblichen Umstände anzuzeigen, bewusst verletzt (BT-Drucks. 16/3945, 65).

5. Nutzt der Versicherer kein gesondertes Dokument zur Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht, muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den VN nicht zu übersehen ist. Gewährleistet werden kann dies – was eine tatrichterliche Frage des Einzelfalls ist – durch Schriftart und -größe, Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge, Schriftfarbe und grafische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung. Wo die Belehrung zu erfolgen hat (vor/in unmittelbarer Nähe zu den Antragsfragen und/oder vor/in unmittelbarer Nähe zur Unterschrift), ist eine Frage des konkreten Einzelfalls unter Würdigung der Gesamtumstände.

 

Fahrlässige Unkenntnis vom Befangenheitsgrund

BGH

1. Das Ablehnungsrecht steht nur den Parteien selbst - und in den Grenzen des § 67 ZPO dem Streithelfer - zu. Am Rechtsstreit nicht beteiligte Dritte sind nicht ablehnungsberechtigt.

2. Bekannt ist der Partei nur derjenige Befangenheitsgrund, den sie positiv kennt; fahrlässige Unkenntnis (hier. Besetzung der Kammer) genügt nicht. Dabei ist der Partei das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Eine Zusammenrechnung des Wissens der Partei einerseits und des Prozessbevollmächtigten andererseits findet allerdings nicht statt.

 

Anspruch auf Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens

OLG Koblenz

1. Nach §§ 402,397 ZPO hat jede Partei das Recht, die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu verlangen. Auch der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst die Anhörung gerichtlicher Sachverständiger. Hieraus leitet sich die Pflicht des Gerichts ab, einem rechtzeitig gestellten Antrag, den gerichtlichen Sachverständigen nach Erstattung eines schriftlichen Gutachtens zu dessen mündliche Erläuterung zu laden, auch dann Folge zu leisten, wenn-wie hier-die schriftliche Begutachtung aus Sicht des Gerichts ausreichend überzeugend ist. Den Parteien ist daher die Möglichkeit einzuräumen, einem Sachverständigen nach Vorliegen des schriftlichen Gutachtens Fragen zu stellen, ihm Bedenken vorzutragen oder ihn um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten zu bitten.

2. Das Recht der Partei, den Sachverständigen mündlich zu befragen, besteht grundsätzlich uneingeschränkt. Die Grenzen des Antragsrechts der Partei sind anerkanntermaßen Prozessverschleppung und Rechtsmissbrauch, wobei ein Rechtsmissbrauch vorliegt, wenn die Notwendigkeit einer Erörterung nicht begründet wird. Eine Begründung kann durch die Formulierung beweiserhebliche Fragen, aber auch durch hinreichend konkrete Bezeichnung von Einwendungen oder erläuterungsbedürftigen Punkten erfolgen. Es muss also erkennbar sein, in welche Richtung eine weitere Aufklärung herbeigeführt werden soll.

 

Kein Anspruch auf Ladung des Gutachtergehilfen zum Zwecke der Erläuterung des Gutachtens

OLG Saarbrücken

Das Recht der Partei auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens bezieht sich nur auf die Person des gerichtlich bestellten Sachverständigen, nicht dagegen auf Personen, die diese Funktion nicht innehaben (hier: Gutachtergehilfe).
 

 Anfechtung des Versicherers nach arglistiger Täuschung durch den Versicherungsmakler

OLG Hamm

1. Zur Anfechtung nach § 123 BGB durch den Versicherer nach arglistiger Täuschung durch einen Versicherungsmakler: Die Täuschung ist dem VN (jedenfalls dann) zurechenbar, wenn der Makler gegenüber dem Versicherer als Verhandlungsgehilfe/Vertrauensperson des VN aufgetreten ist.

2. Dies ist (etwa) anzunehmen, wenn – wie hier – der Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrags auch vom Makler (ohne besondere, einschränkende Zusätze) unterschrieben ist.

 

Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten

OLG Saarbrücken

1. Für die Beurteilung, ob die Reisekosten eines nicht am Gerichtsort kanzleiansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig sind, ist es regelmäßig unerheblich, ob die Partei über eine Rechtsabteilung verfügt, sofern diese nicht mit der vorprozessualen Sachbearbeitung betraut war. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei (vgl. BGH, NJW 2006, 3008 Rn. 11 = r+s 2007, 43).

2. Kosten, die einem auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer vorprozessual für die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen entstanden sind, können zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig iSv § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sein, wenn die Maßnahmen dazu gedient haben, dem konkreten Verdacht einer Unfallmanipulation nachzugehen.

3. Der Haftpflichtversicherer muss im Kostenfestsetzungsverfahren konkret und auf den Streitfall bezogen darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen, wofür diese Kosten angefallen sind. Der Vortrag, das durch die beauftragte Detektei berechnete (Pauschal-)Honorar halte sich in einem üblichen Rahmen, genügt nicht, wenn nicht nachvollzogen werden kann, welche Leistungen durch das Honorar abgegolten werden.
 

Zur Erhöhung des Streitwertes bei der Geltendmachung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten

BGH

Der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Wert des Beschwerdegegenstands nicht, soweit er neben der Hauptforderung geltend gemacht wird, für deren Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung jedoch nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung.

 

Obliegenheiten-Klauseln, inhaltliche Anforderungen, Kausalitätsgegenbeweis

OLG Saarbrücken

1. Eine Bestimmung in AVB, die wegen der Folgen einer Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit „nach Maßgabe der §§ 28 und 82 VVG“ vorsieht, trägt dem gesetzlichen Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 VVG) in genügender Weise Rechnung. Eine solche Verweisung auf das geltende Gesetzesrecht genügt auch den Anforderungen des Transparenzgebotes.

2. Der Kausalitätsgegenbeweis ist erst dann geführt, wenn feststeht, dass die Obliegenheitsverletzung sich in keiner Weise auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder das ob und den Umfang der Leistungspflicht ausgewirkt hat. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn alle durch die Verzögerung der Schadenanzeige oder die vorzeitige Schadensbeseitigung begründeten Nachteile ausgeglichen sind, wenn also die Beweislage des Versicherers zum Zeitpunkt ihres (verspäteten) Eingangs mit der vorher bestehenden identisch ist.

3. Der Nachweis, dass die aufgrund des Versicherungsfalls geschuldete Entschädigung die Summe der vom Versicherungsnehmer bereits erhaltenen Abschlagszahlungen übersteigt und er deshalb noch weitere Leistungen zu beanspruchen hat, ist nicht geführt, wenn die zur Begründung vorgetragenen weiteren Schäden auch nach Beweisaufnahme nicht einmal im Ansatz nachvollzogen werden können.

 

Zustellung der Klage an falsche Konzerngesellschaft

LG Potsdam

Verklagt der Versicherungsnehmer die „X Allgemeine Versicherung“ statt die zum selben Konzern gehörende „X Lebensversicherung“, die beide die gleiche Anschrift haben, sich einen Internetauftritt teilen und über die gleiche postalische, fernschriftliche und fernmündliche Erreichbarkeit verfügen und ist der Klageschrift unmissverständlich zu entnehmen, welche der beiden Versicherungen verklagt sein soll, so ist das Rubrum von Amts wegen zu berichtigen; die Klage ist wirksam gegen die X-Lebensversicherung“ erhoben.

 

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Einschaltung einer Hilfsperson bei der Beantwortung von Antragsfragen

OLG Saarbrücken

1. Zur Einschaltung einer Hilfsperson bei der Beantwortung von Antragsfragen; hier: Der Ehemann der Versicherungsnehmer füllt den Antrag online am PC in deren Beisein und nach deren Vorgaben aus.

2. Eine für den Bezugsberechtigten bestimmte Anfechtungserklärung ist diesem zugegangen, wenn das entsprechende Schreiben den in dieser Angelegenheit auch „zur Entgegennahme von Willenserklärungen (z.B. Kündigung)“ bevollmächtigten Rechtsanwalt erreicht und dieser sich zuvor gegenüber dem Versicherer unter Vorlage der Vollmachtsurkunde bestellt und Versicherungsleistungen geltend gemacht hat.

3. Weil die Anfechtungserklärung nach dem Gesetz keiner Form bedarf, kann aus dem Umstand, dass der Versicherungsnehmer binnen Jahresfrist seinen Rechtsanwalt „nach Ausspruch der Anfechtung“ bevollmächtigt haben will, ihn „ab diesem Zeitpunkt“ auch „im Anfechtungsverfahren“ zu vertreten, geschlossen werden, dass ihn notwendiger Inhalt auch dem Versicherungsnehmer selbst rechtzeitig zugegangen ist.

 

Arglist bei Erklärungen „ins Blaue hinein“ bei Antragstellung durch Unterzeichnung eines von einem Dritten ausgefüllten Antragsformulars

OLG Schleswig

1. Arglist liegt vor, wenn der Erklärende „ins Blaue hinein“ objektiv unrichtige Angaben macht. Der die Arglist begründende Vorwurf ist in dem Umstand zu erkennen, dass der Versicherungsnehmer im Bewusstsein eigener Unkenntnis das Antragsformular „blind“ unterzeichnet und damit die für ihn erkennbare Vorstellung des Versicherers ausgenutzt hat, dass im redlichen Geschäftsverkehr Erklärungen „ins Blaue hinein“ nicht abgegeben werden, der Erklärungsempfänger also darauf vertrauen kann, dass die Erklärung auf zuverlässiger Tatsachengrundlage abgegeben wurde (vgl. KG VersR 2007, 381; OLG Frankfurt ZfS 2009, 269) oder aber der Erklärende den Inhalt seiner Erklärung zur Kenntnis genommen hat und den Inhalt billigt (vgl. OLG Hamm VersR 1990, 765). Ein Versicherungsnehmer, der objektiv falsche Angaben „ins Blaue hinein“ macht, nimmt deren Unrichtigkeit zumindest billigend in Kauf, ebenso derjenige, der ein von einem Dritten vorausgefülltes Formular „blind“ unterschreibt.

2. Eine Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer auf eine erforderliche Überprüfung der Aktualität der Gesundheitsangaben hinzuweisen, kommt nicht in Betracht, zumal wenn dem Antragsformular, dessen Inhalt der Versicherungsnehmer nicht zur Kenntnis genommen hat, bereits der Hinweis zu entnehmen ist, dass vor der Unterzeichnung überprüft werden möge, ob alle Fragen vollständig und korrekt beantwortet wurden und dem Versicherungsnehmer bereits von einer abgeschlossenen Unfallversicherung bekannt ist, dass bei der Antragstellung Gesundheitsangaben zu machen sind.

 

Haftung des Versicherungsvermittlers – keine Pflicht zur Dokumentation der Besprechung von Antragsfragen

OLG Hamm

Die Bearbeitung von ausdrücklich im Antrag festgehaltenen Antragsfragen ist keine „Information“ im Sinne von § 62 Abs. 1 Alternative 2 VVG. Sie bedarf keiner (gesonderten) Dokumentation. Die Beweislast für Fehler des Vermittlers liegt beim Versicherungsnehmer. Der Umstand, dass im Übrigen eine Beratungsdokumentation fehlt, hilft dem Versicherungsnehmer daher hier nicht.

 

Arglistige Täuschung durch „blindes“ Unterschreiben des vom Vermittler nach Angaben des Vaters des Versicherungsnehmers ausgefüllten Antrags

OLG Hamm

Bei entsprechenden Anhaltspunkten handelt ein Versicherungsnehmer, welcher den von seinem Vater ausgefüllten Versicherungsantrag blind unterschreibt, arglistig; denn er gibt dann eine Erklärung „ins Blaue hinein“ ab.

 

Zurechnungszusammenhang zwischen Beratungspflichtverletzung und späteren Anlageentscheidungen

BGH

Der Schutzzweck einer Auskunfts- oder Beratungspflicht ist nicht stets auf den ersten Erwerb einer Anlage auf der Grundlage der Empfehlungen begrenzt. Es steht den Vertragsparteien frei, auch größere oder unbestimmte Risiken einzugehen. Insofern kann der Schutzzweck haftungserweiternd wirken. Deshalb können auch spätere Anlageentscheidungen, die der Anleger auf der Grundlage der pflichtwidrig erteilten Empfehlungen jedoch ohne erneute Beratung/Vermittlung trifft, dem Berater oder Vermittler zuzurechnen sein.

 

Anzeigepflichtverletzung bei nur mit „ja“ oder „nein“ anzukreuzenden Gesundheitsfragen

OLG Karlsruhe

Sehen die Gesundheitsfragen des Versicherers bei einer umfassenden Frage nach chronischen Krankheiten als Antwortmöglichkeiten nur "ja" oder "nein" vor, reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer das Kästchen "ja" ankreuzt, ohne die Erkrankungen zu konkretisieren. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Formular keine Zusatzfrage und keinen freien Raum für eine Erläuterung enthält. Die behauptete Mitteilung einer bestimmten Krankheitsdiagnose durch den behandelnden Arzt lässt zudem nicht in jedem Fall einen zwingenden Schluss zu, dass der maßgebliche Umstand dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung bekannt gewesen ist, wenn die Mitteilung durch den Arzt längere Zeit zurückliegt. Ist nach dem Formularkonzept des Versicherers bei chronischen Krankheiten vom Versicherungsnehmer ein weiteres Zusatzformular "Krankenversicherung und Pflegepflichtversicherung"

 

Keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers im Falle von Arglist

LG Offenburg

1. Von einem arglistigen Verhalten ist nur dann auszugehen, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht, und dass dadurch bei dem Empfänger seiner Erklärung eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht oder nicht so abgegeben haben würde. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst nicht nur ein Handeln, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. 2. Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist somit, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Arglistig täuscht i.S.d. § 123 BGB damit nur derjenige, dem bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früherer Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots zu beeinflussen.

3.  Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht das Anfechtungsrecht des getäuschten Vertragspartners nicht nur dann vollen Umfangs, wenn er seine Willenserklärung ohne die Täuschung überhaupt nicht abgegeben hätte, sondern auch dann, wenn sie lediglich nicht in dieser Form erklärt worden wäre.

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verliert der Versicherer sein Recht zur Arglistanfechtung aber nicht allein deshalb, weil er seine Nachfrageobliegenheit verletzt.

 

Informationszugangsanspruch im Zusammenhang mit dem Versicherungsombudsmann e.V.

VG Berlin

1. Der Anspruch auf Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erfasst nur solche Informationen, die bei der Behörde tatsächlich vorhanden sind; es besteht grundsätzlich keine Informationsbeschaffungspflicht der Behörde.

2. Bei der vom Versicherungsombudsmann e.V. wahrgenommenen außergerichtlichen Sreitschlichtung handelt es sich um eine privatrechtliche Schlichtungsinstanz, die keine hoheitliche Gewalt ausübt.

 

Informationszugangsanspruch im Zusammenhang mit dem Versicherungsombudsmann e.V. II

VG Berlin

1. Der Versicherungsombudsmann e.V. ist nicht Beliehener und gemäß § 1 Abs. 1 IFG nicht informationsverpflichtet.

2. Ein entsprechender Anspruch gegen den Versicherungsombudsmann ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB.


Arglistanfechtung bei telefonisch gestellten Gesundheitsfragen

OLG Brandenburg

1. Der Versicherer kann sich auf Anzeigepflichtverletzungen durch falsche Angaben zu Gesundheitsfragen auch dann berufen, wenn er nachweist, dass der für den Versicherer handelnde Versicherungsvertreter die in Textform niedergelegten Gesundheitsfragen im Einzelnen und im Wortlaut am Telefon gestellt, die Eintragungen im Formular vorgenommen und diese dem Versicherungsnehmer zur Durchsicht und Billigung nochmals übersandt hat.

2. Ein ordnungsgemäßer Hinweis durch gesonderte Mitteilung in Textform gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG kann auch darin liegen, dass der Versicherer im Antragsformular zunächst im Fettdruck unmittelbar vor den Gesundheitsfragen zu den Rechtsfolgen der vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung auf eine mit einem schwarzen Rahmen umrandete und mit einer fettgedruckten Überschrift „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“ versehene gesonderte, vom Versicherungsnehmer gesondert zu unterzeichnende Mitteilung auf einer weiteren Seite des Antragsformulars verweist, in der der potentielle Versicherungsnehmer – ohne durch weitere Informationen abgelenkt zu werden – inhaltlich zutreffend über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht unterrichtet wird („Doppelbelehrung“).

  

Anforderungen an eine spontane Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers

LG Münster

1. Der Versicherer kann zur Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung auch über nicht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG erfragte Gefahrumstände berechtigt sein, wenn es sich um die Mitteilung außergewöhnlicher und besonders grundlegender Informationen handelt, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen musste.

2. Bei der Erkrankung eines Kindes an Trisomie 21 handelt es sich um einen seltenen und außergewöhnlichen Umstand, der angesichts der mit der Erkrankung regelmäßig einhergehenden Folgen das Aufklärungsinteresse eines Versicherers einer privaten Pflegezusatzversicherung so grundlegend berührt, dass sich einem Versicherungsnehmer die Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen muss.

 

Zum Verbot der Schlechterstellung bei „Saldierung“ mit teilweise erfolgreicher Berufung

OLG Koblenz

1. Wird im Rahmen des erstinstanzlichen Urteils übersehen, dass dem Kläger auch ein Anspruch auf Erstattung eines merkantilen Minderwerts zusteht, wird ihm aber gleichzeitig zu Unrecht eine Erstattung von Mehrwertsteuer in den merkantilen Minderwert übersteigender Höhe gewährt, bleibt eine Berufung des Klägers ohne Erfolg, auch wenn der Beklagte seinerseits kein (Anschluss-)Rechtsmittel eingelegt hat.

2. Eine nach § 528 Satz 2 ZPO unzulässige Schlechterstellung liegt nicht vor, wenn bei einem aus mehreren Posten zusammengesetzten Anspruch einzelne Positionen herabgesetzt oder gestrichen werden, infolge Erhöhung anderer Posten aber die Gesamtsumme nicht geringer wird.

 

Beweislast für Zugang eines Mahnschreibens

Landgericht Berlin

1. Wenn eine qualifizierte Mahnung außer den rückständigen Prämien auch Mahnkosten in Höhe von 5,00 € enthielt und der Versicherungsnehmer letztere später gezahlt hat, folgt daraus, dass dem Versicherungsnehmer das qualifizierte Mahnschreiben tatsächlich zugegangen ist.

2. Ein hierauf bezogenes Bestreiten ist mit der Geständnisfolge aus § 138 Abs. 3 ZPO unwirksam, wenn der beklagte Versicherungsnehmer entgegen seiner aus § 138 Abs. 1 und 2 ZPO folgenden Verpflichtung zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Erklärung über die von der Gegenseite vorgetragenen Tatsachen eine Einlassung zu der davor genannten Behauptung unterlassen hat.

 

Zur Anzeigepflicht einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) bei Antragsstellung – Auslegung des Begriffs „Beratung“ in den Gesundheitsfragen

LG Itzehoe

1. Der Begriff "Beratung" ist als unbestimmter Begriff seines Inhalts und Umfangs nach den Umständen des Einzelfalls und der jeweiligen Interessenslage unter Berücksichtigung des Versicherungsrisikos "Berufsunfähigkeit" auszulegen. Insofern kollidieren das Interesse des Versicherten an möglichst weitgehendem Versicherungsschutz mit dem Interesse des Versicherers an einem möglichst kalkulierbaren – das bedeutet vorhersehbaren – Risiko.

2. Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Begriff "Behandlung" ergibt sich eine therapiebezogene Bedeutung des Beratungsbegriffs. Beratung in diesem Sinne setzt eine heilungsbezogene informatorische Aufklärung voraus.

3. Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung dient hingegen der Beurteilung der Fahrtauglichkeit des Betroffenen im öffentlichen Straßenverkehr und hat eine sicherheitsrechtliche Zielsetzung, keine therapeutische.

4. Diese Unklarheiten in der Formulierung der Antragsfragen gehen zulasten des Versicherers als Verwenderin. Einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist bei der konkreten Frageformulierung jedenfalls nicht erkennbar, dass der Versicherer auch eine verkehrsrechtliche Medizinisch- Psychologische Untersuchung abfragen möchte.
 

Die Suche eines Sachverständigen nach Erklärungsansätzen für die Ursache einer in der Begutachtung festgestellten Aggravation des Probanden rechtfertigt nicht den Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit

LG Koblenz

1. Ein Sachverständiger kann gemäß § 406 Absatz ein S. 1 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

2. § 406 ZPO sollen Parteien kein allgemeines Instrument zur Verfügung stellen, um „unterschiedslos die Einhaltung der Verfahrensregeln durch den Sachverständigen kontrollieren zu können. Vielmehr muss der Verfahrensverstoß […] Aus Sicht der verständigen Partei den Schluss zulassen, der Sachverständige stehe ihr nicht unvoreingenommen gegenüber. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Sachverständige eigenständige Ermittlungen anstellt, die das Beweisergebnis beeinflussen; dieses Verhalten kann von einer verständigen Partei so verstanden werden, der Sachverständige handele aus sachfremden Motiven, nämlich er wolle offensichtlich Ihr Schaden oder der gegnerischen Partei helfen, weil anders der Verstoß gegen Verfahrensvorschriften nicht zu erklären wäre.

3. Wenn ein Sachverständiger im Rahmen einer so bezeichneten Arbeitshypothese nach möglichen medizinischen Erklärungen für die Ursache einer in der Begutachtung festgestellten Aggravation des Probanden sucht, rechtfertigt dies nicht den Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit. Bei vernünftiger Betrachtung dieser Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Sachverständige seine Stellung als Sachverständiger aufgegeben hätte und stattdessen in ein Arzt-Patienten-Verhältnis zum Kläger eingetreten wäre. Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist insbesondere dadurch geprägt, dass der Arzt zuerst dem Patienten dahingehend verpflichtet ist, ihm bei der Linderung der Beschwerden zu helfen bzw. dies zu erreichen. Vorliegend hat der Sachverständige durch die Aufnahme möglicher Ursachen für die zuvor dargelegten Aggravationstendenzen jedoch nur einen Erklärungsansatz bereitgestellt, der es ermöglicht nachzuvollziehen, worauf eine Aggravation beruht. Eine konkrete weitergehende Weisung an den Kläger oder ein „in-Schutz-nehmen“ als Hinweis auf ein etwaiges Arzt-Patienten-Verhältnis kann darin nicht gesehen werden. Der Sachverständige hat zudem gerade nicht das Vorliegen etwaiger Aggravationstendenzen in Zweifel gezogen, sondern diese vielmehr untermauert. Inwieweit dies eine für die Beklagte nachteilige Feststellung oder eine einseitige Argumentation zugunsten des Klägers sein soll, erschließt sich nicht.

3. auch soweit der Sachverständige im Rahmen seiner Befragung angab, kein Detektiv zu sein, vermag dies nicht dazu zu führen, ihm wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Sie ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige diese Äußerung im Rahmen der umfassenden Nachfragen des Beklagtenvertreters hinsichtlich etwaiger inkonsistenter Angaben des Klägers getätigt hat.

 

Umfang des Auskunftsanspruchs des Versicherers im Rahmen der Leistungsprüfung

OLG Dresden

1. Der Versicherer kann anlässlich eines Leistungsantrags vom Versicherungsnehmer auch Auskünfte verlangen, mit denen er die Voraussetzungen für eine Gefahrerhöhung oder vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung in Erfahrung bringen will.

2. Ein Anspruch auf Herausgabe sämtlicher über den Versicherungsnehmer geführter Behandlungsunterlagen hat er jedoch nicht. Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer, der sich ein klares Bild von seiner Leistungspflicht machen will, erst auf entsprechende Aufforderung hin weitere Kenntnisse verschaffen und Beweise erbringen. In diesem Rahmen kommt dem Versicherer grundsätzlich ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können.

 

Berufungsverfahren – erneute Anhörung des erstinstanzlichen Sachverständigen

BGH

1. Will das Berufungsgericht (hier:  zur Berufsunfähigkeit in der Berufsunfähigkeitsversicherung) die Ausführung des gerichtlichen Sachverständigen abweichend von der Vorinstanz würdigen, insbesondere ein anderes Verständnis den Ausführungen des Sachverständigen zugrunde legen und damit andere Schlüsse aus diesem ziehen, so bedarf es einer erneuten Anhörung des Sachverständigen durch das Berufungsgericht.

2. Unterbleibt diese erneute Beweisaufnahme, so ist das Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht nach Anhörung des Sachverständigen selbst anders entschieden hätte.

 

Kein Kostenerstattungsanspruch des evident nur scheinbar verklagten Versicherers

OLG Karlsruhe

1. Bei einer fehlerhaften Bezeichnung ist gegebenenfalls durch Auslegung der Klageschrift zu ermitteln, wem nach dem Willen des Klägers die Rolle des Beklagten zukommen soll.

2. Beteiligt sich ein Scheinbeklagter im Zivilprozess, steht ihm ein Anspruch auf Kostenerstattung gegen den Kläger nur zu, wenn seine Beteiligung durch die fehlerhafte Parteibezeichnung in der Klageschrift veranlasst wurde.

3. Ein Scheinbeklagter kann eine Erstattung von Anwaltskosten nur dann verlangen, wenn aus seiner Sicht anwaltliche Hilfe notwendig war, um für eine Richtigstellung des Rubrums zu sorgen.

4. Wer sich ohne hinreichenden Grund in das Prozessrechtsverhältnis anderer Parteien hineindrängt, bedarf des Schutzes einer Kostenfreistellung nicht.

 

Zur Festsetzungsfähigkeit von Privatgutachterkosten im Kostenfestsetzungsverfahren

BGH

Zur Geltendmachung von für die Inanspruchnahme eines Privatgutachters angefallenen Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren, wenn die Kosten nicht von der Partei selbst, sondern von dem hinter dieser stehenden Haftpflichtversicherung getragen worden sind.

 

Keine arglistige Täuschung bei Nichtangabe von kurzfristig auftretenden muskulären Verspannungen in Form von Alltagsbeschwerden, selbst wenn sich die Behandlung über einen längeren Zeitraum hingezogen hat

OLG Frankfurt

1. Eine im Versicherungsantrag enthaltene -weitgefasste- Gesundheitsfrage nach Krankheiten, Gesundheitsstörungen oder Beschwerden hat der künftige Versicherungsnehmer grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Er darf sich daher bei seiner Antwort weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken, noch sonst eine wertende Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen. Doch findet diese weitgefasste Pflicht zur Offenbarung ihre Grenze bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen. Im Übrigen setzt die Offenbarungspflichtkenntnis voraus, die entweder daraus resultieren kann, dass dem künftigen Versicherungsnehmer die Beschwerden aus eigener Wahrnehmung bekannt waren oder aber ihm entsprechende Diagnosen mitgeteilt wurden.

2. für die Arglist ist zudem in subjektiver Hinsicht ein Täuschungswille des Versicherungsnehmers dergestalt erforderlich, dass dieser eine Fehlvorstellung beim Versicherer hervorrufen oder aufrechterhalten und so auf die Entschließung des Versicherers Einfluss nehmen will. Er muss in dem Bewusstsein handeln, dass der Versicherer seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Bedingter Vorsatz genügt. Eine unlautere Absicht, etwa dergestalt, sich zu bereichern oder den Versicherer zu schädigen, ist hingegen nicht erforderlich. Da sich bei dem erforderlichen Täuschung Willen des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis nur durch Indizien geführt werden. Dies bedeutet, dass in der Regel, wenn schwere Erkrankungen oder erkennbar chronische Erkrankungen verschwiegen werden, auf einen solchen Täuschungswillen geschlossen werden kann, hingegen beim Verschweigen leichterer Erkrankungen oder solche, die der Versicherungsnehmer als leichter angesehen hat, der Beweis nicht geführt ist.

3. Leidet ein Versicherungsnehmer lediglich unter kurzfristig auftretenden Beschwerden in Form von muskulären Verspannungen, wie sie bei Jedermann z.B. aufgrund langanhaltender sitzender Tätigkeit beim PC aufzutreten pflegen, die reversibel waren und zudem aus einer temporären besonderen Belastungssituation (hier: langes Sitzen wegen Abiturvorbereitung) resultieren, fehlt es an einem anzeigepflichtigen Zustand mit Krankheitswert am Bewegungsapparat.

4. Für die Annahme einer arglistigen Täuschung spricht die Dauer und der Umfang der Behandlung jedenfalls dann nicht, wenn die Dauer der Behandlung auf einem ganzheitlichen Behandlungsansatz des Arztes beruht und nicht einem nachhaltig über Monate hinweg andauernden Beschwerdezustand geschuldet ist.

5. Auch bei nur vorübergehenden, rein funktionellen Beschwerden in Form von Verspannungen im Bereich des Schultergürtels sowie der Wirbelsäule handelt es sich nicht um offenbarungspflichtige Gefahrumstände, wenn es sich dabei um Alltagsbeschwerden handelt, die alsbald vergingen.

 

Spontane Anzeigepflicht nur bei besonders ungewöhnlichen Umständen

OLG Hamm

1. Das Unterlassen einer Mitteilung stellt nur dann eine Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB dar, wenn eine Rechtspflicht zur Offenbarung des betreffenden Umstandes bestand.

2. Eine Pflicht zur Offenbarung von behandlungsbedürftigen Atemproblemen ohne dass der Versichert eine entsprechende Frage gestellt hätte, besteht grds. nicht.

3. Eine spontane Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers besteht nur dann, wenn es um so ungewöhnliche Umstände geht, dass danach typischerweise nicht gefragt werden konnte.

 

Arglistige Täuschung über die Einnahme von Amphetaminen bei Frage nach der Einnahme von „drogenähnlichen Substanzen“

OLG Hamm

1. Auch das Verschweigen von Umständen kann eine Täuschung darstellen, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht. Eine solche Aufklärungspflicht besteht jedenfalls immer dann, wenn der andere Teil nach gewissen Umständen ausdrücklich fragt; solche Fragen müssen vollständig und richtig beantwortet werden.

2. Die Frage „Konsumieren oder konsumierten Sie in den letzten 10 Jahren Drogen, drogenähnliche Substanzen oder Betäubungsmittel?" Ist weder "intransparent" noch sonst unzulässig. Es mag im Einzelfall Substanzen geben, bei denen fraglich sein kann, ob es sich um "drogenähnliche Substanzen" handelt und ob die gestellte Frage eine Aufklärungspflicht bewirkt, ihren Konsum anzugeben. Jedenfalls bei Amphetamin handelt es sich anerkanntermaßen sowohl in rechtlicher Hinsicht (vgl. Anl. III zu § 1 Abs. 1 BtMG) als auch nach dem allgemeinen, für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Sprachgebrauch um ein Betäubungsmittel im Sinne der Frage. Sonstige Gründe, warum eine solche Frage nicht zulässigerweise gestellt werden dürfte, sind nicht ersichtlich.

3. Der langjährige Konsum von Betäubungsmitteln, wenn auch nur "phasenweise" und gelegentlich, hat offenkundig Bedeutung für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Ein Versicherungsnehmer muss und wird deshalb davon ausgehen, dass der Versicherer bei wahrheitsgemäßer Offenlegung dieses Konsums den Antrag jedenfalls nicht ohne weitere Nachprüfung annehmen wird, was aus den dargelegten Gründen für das Vorliegen von Arglist im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB genügt.

4. Die pauschale Angabe des VN, ihm sei ein möglicher Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers- trotz der ausdrücklichen Antragsfrage - schlicht nicht bewusst gewesen, vermag die dargelegte Indizwirkung nicht zu entkräften.

 

Arglist setzt kein betrügerisches Handeln voraus

OLG Hamm

1. Die arglistige Täuschung setzt kein betrügerisches Handeln voraus. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnis von dem verschwiegenen Umstand hat und mit seiner Täuschung die Willensentschließung seines Verhandlungspartners - jedenfalls bedingt vorsätzlich - beeinflussen wollte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst deshalb nicht nur ein Handeln des Täuschenden, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein.

2. Den ihm nach § 123 BGB obliegenden Beweis von Arglist als innerer Tatsache kann der Versicherer regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien führen (Senat, a.a.O.). Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen von Arglist kann es aber sein, wenn Umstände verschwiegen werden, deren Gefahrerheblichkeit auch aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers auf der Hand.

 

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch bei nur mündlich gestellten Antragsfragen - keine Fragen in Textform notwendig

OLG Hamm

1. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Anfechtungsmöglichkeit nach § 22 VVG in Verbindung mit § 123 Abs. 1 BGB nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Täuschung eine Frage des Versicherers in Textform vorausgegangen ist. § 22 VVG ordnet an, dass das Recht des Versicherers aus §§ 123 ff. BGB "unberührt" bleibt. Deshalb kann unabhängig von der Frage, ob und in welchen Fällen auch ganz ohne eine Frage des Versicherers eine spontane Anzeigepflicht besteht, jedenfalls die falsche Beantwortung einer mündlich gestellten Frage eine Anfechtung gemäß §§ 22 VVG, 123 Abs. 1 BGB rechtfertigen.

2. Der Vortrag des Klägers, die Antragsfrage sei ihm nur mündlich gestellt worden, ist deshalb für die vorliegend zu beurteilende Frage ebenso belanglos wie seine weitere Behauptung,  er habe den Antrag unterschrieben, ohne sehen zu können, was genau er unterschreibe, und habe auch keine Möglichkeit gehabt, sich den ausgefüllten Antrag noch einmal in Ruhe durchzusehen. Denn all das ändert nichts daran, dass ihm die maßgebliche Frage gestellt wurde, so dass eine Rechtspflicht zur Offenbarung seines Drogenkonsums bestand.

 

Beweislast für die Verfristung der Anfechtung des arglistigen Täuschung liegt beim VN

OLG Hamm

Der VN ist beweisbelastet dafür ist, dass der Versicherer die Täuschung im Sinne von § 124 Abs. 2 BGB zu einem bestimmten Zeitpunkt entdeckt hat.

 

Arglist bei Angaben „ins Blaue hinein“ bei blindem Unterzeichnen eines vom Vermittler ausgefüllten Antragsformulars

OLG Hamm

1. Auch das Verschweigen von Umständen kann eine Täuschung darstellen, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht. Eine solche Aufklärungspflicht besteht immer dann, wenn der andere Teil nach gewissen Umständen ausdrücklich fragt; solche Fragen müssen vollständig und richtig beantwortet werden. Ohnehin ist im Streitfall "aktiv" die Antwort "Nein" gegeben worden.

2. Arglist setzt kein betrügerisches Handeln voraus. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnis von dem verschwiegenen Umstand hat und mit seiner Täuschung die Willensentschließung seines Verhandlungspartners - jedenfalls bedingt vorsätzlich - beeinflussen wollte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst deshalb nicht nur ein Handeln des Täuschenden, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss.

3. Den ihm nach § 123 BGB obliegenden Beweis von Arglist als innerer Tatsache kann der Versicherer regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien führen. Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen von Arglist kann es aber sein, wenn Umstände verschwiegen werden, deren Gefahrerheblichkeit auch aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers auf der Hand liegt.

4. Für die Annahme eines arglistigen Verhaltens kann es ausreichen, wenn der Versicherungsnehmer im Bewusstsein der eigenen Unkenntnis Angaben "ins Blaue hinein" macht. Eine solche Angabe ins Blaue hinein liegt hier darin, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen das vom Vertreter der Beklagten nach den Angaben seines Vaters ausgefüllte Antragsformular unterschrieb, ohne es zuvor auf Richtigkeit durchzusehen.

5. Zwar mögen Fälle denkbar sein, in denen ein solches "blindes" Unterschreiben kein arglistiges Verhalten darstellt, weil der Unterschreibende aufgrund konkreter Umstände darauf vertrauen darf, dass alle Angaben in dem Formular richtig gemacht wurden. Dies war vorliegend indes nicht der Fall.

6. Die Täuschung muss kausal für die Willenserklärung des Versicherers gewesen sein. Dafür ist ausreichend, dass der Versicherer seine Willenserklärung bei wahrheitsgemäßer Angabe überhaupt nicht, nicht zu den konkreten Konditionen oder nicht zu dem betreffenden Zeitpunkt abgegeben hätte. Die Kausalität kann im Wege des Anscheinsbeweises bejaht werden, wenn die Täuschung nach der Lebenserfahrung geeignet ist, die Erklärung des anderen Teils zu beeinflussen; das ist bezogen auf eine langjährige Asthma-Erkrankung und eine unklare Schwellung, wegen derer der behandelnde Arzt eine Abklärung mittels MRT-Untersuchung für erforderlich ansah, der Fall.

 

Zurechnung von Falschangaben des Vaters bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen des Sohnes im Antragsformular

OLG Hamm

1. Es kann dahinstehen, ob die Falschangaben des Vaters dem Kläger zurechenbar sind. Denn dadurch, dass der Kläger das ausgefüllte Formular anschließend selbst unterschrieb, hat er sich die darin enthaltene Erklärung zu eigen gemacht, mithin eine eigene (falsche) Erklärung abgegeben und dadurch im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB getäuscht.

2. Wenn der Vater des Klägers bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen die genannten Umstände arglistig verschwieg, muss sich der Kläger dies ohnehin - weil der Vater als Verhandlungsgehilfe kein "Dritter" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ist  - zurechnen lassen.

 

Keine Einsicht in Behandlungsunterlagen gegen den Willen des Verstorbenen

OLG Karlsruhe

Kein Recht von Angehörigen, aufgrund einer Vorsorgevollmacht Einsicht in Behandlungsunterlagen eines Verstorbenen zu nehmen, gegen dessen ausdrücklich erklärten oder mutmaßlichen Willen.

 

Anforderung an das „sofortige“ Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO durch den beklagten Versicherer

OLG Hamm

Wird ein Anerkenntnis erst zwei Monate nach dem Zeitpunkt erklärt, zu welchem der Klagevortrag mit neuem Vorbringen schlüssig geworden ist, handelt es sich nicht nur um ein „sofortiges Anerkenntnis“ im Sinne des § 93 ZPO. Ob schon eine Frist von 2 (oder sogar 1) Woche schadet, bleibt offen.

 

Beweislast des Versicherungsnehmers hinsichtlich vom Vermittler begangener Pflichtverletzungen

OLG Hamm

1. Behauptet der Versicherungsnehmer, dass der Versicherungsmakler eine Antragsfrage falsch erläutert habe, muss er das beweisen. Das Fehlen einer Beratungsdokumentation ändert in diesem Zusammenhang (grundsätzlich, so hier) nichts.

2. Eine Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht kann grundsätzlich zu Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zur Beweislastumkehr führen. Aus dem Fehlen einer gesonderten Protokollbemerkung, eine bestimmte (falsche) Erläuterung sei nicht erfolgt, ergibt sich jedoch keine Beweiserleichterung dahin, dass es eine bestimmte falsche Erläuterung gab.

3. Eine Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr kommt hinsichtlich der Bearbeitung von ausdrücklich im Antrag festgehaltenen Antragsfragen nicht in Betracht.

4. Eine Unaufklärbarkeit geht zu Lasten des Beweispflichtigen.

 

Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen

LG Münster

Das Verweigern der Fortsetzung der Verhandlungen gemäß § 203 BGB setzt keine entsprechende ausdrückliche Erklärung voraus. Es gelten die allgemeinen Regeln für die Auslegung von Willenserklärungen entsprechend. Der unmissverständlichen, ohne weitere Einschränkungen erfolgten Anspruchszurückweisung kann ein Verweigern der Fortsetzung der Verhandlungen zu entnehmen sein.

 

Zur Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Gutachterkosten im Falle des Versicherungsbetruges

LG Essen

Die Kosten des vorprozessual beauftragten Gutachtens sind erstattungsfähig, wenn bei Erteilung des Auftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug vorlagen und das Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können (BGH, Beschluss vom 18.11 2008, VI ZB 24/08).
 

Keine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht bei Unkenntnis des Versicherungsnehmers von den anzuzeigenden Umständen

BGH

1. Die Rechte des Versicherers nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG, auf die die Fristenregelung in § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG verweist, entstehen nur dann, wenn der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit verletzt, dem Versicherer die ihm bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung bekannten Gefahrumstände anzuzeigen (§ 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VVG).

2. Daran fehlt es wenn dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung der erfragte gefahrerhebliche Umstand einer Gelenkbeteiligung an seinem Knochenbruch nicht bekannt war.

3. Die vom Gesetz als Anzeigepflicht bezeichnete Obliegenheit des Versicherungsnehmers nach § 19 Abs. 1 VVG setzt positive Kenntnis von einem gefahrerheblichen Umstand voraus.

4. Diese positive Kenntnis des Versicherungsnehmers gehört nach der Senatsrechtsprechung zum objektiven Tatbestand der Anzeigeobliegenheit, den der Versicherer zu beweisen hat. Denn die Obliegenheit, dem Versicherer bestimmte Umstände oder Tatsachen anzuzeigen, setzt stets voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von diesen Umständen oder Tatsachen hat. Fehlt ihm diese Kenntnis, läuft die Anzeigeobliegenheit ins Leere. Schon objektiv kann der Anzeigepflichtige sie nicht verletzen, denn es gibt nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären könnte.

5. Ein Versicherungsnehmer verletzt seine Anzeigepflicht nicht, wenn er einen Umstand nicht angibt, der ihm aufgrund von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Fahrlässige Unkenntnis vermag mithin die fehlende Kenntnis eines anzeigepflichtigen Umstandes nicht zu ersetzen.

 

Arglist des Versicherungsmaklers

OLG Saarbrücken

Zu den Voraussetzungen, unter denen das arglistige Verhalten eines Versicherungsmaklers bei Antragstellung dem Versicherungsnehmer zuzurechnen ist.

 

Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung

BGH

Die Vorschrift des § 850f Abs. 2 ZPO erweitert den Zugriff des Gläubigers auf das Arbeitseinkommen des Schuldners, wenn er wegen eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt. Durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle kann der Gläubiger den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist. Hingegen genügt die Vorlage eines Vollstreckungsbescheids, der die Forderung als eine solche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bezeichnet, nicht als Nachweis für das Vollstreckungsprivileg gemäß § 850f Abs. 2 ZPO.

 

Zur Fortgeltung der gewohnheitsrechtlichen (verschuldensunabhängigen) Erfüllungshaftung des Versicherers nach Inkrafttreten der VVG-Reform von 2008

OLG Brandenburg

1. Versicherungsvertreter sind in aller Regel nicht bevollmächtigt, mündlich einen (anderen) Versicherungsvertrag anderen Inhalts abzuschließen  (arg. e c. § 69 VVG).

2. Ob die gewohnheitsrechtliche (verschuldensunabhängige) Erfüllungshaftung des Versicherers nach Inkrafttreten der VVG-Reform von 2008 fortexistiert, ist umstritten. Zahlreiche Stimmen im Schrifttum meinen, sie sei vom Gesetzgeber abgeschafft worden. Demgegenüber finden sich gerichtliche Entscheidungen, die daran festhalten (so OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 19. 05.2011 - 7 U 67/08, LS und Rdn. 39, juris = BeckRS 2012, 06605). Da mit Schadensersatzansprüchen gemäß § 6 Abs. 5 VVG grundsätzlich nur das sogenannte negative Interesse ausglichen wird, lässt sich ein Bedarf dafür nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.

 

Datenschutzrecht: Umfang des Anspruchs eines Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten; Zulässigkeit einer Stufenklage bei Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs und eines Schadensersatzanspruchs

OLG Köln

1. Unter die Vorschrift des Art. 4 DS-GVO fallen sowohl im Kontext verwendete persönliche Informationen wie Identifikationsmerkmale (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum), äußere Merkmale (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) oder innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile), als auch sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt. Auch solche Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern, weisen einen Personenbezug auf.

2. Soweit in elektronisch gespeicherten Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen eines Versicherers Aussagen eines Versicherungsnehmers oder Aussagen über den Versicherungsnehmer festgehalten sind, handelt es sich um personenbezogene Daten.

3. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll.

 

Spontane Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers trotz fehlender ausdrücklicher Frage auch nach Inkrafttreten der VVG-Reform bei sich aufdrängender Gefahrerheblichkeit

LG Münster

Eine spontane Anzeigepflicht kann in Betracht kommen, wenn es sich um die Mitteilung außergewöhnlicher und besonders grundlegender Informationen handelt, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen musste.

 

Beginn der Rücktrittsfrist in § 21 Abs. 1 VVG erst mit sicherer Kenntniserlangung des zuständigen Sachbearbeiters des Versicherers nach angemessener Prüfdauer

LG Neuruppin

Der Lauf der Rücktrittsfrist in § 21 Abs. 1 VVG beginnt erst mit der sicheren und zuverlässigen Kenntniserlangung durch den zuständigen Sachbearbeiter des Versicherers. Der Versicherer muss nicht auf einen bloßen Verdacht hin den Rücktritt aussprechen, etwa um einer Verfristung zu entgehen. Als Fristbeginn ist daher in der Regel erst der Zeitpunkt anzusehen, in dem Auskünfte der behandelnden Ärzte vorliegen. Zur Erlangung einer gesicherten Kenntnis muss dem Versicherer jedenfalls eine Rückfrage bei Ärzten oder dem Versicherungsnehmer selbst möglich sein. Zudem muss sich die Kenntnis auch auf das Verschulden des Versicherungsnehmers beziehen. Die dem Versicherer zustehenden Rechte hängen vom jeweiligen Verschuldensgrad ab, sodass dem Versicherer ebenfalls eine Zeitspanne zum Vornehmen einer solchen Einschätzung zuzugestehen ist.

 

Anfechtungsrecht des Versicherers nach nachträglicher Manipulation des Antragsformulares durch den Makler des Versicherungsnehmers auch bei Gutgläubigkeit des Versicherungsnehmers

LG Neuruppin

Die Behauptung des Versicherungsnehmers, er habe den Versicherungsmakler ordnungsgemäß unterrichtet, der von ihm unterzeichnete Antrag sei jedoch im Nachhinein durch den Makler manipuliert worden, ist dem Versicherungsnehmer gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen, sodass der Versicherer zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB berechtigt ist. Eine persönliche Täuschung durch den Anfechtungsgegner erfordert diese Vorschrift nicht.

 

Verfahrensrechtliche Folge eines im ersten Rechtszug begangenen Verstoßes gegen § 406 Abs. 4 ZPO betreffend Ablehnungsantrag

BGH

Entscheidet ein Gericht des ersten Rechtszuges über ein gegen den gerichtlichen Sachverständigen gerichtetes Ablehnungsgesuch entgegen § 406 Abs. 4 ZPO erst in den Gründen seines Endurteils und nicht vorab durch gesonderten Beschluss, so stellt dies grundsätzlich einen Berufungsgrund dar. Das Berufungsgericht ist befugt, im Rahmen des Berufungsverfahrens inzidente auch über die Berechtigung des Ablehnungsgesuchs zu befinden. Eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges kommt nur unter den Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Betracht.

 

Aufklärungspflicht des Gerichts bei widerstreitenden Gutachten

BGH

Besteht ein Widerspruch zwischen den Äußerungen verschiedener Sachverständiger, ist der Tatrichter zur Aufklärung des Widerspruchs auch dann verpflichtet, wenn es dabei um Privatgutachten geht.

 

Zur Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung

OLG Saarbrücken

1. Eine Bestimmung in AVB, die wegen der Folgen einer Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit „nach Maßgabe der §§ 28 und 82 VVG „vorsieht“, trägt dem gesetzlichen Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 VVG) in genügender Weise Rechnung. Eine solche Verweisung auf das geltende Gesetzesrecht genügt auch den Anforderungen des Transparenzgebotes.

2. Der Kausalitätsgegenbeweis ist erst dann geführt, wenn feststeht, dass die Obliegenheitsverletzung sich in keiner Weise auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder das ob und den Umfang der Leistungspflicht ausgewirkt hatte. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn alle durch die Verzögerung der Schadenanzeige oder die vorzeitige Schadensbeseitigung begründeten Nachteil ausgeglichen sind, wenn also die Beweislage des Versicherers zum Zeitpunkt ihres (verspäteten) Eingangs mit der vorher bestehenden identisch ist.

3. Der Nachweis, dass die aufgrund des Versicherungsfalles geschuldete Entschädigung die Summe der vom Versicherungsnehmer bereits erhaltenen Abschlagszahlungen übersteigt und er deshalb noch weitere Leistungen zu beanspruchen hat, ist nicht geführt, wenn die zur Begründung vorgetragenen weiteren Schäden auch nach Beweisaufnahme nicht einmal im Ansatz nachvollzogen werden können.

 

Beratungspflicht des Versicherers bei Vereinbarung geänderter AVB

OLG Hamm

Werden im Zuge einer Vertragsänderung geänderte Vertragsbedingungen vereinbart, die für den Versicherungsnehmer teils günstiger, teils ungünstiger sind, so besteht für den Versicherer aus § 6 Abs. 4 VVG jedenfalls keine Verpflichtung, über sämtliche Abweichungen zu informieren. Das gilt etwa (so hier) für die Neuformulierung der AUB-Gliedertaxe „Arm“ statt „Arm im Schultergelenk“.

 

Rechtsfolgen der Nichtüberlassung der Rücktrittsbelehrung und Anforderungen an die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a.F.

OLG Stuttgart

1. Wird bei einem im Antragsmodell zu schließenden Versicherungsvertrag bei Antragstellung dem Versicherungsnehmer die Rücktrittsbelehrung nicht zum Verbleib ausgehändigt, so kommt über den Wortlaut der Vorschrift hinaus § 5 a VVG a.F. zur Anwendung, mit der Folge, dass dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht zustehen kann.

2. Zu den Anforderungen an die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a.F. bei britischen Lebensversicherungen, insbesondere hinsichtlich der Angaben zum Rückkaufwert und dessen garantierter Höhe nach Nr. 2 b und d. des Abschnittes I. der Anlage D zu § 10 a VAG a.F.

 

Zurechnung der Arglist des Versicherungsmaklers

OLG Saarbrücken

Zu den Voraussetzungen, unter denen das arglistige Verhalten eines Versicherungsmaklers bei Antragsteller dem Versicherungsnehmer zuzurechnen ist.

 

Zulässigkeit einer isolierten Drittwiderklage bei Streit um Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen aus § 63 VVG

BGH

1. Verfolgt der Zessionar mit der Leistungsklage die Beitreibung einer abgetretenen Forderung und erhebt der Schuldner eine isolierte Drittwiderklage gegen den Zedenten, ist eine doppelte Inanspruchnahme des Schuldners durch den Zessionar und den Zedenten ausgeschlossen, wenn der Leistungsklage des Zessionars stattgegeben und die im Wege der isolierten Drittwiderklage erhobenen negativen Feststellungsklage abgewiesen wird.

Der Zedent ist infolge des im selben Prozess zu Gunsten des Zessionars ergangenen Leistungsurteils gehindert, den Schuldner ein zweites Mal auf Leistungen in Anspruch zu nehmen.

2. Bei der isolierten Drittwiderklage geht der Streit der Beteiligten regelmäßig nur darum, ob der Zedent abtretbare Ansprüche gehabt hat. Dagegen hält der Erfolg oder das Scheitern der isolierten Drittwiderklage nicht von der Wirksamkeit der Abtretung ab.

Reichweite des Datenauskunftsanspruchs

Landgericht Köln

1. Begründet eine Partei einen erstinstanzlich auf § 34 BDSG alte Fassung gestützten Datenauskunftsanspruch in der Berufungsinstanz erstmals mit Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO, liegt eine nach § 533 ZPO zulässige zweitinstanzliche Klageänderung vor.

2. Der Datenauskunftsanspruch nach Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO erfasst alle Merkmale, die die Identifizierung einer Person ermöglichen können (z.B. Name, Geburtsdatum, Gesundheitsdaten, Kontonummer) sowie ärztliche Unterlagen, Gutachten oder sonstige vergleichbare Mitteilungen anderer Quellen, nicht hingegen Daten zu sämtlichen internen Vorgängen des Versicherers (z.B. Vermerke) oder den vollständigen Schriftwechsel zwischen den Vertragsparteien.

3. Eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO ist unzulässig, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden.

 

Anforderungen an das qualifizierte Mahnschreiben gemäß § 38 VVG

LG Köln

1. Ein qualifiziertes Mahnschreiben gemäß § 38 VVG ist an den Prämienschuldner, in der Regel mithin an den Versicherungsnehmer, zu richten. Eine an die versicherte Person gerichtete Mahnung ist unwirksam.

2. Ist in einem Unfallversicherungsvertrag nicht nur der Versicherungsnehmer, sondern eine weitere versicherte Person eingeschlossen, müssen in dem qualifizierten Mahnschreiben die rückständigen Schreiben die rückständigen Prämien für die Versicherten jeweils getrennt ausgelesen werden (§ 38 Abs. 1 Satz 2 VVG).


Anforderung an eine wirksame Schweigepflichtentbindungserklärung

LG Saarbrücken

1. Die Erteilung einer allgemeinen Schweigepflichtentbindungserklärung bei Abschluss eines Risiko-Lebensversicherungsvertrags mit mindestens zwei Wahlmöglichkeiten verstößt nicht gegen § 213 VVG, sodass sich hieraus unabhängig von einer Güterabwägung kein Beweisverwertungsverbot ergeben kann.

2. Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers spricht, wenn er schwere, chronische oder schadengeneigte oder immer wieder auftretende zahlreiche oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten. Liegen objektive Falschangaben vor, ist es Sache des VN, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiven falschen Angaben gekommen ist.

3. Unter Anwendung dieser Grundsätze indiziert bereits das Verschweigen der Diagnose COPD unter gleichzeitiger Angabe einer Bronchitis das Bewusstsein des Versicherungsnehmers, mit seinen Falschangaben auf die Willensentschließung der Beklagten Einfluss zu nehmen.


Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung bei eigenem Antrag des Versicherungsvertreters

KG Berlin

Für die Auslegung des Begriffs der „Abgabe“ i. S. v. § 2 Abs. 2 S. 2 VVG kommt es darauf an, wann der VN den Zugang des Antrags beim Versicherer nicht mehr beeinflussen kann. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Versicherungsvertreter seinen eigenen Antrag seiner Sekretärin zwecks Weiterleitung im ELAN-Verfahren an den Versicherer übergeben hat.

 

Grenzen der Pflicht zur Beratungsdokumentation

OLG Hamm

1. Ist der Versicherungsvermittler (hier: Makler) zu einer Besichtigung des zu versichernden Objekts nicht verpflichtet, so hat er keine Pflicht, zu dokumentieren, ob im Rahmen der Beratung eine Besichtigung stattgefunden hat. Das Fehlen einer solchen Dokumentation führt zu keiner Beweiserleichterung für den VN. 

2. Wenn der VN Antragsfragen in einem Formular beantwortet (und dieses selbst ausfüllt oder auch durch den Versicherungsvermittler ausfüllen lässt), muss der Versicherungsvermittler dazu grundsätzlich (und auch hier) keine Dokumentation erstellen.


Unwirksamkeit einer Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

OLG Frankfurt am Main

1. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche inhaltlichen Anforderungen an eine ordnungsgenmäße Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG zu stellen sind. So soll nach verbreiteter Ansicht der Versicherer verpflichtet sein, den Versicherungsnehmer umfassend, d.h. auch über die Voraussetzungen der einzelnen Rechtsfolgen, zu unterrichten. Danach erfordert eine inhaltlich wirksame Belehrung eine nicht nur zutreffende, sondern eine – unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises – möglichst umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung, sodass der Hinweis, um seiner Warnfunktion gerecht zu werden, gerade auch die dem Versicherungsnehmer möglicherweise treffenden Folgen angeben muss, die diesem bei einer Ausübung der Rechte des Versicherers drohen (LG Dortmund, Urteil vom 13.06.2013, 2 O 450/12; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.12.2015, 12 U 19/14). Hierzu ist es – nach dieser Ansicht – erforderlich, dass der Hinweis einerseits, die dem Versicherer nach dem Grad des Verschuldens des Versicherungsnehmers eingeräumten Gestaltungsrecht (Rücktritt, Kündigung und Vertragsanpassung) erwähnt, zum anderen müssen die dem Versicherungsnehmer nachteiligen Folgen der Ausübung von Rücktritts-, Kündigungs- und Vertragsanpassungsrecht aufgezeigt werden (LG Dortmund, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Dresden, Urteil vom 06.06.2017, 4 U 1416/16).

2. Anderer Ansicht zufolge sind zur Erfüllung der Hinweispflicht nach § 19 Abs. 5 VVG – dem Wortlaut der Norm entsprechend – alle Konsequenzen einer Anzeigepflichtverletzung anzugeben, sodass hiervon auch die – komplizierten – Vorgänge im Zusammenhang mit dem jeweils erforderlichen Verschulden und den vertragshindernden bzw. – ändernden Umständen erfasst werden (vgl. Langheid/ Rixecker, 5. Auflage, § 19, RN 119).

3. Nach einer weiteren Kommentarauffassung sollen Hinweise auf die Voraussetzungen der Rechte des Versicherers und deren korrekte Ausübung ebenso wenig erforderlich sein wie eine Belehrung über die Rechtsfolgen, die sich aus seiner Ausübung der dem Versicherer zustehenden Rechte ergeben. Vielmehr soll die Wiedergabe des Wortlauts des § 19 Abs. 5 VVG zur Erreichung des Warnzwecks der Belehrung genügen, da der Versicherungsnehmer ihr mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen kann, dass ihm erhebliche Sanktionen drohen, wenn er die Anzeigepflicht verletzt (vgl. Prölss/Martin, 30. Auflag, § 19, RN 131).
 

Zugang der Gesundheitsfragen über ein Softwareprogramm des Versicherers beim Makler als Zugang in Textform beim Versicherungsnehmer

KG

1. Kann ein Versicherungsmakler über ein Softwareprogramm des Versicherers das Antragsformular mit den Gesundheitsfragen herunterladen und ausdrucken, gehen ihm diese Gesundheitsfragen des Versicherers in Textform (§ 19 Abs. 1 VVG) zu, soweit er sie für die konkrete Antragstellung verwendet.

2. Damit sind die Fragen, da der Versicherungsmakler auf Seiten des Versicherungsnehmers tätig wird, zugleich auch dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen.

3. Ob der Makler das Antragformular vor dem Ausfüllen ausdruckt und dem Versicherungsnehmer zum Mitlesen übergibt oder ob er die Fragen zunächst am Computer beantwortet, das Formular danach ausdruckt und dem Versicherungsnehmer zur Durchsicht und Unterschrift vorlegt, macht dabei keinen Unterschied.

4. Auch für den Zugang der Belehrung in Textform (§ 19 Abs. 5 VVG) kommt es allein darauf an, welche Belehrung der Versicherer dem Makler in dem herunterzuladenden Formular zur Verfügung stellt. Für die Frage einer ordnungsgemäßen Belehrung spielt es keine Rolle, ob der Makler diese Belehrung dem Versicherungsnehmer zur Kenntnis bringt.

 

Zu den Voraussetzungen einer gestaffelten Schweigepflichtentbindung

KG

1. Der BGH hat mit Urteil vom 22.02.2017 (IV ZR 289/14) geklärt, dass zu notwendigen Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Leistungsumfangs auch die Prüfung gehört, ob der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss seine vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten ordnungsgemäß erfüllt hat.

2. Gemäß § 31 VVG kann der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist.

3. Auf der Seite des Versicherungsnehmers ist das geschützte Interesse an informationellen Selbstschutz betroffen, während auf Seiten des Versicherers das durch Artikel 12 GG geschützte erhebliche Offenbarungsinteresse des Versicherers zu berücksichtigen ist, das in der Vertragsfreiheit wurzelt. Die Abwägung der vorstehenden Belange führt nicht dazu, die den Versicherungsnehmer treffende Mitwirkungsobliegenheit auf Fälle zu beschränken, in denen bereits eine konkrete Verdachtslage für eine Anzeigeobliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers besteht. Vielmehr ist der Ausgleich der insoweit widerstreitenden Interessen dadurch herzustellen, dass der Versicherungsnehmer bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur insoweit mitzuwirken hat, als diese zur Prüfung des Leistungsfalls relevant sind. Kann der Umfang der Datenerhebung nicht von Vorneherein auf entsprechende Informationen beschränkt werden, weil dem Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Obliegenheit des Versicherungsnehmers zunächst auf die Einholung solcher weniger weitreichender und persönlichkeitsrelevanter Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen, welche Informationen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind.

4. Dies kann im Fall eines geringen Kenntnisstandes des Versicherers eine gestufte, einem Dialog vergleichbare Datenerhebung erforderlich werden lassen, in deren Rahmen zunächst Vorinformationen allgemeiner Art erhoben werden, auf deren Grundlage der Versicherer sodann einzelne, spezifische Anfragen zu stellen vermag, deren Beantwortung unter Umständen wiederum zur Grundlage noch weiter ins Detail gehender Erkundigungen werden kann.

5. Auch § 213 VVG steht einer derartigen Datenerhebung zum Zweck der Prüfung einer vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung nicht entgegen.

 

Transitorische ischämische Attacke ist kein Schlaganfall

OLG Karlsruhe

Fragt der Versicherer bei Antragstellung nach einem „Schlaganfall“ in den letzten 5 Jahren, ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine transitorische ischämische Attacke (TIA) nicht anzeigepflichtig. Im allgemeinen Verständnis ist ein Schlaganfall ein plötzlich auftretendes Ereignis im Gehirn, welches zu einem länger anhaltenden Ausfall von Funktionen des zentralen Nervensystems führt. Hingegen ist eine TIA – soweit der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird – lediglich eine kurzfristige Durchblutungsstörung.

 

Vorsatz und Arglist bei der Falschbeantwortung von Gesundheitsfragen

OLG Karlsruhe

Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers kommt es auf seinen Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Versicherungsantrags an. Ein 4 Jahre zurückliegender Hinweis der Hausärztin rechtfertigt die Feststellung von Vorsatz nicht, wenn der Versicherungsnehmer plausibel darlegt, dass ihm eine aus seiner Sicht länger zurückliegende unbedeutende Krankheitsepisode bei Antragstellung nicht mehr bewusst war (hier: zeitlich begrenzte Verordnung von Medikamenten bei einer Diabetes-Mellitus-Diagnose).

 

Gehörsverletzung durch Unterlassen einer erneuten Anhörung des Sachverständigen

BGH

Es bedarf einer erneuten Anhörung des Sachverständigen durch das Berufungsgericht, wenn es dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will, insbesondere ein anderes Verständnis der Ausführungen des Sachverständigen zugrunde legen und damit andere Schlüsse aus diesen ziehen will als der Erstrichter.

 

Anforderung an ein wirksames Bestreiten eines auf ein Strafurteil Bezug nehmenden Klagevortrags

BGH

1. Bezieht sich der Anspruchsteller zur Begründung seiner Klage auf ein strafgerichtliches Urteil, durch das der Anspruchsgegner zu einer Strafe verurteilt worden ist, so setzt ein wirksames Bestreiten des Anspruchsgegners nicht voraus, dass er den vom Anspruchsteller in Bezug genommenen strafgerichtlichen Feststellungen einen spiegelbildlichen, in gleicher Weise geschlossenen Entwurf des Gesamtgeschehens entgegensetzt. Vielmehr kann er auch in diesem Fall einzelne, den vom Anspruchsteller geltend gemachten Anspruch tragende Behauptungen bzw. Feststellungen herausgreifen und diese bestreiten.

2. Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes wegen Überspannung der Anforderungen an ein wirksames Bestreiten.

3. Der Tatrichter ist nicht daran gehindert, seine Überzeugungen im Sinne von § 286 ZPO auf das Verhalten und die Äußerungen einer Partei im vorangegangenen Strafverfahren und die dort getroffenen Feststellungen selbst zu stützen. Auch in diesem Fall ist er allerdings nicht berechtigt, von der Erhebung erheblicher, gegenbeweislich angebotener Beweise abzusehen.

 

Anforderungen an ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers

OLG Karlsruhe

Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers kommt es auf ihren Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Versicherungsantrags an. Ein vier Jahre zurückliegender Hinweis des Hausarztes rechtfertigt die Feststellung von Vorsatz nicht, wenn der Versicherungsnehmer plausibel darlegt, dass ihm eine aus ihrer Sicht länger zurückliegende unbedeutende Krankheitsepisode bei Antragstellung nicht mehr bewusst war. Fragt der Versicherer bei Antragstellung nach einem "Schlaganfall" in den letzten fünf Jahren, ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine TIA (transitorische ischämische Attacke) nicht anzeigepflichtig. Im allgemeinen Verständnis ist ein Schlaganfall ein plötzlich auftretendes Ereignis im Gehirn, welches zu einem länger anhaltenden Ausfall von Funktionen des zentralen Nervensystems führt. Hingegen ist eine TIA - soweit der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird - lediglich eine kurzfristige Durchblutungsstörung.

 

Verhängung eines Ordnungsgeldes bei Nichterscheinen eines persönlich geladenen gesetzlichen Vertreters eines Versicherungsunternehmens

OLG Karlsruhe

Im Zivilprozess ist es auch bei der Beteiligung eines Versicherungsunternehmens oft sinnvoll, das persönliche Erscheinen der Parteien anzuordnen. Es ist möglich und zu erwarten, dass der als gesetzlicher Vertreter geladene Vorstandsvorsitzende den im Unternehmen zuständigen Entscheidungsträger als ermächtigten Vertreter zum Verhandlungstermin entsendet. Wenn eine Partei - beziehungsweise deren gesetzlicher Vertreter - trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht zum Verhandlungstermin erscheint, liegt die Verhängung eines Ordnungsgeldes im Ermessen des Gerichts. Wird das persönliche Erscheinen des gesetzlichen Vertreters einer Partei angeordnet, ist das Ordnungsgeld bei einer Missachtung der Anordnung nicht gegen den gesetzlichen Vertreter, sondern gegen die Partei festzusetzen.

 

Beweislast für arglistige Täuschung liegt beim Versicherer

OLG Frankfurt am Main

1. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache, vgl. BGH, Beschluss vom 10.05.2017, IV ZR 30/16.

2. Die Beweislast für die Arglist trägt der Versicherer. Da es sich bei Arglist um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis meist nur durch Indizien geführt werden, die den Schluss darauf rechtfertigen, dass der Versicherungsnehmer anzeigepflichtige, aber nicht angegebene Krankheiten oder Beschwerden und deren Untersuchung oder Behandlung kannte und es zumindest für möglich hielt, dass der Versicherer die verschwiegenen Umstände in seine Risikoprüfung einbeziehen und zu einem für den Versicherungsnehmer ungünstigen Ergebnis bei seiner Annahmeentscheiden gelangen würde.

3. Solche Indizien können sich aus der Art, Schwere und Zweckrichtung der Falschangaben ergeben; zu würdigen sind aber auch die Art der Versicherung und die näheren Umstände des Ausfüllens des Versicherungsantrags (OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.10.2014, 5 U 736/03). Liegen objektive Falschangaben vor, so obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiv falschen Angaben gekommen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.12.2015, 12 U 57/15).
 

Urkundenfälschung als besonderer Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung
OLG Düsseldorf
1. Der besondere Verwirkungsgrad der arglistigen Täuschung liegt vor, wenn beim Versicherer nachträglich veränderte Quittungen eingereicht werden.
2. Es kann dahinstehen, ob der VN selbst die Veränderungen auf den Belegen vorgenommen hat, wenn er jedenfalls wusste, dass sie verändert und damit verfälscht im Sinne des § 167 StGB waren.
3. Die Leistungsfreiheit des Versicherers tritt auch ein, wenn der VN tatsächlich die veränderten Beträge gezahlt haben sollte. Das Bestreben, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung - auch berechtigter -Deckungsansprüche zu beseitigen, reicht aus.
4. Leistungsfreiheit besteht auch dann, wenn über einen im Vergleich zur Gesamtsumme nur relativ geringen Betrag getäuscht werden sollte. Bei einer Veränderung der Quittung über einen Betrag von 3.060,00 € liegt hingegen bereits absolut keine nur geringfügige Summe vor.
 

Unrichtiges Sachverständigengutachten muss für die Gerichtsentscheidung und den Schaden kausal geworden sein
BGH
1. Für den Anspruch nach § 839a BGB ist danach zu unterscheiden, ob das unrichtige Gutachten für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung (mit) ursächlich geworden ist („beruhen auf“; haftungsbegründende Kausalität) und ob der geltend gemachte Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden ist (haftungsausfüllende Kausalität).
2. Bei der Frage ob der geltend gemachte Schaden auf die vom unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung zurückzuführen ist, ist maßgebend, wie der Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens des Sachverständigen richtigerweise hätte entschieden werden. 

 

Assekuradeur-Prozessführungsbefugnis; Verjährungshemmung durch Klageerhebung
OLG Hamburg
1. Hat der Transportversicherer den Schaden seines VN reguliert, sodass dessen Schadensersatz-anspruch aus § 425 Abs. 1 HGB auf den VR nach § 86 VVG übergegangen ist und hat der VR den eingeschalteten Assekuradeur zu seiner Vertretung bevollmächtigt, so ist der Assekuradeur zur Prozessführung als gewillkürter Prozessstandschafter berechtigt, da er auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Prozessführung für den Versicherer hat.
2. Die Klage des Assekuradeurs hemmt die Verjährung des Schadensersatzanspruchs dann, wenn dieser die gewillkürte Prozessstandschaft im Prozess offen gelegt hat. Dafür genügt nicht die Angabe, dass der Assekuradeur in gewillkürter Prozessstandschaft Klage erhoben hat, denn wer ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht, muss den Rechtsinhaber angeben, dessen Ansprüche er geltend macht. Erst wenn der Assekuradeur den Transportversicherer benannt hat, dessen Ansprüche auf ihn nach Schadenregulierung gemäß § 86 VVG übergegangen sein sollen, tritt Verjährungshemmung ein.
3. Eine spätere Offenlegung des Rechtsinhabers wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück.  
 

Zurechenbare Verletzung des Aufgabeverbots durch Abfindungsvergleich
LG Saarbrücken
Verzichtet ein VN durch einen Abfindungsvergleich auf zukünftige Ansprüche gegen einen Dritten - hier die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners -, so liegt hierin gegenüber seinem Versicherer eine Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 86 Abs. 2 Satz 1 VVG. Handelt es sich dabei um einen Prozessvergleich, so ist hinsichtlich des Verschuldens dieser Obliegenheitsverletzung gemäß § 85 Abs. 2 ZPO auf die Person seines Prozessbevollmächtigten und nicht auf die des VN abzustellen. 

 

Sachkunde des Tatrichters - Verzicht auf medizinisches Sachverständigengutachten
BGH
1. Der Tatrichter darf, wenn es um die Frage einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag. Zudem muss der Tatrichter, wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen.
2. Dies gilt auch, wenn der Tatrichter auf ein Sachverständigengutachten verzichten will, weil er es auf der Grundlage eigener Sachkunde für ungeeignet hält.  

 

Selbstständiges Beweisverfahren - gerichtliche Bestellung eines Sachverständigen
OLG Stuttgart
Da das Gericht im selbständigen Beweisverfahren den Sachverständigen frei wählen kann, ist eine Beschwerde mit dem Ziel, einen anderen als den ausgewählten Sachverständigen zu bestimmen, unzulässig.  

 

Kein Gerichtsstand für Klage des Versicherten am Wohnsitz des Versicherungsnehmers
LG Kleve
§ 215 Abs. 1 Satz 1 VVG begründet auch bei Klagen des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag einen besonderen Gerichtsstand am Wohnsitz des VN, nicht aber am Wohnsitz des Versicherten.

 

Arglistige Täuschung eines Mit-Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalls
OLG Hamm
1. Bestimmt der Versicherungsvertrag, dass der Versicherer leistungsfrei ist bei einer arglistigen Täusch durch den Versicherungsnehmer über Tatsachen, welche für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, umfasst dies auch Tatsachen, welche für die Beurteilung der Frage von Bedeutung sind, ob der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall selbst herbeigeführt hat.
2. Die arglistige Täuschung eines Miteigentümers und Mitversicherungsnehmers kann auch einem anderen Mitversicherungsnehmer zugerechnet werden, wenn ein einheitliches Risiko versichert ist oder der nichttäuschende Mitversicherungsnehmer den anderen damit betraut hat, an seiner Stelle für das Versicherungsverhältnis rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen.
 

Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen durch Verwendung des Begriffs „Gegenseite"
OLG Frankfurt am Main
Bezeichnet ein Sachverständiger in einer Stellungnahme zu einem Ablehnungsgesuch die Partei, die den Ablehnungsantrag gestellt hat, durchgängig als "Gegenseite", so kann dies im Einzelfall die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen. Die durchgängige Bezeichnung der Partei als "Gegenseite" in der Stellungnahme durch den Sachverständigen erweckt den Anschein, dieser sehe sich in einem kontradiktorischen Streitverhältnis zu der Partei. Die gebrauchte Formulierung impliziert auch bei vernünftiger Betrachtung, dass der Sachverständige sich in einem Streit mit der Partei wähnt, bei dem diese auf der anderen Seite - eben der Gegenseite - stehe. Maßgebend ist, dass die Partei damit nicht mehr darauf vertrauen kann, dass der Sachverständige beiden Parteien in gleicher Weise unparteiisch gegenübersteht.
 

Keine Anhaltspunkte für „Altersdiskriminierung" einer 70-jährigen VN bei Kündigung durch Versicherer
LG Wiesbaden
1. Nach §?21 AGG hat der Anspruchsteller den Beweis dafür zu erbringen, dass er (hier: wegen des Alters) benachteiligt wurde, wobei die Beweislastregelung des §?22 AGG zu beachten ist.
2. Die bloße Behauptung, der Versicherer hätte den Versicherungsvertrag aufgrund des anstehenden 70.?Geburtstags gekündigt und dies wäre eine Altersdiskriminierung, stellt eine Vermutung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherer ordentlich gekündigt hat und dafür einen zuvor regulierten Schadensfall anführt.
3. Ein Schadensersatzanspruch nach dem AGG scheidet bei Versäumen der Ausschlussfrist des §?21 Abs.?5 AGG von zwei Monaten aus, wobei für den Fristbeginn auf das Kündigungsschreiben des Versicherers abzustellen ist. Die Kündigung stellt keine dauerhafte Diskriminierung dar, sondern der Vorgang ist mit dieser abgeschlossen.
 

Arglistnachweis hinsichtlich der Beantwortung von Gesundheitsfragen
OLG Jena
1. Stützt der Versicherer eine Anfechtung seiner Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB darauf, der Versicherungsnehmer habe bei Antragstellung einzelne Gesundheitsfragen objektiv unrichtig beantwortet, so trifft den Versicherungsnehmer die sekundäre Darlegungslast zu erläutern, wie und weshalb es hierzu gekommen ist.
2. Diese sekundäre Darlegungslast führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Sind die Angaben des Versicherten in sich stimmig, muss der Versicherer beweisen, dass der Versicherte eine Täuschung des Versicherers zumindest billigend in Kauf genommen.
 

Richtiger Rückforderungsgegner bei versehentlicher Zahlung des Versicherers an einen Dritten
OLG Dresden
Hat der Versicherer in Unkenntnis eines leistungsbefreienden Tatbestandes die Versicherungsleistung an einen Dritten gezahlt, dem der Versicherungsnehmer behauptete Ansprüche abgetreten hatte, richtet sich die Kondiktion gegen den Versicherungsnehmer. Der grundsätzliche bestehende Vorrang der Kondiktion in der Leistungskette gilt in einem solchen Fall nicht. Der Versicherer wird von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen versucht, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Insoweit genügt jede objektiv falsche Angabe oder das Verschweigen offenbarungspflichtiger Umstände. Täuscht ein Versicherungsnehmer über den Umfang des Schadens, führt dies ebenfalls regelmäßig zum Wegfall des Leistungsanspruches.

Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines Distanzanwalts
OLG Frankfurt am Main
1. Nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt (sog. Distanzanwalt) nur insoweit erstattungsfähig, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war.
2. Beauftragt die Partei einen nicht am Gerichtsort, sondern am Sitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten ("Distanzanwalt"), sind dessen Reisekosten zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins grundsätzlich erstattungsfähig. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nicht allein deshalb, weil dem Verfahren ein Eilverfahren vorausging. Die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines Verhandlungstermins angefallenen Übernachtungskosten sind erstattungsfähig, wenn die Anreise am Prozesstag selbst - unter Berücksichtigung eines gewissen zeitlichen "Sicherheitspuffers" - vor 6.00 Uhr hätte begonnen werden müssen

 

Fehlender Vorsatz bei objektiv falschen Angaben des Versicherungsnehmers wegen neurotischer Krankheit
BGH

Mach der Versicherungsnehmer objektiv falsche Gesundheitsangaben bei Vertragsschluss, muss dies nicht unbedingt vorsätzlich oder grob fahrlässig geschehen. Ist Grund dafür eine psychische Erkrankung, muss er dies bei einer Anfechtung im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast aufzeigen.

Unzutreffende Beantwortung von Gesundheitsfragen und rechtswidrige Datenerhebung durch den Versicherer
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2017, I-4 U 145/16
1. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers dürften dessen Erben oder Angehörige schweigepflichtige Datenquellen (hier: Gesundheitsdaten) schon nicht von der über den Tod hinaus wirkenden Schweigepflicht entbinden können.
2. Sieht man das anders, müssten insoweit allerdings die Vorgaben von § 213 VVG eingehalten
werden.
3. Wird lediglich der Krankenversicherer des Versicherungsnehmers von der Schweigepflicht entbunden, können auf diese Erklärung Anfragen des Versicherers an die vormals behandelnden Ärzte von vornherein nicht gestützt werden. 

Anforderungen an die Haftung eines Versicherungsmaklers wegen einer Pflichtverletzung bei Abwicklung eines Versicherungsfalls
BGH, 30.11.2017, I ZR 143/16
Ein Schadensersatzanspruch, den der Versicherungsnehmer gegen den Versicherungsvermittler nicht wegen einer Pflichtverletzung bei einer Vertragsanbahnung, sondern wegen einer Pflichtverletzung bei der Abwicklung eines Versicherungsfalls geltend macht, hat seine Grundlage nicht in den §§ 60 ff., 63 VVG, sondern in der allgemeinen Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB. Danach kann, wenn der Versicherungsmakler eine nicht in den §§ 60, 61 VVG geregelte Pflicht aus dem Maklervertrag mit dem Versicherungsnehmer verletzt, dieser Ersatz des ihm hierdurch entstandenen Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Makler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Der Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers umfasst grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens.

Unvollständigkeit einer Verbraucherinformation
OLG Stuttgart 7. Zivilsenat , Urteil vom 21. Dezember 2017 , Az: 7 U 80/17
Eine Verbraucherinformation ist unvollständig und damit fehlerhaft, wenn die gemäß Anlage D Abschnitt I Nr. 2 lit. b bis d zu § 10a VAG a.F. erforderlichen Angaben nicht vollständig vorgelegen haben. Dies berechtigt den Versicherungsnehmer zum Widerspruch nach § 5a VVG a.F.

 

Anforderungen an die drucktechnische Hervorhebung einer im Antragsformular integrierten Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung
BGH
1. Die Anforderungen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG in Fällen, in denen der Versicherer den Versicherungsnehmer - wie hier - nicht in einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde auf die Folgen einer Anzeigeobliegenheitsverletzung hingewiesen hat, nur gewahrt, wenn die Belehrung drucktechnisch so gestaltet ist, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann.
2. Dem genügt eine im Antragsformular enthaltene Belehrung nicht, wenn sie sich drucktechnisch in keiner Weise von den übrigen Abschnitten des Formulars unterscheidet.
3. Auch dass die Abschnittsüberschrift in einer größeren Schrift als der Belehrungstext sowie in Fettdruck gehalten und der Abschnitt oberhalb der Überschrift und unterhalb des Belehrungstextes jeweils durch eine horizontale Linie eingerahmt ist, hebt den Belehrungstext nicht hinreichend hervor, wenn auch die übrigen Abschnitte des Antragsformulars diese Merkmale aufweisen.

Anforderungen an die Mitteilung über die Folgen einer Anzeigeverletzung; Anforderungen an die Belehrung über das Vertragsanpassungsrecht des Versicherers
OLG Dresden
1. Das Erfordernis einer gesonderten Mitteilung über die Folgen einer Anzeigeverletzung ist bei einer Belehrung auf dem Antragsformular nur gewahrt, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu den Gesundheitsfragen erfolgt und drucktechnisch so hervorgehoben wird, dass sie ein durchschnittlich aufmerksamer Versicherungsnehmer schlechterdings nicht übersehen kann.
2. Die Belehrung über ein Vertragsanpassungsrecht des Versicherers nach § 19 Abs. 5 VVG ist unwirksam, wenn sie keinen Hinweis darauf enthält, dass eine Vertragsanpassung nicht nur zu einem rückwirkenden Beitragszuschlag, sondern auch zu einem rückwirkenden Risikoausschluss führen kann.

Arglist Anfechtung trotz „Vergessen" von Gesundheitsangaben
OLG Hamm
1. Auch wenn der Versicherungsnehmer gegenüber dem Vorwurf unvollständiger Gesundheitsangaben vor Vertragsschluss einwendet, die Behandlungen vergessen zu haben, dürfte die Beweislast beim Versicherer bleiben. Der Versicherungsnehmer kann sich jedoch nicht mit Erfolg darauf berufen, einen Umstand vergessen zu haben, an den er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses hätte erinnern können.
2. Zu den Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer bei vorvertraglichen Gesundheitsangaben.

Verjährungsbeginn von Schadenersatzansprüchen wegen Beratungsmängeln bei „blinder" Unterzeichnung der Beratungsdokumentation
BGH
Ob grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegt, wenn ein Kapitalanleger eine Risikohinweise enthaltende Beratungsdokumentation „blind" unterzeichnet, muss der Tatrichter aufgrund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls feststellen.

Schadenersatz wegen nicht rechtzeitiger Überlassung der Vertragsbestimmungen und der Verbraucherinformation
BGH
1. Die Frist zum Widerruf eines Versicherungsvertrags beginnt auch dann mit dem Zugang der Widerrufsbelehrung und der vollständigen Verbraucherinformation, wenn der Versicherer letztere dem Versicherungsnehmer nicht vor dessen Vertragserklärung überlassen hat.
2. Die nicht rechtzeitige Überlassung der Vertragsbestimmungen und der Verbraucherinformation vor der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers kann einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung von Informationspflichten begründen.

Anforderung einer Vertragsübersicht ist kein Anlass zur vertragsbegleitenden Beratung durch den Versicherer
OLG Hamm
Lässt ein Versicherungsnehmer durch einen Versicherungsberater eine aktuelle Vertragsübersicht bei seinem privaten Krankenversicherer einholen, so gibt dies allein dem Versicherer keinen Anlass zur Nachfrage und Beratung. Eine Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer von einem von diesem gewählten Versicherungsberater zu warnen, besteht grundsätzlich nicht. § 6 Abs. 6 VVG ist auf Versicherungsberater entsprechend anzuwenden, weil diese wie Versicherungsmakler der Frage- und Beratungspflicht nach § 61 VVG unterliegen.

Ok-Vermerk des Sendeberichtes eines Telefaxes gilt nicht als Anscheinsbeweis des Zugangs einer Kündigung
AG Frankenthal
Ok-Vermerk des Sendeberichtes eines Telefaxes begründet keinen Anscheinsbeweis des Zugangs einer Kündigung des Versicherungsvertrages.

Unwirksamkeit einer unklaren Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F.
OLG Karlsruhe
1. Eine Belehrung nach § 5 a VVG a.F. (ab 01.09.2001 geltende Fassung) ist nicht ordnungsgemäß und löst die Widerspruchsfrist nicht aus, wenn sie mit einem Konditionalsatz beginnt („wenn...") und der Versicherungsnehmer danach im Rahmen eigener Subsumtion des Sachverhalts unter die in der Belehrung genannten Voraussetzungen ermitteln muss, ob ihm ein Widerspruchsrecht zusteht. Der Versicherer muss sich im Rahmen der Belehrung zum Bestehen eines Widerspruchsrechts bekennen.
2. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass ein Versicherungsnehmer, der sein Recht, sich vom Vertrag zu lösen, anwaltlich vertreten ausübt, sich nicht darauf berufen kann, dass der Beginn der Verjährungsfrist auch anschließend noch bis zur Klärung der Rechtslage durch das Urteil des BGH vom 07.05.2014 hinausgeschoben gewesen sei.

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Anfertigung von MRT-Aufnahmen
KG Berlin
Die Anfertigung von MRT-Aufnahmen von Teilen des Körpers kann zwar durchaus das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Patienten berühren, stellt sich jedoch, soweit diese medizinisch indiziert waren, als von der erteilten Einwilligung umfasst und damit nicht rechtswidrig dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit. Die Privat- bzw. Intimsphäre der Patientin ist unter zwei Gesichtspunkten betroffen: zum einen enthält die Aufnahme als MRT-Bild auch Informationen zu ihrem Gesundheitszustand, nämlich des Zustands ihres Körpers und des Skeletts (Kopf), wobei der Gesundheitszustand der Privatsphäre zugerechnet wird, d.h. demjenigen Lebensbereich, zu dem andere Menschen nach der sozialen Anschauung nur mit Zustimmung des Betroffenen Zugang haben. Zum anderen ist durch die Abbildung der Körperoberfläche der Intimbereich des Patientin betroffen, d.h. der Kernbereich ihrer höchstpersönlichen und privaten Lebensgestaltung.

Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung auf Grundlage von rechtswidrig erlangten Daten des Versicherungsnehmers
BGH
1. § 213 VVG steht der Zulässigkeit sogenannter allgemeiner Schweigepflichtentbindungserklärungen nicht entgegen. Der Versicherer darf im Rahmen seiner Leistungsprüfung den Versicherten die Erteilung einer solchen Erklärung aber regelmäßig nicht abverlangen.
2. Auch nach Inkrafttreten des § 213 VVG ist in Fällen der Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage, insbesondere bei Nichtbeachtung der Vorgaben des § 213 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und 4 VVG, sachlich-rechtlich zu prüfen, ob der Versicherer nach § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Ergebnisse seiner Ermittlungen zu berufen und insbesondere darauf gestützt von dem Gestaltungsrecht der Arglistanfechtung Gebrauch zu machen.

Mitwirkungsobliegenheit des Versicherungsnehmers bei der Aufklärung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen
BGH
1. Zu den zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfanges der Leistungen des Versicherers notwendigen Erhebungen im Sinne des § 14 Abs. 1 VVG zählen auch solche, die klären sollen, ob der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss seine vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten im Sinne von § 19 Abs. 1 Staz 1 VVG erfüllt hat.
2. Zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers sind auch solche Auskünfte erforderlich im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG, die der Prüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen dienen. Die den Versicherungsnehmer insoweit treffende Mitwirkungsobliegenheit ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits eine konkrete Verdachtslage für eine Anzeigeobliegenheitsverletzung besteht.
3. Der Versicherungsnehmer hat bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur insoweit mitzuwirken, als diese zur Prüfung des Leistungsfalles relevant sind. Kann der Umfang der Datenerhebung nicht von vornherein auf entsprechende Informationen beschränkt werden, weil dem Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Obliegenheit des Versicherungsnehmers zunächst auf die Einholung solcher weniger weitreichender und persönlichkeitsrelevanter Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen, welche Informationen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind.
3. Eine Klausel in den AVB, die bestimmt, dass die versicherte Person im Rahmen der Leistungsprüfung bestimmte Auskunftspersonen zu ermächtigen hat, auf Verlangen des Versicherers ohne inhaltliche Begrenzung Auskunft zu erteilen, missachtet das Recht des Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung, widerspricht dem Grundgedanken des § 213 VVG, benachteiligt den Versicherungsnehmer somit entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen und ist deswegen nach § 307 Bas. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Verwertung eines Gutachtens aus anderem Verfahren
BGH
1. Zwischen den Beteiligten des selbständigen Beweisverfahrens wirkt die in diesem Rahmen vorgezogene Beweisaufnahme wie eine unmittelbar im anschließenden Hauptsacheverfahren selbst durchgeführte Beweiserhebung; die Beweiserhebung des selbständigen Beweisverfahrens wird deshalb im Hauptsacheprozess verwertet, als sei sie vor dem Prozessgericht selbst erfolgt. Dementsprechend hat eine Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren mit dem Zuständigkeitsübergang an das Prozessgericht einerseits zur Folge, dass ein neues Gutachten in einem sich anschließenden Rechtsstreit nur unter den engen Voraussetzungen des § 412 ZPO eingeholt werden kann. Andererseits fallen aber auch die unerledigt gebliebenen Beweisanträge unmittelbar im Verfahren vor dem Prozessgericht an und sind von diesem im vorgefundenen Stand zu erledigen.
2. Zu den Voraussetzungen eines Verzichts auf die Weiterverfolgung zuvor gestellter prozessualer Anträge.
3. Die Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens gemäß § 411a Abs. 1 ZPO setzt eine Verwertungsanordnung des Gerichts voraus, zu deren Erlass oder Ausführung den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss.

Keine arglistige Täuschung durch Versicherungsnehmer bei falschen Angaben des vom Versicherungsnehmer zutreffend informierten Versicherungsvertreters
BGH
1. Der Versicherer kann allein mit dem Inhalt des von seinem Vertreter ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht hat, sofern dieser substantiiert behauptet, den Vertreter mündlich über Vorerkrankungen, ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen unterrichtet zu haben
2. Maßgeblich für die Frage, ob der Versicherungsnehmer - auch objektiv - falsche Angaben gemacht hat, sind in einem solchen Falle allein die Angaben, die gegenüber dem Vertreter mündlich gemacht hat.

Rechtsfolgen bei Verstoß gegen vorvertragliche Informationspflichten nach § 7 Abs. 1, 2 VVG
BGH
1. Dem wirksamen Abschluss eines Versicherungsvertrages steht eine Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten des Versicherers nach § 7 Abs. 1, 2 VVG grundsätzlich nicht entgegen, soweit das von dem Versicherungsnehmer abgegebene Angebot die essentialia negotii umfasst.
2. Der Beginn der Widerrufsfrist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 VVG richtet sich nach dem Zugang sämtlicher nach § 7 Abs. 1, 2 VVG erforderlichen Informationen bei dem Versicherungsnehmer, sofern diese nicht vor Abgabe des Antrages übergeben wurden.
3. Die Widerrufsvorschriften der §§ 8, 9 VVG entfalten keine Sperrwirkung gegen einen auf Vertragsrückabwicklung gerichteten Schadensersatzanspruch infolge einer Verletzung von Informationspflichten nach § 7 Abs. 1, 2 VVG.

Ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung durch Zusatzvereinbarung zu einem Versicherungsvertrag
OLG Karlsruhe
Eine Widerspruchsbelehrung, die sich in einer insgesamt ein Blatt umfassenden, übersichtlich gestalteten und gesondert unterschriebenen entsprechenden "Zusatzvereinbarung" zum Versicherungsantrag befindet, mit einer dick gedruckten Überschrift versehen und in einem Absatz kurz gefasst ist, ist formal ordnungsgemäß. Zwar setzt der Wortlaut des § 8 Abs. 4 VVG a.F. eine drucktechnische Hervorhebung nicht ausdrücklich voraus. Die Form der Belehrung muss aber dem Aufklärungsziel Rechnung tragen und darauf angelegt sein, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Beantwortung der Gesundheitsfragen durch den Versicherungsvertreter
BGH
1. Zum Nachweis einer objektiven Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit genügt es nicht, dass die im Antragsformular schriftlich festgehaltenen Antworten auf die Antragsfragen zum Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers objektiv falsch sind.
2. Der Versicherer kann allein mit dem Inhalt eines von seinem Versicherungsvertreter ausgefüllten Antragsformulars auf Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht den Beweis führen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankungen arglistig falsche Angaben gemacht hat, sofern dieser substanziiert behauptet, den Vertreter mündlich über Vorerkrankungen, ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen unterrichtet zu haben.
3. In einem derartigen Fall muss der Versicherer darlegen und - im Regelfall durch Aussage seines Versicherungsvertreters - beweisen, dass der Vertreter dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen zu eigenverantwortlicher (mündlicher) Beantwortung vorgelesen hat.
4. Maßgeblich für die Frage, ob der Versicherungsnehmer - auch objektiv - falsche Angaben gemacht hat, sind in einem solchen Falle allein die Angaben, die er mündlich gegenüber dem Versicherungsvertreter gemacht hat.

Versicherer ist beweisbelastet für Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen
Landgericht Koblenz
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der künftige Versicherungsnehmer die in einem Versicherungsantragsformular gestellte Frage nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden und auch nach erfolgten Behandlungen grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Er darf sich bei seinen Antworten weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken, noch sonst eine wertete Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen.
2. Diese weit gefasste Pflicht zur Offenbarung findet ihre Grenze erst bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen. Zur erschöpfenden Beantwortung gehört auch, gesundheitliche Leiden bzw. Krankheiten nicht zu verharmlosen. Dass der Antragsteller Gesundheitsfragen objektiv unzutreffend beantwortet hat, indem er anzeigepflichtige Umstände verschwiegen oder falsche Angaben gemacht hat, steht zur Darlegungs- und Beweislast des Versicherers.
3. Hat der Versicherungsvertreter Kenntnis von bestimmten Umständen, leitet diese aber nicht an den Versicherer weiter, geht zu Lasten des Versicherers, dessen „Auge und Ohr" der Vertreter ist. Dabei trifft den Versicherer auch die Beweislast dafür, dass der Versicherungsnehmer die Fragen mündlich gegenüber dem Versicherungsvertreter falsch beantwortet hat, wenn dieser substantiiert behauptet, den Vertreter mündlich zutreffend unterrichtet zu haben.

Zurechnung der Arglist eines Versicherungsmaklers bei Beantwortung der Gesundheitsfragen
OLG Düsseldorf
1. Falsche Angaben zu Gesundheitsfragen des Versicherers im Versicherungsantrag können den Versicherer auch dann zur Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigen, wenn der Versicherungsnehmer den vermittelten Makler zutreffend über seine Krankengeschichte informiert hat, jener sie aber arglistig nicht entsprechend in den Antrag aufgenommen hat.
2. Wenn der Makler nicht als Dritter i.S.v. § 123 Abs. 2 BGB handelt, kann sein arglistiges Handeln dem ihn beauftragenden Versicherungsnehmer auch ohne dessen Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis zugerechnet werden.
3. Ein Makler ist am zustande kommen des Vertrages beteiligter dann nicht Dritter, wenn sein Verhalten dem das Anfechtungsgegners gleichzusetzen ist oder er wegen seiner engen Beziehung zum Erklärungsempfänger als dessen Vertrauensperson erscheint.
4. Solches kann dann der Fall sein, wenn der Makler für den Versicherer erkennbar Verhandlungsgehilfe des Versicherungsnehmers ist und derart auf diesen einwirkt, dass dieser gutgläubig eine unzutreffende Erklärung gegenüber dem Versicherer abgibt. Der Makler täuscht so den Versicherer mittelbar durch den gutgläubig unterschreibenden Versicherungsnehmer als instrumentalisiertes Werkzeug.  

Eine nur marginal ausgefüllte Beratungsdokumentation führt zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Versicherungsnehmers
OLG Hamm
1. Eine Versicherungsvermittlerin in Form einer Versicherungsvertreterin im Sinne von § 59 Abs. 1, Abs. 2 VVG hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass bestand, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der von der Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben, § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG.
2. Zu den Beratungspflichten gehört neben der Pflicht, Fragen des Versicherungsnehmers richtig zu beantworten, auch die Pflicht, über solche Punkte, die für den Abschluss des konkreten Vertrages üblicherweise von wesentlicher Bedeutung sind, in dem angesichts des Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers bei Abschluss des konkreten Vertrages erforderlichen Umfang ausreichend aufzuklären.
3. Dass die Beratung zutreffend und den Beratungsinteressen des Versicherungsnehmers entsprechend erfolgte, hat der Versicherungsvermittler bzw. der Versicherer zu beweisen, wenn der Vermittler seinen Beratungs- und Dokumentationspflichten gem. § 61 Abs. 1 VVG nicht nachgekommen ist. Zwar trägt die Beweislast für die Verletzung der Beratungspflichten grundsätzlich derjenige, der sich auf eine Beratungspflichtverletzung beruft, hier der Versicherungsnehmer. Bei nicht ordnungsgemäßer Dokumentation kann sich die Beweislast jedoch umkehren, so dass dem Versicherer bzw. dem Versicherungsvertreter die Beweislast für eine ordnungsgemäße Beratung zukommt.
4. Eine solche Beweislastumkehr ist hier vorzunehmen, da die Beratungsdokumentation nicht den Vorschriften der §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 62 Abs. 1 VVG genügt und somit eine ordnungsgemäße Dokumentation nicht gegeben ist. Der Beratungsdokumentation soll der wesentliche Gesprächs- und Beratungsinhalt entnommen werden können. Aus den von den Beklagten zu den Akten gereichten Beratungsunterlagen kann hingegen nicht einmal im Ansatz entnommen werden, wie eine Beratung des Versicherungsnehmers erfolgte. Es sind lediglich einige der vorgegebenen Themen angekreuzt, ohne dass sich der Inhalt der Gespräche oder die Fragen, die geklärt wurden, erkennen lassen. So wurde u.a. angekreuzt, dass es Ziel des Kunden sei, über Altersvorsorge und private Absicherung im Krankheitsfall beraten zu werden. Weiterhin heißt es unter dem Punkt: "Welche Absicherung besteht bereits": "keine Absicherung/gesetzlich krankenversichert". Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beratungsdokumentation sind durch diese marginalen Inhalte nicht erfüllt.

Reisekosten - Terminwahrnehmung durch einen Versicherungsmitarbeiter
LG Potsdam
1. Ist eine Partei nicht anwaltlich vertreten, sind die ihr tatsächlich entstandenen Kosten festzusetzen. Handelt es sich um ein Versicherungsunternehmen, sind auch Reise- und Übernachtungskosten ihres mit der Prozessführung betrauten Mitarbeiters festzusetzen.*
2. Eine Erstattung kommt nicht in Betracht, wenn von vornherein erkennbar ist, dass eine gütliche Einigung ausscheidet oder die Partei zur Klärung des Sachverhaltes aus persönlicher Kenntnis nichts beitragen kann.

Der Begriff der "Textform" in einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. ist nicht erläuterungsbedürftig
BGH
Der Begriff der "Textform" in einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. ist nicht erläuterungsbedürftig Ohne die gesetzliche Erläuterung in § 126b BGB kennen zu müssen, kann d. VN dm Begriff ohne „Textform" weiteres entnehmen, dass er den Widerspruch in letztlich lesbarer Form dem Versicherer übermitteln und als Urheber erkennbar sein muss. Er kann ersehen, dass er seine Erklärung in Schriftzeichen und einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise festhalten muss und eine lediglich mündliche Erklärung nicht genügt. In diesem Verständnis wird er durch den in der Belehrung enthaltenen Hinweis bestärkt, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Auch der Klammerzusatz "schriftlich oder in anderer lesbarer Form" ist entgegen der Ansicht der Revision nicht geeignet, d. VN von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird den Klammerzusatz zutreffend so verstehen, dass es genügt, wenn die Erklärung in Textform lesbar gemacht werden kann. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.

Einbeziehung von AVB trotz fehlender Übergabe an VN nach Erlöschen des Widerspruchsrechts
BGH
Erlischt das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., sind die für den Versicherungsvertrag geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch dann in den Versicherungsvertrag einbezogen, wenn der Versicherer sie dem Versicherungsnehmer bislang nicht übergeben hat.

Belehrung über Beginn der Widerrufsfrist „nach Erhalt" der Versicherungsunterlagen ist wirksam
BGH
Eine Widerrufsbelehrung ist hinsichtlich der Angabe, dass die Widerrufsfrist nach Erhalt der im § 8 Abs. 2 VVG genannten Unterlagen beginnt, nicht zu bestanden. Es ist unschädlich, dass kein ausdrücklicher Hinweis auf die Berechnung der Frist gemäß § 187 Abs. 1 BGB erfolgt. Es muss insbesondere nicht ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Widerrufsfrist erst 1 Tag nach Erhalt der Unterlagen zu laufen beginnt.

Umfang der Belehrung über Widerrufsrechte in Versicherungsvertrag
OLG Koblenz
Gemäß § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die maßgeblichen Unterlagen vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Nicht erforderlich ist, dass die Versicherungspolice selbst eine Belehrung aufweist. Es genügt, wenn sich die Belehrung aus dem sich auf den Versicherungsschein beziehenden Begleitschreiben ergibt. Die Belehrung über das Widerspruchsrecht genügt in formeller Hinsicht auch dann den gesetzlich notwendigen Anforderungen, wenn sie durch Einrücken in den Text und Verwendung von Sternchen links und rechts des Textes von dem übrigen Text abgehoben ist, so dass sie auch beim flüchtigen Lesen sofort wahrgenommen wird.

Benennung eines Ansprechpartners auf Versicherungsschein kann irreführend sein
OLG Nürnberg
Benennt ein Versicherer in Schreiben oder in Versicherungsscheinen, die für Versicherungsnehmer bestimmt sind, welche einen Versicherungsmakler bevollmächtigt haben, als Betreuer oder persönlichen Ansprechpartner des Versicherungsnehmers einen Mitarbeiter der für sie im Außendienst tätigen Gesellschaft, ist dies irreführend. Denn es besteht die Gefahr, dass nicht unerhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreises aufgrund der Formulierung "es betreut Sie" annehmen können, dass die als Betreuer genannten Personen als maßgebliche Ansprechpartner auf Seiten der Versicherungsnehmer an Stelle des Versicherungsmaklers anzusehen sind und daher über den tatsächlich für sie zuständigen, kompetenten Ansprechpartner getäuscht werden. Ein erheblicher Teil der Versicherungsnehmer als juristische Laien können nicht zwischen den von einer Versicherung eingeschalteten, in deren Lager stehenden Vertriebsmitarbeitern und dem im eigenen Lager stehenden Versicherungsmakler unterscheiden.

Anforderungen an Fragen in Textform i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG und an die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG
OLG Saarbrücken
Die Überlassung einer von dem Antragsformular getrennten "Mitteilung" über die Folgen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheit, genügt den Anforderungen an eine gesonderte Belehrung nicht, wenn nicht im Zusammenhang mit den Antragsfragen hinreichend deutlich auf diese Information hingewiesen wird.

Es gibt keinen Grundsatz, dass rechtswidrig erhobene Gesundheitsdaten aufgrund einer Güterabwägung stets dann verwendet werden dürfen, wenn Vorerkrankungen arglistig verschwiegen wurden
OLG Düsseldorf
1. Eine Einverständniserklärung zur Befragung einer Krankenkasse beinhaltet nicht gleichzeitig eine Schweigepflichtentbindung der behandelnden Ärzte.
2. Aus dem Beschluss des BGH vom 21.09.2011 (VersR 2012, 297) ergibt gerade nicht, dass rechtswidrig erhobene Gesundheitsdaten aufgrund einer Güterabwägung stets dann verwendet werden dürfen, wenn Vorerkrankungen arglistig verschwiegen wurden. Einer solchen Sichtweise hat der BGH ausdrücklich eine Absage erteilt und vielmehr bestätigt, dass ein arglistiges Verhalten lediglich ein - wenn auch meist gewichtiger - Umstand ist, der in eine Güterabwägung neben anderen Umständen einfließt, bei der hier dann auch zu berücksichtigen wäre, dass die Beklagte trotz der Entscheidung des BVerfG seit Ende 2006 nichts unternommen hat, um eine wirksame Schweigepflichtentbindung herbeizuführen.

Bereicherungsanspruch nach Widerspruch gemäß § 5 a VVG a. F. entsteht im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts
BGH
Der nach einem Widerspruch gemäß § 5 a VVG a. F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch ist nicht schon mit jeder einzelnen Prämienzahlung, sondern erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden.

Voraussetzungen für die Zulässigkeit von über die Richtlinienvorgaben hinausgehenden Informationspflichten des Versicherers nach nationalem Recht
EuGH
1. Artikel 31 Abs. 3 Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10.11.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG und 90/619/EWG (3. Richtlinie Lebensversicherung) ist dahin auszulegen, dass er nicht dem entgegensteht, dass ein Versicherungsunternehmen auf Grundlage allgemeiner Grundsätze des nationalen Rechts, wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden „offenen und/oder ungeschriebenen Vorschriften", verpflichtet ist, dem Versicherungsnehmer gewisse Angaben zusätzlich zu den in Anhang II genannten Auskünften mitzuteilen, sofern die verlangten Angaben klar, genau und für das tatsächliche Verständnis der wesentlichen Bestandteile der Versicherungspolice durch den Versicherungsnehmer notwendig sind und eine ausreichende Rechtssicherheit bieten, was vom vorliegenden Gericht zu prüfen ist.
2. Welche Auswirkungen die Nichterteilung dieser Auskünfte nach innerstaatlichem Recht hat ist für die Vereinbarkeit der Mitteilungspflicht mit Artikel 31 Abs. 3 Richtlinie 92/96/EWG grundsätzlich erheblich.

Keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung bei fehlendem Hinweis auf Schriftlichkeit des Widerspruchs
OLG Karlsruhe
1. Die Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. muss einen Hinweis auf die einzuhaltende Form (hier: Schriftlichkeit) enthalten. Ein bloßer Hinweis darauf, dass der Widerspruch abzusenden ist, genügt nicht.
2. Im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Abwicklung eines wegen wirksamen Widerspruchs nicht zustande gekommenen Lebensversicherungsverhältnis kann sich der Versicherer nicht auf eine Entreicherung wegen vom ihm gezahlter Vermittlerprovisionen berufen.
3. Zur Ermittlung gezogener Nutzungen.

Treuwidriges Verhalten eines Versicherungsnehmers bei Widerspruch erst nach jahrelanger Durchführung des Vertrages
OLG Bremen
Ein Versicherungsnehmer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit eines nach dem Policenmodell gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. geschlossenen Lebensversicherungsvertrages berufen und die Rückzahlung der jahrelang gezahlten Prämien verlangen, wenn er ordnungsgemäß belehrt wurde und den Vertrag jahrelang und unter Vereinbarung von Änderungswünschen durchgeführt hat. Denn in einem solchen Fall ist eine unzulässige Rechtsausübung oder Verwirkung gemäß § 242 BGB ist denkbar. Zudem war das Verhalten des Versicherungsnehmers objektiv widersprüchlich, wenn er die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist bei Vertragsschluss und im Zuge späterer Vertragsänderungen ungenutzt verstreichen ließ und vielmehr regelmäßig die vereinbarten Versicherungsprämien zahlte. Mit diesem im eigenen Interesse begründeten und über lange Zeit fortgeführten Verhalten setzt sich der Versicherungsnehmer in Widerspruch, wenn er nun geltend macht, ein Vertrag habe nie bestanden.

Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist ohne weiteres erkennbar, dass jedenfalls solche "Beschwerden" von den Gesundheitsfragen erfasst sind, die zu einer ärztlichen Behandlung führen
OLG Düsseldorf
1. Ist bei einem im Jahr 2000 zustande gekommenen Altvertrag der Versicherungsfall am 26.05.2009 eingetreten, ist gemäß Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 2 EGVVG grundsätzlich das VVG in der neuen Fassung anzuwenden. Indes ist zu beachten, dass das neue VVG nur für solche Sachverhalte gelten soll, die nicht unter der Geltung des alten VVG bereits vollständig abgeschlossen waren, was insbesondere für den Vertragsschluss und das ihm vorangehende Stadium gilt, so dass sich die Beurteilung, ob eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorliegt, auch weiterhin nach dem alten VVG richtet, während sich die Rechtsfolgen nach dem neuen Recht bestimmen.
2. Fragt der Versicherer in den Gesundheitsfragen u.a. ausdrücklich nach vorhandenen oder zurückliegenden Beschwerden, kann sich der Versicherungsnehmer im Hinblick auf das Vorliegen eines objektiven Anzeigepflichtverstoßes nicht darauf zurückziehen, dass es sich bei den Beschwerden lediglich um Kleinigkeiten gehandelt habe. Zwar mag zweifelhaft sein, ob eine Fragestellung nach Beschwerden hinreichend transparent und präzise ist, da unter "Beschwerden" vieles verstanden werden kann. Indes hat sich der Versicherungsnehmer vorliegend wegen dieser Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustands in ärztliche Behandlung begeben, so dass aus seiner Sicht ein gewisser Schweregrad der gesundheitlichen Beeinträchtigungen erreicht war. Dass jedenfalls solche "Beschwerden" von der Frage erfasst sind, die zu einer ärztlichen Behandlung führen, ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbar.

Zulässigkeit einer Streitverkündung zwischen Gesamtschuldnern
BGH
Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern sind Ansprüche auf Schadloshaltung im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO.

Ordnungsgemäßheit der Widerspruchsbelehrung
OLG Hamm
1. Eine Widerspruchsbelehrung nach § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. kann auch dann ordnungsgemäß sein, wenn in dieser hinsichtlich des Fristenbeginns die Formulierung „ab Zugang der beigefügten Unterlagen" verwendet wird, ohne dass diese im Einzelnen bezeichnet werden, wenn sich der Widerspruchsadressat lediglich aus der Ausstellereigenschaft hinsichtlich der Vertragsunterlagen ergibt und wenn das Widerrufsrecht in der Belehrung gegenüber der gesetzlichen Regelung erweitert wird.
2. Im Hinblick auf eine mögliche Europarechtswidrigkeit des Policenmodells nach § 5 a Abs. 1 VVG a. F. ist eine Vorlage an den EuGH nach Artikel 267 Abs. 3 AEUV nicht erforderlich.
3. Im Hinblick auf eine Verfassungsbeschwerde, die gegen eine in einem anderen Rechtsstreit ergangene Gerichtsentscheidung gerichtet ist, und mit welcher die Verletzung von Grundrechten durch eine fehlerhafte Rechtsanwendung geltend gemacht wird, ist eine Aussetzung nach § 148 ZPO nicht zulässig.

Gerichtliche Bestimmung des Gerichtsstandes - Klage des Versicherungsnehmers gegen Streitgenossen aus fehlerhafter Versicherungsberatung und Schuldbeitritt
OLG Düsseldorf
1. Ob der besondere Gerichtsstand des § 215 VVG, bei der Klage des Versicherungsnehmers gegen Versicherungsvermittler und Versicherer aus fehlerhafter Beratung sowie einen weiteren Versicherer aus Übernahme der Haftung für diese Falschberatung (Schuldbeitritt), die als Streitgenossen in Anspruch genommen werden, gilt und ob für diesen Fall der Verbraucherschutz eine erweiterte Auslegung des § 215 VVG gebietet, bleibt offen.
2. Ist nach dem Parteivortrag ein gemeinsamer Gerichtsstand nicht einfach und zuverlässig feststellbar, dann kann das Gericht einen Gerichtsstand nach § 336 ZPO bestimmen. Dies ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer Ansprüche aus der Verletzung von Beratungspflichten (Erfüllungsort, wo die Beratung erfolgte) und aus Schuldbeitritt (Erfüllungsort Geschäftssitz des Haftungsübernehmers) herleitet. Aus Gründen des Verbraucherschutzes kann das Gericht in diesem Fall den durch § 215 VVG begründeten besonderen Gerichtsstand nach § 36 ZPO als gemeinsamen Gerichtsstand bestimmen.

Teilzahlungen des Versicherers während des Laufs eines Verjährungsverzichts als verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis - Zu den Voraussetzungen eines Anerkenntnisses im Sinne von § 208 BGB a.F. bzw. § 212 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
BGH
1. Es genügt für eine Verjährungsunterbrechung durch Anerkenntnis jedes - auch ein rein tatsächliches - Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs - wenigstens dem Grunde nach - unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird. Ein solches tatsächliches Anerkenntnis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schädiger oder der auch insoweit für ihn handelnde Haftpflichtversicherer dem Geschädigten bzw. dessen Rechtsnachfolger auf Verlangen Schadensersatzleistungen erbringt (Festhaltung BGH, 2. Dezember 2008, VI ZR 312/07, VersR 2009, 230). Denn nach dem Wortlaut des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 beginnt die Verjährung insbesondere dann erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung anerkennt.
2. Ob eine Erklärung des Schuldners die Voraussetzungen eines verjährungsunterbrechenden Anerkenntnisses im Sinne des § 208 BGB a.F. bzw. des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 erfüllt, ist als Frage der tatrichterlichen Auslegung im Einzelfall revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften überprüfbar.

Unwirksamkeit einer dem neuen VVG nicht mehr entsprechenden Klausel zur Rechtsfolge einer Obliegenheitsverletzung
OLG Dresden
Nach den AGB eines Versicherers verliert der Versicherungsnehmer grundsätzlich seinen Versicherungsschutz bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheiten. Der Versicherungsnehmer soll aber insoweit seinen Versicherungsschutz behalten, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Bemessung der Leistung hat. Im Fall der grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Fehlt eine solche Kürzungsmöglichkeit in den AGB des Versicherers und weicht die Klausel damit zum Nachteil des Versicherungsnehmers vom Gesetz ab, so ist die Regelung unwirksam.

Berücksichtigung unstreitigen neuen Sachvortrags in der zweiten Instanz
BGH
1. Neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz, der unstreitig bleibt, ist stets zu berücksichtigen, selbst dann, wenn der unstreitige Vortrag im Hinblick auf Folgefragen eine Beweisaufnahme erfordert.
2. Berufen sich die Beklagten darauf, dass der arbeitsunfähige Kläger Fahrtkosten erspart hat, ist es nicht ihre Aufgabe, näher darzulegen, ob und in welchem Umfang diese Ersparnis auch Nachteile gegenüber stehen.

Kein Verwertungsverbot bei unwirksamer Schweigepflichtentbindungserklärung
LG Potsdam
Im Rahmen der Prüfung einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung verliert der Versicherer auch dann nicht sein Anfechtungsrecht, wenn er vom Anfechtungsgrund aufgrund einer unwirksamen Schweigepflichtentbindung Kenntnis erlangt. Es sind die maßgeblichen Umstände des Einzelfalls umfassend abzuwägen. Der Versicherer hat das Wissen um eine verschwiegene Vorerkrankung nicht unter gezielter Ausnutzung der Schweigepflichtentbindung treuwidrig erlangt. Der Versicherungsnehmer, der den Vertrag für sein Kind ohne Mitwirkung der Kindsmutter als Mitsorgeberechtigte abgeschlossen hat, musste davon ausgehen, dass sowohl der Vertrag als auch die Schweigepflichtentbindung auch in Vertretung der Kindsmutter Geltung erhalten sollten. Zudem ist eine arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers über einen risikoerheblichen Umstand in die Abwägung miteinzubeziehen.

Unzureichende Deutschkenntnisse sind nicht geeignet, Falschangaben zu entschuldigen
OLG Hamm
1. Bei der Beurteilung eines nach dem 31.12.2008 erfolgten Rücktritts von einem vor dem 31.12.2007 abgeschlossenen Versicherungsvertrag ist hinsichtlich der Frage, ob eine Anzeigepflicht verletzt wurde, auf § 16 Abs. 1 VVG a. F. sowie hinsichtlich des Rücktrittsrechts im Übrigen auf §§ 19 ff. VVG n. F. abzustellen.
2. Hat der Versicherungsvertreter dem Antragsteller die vorformulierten Gesundheitsfragen aus dem Versicherungsantragsformular in einer Art und Weise vorgelesen, die das Ausfüllen des Formulars durch den Versicherungsvertreter einer eigenverantwortlichen Beantwortung durch den Antragsteller vergleichbar erscheinen lassen, kann sich der Versicherungsnehmer nicht mit der Behauptung entschuldigen, er habe die Fragen nicht verstanden. Ein der deutschen Sprache nicht ausreichend kundiger Ausländer muss sich deshalb gegebenenfalls in Eigeninitiative den Text des Formulars übersetzen lassen. Hat bereits bei Antragsaufnahme ein Dolmetscher mitgewirkt, scheidet ein Berufen auf unzulängliche Sprachkenntnisse aus.

Wirksame Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer fahrlässigen Verletzung der Anzeigeobliegenheit
OLG München
1. Eine "Doppelbelehrung" (zusammengefasste Belehrung unmittelbar vor den Antragsfragen; ausführliche Belehrung mit allen Details nach den Antragsfragen) setzt die Belehrungsintention des Gesetzgebers besonders wirksam um.
2. Eine Hervorhebung der Belehrung durch eine Umrandung ist nicht zu übersehen.
3. Auf die Leistungsfreiheit des Versicherers auch für die Vergangenheit wird durch die Formulierung: "Für den Fall, dass der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt hat, erfolgt eine rückwirkende Vertragsanpassung" ausreichend hingewiesen, denn dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird hierdurch ausreichend deutlich vor Augen geführt, dass der Versicherer auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle rückwirkend leistungsfrei wird.

Verletzung des Rechts einer Partei auf rechtliches Gehör wegen abgelehnter mündlicher Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen (hier: zur Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Immuntherapie mit dendritischen Zellen)
BGH
1. Die Parteien haben zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für wesentlich erachten, in einer mündlichen Anhörung stellen können.
2. Das Recht der Partei, den Sachverständigen im Rahmen einer mündlichen Anhörung Fragen zum Gutachten zu stellen, erlischt nicht dadurch, dass das Gericht dem Sachverständigen Fragen stellt, die dieser beantwortet.

Indizien für eine arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers
Landgericht Koblenz
1. Eine arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers liegt dann vor, wenn er vorsätzlich falsche Angaben macht oder vorsätzlich Umstände nicht angibt, sofern er die Gefahrerheblichkeit der betreffenden Umstände kennt und zumindest billigend in Kauf nimmt, der Versicherer könne durch sein Vorgehen über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden. Der Versicherungsnehmer muss also auf die Entschließung des Versicherers nehmen wollen und sich bewusst sein, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er die Wahrheit sage.
2. Dem Versicherer obliegt der Nachweis, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe seiner unrichtigen Angaben zumindest mit bedingtem Vorsatz auf den Willen des Versicherers einnehmen wollte. Auf ein solches Bewusstsein des Versicherungsnehmers kann in der Regel nur auf der Grundlage von Indizien beschlossen werden. Sie können sich aus Art, Umfang und Bedeutung der unrichtigen Angaben, aus der Persönlichkeit des Täuschenden, dessen Bildungsstand, aus besonderen Umständen bei der Antragstellung und aus der Art der gestellten Fragen sowie aus der Art der in Frage stehenden Versicherungen ergeben.
3. Wenn der Versicherungsnehmer Erkrankungen verschweigt, die ihm als offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen musste, die namentlich schwere, chronische oder schadensgeneigte oder immer wieder auftretende zahlreiche oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen, spricht dies für arglistiges Verhalten. Wenn objektiv von einer Täuschung auszugehen ist, ist es Sache des Versicherungsnehmers, plausibel darzulegen, warum und wie es zu den objektiven falschen Angaben gekommen ist.
4. Vorliegend spricht bereits der von dem Kläger unterzeichnete Versicherungsantrag für objektiv falsche Angaben und arglistiges Verhalten. Zu berücksichtigten ist hier, dass nicht eine einzige Vorerkrankung angegeben wurde, sondern vielmehr lediglich auf Vorsorgeuntersuchungen beim Hautarzt und Zahnarzt hingewiesen wurde und weiter erklärt wurde, in diesem Zusammenhang hätten keine Behandlungen stattgefunden.
5. Soweit der Kläger erklärt hat, er habe den Antrag, ohne ihn zu lesen „blind" unterschrieben, ist dies rechtlich bedeutungslos. Denn wer eine Erklärung „blind" unterzeichnet, nimmt Fehler der Erklärung zumindest billigend in Kauf. Er muss sich den gesamten Inhalt der Erklärung dann zurechnen lassen. Anderenfalls könnte mit der Behauptung, einen Versicherungsantrag blind unterzeichnet zu haben, jeder Versicherungsnehmer erfolgreich die Arglistanfechtung durch den Versicherer entgegen.
6. Für ein arglistiges Verhalten spricht schließlich auch, dass der Kläger von einer privaten Krankenversicherung in eine andere private Krankenversicherung wechseln wollte, weil die Kosten für die private Krankenversicherung reduziert werden sollten. Dem Kläger war damit bewusst, dass im Bereich der privaten Krankenversicherung es entscheidend auf Vorerkrankungen ankommt.

Haftungsmaßstab bei Inanspruchnahme des Versicherungsvermittlers auf Schadensersatz
OLG Stuttgart
Nach § 63 S. 1 VVG ist der Versicherungsvermittler zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61 VVG entsteht. Die Beweislastverteilung des § 63 VVG übernimmt vollständig die Regelung des § 280 Abs. 1 BGB, sodass die dort entwickelten Leitgedanken auch für die Haftung aus § 63 VVG maßgeblich sind. Da die Rechtsfolge der Schadensersatzverpflichtung eindeutig von einer objektiven Pflichtverletzung abhängt (diese ist Tatbestandselement der §§ 63 S. 1 VVG, 280 Abs. 1 S. 1 BGB), muss der Versicherungsnehmer die objektive Pflichtverletzung beweisen. Würde man die Pflichterfüllung zur Beweislast des Versicherungsvermittlers stellen, so würde dies bedeuten, dass er die vom Versicherungsnehmer lediglich behauptete Pflichtverletzung "wegbeweisen" müsste, weil die Pflichterfüllung notwendigerweise die Negierung der Pflichtverletzung bedeutet. Die sich aus den allgemeinen Grundsätzen ergebende Beweislastverteilung würde damit "auf den Kopf gestellt".

Keine Anwendung des § 215 VVG bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft
LG Potsdam
1. Auf eine klagende Wohnungseigentümergemeinschaft ist § 315 VVG nicht anwendbar. Diese Vorschrift passt nicht unmittelbar für juristische Personen, weil diese keinen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Aus demselben Grund scheidet auch eine unmittelbare Anwendung auf andere rechtsfähige Vereinigungen der Personengesellschaften aus.
2. Eine analoge Anwendung auf Personengesellschaften bzw. eine korrigierende Auslegung nach der Stadt des Wohnsitzes des Gesellschaftssitzes nach § 17 ZPO maßgebend sein soll, ist ebenfalls abzulehnen.

Falschangaben in einer Schadensanzeige wegen eines angeblichen Missverständnisses aufgrund unzureichender Deutschkenntnisse gebieten eine nähere Aufklärung
OLG Naumburg
Objektive Falschangaben in der Schadensanzeige erschüttern zumindest dann noch nicht die den Versicherungsnehmer in der Teilkaskoversicherung zukommende Redlichkeitsvermutung, wenn der Versicherungsnehmer behauptet, zu den Falschangaben sei es nur aufgrund seiner ungenügenden Deutschkenntnisse und daraus resultierender Missverständnisse mit einem Dritten, der ihm beim Ausfüllen des Formulars geholfen habe, gekommen, Vielmehr kann es geboten sein, die behaupteten Umstände von Falschangaben näher aufzunehmen.

Keine Zwangsmittel gegen Sachverständigen wegen abhanden gekommener Gerichtsakten bei nicht nachweisbarem Empfang der Akten
OLG Koblenz
1. Maßnahmen nach § 409 Abs. 1 ZPO gegen einen Gerichtssachverständigen erfordern den sicheren Nachweis, dass er den Auftrag und die für seine Erfüllung benötigten Akten erhalten hat.
2. Den Beleg eines Paketdienstes über die Auslieferung der Sendung kann nicht der in entsprechender Anwendung von §§ 415 ff. ZPO erhöhte Beweiskraft beigemessen werden. Der Beweis derartiger Auslieferungsbelege ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls nach §Q 286 ZPO frei zu würdigen.
3. Die Anwaltskosten eines gerichtlichen Sachverständigen im erfolgreichen Beschwerdeverfahren nach § 409 Abs. 2 ZPO hat nicht die Staatskasse zu tragen.

 

Späterer Widerspruch eines Versicherungsnehmers auch bei Kündigung des Versicherungsvertrages möglich
BGH
§ 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. muss richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Höhe nach umfasst der bereicherungsrechtliche Rückgewähranspruch nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich der Versicherungsnehmer bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.

Anlass zur Anhörung eines gerichtlich bestellten medizinischen Sachverständigen
BGH
Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob zu erwarten ist, dass der Gutachter seine Auffassung ändert. Weiter ist unerheblich, ob das schriftliche Gutachten Mängel aufweist. Die Parteien haben zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für wesentlich erachten, in einer mündlichen Anhörung stellen können. Dabei kann von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht.

Amtswegige Aufklärung von Widersprüchen zwischen ärztlichen Gutachten
BGH
1. Der Tatrichter hat die Pflicht, Widersprüchen zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger von Amts wegen nachzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, auch wenn es sich um Privatgutachten handelt.
2. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so darf der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.
3. Das Fehlen der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme begründet die Vermutung, dass die Maßnahme unterblieben ist. Diese Vermutung entfällt weder deshalb, weil in der Praxis mitunter der Pflicht zur Dokumentation nicht nachgekommen wird, noch deshalb, weil die Dokumentation insgesamt lückenhaft ist.

Keine Wahrung der Schriftform eines Rücktritts durch faksimilierte Unterschrift
Landgericht Kaiserslautern
Die Rücktrittserklärung des Versicherers bedarf nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VVG der Schriftform. Damit ist die Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB gemeint, die eine eigenhändige Namensunterschrift der Vertreter des Versicherers erfordert. Daran fehlt es, wenn das Rücktrittsschreiben nicht eigenhändig unterschrieben, sondern die Unterschriften nur als Faksimiledruck aufgedruckt sind. Das genügt den Anforderungen der Schriftform nicht, sondern lediglich denen der Textform im Sinne von § 126 b BGB, die für die Rücktrittserklärung nicht ausreichend sind. Die Verletzung des gesetzlichen Schriftformerfordernisses hat gemäß § 125 BGB die Unwirksamkeit des Rücktritts zur Folge.

Keine Zurechnung des Maklerwissens an den Versicherungsnehmer
Landgericht Kaiserslautern
Dass nach dem Vorbringen des Klägers der Makler den Antrag falsch ausgefüllt haben soll, ist unerheblich. Denn Erklärungen des Versicherungsnehmers gegenüber dem Makler werden dem Versicherer - anders als mündliche Erklärungen gegenüber dem Versicherungsvertreter - nicht zugerechnet, da der Makler im Lager des Versicherungsnehmers steht.

Vergleich schon mit Eingang der Annahmeerklärung bei Gericht wirksam und nicht erst mit Protokollierung
LAG Düsseldorf
Mit Eingang der Annahmeerklärung eines Vergleichsvorschlags bei Gericht ist diese bindend. Ein Widerruf der Annahmeerklärung ist nach deren Eingang bei Gericht nicht mehr möglich. Es ist unerheblich, dass dem Vorsitzenden der Kammer sowohl die Annahmeerklärung als auch der Widerruf zeitgleich vorgelegt wurden, da für den Zugang der Annahmeerklärung die Kenntnisnahme des Vorsitzenden nicht erforderlich ist. Der insoweit wirksam zustande gekommene Vergleich kann nicht deswegen angefochten werden, weil der Prozessbevollmächtigte bei Abgabe der Annahmeerklärung irrtümlich glaubte, die von ihm vertretene Partei habe ihr Einverständnis mit dem Vergleichsvorschlag erklärt.

Europarechtskonformität des Policenmodells; treuwidrige Berufung des Versicherungsnehmers auf die Unwirksamkeit; Bestreiten einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung
Brandenburgisches Oberlandesgericht
1. Das sogenannte Policenmodell ist europarechtskonform.
2. Ein Versicherungsnehmer kann sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrags nach Treu und Glauben nicht mehr auf dessen angebliche Unwirksamkeit stützen, um daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat.
3. Ein Versicherungsnehmer, der sich auf die für ihn günstigen Rechtsfolgen einer fehlerhaften Belehrung beruft, trägt die sekundäre Darlegungslast dafür, wie die an ihn gerichtete Belehrung ausgesehen hat. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nur in strengen Ausnahmefällen zulässig, wenn die jeweilige Partei nach der Lebenserfahrung glaubhaft gemacht hat, sich an einen lang zurückliegenden Alltagsvorgang nicht mehr erinnern zu können. Dabei reicht der bloße Vortrag, keine Erinnerung mehr zu haben, nicht aus.

Anforderungen an eine Widerspruchsbelehrung; Recht zum Widerruf
OLG Köln
1. Eine Widerspruchsbelehrung in einem Versicherungsschein ist inhaltlich fehlerhaft, wenn der zwingend notwendige Hinweis darauf, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben ist, fehlt. Dieser Hinweis ist nicht deshalb entbehrlich, weil es in der Belehrung heißt „Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs".
2. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der vorsah, dass das Recht zum Widerruf ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, ist auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.

Berechtigung der Anordnung des persönlichen Erscheinens des Vorstands der Versicherungsgesellschaft wegen unzureichend unterrichteten Terminvertreters
OLG Stuttgart
Bei unzureichender Terminwahrnehmung durch den anwaltlichen Parteivertreter (hier: unzureichend unterrichteter Unterbevollmächtigter) kann es geboten sein, das persönliche Erscheinen des Vorstandsvorsitzenden einer Versicherungsgesellschaft anzuordnen und nach dessen Ausbleiben ein hohes Ordnungsgeld zu verhängen.

Ein Privatgutachten ist als qualifizierter Parteivortrag zu werten und kann eine eigene Beweisaufnahme entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage schon aufgrund dieses Privatvortrags zuverlässig beantwortet werden kann
LG Bad Kreuznach
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, darf ein Privatgutachten als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und es kann eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiiertes Parteivortrags zuverlässig beantwortet werden kann.

Zum Nachweis des Zugangs eines im Sendeprotokoll mit "OK-Vermerk" versehenen Telefaxes
LG Dresden
1. Die Absendung des Kündigungsschreibens durch den Versicherungsnehmer mit einfachem Postbrief beweist nicht den Zugang. Der Versicherungsnehmer trägt auch für den Zugang beim Empfänger die Darlegungs- und Beweislast nach den allgemeinen Grundsätzen. Es gelten keine Besonderheiten, etwa im Hinblick auf das von dem Versicherer geführte „Massengeschäft" und/oder im Hinblick auf einen „Fürsorgegesichtspunkt" des Versicherers gegenüber dem Kunden, der zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt, wenn der Kunde keine Prämien mehr zahlt, aber auch keine Leistungen mehr beansprucht.
2. Auch aus den besonderen Vorschriften zum Krankenversicherungsverhältnis der §§ 192 ff VVG folgt nichts anderes. Das Gesetz nimmt dem Versicherungsnehmer ein eigenes Erklärungshandeln nicht ab bzw. bürdet dem Versicherer ein eigenes Tätigwerden auf, wenn keine Beiträge mehr eingehen. Selbst wenn der Versicherer das „Ruhen der Leistungen" nach § 193 Abs. 6 VVG festgestellt und der Beklagten mitgeteilt hätte, wäre der VN nicht von seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht zur Zahlung des vollen Beitrags befreit worden; diese Frage konnte vorliegend daher offen gelassen bleiben.
3. Im Falle einer substantiierten und glaubhaft bestätigten Behauptung zum - durch OK-Vermerk bestätigten - erfolgreichen Versendens eines Schriftstücks per Telefax, ist es Sache des Faxempfängers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungs- und Beweislast substantiiert zu behaupten, einen solchen Versicherungsnachweis in diesem Zeitraum weder per Fax erhalten zu haben noch ein solches Gespräch mit einem derartigen Inhalt mit der Beklagten geführt zu haben. Denn das Gericht geht - worauf die Klägerin ausdrücklich bereits im Termin vom 04.06.2014 hingewiesen worden ist - mit der Entscheidung des BGH vom 19.02.2014, IV ZR 163/13, Rn. 27 ff., Juris, davon aus, dass der „OK-Vermerk" eines Sendeberichts zwar nicht bereits den Zugang des Telefaxes beim Empfänger beweist, allerdings hierfür ein erhebliches Indiz gibt, welches im Prozess dem Empfänger eine sekundäre Darlegungslast dahingehend aufbürdet, darzulegen, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt.
3. Vorliegend hat die Klägerseite hierzu nun nichts Relevantes vorgebracht, außer, dass sie zwar Faxjournale führe, allerdings für den behaupteten Zeitraum, aufgrund einer internen Umorganisation, keine Faxjournale mehr zur Verfügung hat. Dieser Umstand liegt jedoch in der Risikosphäre der Klägerin und führt vorliegend dazu, dass die Klägerin keine, den Behauptungen der Beklagten widersprechenden, substantiierten Darlegungen zu einer mißlungenen Versendung des angeforderten Versicherungsnachweises per Telefax machen konnte.

Zur Angemessenheit von Fahrtkosten eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen
LG Saarbrücken
Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) kann im Rahmen der Überprüfung der Erforderlichkeit von tatsächlich entstandenen Nebenkosten privater Sachverständiger als Schätzgrundlage im Sinne des § 287 ZPO herangezogen werden. Eine Ausnahme gilt bei der Beurteilung von Fahrtkosten, da sich die Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 JVEG nicht an den tatsächlich entstandenen Kosten, sondern an der Höhe der steuerlichen Anerkennung privat genutzter Fahrzeuge orientiert. Fremdleistungen, die der private Sachverständige selbst in Anspruch genommen hat und die ihm seinerseits in Rechnung gestellt worden sind, sind grundsätzlich erforderlich und damit ersatzfähig. (teilweise Aufgabe der bisherigen Kammerrechtsprechung)

Rückwärtsversicherung: Voraussetzung der gesetzlichen Freiheit vom Leistungsversprechen ist Kenntnis des VN vom Eintritt des Versicherungsfalls
BGH
Die in § 2 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 VVG a.F. geregelte Freiheit vom Leistungsversprechen einer Rückwärtsversicherung setzt - ebenso wie eine für rückwirkenden Versicherungsschutz vertraglich vereinbarte Klausel "frei von bekannten Verstößen" - positive Kenntnis des Versicherungsnehmers davon voraus, dass bereits ein Versicherungsfall eingetreten oder ein ihn begründender Pflichtenverstoß geschehen ist. Deren Feststellung kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, der Versicherungsnehmer habe die betreffenden Umstände kennen müssen.

Umfang der Sachverhaltsermittlung bei Aufklärungsobliegenheit
BGH
1. Im Rahmen der Aufklärungsobliegenheit entscheidet grundsätzlich der Versicherer, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Der Versicherungsnehmer einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung kann daher auf Verlangen des Versicherers auch gehalten sein, eine eigene Stellungnahme desjenigen Mitarbeiters vorzulegen, der durch fehlerhafte Bearbeitung den Versicherungsfall herbeigeführt haben soll.
2. Die bloße Untätigkeit des Geschädigten über einen längeren Zeitraum (hier: mehrere Jahre) führt nicht zu einem vorzeitigen Ende der Verjährungshemmung nach § 12 Abs. 2 VVG a.F.

Mutmaßliche Schweigepflichtentbindung kann in einem versicherungsrechtlichen Rechtsstreit ausgeschlossen sein
OLG Karlsruhe
Beruft sich die beklagte Versicherung im Rechtsstreit um die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung nach erklärter Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung zum Nachweis der von ihr behaupteten bewusst falschen Beantwortung von Gesundheitsfragen durch den Versicherten im Antragsformular auf das Zeugnis des Hausarztes des mittlerweile Verstorbenen, ist von einer mutmaßlichen Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht nicht auszugehen, sodass der Arzt zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist. Ein Interesse des Verstorbenen an der Aussage des Zeugen besteht nicht. Wurden Gesundheitsfragen wahrheitswidrig beantwortet, geht sein Interesse vielmehr gerade dahin, dies nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme zu offenbaren. Die Beweislast für einen Anfechtungsgrund liegt bei der Versicherung.

Auch der Insolvenzverwalter kann für den Versicherungsnehmer die Verlusterklärung zu einem Versicherungsschein abgegeben
OLG Rostock
1. Die Verlusterklärung zu einem Versicherungsschein ist grundsätzlich durch den Versicherungsnehmer abzugeben. Ist über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und erklärt er glaubhaft, nicht im Besitz des Versicherungsscheins zu sein, gibt jedoch keine Verlusterklärung ab, kann der Insolvenzverwalter an seiner Stelle die Verlusterklärung gegenüber der Versicherung abgeben.
2. Eine Verlusterklärung ist nicht wie ein Versicherungsschein eine Schuldurkunde im Sinne des § 952 BGB und kann daher nicht vom Gläubiger der Forderung aus dem Versicherungsvertrag von Dritten herausverlangt werden.

Sichberufen eines Versicherungsvertreters auf sein Widerspruchsrecht wegen unwirksamer Belehrung kann rechtsmissbräuchlich sein
OLG Stuttgart
Ein Versicherungsvertreter, der das Recht zum Widerspruch bei Abschluss eines Versicherungsvertrages kennt, handelt rechtsmißbräuchlich, wenn er sich nach Jahren auf sein Recht zum Widerspruch beruft, weil das ihm übersandte Policenbegleitschreiben keinen drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis auf dieses Widerspruchsrecht enthalten habe.

Hervorhebung einer Widerspruchsbelehrung durch Kursivdruck kann nach dem VVG a.F. ausreichen
OLG Stuttgart
Es ist eine Frage der Umstände des Einzelfalles, ob eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach dem VVG a.F. optisch - drucktechnisch - ausreichend gestaltet ist. Zwar kann auch eine inmitten eines 8-seitigen Konvoluts aus Versicherungsschein, Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Besonderen Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen und sonstigen diversen Hinweisen "versteckte" Belehrung lediglich mit der Gestaltung in Form eines - in umfangreichen Versicherungsunterlagen auch an vielen anderen Stellen häufig verwendeten - Kursivdrucks nicht ausreichend drucktechnisch hervorgehoben sein. Allerdings kann eine Hervorhebung der Belehrung über das Widerspruchsrecht nach Abschluss eines Versicherungsvertrags durch Kursivdruck den gesetzlichen Anforderungen des VVG a.F. genügen.

Die Einziehung der Prämie kann als Annahmeerklärung des Versicherers zu werten sein, wenn die Einziehung innerhalb der Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB erfolgt ist
AG Bad Segeberg
1. Für das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages enthält das VVG keine Vorschriften. Es gelten daher die §§ 145-155 BGB. Allenfalls die Vertragsschlussmodalitäten werden durch die Bestimmungen des VVG eingeschränkt.
2. Kommt es zwischen einem Versicherungsmakler und einem Kunden zu einem Beratungsgespräch und erklärt der Kunde, er wolle das mit dem Makler ausgearbeitete Angebot vor Absendung an den Versicherer prüfen lassen, kommt ein wirksamer Versicherungsvertrag mit dem Kunden nicht zustande, wenn der Makler absprachewidrig das Angebot an den Versicherer übersendet.
3. Die in § 69 VVG geregelte gesetzliche Vollmacht gilt ausschließlich für Versicherungsvertreter, nicht dagegen für Versicherungsmakler.
4. Die Übersendung eines Versicherungsscheins nebst Urkundenbegleitschreiben kann im Rahmen des sog. Antragsmodells als Annahmeerklärung gewertet werden, obwohl dessen Übersendung für den Vertragsschluss nicht konstitutiv ist. Jedoch setzt das Vorliegen einer wirksamen Annahmeerklärung auch voraus, dass diese dem Beklagten zugegangen ist. Da der Versicherungsnehmer Klarheit darüber haben muss, ob ein Versicherungsvertrag zustande gekommen ist, ist ein Zugang der Annahmeerklärung nach der Verkehrssitte zu erwarten, weshalb die Voraussetzungen des § 151 Satz 1 BGB nicht vorliegen.
5. Bei zur Post gegebenen Briefen streitet kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung.
6. Die Einziehung der Prämie kann als Annahmeerklärung des Versicherers zu werten sein. Die Einziehung muss jedoch innerhalb der Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB erfolgt sein. Die Einziehung der Prämie "nach einiger Zeit" genügt nur, wenn eine längere Annahmefrist (vier bis sechs Wochen) vereinbart worden ist.

Verjährung bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsansprüche
OLG Köln
Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt erst ab Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen. Dabei ist auf eine Kenntnis abzustellen, die notwendig ist, um eine Klage erfolgsversprechend, wenn auch nicht risikolos, erheben zu können. Bei einem bereicherungsrechtlichen Anspruch genügt die Kenntnis von der Leistung und den Tatsachen, aus denen sich das Fehlen eines Rechtsgrundes ergibt. Mit der Anknüpfung an die Kenntniserlangung soll die Vorschrift des § 199 BGB den Gläubiger davor schützen, Ansprüche allein deshalb zu verlieren, weil er die seine Rechte ausfüllenden Tatsachenumstände nicht kennt. Bezogen auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch geht es vor diesem Hintergrund allein um Tatsachenumstände, die das Fehlen eines Rechtsgrundes tatsächlich ausfüllen können. Es kann nicht auf Umstände abgestellt werden, die dem Gläubiger zwar bekannt sind, die aber nur nach seiner unmaßgeblichen, unrichtigen Rechtsauffassung das Fehlen eines Rechtsgrundes begründen.

Berechnung des Bereicherungsanspruchs nach wirksamen Widerspruch
OLG Stuttgart
Zur Berechnung des Bereicherungsanspruchs bei Rückabwicklung eines Versicherungsvertrages nach wirksam erhobenem Widerspruch.

 

Urteile aus dem Jahr 2014
 

Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher Gefahrerhöhung
BGH
Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG wegen vorsätzlicher Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 1 VVG setzt das Bewusstsein des Versicherungsnehmers von der gefahrerhöhenden Eigenschaft der von ihm vorgenommenen Handlung voraus. Ein zum Leistungsausschluss führender Vorsatz des Versicherungsnehmers ergibt sich nicht allein aus der Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände.

Widerrufsbelehrung im Versicherungsschein muss in drucktechnisch hinreichend deutlicher Form erfolgen
OLG München
1. Eine Widerrufsbelehrung unten auf Seite 1 des Versicherungsscheins, die fettgedruckt und durch eine Randüberschrift hervorgehoben ist und dadurch direkt ins Auge springt, ist drucktechnisch in hinreichend deutlicher Form erfolgt. Die auffällige Gestaltung wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass auch die letzten 3 1/6 Zeilen des vorausgehenden Abschnitts fettgedruckt sind.
2. Zudem ist das Policenmodell gemäß § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. europarechtskonform.

Bei einen gravierenden Verstoß gegen vertragliche Obliegenheiten kann Leistungsfreiheit auch nach § 242 BGB eintreten, selbst wenn die AVB nach dem neuen VVG keine (wirksame) Rechtsfolgenregelung (mehr) enthalten
LG Offenburg
Selbst wenn zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer mangels Einbeziehung der neuen AVB nach dem 01.01.2008 keine (wirksame) Vereinbarung im Hinblick auf eine Leistungsfreiheit bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit getroffen wäre, wäre dennoch eine Leistungsfreiheit anzunehmen. Ein Versicherungsnehmer kann nach zutreffender Auffassung auch ohne entsprechende Abrede seinen Anspruch ausnahmsweise unter Heranziehung von § 242 BGB ganz oder teilweise verlieren, wenn ihm eine grobe Verletzung der Interessen des Versicherers anzulasten ist, die das vertragliche Vertrauensverhältnis erheblich stört und daher dem Versicherer die Erfüllung seiner Vertragspflichten unzumutbar macht. So soll insbesondere eine Täuschung bei der Schadensermittlung unter dieser Voraussetzung zur Leistungsfreiheit führen.

Die Einschätzung eines Sachverständigen, dass es einen Fehler darstelle, wenn ein Außendienstmitarbeiter einer Versicherung seine private Krankenversicherung bei seinem Arbeitgeber abschließt, begründet den Vorwurf der Befangenheit- gleiches gilt für den Fall, dass der Sachverständiger eigene Recherchen anstellt, die weit über den Gutachtenauftrag hinausgehen, er die (zu beweisenden) Angaben des Probanden als wahr unterstellt und er im Termin übergegeben Unterlagen verwertet, ohne dies deutlich zu machen
LG Koblenz
1. Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit kann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Befangenheit meint eine unsachliche innere Einstellung des Richters zu den beteiligten oder zum Gegenstand des konkreten Verfahrens. Eine Besorgnis der Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seine Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Richters rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob aus Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
2. Die Feststellungen des Sachverständigen „heute weiß er, dass es ein Fehler war, seine Krankenversicherung auch bei seinem Arbeitgeber abzuschließen ..." ist im hiesigen Verfahren geeignet, an der Objektivität des Sachverständigen zu zweifeln. Der Prozessgegner ist vorliegend auch der Arbeitgeber.
3. Hinzu kommt, dass der Gutachter offenbar beim Kläger erhebliche eigene Recherchen angestellt hat, die weit über den Gutachtenauftrag hinausgehen und deren Überprüfung durch das Gericht nicht ermöglicht wird. Die Angaben des Klägers werden offenbar als wahr unterstellt.
4. Wenn der Sachverständige von der Partei übergebene Unterlagen verwertet und zum Gegenstand seines Gutachtens macht, ohne dies dem Gericht und dem Gegner vorab zu offenbaren und diesem damit die Möglichkeit genommen hat, sich vor Abschluss des Gutachtens mit den Unterlagen auseinanderzusetzen, so stellt dies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beklagten dar, die aus Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass gibt, an der Voreingenommenheit des Gutachters zu zweifeln, OLG Koblenz, Beschluss vom 24.05.2012.

Flugreisekosten des Prozessbevollmächtigten zum Termin nicht zwingend erstattungsfähig
OLG Zweibrücken
Flugreisekosten des Prozessbevollmächtigten zum Termin sind nicht schlechthin unter dem Gesichtspunkt der Zeitersparnis erstattungsfähig. Vielmehr sind die Kosten einer Flugreise nur dann in vollem Umfang erstattungsfähig, wenn die dadurch verursachten Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnfahrt 1. Klasse stehen und sich die geltend gemachten Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung des Rechtsstreits bewegen. Dabei ist die Partei grundsätzlich gehalten, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, solange sich dies mit der vollen Wahrung ihrer Rechte vereinbaren lässt, und unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen. Flugreisekosten des Prozessbevollmächtigten zum Termin sind grundsätzlich nur nach dem Tarif der Economy-Class erstattungsfähig und nicht nach den Tarifen der Business-Class oder des jederzeit umbuchbaren Economy-Flex-Tickets.

Arglist verlangt keine Betrugsabsicht
OLG Köln
Für eine arglistige Täuschung ist eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers nicht erforderlich. Der Versicherungsnehmer handelt bereits dann arglistig, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Hierzu reicht es aus, wenn Angaben verschwiegen werden, die den Versicherer veranlassen könnten, seine Leistungspflicht näher auch mit Blick auf einen etwaigen Leistungsausschluss zu prüfen. Dies ist der Fall, wenn der Versicherte in der Unfallanzeige falsche Angaben zum Geschehenshergang, zur Medikamenteneinnahme, zu seinem Gesundheitszustand, und zur polizeilichen Ermittlung macht, um einen möglichen Suizidversuch als normalen Sturz darzustellen. Die Versicherung ist leistungsfrei, weil eine Obliegenheitsverletzung im Hinblick auf die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Ausfüllung der Unfallanzeige vorliegt.

Bei Anzeigepflichtverletzung durch Verschweigen multipler Diagnosen kann Versicherer auch dann vom Vertrag zurücktreten, wenn nach Meinung des Arztes einige Diagnosen keinen Krankheitswert haben sollen
OLG Köln
Verletzt der Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigepflicht, ist der Versicherer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Dies ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer in einem Antrag auf Abschluss einer privaten Krankheitskostenversicherer auf die Frage nach Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren wahrheitswidrig angibt, lediglich wegen Bluthochdrucks behandelt worden zu sein und regelmäßige ärztliche Untersuchungen und Diagnosen (Alopezie, multiple Leberhämangiome, Hypercholesterinanämie, Arteriosklerose, Milzzyste, Skoliose, Herzklappeninsuffizienz und Spannungskopfschmerzen) verschweigt. Wer eine derartige Vielzahl von Arztbesuchen und Behandlungen und insbesondere die ärztliche Behandlung wegen Herzklappeninsuffizienz nicht offenbart, weiß, dass er mit seinem Verschweigen Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers über den Abschluss der Krankenversicherung nimmt. Auch wenn nach Meinung des Arztes einige Diagnosen keinen Krankheitswert haben, gilt nichts anderes.

Mangelhafte Belehrung über Widerspruchsrecht führt zur Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages
BGH
Ist zwischen zwei Versicherungsvertragsparteien ein Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, so hat besteht kein Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Dies ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag rechtzeitig gekündigt hat. Hat der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt, so erlischt das Widerspruchsrecht nicht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, sondern besteht nach Ablauf der Jahresfrist fort. Dasselbe gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

Prämienrückzahlung nach Widerspruch
LG Kiel
1. Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags und damit der Bestand bzw. das Fehlen eines Rechtsgrunds von der Ausübung einer Gestaltungserklärung einer Vertragspartei (Widerspruchsrecht nach § 5a Absatz 2 VVG a.F.) ab, über deren Möglichkeit der Ausübung der Kl. aber aufgrund einer unzureichenden Belehrung des anderen Teils nicht hinreichend aufgeklärt worden ist, obwohl dieser dazu verpflichtet war, so läuft eine kenntnisabhängige Verjährungsfrist (§ 199 Absatz 1) jedenfalls dann nicht an, bevor der gestaltungsberechtigte Teil hinreichende Klarheit über den Bestand seines Gestaltungsrechts hat, wenn hinsichtlich des Bestands des Gestaltungsrechts eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage bestand.
2. Hinsichtlich der Frage, ob der VN bei nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Absatz 2 Satz 4 VVG a.F. zum Widerspruch berechtigt war, bestand jedenfalls bis zum Urt. des EuGH v. 19. 12. 2013 (r+s 2014, Seite 57) eine zweifelhafte Rechtslage im vorgenannten Sinn.
3. Zur sekundären Darlegungslast des Versicherers, wenn der VN die Auszahlung von Nutzungen verlangt, die der Versicherer aus ohne Rechtsgrund geleisteten Prämien gezogen hat.

Verletzung der Auskunftsobliegenheit durch Verschweigen einer Zeugin
OLG Saarbrücken
Hält der mit der Erfüllung der Aufklärungsobliegenheit beauftragte, von der Versicherungsnehmer getrenntlebende Ehemann aufgrund von Erklärungen des Versicherungsvertreters die Regulierungsbereitschaft des Versicherers für geklärt, so kann das auch Verärgerung über die Dauer der Regulierung erfolgte Verschweigen einer Zeugin gegenüber dem Sachbearbeiter nicht als arglistig betrachtet werden.

Zur Frage, ob ein Versicherungsmakler, der nicht nur Verträge an Versicherungsgesellschaften vermittelt, sondern auch schadensbearbeitend im Auftrag der Versicherer tätig ist gegen das RDG verstößt
OLG Köln
1. Bei § 3 RDG handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinn des § 4 Nr. 11 UWG).
2. Es kann offen bleiben, ob es sich bei der Tätigkeit der Beklagten ich um Rechtsdienstleistungen im Sinn des § 2 Abs. 1 RDG handelt oder ob § 2 Abs. 1 RDG über seinen Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen ist, dass eine Rechtsdienstleistung im Sinn dieser Vorschrift nur anzunehmen ist, wenn eine besondere beziehungsweise intensive Rechtsprüfung erforderlich sei.
3. Nach der Bestimmung des § 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit gestattet, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ziel der Vorschrift ist es, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern, andererseits aber den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten. Erlaubt ist die Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG nur, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild desjenigen gehört, der die Rechtsdienstleistung erbringt, und wenn sie eine Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit ist. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 S. 2 RDG). Maßgeblich ist dabei, ob die Rechtsdienstleistung nach der Verkehrsanschauung ein solches Gewicht innerhalb der Gesamtleistung hat, dass nicht mehr von einer bloßen Nebenleistung ausgegangen werden kann. Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss - soweit es sich nicht um Dienstleistungen von Angehörigen steuerberatender Berufe oder nach § 10 RDG registrierter Personen handelt - stets auf nicht rechtlichem Gebiet liegen.

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung des Versicherungsnehmers
LG Dessau
Ein Hinweis in der Widerrufsbelehrung auf die weitergehenden Einzelheiten des Widerrufsrechts innerhalb nachfolgender "Allgemeine (n) Informationen" genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung, wenn die Widerrufsbelehrung und der Versicherungsschein mit den Allgemeinen Informationen mittels einer Ösung verbunden sind und die Bestimmungen des Widerrufsrechts jeweils drucktechnisch hervorgehoben sind. Eine solche Belehrung muss der Versicherungsnehmer "nicht erst lange suchen". Ist der Versicherungsschein mit den Versicherungsbedingungen und den Verbraucherinformationen mittels einer linksseitigen Ösung fest verbunden, so trägt dies ebenfalls dazu bei, die Gefahr eines "Untergehens" in den Unterlagen von vornherein zu bannen.

Ablehnung eines Sachverständigen bei Misstrauen an seiner Unparteilichkeit bei Überschreitung des Gutachtenauftrags
OLG Bremen
Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit kann dann erfolgen, wenn vom Standpunkt einer Partei objektiv und vernünftig betrachtet Gründe vorliegen, die Misstrauen an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu begründen vermögen. Ein solcher Fall kann dann vorliegen, wenn der Sachverständige seinen Gutachtenauftrag selbstständig überschreitet und - insbesondere zu Lasten einer Partei - zu Aussagen gelangt, nach denen das Gericht nicht gefragt hat. Ob ein solches Verhalten einen Ablehnungsantrag zu rechtfertigen vermag, lässt sich allerdings nicht pauschal beantworten, sondern hängt ab von allen Umständen des Einzelfalles.

Heimliches Mithören von Telefonaten ist unzulässig
AG München
Die Aussage eines heimlichen Mithörers eines Telefonates ist vor Gericht unbeachtlich, da das heimliche Mithören eines Telefonats den Gesprächspartner in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Wirksamkeit einer Anfechtung wegen Täuschung bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen; Verwertbarkeit von formell nicht ordnungsgemäß erhobenen Daten
Brandenburgisches Oberlandesgericht
1. Dass im Versicherungsfall nur medizinische Auskünfte, die mit der zugrunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung in einem kausalen Zusammenhang stehen (können), eingeholt werden dürfen, ist der Vorschrift des § 213 VVG nicht zu entnehmen.
2. Solange kein zielgerichtet treuwidriges Verhalten des Versicherers feststellbar ist, ist selbst bei einer formell nicht ordnungsgemäßen Datenerhebung, die an korrigierbaren Mängeln leidet, in eine Güter- und Interessenabwägung einzutreten, die alle maßgeblichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, was umso mehr gilt, wenn beide Seiten einen Rechtsverstoß begangen haben.
3. Wurden im Rahmen der Gesundheitsfragen entgegen § 16 Abs. 1 VVG a.F. nicht alle bekannten Gefahrumstände, für die eine Anzeigepflicht bestand, wie ein fortdauernd behandeltes rezidivierende Cervikalsyndrom, Behandlungen wegen Allergien und die im Zeitpunkt der Antragstellung gegebene Arbeitsunfähigkeit infolge Nesselsucht, angegeben, sind dies hinreichende Indizien für die Arglist des Versicherungsnehmers.

Versicherer darf in der Leistungsprüfung die Anzeigepflichtverletzung prüfen
KG Berlin
1. Die notwendigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gemäß § 14 Abs. 1 VVG umfassen auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht; ist dem Versicherer die Einholung von Informationen über Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aus vorvertraglicher Zeit mangels Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherungsnehmers nicht möglich, ist dessen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht fällig.
2. Aus § 213 VVG a.F. und der zugrunde liegenden Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich nicht, dass der Versicherer diese Informationen seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr, jedenfalls nur bei einem konkreten Verdacht einer Anzeigepflichtverletzung und/oder nur beschränkt auf solche Gesundheitsdaten einholen darf, die einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt haben können.

Wirksame Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG setzt nicht voraus, dass auch darüber belehrt wird, dass kein Versicherungsschutz für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall besteht, wenn durch Vertragsanpassung rückwirkend ein Risikoausschluss Vertragsbestandteil wird
KG Berlin
1. Die Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 VVG im Antragsformular des Versicherers genügt den formalen Anforderungen an eine "gesonderte Mitteilung", wenn sie in den der Unterschrift nachfolgenden zweiseitigen "Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen" durch Einrahmung hervorgehoben wird und wenn auf diese Belehrung sowohl vor den Gesundheitsfragen als auch vor den Schlusserklärungen und Unterschriften jeweils durch fett gedruckte Kurzhinweise verwiesen wird.
2. Der Wirksamkeit der Belehrung steht nicht entgegen, dass bei der Darstellung der Rechtsfolgen zur Vertragsanpassung nicht ausdrücklich der Hinweis enthalten ist, dass kein Versicherungsschutz für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall besteht, wenn durch Vertragsanpassung rückwirkend ein Risikoausschluss Vertragsbestandteil wird, der ein Risiko betrifft, das sich in dem eingetretenen Versicherungsfall realisiert hat; denn diese Konsequenz ergibt sich auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus dem erteilten Hinweis auf die Möglichkeit der rückwirkenden Anpassung und der Möglichkeit des Ausschlusses der Gefahrabsicherung für einen nicht angezeigten Umstand.

Anforderungen an eine getrennte "Mitteilung" über die Folgen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheit
Oberlandesgericht Saarbrücken
Die Überlassung einer von dem Antragsformular getrennten "Mitteilung" über die Folgen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheit, genügt den Anforderungen an eine gesonderte Belehrung nicht, wenn nicht im Zusammenhang mit den Antragsfragen hinreichend deutlich auf diese Information hingewiesen wird.

Zu den Anforderungen an eine formell und materiell wirksame Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 5 VVG
LG Dortmund
1. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nur dann formell ausreichend, wenn sie durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in drucktechnisch ausreichendem Maße hervorgehoben hinweist. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform in diesem Sinne genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einem Antragsformularbogen aufnimmt, in welchen dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Gesundheitszustandes gestellt werden. Die Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text muss sich derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist. Wird in einer Belehrung auf einen Hinweis an anderer Stelle in dem Antragsformular verwiesen, so ist es unverzichtbar, dass dieser Verweis deutlich im räumlichen Bereich und im Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen an hinreichend exponierter Stelle im Antrag mit genauen Fundort dargestellt wird (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.4.2014 - 7 U 253/13).
2. Das von der Beklagten verwendete Antragsformular genügt diesen Grundsätzen. Zunächst ist oberhalb der Gesundheitsfragen auf Seite 3 des Antrages folgender Hinweis bezüglich der Folgen einer Anzeigepflichtverletzung im Fettdruck deutlich hervorgehoben an exponierter Stelle enthalten: "Wichtiger Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht und zu den Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Pflicht: Um ihren Antrag prüfen zu können, benötigt der Versicherer Antworten auf alle Fragen. Bitte beantworten Sie diese wahrheitsgemäß und vollständig. Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer berechtigen, (je nach Verschulden) vom Vertrag zurückzutreten, ihn zu kündigen oder anzupassen, was unter Umständen zur Leistungsfreiheit des Versicherers (auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle) führen kann. Nähere Informationen zu den Folgen einer Verletzung der Anzeigepflicht entnehmen Sie bitte der Seite 7 unter "Mitteilung nach § 19 (5) VVG"." Dieser Hinweis steht im räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen. In diesem Hinweis wird konkret hinsichtlich näherer Informationen auf die "Mitteilung nach § 19 (5) VVG" auf S. 7 des Antrages verwiesen. Die "Mitteilung nach § 19 (5) VVG" wiederum wird durch eine Umrahmung deutlich drucktechnisch von dem anderem Text auf S. 7 abgesetzt. Dies genügt den Anforderungen in formeller Hinsicht.
3. Die Belehrung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch materiell nicht zu beanstanden. Insbesondere wird ausdrücklich auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung hingewiesen, die auch einen Verlust des Versicherungsschutzes bedeuten können. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt von der vom Kläger zitierten Entscheidung des LG Dortmund. Zunächst wird auf Seite 3 darauf hingewiesen, dass die Verletzung der vorvertraglicher Anzeigepflichten unter Umständen zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle führen kann. In der Belehrung auf S. 7 wird unter "1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes" sodann wörtlich ausgeführt, dass "im Fall des Rücktritts ( ... ) kein Versicherungsschutz" besteht. Unter "3. Vertragsänderung" wird sodann wörtlich ausgeführt: "Kann der Versicherer nicht vom Vertrag zurücktreten oder kündigen, weil er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen des Versicherers Vertragsbestandteil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt, werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Auch insoweit können Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren. Wenn Sie die Anzeigepflicht schuldlos verletzt haben, steht dem Versicherer das Recht zur Vertragsänderung nicht zu." Auch die Regelung des § 194 Abs. 1 S. 3 VVG wurde berücksichtigt.

Rechtsfolgen der Unwirksamkeit der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F.
BGH
1. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist unter Beachtung des Urteils des EuGH vom 19.12.2013 (C-209/12) richtlinienkonform einschränkend auszulegen.
2. Danach enthält § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. eine planwidrige Regelungslücke, die richtlinienkonform dergestalt zu schließen ist, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die übrigen Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet.
3. Im Falle der Unanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. besteht das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten hat, grundsätzlich fort.
4. Ist der Versicherungsvertrag infolge eines rechtzeitigen Widerspruchs nicht wirksam zustande gekommen, ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der erlangte Versicherungsschutz zu berücksichtigen.

Kein Arglist wenn wegen Schwerhörigkeit des Versicherungsnehmers nicht auszuschließen ist, dass dieser die Aufklärung des Arztes über eine objektiv bestehende und im Antrag nicht angegebene Vorerkrankung nicht richtig verstanden hat
OLG Karlsruhe
Arglistig ist ein Handeln nicht nur dann, wenn es von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern es sind auch solche Verhaltensweisen arglistig, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur von der Absicht getragen wird, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen, gibt es nicht. Denn häufig werden unrichtige Angaben über den Gesundheitszustand auch aus falsch verstandener Scham oder einfach in der Annahme gemacht, dass die erlittenen Krankheiten bzw. durchgeführten Behandlungen bedeutungslos sind. Daher kann von Arglist des Versicherungsnehmers bei einem Zusatzkrankenversicherungsantrag nicht ohne weiteres ausgegangen werden, wenn wegen Schwerhörigkeit des Versicherungsnehmers nicht auszuschließen ist, dass dieser die Aufklärung des Arztes über eine objektiv bestehende und im Antrag nicht angegebene Vorerkrankung nicht richtig verstanden und daraufhin um dies nicht gewusst hat.

Keine Berufung auf Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages nach jahrelanger Durchführung
BGH
1. Zur Vereinbarkeit des so genannten Policenmodells (§ 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VVG a.F.) mit den Vorgaben des Art. 31 Abs. 1 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung.
2. Einem Versicherungsnehmer, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. erhielt, ist nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt.

Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines am Sitz des Versicherers beauftragten Rechtsanwalts
Landgericht Nürnberg-Fürth
Die geltend gemachten Reisekosten sind erstattungsfähig, da nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. Beschluss vom 09.10.2003 VII ZB 10/02 u.a.) jede Partei das Recht hat, einen Anwalt am oder in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes zu beauftragen. In seither ständiger Rechtsprechung hat der BGH an dieser Grundsatzentscheidung festgehalten, auch für kaufmännisch organisierte Unternehmen (vgl. Beschluss vom 18.02.2003, XI ZB 10/02, JurBüro 2003, 427, Beschluss vom 25.03.2004, I ZB 28/03, JurBüro 2004, 433).

Lehnen sich 18 medizinische Sachverständige ohne Widerspruch der Parteien selbst oder den Gutachtenauftrag ab, so gilt dieses Beweismittel als unerreichbar
AG Kassel
1. Für die hier zu beurteilende Streitfrage bedurfte es eines herausragend qualifizierten Sachverständigen. Dies führt dazu, dass es sich bei einem zu bestellenden Gutachter um eine wissenschaftlich qualifizierte Person, beispielsweise ein/e Universitätsprofessor/in handeln musste oder um eine herausragend praktisch qualifizierte Person, die etwa an prominenter Stelle in einem renommierten Krankenhaus tätig ist (§ 404 Abs. 1 ZPO).
2. Die befragten 18 Sachverständigen lehnten den Gutachtenauftrag mit unterschiedlicher Begründung ab. Diese Ablehnung ist für das Gericht verbindlich. Die Parteien haben gegen die ablehnenden Mitteilungen der angefragten Ärzte nicht remonstriert. Gemäß § 387 ZPO, der wegen § 408 Abs. 1 S. 1 ZPO entsprechend auf den Sachverständigenbeweis anwendbar ist, müssen die Parteien einen Zwischenstreit initiieren, sofern sie die Selbstablehnung eines Sachverständigen nicht auf sich beruhen lassen wollen. Denn wenn sie sich auf eine erneute Verhandlung zur Sache rügelos einlassen, so gilt die Weigerung des Sachverständigen als akzeptiert, mithin haben die Parteien damit konkludent den Verzicht auf die Begutachtung gerade durch diesen Sachverständigen erklärt (Zöller/Greger, § 387 ZPO Rn. 2). Hier haben sich die Parteien durch erneute Antragstellung ohne vorherige Rüge hinsichtlich der Weigerung der oben genannten Sachverständigen auf eine weitere mündliche Verhandlung eingelassen.
3. Dies führt im Ergebnis dazu, dass i.S.d. § 356 ZPO das Beweismittel unerreichbar ist, da der Kläger keine weiteren geeigneten Sachverständigen näher benennen konnte. Da auch die Landesärztekammer Hessen bereits in einem frühen Verfahrensstadium zur Benennung von Gutachtern aufgefordert worden war, bestand kein Anlass mehr, erneut eine Ärztekammer zu befragen. Die Anzahl der erfolglos befragten potentiellen Sachverständige spricht insoweit für sich. Das Gebot der Justizgewährleistung führt nicht dazu, dass letztlich uferlos nach Sachverständigen gesucht werden muss. Ausreichend ist ein hinreichendes Bemühen des Gerichts, eine geeignete Person zu finden, das allerdings im vorliegenden Falle gescheitert ist. Auch weitere angefragte potentielle Sachverständige entweder nicht mehr aufzufinden sind oder in gleichem Maße die Beantwortung der Beweisfrage ablehnen.

Ein Angebot von Gruppenversicherungsverträgen mit Ausschluss bestimmter Beschäftigter ist unzulässig
BGH
Auch ein marktbeherrschendes Versicherungsunternehmen muss sich beim Angebot von Gruppenversicherungsverträgen grundsätzlich nicht darauf verweisen lassen, für Arbeitgeber eine Versicherung bereitzustellen, aus der bestimmte Beschäftigte - etwa solche mit hohem Einkommen oder geringen Risiken - ausgenommen sind. Die Abmeldung vorhandener und die Nichtanmeldung neuer Beschäftigter zur betrieblichen Altersversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder stellt auch dann einen Vertragsverstoß eines Krankenhauses dar, wenn dieses mit dem Marburger Bund einen Tarifvertrag abschließt, der die Verpflichtung zu einem solchen Verhalten vorsieht. Das Krankenhaus als Arbeitgeber ist vielmehr verpflichtet, alle beschäftigten Arbeitnehmer zu versichern, die die nach dem ATV zu versichern wären.

Ermittlung der Reichweite eines befristeten Verjährungsverzichts durch Auslegung
BGH
Die Reichweite eines Verjährungsverzichts ist durch Auslegung der Verzichtserklärung zu ermitteln. Ein befristeter Verzicht des Schuldners auf die Erhebung der Verjährungseinrede soll dem Gläubiger im Zweifel nur die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs vor Ablauf der Verzichtsfrist ermöglichen. Eine Auslegungsregel, der Verzicht solle den Gläubiger im Zweifel so stellen, dass sämtliche während der Verzichtsfrist auftretende Tatbestände für eine Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung sich auch auf den Lauf der Verzichtsfrist auswirken, entbehrt der Grundlage. Ein weitergehender Verzicht bedarf vielmehr besonderer Anhaltspunkte, die einen über die Ermöglichung der gerichtlichen Geltendmachung hinausgehenden Verzichtswillen des Schuldners erkennen lassen. Das schließt es freilich nicht aus, dass die Reichweite des Einredeverzichts durch weitere Erklärungen des Schuldners verändert wird.

Abgrenzung zwischen einem objektiven Risikoausschluss und einer verhüllten Obliegenheit
BGH
Eine Regelung in den Bedingungen einer Luftfahrt-Haftpflichtversicherung, nach der kein Versicherungsschutz besteht, wenn der Führer des Luftfahrzeugs bei Eintritt des Ereignisses nicht die vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen Berechtigungen oder Befähigungsnachweise hatte, ist nicht als objektiver Risikoausschluss, sondern als verhüllte Obliegenheit zu qualifizieren.

Abgrenzung zwischen Obliegenheit und Risikobegrenzung
LG Dortmund
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einer Risikobegrenzung nicht nur auf Wortlaut und Stellung einer Versicherungsklausel an. Entscheidend ist vielmehr der materielle Gehalt der einzelnen Klauseln. Es kommt darauf an, ob die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert. Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss.
2. Hier wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer annehmen, dass er, wenn er Versicherungsschutz erhalten will, ein erkennbar reparaturbedürftiges Fahrzeug nicht in Betrieb nehmen darf. Gerade der Begriff der Erkennbarkeit setzt bei einer persönlichen Verantwortung des Versicherungsnehmers bzw. der versicherten Person an und knüpft mithin die Klausel an ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers. Sie ist mithin als verhüllte Obliegenheit unwirksam, da die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit bei einem Verstoß zum Nachteil des Versicherungsnehmers bzw. der versicherten Person von der gemäß § 32 Satz 1 VVG halbzwingenden Regelung des § 28 Abs. 2 bis 4 VVG abweicht .

Keine wirksame Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung bei einfachen oder mehrfachen Weiterverweisungshinweisen im Antragsformular
OLG Stuttgart
1. Ein Versicherer erfüllt die formalen Voraussetzungen eines Hinweises gem. § 19 Abs. 5 VVG n. F. nicht, wenn eine inhaltlich zutreffende Belehrung für den Versicherungsnehmer nicht in unmittelbarer Nähe zu den gestellten Gesundheitsfragen drucktechnisch hervorgehoben wiedergegeben und dort auch nicht präzise und unübersehbar auf den Fundort der Belehrung hingewiesen wird.
2. Belehrungen in Form von einfachen oder mehrfachen sog. Weiterverweisungshinweisen in Versicherungsanträgen (hier: Krankenversicherungsantrag) oder in einem Bedingungswerk reichen für eine gesonderte Mitteilung gem. § 19 Abs. 5 VVG n. F. nicht aus.

Zu den Anforderungen an eine „gesonderte Mitteilung" im Sinne des § 19 Abs. 5 VVG
OLG Saarbrücken
Die Überlassung einer von dem Antragsformular getrennten "Mitteilung" über die Folgen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheit, genügt den Anforderungen an eine gesonderte Belehrung nicht, wenn nicht im Zusammenhang mit den Antragsfragen hinreichend deutlich auf diese Information hingewiesen wird.

Vereinbarkeit des Abschlusses von Versicherungsverträgen nach dem sog. "Policenmodell" (§ 5a Abs 1 S 1 VVG aF) mit Unionsrecht als Frage von grundsätzlicher Bedeutung (hier: gem § 522 Abs 2 S 1 Nr 2 ZPO aF) - Berufungszurückweisung gem § 522 ZPO aF trotz grundsätzlicher Bedeutung verletzt Anspruch des Betroffenen auf effektiven Rechtsschutz (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) -
BVerfG
1. Aufgrund des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) kann eine Obliegenheit zur Begründung auch letztinstanzlicher Entscheidungen bestehen.
2a. Dies gilt auch für den Beschluss über die Zurückweisung der Berufung gem § 522 Abs 2 S 1 ZPO aF.
2b. Grundsätzliche Bedeutung iSd § 522 Abs 2 S 1 Nr 2 ZPO aF kommt einer Sache bereits dann zu, wenn sich eine Frage des Unionsrechts stellt, die entscheidungserheblich ist und einer einheitlichen Auslegung bedarf, und die in einem Revisionsverfahren ein Vorabentscheidungsersuchen gem Art 267 Abs 3 AEUV notwendig machen würde.
aa. Im Falle der Berufungszurückweisung durch Beschluss (§ 522 Abs 2 S 1 ZPO aF) wird das Berufungsgericht zum letztinstanzlichen Gericht und damit zum Adressaten der in Art 267 Abs 3 AEUV geregelten Vorlageverpflichtung. Die Maßstäbe, an denen die Handhabung des Art 267 Abs 3 AEUV gemessen wird, gelten in diesem Fall auf für die Auslegung und Anwendung der Anwendungsvoraussetzungen des § 522 Abs 2 S 1 Nr. 2, 3 ZPO aF.
bb. Verneint ein letztinstanzliches nationales Gericht demnach die in § 522 Abs 2 S 1 Nr 2, 3 ZPO aF genannten Zulassungsgründe, wird es dem Justizgewährungsanspruch in der Regel nur dann gerecht, wenn es entweder festgestellt hat, dass die gestellte unionsrechtliche Frage nicht entscheidungserheblich ist, oder wenn es substantiiert und vertretbar begründet, dass diese Rechtsfrage durch den EuGH bereits entschieden ist oder dass keine Zweifel an der richtigen Antwort auf diese Rechtsfrage bestehen.
Hingegen ist die Verneinung der grundsätzlichen Bedeutung offensichtlich unhaltbar, wenn das nationale Gericht eine eigene Lösung entwickelt, die nicht auf die bestehende EuGH-Rechtsprechung zurückgeführt werden kann und auch nicht einer eindeutigen Rechtslage entspricht.
3. Hier:
3a. Der Beschwerdeführer begehrte im Ausgangsverfahren als Versicherungsnehmer ua die Rückzahlung von Versicherungsprämien, die er im Rahmen eines nach dem sog. "Policenmodell" (§ 5a Abs 1 S 1 VVG aF) geschlossenen Rentenversicherungsvertrags geleistet hatte.
3b. Die Verneinung der grundsätzlichen Bedeutung im Ausgangsverfahren ist nicht nachvollziehbar und unhaltbar. Eine Entscheidung durch Beschluss gem § 522 ZPO aF kam nicht in Betracht.
aa. Dass § 5a Abs 1 S1 VVG aF mittlerweile außer Kraft getreten ist, steht der Klärungsbedürftigkeit der Frage nach der Richtlinienkonformität des "Policenmodells" nicht entgegen. Diese Frage hat der EuGH zudem bislang nicht beantwortet und auch in seinem Urteil vom 19.12.2013 (C-209/12, NJW 2014, 452) offengelassen.
bb. Für seine Entscheidung konnte sich das OLG nicht auf die von ihm herangezogene obergerichtliche Rspr stützen, da die Begründung der zitierten Entscheidungen zu kurz greift. Jene Rspr berücksichtigt nicht die beachtlichen Gegenargumente der Europäischen Kommission. Soweit argumentiert wird, die EWGRL 96/92 enthalte ausschließlich Vorgaben zum Versicherungsaufsichtsrecht, käme der innerstaatlichen Umsetzung aufgrund der Erlaubniswirkung des § 5a Abs 1 S 1 VVG aF keine praktische Wirksamkeit zu.
cc. Zweifel an der Unionsrechtskonformität des "Policenmodells" ergeben sich zudem aus den Materialien der Neuregelung des Versicherungsvertragsrechts zum 01.01.2008 sowie aus dem gespaltenen Meinungsbild im Schrifttum (wird mit Nachweisen ausgeführt).

Zeugenaussage über Inhalt eines billigend "auf laut" mitgehörten Telefongesprächs verwertbar
OLG Koblenz
Der Inhalt eines Telefongesprächs, der nicht heimlich, sondern unter Zustimmung aller Beteiligten mitgehört wird, unterliegt in Ansehung einer Zeugenaussage des Mithörenden nicht einem Beweisverwertungsverbot. Von einer solchen Zustimmung ist auszugehen, wenn zu Beginn des Gesprächs mitgeteilt wird, dass das "Telefon auf laut" gestellt wird und der Gesprächsteilnehmer dies kommentarlos zur Kenntnis nimmt.

Wortlaut des Widerspruchsrechts in Versicherungsschein maßgebend
OLG Köln
Für die Belehrung über das Widerspruchsrecht ist der Wortlaut des Versicherungsscheins maßgebend. Wird der Versicherungsnehmer mehrfach belehrt, so kann dies an der Wirksamkeit der Belehrung allenfalls dann etwas ändern, wenn die weiteren Belehrungen fehlerhaft sind und deshalb in einem Widerspruch zur Belehrung im Versicherungsschein stehen. Von einem Widerspruch kann nicht ausgegangen werden, wenn die Belehrung im Antrag und die Belehrung in den Verbraucherinformationen jeweils wortgleich sind und die Belehrungen darüber hinaus inhaltlich zutreffend sind und deckungsgleich sind mit der Formulierung im Versicherungsschein.

Eindeutige Regelung für Einbeziehung außergerichtlicher Anwaltskosten in die Vergleichssumme erforderlich
OLG Koblenz
Sollen bei einem Rechtsstreit die Anwaltskosten wegen vorgerichtlicher Vertretung mit eingeklagt werden, muss der Beklagte bei Abschluss eines Prozessvergleichs für eine eindeutige Regelung sorgen, dass diese Kosten in die Vergleichssumme einbezogen sind. Dabei muss auch der Umfang der Einbeziehung bestimmt werden. War die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung schon nicht Gegenstand des dem PKH - Antrag beiliegenden Klageentwurfs, liegt die Annahme fern, die Parteien hätten erwogen, dass der im Vergleich vereinbarte Zahlbetrag auch Kosten der vorgerichtlichen Vertretung abgelten sollte.

§ 5a Abs. 2 Satz 4 VVG ist europarechtswidrig und damit richtlinienkonform auszulegen
BGH
1. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (C-209/12) richtlinienkonform einschränkend auszulegen.
2. Danach enthält § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. eine planwidrige Regelungslücke, die richtlinienkonform dergestalt zu schließen ist, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die übrigen Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet.
3. Im Falle der Unanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. besteht das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten hat, grundsätzlich fort.
4. Ist der Versicherungsvertrag infolge eines rechtzeitigen Widerspruchs nicht wirksam zustande gekommen, ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der erlangte Versicherungsschutz zu berücksichtigen.

Verjährung von Prämienansprüchen aus Altversicherungsverträgen
BGH 
Prämienansprüche aus sogenannten Altversicherungsverträgen, die im Jahre 2008 fällig werden, unterliegen der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. Dabei kann offen bleiben, ob sich dieses Ergebnis aus Art. 1 Abs. 1 EGVVG i.V.m. § 12 VVG a.F. ergibt oder ob Art. 3 Abs. 1 EGVVG entsprechend anzuwenden ist. Im Falle der Anwendung von Art. 3 EGVVG sind auch die Regelungen über den Fristenvergleich in Art. 3 Abs. 2 und 3 EGVVG heranzuziehen.

Anspruch auf Quasideckung bei Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers
BGH
1.Hat ein Versicherungsmakler es pflichtwidrig unterlassen, ein bestimmtes Risiko abzudecken, so kann der Versicherungsnehmer von ihm verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten ("Quasideckung").
2.Ziff. 1.1 AHB 2008 ist nicht wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam; sie ist auch nicht unklar i.S. von § 305c Abs. 2 BGB.
3.Der Risikoausschluss in Ziff. 7.14 (1) AHB 2008 ist unabhängig davon, auf wessen Handeln die Ableitung der Abwässer zurückgeht.

§ 5 VVG gilt auch für den Fall, dass ein bestehender Versicherungsschutz durch den Antrag eines Versicherungsnehmers verändert werden soll und nicht nur für Neuverträge
LG Dortmund
1. § 5 VVG gelangt auch dann zur Anwendung, wenn der Versicherungsschutz im Rahmen von bereits bestehenden Versicherungsverträgen auf ein Verlangen des Versicherungsnehmers hin verändert werden soll. Die weitgehend dem § 5 VVG a. F. entsprechende Vorschrift gilt für jede Art von Versicherungsurkunden, wie Versicherungsschein, Verlängerungsschein, Nachtrag, Folgepolice. Unanwendbar sind § 5 Abs. 1 und Abs. 2 VVG nur dann, wenn weder ein Vertrag noch ein Antrag des Versicherungsnehmers vorausgegangen war, sondern der Versicherer durch unerwartet übersandten Versicherungsschein einen neuen Vertrag oder die Veränderung eines bestehenden Vertrages beantragt.
2. Ein Versicherungsnehmer, der einer sich aus dem Versicherungsschein ergebenden Abänderung vom Antrag widerspricht, will damit in aller Regel nicht von der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 3 VVG VVG abweichen. Deshalb kommt der Vertrag oder die Änderung des Vertrags nicht zustande bzw. wird nicht zu den ursprünglichen Bedingungen fortgeführt, sondern wird mit den im Versicherungsantrag niedergelegten Bedingungen wirksam, wenn im Versicherungsschein nicht oder nicht hinreichend deutlich auf die Abweichung vom Antrag hingewiesen wird.
3. Dennoch kann sich der Kläger auf den Verstoß gegen die grundsätzlich nach § 5 Abs. 2 VVG bestehende Hinweispflicht nicht berufen, da er nicht schutzwürdig war. Die Annahme einer Hinweispflicht des Versicherers aus § 5 Abs. 2 VVG setzt ein besonderes Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers voraus, da § 5 Abs. 2 und 3 VVG eine besondere Ausprägung des Vertrauensschutzgedankens enthalten. Dieser bedarf nur dann eines besonderen Hinweises oder einer besonderen Belehrung durch den Versicherer, wenn er nach Treu und Glauben davon ausgehen darf, der Versicherer werde von seinem "Antrag" nicht, jedenfalls nicht ohne Gegenteiliges zu erklären, abweichen und ihm einen Versicherungsschein erteilen, der seinem Antrag umfassend entspricht. Fehlt es im Einzelfall an einem entsprechenden Schutzbedürfnis, so kann aus § 5 Abs. 2 VVG - als Ergebnis einer teleologischen Reduktion - keine Hinweis- und Belehrungspflicht des Versicherers abgeleitet werden, deren Nichteinhaltung zugunsten des Versicherungsnehmers zur Folge hat, dass gemäß dessen Antrag umfassender Versicherungsschutz als vereinbart anzusehen ist. Das von § 5 Abs. 2 VVG mit seinem Belehrungserfordernis vertretene Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers entfällt insbesondere dann, wenn der Versicherer von vornherein - also noch vor Antragstellung - deutlich gemacht hat, er werde auf keinen Fall ein bestimmtes Risiko übernehmen.

Anforderungen an eine Belehrung und eine gesonderte Mitteilung gem. § 19 Abs. 5 VVG n.F.
OLG Stuttgart
1. Ein Versicherer erfüllt die formalen Voraussetzungen eines Hinweises gem. § 19 Abs. 5 VVG n.F. nicht, wenn eine inhaltlich zutreffende Belehrung für den Versicherungsnehmer nicht in unmittelbarer Nähe zu den gestellten Gesundheitsfragen drucktechnisch hervorgehoben wiedergegeben und dort auch nicht präzise und unübersehbar auf den Fundort der Belehrung hingewiesen wird.
2. Die Aufnahme der Belehrung in ein umfangreiches Bedingungswerk ist keine gesonderte Mitteilung gem. § 19 Abs. 5 VVG n.F.

Zu den Anforderungen an eine ausreichende Beratungsdokumentation
OLG Frankfurt
1. Nach den allgemeinen Grundsätzen trifft den Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung durch den Vertreter. Der beratungspflichtige Vertreter muss die behauptete Fehlberatung substanziiert bestreiten und darlegen, wie er im Einzelnen seinen Beratungs- und Informationspflichten nachgekommen ist. Dem Versicherungsnehmer obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft. Der Vermittler kann seiner Darlegungslast durch Aushändigung der Beratungsdokumentation nachkommen. Eine lückenhafte oder unzutreffende Dokumentation kann zu Beweiserleichterungen im Sinne einer Beweislastumkehr führen.
2. Die vorgelegte Dokumentation genügt nicht den Anforderungen des § 61 Abs. 1 VVG. Sinn der Vorschrift ist, dass aus der Dokumentation nachvollzogen werden kann, was der wesentliche Gesprächs- und Beratungsinhalt war. Dem genügt eine zum Ankreuzen vorgefertigte und sich auf Schlagwörter erschöpfende Beratungsdokumentation nicht, wenn Angaben zum konkreten Inhalt der Besprechung, zur zugrundeliegenden Motivation und zu den wesentlichen Gründen für den hier erteilten Rat, eine bestehende Versicherung abzuändern, fehlen. Als Konsequenz daraus muss vorliegend nicht der Versicherte beweisen, dass der Versicherer sie, vertreten durch den Zeugen Z1, unzutreffend beraten hat, sondern die Versicherung eine pflichtgemäße Beratung.
4. Das Verschulden des Vermittlers wird gem. § 63 S. 2 VVG vermutet. Die Pflichtverletzung des Vermittlers begründet zugleich eine Haftung der Versicherung, da ihre Beratungspflichten und Schadensersatzpflicht in § 6 Abs. 1 und Abs. 5 VVG entsprechend ausgestaltet sind, sie sich das Verhalten ihres Vertreters nach § 278 BGB zurechnen lassen muss. Der Versicherte ist so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde.
5. Der Versicherungsnehmer kann bei einer Pflichtverletzung gemäß § 6 Abs. 1 bzw. Abs. 4 VVG die Aufhebung des Vertrages verlangen, wenn dieser trotz objektiver Werthaltigkeit für die Zwecke der Partei nicht voll brauchbar ist, dies einen Schaden darstellt (Prölls/Martin, a. a. o. § 6 RN 62). Ein außerordentliches Kündigungsrecht stellt in diesem Zusammenhang ein Weniger dar.

Zur Feststellung des Zeitpunktes des Zuganges einer einfachen Briefsendung
OLG Hamm
1. Das Gericht hat gem. § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Der Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.
2. Allein die Versendung und der unstreitige Zugang eines normalen Briefes führen nicht zum Beweis des Zuganges an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer bestimmten Frist. Denn ansonsten würde das Erfordernis des Zuganges durch den in der Regel kaum zu führenden Beweis der negativen Möglichkeit entkräftet, dass die Sendung nicht zugegangen sei. Ebenso ist die Rechtslage, wenn nachzuweisen ist, wann eine empfangsbedürftige Willenserklärung zugegangen ist. Denn bei gewöhnlichen Briefen ist die Zahl der Sendungen, die erst nach längerer als üblicher Laufzeit den Empfänger erreichen, sicher nicht geringer, sondern eher größer als die Zahl der in Verlust geratenen Sendungen.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens
OLG Köln
Die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten sind nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird. Vielmehr muss sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Ist ein Privatgutachten im Einverständnis beider Parteien von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen verwertet und benutzt worden und hat dieser sogar entsprechende eigene Aufwendungen in diesem Umfang erspart, so handelt es sich ebenfalls um notwendige Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO. Durch eine einvernehmliche Verwertung des vorprozessualen Gutachtens können die dafür aufgewandten Kosten zu "notwendigen" im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO geworden sein.

 

Keine Belehrungspflicht nach § 19 Abs. 5 VVG im Falle der Arglist
BGH
1. Die Frage ob ein den Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG genügender Hinweis der Beklagten auf die Folgen einer Verletzung der Pflichten nach § 19 Abs. 1 VVG vorlag, nicht ankomme, da sich der arglistig Handelnde jedenfalls nicht auf eine Verletzung der Hinweispflicht berufen könne, wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
2. Die überwiegende Auffassung geht davon aus, dass es auf die Erfüllung der Hinweispflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG nicht ankommt, wenn der Versicherungsnehmer arglistig getäuscht hat. Eine Minderheitsauffassung im Schrifttum vertritt demgegenüber die Meinung, auch gegenüber einem arglistig täuschenden Versicherungsnehmer bestehe Leistungsfreiheit des Versicherers nur, wenn er eine den Erfordernissen des § 19 Abs. 5 VVG entsprechende Belehrung erteilt habe. Die erstgenannte Auffassung trifft zu.

Versicherungsnehmer muss sich Arglist des von ihm beauftragten Maklers grundsätzlich zurechnen lassen
BGH
Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger müsse sich ein arglistiges Verhalten des Streitverkündeten gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Dem Berufungsgericht sind diesbezüglich keine revisionsrechtlich erheblichen Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts unterlaufen. Die Revision setzt lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
2. Zwar kann es Ausnahmen, die zu einer Zurechnung des Maklerverhaltens beim Versicherer führen würden, geben. Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner - in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten. Das Berufungsgericht hat aber auf der Grundlage der von ihm zutreffend erkannten rechtlichen Grundsätze das Eingreifen eines derartigen Ausnahmefalles in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Art und Weise verneint.

Konkurrierende Subsidiaritätsklauseln der Versicherer bei Mehrfachversicherung gehen nicht zu Lasten des Versicherten
BGH
Haben Versicherungsnehmer bezüglich der jeweils verwirklichten Risiken bei unterschiedlichen Versicherungen Doppel- bzw. Mehrfachversicherungen abgeschlossen, können die Versicherungsnehmer durch gleichwertige Subsidiaritätsklauseln der Versicherer nicht schutzlos gestellt werden. Die Versicherungen sind gleichermaßen eintrittspflichtig, auch wenn aus ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen jeweils hervorgeht, dass, soweit im Versicherungsfall eine Entschädigung aus anderen Versicherungsverträgen beansprucht werden kann, diese Leistungsverpflichtungen vorgehen. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach der Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse auszulegen; diese Maßstäbe gelten auch für die Auslegung konkurrierender Subsidiaritätsklauseln. Der Versicherungsnehmer wird mit Blick darauf, dass er für den Versicherungsschutz in beiden Verträgen Prämien leistet, nicht annehmen, der Streit der Versicherer um die Nachrangigkeit ihrer Eintrittspflicht solle in der Weise zu seinen Lasten ausgetragen werden, dass er am Ende ohne Versicherungsschutz bleibt. Soweit ein Versicherer seine Leistungsverpflichtungen erfüllt hat, kann er einen Innenausgleich nach den gesetzlichen Regelungen über die Mehrfachversicherung verlangen.

Nicht jede Überschreitung des Gutachtenauftrags führt zur Befangenheit des Sachverständigen
OLG Karlsruhe
1. Die Überschreitung des gerichtlichen Auftrags in einem schriftlichen Gutachten kann unter Umständen eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen aus der Sicht einer Partei rechtfertigen. 2. Eine Besorgnis der Befangenheit ist allerdings nicht anzunehmen, wenn die Überschreitung des Auftrags darauf beruht, dass der Sachverständige den gerichtlichen Beweisbeschluss missverstanden hat, und wenn dieses Missverständnis aus der Sicht der Partei bei vernünftiger Betrachtung unter den gegebenen Umständen unschwierig erkennbar ist.

Unzulässigkeit eines Teilurteils bei kombinierter Feststellungs- und Leistungsklage
OLG Nürnberg
Begehrt der Kläger im Wege der objektiven Klagehäufung die Feststellung, dass das Versicherungsverhältnis nicht durch eine rechtsgestaltende Willenserklärung des Versicherers beendet worden ist, und gleichzeitig dessen Verurteilung zu bedingungsgemäßen Leistungen, ist der Erlass eines Teilurteils über den Feststellungsantrag unzulässig.

Arglist des Versicherungsmaklers ist dem Versicherungsnehmer zuzurechnen - Keine Belehrungsbedürftigkeit des arglistig Täuschenden - Keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers bei einer arglistigen Täuschung
OLG Köln
1. Die Gefahrerheblichkeit einer Hyperchosterinämie, Myalgie, Lumbago, Rheuma, eine depressive Episode und Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich liegt auf der Hand.
2. Ob der Kläger seine Vorerkrankungen gegenüber dem Versicherungsmakler beim Ausfüllen der Anträge offen gelegt hat, kann dahinstehen, da sich die Versicherung das Wissen des für den Kläger tätigen Versicherungsmaklers nicht zurechnen lassen muss.
3. Vorliegend kann dahinstehen, ob ein den Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG genügender Hinweis der Beklagten auf die Folgen einer Verletzung der Pflichten nach § 19 Abs. 1 VVG vorlag; denn auf eine Verletzung der Hinweispflicht kann sich der arglistig Handelnde mangels Schutzwürdigkeit nicht berufen.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügen zwar falsche Angaben in einem Versicherungsantrag alleine nicht, um den Schluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtfertigen. Die Annahme von Arglist setzt in subjektiver Hinsicht vielmehr zusätzlich voraus, dass erkannt und gebilligt wird, dass der Versicherer den Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde. Dass bei einem Versicherungsmakler eine entsprechende Kenntnis besteht, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
5. Auf eine Verletzung der Nachfrageobliegenheit kann sich der arglistig handelnde Versicherungsnehmer mangels Schutzwürdigkeit zum anderen auch nicht berufen.

Keine Widerspruchsmöglichkeit mehr nach Vertragsbeendigung
LG Dresden
1. Nach vollständiger Vertragsbeendigung kann die befristete Widerspruchsmöglichkeit nach § 5a VVG a.F. nicht mehr ausgeübt werden.
2. Das Urteil des EuGH vom 19. Dezember 2013 in der Rs. C-209/12 (Endress) steht dem nicht entgegen.

Europarechtskonformität des Policenmodells; Anforderung an Widerrufsbelehrung
LG Dessau-Roßlau
1. Ein Hinwies in der Widerrufsbelehrung auf die weitergehenden Einzelheiten des Widerrufsrechts innerhalb nachfolgender "Allgemeine (n) Informationen" genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung, wenn die Widerrufsbelehrung und der Versicherungsschein mit den Allgemeinen Informationen mittels einer Ösung verbunden sind und die Bestimmungen des Widerrufsrechts jeweils drucktechnisch hervorgehoben sind.
2. Das Policenmodell gem. § 5a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. ist europarechtskonform.

Belehrung über Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers muss in drucktechnisch deutlicher Form erfolgen
LG Stuttgart
Auf die Frage der Wirksamkeit eines Widerspruchs des Versicherungsnehmers gem. § 5a Abs. 1 VVG a.F. kommt es nicht an, wenn das Versicherungsverhältnis zuvor aufgrund einer Kündigung des Versicherungsnehmers ex nunc, d. h. mit Wirkung für die Zukunft, beendet worden ist. Eine solche Kündigung kann dem später erklärten Widerspruch des Versicherungsnehmers entgegenstehen, wenn der Versicherungsnehmer über sein Widerspruchsrecht ausreichend belehrt worden ist. Dies ist der Fall, wenn die Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt ist. Dies erfordert ausreichende Lesbarkeit und setzt die Verwendung einer hinreichend großen Schrift voraus. Darüber hinaus muss sich der Belehrungstext in einer nicht zu übersehenden Weise (etwa durch farbige Gestaltung, größere Buchstaben, Sperrschrift oder Fettdruck) aus dem übrigen Text hervorheben.

Versicherungsnehmer kann Zugang der Annahme des Versicherungsantrages zu beweisen haben
OLG Hamm
Streiten die Parteien darüber, ob der zum Vertragsschluss führende Zugang des Versicherungsscheins erst im Jahr 2008 erfolgt ist, sodass der im Jahr 2012 erklärte Widerruf mangels ausreichender Belehrung wirksam gewesen wäre, so trifft den Versicherungsnehmer für diese ihn günstige Tatsache die Beweislast. Gewährt ein neues Gesetz einen bestimmten, nach bisheriger Regelung nicht gegebenen Anspruch, hat der Anspruchsteller grundsätzlich darzulegen und zu beweisen, dass das anspruchsbegründende Ereignis in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Gesetzesreglung fällt. Eröffnet ein solches Gesetz dem Anspruchsgegner die Möglichkeit, den verfolgten Anspruch mit einem rechtshindernden Einwand zu Fall zu bringen, ist er für die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig. Dazu gehört auch der Zeitpunkt, in dem der den Anspruch begründende Vertrag geschlossen worden ist, damit festgestellt werden kann, ob der zeitliche Geltungsbereich des neuen Gesetzes den Vertrag erfasst.

Kein Wohnortgerichtsstand für klagenden Insolvenzverwalter des Versicherungsnehmers
OLG Hamm
§ 215 VVG findet weder direkt noch analog Anwendung auf den Insolvenzverwalter des insolventen Versicherungsnehmers.

Urteilsergänzung bei Übergehen eines Haupt- oder Nebenanspruchs
BGH
Wird bei der Verkündung eines Urteils in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, versehentlich ein von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch übergangen, kann dieser Mangel nicht durch eine Protokollberichtigung nach § 164 ZPO, sondern nur im Wege einer Urteilsergänzung gemäß § 321 ZPO behoben werden.

Zur Befangenheit eines Sachverständigen bei deutlichen Bewertungen
OLG Karlsruhe
1. Ein Befangenheitsgesuch kann grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass ein schriftliches Gutachten Ausführungen und Bewertungen enthält, die für eine Partei möglicherweise nachteilig erscheinen oder das eine Partei für unvollständig oder fachlich mangelhaft hält.
2. Die Überschreitung des gerichtlichen Auftrags in einem schriftlichen Gutachten kann unter Umständen eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen aus der Sicht einer Partei rechtfertigen.
3. Eine Besorgnis der Befangenheit ist allerdings nicht anzunehmen, wenn die Überschreitung des Auftrags darauf beruht, dass der Sachverständige den gerichtlichen Beweisbeschluss missverstanden hat, und wenn dieses Missverständnis aus der Sicht der Partei bei vernünftiger Betrachtung unter den gegebenen Umständen unschwierig erkennbar ist.
4. Bestimmte deutliche Bewertungen des Sachverständigen zu dem Vorbringen einer Partei („gänzlich unverständlich" und „vollkommen unersichtlich") weisen nicht auf dessen Parteilichkeit hin.

Zum Nachweis des Zugangs eines im Sendeprotokoll mit "OK-Vermerk" versehenen Telefaxes
BGH
1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte den Zugang der Kündigungserklärungen beweisen muss. Ferner deckt sich seine Auffassung, dass der "OK-Vermerk" eines Sendeberichts lediglich ein Indiz für den Zugang eines Telefaxes darstellt und insoweit keinen Anscheinsbeweis erbringt, mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
2. Allerdings wird diese Rechtsprechung im Hinblick auf technische Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Telekommunikation zum Teil in Frage gestellt.
3. Ob und inwieweit diese Kritik berechtigt ist, kann im Streitfall offen bleiben. Das Berufungsgericht hat unabhängig hiervon den Sachverhalt nicht umfassend gewürdigt und sich über Beweisantritte des Beklagten hinweggesetzt, die bereits auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine weitere Aufklärung geboten.
a) Das Berufungsgericht hat zunächst nicht genügend bedacht, dass der "OK-Vermerk" auf dem Sendebericht auch nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immerhin das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer belegt. In Anbetracht dieses Umstands kann sich der Empfänger nicht auf ein bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken; er muss sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vielmehr näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlegen usw. (ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 - 19 U 213/09, juris Rn. 17). Die Beweiskraft des im "OK-Vermerk" liegenden Indizes ist sodann unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu würdigen.
b) In jedem Fall war das Berufungsgericht gehalten, den Beweisantritten des Beklagten und seines Streithelfers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu, dass die mit dem "OK-Vermerk" versehenen Faxe auch beim Kläger eingegangen sind, nachzugehen.
c) Mit diesem Beweisantrag hat sich das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht näher befasst.Gründe, diesen Antrag zurückzuweisen, sind nicht ersichtlich. Da die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem "OK-Vermerk" versehenen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht, jedenfalls so gering ist, dass sich ein Rechtsanwalt bei Gestaltung seiner Büroorganisation in Fristensachen auf den "OK-Vermerk" verlassen darf, handelt es sich nicht um eine unzulässigerweise ohne tatsächliche Anhaltspunkte "ins Blaue hinein" aufgestellte Behauptung. Dies gilt insbesondere deshalb, weil gleich zwei mit "OK-Vermerk" versehene Faxe an unterschiedliche Nummern des Klägers nicht angekommen sein sollen. Zudem ist das Beweismittel nicht von vornherein ungeeignet. Es ist vielmehr bekannt, dass zumindest im Einzelfall gesicherte Feststellungen darüber, welche Daten im Speicher des Empfangsgerätes eingegangen sind, getroffen werden können.

Qualifiziertes Mahnschreiben wegen Nichtzahlung der Folgeprämie bei mehreren Versicherungsnehmern
BGH
Die Fristsetzung wegen Zahlungsverzugs mit einer Folgeprämie gemäß § 39 Abs. 1 VVG a.F. (jetzt § 38 Abs. 1 VVG) muss bei einer Mehrheit von Versicherungsnehmern, auch wenn diese unter derselben Anschrift wohnhaft sind, durch gesonderte schriftliche Mitteilung gegenüber jedem Versicherungsnehmer erfolgen.

Inhaltliche Anforderungen an eine wirksame Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG
LG Dortmund
1. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG erfordert eine nicht nur zutreffende, sondern auch unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung. Der Hinweis muss, um seiner Warnfunktion gerecht werden zu können, den Versicherungsnehmer sämtliche ihn möglicherweise treffende Folgen, die diesem bei Ausübung der Rechte durch den Versicherer drohen, enthalten.
2. Diesen Anforderungen genügt die Belehrung nicht. Sie enthält für den Fall des Rücktritts den ausdrücklichen Hinweis, dass in diesem Fall kein Versicherungsschutz besteht. Für den Fall der Vertragsanpassung findet sich ein solcher ausdrücklicher und unmissverständlicher Hinweis jedoch nicht. Die Belehrung über die Rechtsfolgen der Vertragsanpassung beschränkt sich auf den Hinweis, dass bei einer fahrlässigen Verletzung der Anzeigepflicht die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil werden. Für den Versicherungsnehmer ist dadurch jedoch nicht deutlich, dass auch bei einer Vertragsanpassung es zu einem rückwirkenden Verlust des Versicherungsschutzes kommen kann, wenn die Vertragsanpassung als rückwirkende Einfügung eines Risikoausschlusses erfolgt. Insbesondere der Umstand, dass bei der Belehrung über die Rechtsfolgen des Rücktritts der ausdrückliche Hinweis auf den Verlust des Versicherungsschutzes erfolgt, vermittelt den Versicherungsnehmer den Eindruck, es könne bei einer Vertragsanpassung nicht zu einem rückwirkenden Verlust des Versicherungsschutzes kommen. Der Versicherungsnehmer wird hinter der Vertragsänderung eher eine Prämienerhöhung vermuten, als die Einfügung eines Risikoausschlusses mit Rückwirkung, welcher zu einem Verlust des Versicherungsschutzes für einen schon eingetretenen Versicherungsfall führen kann (Tschersich in r + s 2012, 53). Eine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung ist damit nicht gegeben.

Beginn des Versicherungsschutzes bei unterschiedlichen Angaben im Versicherungsschein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und des Tarifbeginns
OLG Köln
1 Weist der Versicherungsschein als Zeitpunkt des Vertragsschlusses den 5. Mai 2010 aus folgt aus dem Umstand, dass im Versicherungsschein ferner als Tarifbeginn der 1. Mai 2010 bezeichnet ist, nicht, dass der Versicherungsschutz bereits zu diesem Zeitpunkt begonnen hat. Hiermit ist nur der technische Versicherungsbeginn gemeint, d.h. der Zeitpunkt, von dem an die vereinbarte Prämie zu entrichten ist.Dies folgt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf dessen Horizont es bei der Auslegung nach § 133 BGB ankommt, zunächst aus der Wortwahl. Diesem werden zwar regelmäßig die versicherungsrechtlichen Feinheiten, insbesondere der Unterschied zwischen dem technischen und dem materiellen Versicherungsbeginn unbekannt sein; deshalb kann er unter dem Versicherungsbeginn den Beginn des materiellen Versicherungsschutzes verstehen.
2. Die Beklagte hat den 5. Mai 2010 jedoch nicht als Versicherungs-, sondern als Tarifbeginn bezeichnet. Unter dem "Tarif" wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber die Prämie, die für die vertraglich vereinbarten Leistungen zu zahlen ist, verstehen. Hinzu kommt, dass die Beklagte im Versicherungsschein unter "Vertragsgrundlagen" ausdrücklich darauf hinweist, dass sie Versicherungsschutz nach den für den jeweiligen Tarif geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen übernimmt und besondere Vereinbarungen im Versicherungsschein aufgeführt sind. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen schließen in § 2 Abs. 1 AVB/BT 2009 eine Rückwärtsversicherung grundsätzlich aus. Diese Regelung hat die Beklagte abbedungen, indem sie den Vertragsschluss unter "Besondere Vereinbarungen" auf den 5. Mai 2010 vorverlegt hat. Dies schließt die Annahme aus, dass mit dem Tarifbeginn der Beginn des materiellen Versicherungsschutzes gemeint sein soll; denn dann wäre nicht erklärlich, warum als Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Versicherungsschein unter "Besondere Vereinbarungen" ein späterer Zeitpunkt ausdrücklich bezeichnet worden ist.

Hinweis auf die Rechtsfolgen falscher Gesundheitsangaben nach § 19 Abs. 5 VVG darf grundsätzlich nicht auf letzter Seite platziert sein
OLG Stuttgart
Wird ein Kunde im Wege der sog. "Kaltakquise" (Ausspannen von Kunden) nach wiederholten Besuchen gewonnen, kann dies die üblichen Indizien für Arglist bei unvollständigen Gesundheitsangaben stark entwerten. Das Rücktrittsrecht eines Versicherers kann ausgeschlossen sein, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht in der erforderlichen Form auf die Rechtsfolgen einer Anzeigenpflichtverletzung hingewiesen hat. Die Platzierung der Hinweise auf die Rechtsfolgen falscher Gesundheitsangaben in einem Antragsformularsatz auf der letzten Seite, mehrere Seiten nach der Unterschrift, kann bei der Antragstellung leicht übersehen werden und ist aus diesem Grund nicht ausreichend, sodass der Versicherer u.a. sein Recht zum Rücktritt nicht ausüben kann.

Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Bestehen eines Versicherungsvertrages als Voraussetzung der Verletzung einer Anzeigeobliegenheit
OLG Saarbrücken
Voraussetzung einer vom Versicherer zu beweisenden Verletzung der Anzeigeobliegenheit ist die Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Bestehen eines Versicherungsvertrages.

Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines weder am Gerichtsort noch am Geschäftsort der Prozesspartei ansässigen Prozessvertreters bei bestehender Rechtsabteilung des Unternehmens
OLG Bamberg
1. Bei reisebedingt höheren Kosten eine Prozessvertreters handelt es sich im Allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 12.12.2012 - IV ZB 18/12 - juris Rn. 11 m.w.N.).
2. Reisekosten eines weder am Gerichtsort noch am Geschäftsort der Prozesspartei ansässigen Prozessvertreters sind dann insoweit zu erstatten, als sie die Kosten nicht übersteigen, die entstanden wären, wenn die Partei einen Prozessvertreter an ihrem Wohn- oder Geschäftsort beauftragt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 18.12.2003 - I ZB 21/03 - juris Rn. 8).
3. All dies gilt allerdings ausnahmsweise nicht, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Ein derartiger Ausnahmefall ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Partei - etwa ein gewerbliches Unternehmen mit entsprechend organisierter eigener Rechtsabteilung - den Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet hat und daher in der Lage ist, einen am auswärtigen Gerichtsort niedergelassenen Rechtsanwalt in ausreichendem Umfang schriftlich zu instruieren (vgl. BGH, Beschluss vom 09.10.2003 - VII ZB 45/02 - juris Rn. 8; Beschluss vom 18.12.2003 a.a.O. Rn. 9; Beschluss vom 17.02.2004 - XI ZB 37/03 - juris Rn. 1; Beschluss vom 12.12.2012 a.a.O. Rn.12 f.; ferner Senatsbeschluss vom 04.03.2013 - 1 W 12/13).
4. Die reisebedingt höheren Kosten waren hier erstattungsfähig. Grundsätzlich kommt es nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung nur darauf an, ob die Rechtsabteilung des Kostengläubigers bereits mit der Streitsache vorbefasst war oder nicht. Ein kostenrechtlicher Anspruch des Kostenschuldners darauf, dass die Rechtsabteilung auch tatsächlich eine Sache bearbeitet, besteht demgegenüber grundsätzlich nicht. Denn das hieße, in die Betriebsabläufe des Unternehmens der (Gegen-)Partei einzugreifen. Im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens und nicht darauf an, welche Organisation kostenrechtlich als zweckmäßig anzusehen wäre. Der Prozessgegner hat es daher grundsätzlich hinzunehmen, dass er die notwendigen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts zu tragen hat, während etwa die Kosten einer Rechtsabteilung oder einer besonders qualifizierten Fachabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (ebenso zu besonders qualifiziertem Personal BGH, Beschluss vom 28.06.2006 - IV ZB 44/05 - juris Rn.11 ff. unter Hinweis auf die "im Kostenrecht gebotene typisierende Betrachtungsweise"). Deshalb kommt es - entgegen der in der sofortigen Beschwerde geäußerten Ansicht der Klägerseite - auf einen Sachvortrag, aus welchen Gründen ein Rechtsanwalt vor Ort nicht habe eingeschaltet werden können, nicht an.

Analoge Anwendung des § 8 Abs. 3 S 2 VVG auf noch nicht beiderseits erfüllten Versicherungsvertrag verletzt Willkürverbot
BVerfG
1. Die analoge Anwendung des § 8 Abs 3 S 2 VVG ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar; der vom Beschwerdeführer abgeschlossene Versicherungsvertrag war durch keine der beiden Vertragsparteien vollständig erfüllt worden.
2. Daher hätte das AG prüfen müssen, ob dem Beschwerdeführer ein Widerrufsrecht gem § 8 Abs 2 VVG zustand. Eine Verwirkung des Widerrufsrechts scheitert angesichts der kurzen verstrichenen Vertragslaufzeit bereits am fehlenden Zeitmoment. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer den Vertragsschluss bestätigte, kam es daher nicht mehr an.

Kostenerstattungsanspruch des Scheinbeklagten (hier: falsche Konzerngesellschaft wurde verklagt)
Oberlandesgericht Naumburg
Einem Scheinbeklagten sind die zur Geltendmachung seiner fehlenden Parteistellung notwendigen Kosten nur ausnahmsweise und bei einer von ihm geschaffenen Verwechselungsgefahr nicht zwangsläufig zu versagen

Verjährung nach § 195 BGB für Prämienzahlungsansprüche aus Altverträgen
OLG München
Im Jahr 2008 neu entstehende Ansprüche auf Prämienzahlung aus vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Versicherungsverträgen (so genannten Altverträgen) unterliegen aufgrund des Übergangsrechts in Art. 1 und 3 und 2 EGVVG der Verjährungsfrist des § 195 BGB und nicht der des § 12 Abs. 1 VVG a.F.

Geltung des § 215 VVG auch für Klagen der versicherten Person gegen die Versicherungsgesellschaft
LG Stuttgart
Auch wenn der Kläger nicht Versicherungsnehmer ist, sondern nur versicherte Person bzw. Bezugsberechtigter, kann auch er am eigenen Wohnsitz Klage gegen die Versicherung erheben, wenn er Verbraucher gemäß § 13 BGB ist. Denn in diesen Fällen ist § 215 VVG analog anwendbar (hier: Klage des Kreditnehmers gegen die Restschuldversicherung/Arbeitseinkommensverlustversicherung bei kreditgebender Bank als Versicherungsnehmer).

Erlöschen des Widerrufsrechts nach beidseitiger vollständiger Leistungserbringung
LG Nürnberg-Fürth
Das Widerrufsrecht aus § 8 Abs. 4 S. 1 VVG a.F. erlischt in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG bzw. § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung aus dem Versicherungsvertrag (Anschluss BGH Urt. v. 16. Oktober 2013, IV ZR 52/12).

§ 215 VVG ist nicht für Klagen des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Versicherungsnehmers eröffnet
OLG Hamm
Nach dem VVG ist für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Versicherungsnehmers ist dieser Wahlgerichtsstand jedoch weder am Wohnort des Versicherungsnehmers noch am Sitz des Insolvenzverwalters eröffnet. Die Vorschrift § 215 Abs. 1 VVG ist nach ihrem Sinne und Zweck nicht auf Klagen des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Versicherungsnehmers anzuwenden. Weil der Insolvenzverwalter nicht eigene Rechte aus einer vertraglichen Sonderbeziehung zum Versicherer geltend macht, sondern für eine fremde Vermögensmasse tätig wird, fehlt es an seiner persönlichen Schutzbedürftigkeit und damit an einer dem Versicherungsnehmer vergleichbaren Interessenlage.

Wirksamkeit des formularmäßig vereinbarten Leistungsausschlusses bei arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer; Einschränkung des Leistungsausschlusses bei arglistigem Täuschungsversuch
LG Karlsruhe
1. Eine Bestimmung in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung über die Leistungsfreiheit des Versicherers bei einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers durch arglistige Täuschung oder durch den Versuch der arglistigen Täuschung über Tatsachen, die für den Grund und die Höhe der Entschädigung bedeutsam sind, ist auch dann wirksam, wenn sie über die im Streit befindlichen Ansprüche hinausgeht.
2. Ein den Versicherer von der Leistungspflicht befreiender Versuch der arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer ein als Rechnung überschriebenes Schreiben einer Firma mit der Bitte um Erstattung des Rechnungsbetrages übersendet, obwohl die in dem Schreiben aufgelisteten Arbeiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig ausgeführt waren. Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ist die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers im vorliegenden Fall nicht einzuschränken.

„Kaltakquise" kann deutlich gegen Arglist sprechen
OLG Stuttgart
1. Wird ein Kunde im Wege der sog. "Kaltakquise" (Ausspannen von Kunden) nach wiederholten Besuchen gewonnen, kann dies die üblichen Indizien für Arglist bei unvollständigen Gesundheitsangaben stark entwerten.
2. Die Platzierung der Hinweise auf die Rechtsfolgen falscher Gesundheitsangaben in einem Antragsformularsatz auf der letzten Seite, mehrere Seiten nach der Unterschrift, kann bei der Antragstellung leicht übersehen werden und ist aus diesem Grund nicht ausreichend, so dass der Versicherer u. a. sein Recht zum Rücktritt nicht ausüben kann (im Anschluss an BGH, VersR 2013, 297).

Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht setzt eigene Fragen des Versicherers voraus
LG Dortmund
1. § 19 Abs. 1 VVG knüpft die vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers an in Textform gestellte Fragen des Versicherers. Damit setzt die vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers voraus, dass der Versicherer und nicht irgendein Dritter nach Gefahrumständen gefragt hat. Stammen die Antragsfragen von einem Makler, setzt die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht voraus, dass sich der Versicherer diese Fragen zu eigen gemacht hat (OLG Hamm VersR 2011, 469).
2. Da der Versicherer eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer beweisen muss, obliegt es ihm darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass die Antragsfragen von ihm stammen oder er sich diese zu eigen gemacht hat.
3. Lässt bereits das äußere Erscheinungsbild eines Antragsformulars auf die Herkunft vom Versicherer schließen, erübrigt sich in der Regel ein substantiierter Vortrag des Versicherers dazu, von wem die Antragsfragen stammen. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - die Antragsfragen in einem nur auf den vermittelnden Makler hinweisenden Formular enthalten sind und der Versicherungsnehmer bestreitet, dass die Antragsfragen vom Versicherer stammen, obliegt es dem Versicherer nunmehr darzulegen, wie es zu dem Antrag gekommen ist. Dies hat die Beklagte nicht getan, so dass das Gericht nicht davon ausgehen kann, dass die Antragsfragen - wie es § 19 Abs. 1 VVG erfordert - von der Beklagten stammen, so dass die Voraussetzungen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung durch den Kläger nicht vorgetragen sind.
4. Das Gericht vermag sich der in VersR 213, 745 veröffentlichten Entscheidung des OLG Köln nicht anzuschließen, die im Widerspruch steht zu der vorerwähnten Entscheidung des OLG Hamm. Nach der Entscheidung des OLG Köln soll es ausreichen, wenn der Versicherungsnehmer annimmt, dass die Antragsfragen vom Versicherer stammen. § 19 Abs. 1 VVG setzt jedoch voraus, dass die Antragsfragen objektiv vom Versicherer stammen, was nicht schon dann der Fall ist, wenn der Versicherungsnehmer annimmt, dass dies der Fall sei. Im Übrigen wäre dem Versicherungsnehmer auch die Kenntnis des vermittelnden Maklers zuzurechnen, so dass dann, wenn es sich um Maklerfragen handelt, die Kenntnis des Maklers davon dem Versicherungsnehmer zugerechnet wird.
5. Aus dem Versicherungsantrag erschließt sich dem Versicherungsnehmer nicht, dass es sich bei dem Antrag auf Abschluss der Krankenversicherung um ein Formular der Beklagten handelt, da der Kopf des Formulars nur den vermittelnden Makler benennt, nicht aber die Beklagte. Aus der Tatsache, dass in den Antragsfragen z. B. unter 2 d und 3 verschiedene Versicherer aufgeführt sind, kann der Versicherungsnehmer ebenfalls nicht entnehmen, dass die Antragsfragen in der jeweiligen Variante von den bezeichneten Versicherern stammen und soweit kein Versicherer genannt ist, hier Antragsfragen von der Beklagten stammen sollen. Denn es besteht die Möglichkeit, dass der Makler selbst die Antragsfragen so zusammengestellt hat, weil er der Annahme war, dass die Versicherer entsprechende Fragen beantwortet haben wollen. Allein die Tatsache, dass der Versicherer dieselben Fragen gestellt hätten wie der Makler, reicht indes nicht aus, um die Antragsfragen als solche des Versicherers zu qualifizieren (OLG Hamm, a.a.O.).

Anforderungen an eine arglistige Täuschung
LG Dortmund
Eine arglistige Täuschung nach § 123 BGB setzt voraus einer Vorspielung falscher oder ein Verschweigen unwahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, in dem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Allerdings rechtfertigen falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein nicht den Schluss auf eine arglistige Täuschung. Denn einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer Antragsfrage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf dem Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht. In subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde. Außerdem muss die arglistige Täuschung für die Willenserklärung des Versicherers kausal geworden sein (ständige Rechtsprechung zuletzt BGH VersR 2011, 337). Für den Vorsatz reicht auch im Rahmen der Arglist und unter Geltung des VVG 2008 dolus eventualis aus (OLG Hamm VersR 2011, 469).

Zur Unterscheidung zwischen vorsätzlicher und arglistiger Obliegenheitsverletzung
LG Bonn
1. Die Anforderungen, die an die Annahme arglistigen Verhaltens im Sinne des § 28 Abs. 3 S. 2 VVG zu stellen sind, sind umstritten.
a) Einer Auffassung zufolge stellt jede vorsätzliche Verkehrsunfallflucht eine arglistige Aufklärungsobliegenheitsverletzung im Verhältnis zum Versicherer dar (LG Düsseldorf, Urt. v. 18.06.2010 - 20 S 7/10, juris; OLG München, Urt. v. 25.06.1999 - 10 U 5636/98, juris; AG Berlin-Mitte, Urt. v. 16.02.2010 - 107 C 3279/09, juris). Denn das Verlassen der Unfallstelle schränke generell die Möglichkeit des Versicherers ein, Feststellungen zu treffen, die zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Minderung des Schadens dienlich sein könnten.
b) Nach anderer Ansicht und insbesondere nach in jüngster Zeit ergangener Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 21.11.2012 - IV ZR 97/11, juris Rz 29 ff.) kann bei Vorliegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung nicht generell auf Arglist geschlossen werden. Arglist verlange neben der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung und über den bloßen Vorsatz hinausgehend vielmehr, dass der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolge und wisse, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen könne.
2. Die Kammer folgt der zuletzt genannten und vom Bundesgerichtshof bestätigten, differenzierten Betrachtungsweise.
a) Wie bereits die 6. Kammer des LG Bonn in ihrem Urteil vom 15.11.2012 - 6 S 63/12 - überzeugend ausgeführt hat, findet die "Gleichschaltung" der Voraussetzungen der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG und der Arglist gemäß § 28 Abs. 3 S. 2 VVG keine Stütze im Gesetz. Da es eine fahrlässige Unfallflucht gemäß § 142 StGB nicht gibt, liefe die (höhere) Anforderung der Arglist gemäß § 28 Abs. 3 S. 2 VVG letztlich leer. Die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung, die gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG die vollständige Leistungsfreiheit erst begründet, würde zugleich dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises gemäß § 28 Abs. 3 S. 1 VVG in allen Fällen der Verkehrsunfallflucht, ungeachtet der Besonderheiten des Einzelfalles, abschneiden.
b) Überdies spricht die gesetzliche Systematik gegen eine Gleichschaltung der Voraussetzungen der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung und der Arglist. Die gesetzliche Systematik des § 28 VVG sieht eine Abstufung vor, wonach die grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung eine anteilige Leistungsfreiheit des Versicherers (§ 28 Abs. 2 S. 2 VVG) und die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers bewirkt (§ 28 Abs. 2 S. 1 VVG), wobei in beiden Fällen dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises gemäß § 28 Abs. 3 S. 1 VVG verbleibt und nur bei vorsätzlichen und arglistigen Obliegenheitsverletzungen dem Versicherungsnehmer der Kausalitätsgegenbeweis abgeschnitten ist (§ 28 Abs. 3 S. 2 VVG). Mit dieser gesetzlichen Abstufung wäre es nicht vereinbar, die Voraussetzungen der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung einerseits und der arglistigen Obliegenheitsverletzung andererseits pauschal gleichzusetzen, ohne die Entscheidung von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig zu machen (LG Bonn, Urt. v. 15.11.2012 - 6 S 63/12, juris).
c) Folgerichtig spricht auch der Bundesgerichtshof davon, dass es für die Bejahung von Arglist erforderlich sei, dass - über den bloßen Vorsatz hinausgehend - der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolge und wisse, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen könne (BGH, Urt. v. 04.05.2009 - IV ZR 62/0, juris Rn. 9). Auch in seinem neueren Urteil vom 21.11.2012 (BGH, Urt. v. 21.11.2012 - I ZR 97/11, juris) stellt der Bundesgerichtshof für die Prüfung der Voraussetzungen der Arglist auf eine einzelfallbezogene Betrachtungsweise ab.

Hinweis auf die Rechtsfolgen falscher Gesundheitsangaben darf grundsätzlich nicht auf letzter Seite des Antragsformulars platziert sein
OLG Stuttgart
Die Platzierung der Hinweise auf die Rechtsfolgen falscher Gesundheitsangaben in einem Antragsformularsatz auf der letzten Seite, mehrere Seiten nach der Unterschrift, kann bei der Antragstellung leicht übersehen werden und ist aus diesem Grund nicht ausreichend, so dass der Versicherer u. a. sein Recht zum Rücktritt nicht ausüben kann (im Anschluss an BGH, VersR 2013, 297).

Unwirksamkeit von Versicherungsvertragsklausel über Auskunftsobliegenheit berührt nicht Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung
OLG Frankfurt am Main
Sind Vertragsbedingungen nicht den Regelungen des neuen Versicherungsvertragsgesetzes angepasst worden, kann das Versicherungsunternehmen sich nicht auf die Verletzung der Auskunftsobliegenheit berufen, wenn es zum Schadensfall kommt. Zum Nachteil des Versicherungsnehmers liegt dann die Unwirksamkeit der Klausel vor, denn die Folgen der Verletzung einer Auskunftsobliegenheit müssen im Versicherungsvertrag vereinbart sein. Die Unwirksamkeit der Regelung über die Auskunftsobliegenheit wirkt sich aber nicht auf den besonderen Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung aus; vielmehr handelt es sich bei dieser Verwirkungsvorschrift um eine solche mit Strafcharakter, der eigenständige Bedeutung zukommt. Der Versicherungsnehmer muss auch nicht vorab über die Folgen einer arglistigen Täuschung belehrt werden, da der arglistig Täuschende nicht schutzwürdig ist.

Keine Belehrungspflicht bei arglistiger Obliegenheitsverletzung
OLG Köln
Verletzt der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit arglistig, so ist der Versicherer auch dann leistungsfrei, wenn eine Belehrung nach § 28 Abs. VVG fehlt.

Kein Widerspruchsrecht mehr nach vorheriger Kündigung
LG Stuttgart 13. Zivilkammer 13 S 100/13 Urteil vom 20.11.2013
Die Kündigung eines Versicherungsvertrages steht einem späteren Widerspruch entgegen, wenn der Versicherungsnehmer über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde.

Geschäftsgebühr ist bei Formulierung "zur Abgeltung aller streitgegenständlichen Forderungen" nicht Teil der Vergleichssumme
OLG Koblenz
Ein Anwalt hat grundsätzlich bei Abschluss eines Prozessvergleichs für eine eindeutige Regelung zu sorgen, wenn die Kosten der vorgerichtlichen Vertretung in die Vergleichssumme einbezogen sein sollen. Die Vergleichsformulierung "zur Abgeltung aller streitgegenständlichen Forderungen" belegt nicht die Einbeziehung, soweit die Anwaltskosten als bloße Nebenforderung geltend gemacht wurden. In einem solchen Fall fehlt eine eindeutige Einbeziehung in den Vergleich, sodass die Geschäftsgebühr nicht tituliert ist.

Urteile aus dem Jahr 2013

Anwendbarkeit des Vereinsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
BGH
1. Auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (hier: Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit) finden die Vorschriften des Vereinsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, soweit nicht im Versicherungsaufsichtsgesetz auf abschließende Regelungen des Aktien- oder Genossenschaftsrechts verwiesen wird.
2. Bei dem Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit ist zwischen der öffentlich-rechtlichen Beitragspflicht der Arbeitgeber und dem Mitgliedschaftsverhältnis zu unterscheiden. Das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen den Arbeitgebern und dem Verein ist keine Zwangsmitgliedschaft, sondern privatrechtlicher Natur.
3. Erteilt der Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit einem Mitglied Auskunft über die Namen und die Anschriften der anderen Mitglieder, liegt darin kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 15 Satz 1 BetrAVG.

Ausreichend auffälliger Hinweis vor den Gesundheitsfragen im Antragsformular auf die rückseitige Belehrung über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist ausreichend
Landgericht Stuttgart
1. Nach § 19 Abs. 4 stehen dem Versicherer die Rechte nach den Absätzen 2-4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
2. Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl als drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war, sich insbesondere im Übrigen Texte selben Dokumentes durch andersartige drucktechnische Gestaltung anboten. Dies gilt auch für § 19 Abs. 5 VVG.
3. Wenn in einem Antragsformular auf S.2 in Großbuchstaben in der Kopfzeile auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen und zusätzlich bei den Angaben zum Gesundheitszustand in Fettschrift auf Hinweise auf der Rückseite hingewiesen wird und sodann in farblich abweichender Schrift, nämlich in roter Schrift, „fehlende, falsche oder bagatellisierende Angaben gefährden Ihren Versicherungsschutz" aufgeführt werden, genügt dies den Anforderungen an eine Belehrung.
4. Wird in einem Antragsformular nach derzeitigen oder früheren Untersuchungen gefragt und nicht danach, ob der Antragsteller an Krankheiten oder Störungen usw. gelitten hat, unterscheidet sich diese Klausel von dem Sachverhaltsurteils des BGH NJW-RR1995, 216. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller von einer bloßen Befindlichkeitsstörung oder davon ausgegangen ist, dass seine Krankheiten bereits ausgeheilt waren.

Bei Arglist ist eine Belehrung des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten entbehrlich
LG Koblenz
Zwar ist umstritten, ob der Hinweis nach § 28 Abs. 4 VVG auch beim arglistigen Verhalten vorausgesetzt wird. Überwiegend wird jedoch die Auffassung vertreten, dass die Leistungsfreiheit bei Arglist nicht an einen vorangegangenen Hinweis auf die Rechtsfolgen geknüpft ist. Das erkennende Gericht folgt der herrschenden Meinung, da sich in der Gesetzesbegründung die Aussage findet, dass es im Fall der Arglist keiner Belehrung bedürfe.

Obliegenheiten bei erneuter Sachprüfung nach Leistungsablehnung
BGH
Mit der Erklärung des Versicherers, die Leistung abzulehnen, endet die Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhaft begangener Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheitsverletzungen. Will der Versicherer nach einer Leistungsablehnung wieder in die Sachprüfung eintreten und dafür den Schutz vertraglich vereinbarter Obliegenheiten erneut in Anspruch nehmen, muss er dies gegenüber dem Versicherungsnehmer zweifelsfrei klarstellen.

Bei Arglist ist eine Belehrung des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten entbehrlich
OLG Frankfurt
1. Auch im Rahmen des § 28 VVG n.F. bedarf es im Falle der Arglist keiner Belehrung. Eine solche Einschränkung des Belehrungserfordernisses ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 28 IV VVG n. F., jedoch aus der Gesetzesbegründung zum neuen Versicherungsvertragsgesetz. Dort heißt es ausdrücklich zu § 28 IV VVG, dass es im Falle der Arglist keiner Belehrung bedürfe, was auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. zum alten VVG entspricht. Da - wie es in der Gesetzesbegründung eingangs heißt - die Regelung in § 28 IV VVG n.F. auf die Rechtsprechung zum Belehrungserfordernis des Versicherers bei Verletzung vertraglich bestimmter Aufklärungs- oder Auskunftsobliegenheiten zurückgeht, hat der Gesetzgeber offensichtlich in Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur fehlenden Schutzbedürftigkeit des arglistig Täuschenden keine Veranlassung zu einer ausdrücklichen Klarstellung im Gesetzeswortlaut gesehen.
2. Der Wille des Gesetzgebers, der im Rahmen der Auslegung auch dann zu berücksichtigen ist, wenn er keinen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat, ist insofern eindeutig.

Keine wirksame Widerrufserklärung bei einer zuvor ausgesprochenen Kündigung des Versicherungsvertrages
LG Köln
Ein Widerspruch kann nach einer bereits zuvor ausgesprochenen Kündigung eines Versicherungsvertrags nicht mehr wirksam erklärt werden. Hat sich der Versicherungsnehmer bereits lange vor der Widerspruchserklärung für ein anderes Gestaltungsrecht mit anderen Rechtsfolgen, nämlich die Kündigung, entschieden und hat er von seinem etwaigen Wahlrecht also bereits Gebrauch gemacht und durch die Wahl der Kündigung zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er diese Bindung nur ex nunc beseitigen will und damit eine Bindung für der Vergangenheit gerade anerkennt, so besteht bei einer solchen Sachlage auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes für die rückwirkende Zulassung eines Widerspruchs- bzw. Widerrufsrechts kein Raum.

Darlegungslast des Versicherungsnehmers für die Eigenschaft des Vermittlers als Versicherungsmakler
OLG Saarbrücken
Will ein Versicherungsnehmer einen Vermittler als Versicherungsmakler wegen fehlerhafter Beratung bei Abschluss einer Seniorenunfallversicherung in Anspruch nehmen, muss er darlegen, dass dieser ihm mit Bindungswillen die unabhängige, auf einer sorgfältigen Analyse des Absicherungsbedarfs und der getroffenen Anbieterauswahl erfolgende Vermittlung von Produkten unterschiedlicher Versicherer versprochen hat.

Übermittlung persönlicher Daten zur Abwicklung und Prüfung eines Versicherungsfalls sind auf das hierfür Erforderliche zu begrenzen
BVerfG
Die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Schutzpflicht gebietet es, dafür Sorge zu tragen, dass informationeller Selbstschutz für Einzelne tatsächlich möglich ist. Daher muss eine versicherungsvertragliche Obliegenheit zur Schweigepflichtentbindung hinreichend eng ausgelegt werden. Hat aber in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann, so ist es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen der beteiligten Parteien hinzuwirken. So verhält es sich, wenn es einem Versicherer durch eine vorformulierte Einzelermächtigungen ermöglicht wird, auch über das für die Abwicklung des Versicherungsfalls erforderliche Maß hinaus in weitem Umfang Informationen über die versicherten Personen einzuholen. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007 in § 213 VVG den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Versicherungsnehmerinnen und -nehmer geregelt. Soweit (noch) keine gesetzlichen Regelungen über die informationelle Selbstbestimmung greifen, obliegt es dem Gericht, einen schonenden Ausgleich der verschiedenen Grundrechtspositionen durch einen Dialog zwischen den Parteien herbeizuführen und die zur Abwicklung des Versicherungsfalls erforderlichen Daten zu ermitteln.

Keine wirksame Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht, wenn dem Versicherungsnehmer nicht verdeutlicht wird, dass es auch bei einer leicht fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung zum rückwirkenden Verlust des Versicherungsschutzes kommen kann
LG Dortmund
1. In formeller Hinsicht ist für eine wirksame Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zunächst nicht erforderlich, dass der Hinweis auf einem eigens für die Belehrung erstellten Dokument (Extrablatt) erteilt wird. Denn durch die Wendung "gesonderte Mitteilung in Textform" sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass eine anlassbezogene, lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt getrennte Form des Hinweises erforderlich ist. Deshalb genügt zur Erfüllung der mit dem Hinweis bezweckten Warnfunktion auch eine Belehrung innerhalb eines noch andere Mitteilungen enthaltenen Schriftstücks, wenn die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung sich vom übrigen Text derart abhebt, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist (BGH VersR 2013, 297 zu § 28 Abs. 4 VVG). Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs lässt sich auf den Hinweis nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG wegen des insoweit gleichlautenden Wortlauts der gesetzlichen Vorschriften und des identischen Zwecks der Belehrung übertragen.
2. Diesen Anforderungen genügt die dem Kläger bei Antragstellung erteilte Belehrung. Die Beklagte hat unmittelbar vor den Gesundheitsfragen in Fettdruck auf die Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht und die Belehrung hierzu unter Ziffer 11 der "Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen" hingewiesen. Diesen Hinweis hat sie ebenfalls in Fettdruck vor der Unterschriftsleiste wiederholt. Sodann hat sie in den zweiseitigen "Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen" auf Seite 2 eine ausführliche Erläuterung der Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht gegeben, und diese durch eine Umrahmung vom übrigen Text der zweiten Seite der Erklärungen so deutlich abgesetzt, dass die Aufmerksamkeit des Betrachters auf den umrahmten Text gelenkt wird. Dies hält die Kammer in der Summe für so deutlich hervorgehoben, dass sie keine Bedenken gegen die formelle Gestaltung der Belehrung hegt.
3. Inhaltlich fordert § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG eine nicht nur zutreffende, sondern auch unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung (OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 385; LG Dortmund VersR 2010, 465 m. w. N.). Dies bedeutet indes nicht, dass der Versicherer gehalten ist, "jede erdenkliche Konsequenz bis ins letzte Detail" - wie es die Beklagte formuliert hat - zu erläutern, obwohl gerade die Beklagte mit ihrer nahezu eine volle DIN A 4 Seite umfassenden Belehrung einem solchen Postulat zumindest ziemlich nahe kommt. Für eine inhaltlich zutreffende Belehrung nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG reicht es nach Auffassung der Kammer sicherlich nicht aus, wenn der Versicherer den geforderten Hinweis auf die Folgen der Anzeigepflichtverletzung auf die Darstellung seiner eigenen Rechte beschränkt, mag damit auch dem Wortlaut des Gesetzes Genüge getan sein. Um seiner Warnfunktion gerecht werden zu können, muss der Hinweis gerade auch die den Versicherungsnehmer möglicherweise treffenden Folgen erläutern, die diesem bei einer Ausübung der Rechte des Versicherers drohen. Dazu hält es das Gericht für erforderlich, dass der Hinweis einerseits die dem Versicherer nach dem Grad des Verschuldens des Versicherungsnehmers eingeräumten Gestaltungsrechte (Rücktritt, Kündigung und Vertragsanpassung) erwähnt. Zum anderen müssen die dem Versicherungsnehmer nachteiligen Folgen der Ausübung von Rücktritts-, Kündigungs- oder Vertragsanpassungsrecht aufgezeigt werden, dass es insbesondere möglich ist, dass der Versicherungsnehmer bei einem Versicherungsfall schutzlos sein und er den Versicherungsschutz sogar rückwirkend verlieren kann (LG Dortmund a.a.O.).
4. Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten erteilte Belehrung nicht, da sie nicht mit der hinreichenden Klarheit für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennen lässt, dass es bei einer leicht fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung zum rückwirkenden Verlust des Versicherungsschutzes kommen kann, wenn der Versicherer den Vertrag durch Einfügung eines Risikoausschlusses anpasst.
5. Die inhaltlich unzureichende Belehrung über die Rechtsfolgen einer Vertragsänderung führt dazu, dass der Beklagten auch die Ausübung des Rücktrittsrechts verwehrt ist. Denn entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (Wagner/Rattay VersR 2011, 178) führt die materiell unzureichende Belehrung zu den Rechtsfolgen der dem Versicherer bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zustehenden Vertragsanpassung dazu, dass dem Versicherer nicht nur die Ausübung dieses von der Unrichtigkeit der Belehrung betroffenen Gestaltungsrechtes verwehrt ist.

Der arglistig handelnde Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, dass eine tatsächlich erfolgte Belehrung über die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung (nach der neuen Rechtsprechung des BGH) formal unzureichend ist
OLG Köln
1. Eine fehlende oder eine nicht ausreichende Belehrung führt indes dann nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit - auch wenn diese folgenlos gewesen sein sollte, vgl. § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG - arglistig verletzt hat. Das ergibt sich zwar aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 4 VVG nicht unmittelbar. Schon nach früherer Rechtsprechung zum alten VVG galt aber der Versicherungsnehmer, der eine Obliegenheit arglistig verletzt hat, als nicht schutzwürdig, weil ihm bei arglistigem Vorgehen auch ohne Belehrung klar ist, dass seine Handlungsweise bei Aufdeckung erhebliche versicherungsrechtliche Nachteile zur Folge hat, und er sich auch bei einer Belehrung nicht von seinem Verhalten wird abbringen lassen (vgl. BGH, VersR 2009, 968 und VersR 1971, 241). Daran wollte der Gesetzgeber nichts ändern; vielmehr ist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich festgehalten, dass es bei Arglist des Versicherungsnehmers keiner Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG bedarf (BT-Dr. 16/3945, S. 69). Dass nach der Zweckrichtung des § 28 Abs. 4 VVG eine Rechtsfolgenbelehrung bei arglistigem Verschweigen entbehrlich ist, entspricht demgemäß der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum. Der Senat folgt dieser Auffassung (s. zur vergleichbaren Problematik bei Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG bereits Senatsurt. v. 30. November 2012 - 20 U 89/12 -). Demgemäß kann sich ein arglistig handelnder Versicherungsnehmer erst recht auch nicht darauf berufen, dass eine tatsächlich erfolgte Belehrung formal unzureichend ist.
2. Der Senat wertet das Verschweigen der Vorerkrankungen durch den Kläger in der Unfallanzeige als arglistig. Die Annahme von Arglist setzt die Feststellung voraus, dass der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt, einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und dass er weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, VersR 2009, 968). Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es allerdings nicht (BGH, aaO).

§ 5a Abs. 1 VVG a. F. ist nicht europarechtswidrig
OLG München
Die Regelung in § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. über einen Vertragsschluss bei Überlassung von Unterlagen an den Versicherungsnehmer und seinem fehlendem Widerspruch steht in Einklang mit den Vorgaben der Zweiten und Dritten EU-Richtlinie Lebensversicherung bzw. der Konsolidierungsrichtlinie über Lebensversicherungen. Die rechtliche Konstruktion des § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. gewährleistet, dass der Versicherungsvertrag erst nach Erhalt der Verbraucherinformation wirksam wird. Zuvor ist der Vertrag - schwebend - unwirksam. Dies gilt grundsätzlich ungeachtet des Umstandes, dass beim Modell der schwebenden Unwirksamkeit nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. die Widerrufslast beim Versicherungsnehmer liegt.

Verschweigen einer vorübergehenden "Allerweltsverletzung" des Versicherungsnehmers begründet nicht per se arglistige Täuschung
OLG Saarbrücken
Es scheint nicht unplausibel, dass ein Versicherungsnehmer, der eine vorübergehende "Allerweltsverletzung" ohne pathologische Vorgeschichte (hier: eine Knöchelfissur) und ohne ihm zur Kenntnis gelangte dabei getroffene sonstige, verletzungsunabhängige Diagnosen bei Antragstellung nicht erwähnt, dies ohne Täuschungsvorsatz tut. Informiert der Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertreter bei Vorgesprächen über den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung zudem über eine Armgelenkserkrankung, und erteilt der Versicherungsvertreter den Rat, er solle mit der Antragstellung bis zu deren Ausheilung warten, so ist das ein Indiz gegen die Annahme von Arglist. Damit wird der Anschein erweckt, die Antragstellung sei nach der Heilung eben kein Problem mehr.

Keine Fragen des Versicherers zu den Gefahrumständen, wenn dieser einem Makler ein Softwareprogramm mit den Fragen stellt
LG Dortmund
Stellt der Versicherer dem Makler die Beratungstechnologie für einen Versicherungsantrag mit den Antragsfragen als Software-Programm zur Verfügung, handelt es sich bei den Fragen zu den Gefahrumständen nicht um Maklerfragen sondern um Anfragen des VR.

Unwirksamkeit einer Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG bei unterbliebenem Hinweis auf die Möglichkeit der Leistungsfreiheit im Falle rückwirkender Vertragsanpassung
LG Dortmund
Eine Belehrung nach § 19 Abs. 5 S. 1 VVG ist inhaltlich unzureichend, wenn sie bei den Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung nicht unmissverständlich auf den drohenden Verlust des Leistungsanspruchs durch rückwirkende Einfügung eines Risikoausschlusses hinweist.

Arglist des Maklers wird bei Mitunterzeichnung des Versicherungsantrags dem Versicherungsnehmer zugerechnet
LG Dortmund
Arglist des Maklers wird dem Versicherungsnehmer zugerechnet, wenn der Makler als dessen Vertreter im Außenverhältnis zum Versicherer aufgetreten ist. Dazu reicht die Mitunterzeichnung des Versicherungsantrags neben dem Versicherungsnehmer.

Nachvertragliche Beratungspflicht des Versicherers
OLG Karlsruhe
Die Reduzierung der Versicherungssumme im Rahmen der Neuordnung der Verträge stellt einen Beratungsanlass dar, der den Versicherer zur Bedarfsermittlung und Beratung verpflichtet.

Textform der Gesundheitsfragen; Anzeigepflichtverletzung bei Schweigepflichtentbindung für den Todesfall; Mitteilung eingeholter Auskünfte an Erben oder Angehörige
OLG Saarbrücken
1. In Textform sind die Gesundheitsfragen auch dann gestellt, wenn der Versicherungsvertreter dem Versicherungsnehmer die in einem Antragsformular enthaltenen Gesundheitsfragen vorliest, dessen Antworten einträgt und das Antragsformular zur Durchsicht und Unterzeichnung vorlegt.
2. Die in einem Rentenversicherungsvertrag enthaltene Ermächtigung, bei Ärzten und Krankenanstalten Auskünfte über die Gesundheitsverhältnisse des Versicherungsnehmers vor seinem Tod einzuholen, erlaubt die Prüfung, ob der Versicherungsnehmer die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat.
3. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers bedarf es keiner Unterrichtung der Erben oder Angehörigen über die Einholung solcher Auskünfte.

Versicherer muss grundsätzlich mit Vertreter des Versicherungsnehmers korrespondieren
BGH
Der Versicherer ist im Rahmen der ihn treffenden vertraglichen Nebenpflichten grundsätzlich gehalten, mit einem vom Versicherungsnehmer eingeschalteten Vertreter zu korrespondieren und diesem auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit dem nicht berechtigte Interessen des Versicherers entgegenstehen. Die Auskunftspflicht reicht allerdings nicht weiter als diejenige, die den Versicherer unmittelbar gegenüber dem Versicherungsnehmer trifft. Der Versicherungsnehmer hat auch bei bereits bestehenden Versicherungsverträgen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, seine Angelegenheiten gegenüber dem Versicherer durch einen Vertreter - das kann auch ein Versicherungsmakler sein - wahrnehmen zu lassen. Die Entscheidung seines Vertragspartners, die mit den Versicherungsangelegenheiten zusammenhängenden Arbeiten an einen Vertreter zu delegieren, muss der Versicherer grundsätzlich respektieren.

Kündigung eines Altvertrages zum Ablauf des dritten Versicherungsjahres
LG Berlin
Nach Art. 1 Abs. 1 EGGVG gilt § 11 Abs. 4 VVG, der eine Kündigungsmöglichkeit bereits zum Ablauf des dritten Versicherungsjahres zulässt, uneingeschränkt ab dem 01. Januar 2009 mit der Folge, dass auch Altverträge ab diesem Datum mit Wirkung zum Ablauf des dritten Jahres der formellen Vertragsdauer kündbar sind (entgegen LG Düsseldorf, 24. November 2010, 23 S 39/10).

Versicherer kann sich bei fehlendem Verschulden des Versicherungsnehmers nicht auf Ausschlussfrist zur Nachmeldung eines Schadens berufen
OLG Köln
Ausschlussfristen in Versicherungsverträgen, die auf die Untätigkeit des Versicherungsnehmers binnen bestimmter Frist abstellen, sind unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben im Interesse des sorgfältigen Versicherungsnehmers einschränkend auszulegen. Der Versicherer kann sich insofern nicht auf die Versäumung der Ausschlussfrist zur Nachmeldung eines Schadens berufen, wenn den Versicherungsnehmer an der Fristversäumung kein Verschulden trifft. Die Beweislast dafür trägt dafür der Versicherungsnehmer. Der Versicherungsnehmer muss sich in einem solchen Fall auch die Kenntnis eines Wissensvertreters zurechnen lassen. Allerdings ist nur derjenige als Wissensvertreter anzusehen, der in nicht ganz untergeordneter Stellung vom Versicherungsnehmer zumindest in einem Teilbereich damit betraut ist, an dessen Stelle für das Versicherungsverhältnis rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen.

Berufungsbegründungsfrist ist nur gewahrt, wenn vor 0.00 der vollständige Schriftsatz per Fax bei Gericht eingegangen ist
OLG Koblenz
Geht der Schriftsatz eines Rechtsanwalts in einem Zivilprozess nach Ablauf des letzten Tages der gesetzten Frist um 0:00 Uhr des Folgetages per Telefax ein, so ist die Frist abgelaufen und gilt als versäumt. Auch wenn der Rechtsanwalt die Faxübermittlung um 23:59 Uhr begonnen, diese aber in vollem Umfang erst frühestens um 0:00 Uhr das Gericht erreicht hat, ist das Schreiben nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen. Maßgeblich ist dabei nicht der spätere Ausdruck des Telefaxes, sondern die vollständige Übermittlung und Speicherung der Sendedaten im Empfangsgerät des Gerichts. Wenn die Frist zur Begründung des Rechtsmittels in dieser Weise nicht eingehalten wird, ist die Berufung nach der gesetzlichen Vorgabe insgesamt unzulässig.

Versicherungsnehmer muss keine Aufklärungspflichten erfüllen, wenn der Versicherer die Leistung ablehnt
BGH
Ein Versicherungsnehmer hat nach dem Versicherungsfall Aufklärungs - oder Auskunftsobliegenheiten nur solange zu erfüllen, wie er es mit einem Versicherer zu tun hat, der noch prüfungs- und damit verhandlungsbereit ist. Mit der Erklärung des Versicherers, die Leistung abzulehnen, endet die Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhaft begangener Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheitsverletzungen. Will der Versicherer nach einer Leistungsablehnung wieder in die Sachprüfung eintreten und dafür den Schutz vertraglich vereinbarter Obliegenheiten erneut in Anspruch nehmen, muss er dies gegenüber dem Versicherungsnehmer zweifelsfrei klarstellen.

Keine Berufung gegen Kostenentscheidung nach § 91a
BGH
1. Die Beweisregel des § 314 Satz 1 ZPO gilt auch für die im Urteil aufgeführten prozessualen Erklärungen der Parteien, die in der mündlichen Verhandlung abgegeben worden sind (im Anschluss an BVerwG, NJW 1988, 1228).
2. Das Rechtsmittel der Berufung ist nicht statthaft, wenn sich eine Partei allein gegen die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO und nicht zugleich gegen die Hauptsache wendet (im Anschluss an BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - I ZR 92/90, BGHZ 113, 362 ff.; Beschluss vom 19. Oktober 2000 - I ZR 176/00, NJW 2001, 230 unter II). Dies gilt auch dann, wenn die Partei zusammen mit ihrem Streitgenossen Berufung einlegt und sich der Streitgenosse nicht nur gegen die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, sondern auch gegen die Verurteilung in der Hauptsache wendet, die von ihm geltend gemachte Beschwer aber nicht die Berufungssumme erreicht.

Zu den formellen und materiellen Anforderungen an eine wirksame Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nach § 19 Abs. 5 VVG n.F.
Landgericht Koblenz
1. Der unter § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG n.F. geforderte Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung erfüllt so, wie er dem Kläger erteilt worden ist, in formeller Hinsicht nicht die Erfordernisse des Gesetzes. Dabei kann offen bleiben, ob die Wendung „gesonderte Mitteilung" so zu verstehen ist, dass die Belehrung auf einem vom Antragsformular gesonderten Schriftstück zu verfolgen hat oder ob die Belehrung auch auf dem Antragsformular erfolgen kann, wenn sie nur deutlich herabgesetzt oder sonst hervorgehoben ist (vgl. hierzu LG Dortmund, Urteil v. 17.12.2009, Az. 2 O 299/09; LG Köln, Urteil v. 14.07.2010, Az. 23 O 377/09; LG Koblenz, Urteil v. 13.07.2012, Az. 16 O 53/11). Auch wenn man eine Belehrung innerhalb des Antragsformulares für ausreichend ansieht, erfüllt sie vorliegend nicht ihren Sinn. Die Belehrung soll dem Schutz des Versicherungsnehmers dienen. Dieser Schutz kann nur verwirklicht werden, wenn die Belehrung so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss erfolgt, dass der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht noch erfüllen kann (LG Köln, a. a. O.). Dies kann nach Auffassung der Kammer nur erreicht werden, wenn ein in Schrifttyp und/oder Farbe hervorstechender Hinweis in räumlichem Zusammenhang entweder mit den Gesundheitsfragen oder mit der Unterschriftsleiste die rechtzeitige Kenntnisnahme des Versicherungsnehmers gewährleistet (so LG Dortmund, a. a. O.; LG Köln, a. a. O.; LG Koblenz a. a. O.).
2. Diesen Anforderungen entspricht das Antragsformular der Beklagten vorliegend nicht. Die Ausführungen „Wichtige Hinweise zur Anzeigepflicht" stehen weder in räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen noch mit der Unterschriftsleiste. Sie befinden sich auf der Rückseite des zugeklappten Formulars, also an einer Stelle, die dem Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen bzw. bei der Durchsicht des Formulars und auch bei Leistung seiner Unterschrift zwangsläufig verborgen ist.
3. Zwar enthält das Formular darüber hinaus in Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen einen weiteren Hinweis, jedoch hält die Kammer auch diesen nicht für ausreichend. Dieser Hinweis ist zwar fett gedruckt, fällt wegen seiner kleinen Schrift jedoch kaum ins Auge, da der Fettdruck gegenüber der normalen Schrift kaum auffällt. Der Hinweis wird deshalb nach der äußeren Gestaltung nicht der besonderen Bedeutung beigemessen, die ihn zur Erfüllung seiner wahren Funktion zukommt.
4. Auch inhaltlich stimmt der dem Kläger erteilte Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nach Auffassung der Kammer nicht mit den gesetzlichen Anforderung überein. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG erfordert inhaltlich nur eine zutreffende, sondern unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises auch eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung (LG Dortmund a. a. O.). Es reicht deshalb nicht aus, wenn der Versicherer den geforderten Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung auf die Darstellung seiner eigenen Rechte beschränkt, sondern der Hinweis muss auch die möglichen Folgen für den Versicherungsnehmer enthalten, die diesem bei einer Ausübung der Rechte des Versicherers drohen, um die gewünschte Warnfunktion zu erzielen. Dabei müssen die dem Versicherungsnehmer nachteiligen Folgen der Ausübung von Rücktritts-, Kündigungs- oder Vertragsanpassungsrecht aufgezeigt werden. Er muss darüber belehrt werden, dass es möglich ist, dass der Versicherungsnehmer bei einem Versicherungsfall schutzlos sein oder er den Versicherungsschutz sogar rückwirkend verlieren kann (vgl. LG Dortmund a. a. O.). Bei den „Wichtigen Hinweisen zur Anzeigepflicht" erläutert die Beklagte im vorliegenden Fall nur für den Fall des Rücktritts, dass dieser dazu führt, dass kein Versicherungsschutz besteht. Für den Fall der Kündigung und der Vertragsänderung fehlt ein solcher Hinweis. Für den Fall der Vertragsänderung ist zwar der Ausschluss der Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand erwähnt, jedoch nur in dem Zusammenhang, dass in diesem Fall der Versicherungsnehmer seinerseits den Vertrag kündigen kann. Dies wird der geforderten Warnfunktion nicht gerecht.
5. Wegen der formellen und materiellen Mängel des von der Beklagten erteilten Hinweises kann die Beklagte das Rücktrittsrecht nicht wirksam ausüben. Bereits aufgrund der formellen Mängel ist die Beklagte so zu behandeln, als hätte sie keinen Hinweis erteilt. Auch die materiellen Fehler führen dazu, dass die Beklagte sämtliche Rechte nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG nicht geltend machen kann und ihr nicht etwa das Rücktrittsrecht verbleibt, weil die Belehrung insoweit ordnungsgemäß war. Dafür spricht zum Einen bereits der Wortlaut des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG, wonach dem Versicherer „die Rechte" nur zustehen, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Danach hat der Versicherer auf sämtliche Folgen hinzuweisen. Zudem steht die inhaltliche unrichtige Belehrung einer unterlassenen Erklärung gleich. Anderenfalls müsste sich der Versicherer bei der Belehrung weniger Mühe geben. Der Gesetzgeber hat ihm bewusst die Warnung des Versicherungsnehmers auferlegt (LG Koblenz, a. a. O.).

Streitwert für AVB-Unterlassungsklage
OLG Schleswig
1. Bei Klagen auf Unterlassung der Verwendung einzelner Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist regelmäßig zum Schutz klagender Verbrauchschutzverbände ein Streitwert in Höhe von nicht mehr als 25.000 € anzusetzen (BGH, NJW-RR Jahr 2007 Seite 497).
2. Gibt der auf Unterlassung der Verwendung des § 17 Absatz 5c) cc) ARB (Kostenminderungsobliegenheit des VN) klagende Verbraucherschutzverband einen Streitwert von 25000 € an und ist diese Klage für die Allgemeinheit von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung wegen der Vielzahl von RechtsschutzversVerträgen mit dieser Klausel - allein bei der Bekl. bestehen VersVerträge in unstreitig zumindest fünfstelliger Zahl -, so ist dieser Wert nicht überzogen.

§ 215 VVG gilt nicht für juristische Personen
LG Fulda
§ 215 VVG ist weder unmittelbar noch im Wege der Analogie auf eine juristische Person anwendbar.

§ 215 VVG gilt nicht für juristische Personen
LG Hamburg
§ 215 VVG ist weder unmittelbar noch analog auf juristische Personen anwendbar, weil diese keinen „Wohnsitz" haben.

Tatsächliche Vermutung spricht für den Kausalzusammenhang zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Vertragsabschluss
OLG Stuttgart
1. Zur Erfüllung von Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten steht dem Versicherer der Weg offen, einem Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern aufzuklären. Die in den schriftlichen Unterlagen nicht angesprochenen, aufklärungsbedürftigen Gesichtspunkte können zwar bei der Beratung im Einzelfall in der gebotenen Klarheit angesprochen worden sein, der Versicherer muss jedoch beweisen, dass dies geschehen ist.
2. Für den Kausalzusammenhang zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Vertragsabschluss spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung, die nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen ist, sondern als echte Beweislastumkehr. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäße Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat.

Enge Freundschaft des Richters mit Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in selbstständigem Beweisverfahren rechtfertigt Annahme der Befangenheit
OLG München
Einem Antrag auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist stattzugeben, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen. Legt die Antragsgegnerin in einem anhängigen selbstständigen Beweisverfahren dar, dass den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin und den betreffenden Richter eine über eine persönliche Bekanntschaft hinausgehende Freundschaft verbindet, die ihren Ausdruck auch darin gefunden hat, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Trauzeuge des abgelehnten Richters bei dessen Eheschließung war, sind Zweifel an der Unabhängigkeit des Richters berechtigt. Denn aus der Sicht eines Dritten ist diese Konstellation mit einem verwandtschaftlichen Verhältnis vergleichbar.

Anforderungen an eine arglistige Täuschung
OLG Karlsruhe
1. Von einem arglistigen Verhalten ist auszugehen, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht, und dass dadurch bei dem Empfänger seiner Erklärung eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht oder nicht so abgegeben haben würde. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst nicht nur ein Handeln, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH NJW 2001, 2326; OLG Karlsruhe NJW-RR 2006, 463). Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist somit, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Arglistig täuscht im Sinne des § 123 BGB damit nur derjenige, dem bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früherer Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots zu beeinflussen.
2. Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Denn häufig werden unrichtige Angaben über den Gesundheitszustand auch aus falsch verstandener Scham, aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder einfach in der Annahme gemacht, dass die erlittenen Krankheiten bedeutungslos seien. Deshalb muss der Versicherer entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe der Abgabe einer falschen Erklärung auf den Willen des Versicherers einwirken wollte, sich also bewusst war, der Versicherer werde seinen Antrag nicht oder möglicherweise nur unter erschwerten Bedingungen annehmen, wenn der Versicherungsnehmer die Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde. Da es sich bei dem Bewusstsein des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis in der Praxis meist nur durch einen Indizienbeweis geführt werden.
3. Das Verschweigen von Umständen, deren Gefahrerheblichkeit auch aus Sicht des Versicherungsnehmers auf der Hand liegt, also das Verschweigen schwerer oder chronischer Erkrankungen, rechtfertigt grundsätzlich die Annahme einer Täuschung. Hat der Versicherungsnehmer gewisse Umstände - auch Untersuchungen - stark verharmlost oder harmlosere Umstände als den verschwiegenen angegeben, so folgt daraus, dass er sich der Gefahrerheblichkeit tatsächlich bewusst war und das Verschweigen daher auf Arglist schließen lässt. Gleiches gilt, wenn länger zurückliegende, nicht aber aktuelle Krankheiten angegeben werden. Dagegen spricht gegen Arglist, wenn der Versicherungsnehmer leichtere Erkrankungen oder solche, die von ihm als solche angesehen werden, verschwiegen oder gravierendere Umstände als die verschwiegenen angezeigt hat.
4. Liegen objektive Falschangaben vor, ist es Sache des Versicherungsnehmers, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiven falschen Angaben gekommen ist.

Belehrung über den Zahlungsverzug der Erstprämie im Versicherungsschein
LG Duisburg
Befindet sich auf dem Versicherungsschein in Fettdruck der Hinweis "Belehrung nach § 37 Abs. 2 VVG" und folgt eine vollständige Belehrung über den Zahlungsverzug der Erstprämie und wird zudem erläutert, was unter einer "rechtzeitigen Zahlung" zu verstehen ist, so genügt die Belehrung den Anforderungen des § 37 Abs. 2 S. 2 VVG.

Dem Versicherer zuzurechnende fehlerhafte Beratung des Versicherungsmaklers
BGH
Auch wenn ein Versicherungsmakler grundsätzlich die Interessen des Versicherungsnehmers und nicht diejenigen des Versicherers wahrnimmt, muss sich ein Versicherer das Verhalten und die Erklärungen rechtlich selbstständiger Vermittler und von diesen eingesetzter Untervermittler zurechnen lassen, soweit eine Lebensversicherung ausschließlich über diese Vermittler vertrieben wird. Gleiches gilt, wenn Makler und Versicherer dem Anlageinteressenten und künftigen Versicherungsnehmer schon im Antragsformular zusammen mit einem gemeinsamen Produkt gegenübertreten.

Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3 auf eine 1,5-fache Gebühr ist nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr entzogen
BGH
Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war, und ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20% der gerichtlichen Überprüfung entzogen. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen. Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen.

Anforderungen an ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht
LG Dessau-Roßlau
Zwar steht es regelmäßig im Belieben einer Vertragspartei, wie sie ein vertraglich gewährtes Widerrufsrecht ausgestaltet. Dies gilt jedoch nicht, wenn vom Empfängerhorizont des anderen Vertragspartners aus davon ausgegangen werden darf, dass die eine Partei ein Widerrufsrecht nach gesetzlichen Vorgaben einräumt und dieser Eindruck durch konkrete Umstände (Anpassung an die gesetzliche Widerrufsfrist, Ausgestaltung als Belehrung, Aufbau der Belehrung entsprechend einem gesetzlichen Widerrufsrecht, Gegenzeichnenlassen, einheitliche Vertragsurkunde) untermauert wird. Wird demgemäß für eine Kostenausgleichsvereinbarung ebenfalls ein Widerrufsrecht eingeräumt, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild einem gesetzlichen Widerrufsrecht gleicht, ist insbesondere auch auf die Folgen des Widerrufs für die beiderseits zu erbringenden bzw. zu fordernden Leistungen aus der Kostenausgleichsvereinbarung hinzuweisen.

Keine Rechtsfolge aus einer Obliegenheitsverletzung bei unterbliebener Anpassung an das VVG 2008
LG Potsdam
Hat der Versicherer seine AVB nicht an das VVG n.F. angepasst, so benachteiligt die unverändert fortbestehende Regelung der Rechtsfolge einer Obliegenheitsverletzung nach dem „alles-oder-nichts-Prinzip" den Versicherungsnehmer unangemessen bei einer Obliegenheitsverletzung, die der Versicherungsnehmer zu einem 2007 eingetretenen Versicherungsfall (Berufsunfähigkeit) im Jahre 2011 im Rahmen einer Nachprüfung der Berufsunfähigkeit durch den Versicherer begeht (hier: fehlendes zumutbares Bemühen um einen entsprechenden Arbeitsplatz). Der Versicherer kann daher keine Rechtsfolge aus der Obliegenheitsverletzung herleiten.

Streitwert bei negativer Feststellungsklage des Versicherungsnehmers
OLG Karlsruhe
Macht ein Versicherungsnehmer mit einer negativen Feststellungsklage geltend, dass ein Versicherungsvertrag ab einem bestimmten Zeitpunkt - wegen Kündigung - nicht mehr besteht, kommt es in der Regel darauf an, welche Prämien der Versicherer ohne die streitige Kündigung noch verlangen könnte.

Zum Einsatz von Hilfspersonen bei der Gutachtenerstellung
OLG Köln
1. Ein gerichtlicher Sachverständiger ist nicht gehindert, Hilfspersonen bei der Gutachtenerstellung hinzuzuziehen, solange er jedenfalls wesentliche Teile der klinischen Untersuchung selbst (mit) durchführt, die vorliegenden Befunde selbst würdigt, dass von der Hilfsperson entworfene Gutachten selbst durchsieht und ggf. korrigiert.
2. Ein gerichtlicher Sachverständiger ist regelmäßig nicht verpflichtet, die dem Gutachten zugrunde liegenden Rohdaten oder Notizen, seien es eigene, seien es diejenigen der am Gutachten beteiligten weiteren Personen, die der Vorbereitung des Gutachtens dienen, den Parteien vorzulegen.

Richterablehnung wegen ironischer Formulierungen
OLG Köln
Die Äußerung eines Richters, der Anwalt des Antragstellers „verbrenne das Geld seines Mandanten", begründet eine Ablehnung des Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit.

Versicherungsnehmer kann Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten auch zustehen, obwohl er diese noch gar nicht erstattet hat
LG Köln
Unerheblich ist, ob die Klagepartei die Anwaltskosten an ihren Prozessbevollmächtigten bereits gezahlt hat. Spätestens mit der Klageerwiderung hat der Rechtsschutzversicherer die Übernahme der Anwaltskosten ernsthaft und endgültig verweigert, sodass die Klagepartei gemäß § 250 Abs. 1 Satz 2 BGB ohne Fristsetzung Zahlung verlangen kann.

Sofortiges Anerkenntnis auch bei zuvor erfolgter Anzeige der Verteidigungsbereitschaft möglich
OLG Oldenburg, 11.12.2012, 5 U 140/12
1. Die zunächst erfolgte Anzeige der Verteidigungsbereitschaft steht der Sofortigkeit eines Anerkenntnisses nicht prinzipiell entgegen.
2. Zu den außergerichtlichen Kosten gehören - vorrangig - die einer Partei anlässlich eines Zivilprozesses erwachsenen Anwaltskosten, aber auch sonstige Kosten der Parteien selbst wie etwa Reisekosten zu Terminen u. ä..

Sachverständiger übernimmt mit Zusatz „Einverstanden nach eigener Urteilsbildung und Überzeugung" Verantwortung für das von einem Dritten erstellte Gutachten
OLG Köln
1. Soweit die Klägerin in zweiter Instanz rügt, das Gutachten des Sachverständigen M sei unverwertbar, weil wegen der Mitwirkung von dessen Mitarbeiter A an der Übernahme der vollen Verantwortung durch den Sachverständigen bestünden, ist diese Rüge nach §§ 534, 295 ZPO ausgeschlossen. Ein in dem Verhalten des Sachverständigen etwaig liegender Verfahrensfehler ist nach § 295 BGB ZPO (BSG, Beschluss vom 30.06.1998, B 8 KN 17/97 G, juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2009, L 10 R 5077/08, juris; OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1368; Thomas/Putzo, ZPO 32 Aufl., § 205 Rn. 2, § 407 a Rn. 3). Die Klägerin hat den etwaigen Verfahrensverstoß aber erstinstanzlich nicht gerügt.
2. Die Rüge ist zudem auch unberechtigt, da der Sachverständige, der das Gutachten mit dem Zusatz „Einverstanden nach eigener Urteilsbildung und Überzeugung" allein unterzeichnet hat, die Verantwortung für dieses übernommen hat.

Erstattungsfähigkeit der Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten
OLG München
Beauftragt eine am Ort des späteren Prozessgerichts nicht wohnhafte Partei unmittelbar nach einem Unfall einen an ihrem Wohnsitz ansässigen Rechtsanwalt zunächst mit der außergerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber der Unfallversicherung und sodann mit der gerichtlichen Vertretung, so sind die Terminsreisekosten des Rechtsanwalts auch dann uneingeschränkt zu erstatten, wenn die Partei zu Beginn des Rechtsstreits in einen Wohnort in der Nähe des Prozessgerichts umzieht.

Versicherer schadet fehlerhafte Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG bei Arglist des Versicherungsnehmers auch dann nicht, wenn der der Versicherer keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt hat
LG München II
Die Frage, ob eine Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Obliegenheitsverletzung den Anforderungen gem. § 19 Abs. 5 VVG genügt, kann dahinstehen, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht arglistig verletzt hat, er deshalb nicht schutzwürdig ist und sich daher auf das etwaige Unterbleiben einer formell und materiell ordnungsgemäßen Belehrung berufen kann.

Auslegung der Person des Beklagten
BGH
Zur Auslegung, wer Beklagte eines Rechtsstreits ist, wenn als Beklagte eine existierende juristische Person formal korrekt bezeichnet worden ist, der Kläger aber geltend macht, tatsächlich habe er eine andere, ebenfalls existierende juristische Person ähnlichen Namens mit gleicher Anschrift in Anspruch nehmen wollen.

Entbehrlichkeit eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bei qualifiziertem Parteivortrag
LG Köln
1. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ausnahmsweise entbehrlich sein kann, wenn eine Partei ein außergerichtlich von ihr eingeholtes Gutachten vorgelegt hat. Ein solches Privatgutachten kann als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiierten Parteivortrags zuverlässig beantwortet werden kann (OLG Köln, Urt. v. 22.03.2000 - Az. 5 U 218/99, VersR 2001, S. 755 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 11.05.1993 - Az. VI ZR 243/92, NJW 1993, S. 2382 f.; Urt. v. 28.07.2004 - Az. 5 U 2/04, VersR 2005, S. 679).
2. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Privatgutachter sachkundig und unabhängig ist, seine Feststellungen erschöpfend, nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind und die gegnerische Partei keine substantiierten Einwendungen gegen die gutachterlichen Feststellungen vorbringt (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2005 - Az. 5 W 92/05, OLGR Köln 2006, S. 58 ff.).

Das Verhalten eines für ein anderes Unternehmen desselben Versicherungskonzerns tätigen Dritten ist nicht zurechenbar (keine unternehmensübergreifende Zurechnung)
LG Köln
1. Gegen die Einrede der Verjährung kann grundsätzlich der Gegeneinwand der Arglist erhoben werden, etwa wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten oder diesen zu glauben veranlasst hat, er werde es entweder auf eine gerichtliche Entscheidung nicht ankommen lassen oder seine Verteidigung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nur gegen den sachlichen Bestand des Anspruchs richten (Prölss/Martin-Prölss, a. a. O., § 15 Rn. 19).
2. Eine treuwidrige Handlung liegt regelmäßig nicht vor, wenn einem Mitarbeiter der Versicherung, der im Bereich der Krankenversicherung tätig ist, Unterlagen an sich genommen hat und diese nicht (rechtzeitig) an den Unternehmensbereich Unfallversicherung weitergeleitet hat, da eine unternehmensübergreifende Zurechnung grundsätzlich ausscheidet.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines im Prozessverlauf eingeholten Privatgutachtens
BGH
1. Die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftliche vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte.
2. Die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten setzt nicht zusätzlich voraus, dass das Privatgutachten im Rahmen einer ex post Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat.

Unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien ist keine Kreditgewährung
BGH
Bei der vertraglich vereinbarten unterjährigen Zahlungsweise von Versicherungsprämien handelt es sich nicht um eine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs im Sinne der § 1 Abs. 2 VerbrKrG und § 499 Abs. 1 BGB a.F. (nunmehr § 506 Abs. 1 BGB). Eine solche läge nur dann vor, wenn die Fälligkeit der vom Versicherungsnehmer geschuldeten Zahlung abweichend vom dispositiven Recht gegen Entgelt hinausgeschoben würde, um ihm die Zahlung der vereinbarten Prämien zu erleichtern. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden).

Anforderungen an die Belehrung über die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung - Kein „Extrablatt" erforderlich, Belehrung muss sich aber deutlich vom übrigen Text abheben
BGH
1. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform i.S. von § 28 Abs. 4 VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen Schadenmeldungsfragebogen oder ein sonstiges Schreiben aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalls gestellt werden.
2. In diesen Fällen muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.

Echtheit einer Urkunde (hier: Versicherungsschein) kann unter Umständen vom Insolvenzverwalter mit Nichtwissen bestritten werden
BGH
1. Der Gegner des Beweisführers kann die Echtheit einer Urkunde grundsätzlich mit Nichtwissen bestreiten, wenn er an ihrer Errichtung nicht mitgewirkt hat.
2. Ist er Insolvenzverwalter, gilt das nur, wenn er aus den Unterlagen und durch Befragen des Schuldners keine Erkenntnisse über die Echtheit der Urkunde gewinnen kann und seine diesbezüglichen Bemühungen nachvollziehbar darlegt (Anschluss an BGH, Urteil vom 15. März 2012, IX ZR 249/09, NJW-RR 2012, 1004).
3. Erst nachdem alle (Gegen-)Beweise zur Echtheit einer Urkunde erhoben worden sind, darf bei der abschließenden (freien) Beweiswürdigung auch berücksichtigt werden, dass dem Vorbringen des Gegners des Beweisführers nichts zu entnehmen ist, das an der Echtheit der Urkunde zweifeln lässt (RG, 15. Dezember 1909, I 252/09, RGZ 72, 290, 292).

Kein Rechtsschutzbedürfnis auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen ehrkränkender Äußerungen eines Versicherers
OLG Hamm
Grundsätzlich sind Ehrenschutzklagen gegen Äußerungen einer Partei oder eines Rechtsanwaltes, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem schwebenden Zivilprozess dienen, bis zum Abschluss des Ausgangsverfahrens mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, um die Äußerungsfreiheit der Beteiligten zu wahren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bewusst oder leichtfertig falsche ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden oder eine reine Schmähkritik ohne erkennbaren Bezug zum Ausgangsrechtsstreit vorliegt. Dies kann nicht angenommen werden, soweit im Rechtsstreit überspitzt behauptet wird, dass der Kläger Haftungsgründe und Schadensfolgen "erfinde", hinsichtlich eines geltend gemachten Haushaltsführungsschadens "phantasiere" und "horrende" Streitwerte geltend mache beziehungsweise die fachanwaltliche Kompetenz in Frage gestellt wird.

Einseitiger Internetauftritt des Sachverständigen kann Besorgnis der Befangenheit begründen
OLG Koblenz
Wenn ein medizinischer Sachverständiger auf seiner Homepage ganz offensichtlich seine Patientennähe hervorhebt und massiv die kritische Distanz zu Klinikbetreibern betont, so kann dies die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen im Gerichtsverfahren unter Beteiligung von Klinikbetreibern begründen. Denn in einem solchen Fall kann ein Sachverständiger den Eindruck der fehlenden Neutralität erwecken. Es ist aber seine Pflicht, im gerichtlichen Verfahren den Anschein der Voreingenommenheit und Parteilichkeit gerade zu vermeiden.

Unverwertbarkeit eines von einem nicht beauftragten Sachverständigen erstellten Gutachten
OLG Koblenz
Eine "Weiterleitung" eines Gutachterauftrages ohne gerichtliche Beauftragung an einen anderen Sachverständigen führt zur Unverwertbarkeit des von dem nicht beauftragten Sachverständigen erstellten Gutachtens. Eine Honorierung scheidet in diesem Fall aus.

Tätigkeit eines Sachverständigen als Privatgutachter in derselben Angelegenheit für beide Seiten kann Befangenheit ausschließen
OLG Karlsruhe
Geschäftliche Beziehungen des Sachverständigen zu einer Partei, insbesondere die Erstattung eines entgeltlichen Privatgutachtens zu einer Frage, die in inhaltlichem Zusammenhang mit dem Rechtsstreit der Parteien steht, stellen regelmäßig einen hinreichenden Grund für die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit dar. Ein Ablehnungsgesuch ist jedoch nicht begründet, wenn der Sachverständige mit dem betreffenden Anwesen nicht nur mehrfach und in vielfacher Hinsicht als gerichtlicher Sachverständiger befasst war, sondern darüber hinaus im Auftrag und in Kenntnis beider Parteien wiederholt als Privatgutachter tätig wurde.

Nachweis ausreichender Beratung trotz mangelhaftem Beratungsprotokoll
LG Koblenz
1. Die Beweislast für eine objektive Verletzung der sich aus § 6 VVG ergebenden Pflichten des Versicherers trägt grundsätzlich der Versicherungsnehmer.
2. Trägt der Versicherungsnehmer substantiiert Tatsachen vor, die ein Beratungsverschulden bei Abschluss des Versicherungsvertrags schlüssig erscheinen lassen, und ergeben sich aus der Beratungsdokumentation keine Anhaltspunkte zum fraglichen Beratungsthema, muss der Versicherer darlegen und beweisen, dass er den Versicherungsnehmer entsprechend den Anforderungen des § 6 Abs. 1 VVG beraten hat.

Die fehlende Übergabe des Versicherungsscheins wirkt sich nicht auf den Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG aus
LG Offenburg
1. Gelingt dem insoweit voll beweisbelasteten Versicherer der Nachweis nicht, dass der Versicherungsnehmer die vertraglichen Unterlagen nach § 8 Abs. 2 VVG erhalten hat, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.
2. Eine vollständige Erfüllung und damit ein Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG wird nicht dadurch ausschlossen, dass dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein nicht übergeben worden ist.
3. Der Ausschluss des Widerrufsrechts setzt aber voraus, dass der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Versicherungsnehmers hin voll unvollständig erfüllt wurde, bevor der Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Bezugspunkt des ausdrücklichen Wunschs ist dabei nicht nur die beiderseitige Leistungserbringung als solche, sondern auch ihre Vollständigkeit.

Keine Erstattung der Kosten für Privatgutachten zu Fragen des Sach- und Streitstandes
OLG Koblenz
Die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten können nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Das Gutachten muss sich dazu auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Keinesfalls erstattungsfähig ist ein Gutachten, das sich in weiten Teilen auf Tätigkeiten bezieht, welche mit den anwaltlichen Gebühren abgegolten werden sollen. Insbesondere hat eine Partei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen, sodass ein Dritter nicht kostenpflichtig mit der Zusammentragung des Sach- und Streitstands beauftragt werden darf.

Rechtsfolge einer Prämienerhöhungsmitteilung ohne Belehrung über das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers
AG Berlin-Charlottenburg
Die Kündigungsfrist des § 40 Abs. 1 Satz 1 VVG wird erst mit dem Zugang einer vollständigen Mitteilung der Prämienerhöhung einschließlich der Belehrung über das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers in Lauf gesetzt; bei fehlender Belehrung besteht ein zeitlich unbegrenztes Kündigungsrecht.

Reichweite der nachvertraglichen Beratungspflicht des Versicherers
LG Wuppertal
1. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer keineswegs stets über seine Produktentwicklung unterrichten, sondern nur dann darauf hinweisen, wenn der Versicherungsnehmer sein Interesse an einer Änderung seines Versicherungsschutzes zum Ausdruck bringt (Römer/Langheid, VVG, 3. Auflage, § 6, Rn. 24; vgl. auch Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, § 6, Rn. 46).
2. Waren hier die einschlägigen Versicherungsbedingungen bereits 2004 geändert worden, würde es die Anforderungen an einen Versicherer überbeanspruchen, wenn § 6 IV VVG so verstanden würde, dass der Versicherer auch für einen unbegrenzten Zeitraum vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (01.01.2008) eingetretene Änderungen in seinen Versicherungsbedingungen nachhalten und überprüfen müsste, um gegebenenfalls Versicherungsnehmer auf für sie günstige Änderungen hinzuweisen. Dafür spricht auch, dass Änderungen in Versicherungsbedingungen oftmals nicht uneingeschränkt für den Versicherungsnehmer günstiger sind, sondern auch Verschlechterungen enthalten.

Örtlich zuständiges Gericht - Kraftloserklärung eines Versicherungsscheins
OLG Düsseldorf
1. Für die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Versicherungsscheins über eine Kapitallebensvers. richtet sich die örtliche Gerichtszuständigkeit nach § FAMFG § 466 FamFG und nicht nach § VVG § 215 VVG. Örtlich zuständig ist danach das Gericht, in dessen Bezirk der Erfüllungsort liegt.
2. Bei einer Lebensvers. ist das in der Regel der - zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses bestehende - Sitz des Schuldners (Versicherer). Dies folgt aus § BGB § 270 Abs. BGB § 270 Absatz 4 BGB i.V.m. § BGB § 269 BGB, nach denen der Leistungsort bei einer Geldschuld nicht der Sitz des Gläubigers, sondern der des Schuldners ist.

Vorvertragliche Anzeigepflicht - Nachfrageobliegenheit
OLG Hamm
1. Macht der Ast. bei der mündlichen Beantwortung von Antragsfragen gegenüber dem das Antragsformular ausfüllenden Versicherungsagenten erkennbar unvollständige Angaben, hat dieser für die nach der Sachlage gebotenen Rückfragen zu sorgen.*
2. Unterläßt der Agent die Rückfragen, geht dies zu Lasten des Versicherers, auch wenn dieser von den zur Nachfrage Anlass gebenden Umständen keine Kenntnis erlangt hat. Der Versicherer kann sich dann nach Treu und Glauben nicht auf die Unvollständigkeit der Angaben des Antragstellers berufen (im Anschluss an Senat r+s 2010, Seite 124).

Erstattung vorprozessualer Gutachterkosten bei Verdacht eines Versicherungsbetruges
OLG Saarbrücken
1. Die Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens sind in den Fällen als prozessbezogen und damit erstattungsfähig anzusehen, in denen sich der Verdacht des Versicherungsbetruges aufdrängt.
2. Liegen ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines Versicherungsbetruges vor, so ist von Anfang an mit einem Prozess zu rechnen, weil der Täter bei Ablehnung der Einstandspflicht versuchen wird, sein Ziel einer nicht gerechtfertigten Schadenregulierung durch einen Rechtsstreit zu erreichen . Der Versicherer selbst besitzt in der Regel selbst nicht die erforderliche Sachkenntnis, um eine Verursachung der Schäden durch eine Straftat mit hinreichender Überzeugungskraft und Sicherheit auszuschließen und kann billigerweise nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht abzuwarten. Vielmehr ist es in diesem Fall zweckmäßig und prozessökonomisch, wenn der Versicherer sich sachkundig beraten lässt, ehe er vorträgt.

Beginn der Verjährung wegen fehlerhafter Beratung vor Abschluss einer (Lebens-) Versicherung
BGH
Die Verjährung eines auf das negative Interesse gerichteten Schadenersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden richtet sich nicht nach § 12 Absatz 1 VVG a.F., sondern nach den §§ BGB § 195, BGB § 199 BGB (Bestätigung Senatsbeschl. V. 16. 12. 2009 - BGH Aktenzeichen IV ZR 195/08, r+s 2010 Seite 409).

Streitwert - Berücksichtigung von Zinsen und vorprozessualen Anwaltskosten nach übereinstimmender Erledigungserklärung
BGH
Zinsen und vorprozessuale Anwaltskosten sind als Streitwert erhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen, wenn der Hauptanspruch selbst übereinstimmend ganz oder teilweise für erledigt erklärt worden ist.

 

 

Urteile aus dem Jahr 2012
 

Zur Frage, wann dem Versicherer Fragen des Maklers bei Antragstellung zuzurechnen sind
LG Dortmund
1. Nach § 19 Abs. 2 VVG kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1 verletzt hat. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Voraussetzung für eine Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers ist demnach, dass Fragen des Versicherers vorliegen, da - anders als nach altem Recht (§§ 16 f. VVG a.F.) - keine spontane Anzeigepflicht mehr besteht.
2. Werden die Gesundheitsfragen nicht von dem Versicherer, sondern von einem Makler gestellt, sind diese Fragen nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (vgl. Urteil v. 03.11.2010 - 20 U 38/10 in VersR 2011, 469 ff.), der sich die Kammer bereits mit Urteil vom 24.02.2012 - Az.: 2 O 144/11 (r + s 2012, 426 ff.) angeschlossen hat, grundsätzlich nicht den Fragen des Versicherers grundsätzlich gleichzustellen, da dies letztlich eine Wiedereinführung der spontanen Anzeigepflicht bedeuten würde.
3. Die Annahme von Fragen des Versicherers - trotz Stellung durch einen Makler - kommt nur dann in Betracht, wenn sich der Versicherer die Fragen des Maklers „zu Eigen macht". Für ein „zu Eigen machen" reicht es nicht aus, dass die Fragen inhaltlich auf den Versicherer zurückgehen, sondern es ist vielmehr erforderlich, dass das Zurückgehen auf den Versicherer auch für den Versicherungsnehmer erkennbar ist (vgl. auch Karczewski, r + s 2012, 521 (524)). Denn würde man das inhaltliche Zurückgehen der Fragen auf den Versicherer ohne Erkennbarkeit für den Versicherungsnehmer ausreichen lassen, würde der Sinn des Gesetzes, dem Versicherungsnehmer das Risiko einer Fehleinschätzung hinsichtlich Gefahrrelevanz abzunehmen, nicht erfüllt werden.
4. Eine solche Erkennbarkeit kann im vorliegenden Fall nur bei solchen Fragen angenommen werden, in denen die Beklagte als Versicherer ausdrücklich genannt ist. Nur bei diesen Fragen ist für den Kläger als Versicherungsnehmer erkennbar gewesen, dass es sich nicht nur um Fragen seines Maklers handelte, sondern dass diese Fragen Relevanz für seinen Versicherer haben.

Versicherungsnehmer muss notfalls einen Dritten bitten, sich um die Einhaltung seiner vertraglichen Obliegenheiten zu kümmern, falls er selbst dazu (krankheitsbedingt) nicht (mehr) in der Lage ist
LG Mainz
In den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer nicht mehr selbst in der Lage ist, sich (krankheitsbedingt) um seine Angelegenheiten zu kümmern, muss er zu Not einen Dritten wie z.B. seine Ehefrau bevollmächtigen, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern.

Versicherer ist nur bei formell und materiell wirksamer Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Obliegenheitsverletzung zum Rücktritt berechtigt
LG Dortmund
1. Wie die Kammer bereits in seiner Entscheidung vom 17.12.2009 - 2 O 399/09 (VersR 2010, 465) ausgeführt hat, kann der nach § 19 Abs. 5 VVG erforderliche Hinweis die vom Gesetzgeber beabsichtigte Warnfunktion nur erfüllen, wenn sich der Hinweis von weiteren Textteilen, zwischen denen er eingefügt ist, so deutlich abhebt, dass er von einem durchschnittlichen Antragsteller nicht überlesen wird.
2. Wie die Kammer bereits in den Entscheidungen vom 17.12.2009 und vom 10.03.2011 - 2 O 105/10 (NJOZ 2011, 1765) ausgeführt hat, erfordert § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG eine nicht nur zutreffende, sondern auch unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung. Der Hinweis muss, um seiner Warnfunktion gerecht werden zu können, den Versicherungsnehmer sämtliche ihn möglicherweise treffende Folgen, die diesem bei Ausübung der Rechte durch den Versicherer drohen, enthalten.
3. Diesen Anforderungen wird eine gesonderte Belehrung nicht gerecht, wenn sie für den Fall des Rücktritts den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass in diesem Fall kein Versicherungsschutz besteht, sich aber für den Fall der Vertragsanpassung ein solcher ausdrücklicher und unmissverständlicher Hinweis jedoch nicht findet. Die Belehrung über die Rechtsfolgen der Vertragsanpassung beschränkt sich auf den Hinweis, dass bei einer fahrlässigen Verletzung der Anzeigepflicht die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil werden. Für den Versicherungsnehmer ist dadurch jedoch nicht deutlich, dass auch bei einer Vertragsanpassung es zu einem rückwirkenden Verlust des Versicherungsschutzes kommen kann, wenn die Vertragsanpassung als rückwirkende Einfügung eines Risikoausschlusses erfolgt. Insbesondere der Umstand, dass bei der Belehrung über die Rechtsfolgen des Rücktritts der ausdrückliche Hinweis auf den Verlust des Versicherungsschutzes erfolgt, vermittelt den Versicherungsnehmer den Eindruck, es könne bei einer Vertragsanpassung nicht zu einem rückwirkenden Verlust des Versicherungsschutzes kommen. Der Versicherungsnehmer wird hinter der Vertragsänderung eher eine Prämienerhöhung vermuten, als die Einfügung eines Risikoausschlusses mit Rückwirkung, welcher zu einem Verlust des Versicherungsschutzes für einen schon eingetretenen Versicherungsfall führen kann (vgl. LG Dortmund, a.a.O, Tschersich in r + s 2012, 53 (57)).
4. Die materielle Unrichtigkeit der Belehrung über die Rechtsfolgen der Vertragsanpassung hat, wie die Kammer in ihrer Entscheidung vom 24.02.2011 - 2 O 250/10 (r + s 2011, 241) bereits ausgeführt hat, zur Folge, dass die Beklagte nicht nur dieses Recht nicht ausüben kann, sondern sämtliche in § 19 Abs. 2 - 4 VVG genannten Rechte. Bereits der eindeutige Wortlaut des Absatzes 5 sieht diese Rechtsfolge vor, nach dem „dem Versicherer die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zustehen, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen der Anzeigenpflichtverletzung hingewiesen hat".

Addition mehrerer Regresshöchstbeträge bei mehrfacher Obliegenheitsverletzung
OLG Celle
Die Verletzung einer vor und einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit führt zu einer Addition der Regresshöchstbeträge.

Anforderungen an ein Schreiben zur Anpassung der Bedingungen an das neue VVG
OLG Brandenburg
Ein Informationsblatt „Wichtige Hinweise zur Anwendung des neuen Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) auf Ihren Vertrag/Ihre Verträge" erfüllt die gesetzlichen Anforderungen dann nicht, wenn es keinerlei Auskunft darüber gibt, dass und inwieweit welche der bisher dem Rechtsgeschäft zu Grunde liegenden Versicherungsbedingungen geändert und an die neue Rechtslage angepasst worden sind; werden Letztere nur abstrakt dargestellt, erweist sich dies als unzureichend (vgl. dazu OLG Hamm, Urt. v. 11.01.2012 - 20 U 64/11, Rdn. 46, ZfSch 2012, 328 = Schaden-Praxis 2012, 225).

Monatliche Prämienzahlung keine Kreditgewährung
OLG Schleswig
Die Vereinbarung monatlicher Prämienzahlung mit Ratenzahlungszuschlag ist nicht als Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs anzusehen.

Anforderungen der Belehrung nach § 37 Abs. 2 VVG
LG Dortmund
Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG tritt nicht ein, wenn die Belehrung des Versicherungsnehmers für die Folgen einer ausgebliebenen ersten Prämienzahlung fehlerhaft ist. Aus der Belehrung muss klar hervorgehen, bis wann welcher Betrag gezahlt werden muss; nicht ausreichend ist, wenn in der Belehrung zu „rechtzeitiger Zahlung" aufgefordert wird.

Die Vereinbarung einer unterjährigen Prämienzahlung mit Ratenzahlungszuschlägen stellt keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs dar
OLG Oldenburg
1. Ein Zahlungsaufschub setzt das Hinausschieben der Fälligkeit vom Verbraucher zu erbringenden Zahlungen über den sich aus dispositivem Recht ergebenden Leistungszeitpunkt voraus.
2. In der Vereinbarung einer monatlichen Zahlungsweise der Versicherungsprämien mit einem Ratenzahlungszuschlag liegt keine derartige vom dispositivem Recht abweichende Bestimmung der Fälligkeit. Ein Widerrufsrecht nach verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften besteht daher nicht.

Ein Informationsschreiben allein zur neuen Gesetzeslage ist keine Vertragsanpassung nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG
OLG Hamm
Ein Informationsschreiben, das den Versicherungsnehmer ohne inhaltliche Änderung der vereinbarten Versicherungsbedingungen allein über die neue Gesetzeslage informiert, ist keine Vertragsanpassung i.S.d. Art. 1 Abs. 3 EGVVG.

Bei der Umstellung eines laufenden Versicherungsvertrags auf neue Bedingungen treffen den Versicherungsvertreter keine Beratungspflichten gem. § 61 VVG
LG Ingolstadt
Bei der Beratung über die Umstellung eines laufenden Versicherungsvertrags auf neue Versicherungsbedingungen handelt es sich um eine Beratung nach Vertragsschluss i.S.d. § 6 Abs. 4 VVG, sodass Beratungspflichten den Versicherer, nicht aber den Versicherungsvertreter gem. § 61 VVG treffen.

Einsatz von Schmerzensgeldbeträgen als anrechenbares Einkommen im Rahmen der PKH-Bewilligung kann ausgeschlossen sein
OLG Naumburg
Eine Berücksichtigung von Schmerzensgeld als anrechenbares Einkommen ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn das gezahlte Schmerzensgeld in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch steht. In einem solchen Fall ist der Einsatz unzumutbar im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO. Dies muss in Fällen erst recht gelten, wenn mit dem Schmerzensgeld eine lebenslange Behinderung ausgeglichen werden soll, die eigentlich materiell überhaupt nicht auszugleichen ist. Bei schwersten Geburtsschäden mit lebenslang irreversiblen Folgen ist von einem Schmerzensgeldhöchstbetrag von 500.000,- Euro auszugehen, was im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens zugrunde zu legen ist.

Ablehnungsgründe eines Sachverständigen müssen unverzüglich nach Vorlage des Gutachtens geltend gemacht werden
OLG Naumburg
Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung eines Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten, so sind die Ablehnungsgründe unverzüglich nach Kenntnis geltend zu machen. Die Geltendmachung ist als unverzüglich anzusehen, wenn sie innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist erfolgt. Der Ablauf einer zur Stellungnahme gesetzten Frist stellt dabei regelmäßig die äußerste zeitliche Grenze dar. Die Geltendmachung von Ablehnungsgründen mehrere Monate nach einer ersten unbeanstandeten Stellungnahme zu dem Gutachten ist als verfristet anzusehen.

Keine arglistige Täuschung bei Relevanzprüfung der Antworten des Versicherungsnehmers durch den Agenten
OLG Brandenburg
1. Behauptet der Versicherungsnehmer, dass er die vermeintlich verschwiegenen Umstände dem Agenten mündlich mitgeteilt hat, bleibt der Versicherer im Fall einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht beweisfällig, nur weil sich der das Antragsformular ausfüllende Agent nicht mehr an die konkrete Antragsaufnahme erinnern kann.
2. Unterzieht der Versicherungsvertreter die Antworten aber nach seinen Bekundungen üblicherweise aus der Sicht eines medizinischen Laien nach eigenen Maßstäben selbstständig einer Relevanzprüfung, spricht dies gegen den Nachweis der arglistigen Täuschung.

Für eine Hemmung der Verjährung durch Verhandlung kommt es auf die einzelnen Verhandlungsschritte an
OLG Hamm
In Bezug auf eine mögliche Hemmung der Verjährung durch Verhandlung ist der Verhandlungsgegenstand weit auszulegen. Es genügt jeder Meinungsaustausch, über einen Anspruch oder auch nur dessen tatsächliche Grundlagen, ohne dass der Gegner sofort erkennbar Verhandlungen ablehnt. Wenn ein klares Nein der einer Partei, wenn nicht ihre Bedingungen für eine Zahlung erfüllt wären, ausgesprochen war und im Folgenden weiter durchgehalten wurde, kann der Umstand, dass sie später - mit dieser Maßgabe - doch wieder und mehrfach zur Gesprächsbereitschaft fanden, nicht zu einer Verklammerung der wiederholt und länger unterbrochenen Verhandlungen zu zeitlich einem, auch die Zwischenräume umfassenden, Hemmungstatbestand führen. Daher kommt es für die Hemmung auf die einzelnen Verhandlungsschritte an.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Ergänzungsgutachtens nach Vorlage eines Gegengutachtens durch den (unterliegenden) Prozessgegner
AG Bad Segeberg
1. Der Geschädigte kann die Kosten für die Einholung eines sog. Ergänzungs- oder Nachtragsgutachtens aufgrund eines von dem Schädiger eingeholten Gegengutachtens nur dann erstattet verlangen, wenn er dies im Zeitpunkt der Beauftragung des zweiten Gutachtens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte.
2. Dies ist der Fall, wenn das Gegengutachten des Geschädigten technische Einwendungen enthält, die eine ergänzende Stellungnahme durch einen technischen Sachverständigen erfordern. In diesem Fall ist unerheblich, ob der Geschädigte damit rechnen darf, dass der Schädiger aufgrund des Ergänzungsgutachtens seine Auffassung ändern und den Schaden nunmehr vollständig regulieren wird.
3. Erfordert demgegenüber der Inhalt des Gegengutachtens keine sachverständige Beurteilung, weil der Schädiger bestimmte in dem Schadensgutachten des Geschädigten enthaltene Schadenspositionen allein aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für unbegründet erachtet, ist für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar, dass eine ergänzende Stellungnahme durch einen technischen Sachverständigen nicht geeignet ist, eine zweckentsprechende Verfolgung seiner Ansprüche zu ermöglichen.

Wirtschaftliche Verbindung des Sachverständigen zur Partei
BGH
Der Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit kann begründet sein, wenn der Sachverständige in einer wirtschaftlichen Verbindung zu einer der Parteien steht. Nimmt der Sachverständige einen Gutachtenauftrag eines Dritten an, der seinerseits in einem Beratungsverhältnis zu einer der Parteien steht, kommt dies nur unter engen Voraussetzungen in Betracht.

Zulässigkeit der Klage auf Feststellung der Verzinsung der Gerichtskosten
AG Bad Segeberg
Ein Klagantrag, mit dem festgestellt werden soll, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, auf die von der klagenden Partei eingezahlten Gerichtskosten Zinsen seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht mit Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen, ist als Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig und - soweit die Klage Erfolg hat - begründet (Anschluss an LG Hamburg 6. Zivilkammer, 11. April 2008, Az: 306 O 387/07; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 31.10.2008 - 2 U 244/07, juris Rn. 29 ; LG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.2006 - 12 O 165/05, juris Rn. 32; LG Düsseldorf 12. Zivilkammer, 11. Januar 2006, Az: 12 O 165/05; OLG Hamm 3. Zivilsenat, 8. Februar 1993, Az: 3 U 222/92; entgegen AG Coburg, Urt. v. 14.12.2011 - 14 C 1454/11, juris Rn. 30 f. ; AG Starnberg, 28. Februar 2007, Az: 2 C 2213/06; OLG Dresden 11. Zivilsenat, 24. April 2002, Az: 11 U 2948/01; Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 19.04.2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280).

Verlust des Ablehnungsrechts wegen Befangenheit bei Verhandlung zur Sache oder über das Beweisergebnis
OLG Frankfurt
Die Verhandlung zur Sache oder über das Beweisergebnis (§ 285 ZPO) hat den Verlust des Ablehnungsrechts wegen bis dahin bekannter Gründe zur Folge. Dies gilt nicht nur für die Ablehnung von Gerichtspersonen, sondern auch für die Ablehnung von Sachverständigen, auch wenn in § 43 ZPO auf diesen Fall nicht ausdrücklich verwiesen wird.

Pfändbarkeit von Arbeitslosengeld II
BGH
Ansprüche auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitslosengeld II) sind gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 850c ff. ZPO pfändbar (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 111/09, NJW-RR 2011, 706).

Keine Verjährungshemmung durch bloße Weiterleitung eines Widerspruchs des Versicherungsnehmers an den Sachverständigen durch den Versicherer nach einer Leistungsablehnung
LG Köln
Verhandlungen nach der Entscheidung des Versicherers hemmen den Ablauf der Verjährungsfrist, wenn der Versicherer zu erkennen gibt, dass er seine Entscheidung nicht aufrechterhalten will oder zumindest die Berechtigung der angemeldeten Ansprüche wieder als offen ansieht (Prölss/Martin-Prölss, VVG, 28. Aufl. 2010, § 15 Rn. 18 m. w. N.). Dass der Versicherer Fragen des Versicherungsnehmers an den Sachverständigen weiterleitet, genügt grundsätzlich nicht; er handelt dabei lediglich für den Versicherungsnehmer, zumeist in der Hoffnung, dass dieser sich mit der Leistungsablehnung begnügen werde, wenn der Sachverständige die Fragen wie erwartet im Sinne des Versicherers beantwortet (vgl. OLG Hamm 18.04.1980 - Az. 20 U 263/79, zitiert nach Juris).

Entbehrlichkeit eines gerichtlichen Gutachtens bei Vorlage eines qualifizierten Privatgutachtens durch den Versicherer
LG Köln
1. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ausnahmsweise entbehrlich sein kann, wenn eine Partei ein außergerichtlich von ihr eingeholtes Gutachten vorgelegt hat. Ein solches Privatgutachten kann als qualifizierter Parteivortrag verwertet werden und eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts entbehrlich machen, wenn die Beweisfrage allein schon aufgrund dieses substantiierten Parteivortrags zuverlässig beantwortet werden kann (OLG Köln, Urt. v. 22.03.2000 - Az. 5 U 218/99, VersR 2001, S. 755 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 11.05.1993 - Az. VI ZR 243/92, NJW 1993, S. 2382 f.; Urt. v. 28.07.2004 - Az. 5 U 2/04, VersR 2005, S. 679).
2. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Privatgutachter sachkundig und unabhängig ist, seine Feststellungen erschöpfend, nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind und die gegnerische Partei keine substantiierten Einwendungen gegen die gutachterlichen Feststellungen vorbringt (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2005 - Az. 5 W 92/05, OLGR Köln 2006, S. 58 ff.).

Keine Belehrung über Rechtsfolgen einer nachvertraglichen Obliegenheitsverletzung bei Arglist erforderlich - Arglist verlangt keine Bereicherungsabsicht
LG Düsseldorf
1. Nach § 28 Nr. 1 VHB ist der Versicherer von der Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer arglistig über Tatsachen getäuscht oder dies versucht hat, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind.
2. Einer besonderen Belehrung über die Arglistfolgen bedurfte es wegen des Gewichts der vertragswidrigen Verhaltensweise nicht (vgl. OLG Köln, Urt. v. 07.02.2012, Az.: 9 U 61/11).
3. Arglist verlangt ein bewusstes Einwirken auf die Entscheidung des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben oder das Missverständnis auf der Gegenseite zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Ausreichend für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist die Absicht, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, die Regulierung zu beschleunigen oder ganz allgemein in arglistiger Weise auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 07.02.2012, Az.: 9 U 61/11, JURIS m.w.N.).
4. Vorliegend hat der Kläger versucht, durch Täuschung zu einer Regulierung der abgerechneten Arbeiten zu bewegen, obwohl diese im Zeitpunkt der Rechnungsstellung bzw. Rechnungseinreichung noch nicht abgeschlossen war. Mit diesem Verhalten wollte der Kläger das Regulierungsverhalten der Beklagten beschleunigen.

Verweigert der Versicherungsnehmer in einer mündlichen Verhandlung grundlos die Beantwortung ihm gestellter Frage, kann dies eine Obliegenheitsverletzung darstellen
AG Halle
Wenn eine Partei in der mündlichen Verhandlung sich weigert, berechtigte Fragen der gegnerischen Partei zu beantworten, kann dies dazu führen, dass ihr Sachvortrag wegen Verstoßes gegen die Obliegenheit zum vollständigen Vortrag als unsubstantiiert zu bewerten ist.

Keine Befangenheit bei telefonischem Hinweis des Richters mit einem Vergleichsvorschlag
OLG Bremen
Der Umstand, dass ein Richter in einem Telefongespräch einen rechtlichen Hinweis erteilt und diesen mit einem Vergleichsvortrag verbindet, rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit. Eine Besorgnis der Befangenheit ist nicht gerechtfertigt, weil das Vorgehen des Richters in Einklang mit den Vorschriften der ZPO steht. Das Gericht ist in der Wahl der Mittel frei. Hinweise können außerhalb der mündlichen Verhandlung schriftlich, aber auch telefonisch gegeben werden. Es bestehen daher keine Bedenken, wenn der abgelehnte Richter noch vor dem Termin die Parteivertreter auf seine Rechtsauffassung hinweist und einen Vergleichsvorschlag unterbreitet.

Gerichtlicher Sachverständiger haftet bei einmaliger Falschbegutachtung nicht wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung
OLG Koblenz
Ein gerichtlicher Sachverständiger, der bislang über Jahre hinweg wiederkehrend als medizinischer Sachverständiger herangezogen worden und dabei durchweg mit fundierten und sorgfältigen Erwägungen in Erscheinung getreten ist, haftet nicht wegen vorsätzlichen sittenwidrigen Verhaltens, wenn er fälschlicherweise eine Hysterektomie ex ante für vertretbar oder ex post sogar für indiziert erachtet hat. Dies gilt auch dann, wenn ihm bekannt war, mit seiner Beurteilung in Widerspruch zur herrschenden, in Patienteninformationsblättern niedergelegten Auffassung zu geraten.

Bis Ende 2007 gestellte Antragsfragen, die erst 2008 in einem Vertrag münden, unterliegen dennoch der versicherungsrechtlichen Hinweispflicht
OLG Hamm
Der Versicherer hat der Hinweispflicht auch dann nachzukommen, wenn dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen zwar zeitlich noch unter Geltung des bis Ende 2007 geltenden VVG ohne die nach neuer Rechtslage erforderliche Belehrung gestellt worden sind, er seine Annahmeentscheidung aber erst unter Geltung des ab 2008 geltenden VVG getroffen hat, so dass der Vertrag nach neuem Recht geschlossen ist. In einem solchen Fall ist der Versicherer gehalten, seine Belehrung bis zum Zeitpunkt seiner Annahmeerklärung nachzuholen. Eine "Nachbesserung" des Versicherers im Hinblick auf die von ihm zu erteilenden Hinweise verfehlt nicht zwangsläufig deren Zweck, nämlich die umfassende Aufklärung des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung. Diese Warnfunktion wird ebenso wirksam, wenn dem Versicherungsnehmer erst nach Beantwortung der Antragsfragen bewusst wird, inwieweit er seinen Versicherungsschutz gefährdet, wenn er die Antragsfragen falsch beantwortet.

Streitwert einer Klage eines Versicherers auf Zahlung laufender Beiträge
OLG Hamm
Der Streitwert einer Klage eines Versicherers auf Zahlung laufender Beiträge aus einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Versicherungsvertrag bemisst sich gemäß § 9 Satz 1 ZPO nach dem 42fachen Monatsbetrag der verlangten Monatsprämie. Die Möglichkeit des Versicherungsnehmers, den Versicherungsvertrag durch Kündigung zu beenden, ist ohne Bedeutung. Macht der Versicherungsnehmer jedoch während des Rechtsstreits von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch und steht damit der Endzeitpunkt des Versicherungsvertrages fest, bestimmt sich der Streitwert für diesen Zeitabschnitt nach § 9 Satz 2 ZPO.

Reisekosten auswärtigen Rechtsanwalts sind nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten
OLG Nürnberg
Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und dort auch nicht wohnt, können nur insoweit erstattet werden, als die Hinzuziehung dieses Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts wird jedoch grundsätzlich nicht als Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung angesehen, sodass die Kosten deshalb regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind.

Das Policenmodell genügt europarechtlichen Vorgaben
Landgericht Koblenz
1. Das Policenmodell des § 5a VVG a.F ist im Hinblick auf die europarechtlichen Vorgaben nicht zu beanstanden.
2. Die unterjährige Zahlung von Versicherungsbeiträgen gegen Ratenzahlungszuschläge stellt keinen entgeltlichen Zahlungsaufschub dar Ein Zahlungsaufschub setzt das Hinausschieben der Fälligkeit der vom Verbraucher zu erbringenden Zahlung über den sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Leistungszeitpunkt voraus. Mit einer Vereinbarung einer monatlichen Zahlungsweise der Versicherungsprämien liegt aber gerade keine vom dispositiven Recht abweichende Bestimmung der Fälligkeit, da es an einer gesetzlichen Bestimmung, wonach Versicherungsprämien jährlich im Voraus fällig sind, gerade fehlt vgl. OLG Celle Urteil vom 09.02.2012 Az. 8U 191/11.

§ 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. über die Verbraucherinformation widerspricht nicht europarechtlichen Vorgaben
OLG München
Die Regelung des § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. widerspricht nicht der Richtlinie 2002/83/EG über Lebensversicherungen. § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. sieht für den Fall, dass ein Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation unterlassen hat, vor, dass ein Versicherungsvertrag auf Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Versicherungsinhalt maßgeblichen Information als geschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung dieser Unterlagen in Textform widerspricht. Diese Regelung genügt den Vorgaben des Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG, nach der vor Abschluss des Versicherungsvertrags dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang III Buchstabe a) der Richtlinie aufgeführten Angaben mitzuteilen sind.

Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung kann niemals nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein
BGH
§ 282 Abs. 1 ZPO ist nur dann einschlägig, wenn innerhalb einer Instanz mehrere Verhandlungstermine stattfinden; ein Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung kann niemals nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein (Bestätigung von BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007).

Bei der Umstellung eines laufenden Versicherungsvertrags auf neue Bedingungen treffen den Versicherungsvertreter keine Beratungspflichten gem. § 61 VVG sondern nur den Versicherer
LG Ingolstadt
Bei der Beratung über die Umstellung eines laufenden Versicherungsvertrags auf neue Versicherungsbedingungen handelt es sich um eine Beratung nach Vertragsschluss i.S.d. § 6 Abs. 4 VVG, sodass Beratungspflichten den Versicherer, nicht aber den Versicherungsvertreter gem. § 61 VVG treffen.

Einsatz von Schmerzensgeldbeträgen als anrechenbares Einkommen im Rahmen der PKH-Bewilligung kann ausgeschlossen sein
OLG Naumburg
Eine Berücksichtigung von Schmerzensgeld als anrechenbares Einkommen ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn das gezahlte Schmerzensgeld in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch steht. In einem solchen Fall ist der Einsatz unzumutbar im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO. Dies muss in Fällen erst recht gelten, wenn mit dem Schmerzensgeld eine lebenslange Behinderung ausgeglichen werden soll, die eigentlich materiell überhaupt nicht auszugleichen ist. Bei schwersten Geburtsschäden mit lebenslang irreversiblen Folgen ist von einem Schmerzensgeldhöchstbetrag von 500.000,- Euro auszugehen, was im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens zugrunde zu legen ist.

Ablehnungsgründe eines Sachverständigen müssen unverzüglich nach Vorlage des Gutachtens geltend gemacht werden; spätestens innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist
OLG Naumburg
Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung eines Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten, so sind die Ablehnungsgründe unverzüglich nach Kenntnis geltend zu machen. Die Geltendmachung ist als unverzüglich anzusehen, wenn sie innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist erfolgt. Der Ablauf einer zur Stellungnahme gesetzten Frist stellt dabei regelmäßig die äußerste zeitliche Grenze dar. Die Geltendmachung von Ablehnungsgründen mehrere Monate nach einer ersten unbeanstandeten Stellungnahme zu dem Gutachten ist als verfristet anzusehen.

Die Vereinbarung einer unterjährigen Prämienzahlung mit Ratenzahlungszuschlägen stellt keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs dar
OLG Oldenburg
1. Ein Zahlungsaufschub setzt das Hinausschieben der Fälligkeit vom Verbraucher zu erbringenden Zahlungen über den sich aus dispositivem Recht ergebenden Leistungszeitpunkt voraus.
2. In der Vereinbarung einer monatlichen Zahlungsweise der Versicherungsprämien mit einem Ratenzahlungszuschlag liegt keine derartige vom dispositivem Recht abweichende Bestimmung der Fälligkeit. Ein Widerrufsrecht nach verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften besteht daher nicht.

Ein Informationsschreiben allein zur neuen Gesetzeslage ist keine Vertragsanpassung nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG
OLG Hamm
Ein Informationsschreiben, das den Versicherungsnehmer ohne inhaltliche Änderung der vereinbarten Versicherungsbedingungen allein über die neue Gesetzeslage informiert, ist keine Vertragsanpassung i.S.d. Art. 1 Abs. 3 EGVVG.

Belehrungspflicht über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit entfällt bei Arglist des Versicherungsnehmers
OLG Köln
Die Rüge der nicht ordnungsgemäßen Belehrung über die Folgen einer Aufklärungsobliegenheitsverletzung greift schon deshalb nicht, weil, wie auch für § 28 VVG a.F. in Rspr. und Lit. anerkannt - es einer Belehrung im Falle einer arglistigen Aufklärungsobliegenheit nicht bedarf (vgl. OLG Köln, a.a.O.) und die Belehrung, die erfolgt ist, auch nicht dahingehend missverstanden werden konnte, der Versicherungsnehmer dürfte den Versicherer folgenlos täuschen.

Das Policenmodell in § 5a Abs. 1 VVG a.F. ist europarechtskonform
OLG Koblenz
1. Bedenken gegen die Zulässigkeit des so genannten Policenmodells im Hinblick auf dessen Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Richtlinien 90/619/EWG vom 08.11.1990 (2. Richtlinie Lebensversicherung) und 92/96/EWG vom 10.11.1992 (3. Richtlinie Lebensversicherung) bestehen nicht. Denn eine den europäischen Richtlinien genügende Information des Versicherungsnehmers vor seiner vertraglichen Bindung ist durch § 5 a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 VVG a. F. sichergestellt. Da der Versicherungsvertrag bis zum Ablauf der 14-tägigen Widerspruchsfrist schwebend unwirksam ist, fehlt es bei rechtzeitigem Widerspruch des Versicherungsnehmers an einer vertraglichen Bindung. Unterbleibt der Widerspruch, wird die vertragliche Regelung rückwirkend in Geltung gesetzt. Vor einer endgültigen vertraglichen Bindung verbleibt dem Versicherungsnehmer demnach ausreichend Zeit zum Vergleich verschiedener Versicherungsprodukte. Möchte er sich nach der Antragstellung von dem Versicherungsvertrag lösen, kann er dies innerhalb der Widerspruchsfrist des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. tun.
2. Diese Auffassung wird offenbar auch dem Bundesgerichtshof geteilt. Denn dieser hat in seinem Beschluss vom 28.03.2012 - IV ZR 76/11 - (r+s 2012, 281) die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union allein auf die Frage der Europarechtswidrigkeit der in § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. enthaltenen Regelung des Erlöschens eines Rück-tritts- oder Widerspruchsrechts spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie selbst bei fehlender Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Rück-tritts- oder Widerspruchsrecht beschränkt. Da sich die Frage der Wirksamkeit des § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. jedoch nur stellt, wenn das so genannte Policenmodell als solches überhaupt zulässig und wirksam ist, lässt sich der Schluss ziehen, dass der Bundesgerichtshof die Regelung des Policenmodells als solches nicht für unwirksam erachtet

Arglist setzt keine Bereicherungsabsicht im Sinne des § 263 StGB voraus
OLG Köln
Wie allgemein anerkannt ist, erfordert Arglist keine Bereicherungsabsicht im Sinne des Betrugstatbestandes (vgl. OLG Köln, Urt. v. 07.02.2012 - 9 U 61/11 -). Ausreichend ist vielmehr bereits, wenn der Versicherungsnehmer durch bewusste Falschangaben den Versicherer davon abhalten will, Überlegungen anzustellen, die - ggf. aufgrund weiterer Ermittlungen - die Auszahlung der Versicherungsleistung verzögern oder gefährden könnte

Das VVG a. F. gilt auch hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Rücktritts bei Eintritt des Versicherungsfalls bis 31.12.2008
OLG Frankfurt
Bei einer vor Geltung der des neuen VVG verwirklichten Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten sind Tatbestand und Rechtsfolgen nach dem VVG a. F. zu beurteilen, wenn der Versicherungsfall bis 31.12.2008 eingetreten ist.

Bei Eintritt des Versicherungsfalls ab 2009 ist bei einem Altvertrag das so genannte Spaltungsmodell anwendbar
OLG Frankfurt
Bei einer vor der Geltung des neuen VVG verwirklichten Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten ist der Tatbestand der Anzeigepflichtverletzung nach dem bei Abschluss des Vertrags geltenden Rechts zu beurteilen, während sich die Rechtsfolgenregelungen (z. B. § 19 Abs. 3, 4 VVG für den Rücktritt) nach neuem Recht richten, wenn der Versicherungsfall nach 2008 eingetreten ist.

Bei Eintritt des Versicherungsfalls ab 2009 ist das so genannte Spaltungsmodell anwendbar
LG Köln
Bei einem im Jahr 2005 geschlossenen Vertrag über eine Berufsunfähigkeits-(Zusatz)Versicherung und einem im Jahr 2009 eingetretenen Versicherungsfall ist nach dem so genannten „Spaltungsmodell" gemäß Artikel 1 EGVVG die Frage, ob der Tatbestand einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung vorliegt, nach altem Recht (§§ 16 ff. VVG a. F.) zu beantworten, während sich die Frage, ob aus dieser Anzeigepflichtverletzung als Rechtsfolge ein Rücktritts- oder Anfechtungsrecht besteht, nach den §§ 19 ff. VVG beantwortet.

Belehrungspflicht gemäß § 19 Abs. 5 bei Versicherungsantrag Ende 2007 und Vertragsabschluss im Jahre 2008
LG Dortmund
Bei einem im Dezember 2007 beantragten und im Januar 2008 geschlossenen Versicherungsvertrag kann der Versicherer die Rechte nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG nur ausüben, wenn er gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auf die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.

Auch durch eine Leistungsablehnung wird ein noch nicht entstandener Anspruch nicht fällig
OLG München
1. Die Formulierung in § 12 Abs. 1 VVG a. F. in den entsprechenden Unfallversicherungsbedingungen, dass die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem die Leistung verlangt werden kann, stellt nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs ab. Die Fälligkeit eines Anspruchs setzt aber zunächst seine Entstehung voraus, so dass nicht eine endgültige Leistungsablehnung des Versicherers der diesem zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber ein noch gar nicht entstandener Anspruch fällig wird.
2. Die Anspruchsvoraussetzungen der ärztlichen Feststellung der Invalidität in den Unfallversicherungsbedingungen muss auch die Feststellungen mit umfassen, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden (mit) ursächlich ist. Fehlt eine solche ärztliche Feststellung zur Zeit der Leistungsablehnung, kann die Ablehnung noch nicht zum Verjährungsbeginn führen. Dies gilt auch, wenn zu dieser Zeit die Frist für die ärztliche Feststellung bereits abgelaufen war, der Versicherer sich aber wegen Verstoßes gegen seine Hinweis- und Belehrungspflicht auf den Fristablauf nicht berufen kann und die Feststellung später beigebracht wird.

Nach einem längeren Zeitablauf (hier: 11 Monate) kann eine erneute Belehrung des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolgen der Verletzung einer Obliegenheit erforderlich sein
OLG Naumburg
Eine erneute Belehrung über die Folgen einer Weigerung eines Versicherungsnehmers, weitere Fragen zu beantworten, kann dann erforderlich sein, wenn zwischen schriftlicher Belehrung im Schadensanzeigeformular und späterer mündlicher Befragung durch einen Versicherungsagenten 11 Monate liegen.

Darlegungs- und Beweislast des Versicherers in Übergangsfällen
OLG Oldenburg
Ist offen, ob der Versicherungsfalls bis zum 31.12.2008 oder danach eingetreten ist und beruft sich der Versicherer für seine Ansicht, es sei das VVG a. F. anzuwenden, auf § 1 Abs. 2 EGVVG, so muss er beweisen, dass der Versicherungsfall vor dem 01.01.2009 eingetreten ist.

Trotz früherer Hinweise kann eine weitere Hinweispflicht des Versicherers bestehen
LG Dortmund
1. Allgemein erteilte Hinweise müssen bei konkretem Anlass wiederholt werden, wenn für den Versicherer erkennbar ist, dass der Versicherungsnehmer über das von ihm zu Veranlassende trotz des früher erteilten Hinweises im Unklaren sein könnte.
2. Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. konnte nach dem 31.12.2007 wirksam nicht gesetzt werden.

Ein rechtsschutzversicherter Versicherungsnehmer ist für die Geltendmachung vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht aktivlegitimiert
LG Dortmund
Der Versicherungsnehmer kann einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus dem Rechtsgrund des Verzuges nicht mit Erfolg gegen den Versicherer geltend machen, wenn der Versicherungsnehmer rechtsschutzversichert ist. Ihm fehlt wegen des Anspruchsübergangs nach § 67 VVG a. F. die Aktivlegitimation, mag er auch Zahlungen lediglich zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten beantragen.

Geltendmachung vorgerichtlicher Anwaltskosten im eigenen Namen durch den rechtsschutzversicherten Kläger nur bei ausdrücklicher Ermächtigung durch den Rechtsschutzversicherer
OLG Brandenburg
1. Soweit der Kläger die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend macht, ist die Klage bereits unzulässig. Der Kläger hat seine Prozessführungsbefugnis hinsichtlich dieser mit der Klage geltend gemachten Kosten nicht dargelegt. Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass die ihm entstandenen Gebühren durch die Rechtsschutzversicherung ausgeglichen worden sind. Damit ist der Schadensersatzanspruch des Klägers in dieser Höhe gem. § 67 Abs. 1 VVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen und der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert.
2. Soweit er dennoch diese Kosten im eigenen Namen zur Zahlung an sich im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend macht, hat er trotz des Bestreitens der Beklagten nicht dargelegt, dass die Rechtsschutzversicherung ihn ermächtigt hat, den auf sie übergegangenen Anspruch in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen. Er hat lediglich pauschal unter Verweis auf Rechtsprechungszitate vorgetragen, er sei berechtigt, die Gebühren im eigenen Namen geltend zu machen. Er hat jedoch weder dargelegt, dass ihn die Rechtsschutzversicherung im konkreten Fall zur Geltendmachung des Anspruchs ermächtigt hat, noch hat er eine entsprechende Erklärung seitens der Rechtsschutzversicherung vorgelegt. Der Verweis auf die zitierte Rechtsprechung vermag entsprechenden Sachvortrag nicht zu ersetzen. In den Fällen, die den von dem Kläger zitierten Entscheidungen des Landgerichts Bremen (RVG-Report 2005, 359) und des OLG Köln (JurBüro 2003, 468) zugrunde lagen, war es gerade so, dass dort eine entsprechende Ermächtigung des Rechtsschutzversicherers zur Geltendmachung der Rechtsanwaltsgebühren im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft vorlag.
3. Eines weiteren Hinweises an den anwaltlich vertretenen Kläger bedurfte es insoweit nicht, nachdem die Beklagten bereits auf die Rechtswirkungen der Zahlung durch die Rechtsschutzversicherung verwiesen haben.

Keine grobe Fahrlässigkeit des Sachverständigen bei sorgfältiger Auseinandersetzung mit abweichender Ansicht
OLG Köln
1. Ein medizinischer Sachverständiger, der seine von anderen medizinischen Gutachten abweichende Auffassung schlüssig und nachvollziehbar begründet, handelt regelmäßig nicht grob fahrlässig.
2. Die Möglichkeit, im Unterliegensfall auch bei Bewilligung von Prozesshilfe mit Kosten belastet zu werden, begründet grundsätzlich keine Unzumutbarkeit des Gebrauchs eines Rechtsmittels.

Voraussetzungen einer wirksamen Anpassung von alten AVB an neues Recht gemäß § 1 Abs. 3 EGVVG
OLG Hamm
1. Eine wirksame Vertragsanpassung gemäß § 1 Abs. 3 EGVVG liegt nicht vor, wenn ein Schreiben des Versicherers vom Versicherungsnehmer alleine über die neue Gesetzeslage informiert, jedoch keine inhaltliche Änderung der vereinbarten Versicherungsbedingungen enthält.
2. Aufklärungsobliegenheiten sollen dem Versicherer sachgemäße Entschlüsse ermöglichen. Dies setzt auf Seiten des Versicherers ein Aufklärungsbedürfnis voraus. Ein solches fehlt, wenn der Versicherer den erfragten Umstand bereits positiv kennt, weil er den vom Versicherungsnehmer verschwiegenen Vorschaden selbst reguliert hat. Leistungsfreiheit des Versicherers kommt dann nicht in Betracht.

Versicherer haftet nicht für Pflichtverletzung eines Versicherungsmaklers im Rahmen eines Anlagevermittlungs- oder Beratungsvertrages
LG Köln
Hinsichtlich der Zurechnung einer Pflichtverletzung im Rahmen einer Beratung ist entscheidend, ob der Berater als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler anzusehen ist. Handelt es sich um einen Makler, dann wird dessen Fehlverhalten dem Versicherer nicht zugerechnet. Das Gesetz geht zwar davon aus, dass der Versicherungsmakler den Versicherungsnehmer aufgrund seiner Pflicht aus dem Maklervertrag und aus § 61 VVG umfassend berät und es nicht zu einer überflüssigen Doppelberatung kommen soll. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die sich aus § 6 VVG ergebende Beratungspflicht des Versicherers dann wieder auflebt, wenn der Makler nicht ordnungsgemäß berät. Nähme man dies an, dann würde der Grundsatz, dass der Versicherer für etwaiges Fehlverhalten des Maklers nicht einzustehen hat, ausgehebelt werden.

Tätigwerden als Makler; Versichererfragen im Sinne von § 19 Abs. 1 VVG
LG Dortmund
1. Tritt ein Versicherungsvermittler als „Ihr unabhängiger Finanzoptimierer" auf, so handelt er nach außen als Makler.
2. Die in einem Formular des Maklers gestellten Gesundheitsfragen sind grundsätzlich keine Fragen des Versicherers gemäß § 19 Abs. 1 VVG n. F. (Anschluss an OLG Hamm, r+s 2011, 198).
3. Anderes kann gelten, wenn der Versicherer sich die Fragen zueigen gemacht hat. Dies muss aber für den Versicherungsnehmer bei der Antragsaufnahme ersichtlich sein.
4. Handelt der gegenüber dem Versicherungsnehmer als Makler auftretende Versicherungsvermittler verdeckt auch als Mehrfachagent (so genannter Pseudomakler), so rechtfertigt dies keine Zurechnung der Gesundheitsfragen zugunsten des Versicherers.
5. An einem nach § 19 Abs. 5 VVG n. F. erforderlichen Hinweis des Versicherers fehlt es, wenn die Hinweise auf dem Formular des Maklers erteilt werden.

Pauschale Ankündigung einer Vertragsanpassung führt nicht zur Vertragsänderung
OLG Frankfurt
Teil der Versicherer dem Versicherungsnehmer schriftlich pauschal mit, dass er im Hinblick auf die Nichtangabe von Erkrankungen vor Vertragsschluss „von dem Recht der Vertragsanpassung" Gebrauch machen wolle, so liegt in dieser Erklärung mangels konkreter Angabe der sich ändernden Vertragsbestimmungen keine Vertragsanpassung im Sinne des § 19 Abs. 4 Satz 1 VVG.

Versicherer ist zum Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Falle unwirksamen Rücktritts verpflichtet
OLG Frankfurt
Tritt der Versicherer ohne Rechtsgrund vom Vertrag zurück, so hat er die Kosten des daraufhin vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts nach § 280 BGB zu ersetzen.

 

Sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers bei Falschangaben im Versicherungsantrag
OLG Frankfurt 
Zwar reichen Falschangaben im Versicherungsantrag allein nicht aus, um den Rückschluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtfertigen. Die Annahme von Arglist setzt subjektiv vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht annehmen würde. Allerdings trifft den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen.

Tarifzuschlag für unterjährige Prämienzahlung bei einem Versicherungsvertrag bedeutet kein Teilzahlungs-/Ratenkreditgeschäft
OLG Koblenz
1. Kein Feststellungsinteresse für Recht zum Widerruf eines Versicherungsvertrags, wenn der Kläger sich vorbehalten will, ob widerrufen werden soll oder nicht.
2. Tarifzuschlag für unterjährige Prämienzahlung bei einem Versicherungsvertrag bedeutet kein Teilzahlungs-/Ratenkreditgeschäft.

Zurechnung des Handelns des Geschäftsführers einer als Versicherungsnehmerin fungierenden GmbH
OLG Koblenz
Handeln des GmbH-Geschäftsführers ist der GmbH als Versicherungsnehmerin stets zuzurechnen, ohne dass es auf die Voraussetzungen der Repräsentantenhaftung ankommt, und unabhängig von dessen Befugnissen im Innenverhältnis (hier: Kaskoschaden,

Versicherer kann wegen falschen Angaben zu den im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen  nur vom Vertrag zurücktreten, wenn er den Versicherungsnehmer bei Antragstellung wirksam über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nach § 19 Abs. 5 VVG belehrt hat
LG Koblenz
1. Es kann offen bleiben, ob die Wendung „gesonderte Mitteilung" in § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG n. F. so zu verstehen ist, dass die Belehrung auf einen vom Antragsformular verschiedenen eigenen Schriftstück zu erfolgen hat oder ob die Belehrung auf dem Antragsformular ausreicht, wenn sie nur deutlich abgesetzt oder sonst hervorgehoben ist (vgl. hierzu LG Dortmund, Urteil vom 17.12.2009 - Az. 2 O 399/09; LG Köln, Urteil vom 14.07.2010, Az. 23 O 377/09). Auch wenn man eine Belehrung innerhalb des Antragsformulars für ausreichend ansieht, kann der damit bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers nur verwirklicht werden, wenn die Belehrung so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss erfolgt, dass der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht noch erfüllen kann. Dies kann nach Auffassung der Kammer nur erreicht werden, wenn ein in Schrifttype und/oder -farbe hervorstechender Hinweis in räumlichen Zusammenhang entweder mit den Gesundheitsfragen oder mit der Unterschriftsleistung die rechtzeitige Kenntnisnahme des Versicherungsnehmers gewährleistet (so LG Dortmund, a. a. O. und LG Köln, a. a. O.).
2. Diesen Anforderungen entspricht ein Antragsformular nicht, wenn die Ausführungen „Wichtige Hinweise zur Anzeigepflicht" sich auf der Rückseite des zugeklappten Formulars befinden, also an einer Stelle, die dem Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen bzw. bei der Durchsicht des Formulars und auch bei Leistung seiner Unterschrift zwangsläufig verborgen ist. Zwar enthält das Formular darüber hinaus im Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen einen weiteren Hinweis, jedoch hält die Kammer auch diese nicht für ausreichend. Dieser Hinweis ist zwar fettgedruckt, fällt aber dennoch nicht besonders ins Auge, da die Schrift so klein ist, dass der Fettdruck gegenüber der normalen Schrift kaum auffällt. Dem Hinweis wird deshalb nach der äußeren Gestaltung nicht die besondere Bedeutung beigemessen, die ihm zur Erfüllung seiner Warnfunktion zukommt.
3. Nach Auffassung der Kammer stimmt auch inhaltlich der dem Kläger erteilte Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nicht mit den gesetzlichen Anforderungen überein. Inhaltlich fordert § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG nicht nur eine zutreffende, sondern auch unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers heraus eindeutige Belehrung (LG Dortmund, a. a. O.). Es reicht aber nicht aus, wenn der Versicherer den geforderten Hinweis mit Folgen einer Anzeigepflichtverletzung auf die Darstellung seiner eigenen Rechte beschränkt, sondern der Hinweis muss auch die dem Versicherungsnehmer möglicherweise betreffenden Folgen enthalten, die diesem bei einer Ausübung der Rechte des Versicherers drohen, um die gewünschte Warnfunktion zu erzielen. Dabei müssen die dem Versicherungsnehmer nachteiligen Folgen der Ausübung von Rücktritts-, Kündigungs- oder Vertragsanpassungsrecht aufgezeigt werden, so dass es möglich ist, dass der Versicherungsnehmer bei einem Versicherungsfall schutzlos sein und er den Versicherungsschutz sogar rückwirkend verlieren kann. Bei den wichtigen Hinweisen zur Anzeigepflicht erläutert die Beklagte im vorliegenden Fall nur für den Fall des Rücktritts, dass dieser dazu führt, dass kein Versicherungsschutz besteht. Für den Fall der Kündigung und der Vertragsänderung fehlt ein solcher. Für den Fall der Vertragsänderung ist zwar der Ausschluss der Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand erwähnt, jedoch nur in dem Zusammenhang, dass in diesem Fall der Versicherungsnehmer seinerseits den Vertrag kündigen kann. Dies wird der geforderten Warnfunktion nicht gerecht.
4. Wegen der formellen und materiellen Mängel des von der Beklagten erteilten Hinweises kann die Beklagte das Rücktrittsrecht nicht wirksam ausüben. Bereits aufgrund der formellen Mängel ist die Beklagte so zu behandeln, als hätte sie keinen Hinweis erteilt. Auch die materiellen Fehler führen dazu, dass die Beklagte sämtliche Rechte nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG nicht geltend machen kann und ihr nicht etwa das Rücktrittsrecht verbleibt, weil die Belehrung insoweit ordnungsgemäß war. Dafür spricht zum Einen bereits der Wortlaut des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG, wonach dem Versicherer „die Rechte" nur zustehen, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Danach hat der Versicherer auf sämtliche Folgen hinzuweisen. Zudem steht die inhaltlich unrichtige Belehrung einer unterlassenen Belehrung gleich. Anderenfalls müsste sich der Versicherer bei der Belehrung weniger Mühe geben. Der Gesetzgeber hat ihm bewusst die Warnung des Versicherungsnehmers auferlegt.
5. Ebenso ist unerheblich, ob der Kläger tatsächlich die Falschbelehrung zur Kenntnis genommen hat.

Die Anfechtungsfrist beginnt erst mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte vom Irrtum und vom arglistigen Verhalten des anderen Teils Kenntnis erlangt hat
LG Paderborn
1. Die Anfechtung einer nach § 123 BGB anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfirst erfolgen. Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte vom Irrtum und vom arglistigen Verhalten des anderen Teils Kenntnis erlangt.
2. Es obliegt dem Anfechtungsgegner den Beweis zu erbringen, dass der Anfechtende schon von Ablauf der Jahresfrist Kenntnis von seinem Irrtum und vom arglistigen Verhalten des anderen Teils erlangt hat (zur Beweislast vgl. Palandt-Ellenberger, 71. Aufl. 2012, § 124 BGB, Rdn. 5 m.w.N.).
3. Eine objektive Falschbeantwortung einer Antragsfrage führt nicht zwangsläufig auch zur Kenntnis der Umstände der arglistigen Täuschung. Insbesondere reicht insoweit weder ein bloßer Verdacht noch ein Kennenmüssen aus (vgl. Palandt-Ellenberger, 71. Aufl. 2012, § 124 BGB, Rdn. 2).

Grundsätzlich keine Wissenszurechnung des Versicherungsmaklers zu Lasten des Versicherers
OLG Köln
Das Wissen eines Versicherungsmaklers muss sich der Versicherer regelmäßig nicht zurechnen lassen. Eine Wissenszurechnung des Maklers zu Lasten des Versicherers kann nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Eine agentenähnliche Stellung eines Maklers liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn sich der Makler für den Versicherungsnehmer erkennbar als aus der Sphäre des Versicherers ausgegrenzt darstellt. Der Versicherungsnehmer hingegen muss sich eine arglistige Täuschung des Versicherungsmaklers beim Ausfüllen des Antragsformulars ebenfalls zurechnen lassen. Dem Versicherungsnehmer kann es daher zum Vorwurf gereichen, wenn der Makler eine Erkrankung (hier: Sehnenscheidentzündung) des Versicherungsnehmers, die ihm bekannt war, nicht im Antragsformular angegeben hat.

Die Vorschrift des § 215 VVG erfasst auch deliktische und bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche des Versicherers nach einem Versicherungsbetrug
LG Koblenz
1. Die Vorschrift des § 215 VVG ist für ab dem 01.01.2009 erhobene Klagen auch dann auf Altverträge anwendbar, wenn es um bis zum 31.12.2008 eingetretene Altfälle geht (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 10.05.2010, 10 W 772/09; Beschl. v. 16.06.2011, 4 W 290/11; OLG Hamburg, VersR 2009, 531; OLG Köln, VersR 2009, 1347; LG Saarbrücken VersR 2011, 1045; LG Limburg, Urt. v. 20.06.2011, 4 O 319/09, Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 215 Rn. 3 m.w.N.).
2. Die Vorschrift erfasst entsprechend der Formulierung „aus dem Versicherungsvertrag" alle mit der Begründung und Durchführung eines Versicherungsverhältnisses verbundenen Streitigkeiten. Dies betrifft alle Streitigkeiten, die im Kern versicherungsrechtlicher Art sind, einschließlich im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag stehende deliktische Ansprüche und solche aus Bereicherung.

Auch für einen noch im Jahre 2007 beantragten aber erst 2008 geschlossenen Versicherungsvertrag gilt das Belehrungserfordernis nach § 19 Abs. 5 VVG n.F.
LG Dortmund
Bei einem im Dezember 2007 beantragten und im Januar 2008 geschlossenen Versicherungsvertrag kann der Versicherer die Rechte nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG nur ausüben, wenn der Versicherungsnehmer gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat

Eine arglistige Täuschung des Maklers bei Beantwortung der Gesundheitsfragen muss sich der Versicherungsnehmer zurechnen lassen
OLG Köln
1. Versicherungsagent ist, wer von dem Versicherer als dessen Angestellter oder als Selbständiger mit der Vermittlung von Verträgen betraut worden ist (BGH VersR 2008, 242; VersR 1999, 1481).
2. Die Tatsache, dass der Vermittler im Besitz von Antragsformularen der Versicherung ist, reicht für die Annahme, er sei deren Agent, nicht aus. Auch ein vom Versicherungsinteressenten beauftragter Makler hat häufig, wenn nicht in der Regel, Antragsformulare zur Verfügung, wobei es nicht darauf ankommt, ob er diese angefordert oder unaufgefordert zugesandt bekommen hat. Die Verwendung eines Antragsformulars eines Versicherers gehört sowohl zur Tätigkeit eines Agenten als auch eines Maklers und dient in jedem Fall der organisatorischen Abwicklung beim Zustandekommen des Versicherungsvertrages, ohne dass daraus geschlossen werden könnte, der Vermittler des Vertrages stehe auf der einen oder anderen Seite (BGH VersR 1999, 1481; VersR 2008, 809). Unerheblich ist schließlich, ob der Vermittler mit der Versicherung eine Courtagevereinbarung getroffen hatte. Für die Annahme einer Agentenstellung genügt ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Vermittlers, wie das Provisionsinteresse, nicht (vgl. BGH VersR 2008, 242).
3. Eine Wissenszurechnung des Maklers zu Lasten des Versicherers kann nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Umstände, die vorliegend zur Annahme eines solchen Ausnahmefalls führen könnten, hat die hierfür beweisbelastete Klägerin nicht dargetan. Eine agentenähnliche Stellung eines Maklers liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn sich der Makler für den Versicherungsnehmer erkennbar als aus der Sphäre des Versicherers ausgegrenzt darstellt (vgl. Reiff in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch 2. Auflage, § 5 Rdnr. 57). b)
4. Bei einem Versicherungsmakler darf vorausgesetzt werden, dass er weiß, dass bei allgemein gehaltenen Fragen nach Vorerkrankungen alle Erkrankungen anzugeben sind, die in dem betreffenden Zeitraum vorgelegen haben, ohne dass danach unterschieden wird, ob diese ausgeheilt sind oder noch aktuell bestehen. Die Bedeutung der Erkrankung für eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei einer beruflichen Tätigkeit als Kassiererin oder als Bürokauffrau war - auch für den Zeugen, dem die damalige berufliche Tätigkeit der Klägerin ausweislich der Eintragung im Antragsformular bekannt war - offenkundig. Die arglistige Täuschung des Maklers muss sich der Versicherungsnehmer zurechnen lassen (vgl. insoweit BGH, Vers R 2008, 809)

Verfristung eines institutionsbezogenen Ablehnungsgrundes für einen Sachverständigen
OLG Köln
Der Einwand, ein medizinischer Sachverständiger sei allein deshalb befangen, weil er einer Universität angehöre, für die das beklagte Krankenhaus als akademisches Krankenhaus diene, kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn ein früher bestellter gerichtlicher Sachverständiger deswegen nicht abgelehnt wurde.

Voraussetzungen für die Geltendmachung gesetzlicher Gebühren für einen Terminsvertreter im Kostenfestsetzungsverfahren
BGH
1. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des RVG fallen für einen Terminsvertreter nur an, wenn dieser von der Partei selbst beauftragt wird, nicht aber, wenn deren Prozessbevollmächtigter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminsvertretung erteilt.
2. Zur Glaubhaftmachung der gesetzlichen Gebühren des Terminsvertreters reicht die Vorlage einer Kostenberechnung allein des Prozessbevollmächtigten mit Einstellung der für den Terminsvertreter angesetzten Gebühren und Auslagen nicht aus.

Kein Widerspruch mehr nach Kündigung zulässig
OLG Hamm
1. Europarechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 5 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. bestehen nicht.
2. Hat ein Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag (hier: Lebensversicherung) bereits gekündigt und ist der Rückkaufswert an den Versicherungsnehmer ausgekehrt worden, kann der Versicherungsnehmer zu einem späteren Zeitpunkt einen Widerspruch nach § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. nicht mehr erklären.

Versicherer obliegt Nachweis dafür, dass die Antragsfragen vollständig und richtig vorgelesen wurde - daran fehlt es, wenn komplexe Gesundheitsfragen so schnell vorgelesen, dass ihre richtige Erfassung nicht gewährleistet ist
OLG Stuttgart
1. Der Versicherer, der sowohl hinsichtlich der Täuschung als auch hinsichtlich eines arglistigen Handelns des Versicherungsnehmers beweisbelastet ist, hat den Nachweis zu führen, dass der Versicherungsvertreter dem Antragsteller die Fragen in einer Art und Weise vorgelesen hat, die das Ausfüllen des Formulars durch den Versicherungsvertreter einer eigenverantwortlichen Beantwortung durch den Antragsteller vergleichbar erscheinen erlassen.
2. Von einer solchen Gleichwertigkeit kann lediglich dann ausgegangen werden, wenn jede Frage vollständig vorgelesen und im Einzelnen mit dem Antragsteller besprochen wird. Macht der Versicherungsvertreter hierbei ergänzende Anmerkungen, welche den Inhalt der schriftlichen Fragen relativieren, so muss der Antragsteller die Fragen allein in dem mündlich gestellten Umfang beantworten.

§ 215 Abs.1 VVG gilt für Klage der versicherten Person entsprechend
OLG Oldenburg
Bei einer Fremdversicherung ist in entsprechender Anwendung von § 215 Abs. 1 S. 1 VVG für Klagen des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherte seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Beweislast für den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls zwecks Anwendung des neuen VVG
OLG Oldenburg
Ist offen, ob der Versicherungsfall bis zum 31. Dezember 2008 oder danach eingetreten ist, und beruft sich der Versicherer für seine Ansicht, es sei das VVG a.F. anzuwenden, auf § 1 Abs. 2 EGVVG, so hat er zu beweisen, dass der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 2009 eingetreten ist.

Reisekosten eines spezialisierten Anwalts am dritten Ort sind ausnahmsweise bei Fehlen eines vergleichbaren ortsansässigen Anwalts zu erstatten
BGH
1. Klagt eine Partei in eigenem Gerichtsstand, so sind die Reisekosten ihres Rechtsanwalts, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist („Rechtsanwalt am dritten Ort"), zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht erforderlich. Es sind deshalb nur diejenigen Reisekosten zu erstatten, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnsitz der Partei andererseits entstehen.
2. Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts am dritten Ort ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur dann ausnahmsweise notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann.

Reisekosten des Anwalts am dritten Ort sind nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten vom Sitz der Partei bis zum Gerichtsort zu erstatten
BGH
Beauftragt ein Unternehmen, das bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung, der weder am Gerichtsort noch am Unternehmenssitz der Partei und auch nicht an dem Ort der unternehmensinternen Bearbeitung der Sache ansässig ist, sind die Reisekosten des Rechtsanwalts regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten vom Unternehmenssitz zum Gerichtsort erstattungsfähig.

Verjährung eines auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden
BGH
Die Verjährung eines auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden richtet sich nicht nach § 12 Abs. 1 VVG a.F., sondern nach den §§ 195, 199 BGB (Bestätigung Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2009 - IV ZR 195/08, VersR 2010, 373).

Erneute Belehrung über die Folgen einer Verletzung der Auskunftspflicht nach dem Versicherungsfall nach elf Monaten erforderlich
OLG Naumburg
Eine erneute Belehrung über die Folgen einer Weigerung des Versicherungsnehmers, weitere Fragen zu beantworten, kann dann erforderlich sein, wenn zwischen schriftlicher Belehrung im Schadenanzeigeformular und späterer mündlicher Befragung durch einen Versicherungsagenten 11 Monate liegen.

Nichtanzeige erheblicher Gefahrumstände trotz Fragen des Maklers begründet kein Rücktrittsrecht des Versicherers, wenn das Antragsformular den Anschein erweckt, dass es vom Makler stammt
LG Dortmund
Der Versicherer kann nur dann ein Rücktrittsrecht wegen Nichtanzeige bekannter gefahrerheblicher Gefahrumstände geltend machen, wenn er dem Versicherungsnehmer in Textform danach gefragt hat. Es liegen jedoch keine Fragen des Versicherers vor, wenn die Fragen von einem im Lager des Versicherungsnehmers stehenden Makler gestellt werden, eine Gleichstellung mit Fragen des Versicherers liefe letztlich auf die Wiedereinführung der spontanen Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers hinaus.

Verwertbarkeit von ohne ausreichender Rechtsgrundlage gewonnener Kenntnis des Personenversicherers über nicht angezeigte Vorerkrankungen bei streitigem Prozessvortrag des Versicherers
BGH
Erlangt der Versicherer im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer zu weit gefassten und deshalb unwirksamen Schweigepflichtentbindung Informationen über den Gesundheitszustand des Versicherten, die eine arglistige Täuschung durch die unrichtige Beantwortung von Gesundheitsfragen bei der Anbahnung des Versicherungsvertrages aufzudecken geeignet sind, kann die gebotene Güterabwägung ergeben, dass der Versicherer weder unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) an der Anfechtung noch wegen eines prozessualen Verwertungsverbots an der Einführung der gewonnenen Erkenntnisse in einen Rechtsstreit gehindert ist. Dies gilt gleichermaßen auch dann, wenn der prozessuale Vortrag des Versicherers zu seinen Ermittlungsergebnissen prozessual nicht unstreitig ist, sondern der Versicherte sich ohne Verstoß gegen seine prozessuale Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO auf einen Widerspruch gegen die Verwertbarkeit beschränkt hat und deshalb eine Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO in Frage steht.

Materielle Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. gilt seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr
BGH
Die materielle Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F., die dem Versicherer Leistungsfreiheit verschaffte, wenn ein abgelehnter Anspruch nicht innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend gemacht wurde, ist mit dem Inkrafttreten des neuen VVG ersatzlos weggefallen. Der Gesetzgeber hat damit die Konsequenz daraus gezogen, dass diese überkommene, im Zivil-recht einzigartige Privilegierung einer Vertragsseite, deren Berechtigung seit Längerem in Zweifel gezogen und von Versicherers deswegen vielfach auch nicht mehr angewandt worden war, nicht mehr zu rechtfertigen erschien. Eine gegebenenfalls über Jahre andauernde Fortgeltung dieser Regelung zu Lasten der Versicherungsnehmerseite ist damit nicht zu vereinbaren. Für eine dahingehende Vorstellung des Gesetzgebers gibt es keinen Anhalt. Die zeitgleiche Abschaffung mit der Neukodifikation des VVG spricht dagegen.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens
BGH
1. Die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte.
2. Die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten setzt nicht zusätzlich voraus, dass das Privatgutachten im Rahmen einer expost-Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat.

Kosten für Privatgutachten in der prozessualen Kostenerstattung
BGH
Eine prozessuale Kostenerstattung von zuvor auf materiellrechtlicher Grundlage erfolglos eingeklagten Kosten eines Privatgutachters scheidet aus, wenn der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch mit der Begründung abgewiesen worden ist, mit der der Anspruch im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht wird (hier: Erforderlichkeit eines Privatgutachtens).

Die gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung gilt unter dem neuen VVG fort
OLG Frankfurt
Die gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung des Versicherers für Angaben seines Agenten besteht unter der Geltung des VVG n. F. fort.

Voraussetzungen einer „demnächstigen" Zustellung
BGH
Die Zustellung einer Klage ist jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die durch den Kläger zu vertretende Verzögerung der Zustellung den Zeitraum von 14 Tagen nicht überschreitet. Bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert.

 

Bagatellerkrankungen müssen bei Gesundheitsfragen nicht angegeben werden
OLG Köln
Werden Beschwerden im Rahmen einer Gesundheitsfrage, die nur kurzfristige Arbeitsunfähigkeitszeiten zur Folge haben, nicht angegeben, so liegt keine Anzeigepflichtverletzung vor (hier: Krankschreibung wegen Rückenbeschwerden für 4 Tage und damit zusammenhänge einmalige Verabreichung eines Salbenverbandes und Krankschreibung wegen einer Sehnenscheidenentzündung für 12 Tage).

Versicherer muss schon auf der Vorderseite des Versicherungsscheins auf eine Leistungsfreiheit bei Zahlungsverzug mit der Erstprämie hinweisen
OLG Naumburg
Der gesetzlich vorgeschriebene auffällige Hinweis auf eine Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle des Zahlungsverzugs mit der Erstprämie muss in aller Regel bereits auf der Vorderseite des Versicherungsscheins erfolgen. Ansonsten bedarf es regelmäßig eines bereits dort durch Fett- oder Großdruck hervorgehobenen Hinweises auf die später folgende Belehrung. Allein eine Belehrung auf den Folgeseiten genügt trotz Hervorhebung einer Überschrift im Fettdruck jedenfalls dann nicht, wenn diese Hervorhebung durch andere, merklich unwichtigere, ebenfalls im Fettdruck gehaltene Hinweise im Gesamtkontext des Versicherungsscheins abgeschwächt wird.

Versicherungsnehmer hat Erleichterungen in der Darlegungslast durch mögliche pauschale Behauptung, dass ein betreffender Umstand nicht gefahrerheblich sei
OLG Naumburg
Da § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG a. F. lediglich eine gesetzliche Vermutung der Gefahrerheblichkeit bestimmt, ist es dem Versicherungsnehmer (hier: für eine Berufsunfähigkeitsversicherung) eröffnet, diese Vermutung zu widerlegen, wenn er die Unerheblichkeit der nicht offen gelegten Umstände für den Vertragsschluss darzulegen und zu beweisen vermag. Der eindeutige Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 2 VVG a. F. zeigt, dass eine Gefahrerheblichkeit nicht bereits an die Notwendigkeit für den Versicherer anknüpft, weitergehende Nachforschungen anzustellen; vielmehr wird das tatsächliche Vorliegen von Umständen, die für den abschließenden Vertragsschluss einflussreich gewesen wären, vorausgesetzt. Hier alleine auf die Notwendigkeit für ein Rücktrittsrecht abzustellen, ergänzende ärztliche Auskünfte einholen zu müssen, erscheint nicht sachgerecht.

Für die Klage eines Versicherten aus dem Versicherungsvertrag ist der Wohnsitz des Versicherungsnehmers maßgeblich
LG Cottbus
Es kann dahinstehen, ob die Gerichtsstandsregelung des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG auch auf Versicherte und auf juristische Personen anwendbar ist. Für die Klage eines Versicherten aus dem Versicherungsvertrag ist der Wohnsitz des Versicherungsnehmers maßgeblich. Ist der Versicherungsnehmer eine juristische Person, kommt es auf deren Geschäftssitz an.

Erstattung der Reisekosten eines Anwalts am dritten Ort
BGH
1. Klagt eine Partei im eigenen Gerichtsstand, so sind die Reisekosten ihres Rechtsanwalts, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht erforderlich. Es sind deshalb nur diejenigen Reisekosten zu erstatten, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnsitz der Partei andererseits entstehen (Fortführung von BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071 Rn. 11 und vom 22. April 2008 - XI ZB 20/07, [...] Rn. 8).
2. Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts am dritten Ort ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur dann ausnahmsweise notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann (Fortführung von BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902).

Streitwert einer negativen Feststellungsklage des Versicherungsnehmers
OLG Karlsruhe
Macht ein Versicherungsnehmer mit einer negativen Feststellungsklage geltend, dass ein Versicherungsvertrag ab einem bestimmten Zeitpunkt - wegen Kündigung - nicht mehr besteht, kommt es für den Streitwert in der Regel darauf an, welche Prämien der Versicherer ohne die streitige Kündigung noch verlangen könnte.

Beginn der Anfechtungsfrist bei vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung
OLG Hamm
Der Lauf der Frist wegen arglistiger Täuschung im Rahmen der vorvertraglichen Anzeigepflicht beginnt erst, wenn der Getäuschte die arglistige Täuschung erkannt und nicht bereits, wenn er über Unterlagen verfügt, aus denen sich Widersprüche herauslesen ließen. Die Kenntnis muss sich nicht nur auf die objektive Falschheit der Angaben, sondern auch auf die subjektive Arglist des Anderen beziehen.

Spontane Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers nach dem Versicherungsfall (hier: Eröffnung des Insolvenzverfahrens)
OLG Frankfurt
Nach Eintritt des Versicherungsfalls hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer Auskünfte grundsätzlich nur auf dessen Verlangen zu erteilen. Aber auch im Rahmen von § 34 VVG a. F. gilt der auf das gesamte Zivilrecht anwendbare Grundsatz von Treu und Glauben. Danach ist der Versicherungsnehmer - ausnahmsweise - verpflichtet, auch ungefragt dem Versicherer Auskünfte jedenfalls dann zu erteilen, wenn für jedermann erkennbar dessen Aufklärungsinteresse in ganz elementarer Weise berührt worden ist und es um Informationen geht, deren Bedeutung für den Versicherer aus der Sicht des Versicherungsnehmers auf der Hand liegt. Diese Auskunftspflicht hat der Versicherungsnehmer verletzt, wenn er dem Versicherer die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verschweigt und Versicherungsleistungen auf ein Konto seiner Töchter überweisen lässt.

 

Keine Anwendung des § 215 VVG für Klagen von Dritten (hier: des Bezugsberechtigten)
LG Limburg
1. Der Anwendung des § 215 VVG steht nicht entgegen, dass der streitgegenständliche Versicherungsvertrag im Jahr 2007 geschlossen wurde, die Regelung des § 215 VVG jedoch erst zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist. Nach umstrittener aber zutreffender Ansicht findet die Zuständigkeitsregelung des § 215 VVG auf nach dem 01.01.2008 erhobene Klagen aus vor diesem Zeitpunkt bereits zustande gekommene Versicherungsverträge Anwendung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.04.2009 - 3 W 20/09 -juris-).
2. § 215 Abs. 1 VVG begründet jedoch nach hier vertretener Auffassung keinen Gerichtsstand zugunsten des aus dem Versicherungsvertrag Bezugsberechtigten am eigenen bzw. dem Wohnort des Versicherungsnehmers; auf den Bezugsberechtigten erstreckt sich der persönliche Anwendungsbereich der Norm nicht.

Demnächstige Zustellung bei einem bloßen PKH-Gesuch
BGH
Der Versicherungsnehmer, der innerhalb der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. zunächst nur ein Prozesskostenhilfegesuch einreicht, genügt seiner Verpflichtung, auf eine "demnächstige" Zustellung der Klage mit größtmöglicher Beschleunigung hinzuwirken, auch dann, wenn er für eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO ausschöpft und die Beschwerde innerhalb dieser Frist begründet (Aufgabe von BGH, 1. Oktober 1986, IVa ZR 108/85, BGHZ 98, 295, 301).

Sachverständiger darf zu fachlichen Behauptungen einer Partei mit Nachdruck seine Einschätzung äußern, ohne hierdurch als befangen zu gelten
OLG München
Ein erfolgreicher Befangenheitsantrag setzt voraus, dass aufgrund objektiver Tatsachen eine besonnene Partei Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu zweifeln. Hierbei ist nicht isoliert auf einen einzelnen Aspekt oder Vorfall abzustellen, sondern eine Gesamtbetrachtung und Würdigung aller Umstände vorzunehmen. Dem Sachverständigen ist es insbesondere nicht verwehrt, zu fachlichen Behauptungen einer Partei, die diese mit Nachdruck vertritt, ebenso klar und nachdrücklich seine Einschätzungen zu äußern. Weder von einem Richter noch von einem Sachverständigen wird im Übrigen verlangt, dass er verbale Attacken einer Partei stoisch hinnimmt. Auf provokante Angriffe oder persönliche Vorwürfe darf mit angemessener Schärfe reagiert werden. Zudem soll nicht die Möglichkeit eröffnet werden, durch Provokation des Richters oder Sachverständigen einen Ablehnungsgrund zu schaffen.

 

Versicherungsnehmer ist beweisbelastet für Zugang des Widerrufs nach § 8 Abs. 1 VVG; bei fehlendem Eingang ist der Versicherungsnehmer zur unverzüglichen Nachholung verpflichtet
OLG Köln
Zwar reicht zur Fristwahrung des Widerrufsrechts nach § 8 Abs. 1 VVG die rechtzeiti-ge Absendung des Widerrufsschreibens (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VVG). Darüber hinaus muss der Widerruf dem Versicherer allerdings zu irgendeinem Zeitpunkt zugehen (§ 130 BGB), was zur Beweislast des Versicherungsnehmers steht. Geht die erste, rechtzeitig abgesandte Erklärung verloren, muss der Versicherungsnehmer den Zugang herbeiführen, indem er die Erklärung unverzüglich wiederholt.
2. An der Unverzüglichkeit fehlt es, wenn der Versicherungsnehmer keine Erkundigungen über den Zugang des Widerrufs einzieht, obwohl er aus dem Verhalten des Versicherers schließen muss, dass ihm kein Widerruf zugegangen ist.

Die Arglist eines Erklärungsgehilfen wird dem Versicherungsnehmer bei bewusst ungeprüftem Unterschreiben des ausgefüllten Schadensanzeigeformulars zugerechnet
OLG Saarbrücken
Der eine Schadensanzeige unterzeichnenden Versicherungsnehmerin wird es als Arglist zugerechnet, wenn ihr Ehemann, der die Schadensanzeige ausgefüllt hat, Vorschäden verschwiegen hat, ohne zuvor den das Fahrzeug regelmäßig benutzenden Sohn nach vorhandenen Vorschäden gefragt zu haben.

Unterjährige Prämienzahlung führt nicht zur Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes und der Preisangabenverordnung
OLG Bamberg
In der Vereinbarung einer unterjährigen Prämienzahlung für einen Versicherungsvertrag (hier: Leibrentenversicherungsvertrag auf das Leben) liegt kein entgeltlicher Zahlungsaufschub und damit auch keine Kreditgewährung im Sinn des Verbraucherkreditrechts und der Preisangabenverordnung (Anschuss an OLG Stuttgart, VersR 2011, 786; OLG Köln, ZfS 2011, 509 u. a.).

Unzulässigkeit eines im Voraus vereinbarter Anfechtungsausschluss
BGH
Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist mit dem von § 123 BGB bezweckten Schutz der freien Selbstbestimmung unvereinbar und deshalb unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB ist. Das gilt auch im Verhältnis des Erklärenden zu durch die Vertragserklärung begünstigten Dritten (HEROS II, Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Januar 2007 VIII ZR 37/06, VersR 2007, 1084).

Beweis für den Zugang des Versicherungsscheins
LG Arnsberg
1. Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen muss jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge für sich in Anspruch nehmen will, die tatsächlichen Voraussetzungen des sie begünstigenden Rechtsatzes beweisen. Diese Verteilung der Beweislast ändert sich nicht allein dadurch, dass die Partei aus dem nicht Vorliegen eines Umstandes, einer sogenannten negativen Tatsache, Rechte herleiten will. Den sich daraus ergebenden Beweisschwierigkeiten ist damit ausreichende Rechnung getragen, dass dem Beweisführungsgegner eine sekundäre Darlegungslast auferlegt wird. Dies bedeutet, dass dieser Rahmen des zumutbaren die für das Positivum sprechenden Tatsachen substantiiert darzulegen hat.
2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass vorliegend der Zugang einer Willenserklärung streitig ist. Die Klägerin verkennt, dass auch im Rahmen des § 130 BGB die Beweislast für den Zugang einer Willenserklärung letztlich davon abhängig ist, welche Partei aus dem Zugang einer Willenserklärung Rechte herleiten will (OLG Saarbrücken NJW 2004, 2908).
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 6 VVG a.F. und § 8 Abs. 2 S. 3 n.F. VVG nichts anderes. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass es hier nicht um den Bestand des Widerrufrechts an sich geht, sondern vielmehr um die vorgelagerte Frage, ob das VVG in der alten oder in der neuen Fassung anzuwenden ist. Diese Frage ist durch die vorgenannten Regelungen gerade nicht erfasst. Vielmehr ergibt sich aus dem Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Anwendung des Versicherungsvertragsgesetzes an den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln festhalten wollte. Denn entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 5 a VVG a.F. und § 8 Abs. 2 VVG n.F. hat der Gesetzgeber in Artikel 1 Abs.1 EGVVG gerade keine abweichende Regelung zur Darlegungs- und Beweislast getroffen hat.

Zur Wirksamkeit einer Empfangsbestätigung von Versicherungsunterlagen im Antragsformular
OLG Köln
1. Wurden dem Versicherungsnehmer bereits bei der Antragstellung die für den Vertrag maß­gebenden Versicherungsbedingungen und die nach dem VAG erforderlichen Verbraucherinformationen ausgehändigt, wurde der Vertrag nicht nach de, Policen-, sondern nach dem Antragsmodell abgeschlossen.
2. Die Erklärung „Hiermit bestätige ich, daß mir die maßgebenden Versicherungsbedingungen (vgl. „Tarife und maßgebende Versicherungsbedingungen", Seite 4) und die gemäß dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) erforderlichen Verbraucher­informationen (§ 10a VAG in Verbindung mit dem Anhang D) vor der Unter­zeichnung des Antrags ausgehändigt worden sind.", ist wirksam; sie verstößt nicht gegen § 309 Nr. 12 Buchst. b) BGB. Danach sind zwar grundsätzlich formularmäßige Bestimmungen, mit denen der andere Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigt, unwirksam; dies gilt aber nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben sind. Ein gesondert unterzeichnetes Empfangsbekenntnis reicht zur Wirksamkeit der Bestimmung nur dann nicht aus, wenn sich der Verwender zugleich auch Rechtstatsachen oder die rechtliche Bewertung von Tatsachen bestätigen lässt (vgl. BGH, VersR 1990, 91).
3. Das hat das OLG Köln - 6. Zivilkammer - (VersR 2000, 169) in einem Fall angenommen, in dem sich der Versicherer den Empfang der Verbraucher­informationen mit der Erklärung, der Versicherungsnehmer habe die „maßgebenden Verbraucherinformationen einschließlich der Versiche­rungsbedingun­gen" erhalten, hat bestätigen lassen, weil das, was „maßgebend" sei, eine rechtliche Wertung verlange. Davon unterscheidet sich die vorliegende Erklärung entscheidend, weil hier durch verweisende Klammerzusätze deutlich gemacht wird, welche konkreten Bedingungen und Verbraucher­informationen gemeint sind.

Keine Belehrung über Schriftlichkeit eines Rücktritts nach § 8 Abs. 5 VVG erforderlich
OLG Köln
1. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht „Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins vom Versicherungsvertrag zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung (§ 4 Abs. 1 AVB).", ist wirksam. Eine Belehrung über die Schriftlichkeit des Rücktritts bedarf es nicht.
2. Schriftlichkeit der Rücktrittserklärung verlangt das Gesetz nicht eindeutig, weshalb in der versicherungsrechtlichen Literatur auch die Auffassung vertreten wird, der Rücktritt müsse nicht schriftlich erklärt werden. Zwar wird in der Literatur überwiegend aus der Verwendung des Wortes „Absendung" gefolgert, dass für den Rücktritt Schriftform erforderlich ist (vgl. etwa Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 8 VVG, Rn. 54; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 8, Rn. 70). Es kann indes nicht Sache des Versicherers sein, die insoweit unklare gesetzliche Bestimmung im Rahmen der Belehrung in bestimmter Weise auszulegen; vielmehr reicht es aus, wenn die Belehrung sich am Gesetzestext orientiert, was hier geschehen ist.
5. Eine gesonderte Unterzeichnung der Rücktritts­belehrung fordert § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht (vgl. Prölss in Prölss/Martin, aaO, Rn. 54 mit Rn. 46).

Falsche Belehrung bei vorsätzlicher, folgenloser Aufklärungsobliegenheitsverletzung
LG Nürnberg-Fürth
Die gemäß § 28 Abs. 4 VVG vorgeschriebene Belehrung des Versicherers über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach Eintritt des Versicherungsfalls ist falsch, wenn der Verlust des Versicherungsschutzes für den Fall angedroht wird, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben des Versicherungsnehmers für den Versicherer folgenlos und ohne Nachteil geblieben sind. Der Versicherer kann sich in diesem Fall - außer bei Arglist des Versicherungsnehmers - nicht mit Erfolg auf Leistungsfreiheit berufen.

Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung kommt nur bei einem messbaren Nachteil für den Versicherer in Betracht
OLG Oldenburg
Für die Frage der Leistungsfreiheit des Versicherers kommt es nicht darauf an, ob die Obliegenheitsverletzung abstrakt-generell geeignet war, die Interessen des Versicherers zu gefährden. Entscheidend ist, ob dem Versicherer durch die Obliegenheitsverletzung des - nicht arglistig handelnden - Versicherungsnehmers im konkreten Fall ein in Geld messbarer Nachteil entstanden ist.

Vereinbarung eines Zuschlags bei unterjähriger Zahlung der Versicherungsprämie bedeutet keinen entgeltlichen Zahlungsaufschub
OLG Köln
Die Vereinbarung eines Zuschlags bei unterjähriger Zahlung der Versicherungsprämie bedeutet keinen entgeltlichen Zahlungsaufschub im Sinne von § 506 Abs. 1 BGB (früher: § 499 Abs. 1 BGB); (Senat, VersR 2011, 248 und RuS 2011, 216; vgl. auch OLG Stuttgart, RuS 2011, 218). Ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB steht dem Kläger somit nicht zu.

 

Ist zu einem sog. Altvertrag der Versicherungsfall vor dem 31.12.2008 eingetreten, gilt gemäß Art. 1 II EGVVG das VVG alter Fassung, und zwar sowohl hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen der Anzeigepflichtverletzung als auch deren Rechtsfolgen.
OLG Frankfurt
1. Darüber, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Anzeigepflichtverletzung bei einem Altvertrag nach §§ 16,17 VVG a.F. zu beurteilen sind, herrscht Einigkeit (vgl. Prölss/Martin, VVG-Komm., 28. Aufl., Art. 1 EGVVG Rz. 9; Schneider VersR 2008, 859).
2. Entgegen der Auffassung des Klägers gilt jedoch auch für den Rücktritt das VVG a.F. In der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucksache 16/3945, S. 118) heißt es zu Art. 1 II EGVVG, dass bei Eintritt des Versicherungsfalls bis zum 31.12.2008 auf die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien weiterhin das VVG a.F. anwendbar sei. Danach ist die Anknüpfung an den Eintritt des Versicherungsfalls rein formal als zeitliche Schranke zu verstehen. Für noch im Jahre 2008 eingetretene Versicherungsfälle wird insoweit die Anwendung alten Rechts perpetuiert; dies gilt jedenfalls soweit es sich um materiell-rechtliche Vorschriften handelt (vgl. Prölss/Martin, a.a.O., Art. 1 Rz. 16; Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, Art. 1 EGVVG Rz. 10; LG Dortmund VersR 2010, 515).
3. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei Eintritt des Versicherungsfalls in 2008 und Ausübung des Rücktrittsrechts in 2009 neues Recht anwendbar ist, wird - soweit ersichtlich - allein von Grote/Finkel (VersR 2009, 312) problematisiert. Dies kann vorliegend aber dahinstehen, da der Rücktritt mit Schreiben vom 17.12.2008 erklärt und das Schreiben vom 2.3.2009 keine neuen Rücktrittsgründe enthält, sondern lediglich den bereits erklärten Rücktritt nochmals bekräftigt.

Offenbarungspflicht des Versicherungsnehmers oder Auskunftsverlangen des Versicherers in „krassen" Fällen
BGH
Dem Versicherungsnehmer kann in restriktiv zu handhabenden Ausnahmefällen eine spontane Offenbarungsobliegenheit treffen. Eine solche auf Treu und Glauben beruhende Obliegenheit ohne Auskunftsverlangen des Versicherers bezieht sich auf die Mitteilung außergewöhnlicher und besonders wesentlicher Informationen, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen muss (hier bejaht bei einer eröffneten Verbraucherinsolvenz).

Verletzung der Nachfrageobliegenheit nach altem Recht durch fehlende Mitteilung über eine erst nach Antragstellung im Rahmen eines MRT diagnostizierte Entzündung der Nerven
OLG Frankfurt
1. Voraussetzung für die Bejahung einer Verletzung der Nachmeldeobliegenheit nach altem Recht ist, dass der Versicherungsnehmer bei Aufnahme des Antrages ausdrücklich über sie belehrt worden ist oder es sich jedenfalls um nachträglich eingetretene oder festgestellte erhebliche Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes handelt, deren Bedeutung für den Versicherer sich ihm aufdrängen muss (vgl. OLGR Saarbrücken 2007, 898; OLG Köln VersR 2007, 1502).
2. Ergibt ein nach Antragstellung durchgeführtes MRT Entzündungen im Spinalkanal und im Gehirn, hat der Versicherungsnehmer nachträglich Kenntnis davon erlangt, dass bei ihm ein krankhafter Befund von erheblichem Gewicht - nämlich einer Entzündung der Nerven - vorlag. Diese ihm bekannt gewordenen Umstände, deren Gefahrerheblichkeit auf der Hand liegt, hätte der Kläger der Beklagten mitteilen müssen und zwar auch ohne Belehrung über die Nachfrageobliegenheit.
3. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn dem Vortrag des Klägers gefolgt wird, dass er den Agenten der Versicherung bei Antragstellung über ein Kribbeln in den Fingerspitzen hingewiesen hat. Nachdem der Kläger Kenntnis von dem Vorliegen einer schwerwiegenden neurologischen Erkrankung erlangt hatte, war seinem Vertrauen auf den Rat des Agenten A, das Kribbeln in den Fingerspitzen stelle eine so banale Beschwerde dar, dass sie nicht anzeigepflichtig sei, die Grundlage entzogen. Die sog. Nachfrageobliegenheit des Versicherers beruht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. Römer, VVG-Komm., 2. Aufl., §§ 16, 17 VVG Rz. 35). Dem Versicherer, der bei der Schließung des Vertrages die Klärung erkennbar widersprüchlicher, unzulänglicher oder gar falscher Angaben seines künftigen Vertragspartners zurückstellt, ist es verwehrt, diese nach Eintritt des Versicherungsfalls zum Anlass für einen leistungsbefreienden Rücktritt zu nehmen. Das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Risikoprüfung, die nur bei Schließung des Vertrages vorgenommen werden kann, nimmt dem Versicherer daher die Rücktrittsberechtigung (vgl. BGH VersR 1995, 80). Zu einer Risikoprüfung wäre die Beklagte jedoch erst durch eine nachträgliche Unterrichtung im Rahmen der sog. Nachmeldeobliegenheit in der Lage gewesen, was für den Kläger auch offenkundig war. Der Beklagten ist es daher nicht verwehrt, ihren Rücktritt auf die seitens des Klägers verschwiegenen Beschwerden zu stützen.

Arglistige Täuschung und Ausschlussfrist bei vor 2002 geschlossenen Verträgen
OLG Köln
1. Verschweigt der Versicherungsnehmer degenerative Fußveränderungen seit der Kindheit mit dreimaliger Arztbehandlung im Abfragezeitraum, zuletzt ein Jahr vor Antragstellung, sowie ein nur ein Jahr vor Antragstellung aufgetretenes akutes HWS-Syndrom mit Krankenhausbehandlung und Arbeitsunfähigkeit von knapp drei Wochen, so handelt es sich um gesundheitliche Beeinträchtigungen, die dem Antragsteller offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko der Berufsunfähigkeit erscheinen sein mussten, so dass Arglist zu bejahen ist.
2. Bei derartigen verschwiegenen Umständen liegt es auf der Hand, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Gesundheitsfragen den Versicherungsvertrag nicht ohne weiteres abgeschlossen hätte.
3. Beantwortet ein Versicherungsmakler Gesundheitsfragen im Antragsformular - sei es auch ins Blaue hinein - falsch, handelt er arglistig, weil er weit eher noch als der Versicherungsnehmer um deren Bedeutung für die Vertragsannahmeentscheidung des Versicherers weiß. Die arglistige Täuschung des Maklers, der als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsnehmers nicht Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, ist diesem gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
4. Nach der Übergangsvorschrift des Artikels 229, § 6 Abs. 4 EGBGB wird bei vor 2002 geschlossenen Versicherungsverträgen die kürzere Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 3 BGB von 10 Jahren gegenüber der alten Frist von 30 Jahren erst ab dem 01.01.2002 berechnet, so dass sie am 31.12.2011 abläuft.
5. Durch ein vom Versicherer anlässlich der VVG-Reform versandtes und nicht personalisiertes Informationsschreiben zu den Auswirkungen des neuen VVG wird nicht unabhängig vom tatsächlichen Ablauf der aus § 124 Abs. 3 BGB folgenden Frist jedenfalls nach Ablauf von 10 Jahren nach Vertragsschluss auf eine Arglistanfechtung verzichtet, da es bereits an einer diesbezüglichen Willenserklärung fehlt.

Festhalten an anberaumtem Termin zur Anhörung des Gerichtssachverständigen trotz Verhinderung des Privatgutachters einer Partei begründet Besorgnis der Befangenheit
OLG Karlsruhe
Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet die Besorgnis der Befangenheit, wenn offensichtlich erhebliche Gründe für die Verlegung vorliegen, die zur Rückweisung des Antrags für die betroffene Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzen würde oder sich aus der Ablehnung der Verlegung der Eindruck sachwidriger Benachteiligung der Partei aufdrängt.

Ablehnung einer beantragten Terminsverlegung ist regelmäßig kein Befangenheitsgrund
OLG Stuttgart
1. Zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit bei Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung.
2. Zur Reichweite der Pflichten des Zivilgerichts, einer Prozesspartei zu ermöglichen, Einwände gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten unter Hinzuziehung eines Privatgutachters vorzubringen.

Erstattung der Reisekosten des Hausanwalts des Versicherers
BGH
Die gegenüber den fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort des Versicherungsnehmers ansässigen Rechtsanwalts höheren Reisekosten des vom Haftpflichtversicherer beauftragten Hausanwalts sind nicht erstattungsfähig, wenn dieser weder am Sitz des Gerichts noch am Wohn- oder Geschäftsort des Versicherungsnehmers ansässig ist.

Prozessbezogenheit von außergerichtlichen Gutachterkosten des Versicherers bei Verdacht auf einen Versicherungsbetruges
OLG Düsseldorf
1. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2008 kann die für eine Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten eines Versicherers erforderliche Prozessbezogenheit selbst bei Fehlen eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gutachtenauftrag und anschließendem Rechtsstreit bzw. bei Fehlen einer konkreten Klageandrohung im Zeitpunkt des Gutachtenauftrags auch dann bestehen, wenn sich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs aufdrängt. Bei solcher Fallgestaltung muss sich ein Versicherer von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen.
2. Diese Voraussetzungen können auch bei der Inanspruchnahme eines Kfz-Kaskoversicherers durch seinen Versicherungsnehmer gegeben sein.

Verletzung rechtlichen Gehörs - Nichtberücksichtigung eines dem gerichtlichen Sachverständigen widersprechenden Privatgutachtens
BGH
1. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so darf der Tatrichter - wie auch bei sich widersprechenden Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.
2. Dies gilt auch bei der Vorlage eines in einem sozialgerichtlichen Verfahren erstellten Gutachtens, wenn in diesem Aussagen zur Frage gemacht werden, ob der Versicherte noch in seinem bisherigen Beruf arbeiten kann, die auch für die Frage der Berufsunfähigkeit im Rahmen der BUZ-Vers. von Bedeutung sind.
3. Einwänden aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen muss das Gericht nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Dazu kann es den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen. Insbesondere bietet sich die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen gemäß § ZPO § 411 Abs. ZPO § 411 Absatz 3 ZPO an, ohne dass es dazu eines Antrags der beweispflichtigen Partei bedarf. Ggf. hat das Gericht den Sachverständigen unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter anzuhören, um dann entscheiden zu können, wieweit es den Ausführungen des Sachverständigen folgen will.
4. Vermag der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, so hat der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ ZPO § 412 ZPO) ein weiteres Gutachten einholen.

Aufklärungspflicht des Gerichts
BGH
1. Das Berufungsgericht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör aus Art. GG Artikel 103 Abs. GG Artikel 103 Absatz 1 GG in entscheidungserheblicher Weise, wenn es - ohne zuvor einen Hinweis nach § ZPO § 139 ZPO auf die beabsichtigte Auslegung ihres Feststellungsantrags zu geben - diesen überraschend mit der Begründung abweist, er beziehe seinen Wortlaut nur auf - nicht vorliegenden - Behandlungsfehler im engeren Sinne, nicht jedoch auch auf - vorliegende - Aufklärungsfehler.*
2. Das rechtliche Gehör vor Gericht bezieht sich nicht allein auf den der Klage zugrunde liegenden Sachverhalt und den Vortrag des Kl., sondern ebenso auf die sachdienliche Abfassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Will das Berufungsgericht einem Klagantrag - abweichend von einer nahe liegenden Auslegung - eine engere Bedeutung beimessen, die zur Klageabweisung führt, so muss es den Kl. auf seine beabsichtige Auslegung des Klageantrags hinweisen, damit dieser Gelegenheit erhält, seinen Sachantrag klarzustellen.

Pflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung durch das Gericht nach neuem relevanten Tatsachenvortrag in einem nachgelassenen Schriftsatz
BGH
Räumt das Gericht einer Partei ein Schriftsatzrecht zur Stellungnahme zu einem erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis ein und wird in einem daraufhin eingegangenen Schriftsatz neuer entscheidungserheblicher Prozessstoff eingeführt, so muss das Gericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnen oder in das schriftliche Verfahren übergehen, um dem Gegner rechtliches Gehör zu gewähren.

Abgrenzung des Maklers vom (Mehrfach-) Agenten
OLG München
Besteht zwischen einem Versicherer und einem für mehrere Versicherer auftretenden Vermittler eine Courtagevereinbarung, wird eine vermittelbare Nummer vergeben, unter der künftig Neugeschäfte eingereicht werden sollen und wird ein eigenes Vermittlerkonto eingerichtet, ist davon auszugehen, dass der Vermittler damit betraut ist, für den Versicherer Versicherungsverträge zu vermitteln. Er ist daher als Agent in Form eines Mehrfachagenten anzusehen.

Recht zum Widerspruch gegen Versicherungsvertrag erlischt bei fehlender Übergabe der Versicherungsbedingungen ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie (Policenmodell)
LG Köln
Dem Rückzahlungsanspruch über Beiträge für eine Lebensversicherung steht die Verwirkung seines Widerspruchsrechts entgegen, wenn der Widerspruch gegen die beanstandungslos geführten Versicherungsverträge erst viele Jahr nach Policierung und etliche Jahre nach der ausgesprochenen Kündigung erklärt wird, mit der die Vertragsverhältnisse (lediglich) mit Wirkung für die Zukunft beendet werden sollten. Die Geltendmachung des Widerrufsrechts nach der langen Zeitspanne verstößt auch unter Berücksichtigung eines Dauerschuldverhältnisses gegen Treu und Glauben und stellt sie als rechtsmissbräuchlich dar. Dem Versicherungsnehmer würde die Möglichkeit eröffnet, abzuwarten, ob ein Versicherungsfall eintritt. Für diesen Fall würde er sich erfolgreich auf die Verpflichtung des Versicherers zur Leistungserbringung berufen können. Würde demgegenüber in einer langen Zeitspanne kein Versicherungsfall eintreten, könnte er das gesamte Versicherungsverhältnis rückabwickeln. Dies widerspricht aber eklatant dem Gedanken einer Risikoversicherung und dem Funktionieren der Versichertengemeinschaft.

Unwirksamkeit nicht geänderter AVB; Nachweis der Änderungsmitteilung
LG Berlin
1. Wenn der Versicherer die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen nicht in der nach Artikel 1 Abs. 3 EGVVG vorgesehenen Weise an das neue Recht angepasst hat, kann sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer der insoweit relevanten Obliegenheiten berufen.
2. Weder die ordnungsgemäße Absendung noch das Fehlen von Rückläufen belegt den Zugang der Mitteilung des Versicherers über die Änderung von AVB nach Artikel 1 Abs. 3 EGVVG.

Anforderungen an die Belehrung nach § 37 VVG - Versicherer trifft Beweislast nicht nur für den Zugang eines Mahnschreibens an sich, sondern auch für den Zeitpunkt des Zugangs
LG Dortmund
1. Der Versicherer ist gemäß § 37 Abs. 2 VVG zur Leistung nicht verpflichtet, wenn die einmalige oder die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht gezahlt ist, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG tritt Leistungsfreiheit jedoch nur dann ein, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung der Prämie aufmerksam gemacht hat. Geschieht dies nicht oder ist die Belehrung fehlerhaft, wird der Versicherer nicht leistungsfrei, d. h. der Versicherungsnehmer wird so gestellt, als habe er rechtzeitig gezahlt.
2. Aus der Belehrung muss klar hervorgehen, bis wann welcher Betrag gezahlt werden muss, um Versicherungsschutz zu bekommen (Knappmann in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., § 37 VVG Rn. 29). Diesen Anforderungen entspricht eine Belehrung im Versicherungsschein nicht, wenn dort lediglich von "rechtzeitiger Zahlung" die Rede ist. Aus dieser Formulierung wird nicht ersichtlich, bis wann der Versicherungsnehmer zu zahlen hatte bzw. wann er - da Prämieneinzug im Lastschriftverfahren vereinbart war - er für Deckung auf seinem Konto zu sorgen hatte. Selbst wenn das Gericht die unter "vorläufiger Versicherungsschutz" erwähnte Zwei-Wochen-Frist für die Zahlung der Beitragsrechnung auch auf die Prämie für den Hauptvertrag beziehen würde, wäre die Fristberechnung unter Berücksichtigung von § 8 VVG unrichtig, da die Zwei-Wochen-Frist erst nach Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist zu laufen beginnt, was auch in C 1.1 AKB 2008 zum Ausdruck kommt.
3. Es kommt nicht darauf an, ob - wie die Klägerin meint - jedenfalls die Belehrung im Mahnschreiben vom 10.07.2009 den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Denn die Klägerin kann nicht beweisen, dass diese Mahnung dem Beklagten zugegangen ist, insbesondere kann sie nicht beweisen, dass die Mahnung dem Beklagten vor dem Verkehrsunfall zugegangen ist. Ihr obliegt nämlich nicht nur der Beweis für den Zugang des Schreibens an sich, sondern auch für den Zeitpunkt des Zugangs (OLG Hamm VersR 2007, 1397).

Bei unrichtiger Belehrung über die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung kann sich der Versicherer nur auf Leistungsfreiheit wegen einer arglistigen Aufklärungspflichtverletzung berufen
LG Nürnberg-Fürth
1. Die gemäß § 24 Abs. 4 VVG 2008 erforderliche Belehrung muss anlässlich des konkreten Schadensereignisses erfolgen, das die betreffende Obliegenheit des Versicherungsnehmers entstehen lässt.
2. Eine der von Inkrafttreten der VVG-Reform der damaligen Relevanzrechtsprechung genügende Belehrung ist nach neuem Recht falsch, da dem Versicherungsnehmer durch § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG selbst bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen die Möglichkeit eröffnet wird, einen Kausalitätsgegenbeweis zu führen, so dass folgenlos Obliegenheitsverletzungen außer in Arglistfällen nicht mehr zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen können.
3. Selbst wenn man im Hinblick auf die Warnfunktion der Belehrung davon ausgeht, dass es ausreicht, den Versicherungsnehmer mit der Belehrung die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit als Sanktion einer Obliegenheitsverletzung vor Augen zu führen und dem Versicherungsnehmer gerade nicht alle Leistungsfreiheitsvarianten, wie etwa das Kausalitätskriterium, aufgezählt werden müssen, so muss der Hinweis auf die drohende Sanktion aber jedenfalls zutreffend sein und darf den Versicherungsnehmer nicht irreführen. Die für die Leistungsfreiheit des Versicherers in § 28 Abs. 4 VVG vorausgesetzte Belehrung entfaltet ihre Rechtswirkungen nur, wenn sie auch inhaltlich richtig ist.
4. Der teilweise vertretenen Gegenansicht, nach der inhaltliche Fehler einer Belehrung unerheblich, soweit sie die Warnfunktion der Belehrung nicht beeinträchtigen, schließt sich die Kammer nicht an.
5. Lediglich bei arglistigen Obliegenheitsverletzungen, bei denen Anzeigeobliegenheiten nach den §§ 30, 104 VVG und bei spontan zu erfüllenden Obliegenheiten, auf die der Versicherer nicht im Voraus hinweisen kann, ist die Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG keine Voraussetzung für die Leistungsfreiheit.

Zur Pflicht des Versicherers, seine Risikoprüfungsgrundsätze offen zu legen
LG Dortmund
1. Der Versicherer ist nur dann gehalten, seine Risikoprüfungsgrundsätze zu substantiieren, wenn es um eine Gesundheitsstörung geht, die offenkundig als leicht einzuordnen, nicht wiederholt aufgetreten ist und deshalb von Vorneherein keinen Anhalt dafür bietet, dass sie für die Risikoeinschätzung des Versicherers hinsichtlich des auf Dauer angelegten Versicherungsvertrages von Bedeutung sein könnte.
2. Davon kann indes bei einer Behandlung wegen Anpassungsstörung mit einer über einen Monat währenden Krankschreibung sowie Verordnung von Tabletten gegen Kopf- und Rückenschmerzen nicht ausgegangen werden.

Periodenkontokorrentvertrages zwischen Erst- und Zweiversicherer wird vom Vollstreckungsverbot des § 77 Abs. 2 VAG nicht erfasst
BGH
1. Die zwischen Erstversicherer und Rückversicherer in einem proportionalen Rückversicherungsvertrag vereinbarte quartalsweise Saldierung ihrer wechselseitigen Forderungen im Sinne eines Periodenkontokorrentvertrages wird vom Vollstreckungsverbot des § 77 Abs. 2 VAG nicht erfasst.
2. Im Falle der Insolvenz des Erstversicherers ist die Aufrechnung des Rückversicherers mit rückständigen Prämienforderungen gegen vor der Insolvenzeröffnung entstandene Forderungen des Erstversicherers weder aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 77 Abs. 2 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung noch des § 394 Satz 1 BGB unzulässig.

 

Auch unter der Geltung des AGG obliegt es weiterhin der Prüfung des Versicherers, wie er eine Behinderung des Versicherungsnehmers bei Abschluss einer Personenversicherung mit Blick auf das Risiko bewertet
BGH
1. Nach § 33 Abs. 4 AGG ist auf Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, § 19 Abs. 1 AGG nicht anzuwenden, wenn diese vor dem 22. Dezember 2007 begründet worden sind.
2. Es bestehen Zweifel an der Anwendbarkeit des AGG wenn sich der Versicherungsfall, der auch ohne Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung bei Abschluss des Vertrages ohnehin zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses geführt hätte (hier: Tod des Versicherungsnehmers), so dass eine Fortgeltung des Vertrages über den nach § 33 Abs. 4 AGG maßgebenden Zeitpunkt hinaus nicht in Rede steht.
3. Auch unter der Geltung des AGG obliegt es weiterhin der Prüfung des Versicherers, wie er eine Behinderung des Versicherungsnehmers bei Abschluss einer Personenversicherung mit Blick auf das Risiko bewertet. Ihm bleiben verschiedene Möglichkeiten der Vertragsgestaltung. Insbesondere darf er im Rahmen des § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG prüfen, ob nach anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation ein behinderungsbedingter Risikozuschlag erhoben oder der Vertragsschluss sogar ganz abgelehnt werden kann.
5. Dieses Recht, Vorerkrankungen auf ihre Risikoerheblichkeit hin zu bewerten, das dem Versicherer auch unter Geltung des AGG eröffnet ist, wird dem Versicherer im Falle der Täuschung des Versicherungsnehmers abgeschnitten. Deshalb stellt nicht die Behinderung des Versicherungsnehmers als solche, sondern vielmehr seine Täuschung über die Behinderung den Anfechtungsgrund dar.
6. Etwas anderes ergebe sich nur dann, wenn der Versicherer infolge eines Kontrahierungszwanges verpflichtet gewesen wäre, den Vertrag zu ganz bestimmten Bedingungen mit dem Antragsteller abzuschließen. Einen solchen Kontrahierungszwang begründet das AGG aber jedenfalls in den Fällen nicht, in denen der Versicherer unterschiedliche Möglichkeiten hat, bei der Vertragsgestaltung auf die Behinderung zu reagieren.

Zur Verwertbarkeit von rechtswidrig erlangten Gesundheitsdaten (hier: Verwendung einer zeitlich befristeten Schweigepflichtentbindungserklärung über das Ende der Befristung hinaus)
BGH
1. Für die Frage, ob der Versicherer infolge einer Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage (hier: wirksame Schweigepflichtentbindungserklärung) nach § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Ergebnisse seiner Ermittlungen zu berufen und insbesondere von dem Gestaltungsrecht der Arglistanfechtung nach § 123 BGB Gebrauch zu machen spielt es keine Rolle, ob diese Ermittlungsergebnisse des Versicherers im Rechtsstreit noch streitig sind. Vielmehr ist - auch im Falle unstreitig verschwiegener Vorerkrankungen - allein zu klären, ob ihre Verwendung sich bei der Ausübung von Gestaltungsrechten wie Rücktritt oder Anfechtung als unzulässige Rechtsausübung darstellt, wobei der Einwand aus § 242 BGB keine Einrede, sondern einen von Amts wegen zu beachtenden Umstand darstellt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 12. Juli 1951 - III ZR 168/50, BGHZ 3, 94, 103, 104; 23. Mai 1962 - V ZR 123/60, BGHZ 37, 147, 152; Palandt/Grüneberg, BGB 70. Aufl. § 242 Rn. 15).
2. Nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten führt stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Insbesondere wenn sich ein zielgerichtet treuwidriges Verhalten nicht feststellen lässt, muss durch eine umfassende Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob und inwieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition verwehrt sein soll. Dies muss umso mehr gelten, wenn beiden Seiten ein Rechtsverstoß zur Last fällt (vgl. Senat aaO m.w.N.).
3. Wenn,
- das Verhalten des Versicherers nicht darauf gerichtet war, die Voraussetzungen für die Arglistanfechtung, d.h. das Wissen um eine verschwiegene Vorerkrankung des Versicherungsnehmers unter gezielter Umgehung der zeitlichen Beschränkungen der Schlusserklärung treuwidrig zu erlangen,
- sich der mögliche Rechtsverstoß des Versicherers darauf beschränkt, sein Wissen formell fehlerhaft erworben zu haben und
- der Versicherungsnehmer den Versicherer über einen risikoerheblichen Umstand arglistig getäuscht hat,
ergibt die Abwägung nicht, dass die Rechtsverletzung des Versicherers diejenige des Versicherungsnehmers hinsichtlich des verletzten Rechtsguts oder der Eingriffsintensität derart überwiegt, dass Treu und Glauben es gebieten, ihm die Arglistanfechtung als unzulässige Rechtsausübung zu versagen.
4. Stellt eine Partei im Rechtsstreit diejenigen Tatsachen von vorn herein unstreitig, auf die der Gegner seine Arglistanfechtung stützt, so lässt sich ein Verwertungsverbot für diese Tatsachen regelmäßig nicht begründen.

Zur richtigen Belehrung nach der (alten) Relevanzrechtsprechung
BGH
1. Folgende Belehrung genügt den Anforderungen der so genannten Relevanzrechtsprechung: "Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben führen zum Verlust des Versicherungsschutzes auch dann, wenn dem Versicherer keinerlei Nachteile entstehen." 2. Ob eine ordnungsgemäße Belehrung über die Folgen einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit im Verlauf der Regulierungsverhandlungen wiederholt werden muss, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

Beweislast für den zeitlichen Eintritt des Versicherungsfalls zwecks Anwendung neuen Rechts liegt beim Versicherungsnehmer
LG Saarbrücken
1. § 215 VVG ist auf alle seit dem 01.01.2008 erhobenen Klagen anwendbar.
2. Dass der Versicherungsfall nach Abschluss eines neuen Vertrags eingetreten und deshalb nach neuem Recht zu beurteilen ist, hat der Versicherungsnehmer zu beweisen.

Die Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Versicherungsfall vor Annahme eines geänderten Vertragsangebots des Versicherers führt zur Leistungsfreiheit
KG
1. Der Versicherer ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. von der Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer ein geändertes Angebot des Versicherers erst nach Kenntnis von dem Eintritt einer schweren Krankheit (Versicherungsfall) unterzeichnet und absendet oder vor einem Vertreter absenden lässt.
2. Der Versicherer ist in einem solchen Fall auch wegen der Verletzung der Anzeigeobliegenheit gemäß §§ 16 ff. VVG a. G. zum Rücktritt berechtigt und nicht zur Leistung verpflichtet. Denn der Versicherungsnehmer darf ein geändertes Angebot des Versicherers nicht annehmen, ohne zuvor den Versicherer über die seit ursprünglicher Antragstellung eingetretenen gefahrerheblichen Umstände zu informieren.

Erkennbar unvollständige Angaben bei der Beantwortung von Antragsfragen gegenüber dem Agenten gehen zu Lasten des Versicherers
OLG Hamm
1. Macht der Antragsteller bei der mündlichen Beantwortung von Antragsfragen einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gegenüber dem das Antragsformular ausfüllenden Versicherungsagenten erkennbar unvollständige Angaben (hier: „immer mal wieder beim Arzt"), hat dieser für die nach der Sachlage gebotenen Rückfragen zu sorgen.
2. Unterlässt der Agent die Rückfragen, geht dies zu Lasten des Versicherers, auch wenn dieser von den zur Nachfrage Anlass gebenden Umständen keine Kenntnis erlangt hat. Der Versicherer kann sich dann nach Treu und Glauben nicht auf die Unvollständigkeit der Angaben des Antragstellers berufen.

Verzicht auf Berufung auf Leistungsfreiheit bei vorbehaltsloser Leistung in Kenntnis einer zur Leistungsfreiheit führenden Obliegenheitsverletzung
LG Saarbrücken
Erbringt der Versicherer in Kenntnis von Umständen, die eine Obliegenheitsverletzung begründen, vorbehaltslos Zahlungen auf den Anspruch, so gibt er damit zu erkennen, dass er auf die Geltendmachung der Leistungsfreiheit wegen dieser Obliegenheitsverletzung verzichtet.

Einsatz einer Lebensversicherung zur Prozessfinanzierung kann nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar sein
BGH
1. Die Prozesspartei hat eine Kapitallebensversicherung grundsätzlich vor Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe für die Prozesskosten einzusetzen. Hierfür kommt auch eine - teilweise - Verwertung durch Beleihung in Betracht.
2. Der Prozesskostenhilfeantragsteller hat die Umstände dafür darzulegen, dass der Einsatz der Lebensversicherung ausnahmsweise unzumutbar ist.
3. Zu den Voraussetzungen einer Unzumutbarkeit wegen unzureichender Altersvorsorge.

Erst nach Zuführung des Grundpfandrechts zum Sicherungsvermögen darf das Grundbuchamt die Eintragung eines Sperrvermerks vornehmen
OLG Zweibrücken
Ist ein Versicherer als Grundschuldgläubiger im Grundbuch eingetragen und soll ein Sperrvermerk nach §§ 66 ff. VAG nachträglich eingetragen werden, so ist der Versicherer insoweit allein bewilligungs- und antragsbefugt. Trägt er hierbei allerdings vor, das Grundpfandrecht tatsächlich noch nicht seinem Sicherungsvermögen zugeführt zu haben, darf das Grundbuchamt die Eintragung unter Wahrung des Legalitätsprinzips nicht vornehmen.

Voraussetzungen einer „demnächst" erfolgten Klagezustellung nach teilweiser Bewilligung von Prozesskostenhilfe
LG Bremen
Kommt es darauf an, dass die Zustellung einer Klage „demnächst" im Sinne des § 167 ZPO bewirkt wird, darf der Kläger sich nach teilweiser Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht darauf verlassen, dass das Gericht die Klage von sich aus im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe zustellt. Vielmehr muss er innerhalb einer Frist von 2 Wochen einen den Bewilligungsbeschluss entsprechenden Klageantrag stellen oder sich jedenfalls beim Gericht erkundigen, ob trotz des unklaren Antrags die Zustellung veranlasst worden ist.

Zur Anwendung des § 86 Abs. 3 VVG bei Verursachung eines Schadens durch einen mit dem verstorbenen in häuslicher Gemeinschaft Lebendem
LG Berlin
§ 86 Abs. 3 VVG findet entsprechende Anwendung, wenn der Versicherungsnehmer stirbt und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Person nunmehr einen Schaden verursacht, aufgrund dessen der Rechtsnachfolger des Versicherungsnehmers einen Ersatzanspruch gegen die ehemals mit dem Verstorbenen in häuslicher Gemeinschaft lebende Person erlangt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der ursprüngliche Versicherungsnehmer erst gerade verstorben ist und die Rechtsnachfolge noch nicht nachgewiesen ist.

Zum Umfang der Behauptung des Versicherungsnehmers, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben
BGH
Das Erfordernis einer substantiierten Behauptung, den Agenten zutreffend mündlich unterrichtet zu haben, bedeutet nicht, dass der Versicherungsnehmer darlegen muss, dem Agenten eine medizinisch exakte Schilderung von Krankheitsbild, Diagnose und Behandlung gegeben zu haben; der prozessuale Vortrag ist auch dann hinreichend substantiiert, wenn der Versicherungsnehmer laienhaft schildert, welche Beschwerden und Krankheitsbilder er dem Agenten genannt hat.

Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einer Risikobegrenzung
BGH
Bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einer Risikobegrenzung kommt es nicht nur auf den Wortlaut und Stellung einer Versicherungsbedingung an. Entscheidend ist vielmehr der materielle Gehalt der einzelnen Klausel. Es kommt darauf an, ob sie eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Versicherungsschutz gewähren will oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ihn verliert. Wird von Vorneherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handelt es sich um eine Risikobegrenzung.

Eintritt der Verjährungshemmung trotz unwirksamer Zustellung des Mahnbescheids
BGH
Die unwirksame Zustellung des Mahnbescheids hindert den Eintritt der Verjährungshemmung nicht, wenn der Anspruchsinhaber für die wirksame Zustellung alles aus seiner Sicht erforderliche getan hat, den Anspruchsgegner in unverjährter Zeit zum Erlass des Mahnbescheids und seinem Inhalt Kenntnis erlangt und die Wirksamkeit der Zustellung ebenfalls in unverjährter Zeit in einem Rechtsstreit geprüft wird.

Mahnschreiben an Partei statt Anwalt
BGH
1. Zum Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von Mahnschreiben an eine Partei persönlich, für die sich ein Rechtsanwalt bestellt hat.
2. Die Verpflichtung, mit der anwaltlich vertretenen Gegenpartei nicht unmittelbar Kontakt aufzunehmen, besteht für den Anwalt, nicht für seine Partei.

Anspruch auf Feststellung des Rechtsgrundes einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung verjährt nicht nach Verjährungsvorschriften für den Leistungsanspruch (a.A.: OLG Koblenz, VersR 2011, 938)
BGH
1. Der Anspruch des Gläubigers auf Feststellung des Rechtsgrundes einer vollstreckbaren Forderung als solche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung verjährt nicht nach den Vorschriften, welche für die Verjährung des Leistungsanspruchs gelten.
2. Trotz Strafbarkeit unterbliebener Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung erleidet der zuständige Versicherungsträger keinen Schaden, wenn die Beitragszahlung im Insolvenzverfahren erfolgreich angefochten worden wäre.

Erstattung der Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs nur bei Vereinbarung
BGH
Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben.

Bei alleiniger Führung der Vertragsverhandlungen ist der Versicherungsmakler als Erfüllungsgehilfe des Versicherers anzusehen
OLG Dresden
Hat ein Versicherer die Führung der Vertragsverhandlungen mit einem Kunden ausschließlich einem selbstverständigen Vermittler bzw. Vermittlungsunternehmen überlassen, so können ihm dessen Erklärungen gem. § 278 BGB zugerechnet werden.

Zeitpunkt des „Einschlafens" von verjährungshemmenden Verhandlungen
OLG Dresden
1. Der Begriff der Verhandlungen ist weit auszulegen. Überprüft der Unternehmer aufgrund einer Rüge allen verständlich das Werk auf Mängel, entsteht bereits eine unter § 203 BGB fallende Verhandlungssituation.
2. Ein Abbruch der Verhandlung ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen.
3. Für den Regelfall wird man nach 1-monatiger Untätigkeit, gleichgültig von welcher Seite, von einem Ende der Verhandlungen ausgehen können, so dass dann die verbleibende Verjährungsfrist weiterläuft.

Für eine klagende Wohnungseigentümergesellschaft gilt § 215 VVG nicht (auch nicht analog)
LG Limburg
1. § 215 VVG ist für juristische Personen nicht unmittelbar anwendbar, weil diese keinen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Aus demselben Grund scheidet auch eine unmittelbare Anwendung auf andere rechtsfähige Personenvereinigungen aus.
2. In Betracht käme daher jeweils nur eine Analogie bzw. eine korrigierende Auslegung, nach der statt des Wohnsitzes der Gesellschaftssitz i. S. d. § 17 ZPO maßgeblich ist. Eine solche Erweiterung ist jedoch abzulehnen: Die Gesetzesbegründung lässt sich dafür nicht anführen. Ergänzend ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber, hätte er denn eine umfassende Geltung des § 215 VVG für alle Versicherungsnehmer gewollt, sicherlich statt des Wohnsitzes den allgemeinen Gerichtsstand des Versicherungsnehmers in die Gesetzesfassung aufgenommen hätte.
3. Eine Wohnungseigentümergesellschaft ist nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 163, 154) ein teilrechtsfähiger Verband eigener Art mit Zügen aus dem Rechtskreis der Personengesellschaft, des Vereins, der Genossenschaft und der Kapitalgesellschaften. Selbst wenn dieser Verband wie der Zusammenschluss natürlicher Personen zu einer GbR zwar als "natürliche Person" i. S. d. Verbraucherbegriffs anzusehen wäre (vgl. BGHZ 149, 83 zu § 1 Abs. 1 VerbrKG), so ändert das aber nichts daran, dass dieser Zusammenschluss also solcher keinen Wohnsitz hat, an den für die prozessuale Geltendmachung von Rechten angeknüpft werden kann. Schließlich würde es der Klägerin nicht helfen - was ohnehin unpraktikabel und mit dem Wortlaut des § 215 VVG nicht zu vereinbaren wäre -, auf den Wohnsitz ihrer Mitglieder abzustellen. Nach den Angaben in der Klageschrift haben nämlich zwei Miteigentümer ihren Wohnsitz außerhalb des Landgerichtsbezirks, so dass auch damit keine eindeutig festlegbare Zuordnung erfolgen kann.

Keine Verjährungshemmung durch Klage der nicht anspruchsberechtigten versicherten Person anstelle des Versicherungsnehmers
OLG Koblenz
1. Gemäß § 12 Abs. 1 VVG a. F. verjähren Ansprüche aus einem Vertrag über eine Lebensversicherung in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann.
2. Bei einer Rentenversicherung wie der vorliegend in Rede stehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verjährt dabei der Gesamtanspruch, das Stammrecht als solches und nicht lediglich die einzelnen Teilansprüche (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. § 12 Rdn. 7; Schlegelmilch in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 1. Aufl. § 21 Rdn. 80).
3. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung gehemmt durch die Klage auf Leistung oder auf Feststellung. Dabei begründet lediglich eine wirksame Klage des materiell Berechtigten die Hemmung der Verjährung. Obwohl § 204 BGB n. F. anders als § 209 BGB a. F. nicht ausdrücklich auf den Berechtigten abstellt, hat sich insoweit sachlich nichts geändert. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt damit ebenso wie schon § 209 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 25. August 1998 eine Klage des materiell Berechtigten voraus (BGH Urteil v. 29.10.2009 Az: I ZR 191/07). Daran fehlt es, wenn die versicherte Person und nicht der Versicherungsnehmer die Klage erhebt.
4. Daran ändert sich auch dann nichts wenn schon mit der Klage klar gewesen ist, dass Rechte aus dem Versicherungsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer geltend gemacht werden sollten und dass damit anspruchsberechtigt nur der später klagende Versicherungsnehmer war. Dies bedeutet jedoch nur, dass die von der versicherten Person im eigenen Namen erhobene Klage offensichtlich unbegründet war, da ihm die geltend gemachten Ansprüche nicht zustanden. Es bedeutet jedoch - auch bei objektiver Betrachtung - nicht, dass der spätere klagende Versicherungsnehmer von Beginn an Partei des angestrengten Rechtsstreits war und es lediglich einer Berichtigung hinsichtlich der Parteibezeichnung bedurfte. Eine Berichtigung kommt nur dann in Betracht, wenn trotz geänderter Bezeichnung die Identität gewahrt bleibt. Damit der Versicherungsnehmer Partei des Rechtsstreits werden kann, ist vielmehr eine Parteiänderung erforderlich.
5. Die Klage hat die Verjährungsfrist auch nicht deshalb gewahrt, weil die Ansprüche des Versicherungsnehmers im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht wurden. Die Klage in gewillkürter Prozessstandschaft, bei welcher der Kläger ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht, ist nur dann geeignet, den Ablauf der Verjährungsfrist zu hemmen, wenn sie offen gelegt wird.
6. Die von der Klägerin als noch offen angesehene Rechtsfrage, ob auch bei Anwendung des § 204 Abs. 1. Nr. 1 BGB die Hemmung der Verjährung nur eintritt, wenn die Klage durch den Berechtigten erhoben wurde, wurde durch den Bundesgerichtshof durch Urteil v. 29.10.2009 Az: I ZR 191/07 entschieden.

Bei Versicherungsfall 2007 und Klagefristsetzung 2008 ist für diese § 12 Abs. 3 VVG a.F. maßgeblich.
OLG Koblenz
Die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. konnte auch noch nach dem 31. Dezember 2007 wirksam gesetzt werden (so auch OLG Köln, Urteil vom 3. September 2010 - I-20 U 1/10 -; LG Köln, VersR 2010, 611; LG Dortmund VersR 2010, 193 und 196; LG Wuppertal, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 O 85/09 -; Muschner, VersR 2010, 738 m. w. N.).

Versicherungen für fremde Rechnungen - hier: Sicherungsschein
OLG Stuttgart
1. Grundsätzlich ist der Versicherungsnehmer zwar nach § 76 Abs. 1, Abs. 2 VVG a. F./§ 45 Abs. 1, Abs. 2 VVG n. F. auch dann zur Verfügung über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag berechtigt, wenn die Versicherung für fremde Rechnung abgeschlossen ist. Mit der Erteilung eines Sicherungsscheins an die versicherte Person kann dieses Recht aber mit der Folge abbedungen sein, dass allein die versicherte Person die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen kann, auch wenn sie nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist.
2. Der Begriff des versicherten Interesses ist nicht geeignet, die im Versicherungsvertrag zugunsten des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person - hier: Inhaber eines Sicherungsscheins - versprochenen Leistungen einzuschränken, soweit sich dies nicht ausdrücklich aus dem Gesetz (§§ 48, 53, 74, 76, 80 VVG n. F.) oder den AVB ergibt.

Versicherungsnehmer kann in der Sachversicherung Entschädigungsleistung grds. nach seinem freien Belieben verwenden
OLG Stuttgart
Das Versicherungsrecht kennt zwar eine Zweckbindung der Versicherungsleistung etwa in Form einer Wiederherstellungsklausel (§ 93 VVG n. F.). Wenn sie gelten soll, ist sie jedoch ausdrücklich zu vereinbaren. Wenn ein Versicherer eine entsprechende Wiederherstellungsklausel seinen konkreten Versicherungsbedingungen dagegen nicht zugrunde legt, kann der Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person die Entschädigungsleistung nach freiem Belieben verwenden, ohne eingetretene Sachschäden beheben lassen zu müssen.

Die Reichweite des Unterlassungsverpflichtung nach § 1 UKlaG
OLG Bamberg
1. Es stellt kein Verwenden von AGB im Sinne des § 1 UKlagG dar, wenn der Verwender nach Rechtskraft des Unterlassungsurteils die Rückabwicklung des Vertrags für den Zeitraum vor dem Eintritt der Rechtskraft in einem Teilausschnitt verweigert (hier: Rückzahlung von seit Vertragsbeginn gezahlten Zinsen bei unterjähriger Ratenzahlung), während er bei der laufenden Abwicklung des Vertrags seinen Verpflichtungen aus dem Unterlassungsurteil voll nachkommt (hier: Angabe des effektiven Jahreszinses).
2. Auf der Grundlage eines Unterlassungstitels kann auch bei Verträgen mit wiederkehrenden Leistungspflichten keine (teilweise) Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen gefordert werden.
3. Tendenziell ist eine stillschweigende Einigung der Parteien des Versicherungsvertrags für die Zukunft anzunehmen, wenn ein Versicherungsnehmer nach Mitteilung des effektiven Jahreszinses an einer unterjährigen Zahlungsweise festhält.

Bei einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls kann auch eine Kürzung auf Null gerechtfertigt sein (hier: Verkehrsunfall im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit)
BGH
1. Ist von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherten auszugehen , ist der Versicherer nach der durch das Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) zum 1. Januar 2008 eingeführten Vorschrift des § 81 Abs. 2 VVG berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
2. Anders als die frühere Regelung des § 61 VVG a.F., die bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles kraft Gesetzes eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers vorsah ("Alles-oder-Nichts-Prinzip"), enthält § 81 Abs. 2 VVG nunmehr eine Quotenregelung. In besonders schwerwiegenden Fällen ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung gänzlich zu versagen.

Leistungskürzung auf Null bei grober Fahrlässigkeit möglich
OLG Naumburg
Die Annahme, dass eine grobe Fahrlässigkeit zu einer völligen Leistungsfreiheit der Versicherung führen kann und nicht nur zu einer quotalen Leistungskürzung, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Die Anfechtungsfrist des § 124 BGB beginnt erst mit der Kenntnis des Versicherers von der arglistigen Täuschung als solcher
OLG Hamm
1. Die Anfechtungsfrist des § 124 BGB beginnt erst, wenn der getäuschte Versicherer die arglistige Täuschung als solche kennt und nicht bereits dann, wenn er über Unterlagen verfügt, aus denen sich Widersprüche herausarbeiten lassen.

Einzelfallprüfung bei der Feststellung eines möglichen Pflichtenverstoßes wegen unvollständiger Angaben bei Abschluss eines Versicherungsvertrags unter Beteiligung eines Versicherungsagenten
LG Karlsruhe
In einer Einzelfallprüfung muss festgestellt werden, ob beim fehlerhaften Ausfüllen des Fragebogens zu Vorerkrankungen mit einem Versicherungsagenten eine Pflichtverletzung durch den Versicherungsnehmer angenommen werden kann. Außerdem dürfen keine nachteiligen Schlüsse daraus gezogen werden, wenn der Versicherungsnehmer erst in der Replik näher auf die Gründe des Versicherers zum Rücktrittsgrund eingeht.

Versicherungsnehmer obliegt die Darlegungslast für die Gründe von objektiv unzutreffenden Angaben bei Antragstellung
OLG Frankfurt
1. Steht fest, dass der Versicherungsnehmer bei Antragstellung unzutreffende Angaben gemacht hat, muss dieser plausibel darlegen, weshalb es zu den Falschangaben gekommen ist.
2. Werden bei Antragstellung zwei Operationen von mehr als 10 Jahren und eine Vorsorgeuntersuchung ohne Hinweis auf gesundheitliche Beeinträchtigungen mitgeteilt, nicht aber eine Vielzahl von weiteren Arztkontakten im erfragten Zeitraum, indiziert dies Arglist.

Verjährungshemmung durch erneuten Schriftverkehr nach einer ablehnenden Entscheidung des Versicherers
OLG Hamm
1. Gemäß Art. 3 Abs. 1, 2 EGVVG ist auf Ansprüche, die am 1. Januar 2008 noch nicht verjährt waren, die Verjährungsfrist anzuwenden, die früher abläuft. Ist die Frist nach neuem Recht (§§ 195, 199 BGB) länger als die nach altem Recht (§ 12 VVG a.F.), greift die kürzere zweijährige Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 S.1 VVG a.F. ein.
2. Die Aufnahme von Verhandlungen nach einer ablehnenden Entscheidung des Versicherers hemmt den Ablauf der Verjährungsfrist nur dann, wenn der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erkennen gibt, dass er die vorausgegangene Entscheidung nicht aufrechterhalten will oder wenigstens die Berechtigung der angemeldeten Ansprüche wieder als offen ansieht. Allein aus der Beantwortung von Gegenvorstellungen des Versicherungsnehmers durch den Versicherer unter Beibehaltung des zuvor eingenommenen Standpunktes kann dabei nicht auf ein Abgehen von der früheren Entscheidung geschlossen werden, selbst wenn sich der Versicherer darin erneut mit der Frage seiner Leistungspflicht auseinandersetzt und vor der Beantwortung noch einige Nachforschungen hat anstellen müssen.

§ 215 VVG ist nicht auf juristische Personen und rechtsfähige Personenzusammenschlüsse anwendbar
LG Limburg
§ 215 VVG ist auf juristische Personen und rechtsfähige Personenzusammenschlüsse (hier: Wohnungseigentümergemeinschaft) weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar. Diese Beschränkung auf natürliche Personen führt auch nicht zu willkürlichen Ergebnissen.

Unwirksamkeit von Klauseln in AVB, die unbestimmten Prämienzuschlag für unterjährige Prämienzahlung regeln
LG Stuttgart
Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Lebens- oder Rentenversicherungen, die bestimmen, dass für eine unterjährige Prämienzahlung ein Zuschlag in einer nicht genannten Höhe zu bezahlen ist, sind intransparent und daher unwirksam.

Für den Verjährungsbeginn bei Ansprüchen, die nach § 116 SGB X kraft Gesetzes auf den Sozialversicherungsträger kommt es allein auf die Kenntnis des für den Regress zuständigen Sachbearbeiters voraus
BGH
Sind innerhalb einer regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig - nämlich die Leistungsabteilung hinsichtlich der Einstandspflicht gegenüber dem Verletzten und die Regressabteilung bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatz - oder Regressansprüchen gegenüber Dritten - , so kommt es für den Beginn der Verjährung von Regressansprüchen grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Bediensteten der Regressabteilung an. Das Wissen der Bediensteten der Leistungsabteilung ist demgegenüber regelmäßig unmaßgeblich und zwar auch dann, wenn die Mitarbeiter dieser Abteilung aufgrund einer behördeninternen Anordnung gehalten sind, die Unfallakte an die Regressabteilung weiterzuleiten, sofern sich im Zuge der Unfallsachbearbeitung Anhaltspunkte für eine Unfallverursachung Dritter oder eine Gefährdungshaftung ergeben.

Die Jahresfrist zur Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung beginnt nicht schon mit der Kenntnis von der objektiven Unrichtigkeit der beantworteten Gesundheitsfragen zu laufen, sondern erst dann, wenn dem Versicherer bekannt wird, dass die Falschbeantwortung aus Arglist erfolgte; zur Prüfung dieser Frage ist dem Versicherer eine angemessene Aufklärungsfrist einzuräumen
LG Kassel
1. Die Anfechtung einer Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung muss binnen Jahresfrist erfolgen (§ 124 BGB). Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt (§ 124 Abs. 2 S. 1 BGB).
2. Ein bloßer Verdacht oder ein Kennenmüssen einer arglistigen Täuschung genügen nicht. .
3. Nach ständiger Rechtsprechung genügen falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein nicht, um den Schluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtfertigen (vgl. BGH VersR 2008, 809). Die Jahresfrist beginnt deshalb nicht bereits mit der Kenntnis des Getäuschten von der objektiven Unrichtigkeit einer ihm gemachten Mitteilung, sondern erst, wenn ihm der Charakter dieser Mitteilung als einer arglistigen Täuschung bekannt wird (Staudinger/Dilcher, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 124 Rdnr. 3 m.w.N.)
4. Dass bedeutet, dass der Versicherer, sofern ihm eine objektiv fehlerhafte Angabe bekannt wird, die Gelegenheit haben muss, aufzuklären, ob die Angabe tatsächlich fehlerhaft ist und den Schluss auf Arglist des Versicherungsnehmers zulässt. Der Versicherer muss sich eine zureichende Tatsachengrundlage verschaffen, welche die schwerwiegende Entscheidung, einen Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, rechtfertigt.

Ein Versicherungsnehmer hat keinen individuellen Anspruch auf ein Einschreiten der Versicherungsaufsicht gegen einen Vericherungsunternehmen
VG Frankfurt
1. Ein subjektives Recht auf ein aufsichtsrechtliches Tätigwerden der BaFin gegenüber einem Versicherungsunternehmen besteht offensichtlich nicht. Gemäß § 4 Abs. 4 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) vom 22. April 2002, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.11.2010 (BGBl. I S. 1592) nimmt die Bundesanstalt „ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr". Diese Norm bringt für sich genommen bereits zum Ausdruck, dass insoweit subjektive Rechte Einzelner nicht existieren, soweit sie auf ein Einschreiten oder dessen Unterlassen gerichtet, sofern die betroffene Person nicht unmittelbar selbst Adressat einer in ihre Recht eingreifenden Maßnahme der Bundesanstalt ist.
2. Der BGH (U. v. 20.01.2005 - III ZR 48/01 - NJW 2005, 742) hat hinsichtlich der Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert. Danach ist der Gesetzgeber den grundgesetzlichen Wertentscheidungen mit der Beaufsichtigung der Unternehmen der Kredit- und Versicherungswirtschaft nachgekommen. Im Kern seien mit einer zureichenden Aufsicht auch die Belange der Kunden dieser Unternehmungen geschützt, „ohne dass man ihnen insoweit ein eigenes subjektives Recht verleihen oder ihnen nur sekundär wirkende Haftungsansprüche für ein Versagen der Aufsicht zu erkennen müsste (unter Bezugnahme auf EuGH U. v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02 - NJW 2004, 3479).
3. Eine Verletzung von Rechten des Klägers kommt auch insoweit nicht in Betracht, wie § 81 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) i. d. F. d. Bek. v. 17.12.1992, zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 22.12.2010 (BGB. I 2309) regelt, dass die Bundesanstalt in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde auf die ausreichende „Wahrung der Belange der Versicherten" achtet. Die „Belange der Versicherten" im Sinne dieser Norm sind nur die Belange der Gesamtheit der Versicherten, nicht die jedes oder jeder einzelnen Versicherten (vgl. zur insoweit wortgleichen Norm § 8 Abs. 1 Nr. 3 VAG: BVerwG U. v. 16.7.1968 - I A 5.67 - E 30, 135, 137). Da die Versicherungsaufsicht somit zumindest grundsätzlich den Versicherten in ihrer Gesamtheit dient, kann der einzelne Versicherungsnehmer, die einzelne Versicherungsnehmerin kein subjektives öffentliches Recht auf gesetzmäßige Ausübung der Aufsicht über das Versicherungsunternehmen haben. Da die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen grundsätzlich nicht den Interessen des oder der Einzelnen dient, dies allenfalls im Wege eines sog. Rechtsreflexes, d. h. mittelbar der Fall sein kann, dient die Aufsicht auch nicht dem individuellen Grundrechtsschutz des Klägers als einzelnem Versicherten, sodass sich der Kläger auch hierauf nicht berufen kann.

Keine Verneinung von Fragen, wenn keines der für die Antworten vorgesehenen Kästchen angekreuzt worden ist - aber ggfs. arglistige Obliegenheitsverletzung wegen Nichtbeantwortung
LG Dortmund
1. Wird die Frage in einer Unfallanzeige nach dem Konsum von alkoholischen Getränken in den letzten 24 Stunden vor dem Unfall unbeantwortet gelassen ist nicht von einer Verneinung der Frage auszugehen, sondern lediglich von einer Nichtbeantwortung. Dies folgt daraus, dass keines der für die Antworten vorgesehenen Kästchen angekreuzt worden ist. Allein, dass die Zusatzfrage nach "Art und Menge" mit dem Zeichen "•/•" versehen wurde, reicht nicht aus, um eine Verneinung der vorhergehenden Frage anzunehmen. Dabei wird nicht verkannt, dass durchaus auch allein durch die Verwendung eines Striches die Verneinung der Frage zum Ausdruck gebracht werden kann (vgl. hierzu Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 31 Rn. 12 m.w.N.; Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., 9. Bd., AUB 2008, Ziff. 7, Rn. 81). In der hier vorliegenden Fallgestaltung steht einer solchen Interpretation jedoch das unterbliebene Ankreuzen eines der beiden Antwortkästchen entgegen.
2. Das Gericht geht allerdings dabei davon aus, dass der Kläger die Frage arglistig nicht beantwortet hat. Die arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt (BGH VersR 2011,337). Bei der Falschbeantwortung von Fragen in der Schadenanzeige liegt Arglist vor, wenn der Versicherungsnehmer sich der Unwahrheit seiner Angaben bewusst ist und durch die Falschangabe die Schadenregulierung zu beeinflussen versucht, auch wenn er durch die Falschbeantwortung nur Schwierigkeiten bei der Regulierung vermeiden will (BGH VersR 1978, 121; OLG Hamm r+s 1992, 41; OLG Oldenburg r+s 1998, 188; OLG Hamm OLG Report 1999, 86). Dementsprechend ist bei dem Offenlassen von Fragen in der Schadenanzeige ein arglistiges Verschweigen von Tatsachen anzunehmen, sofern der Versicherungsnehmer die Frage beantworten könnte, dies aber bewußt unterlässt, um für den Fall wahrheitsgemäßer Beantwortung befürchtete Schwierigkeiten bei der Regulierung zu umgehen.
3. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger die Frage offen ließ, um etwaige Schwierigkeiten bei der Regulierung zu umgehen. Dabei kann ausgeschlossen werden, dass er die Frage lediglich deshalb nicht beantwortete, weil er sie übersah. Dann wäre nicht erklärlich, warum er die zusätzliche Frage nach Art und Menge mit dem Zeichen " ./. " versah.
4. Selbst aber dann, wenn man annehmen wollte, der Kläger habe nicht arglistig gehandelt, so hat er jedenfalls die Vorsatzvermutung, § 6 Abs.3 VVG a.F., nicht widerlegt. Der Kläger hat auf die Nachfrage der Beklagten mit der Email vom 16.04.2008 die Frage nach dem Alkoholkonsum - jedenfalls soweit es die eigene Wahrnehmung - betrifft, wieder nicht beantwortet und zugleich der Wahrheit zuwider erklärt, er habe für die Zeit vor dem Unfall einen "totalen Gedächtnisverlust" erlitten.

Gesamtrechtsnachfolge während des anhängigen Verfahrens durch Verschmelzung von zwei Versicherern
OLG Düsseldorf
Tritt bei Entstehen eines neuen Versicherers durch Verschmelzen von zwei Versicherern die Gesamtrechtsnachfolge während des anhängigen Verfahrens unter Wegfall des bisherigen Rechtsträgers ein, hat das Einfluss auf das Prozessrechtsverhältnis. Der Gesamtrechtsnachfolger tritt kraft Gesetzes und (abweichend von § 263 ZPO bei gewillkürtem Parteiwechsel) ohne Zustimmungserfordernisse des Gegners an die Stelle der bisherigen Partei. Diese Folge setzt im Übrigen § 239 Abs. 1 ZPO voraus.

Zu den Anforderungen an eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Belehrung gem. § 37 VVG n.F. (Leistungsfreiheit wegen Nichtzahlung der Erstprämie)- Hinweis muss regelmäßig auf der Vorderseite des Versicherungsscheins erfolgen - Hinweis im Anschreiben genügt nicht
LG Dortmund
1. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG n.F. ist der Versicherer nur leistungsfrei, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf die Rechtsfolge des Entfallens der Leistungspflicht des Versicherers im Falle der Nichtzahlung der Prämie aufmerksam gemacht hat.
2. Unter einer Erstprämie im Sinne dieser Vorschrift ist auch die Prämie für den endgültigen Vertrag nach vorläufiger Deckungszusage anzusehen, auch wenn diese die Prämie für die Deckungszusage mit einbezieht.
3. Es fehlt an einem ausreichend auffälligen Hinweis im Versicherungsschein. Die Belehrung muss - zur Erfüllung der Warnfunktion (vgl. BT-Drucks 16/3945, Seite 71) - drucktechnisch deutlich gestaltet sein. Erfolgt die Belehrung im Versicherungsschein, wird sie in der Regel auf dessen Vorderseite erfolgen müssen. Eine Belehrung auf der Rückseite reicht nur, wenn in Fett- oder Großdruck auf der Vorderseite auf die rückseitige Belehrung verwiesen wird.
4. Soweit eingangs des Anschreibens , mit dem der Versicherungsschein übersandt wurde, darum gebeten wird, die Erläuterungen und Hinweise zu beachten, vermag dies den erforderlichen Verweis auf die Belehrung auf der Vorderseite des Versicherungsscheines nicht zu ersetzen. Selbst wenn man es für ausreichend erachtete, dass anstelle eines Verweises auf der Vorderseite des Versicherungsscheines ein solcher in dem beigefügten Anschreiben erfolgt, so ergäbe sich nichts Abweichendes, denn der farblose Hinweis auf die "Erläuterungen und Hinweise" stellt keinen konkreten Verweis auf die Belehrung gemäß § 37 Abs. 2 VVG n.F. dar. Es fehlt auch an einer optisch hinreichend auffälligen Gestaltung des Hinweises. Auch würde es in diesem Fall an einer „gesonderten Mitteilung in Textform" im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG n.F. fehlen. Zwar wird man es als ausreichend ansehen können, wenn der erforderliche Hinweis durch einen in Schrifttyp und/oder Farbe hervorstechenden Hinweis erteilt wird, ohne dass dieser auf einem separaten Schriftstück enthalten sein. Jedoch genügen die in einem Anschreiben erteilten Hinweise, die in dem Fließtext ohne optische Hervorhebung enthalten sind, diesen Anforderungen ersichtlich nicht.
5. Der Annahme einer Leistungsfreiheit der Klägerin gegenüber dem Beklagten steht ferner entgegen, dass die Belehrung auch inhaltlich nicht ordnungsgemäß war. Denn die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten im Versicherungsschein und in dem Anschreiben vom 02.12.2008 unterschiedliche Angaben zu der Frist gemacht, innerhalb derer der Erstbeitrag bezahlt werden muss. Während in dem Anschreiben erklärt wird, der Erstbeitrag sei innerhalb einer 14-Tages-Frist zu begleichen, wird in der Belehrung im Versicherungsschein eine Zahlung spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Ablauf von 2 Wochen nach Zugang des Versicherungsscheines gefordert . Damit vermag der Versicherungsnehmer den übersandten Unterlagen nicht mit der nötigen Sicherheit zu entnehmen, welche Frist für ihn maßgeblich ist.
6. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der Beklagte habe jedenfalls auch die längere der beiden Fristen versäumt, so dass sich die widersprüchliche Fristsetzung nicht ausgewirkt habe. Denn bei einer unzutreffenden Belehrung kommt es nicht darauf an, ob diese im Einzelfall tatsächlich zu einer für die verspätete Prämienzahlung ursächlichen Fehlvorstellung des Versicherungsnehmers geführt hat; denn der Versicherer verliert die Möglichkeit sich auf die Verspätung zu berufen schon deshalb, weil er es seinerseits unterlässt, den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß zu belehren. Hieran ist auch unter der Geltung des VVG n.F. festzuhalten.

Zur Erstattung der Anwaltskosten für Einholung der Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers
BGH
Unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens sind Anwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung des Geschädigten - unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei um eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 RVG handelt - nicht zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich war (Fortführung des Senatsurteils vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, WuM 2010, 740).

Keine Zurechnung des Wissens der Mutter über Vorerkrankungen ihres Kindes, auch wenn diese für einen Agenten des Versicherers tätig wird
LG Dortmund
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann rückwirkend gekündigt werden, wenn der Versicherungsnehmer eine vorsätzliche vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung begangen hat. Dem Versicherer ist das Wissen der Mutter über die Vorerkrankung ihres Kindes und Versicherungsnehmers nicht zuzurechnen, unabhängig davon, ob die Mutter für einen Agenten des Versicherers oder einen Makler tätig geworden ist. Selbst wenn die Mutter für einen Agenten des Versicherers handelt, findet keine Wissenszurechnung statt, weil es sich zum Einen um privates Wissen der Mutter handelt und insbesondere, wenn sich die Mutter auf die Seite des Versicherungsnehmers schlägt und damit nicht mehr im Lager des Versicherers, sondern im Lager des Versicherungsnehmers steht.

Kürzung auf Null bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls zulässig
LG Kleve
1. Aus dem Umstand, dass § 81 VVG eine Leistungsfreiheit bei Vorsatz (Abs. 1) und eine Kürzung entsprechend der Schwere des Verschuldens bei grober Fahrlässigkeit (Abs. 2) vorsieht, folgt nicht, dass bei einer Quotelung nach § 81 Abs. 2 VVG eine Kürzung auf null ausscheidet.
2. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur wird - zumindest ganz herrschend - davon ausgegangen, dass im Rahmen des § 81 Abs. 2 VVG auch eine Kürzung auf null grundsätzlich möglich ist (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 15.09.2010, Az. 7 U 466/10 mit weiteren Nachweisen zu Rechtsprechung und Literatur; LG Tübingen, Urteil vom 26.04.2010, Az. 4 O 326/09; LG Münster, Urteil vom 24.09.2009, Az. 15 O 275/09; Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, § 81, R. 27) Dieser Auffassung folgt die Kammer, weil sich anderes weder aus dem Wortlaut, noch aus der Systematik oder dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt.
3. Es gibt keine starren Vorgaben für die Bildung der Quote; vielmehr ist diese nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist (vgl. OLG Dresden, a. a. O.; LG Münster, a. a. O.).
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Auch im Hinblick darauf, dass der Bundesgerichtshof bislang nicht ersichtlich konkret über die Frage entschieden hat, ob eine Kürzung auf null bei grober Fahrlässigkeit gemäß § 81 Abs. 2 VVG grundsätzlich ausscheidet oder möglich ist, erscheint eine Zulassung der Revision weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Denn die Möglichkeit der Kürzung auf null ist nahezu einhellige Auffassung und deckt sich damit, dass auch sonst in anderen Rechtsbereichen ein grob fahrlässiges Verhalten dazu führen kann, dass eine Leistungspflicht oder Haftung des anderen Teils gänzlich zurücktritt.

Aufeinandertreffen einer fest vereinbarten Dauer im Versicherungsschein und einer Vertragsverlängerungsklausel in den AVB
Amtsgericht Meldorf
Eine Klausel in AVB, wonach sich ein auf bestimmte Zeit geschlossener Versicherungsvertrag verlängert, wenn er nicht gekündigt wird, wird nicht Vertragsbestandteil, wenn laut Versicherungsschein eine Vertragsdauer vereinbart ist und auf die Verlängerungsklausel nur außerhalb des Versicherungsscheins an versteckter Stelle hingewiesen wird.

Versicherer trägt Beweislast für den Zugang des Anpassungsschreibens der Bedingungen an das neue VVG
OLG Köln
1.Von einer wirksamen Anpassung der Versicherungsbedingungen an das neue VVG gem. Art. 1 Abs. 3 EGVVG ist nur auszugehen, wenn der Versicherer den Zugangs des Anpassungsschreibens beweist.
2. Die Frage einer wirksamen Vertragsanpassung kann aber dahingestellt bleiben, wenn es sich um eine gesetzliche Obliegenheit (hier: Rettungsobliegenheit) handelt, für die das Sanktionenregime des § 28 VVG auch nicht durch Wiederholung in den Versicherungsbedingungen eröffnet wird (vgl. Felsch in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG § 28 Rn. 9).

Keine Repräsentanteneigenschaft einer Aushilfe auf 400,00 €-Basis
OLG Köln
Nach ständiger Rechtsprechung reicht die bloße Überlassung der Obhut nicht aus, um ein Repräsentantenverhältnis zu begründen. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln; der Versicherungsnehmer muss sich der Verfügungsbefugnis und der Verantwortlichkeit vollständig begeben haben (vgl. BGH VersR 1992, 865; BGHZ 122, 250; BGH VersR 2007, 673; Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 28 Rn. 65 m.w.N.) (hier verneint bei einer Aushilfe auf 400,00 €-Basis).

Rücktritt des (Kranken-) Versicherers wegen nicht angegebener Schwangerschaftskomplikationen verstößt gegen Benachteiligungsverbot des AGG
OLG Hamm
1. Nimmt ein Versicherer den Umstand, dass eine Versicherungsnehmerin bei Beantragung eines (Kranken-) Versicherungsvertrages Schwangerschaftskomplikationen nicht angegeben hat, zum Anlass für einen Rücktritt und eine Kündigung, so liegt darin ein Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach § 19 Abs. 1 AGG.
2. Wegen der darin liegenden Diskriminierung wegen des Geschlechts besteht ein Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld, ohne dass dieser das Vorliegen einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfordert.
3. Die Frist des § 21 Abs. 5 Satz 1 AGG ist wirksam. Es widerspricht nicht europäischem Gemeinschaftsrecht, dass ein Entschädigungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot innerhalb einer Zweimonatsfrist geltend gemacht werden muss.

Geschlechterbezogene Differenzierungen bei Versicherungsprämien und Versiche-rungsleistungen sind ab dem 21.12.2012 unzulässig
EuGH
Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13.12.2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen ist mit Wirkung vom 21.12.2012 ungültig.

Im Fall der Arglist des Versicherungsnehmers können aufgrund einer unwirksamen Erklärung zur Schweigepflichtentbindung erlangte Gesundheitsdaten verwertbar sein
OLG Jena
Erlangt der Versicherer im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer generellen und deshalb unwirksamen Schweigepflichtentbindung Informationen über den Gesundheitszustand des Versicherten, die ein arglistiges Verschweigen von Vorerkrankungen bei Antragstellung aufdecken, sind diese Daten aufgrund einer gebotenen Güterabwägung in der Regel verwertbar.

Bei Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit ist grds. von einer Einstiegskürzung von 50% auszugehen
LG Hannover
1. Die erkennende Einzelrichterin hält es für § 81 Abs. 2 VVG vom Ansatz her für sachgerecht, im Regelfall der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls eine Kürzung von 50 % vorzunehmen. Denn diese Vorgehensweise fügt sich nahtlos in einen dreistufigen Aufbau ein, wonach bei leichter Fahrlässigkeit eine volle Leistungspflicht des Versicherers besteht, bei Vorsatz der Anspruch des Versicherungsnehmers ganz entfällt und bei grober Fahrlässigkeit eine Leistungskürzung vorzunehmen ist. Diese liegt für den Regelfall mit 50 % genau auf der Hälfte zwischen voller Erstattung und vollständiger Leistungsverweigerung, wobei es sich hierbei nur um einen ersten Anhaltspunkt und nicht um eine Quotenvorgabe handelt.
2. Entgegen der vom Landgericht Dortmund geäußerten Auffassung steht diesem Modell auch nicht die vom Gesetzgeber vorgegebene Beweislastverteilung entgegen, denn unabhängig von der Höhe der Quote liegt die Beweislast bei dem Versicherer (Karczewski, a.a.O., § 81 Rdnr. 98) und bedeutet nicht, dass nunmehr den Versicherungsnehmer die Beweislast für ein unter 50% liegendes Verschulden trifft. Karczewski (a.a.O., § Rdnr. 111) hält in der Reisegepäckversicherung 50 % als Einstiegsquote für ebenfalls angemessen, wobei nach seiner Auffassung bei kurzfristiger Aufmerksamkeit auch eine geringere Quote in Betracht kommt.
3. In diesem Kürzungsrahmen ist die der Schwere der Schuld des Versicherungsnehmers entsprechende Kürzungsquote zu bestimmen. Die Leistungskürzungsbefugnis des Versicherers ist umso größer je näher das grobe Verschulden an den Vorsatz heranreicht, Dabei hält das Gericht Kürzungsquoten in Schritten von 10 % für angemessen, um die vom Gesetzgeber gewollte Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen.

Anforderungen an den Hinweis nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG über die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung
LG Köln
1. Ein Hinweis des Versicherers nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG über die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung genügt den formellen Anforderungen nicht, wenn er im normalen Druck und derselben Schriftgröße wie der übrige Text gehalten ist und nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen steht.
2. Es kann offen bleiben, ob die Wendung „gesonderte Mitteilung" so zu verstehen ist, dass die Belehrung auf einem vom Antragsformular verschiedenen eigenen Schriftstück zu erfolgen hat oder ob die Belehrung auf dem Antragsformular aus-reicht, wenn sie nur deutlich abgesetzt oder sonst hervorgehoben ist

Nachfrageobliegenheit des Versicherungsagenten bei unklaren Angaben
OLG Hamm
1. Macht der Antragsteller bei der mündlichen Beantwortung von Antragsfragen gegenüber dem Versicherungsagenten, der das Antragsformular ausfüllt, unvollständige Angaben, hat der Versicherungsagent für die nach Sachlage gebotenen Rückfragen zu sorgen.
2. Unterlässt der Versicherungsagent gebotene Rückfragen, geht dies zu Lasten des Versicherers, auch wenn dieser von den Umständen, die Anlass zu Rückfragen gegeben haben, keine Kenntnis erlangt hat. Der Versicherer kann sich dann nach Treu und Glauben nicht auf die Unvollständigkeit der Angaben des Antragstellers berufen.

Zurechnung der privat erworbenen Kenntnis eines Vorstandsmitglieds des Versiche-rers
OLG Oldenburg
Der Versicherer muss sich das privat erworbene Wissen eines Vorstandsmitglieds des Versicherers vom Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers nur dann zurechnen lassen, wenn es in die Sachbearbeitung unmittelbar eingebunden ist.

Die Fristsetzung gemäß § 12 Abs. 3 VVG a. F. war auch nach dem 31.12.2007 zulässig
OLG Köln
Die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. hat auch nach dem 31.12.2007 und damit unter grundsätzlicher Geltung des neuen VVG noch wirksam gesetzt werden können.

Keine arglistige Täuschung über Vorerkrankung bei unterlassener Korrektur fehlerhafter Gesundheitsangaben bei Policenmodell
BGH
Übersendet die Versicherung im Rahmen eines so genannten „Policenmodells" dem Versicherungsnehmer den Versicherungsschein nebst „Policenbegleitschreiben" mit der Bitte, die Gesundheitsangaben auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, ist von dem Versicherungsnehmer keine für den Vertragsschluss wesentliche Willenserklärung mehr abzugeben. Daher kann die Versicherung durch ein Unterlassen der Richtigstellung etwaiger unrichtiger Gesundheitsangaben nicht mehr zu einer Annahmeerklärung bewogen werden, die sie bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht oder nur zu anderen Konditionen abgegeben hätte. An einer arglistigen Täuschung fehlt es insbesondere dann, wenn der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, den Versicherungsagenten mündlich zutreffend unterrichtet haben, dieser jedoch falsche Gesundheitsangaben im Antrag macht.

Keine Zurechnung nach der „Auge-und-Ohr-Rechtsprechung" wenn der Versicherungsnehmer weiß, dass der Versicherungsvertreter nicht alle ihm genannten Vorerkrankungen aufgeführt hat
LG Duisburg
1. Auch ein eingeklemmter Nerv ist anzugeben, wenn in dem Versicherungsantrag ausdrücklich nach Beschwerden an den Nerven gefragt wird. Ein eingeklemmter Nerv, der sogar Ursache einer ein Jahr später auftretenden Radikulopathie ist, hätte angegeben werden müssen.
2. Dem Einwand der Arglist kann nicht entgegengehalten werden, dass der Versicherungsnehmer keine Gelegenheit gehabt habe, den Vertrag in Ruhe durchzulesen, denn der Versicherungsnehmer hat vor der Unterschrift Gelegenheit zur Überprüfung. Insofern kann der Vortrag des Klägers, der Versicherungsvertreter habe das Formular gefaltet, so dass sich die Fragen auf der Rückseite befunden hätten, und er habe außerdem über Privates geplaudert, als wahr unterstellt werden. Dies nimmt dem Kläger nicht die Möglichkeit, vorher durchzulesen, was er zu unterschreiben beabsichtigt.
3. Für eine arglistige Täuschung spricht, dass es sich bei den Beschwerden des Klägers um eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen handelt, von denen nicht eine einzige angegeben worden ist. Des Weiteren deutet auch die Tatsache, dass es sich bei den Erkrankungen nicht um reine Bagatellerkrankungen handelt, auf eine Täuschungsabsicht hin.
4. Weiteres Indiz für eine Täuschungsabsicht ist, dass den Fragen zum Gesundheitszustand gerade im Rahmen des Abschlusses einer BUZV wesentliche Bedeutung zukommt.
5. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er den Versicherungsagenten auf die Neurodermitis und den Bluthochdruck hingewiesen habe, dieser jedoch erklärt habe, dass deren Nennung im Antrag nicht erforderlich sei. Ob der Kläger den Vertreter tatsächlich zutreffend über seinen Zustand informiert hat, kann dahinstehen, weil der Kläger mit seiner Unterschriftsleistung unter das falsch ausgefüllte Formular die Nichterwähnung der Krankheiten gegenüber der Beklagten jedenfalls gebilligt hat. Ein arglistiges Handeln kann zwar ausscheiden, wenn der Versicherungsnehmer dem Vertreter alle Krankheiten offen legt, diesem die Ausfüllung des Bogens überlässt und selbst nur unterschreibt, anders ist dies aber, wenn der Versicherungsnehmer in Kenntnis der Tatsache unterschreibt, dass der Versicherungsvertreter nicht alle ihm genannten Vorerkrankungen aufgeführt hat. In diesem Fall kann er sich im Verhältnis zum Versicherer nicht auf die Kenntnis des Agenten berufen (LG Duisburg, a. a. O. m. w. N.; OLG Hamm, a. a. O.).
6. Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, bereits bei Abschluss des Vertrages sämtliche Unterlagen früherer Behandlungen anzufordern. Dies gilt umso mehr, als der Kläger auch bei der Frage, welcher Arzt am besten über seine gesundheitlichen Verhältnisse informiert ist, keine Angaben gemacht hat. Die Beklagte durfte nach den Angaben in dem Antragsformular davon ausgehen, einen vollkommen gesunden Versicherungsnehmer, der seit Jahren keine ärztlichen Behandlungen erfahren hat, aufzunehmen.

Quotenaddition nach Zusammentreffen mehrerer Obliegenheitsverletzungen unter neuen VVG
LG Kassel
Die bloße Bezugnahme auf die Ermittlungsakte ist nicht ausreichend für den Nachweis eines Diebstahls. Das Zuziehen der Wohnungstür ohne deren Abschließen begründet jedenfalls dann den Vorwurf grober Fahrlässigkeit i.S.d. § 81 Abs. II VVG n.F., wenn Ziel ein nicht ganz unerhebliches zeitliches Verlassen der Wohnung ist. Bei einem Zusammentreffen mehrerer Obliegenheitsverletzungen unter dem neuen VVG sind die jeweils verwirkten Kürzungsquoten zu addieren. (Modell der Quotenaddition)

Nachweis des Zugangs von Versicherungsunterlagen kann Versicherer nicht durch Nachweis der Absendung erbringen
LG Dortmund
Ist zwischen einem Versicherungsunternehmen und einem Versicherungsnehmer umstritten, wann die Versicherungsunterlagen zugegangen sind, so muss das Versicherungsunternehmen den vollen Beweis über den Zugang der Unterlagen führen. Dazu genügt nicht, wenn das Versicherungsunternehmen lediglich die Versendung der Unterlagen nachweist. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass und innerhalb welcher Zeit Postsendungen den Empfänger erreichen. Will das Versicherungsunternehmen den Zugang sicher nachweisen, kann es beispielsweise auch auf Einschreiben mit Rückschein zurückgreifen. Es ist daher nicht schutzwürdig.

Im Rahmen einer Nettopolice können Vertragskosten gesondert zu einem Versicherungsvertrag vereinbart werden
Amtsgericht Köln
Vertragskosten können im Wege einer Nettopolice gesondert zu dem Versicherungsvertrag vereinbart werden. Ein Versicherungsnehmer, der sich darauf beruft, bei Abschluss eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages von dem Vermittler arglistig über die Höhe der Rendite getäuscht worden zu sein, muss dieses Vorbringen konkret darlegen und beweisen. Es liegt nämlich grundsätzlich für jedermann klar auf der Hand, dass bei einer fondsgebundenen Versicherung eine Renditezusage nur als bloße Erwartung an den künftigen Kurswert erklärt werden kann, hängt doch die Rendite ganz entscheidend von dem zugrunde liegenden Fonds und seinem jeweiligen - künftigen - Kurswert ab. Folglich kann sich bei dem Versicherungsnehmer unbeachtet des von ihm behaupteten Umstandes, der Vermittler habe eine Rendite von 9 % benannt, keine rechtsrelevante Fehlvorstellung gebildet haben, damit sei eine rechtsverbindliche Zusicherung einer Mindestrendite verbunden gewesen.

§ 5 a VVG a. F. verstößt nicht gegen Europarecht
OLG Köln
§ 5 a VVG a. F. verstößt nicht gegen Europarecht, weil die Lebensversicherungsrichtlinie nur eine europaweite Harmonisierung des Aufsichtsrechts anstrebt, so dass der nationale Gesetzgeber vertragsrechtlich Gestaltungsspielraum hat, der durch § 5 a VVG a. F. nicht überschritten wurde.

§ 5 a VVG a. F. verstößt nicht gegen Europarecht - die „Kick-Back"-Rechtsprechung des BGH ist nicht auf die fondsgebundene Lebensversicherung anwendbar
OLG Köln
1. § 5 a VVG a. F. verstößt nicht gegen Europarecht.
2. Ratenzahlungszuschläge bei Versicherungsverträgen fallen nicht unter die §§ 499 ff. BGB a. F., weil der Gesetzgeber das bereits in der amtlichen Begründung klargestellt hat.
3. Die so genannte „Kick-Back"-Rechtsprechung des BGH, die im Zusammenhang mit Anlageberatungsverträgen zwischen Banken und Anlageinteressenten entwickelt wurde, ist auf die fondsgebundene Lebensversicherung nicht anwendbar.

Die Absendung eines Schriftstückes beweist weder dessen Zugang noch den Zugangszeitpunkt
LG Dortmund
1. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 VVG obliegt dem Versicherer der Nachweis über den Zugang der Unterlagen nach Satz 1.
2. Damit ist dem Versicherer nicht nur die Beweislast dafür auferlegt worden, dass dem Antragsteller die erforderlichen Unterlagen überhaupt zugegangen sind. Der Versicherer muss auch beweisen, dass die Unterlagen dem Antragsteller so rechtzeitig zugegangen sind, dass der Widerruf der Vertragserklärung außerhalb der 2-Wochen-Frist des § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG liegt.
3. Dieser Auffassung entspricht der schon unter Geltung des alten VVG vorherrschenden Meinung, dass dem Versicherer ohne Zubilligung von Beweiserleichterungen oder Erfahrungssätzen der volle Beweis dafür obliegt, wann ein eine bestimmte Frist in Lauf setzendes Schreiben dem Antragsteller bzw. Versicherungsnehmer zugegangen ist (OLG Hamm, VersR 2007, 1397).
4. Die Absendung des Schriftstückes beweist weder dessen Zugang noch den Zugangszeitpunkt. Insoweit bestehen auch keine Erfahrungssätze, dass und innerhalb welcher Zeit Postsendungen den Empfänger erreichen. Der Versicherer ist insoweit auch nicht schutzwürdig. Er kann z. B. durch Einschreiben mit Rückschein ohne Probleme den Zugang beweisen. Wenn er aus Kostengründen auf eine Versendung mit Nachweismöglichkeit des Zugangs verzichtet, kann dies nicht zu Lasten der anderen Vertragspartei gehen. Der Auffassung des OLG Frankfurt, VersR 2009, 1394, wonach bei einem unstreitigen Zugang eines Schreibens des Versicherers der Zeitpunkt des Zugangs nach § 270 Satz 2 ZPO vermutet werden kann, vermag sich das Gericht deshalb nicht anzuschließen.

Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen (Rechtsanwalts-) Kosten - etwa wg. Verzuges - setzt keine Zahlung der Anwaltskosten durch den Geschädigten voraus
LG Hagen (Westfalen)
1. Dem Geschädigten ist es möglich, den Gebührenschaden in Bezug auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden als Zahlungsanspruch geltend zu machen, auch wenn ihm eine Rechnung im Sinne von § 10 RVG derzeit seitens ihres Anwaltes noch nicht gestellt wurde und eine Zahlung seinerrseits auch noch nicht erfolgt ist.
2. Ausreichend ist allein, dass der Anwalt des Geschädigten Leistungen für den Geschädigten erbracht hat, die ihn berechtigen, diese mit einem Betrag von ... € abzurechnen.
3. Dem Grunde und der Höhe nach ist die Zahlungsverpflichtung des Geschädigten gegenüber seinem Anwalt damit bereits entstanden. Der Anwalt ist jederzeit berechtigt, diese gegenüber seiner Mandantin geltend zu machen.
4. Hat sich der Versicherer geweigert, eine Kündigung zu akzeptieren und weiter die monatlichen Beiträge von der Klägerin eingefordert hat, hat sie damit die ernsthafte und endgültige Ablehnung der klägerischen Ansprüche zum Ausdruck gebracht. Dadurch hat sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch gewandelt (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2004 - XI ZR 355/92).

Vor der Inanspruchnahme einer PKH muss der Insolvenzverwalter versuchen, die Finanzierung der Prozessführung durch die wirtschaftlich Beteiligten zu betreiben
OLG Celle
Aus der Nachrangigkeit der Prozesskostenhilfe sowie aus § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO selbst ergibt sich, dass vor der versuchten Inanspruchnahme staatlicher Mittel der Insolvenzverwalter versuchen muss, die Finanzierung der Prozessführung durch die wirtschaftlich Beteiligten zu betreiben, soweit die Kosten nicht aus der Masse aufgebracht werden können.

Vorvertragliche Anzeigepflicht und Kenntniszurechnung in der Industrieversicherung
OLG Hamm
1. Auch in der Industrieversicherung sind Fragen des Versicherers Voraussetzung für die Anwendung des § 19 VVG.
2. Kenntnis des führenden Versicherers über gefahrerhebliche Umstände wird den anderen beteiligten Versicherern zugerechnet.

Versicherungsmakler ist einem Agenten auch bei ausdrücklicher Bezeichnung als „Betreuer" nicht gleichzusetzen
LG Stralsund, Beschluss vom 01.02.2011, 6 O 259/10; Jurion Newsletter Versicherungsrecht 4/2011
Eine örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach § 48 Abs. 1 VVG ist nur am Sitz des Versicherungsagenten begründet. Auf Versicherungsmakler ist die Vorschrift jedoch nicht anzuwenden, auch nicht analog, da der Makler auf Seiten des Versicherungsnehmers steht und damit die Interessenlage nicht vergleichbar ist. Der Makler ist dem Agenten auch dann nicht gleichzusetzen, wenn er im Versicherungsschein ausdrücklich als Betreuer ausgewiesen ist.

Neuer Gerichtsstand „Wohnsitz des VN" gilt nur für den Versicherungsnehmer als natürliche Person
LG Berlin
§ 215 VVG, wonach für Klagen des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung auch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz des Versicherungsnehmers begründet ist, gilt nicht für juristische Personen als Versicherungsnehmer.

Anwendbarkeit der Klagefrist auf Altverträge
LG München
Auf Versicherungsverträge, die bis zum 1. Januar 2008 abgeschlossen worden sind, ist die Regelung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. auch im Jahre 2008 noch anwendbar. Dies folgt aus Art. 1 Abs. 1 EGVVG, wonach das bis Ende 2007 geltende VVG a.F. auf bis dahin entstandene Versicherungsverhältnisse bis zum 31. Dezember 2008 anzuwenden ist, soweit in Abs. 2 und den Art. 2 bis 6 EGVVG nichts anderes bestimmt ist. Als Einschränkung der Fortgeltung des § 12 Abs. 3 VVG a.F. kommt nicht Art. 1 Abs. 4 EGVVG in Betracht, da diese Vorschrift nur Fristen regelt, die noch im Jahre 2007 gesetzt wurden, und Art. 1 Abs. 4 EGVVG in Art. 1 Abs. 1 EGVVG nicht als Bestimmung genannt wird, nach der das VVG a.F. nicht über den 31. Dezember 2007 hinaus zur Anwendung kommen soll.

Die Beschwerde gegen einen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss muss innerhalb von 2 Wochen erhoben und begründet werden
OLG Nürnberg
Gegen einen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss muss der Versicherungsnehmer innerhalb von 2 Wochen Beschwerde erheben und diese begründen, um alles für die notwendige größtmögliche Beschleunigung des Verfahrens zu tun. So kann der Versicherungsnehmer die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. wahren.

Die Klagefrist verkürzt nicht die Beschwerdefrist im Prozesskostenhilfeverfahren
OLG Stuttgart
Nach § 12 Abs. 3 VVG a. F. kann keine Verkürzung der Beschwerdefrist im Prozesskostenhilfe-Bewilligungsverfahren (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) zu Lasten der bedürftigen Partei entnommen werden.

Bei der fehlenden Umstellung von alten AVB auf das neue VVG ist der Tatbestand der Obliegenheitsverletzung der alten AVB und die Rechtsfolge § 28 VVG n. F. zu entnehmen
LG Ellwangen
1. Eine fehlende Umstellung von alten AVB auf das neue VVG führt nicht zu einer Sanktionslosigkeit von Obliegenheitsverletzungen.
2. Der Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung ist in alten AVB und die Rechtsfolge § 28 VVG n. F. zu entnehmen, da der Versicherungsnehmer nicht darauf vertrauen darf, dass eine ursprünglich zulässige Klausel infolge einer Gesetzesänderung, durch die die Sanktion lediglich abgemeldet wird, völlig sanktionslos wird.

Vom Makler ausgearbeiteter Fragenkatalog nach Gefahrumständen ist dem Versicherer zuzurechnen, wenn sich dieser den Katalog zu Eigen macht
OLG Hamm
Bei dem von einem Makler des Versicherungsnehmers ausgearbeiteten und selbst beantworteten Fragekatalog nach Gefahrumständen handelt es sich nicht um Fragen des Versicherers. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich der Versicherer diesen Fragenkatalog zu Eigen gemacht hat. Ein „zu-eigen-machen" liegt nicht schon dann vor, wenn bislang unter Geltung der alten VVG-Broschüre üblich war, dass für diesen Versicherungsbereich der Makler die Fragen selbst entwirft und für den Versicherungsnehmer beantwortet.
 

 

Urteile aus dem Jahr 2010


Bei einer Unwirksamkeit von Klauseln unter Anwendung des neuen VVG bestimmt sich die Rechtsfolge nach einer ergänzenden Vertragsauslegung
LG Göttingen
1. Klauseln, die bei Obliegenheitsverstößen bei grober Fahrlässigkeit zur vollständigen Leistungsfreiheit führen, sind unter Anwendung des neuen VVG grundsätzlich unwirksam.
2. Die Unwirksamkeit der Klausel führt jedoch nicht zur vollständigen Sanktionslosigkeit, da sich ansonsten das Vertragsgefüge völlig einseitig verschieben würde, so dass eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommt, mit der Folge, dass die Rechtsfolgen dem neuen VVG zu entnehmen sind.

Anfechtung wegen Falschangaben kann auch noch in der 2. Instanz erfolgen, wenn sich zuvor keine Zweifel an den Angaben ergaben (hier: Richtigkeit der Flächenangabe des Versicherten)
BGH
Parteien können auf Grund der Prozessförderungspflicht allenfalls bei vorliegen besonderer Umstände gehalten sein, tatsächliche Umstände, die ihnen nicht bekannt sind, erst noch zu ermitteln. Eine solche Pflicht trifft sie generell nicht. Daher beruht eine 2. Instanz seitens des Wohngebäudeversicherers erklärte Anfechtung wegen Falschangaben des Versicherten zur Größe der Geschäftsfläche nicht auf Nachlässigkeit, wenn der Versicherer erst durch ein Gutachten nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils Kenntnis davon erlangt, dass der Versicherte die Flächengröße falsch angegeben hat. Dass die Versicherung zuvor die Möglichkeit gehabt hätte, die Flächenangaben auf Grund enthaltener Bauzeichnungen überprüfen zu lassen, ist daher unerheblich, wenn kein konkreter Anlass zur Überprüfung ersichtlich war.

Kündigungsschreiben kann nicht in einen Widerspruch umgedeutet werden
LG Aachen
1. Für eine Auslegung der Erklärung „hiermit kündige ich" im Sinne eines Widerspruchs besteht aufgrund des ausdrücklichen Wortlautes kein Raum.
2. Auch eine Umdeutung gemäß § 140 BGB kommt wegen der Unterschiedlichkeit der Rechtsfolgen bei Kündigung einerseits und Widerspruch andererseits nicht in Betracht.

§ 5a VVG verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht - Kein Widerspruch mehr nach Kündigung möglich
LG Aachen
1. § 5a VVG a.F. ist auch nicht richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass dem Versicherungsnehmer ein unbefristetes Widerspruchsrecht einzuräumen ist. § 5a VVG a.F. verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (vgl. LG Wiesbaden v. 02.10.2008, 92 C 590/08 - 31, Bl. 297 d.A.; LG München I, 31 S 12637/08, Bl. 286 d.A.; LG Leipzig v. 20.01.2009, 03 S 409/08, Bl. 282 d.A.). Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Lebensversicherungsrichtlinie 2002/83 vor. Seiner Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie ist der Gesetzgeber durch die Normierung des Inhalts der Aufklärungspflichten in § 10a VVG a.F. und des Widerrufsrechts in § 5a VVG a.F. ausreichend nachgekommen. Eine Regelung über die Rechtsfolgen einer unterbliebenen vorherigen Überlassung von Bedingungen oder eines Fehlens ordnungsgemäßer Aufklärung trifft die Richtlinie nicht. Insoweit unterliegt die im VVG a.F. getroffene Normierung der zulässigen Interessenabwägung des deutschen Gesetzgebers.
2. Zudem ist eine den europäischen Richtlinien genügende Information des Versicherungsnehmers vor einer vertraglichen Bindung durch § 5a VVG a.F. sichergestellt. Der Versicherungsvertrag ist bis zum Ablauf der in § 5a VVG a.F. normierten Widerspruchsfrist schwebend unwirksam (OLG Frankfurt a.M. v. 10.12.2003, 7 U 15/03, NJOZ 2005, S. 197; OLG Düsseldorf v. 05.07.2001, 4 U 32/00, VersR 2001, S. 837, 839; AG München v. 13.06.2008, 121 C 36187/07, Bl. 213 d.A.; AG Wiesbaden v. 18.06.2008, 92 C 590/08 - 31, Bl. 223 d.A.; Prölss/Martin/Prölss, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage 2004, § 5a Rn 10). Unterbleibt ein Widerspruch des Versicherungsnehmers wird die vertragliche Regelung rückwirkend in Gang gesetzt (OLG Hamm VersR 1999, 1229; OLG Düsseldorf VersR 2001, 837). Vor einer endgültigen vertraglichen Bindung verbleibt dem Versicherungsnehmer ausreichend Zeit zum Vergleich verschiedener Versicherungsprodukte. Möchte er sich nach Antragstellung vom Versicherungsvertrag lösen, kann er dies innerhalb der Widerspruchsfrist des § 5a VVG a.F. tun.
3. Die Stellungnahme der Kommission der EU vom 23.05.1995 (abgedruckt bei Lorenz, VersR 1997, 773), wonach § 5a VVG a.F. dem Zweck der Richtlinie, für eine Information des Versicherungsnehmers vor Eingehen einer Verpflichtung zu sorgen, nicht gerecht werde, weil nach § 5a VVG a.F. ein schwebend wirksamer Vertrag zustande komme, vermag nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Die Stellungnahme der Kommission beruht auf einem falschen Verständnis der Auffassung vom schwebend unwirksamen Vertrag (vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 10.12.2003, 7 U 15/03). Danach wird der Versicherungsnehmer gerade nicht zunächst gebunden mit der Möglichkeit, sich durch Widerspruch vom Vertrag zu lösen, sondern bleibt zunächst ungebunden mit der Möglichkeit, den Vertrag durch Schweigen zustande kommen zu lassen.
4. Auch kann das Widerspruchsrecht nicht mehr wirksam nach einer bereits erfolgten Kündigung ausgeübt werden. Die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. setzt voraus, dass ein Versicherungsvertrag noch besteht. Kündigung und Widerspruch stehen in einem Alternativverhältnis und setzen beide ein noch bestehendes Vertragsverhältnis voraus (vgl. AG Wiesbaden v. 03.04.2008, 92 C 3000/07 -28-; AG Wiesbaden v. 03.04.2008, 92 C 3541/07 -14-; AG Oschatz v. 05.06.2008, 2 C 0278/07; AG München v. 13.06.2008, 121 C 36187/07; LG Wiesbaden v. 14.10.2006, 92 C 3541/07 -14-; LG Leipzig v. 20.01.2009, 03 S 409/08; LG München v. 11.12.2008, 31 S 12637/08; LG München v. 21.10.2008, 13 S 8815/08; LG Wiesbaden v. 02.10.2008, 92 C 590/08 -31-). Das Bestehen eines Alternativverhältnisses ergibt sich bereits aus der unterschiedlichen Zweckrichtung der beiden Rechtsinstitute. Während der Widerruf den Verbraucher vor einem übereilten Eingehen vertraglicher Verbindungen schützen soll, dient die Kündigung dem Recht des Verbrauchers, das laufende Vertragsverhältnis zu beenden und sich von den zukünftigen Verpflichtungen zu lösen.

Zur Einbeziehung von Verlängerungsklauseln in den Vertrag
AG Meldorf
Eine Klausel in allgemeinen Versicherungsbedingungen, wonach sich ein auf bestimmte Zeit geschlossener Versicherungsvertrag verlängert, wenn er nicht gekündigt wird, wird nicht Vertragsbestandteil, wenn laut Versicherungsschein eine feste Vertragsdauer vereinbart ist und auf die Verlängerungsklausel nur außerhalb des Versicherungsscheins an versteckter Stelle hingewiesen wird (vergleiche BGH, NJW 1989, 2255; OLG Frankfurt, ZfSch 1990, 239; OLGR Saarbrücken 2008, 749).

Versicherer kann sich auch dann auf die Rechtfolgen einer vertraglichen Obliegenheitsverletzung berufen, wenn die alten AVB nicht wirksam auf das neue VVG umgestellt wurden
LG Erfurt
Nur soweit die „veralteten" Versicherungsbedingungen, wie dies im Hinblick auf die Regelung der vertraglichen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers der Fall ist, in ihrer tatbestandlichen Existenz zum VVG 2008 nicht in Widerspruch stehen, behalten sie ihre Geltung. Das Recht zur Leistungskürzung durch den Versicherer bei Vorliegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzungen ergibt sich jetzt unmittelbar gesetzlich aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG, sodass es auf das Vorliegen bzw. die Wirksamkeit einer vertraglichen Regelung der Rechtsfolge der Leistungsfreiheit nicht ankommt (vgl. auch Muschner/Wendt, Die Anpassung allgemeiner Versicherungsbedingungen an das VVG und die Folgen ihres Unterbleibens, MDR 2008, 949 mit weiteren Nachweisen).

Die Verjährung erfasst nicht nur bis dahin fällig gewordene Renten sondern sämtliche - auch zukünftige - Rentenansprüche
LG Dortmund
1. Im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 VVG a. F. kann die Leistung regelmäßig verlangt werden, zu dem Zeitpunkt, in dem die Erhebungen beendet sind oder bei korrektem Vorgehen beendet gewesen wären; an eine Ablehnungserklärung des Versicherers ist der Beginn der Verjährung nicht geknüpft, er ist auch nicht von einer Belehrung nach § 12 Abs. 3 S. 2 VVG a. F. abhängig (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12, Rdn. 11 f. m. w. N.).
2. Hinsichtlich der Verjährung ist der Versicherer nicht gehalten, eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen.
3. Erfasst von der Verjährung werden nicht nur bis dahin etwaig fällige Unfallrentenansprüche, sondern der Anspruch auf sämtliche Renten, da vorliegend das "Stammrecht" verjährt ist (BGH VersR 1955, 97; OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 612).

Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers von außergerichtlichen Kosten wandelt sich in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert
LG Dortmund
1. Selbst, wenn der Kläger die Honorarforderung seines Prozessbevollmächtigten noch nicht erfüllt hätte, ist der entsprechende Freistellungsanspruch gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen. Es bedarf einer Fristsetzung nach § 250 BGB nicht, wenn der Schädiger unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er eine Naturalrestitution ernsthaft und endgültig verweigert (BGH VersR 2007, 1539). Der Freistellungsanspruch wandelt sich in diesem Fall in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH VersR 2004, 740); soweit sich aus der Entscheidung LG Dortmund NJW-RR 2010, 1258 (1259) etwas anderes ergeben kann, so hält die Kammer hieran nicht fest.
2. Zur Fälligkeit der Rechtsanwaltskosten bedarf es keiner Kostenrechnung. Das Erfordernis der Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG betrifft lediglich die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Mandanten des Anwalts. Dagegen gilt § 10 Abs. 1 RVG nach zutreffender Ansicht nicht im Bereich des materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruches (OLG München, Urteil vom 13.08.2010, AZ: 10 U 3928/09 = BeckRS 2010, 2053 m.w.N. ; OLG München VersR 2007, 267; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., § 10 RVG, Rdnr. 7; andere Ansicht nur LG Bonn NJW 2005, 1873 mit ablehnender Anmerkung Schneider, AGS 2006, 19).

Gerichtsstand für Streitigkeiten aus Altverträgen
OLG Bamberg
War der Versicherungsfall vor dem 1.9.2008 eingetreten, so ist auf Altfälle, denen ein vor dem 1.1.2008 abgeschlossener Versicherungsvertrag zugrunde liegt, das gesamte Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden (Anschluss an OLG Stuttgart, VersR 2009, 246; OLG Hamm, Beschluss vom 20.05.2009 - 20 U 110/08 - juris; OLG Naumburg, VersR 2010, 374; OLG Nürnberg, VersR 2010, 935).

Kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, wenn bei Mandatierung kein Verzug vorlag
LG Dortmund
Es besteht kein Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten, wenn der Anwalt bereits zu einem Zeitpunkt mandatiert war, als eine Entschädigungsforderung gegen den Versicherer der Hausratversicherung noch nicht fällig war, da die Ermittlungen des Versicherers noch nicht abgeschlossen waren. Ohne Fälligkeit konnte auch kein Verzug des Versicherers eintreten, so dass es an einer materiell-rechtlichen Grundlage für einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Anwaltskosten fehlt.

§ 215 VVG gilt nur für den Versicherungsnehmer nicht für sonstige klagende Dritte (z.B. versicherte Person oder Absonderungsberechtigte)
LG Halle (Saale)
Der Gerichtsstand des § 215 VVG greift nicht für Klagen von Personen, die aus dem Versicherungsvertrag gegen den Versicherer Ansprüche geltend machen, ohne selbst Versicherungsnehmer zu sein.

Nachschieben von Anfechtungsgründen nur binnen Jahresfrist möglich
OLG Bamberg
Das „Nachschieben" von Anfechtungsgründen ist zwar auch im Versicherungsvertragsrecht grundsätzlich zulässig, jedoch nur innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB (BAG NJW 08, 939; BGH NJW-RR 89, 1183; NJW-RR 04, 628; OLG Hamm Urteil v. 24.06.1988, Az.: 20 U 306/87).

Wird im Antragsformular nach „erheblichen Krankheiten" gefragt, muss Versicherer durch Indizien nachweisen, dass Versicherungsnehmer Krankheitswert kannte und dass er diese für erheblich gehalten hatte
Oberlandesgericht Saarbrücken
1. Wird ein Versicherer mit schweren Kopfverletzungen (Schädelfraktur und Hirnblutung) in seinem Hausflur aufgefunden, ohne dass der Geschehensablauf aufgeklärt werden kann, ist von einem von ihm zu beweisenden Unfall auszugehen, trotz Vorbefunden nicht aber von einer vom Versicherer zu beweisenden alkoholbedingten oder epileptisch bedingten Verursachung.
2. Von dem Bewusstsein einer erfragten "erheblichen Krankheit" ist trotz bewiesener Leugnung einer Alkoholerkrankung durch den Versicherten auszugehen, wenn er ärztlich lange Jahre vor Alkoholmissbrauch gewarnt und wegen dessen Folgeerscheinungen auch bereits stationär behandelt worden war.

Zur Quotenbildung nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG bei mehreren Obliegenheitsverletzungen mit unterschiedlichem Kausalitätsumfang
LG Dortmund
1. Die Entschädigungsleistung kann wegen der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten gekürzt werden. Insbesondere dann, wenn seitens des Versicherungsnehmers ein Verstoß gegen die vereinbarten Sicherheitsvorschriften gegeben ist, indem der vereinbarte Panzerriegel nicht montiert wurde. Eine Obliegenheitsverletzung ist außerdem gegeben, wenn der Versicherungsnehmer keine Stehlgutliste bei der Polizei einreicht.
2. Hinsichtlich der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei ist der Kausalitätsgegenbeweis geführt, wenn es sich bei den gestohlenen Gegenständen um nicht individualisierbare Massenware handelt, so dass ein Fahndungserfolg nicht zu erwarten ist. In diesem Fall ist das Leistungskürzungsrecht des Versicherers ausgeschlossen, da die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist.
3. Die Leistungskürzungsquote ist einzelfallbezogen und unter Berücksichtigung der Schwere der Schuld des Versicherungsnehmers zu bilden. Bei Verletzung mehrerer Obliegenheiten mit unterschiedlichem Kausalitätsumfang ist die Quote der Leistungskürzung weder nach dem Additionsmodell noch dem Konsumtions- oder Kompensationsmodell, sondern aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände zu bestimmen, um den Besonderheiten des Einzelfalles gerecht zu werden.

Kürzung der Versicherungsleistung bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls in 10%-Schritten
OLG Hamm
Bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls ist die Kürzung der Versicherungsleistung nach § 81 Abs. 2 VVG nach festen Quotenstufen von 0, 25, 50, 75 und 100 % zu grob und daher abzulehnen. Um den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht zu werden, kann auch eine Abstufung in 10 %-Schritten geboten sein.

Auch eine Kürzung auf Null ist bei einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung denkbar
LG Dortmund
Der Rahmen möglicher Kürzungsquoten bewegt sich im Falle einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung von "0" bis 100 % spannt. Zwar wird verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass die Zulassung einer Leistungskürzung auf "0" der Abschaffung des "Alles-oder-Nichts-Prinzips widerspräche (Karst, VW 2010, 501; Marlow in Marlow/Spuhl, a. a. O., Rn. 325). Diese Auffassung lässt indes den Willen des Gesetzgebers außer Betracht. Während im Regierungsentwurf zu § 28 Abs. 2 VVG noch die Formulierung enthalten war, dass der Versicherer "nur" bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung (vollständig) leistungsfrei war, ist im Gesetzestext des § 28 Abs. 2 VVG das Wort "nur" entfallen, nachdem Rixecker zur Vermeidung von Interpretationsunsicherheiten eine dementsprechende Empfehlung zur Angleichung des Wortlautes an § 81 Abs. 1 VVG ausgesprochen hatte (Stellungnahme vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 18.03.2007, Ziffer 3 a.E.). Damit hat der Gesetzgeber selbst zu erkennen gegeben, dass er nicht nur bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung, sondern auch bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit eine Anspruchskürzung auf "0" -wenn auch sicherlich nur in seltenen Ausnahmefällen - zulassen will (Tschersich in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR-Handbuch, 2. Auflage, § 45 Rn. 75; Rixecker, zfs 2009, 5; Günther/Spielmann, RuS 2008, 133, 141 f; Nugel, MDR 2010, 597). Deshalb geht die inzwischen herrschende Meinung zu Recht von einer Leistungskürzungsbefugnis des Versicherers auf "0" in Fällen schwerster grober Fahrlässigkeit oder gar beim Zusammentreffen mehrerer schwerwiegender Obliegenheitsverstöße aus (Wandt in Langheid/ Wandt, Münchener Kommentar VVG, § 28 Rn. 240; Heise in Bruck/Möller VVG, 9. Auflage, § 28 Rn. 195; Looschelders, VersR 2008, 1,6; Rixecker, zfs 2009, 5; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum VVG, § 28 Rn. 58; Franz, VersR 2008, 298, 304 f; Grote/Schneider, BB 2007, 2689, 2695).

Die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. kann auch noch nach dem 31. Dezember 2007 wirksam gesetzt werden
OLG Köln
Die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. kann auch noch nach dem 31. Dezember 2007 wirksam gesetzt werden. Der Versicherungsnehmer muss sie wahren, wenn er seinen geltend gemachten und vom Versicherer abgelehnten Anspruch nicht verlieren will.

Fehlende oder unzureichende Dokumentation des Beratungsgespräches begründet Beweislast des Versicherungsvermittlers für erteilten Rat
OLG Saarbrücken
Von einem Versicherungsvermittler, der beauftragt wird, einen bestehenden Krankheitskostenschutz preisgünstiger zu gestalten, ist zu erwarten, dass er - regelmäßig durch Vorlage seiner Dokumentation - darlegt, wie er den Versicherungsnehmer über die damit verbundenen Risiken beraten hat. Vermag er keine oder lediglich eine unzulängliche Dokumentation vorzulegen, so trägt er die Beweislast für einen tatsächlich korrekt erfolgten Rat.

Eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG ohne Hinweis auf die Folgen leicht fahrlässigen Handelns ist unzureichend
Brandenburgisches Oberlandesgericht
1. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG in der Fassung vom 23. November 2007 fordert inhaltlich eine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung. Die in einem Antragsformular enthaltene Belehrung: „Verletzen Sie diese vorvertragliche Anzeigepflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig, kann der Versicherer je nach Verschuldungsgrad vom Vertrag zurücktreten, ihn anfechten oder kündigen und gegebenenfalls Leistungen verweigern" ist zumindest missverständlich, da in ihr der Eindruck erweckt wird, dass die dargestellten Rechtsfolgen des Rücktritts, der Anfechtung oder Kündigung bzw. der Verweigerung von Leistungen nur bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht eintreten können. Dem Antragsteller wird durch die in dem Antragsformular aufgenommene Belehrung somit der unzutreffende Eindruck vermittelt, die genannten Rechtsfolgen seien von einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Anzeigepflicht abhängig, während die nur leicht fahrlässige Verletzung folgenlos bleibt.
2. Voraussetzung für eine Anzeigeobliegenheit bei Antragstellung ist, dass der Versicherungsnehmer die bei ihm nach Eintritt des Versicherungsfalls diagnostizierten Beeinträchtigungen von sich aus ohne Vorliegen einer ärztlichen Diagnose als Störung seiner Gesundheit, hier der Psyche, und nicht als bloße Befindlichkeitsstörung qualifizieren musste, der Versicherungsnehmer sich also bei Ausfüllen des Antragsformulars des Krankheitswerts der Beschwerden bewusst gewesen ist.

Das Sonderkündigungsrecht für langfristige Alt-Versicherungsverträge fängt ab dem 01.01.2008 an zu laufen
Amtsgericht Eschweiler
Der Versicherungsnehmer eines vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Versicherungsvertrages mit einer Laufzeit von mindestens 5 Jahren hat kein Sonderkündigungsrecht zum Schluss des 3. Jahres. Für solche Altverträge gilt die durch die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes eingeführte 3-jährige Höchstvertragsdauer erst seit Inkrafttreten der neuen Regelungen und damit seit dem 01.01.2008. Hierfür spricht bereits die grammatikalische Auslegung der Übergangsvorschriften, wonach auch Fristen, wenn die neuen Regelungen kürzere Fristen vorsehen, diese kürzeren Fristen vom 01.01.2008 an berechnet werden. Bei der Höchstvertragsdauer handelt es sich um eine solche Frist im Rechtssinne. Zudem entspricht es einem interessengerechten Ausgleich zwischen dem Reformziel des Verbraucherschutzes und dem schutzwürdigen Vertrauen des Versicherers in den Bestand der früheren Gesetzeslage, die 3-Jahres-Frist erst ab Inkrafttreten der Reform zu berechnen.

Leistungsverfügung setzt vorrangige erfolglose Beantragung von Sozialhilfe voraus
OLG Koblenz
1. An die Zulässigkeit einer Leistungsverfügung sind besonders strenge Anforderungen zu stellen. So muss der Verfügungskläger dringend auf die sofortige Erfüllung angewiesen sein; die vom Verfügungsbeklagten geschuldete Leistung muss, soll sie ihren Sinn nicht verlieren, so kurzfristig zu erbringen sein, dass das Abwarten eines Titels in der Hauptsache nicht mehr möglich erscheint; die dem Verfügungskläger aus der Nichtleistung drohenden Nachteile müssen im Vergleich zu den Nachteilen für den Verfügungsbeklagten unverhältnismäßig groß, ja sogar irreparabel sein; es muss weiterhin eine hohe, an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen des Verfügungsklägers im Hauptsacheverfahren gegeben sein.
2. Bei einer Geldleistungsverfügung ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Anordnung einer Sicherheitsleistung zwangsläufig ausscheidet; erweist sich die Maßnahme später als unrechtmäßig, so wird der Antragsteller wegen seiner Notlage nicht zur Erstattung erbrachter Zahlungen in der Lage sein.
3. Kein Verfügungsgrund besteht, wenn lediglich vermögensrechtliche Nachteile drohen. Eine Befriedigungsverfügung zwecks Abwendung von Überschuldung und Insolvenz ist nicht statthaft.
4. Der Verfügungsgrund kommt nur für künftigen Notunterhalt in Betracht; für Rückstände scheidet er aus. Auch bei der Leistungsverfügung kann es allein um die Sicherung der gegenwärtigen oder künftigen Prozessstellung zum Zwecke der Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung durch das Hauptsacheverfahren gehen, nicht dagegen um Befriedigung oder Rechtsdurchsetzung mittels des summarischen einstweiligen Verfügungsverfahrens.
5. Eine einstweilige Verfügung auf Zahlung als Befriedigungsbefriedigung kommt nur bei einer existenziellen Notlage in Betracht. Die wirtschaftliche Notlage ist nach den Regelsätzen der Sozialhilfe (Arbeitslosengeld II) zu beurteilen. Wo Sozialleistungen wie Sozialhilfe (Arbeitslosengeld II) in Betracht kommen, muss der Antragsteller sich hierauf verweisen lassen.

Unwirksamkeit der Rechtsfolgenregelungen vertraglicher Obliegenheiten, wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung keinen Gebrauch gemacht hat
OLG Köln
1. Die vereinbarte Rechtsfolgenregelung der Obliegenheitsverletzung in § 11 Nr. 2 VGB 88 wird unwirksam, wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung nach Artikel 1 Abs. 3 EGVVG keinen Gebrauch gemacht hat.
2. Der Versicherer kann sich in diesem Fall nicht auf (teilweise) Leistungsfreiheit berufen; ein Leistungskürzungsrecht ergibt sich auch nicht aus § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG.
3. Auf grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 81 Abs. 2 VVG oder Gefahrerhöhung nach den §§ 23 ff. VVG kann sich der Versicherer weiterhin berufen.

§ 215 Abs. 1 S. 1 VVG gibt dem klagenden Abtretungsempfänger des Versicherungsnehmers keinen Gerichtsstand
AG Kiel
1. Ein im Wege der Abtretung neuer Gläubiger kann nicht am Wohnort des Versicherungsnehmers Klage erheben (so auch: Klimke in: Prölss/Martin, 28. Aufl. (2010), § 215 VVG, Rn. 21; hingegen a.A.: Looschelders in: Münchener Kommentar, 1. Aufl. (2009), § 215 VVG, Rn. 24 f.; Looschelders/Heinig, JR 2008, 265). § 215 Abs. 1 S. 1 VVG ist nämlich nicht auf einen Abtretungsempfänger anzuwenden, der nur eine einzelne Forderungen aus dem Versicherungsvertrag erworben hat, ohne dem Versicherungsnehmer insgesamt in dessen Stellung als Vertragspartner nachzufolgen (Klimke in: Prölss/Martin, 28. Aufl. (2010), § 215 VVG, Rn. 21).
2. Auch aus der Rechtsnachfolge in die Forderung folgt dies nicht: Der Gerichtsstand des § 215 Abs. 1 S. 1 VVG rechtfertigt sich nicht mit einer von der Person des Gläubigers unabhängigen Beschaffenheit der Forderung, auf die sich auch ein neuer Gläubiger berufen kann, sondern gerade mit dem (höchstpersönlichen) Interesse des Versicherungsnehmers an der Durchführung des Rechtsstreits an seinem eigenen jeweiligen Wohnort (Klimke in: Prölss/Martin, 28. Aufl. (2010), § 215 VVG, Rn. 21; vgl. auch OLG München NJOZ 2009, 1210 zu § 29c ZPO: Kein Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers für Klageerhebung durch Abtretungsempfänger nach Abtretung vom Verbraucher). Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 215 VVG, die allein auf den Versicherungsnehmer (teilweise sogar nur auf den Versicherungsnehmer als Verbraucher) abstellt, aber nicht auf einen Dritten als Inhaber von Rechten, die zuvor dem Versicherungsnehmer zugestanden haben (vgl. BT-Drs. 16/3945, S. 117). Der Gesetzgeber hatte ausschließlich eine Stärkung des prozessualen Rechtsschutz des Versicherungsnehmers (oder gar nur des Versicherungsnehmers als Verbrauchers) in den Blick genommen. Dagegen ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht, dass auch Rechtsnachfolger in die „Gunst" des Gerichtsstandes am Wohnsitz des Versicherungsnehmers kommen sollten.
3. Aus § 215 Abs. 1 S. 1 VVG ergibt sich auch nicht, dass es einen prozessualen Schutz für den Abtretungsempfänger mit sich bringt, wenn er zur Klageerhebung am Wohnsitzgericht des Versicherungsnehmers berechtigt sein soll. Denn das Wohnsitzgericht des Versicherungsnehmers und das Wohnsitzgericht des Abtretungsempfängers fallen nicht notwendigerweise örtlich zusammen. Dieses für den Abtretungsempfänger aus seiner Sicht unter Umständen wohnortfremde Gericht würde zufällig wirken, ohne dass hierfür ein Schutzzweck zugunsten des Abtretungsempfängers erkennbar wird. Der Schutz vor ortsfremder Inanspruchnahme wird von § 215 Abs. 1 S. 1 VVG jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Abtretungsempfänger die Klage an einem wohnsitzfremden Gericht erheben kann.
4. Demnach fällt die Zweckrichtung des § 215 Abs. 1 S. 1 VVG bezüglich des Gerichtsstandes am Wohnsitzgericht des Versicherungsnehmers mit einem Gläubigerwechsel an den Abtretungsempfänger weg.

Rechtsfolgenbelehrung einer Obliegenheitsverletzung kann auch in der Schadenanzeige erfolgen - zur „gesonderten Mitteilung" iSd § 28 Abs. 4 VVG n.F.
LG Nürnberg-Fürth
Die Einbettung des Hinweises auf die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung in die Schadenanzeige steht der Annahme der gesetzlich vorgeschriebenen „gesonderten" Mitteilung i.S.d. § VVG § 28 Absatz 4 VVG nicht entgegen.

Fehlendes oder unzureichendes Dokumentationsberatungsgespräch begründet Beweislast des Versicherungsvermittlers für erteilten Rat
OLG Saarbrücken
Von einem Versicherungsvermittler, der beauftragt wird, einen bestehenden Krankheitskostenschutz preisgünstiger zu gestalten, ist zu erwarten, dass er - regelmäßig durch Vorlage seiner Dokumentation - darlegt, wie er den Versicherungsnehmer über die damit verbundenen Risiken beraten hat. Vermag er keine oder lediglich eine unzulängliche Dokumentation vorzulegen, so trägt er die Beweislast für einen tatsächlich korrekt erfolgten Rat.

Eine Antragsablehnung wegen Vorerkrankung ist keine Benachteiligung wegen Behinderung im Sinne des AGG
OLG Karlsruhe
1. a) Für die Frage, ob eine Behinderung im Sinne des AGG vorliegt, ist der sozialrechtliche Begriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX heranzuziehen. Entscheidend ist, ob sich ein Mensch in einem so definierten Zustand befindet.
b) Hiervon ist die Ursache dieses Zustandes (die zugrunde liegende Krankheit) zu unterscheiden. Krankheit und Behinderung sind nicht gleichzusetzen.
2. a) Eine unmittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG liegt nur dann vor, wenn das Verhalten daran angeknüpft wird, dass sich der Betroffene in einem § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX entsprechenden Zustand befindet. Hierfür genügt es regelmäßig nicht, wenn an eine Krankheit angeknüpft wird.
b) Berücksichtigt ein Versicherungsunternehmen bei seiner Entscheidung über eine privatrechtliche Versicherung eine Krankheit, die die Ursache für eine Behinderung ist, kann darin eine mittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG liegen.
3.a) Für eine Ungleichbehandlung bei einer privatrechtlichen Versicherung stellt § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG die allgemeine Rechtsfertigungsnorm dar, die geringere Anforderungen an eine Rechtfertigung stellt, als § 20 Abs. 2 Satz 1 AGG.
b) § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG greift auch ein, wenn ein Versicherungsunternehmen einen Vertragsabschluss ganz ablehnt.
c) Fehlt es aus nachvollziehbaren Gründen an ausreichenden statistischen Grundlagen, genügt es zur Rechtfertigung nach § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG, wenn die Entscheidung des Versicherers auf anderen, vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen beruht, die mit dem zu versichernden Risiko korrelieren.

Versicherungsteuer verletzt weder EU-Recht noch Art. 19 Abs. 4 GG
FG München
1. Dem Versicherungsnehmer steht gegen die öffentlich-rechtliche Wirkung der Versicherungsteuer-Anmeldung uneingeschränkt der finanzgerichtliche Rechtsweg offen. Der Versicherungsnehmer, der Schuldner der Versicherungsteuer im Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist, ist zur Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Änderung der Versicherungsteuer-Anmeldung und auch zur Anfechtung der Steueranmeldung berechtigt .
2. Die Erhebung der Versicherungsteuer verstößt nicht gegen EU-Recht, insbesondere nicht gegen Art. 401 MwstSystRL ff . Die Gemeinsamkeit der Versicherungsteuer mit der Umsatzsteuer beschränkt sich auf deren beider Rechtsnatur als Verkehrsteuer .
3. Der Versicherungsumsatz ist von der Umsatzsteuer befreit .
4. Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. II B 86/10).

Einsatz einer Kapitallebensversicherung für die Prozesskosten
BGH
1. Die Prozesspartei hat eine Kapital-Lebensversicherung grundsätzlich vor Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe für die Prozesskosten einzusetzen. Hierfür kommt auch eine - teilweise - Verwertung durch Beleihung in Betracht.
2. Der Prozesskostenhilfe-Antragsteller hat die Umstände dafür darzulegen, dass der Einsatz der Lebensversicherung ausnahmsweise unzumutbar ist.
3. Zu den Voraussetzungen einer Unzumutbarkeit wegen unzureichender Altersvorsorge.

Kürzung der Versicherungsleistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmer entsprechenden Verhältnis - keine Einstiegsquote von 50%
LG Nürnberg-Fürth
1. Das Gericht schließt sich hinsichtlich der Leistungskürzung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis der wohl überwiegend vertretenen Ansicht an, dass sich eine sog. Einstiegsquote von 50%, um die sich das konkrete Verschulden ranken soll, dem Gesetz nicht entnehmen lässt.
2. - Wenn der VN die Frage nach nicht reparierten Schäden verneint, die Frage nach reparierten Vorschäden bejaht und die Höhe dieses Schaden mit ca. 108 € angegeben hat,
-wenn der VN aber einen Vorschaden hatte, der nach einem Kostenvoranschlag Reparaturkosten in Höhe von deutlich mehr als 1000 € gehabt hat,
>liegt objektiv eine Verletzung der Auskunftsobliegenheit vor,
>ist die Berichtigung der falschen Angabe rechtlich ohne Bedeutung, wenn der VN sich zu dem fraglichen Vorschaden erst erklärt hat, nachdem er durch den Versicherer dazu aufgefordert worden ist.
>hat der VN die Auskunftsobliegenheit grob fahrlässig verletzt (mit Hinweisen auf die relative Höhe dieses Vorschadens und seine zeitliche Nähe zu dem jetzigen VersFall),
>ist eine Leistungskürzung um 20% angemessen,
da der verschwiegene Vorschaden unter den vorliegenden Umständen dem VN beim Ausfüllen der Schadenanzeige leicht entfallen sein konnte,
da sich die dem VN vorgeworfenen Obliegenheitsverletzung in einem einmaligen Tun erschöpfte,
da der VN mit der vollständigen Übersendung aller relevanten Unterlagen zur Aufklärung der Obliegenheitsverletzung beigetragen hat.

Für die Beratung im Rahmen einer Vertragsanbahnung kann die Übergabe von schriftlichen Informationen zum Vertrag genügen
LG Düsseldorf
Es ist Sache des Versicherungsnehmers, selbst zu beurteilen, ob der abzuschließende Vertrag seinen Bedürfnissen und finanziellen Fähigkeiten entspricht. Statt einer mündlichen Aufklärung genügt es in diesem Zusammenhang, wenn ein entsprechendes Prospekt überreicht wird, welches die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich vermittelt.

Anspruch der Partei auf Ladung und mündliche Befragung eines Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens
BGH
Dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens hat das Gericht grundsätzlich zu entsprechen, auch wenn es das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Ein Verstoß gegen diese Pflicht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör und führt im Rahmen des § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Kein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren
BGH
Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbstständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.

 

Zur Wahrung der „gesonderten Mitteilung in Textform" nach § 24 Abs. 4 VVG
OLG Karlsruhe
Dem Formerfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" in § 28 Abs. 4 VVG ist genügt, wenn sich der Hinweis auf die Leistungsfreiheit hervorgehoben durch Fettdruck und versehen mit einem besonderen optischen Hinweis durch einen schwarzen Keil unter der Überschrift "Belehrung über die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers" auf der letzten Seite des Schadenanzeigeformulars befindet und vom Unterschriftenfeld lediglich durch eine ebenfalls drucktechnisch hervorgehobene "Schlusserklärung" getrennt ist.

Anforderungen an die formellen Voraussetzungen der Belehrungspflicht nach § 19 Abs. 5 VVG n.F.
LG Köln
1. Es kann offen bleiben, ob die Wendung "gesonderte Mitteilung" so zu verstehen ist, dass die Belehrung auf einem vom Antragsformular verschiedenen eigenen Schriftstück zu erfolgen hat oder ob die Belehrung auf dem Antragsformular ausreicht, wenn sie nur deutlich abgesetzt oder sonst hervorgehoben ist.
2. Entscheidend für die Frage, wann die Anforderungen des Gesetzes als erfüllt angesehen werden können, sind nicht formale Kriterien, sondern der Sinn und Zweck der Regelung, der hier im Schutz des Versicherungsnehmers liegt (amtliche Begründung, BT-Drucks. 16/3945, 65 f.). Zur Verwirklichung dieses Schutzes muss nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers die Belehrung so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss erfolgen, dass der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht noch erfüllen kann (BT-Drucks. 16/3945, 66). Das kann nach Auffassung des Gerichts nur dadurch hinreichend sichergestellt werden, dass ein in Schrifttype und/oder -farbe hervorstechender Hinweis in räumlichem Zusammenhang entweder mit den Gesundheitsfragen oder jedenfalls mit der Unterschriftsleiste (so LG Dortmund VersR 2010, 58 ff.) die rechtzeitige Kenntnisnahme des Versicherungsnehmers gewährleistet. Denn in aller Regel füllt nicht der Versicherungsnehmer das Antragsformular selbständig aus. Vielmehr füllt regelmäßig der Vermittler oder Makler das Formular nach den Angaben des Versicherungsnehmers aus und legt es ihm dann zur Durchsicht und Unterschrift vor. Dass der Versicherungsnehmer dabei den Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtversetzung bemerkt, ist nur dann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, wenn dieser Hinweis sich vom sonstigen Textbild unterscheidet und so deutlich abzeichnet, dass er beim ersten Blick ins Auge fällt.
3. Ein Antragsformular entspricht diesen Anforderungen nicht, wenn die Ausführungen "Wichtige Hinweise zur Anzeigepflicht" weder in räumlichem Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen noch mit der Unterschriftsleiste stehen. Dies ist dann der Fall, wenn sie sich auf der Rückseite des zugeklappten Formulars, also auf seiner letzten Seite und damit an einer Stelle, die dem Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen bzw. bei der Durchsicht des Formulars und bei der Leistung seiner Unterschrift zwangsläufig verborgen ist, befinden.
4. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob den eben angeführten Anforderungen an die gesonderte Mitteilung dadurch Genüge getan werden kann, dass sich in räumlichem Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen (oder ggf. mit der Unterschriftsleiste) lediglich ein Verweis auf die Hinweise zur Anzeigepflicht befindet, wenn die Hinweise selbst an einer anderen Stelle des Formularvordrucks zu finden sind. Denn jedenfalls könnte ein solcher Verweis allenfalls dann den Erfordernissen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG genügen, wenn er selbst sich in Schrifttype, -größe und/oder -farbe deutlich vom sonstigen Textbild abhebt.

Voraussetzung für eine „gesonderte Mitteilung in Textform" gem. § 19 Abs. 5 VVG nF. ist ein weiteres Schriftstück
Landgericht Baden-Baden
1. Gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG stehen dem Versicherer die Rechte aus § 19 Abs. 2 bis 4 VVG nur zu, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.
2. Eine gesonderte Mitteilung setzt voraus, dass dem Antragsteller neben dem eigentlichen Fragenkatalog ein weiteres Schriftstück zugeht, in dem ausschließlich die erforderliche Belehrung enthalten ist.

Zur Berechnung der Leistungskürzung bei gleichzeitigem Vorliegen mehrfacher Obliegenheitsverletzungen
LG Dortmund
In Fällen, in denen mehrere Obliegenheitsverletzungen mit unterschiedlichem Kausalitätsumfang zu berücksichtigen sind, verbietet sich bei der Bestimmung der Kürzungsquote jede schematische Lösung. In diesen Fällen ist eine Leistungskürzung zu bestimmen, die auf einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände beruht, um so den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht werden zu können.

Form der Belehrung über Widerrufsrecht
LG Kassel
1. Eine Widerrufsbelehrung ist in drucktechnisch deutlicher Form im Sinne des § 5 a VVG erfolgt, wenn in einem fortlaufend optisch neutral gehaltenen Fließtext die Belehrung in einem eigenen Absatz erfolgt, der als einziger Absatz durch Unterstreichung des Textes deutlich gegenüber dem anderen Text hervorgehoben wird.
2. Für das Versicherungsvertragsrecht gilt nicht die Musterbelehrung nach der BGB-InfoV, sondern die der VVG-InfoV. Dieser Musterbelehrung ist fakultativ und stellt lediglich sicher, dass ihre Anwendung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Den Versicherern bleibt es unbenommen, eine andere Form der drucktechnisch deutlichen Form zu wählen, wie z. B. Sperrschrift, Fettdruck, farbliche Gestaltung oder andere Mittel - wie hier durch Unterstreichen -, die die Belehrung aus dem übrigen Text herausheben.

Die Regelung des § 12 Abs. 3 VVG a. F. war auch im Jahr 2008 noch anwendbar
LG München
Die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG a. F. konnte zu Ansprüchen aus Altverträgen auch noch im Jahr 2008 gesetzt werden. Dies folgt aus Artikel 1 Abs. 1 EGVVG, nachdem das bis Ende 2007 geltende VVG a. F. auf bis dahin entstandene Versicherungsverhältnisse (Altverträge) bis zum 31.12.2008 anzuwenden ist, soweit in Abs. 2 und den Artikeln 2 bis 6 EGVVG nichts anderes bestimmt ist. Etwas anderes folgt nicht aus Artikel 1 Abs. 4 EGVVG, der nur im Jahre 2007 gesetzte Klagefristen regelt und der in Artikel 1 Abs. 1 EGVVG nicht als Bestimmung genannt wird, nach der das VVG a. F. nicht über den 31.12.2007 hinaus zur Anwendung kommen soll.

Keine Belehrungspflicht über Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung bei Arglist
LG Dortmund
1. Zur Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Obliegenheitsverletzung in der Fahrzeugversicherung, wenn der Versicherungsnehmer die Frage nach der Betroffenheit von früheren Entwendungen verneint, wegen einer früheren vorgetäuschten Entwendung verurteilt worden war, wobei dieses Urteil nach den Angaben des Versicherungsnehmer falsch gewesen sei, weil der PKW tatsächlich entwendet wurde.
2. Handelt der Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Fragen arglistig, so kommt es auf eine ggf. nicht ordnungsgemäße Belehrung nicht an ( hier: Gleichzeitige Übersendung von Belehrungen nach altem und neuen Recht).

Versicherer darf sich nach Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen, wenn Verjährung nur deshalb eingetreten ist, weil der Versicherer pflichtwidrig ein von ihm eingeholtes Gutachten nicht dem Versicherungsnehmer zur Verfügung gestellt hat
LG Dortmund
1. Gibt ein Versicherer pflichtwidrig ein von ihm im Rahmen der Leistungsprüfung eingeholtes Gutachten nicht an den VN heraus, kann er nach Treu und Glauben gehindert sein, sich gegenüber dem Anspruch auf die Versicherungsleistung auf Verjährung zu berufen.
2. Das pflichtwidrige Unterlassen der Herausgabe muß dabei für den Eintritt der Verjährung kausal sein. Dies ist zumindest dann nicht der Fall, wenn das Gutachten noch etwa ein halbes Jahr vor Ablauf der Verjährungsfrist herausgegeben wird.

Klage nach Ablehnung der vorgerichtlichen Begutachtung durch medizinischen Sachverständigen des gegnerischen Haftpflichtversicherers ist nicht mutwillig
KG
Prozesskostenhilfe kann einer klagenden Partei nicht schon deshalb versagt werden, weil sie vorgerichtlich die Begutachtung durch einen von der beklagten Haftpflichtversicherer des Unfallgegners beauftragten medizinischen Sachverständigen abgelehnt hat. Eine Klage trotz einer solchen Ablehnung ist nicht „mutwillig" im Sinne des § 114 ZPO.

§ 215 VVG n.F. ist auch für bereits im Jahr 2008 eingetretene Versicherungsfälle anzuwenden, so dass der Gerichtsstand am Wohnsitz des Antragstellers begründet ist
OLG Koblenz
1. Bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit ist § 215 VVG 2008 auch für bereits im Jahr 2008 eingetretene Versicherungsfälle anzuwenden, so dass der Gerichtsstand am Wohnsitz des Antragstellers begründet ist.
2. Bei § 215 VVG 2008 handelt es sich um die Bestimmung eines weiteren Gerichtsstandes für Klagen aus dem Versicherungsvertrag und damit in der Sache um eine Vorschrift des Prozessrechts und nicht des materiellen Versicherungsrechts. Bezüglich der zeitlichen Geltung prozessrechtlicher Bestimmungen gilt, dass Prozessrecht grundsätzlich in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist; im Gegensatz zum materiellen Recht, dessen Anwendung durch Übergangsregelungen gesteuert wird, sind Übergangsregelungen im Verfahrensrecht unüblich.
3. Eine Übergangsvorschrift, welche die Fortgeltung des § 48 VVG a.F. anordnet und das Inkrafttreten des § 215 VVG 2008 hinausschiebt, ist entgegen vielfach vertretener, jedoch jeweils nicht tragfähig begründeter Auffassung nicht in Art. 1 EGVVG zu sehen. Diese Bestimmung ordnet für eine begrenzte Zeit die Anwendung alten Rechts auf Versicherungsverhältnisse an, die vor dem 1.1.2008 entstanden sind. Die prozessuale Rechtsdurchsetzung wird damit schon vom Wortlaut nicht erfasst. Auch die verschiedenen Sonderregeln in Art. 1 Abs. 2 bis 4 und Art 2 bis 6 EGVVG zeigen, dass der Gesetzgeber keine umfassende Weitergeltung des alten Rechts anordnen wollte. Es ist vielmehr eine differenzierende Betrachtung geboten. Entscheidend ist dabei, dass der Zweck der intertemporalen Kollisionsnormen - die Gewährung eines gewissen Vertrauensschutzes - im Fall des § 215 VVG n. F. nicht zutrifft. Ein Vertrauen in den Fortbestand der alten Gerichtsstandsregelung erscheint nicht schutzwürdig. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 215 VVG 2008 richtet sich somit allein nach Art. 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, wonach das neue VVG am 1.1.2008 in Kraft tritt. Die Vorschrift ist daher auf alle ab dem 1.1.2008 erhobene Klagen anwendbar (Langheid/Wandt/Looschelders VVG § 215 Rdn. 38 - 40; Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss v. 23.9.2008 Az: 5 W 220/08).

Auf Altfälle findet das VVG in seiner alten Fassung insgesamt zeitlich unbegrenzt Anwendung
OLG Nürnberg
§ 215 VVG ist bei Altfällen nicht anwendbar. Auf Altfälle findet das VVG in seiner bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung zeitlich unbegrenzt Anwendung. Auf den Zeitpunkt der Klageerhebung kommt es nicht an.

Auf Altfälle findet das VVG in seiner alten Fassung insgesamt zeitlich unbegrenzt Anwendung
OLG Düsseldorf
§ 215 VVG ist bei Altfällen nicht anwendbar. Auf Altfälle findet das VVG in seiner bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung zeitlich unbegrenzt Anwendung. Auf den Zeitpunkt der Klageerhebung kommt es nicht an.

§ 12 Abs. 3 VVG a.F. kann keine Verkürzung der Beschwerdefrist im PKH-Bewilligungsverfahren (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) zu Lasten der bedürftigen Partei entnommen werden (Abweichung von OLG Nürnberg, 18. Januar 2010, 8 U 791/09 und OLG Celle, VersR 2006, 101)
OLG Stuttgart
1. Aufgrund der Anzeigepflicht gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. hat der künftige Versicherungsnehmer die in einem Versicherungsantragsformular gestellter Fragen nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Er darf sich daher bei seiner Antwort weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken noch sonst eine wertende Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen. Denn schon nach gewöhnlichem Sprachgebrauch wird der Befragte unter Störungen oder Beschwerden eine Gesundheitsbeeinträchtigung von (noch) geringerer Intensität verstehen, als dies beim Vorliegen einer Krankheit oder eines Schadens der Fall ist. Doch findet diese weit gefasste Pflicht zur Offenbarung ihre Grenze bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen (BGH RuS 2003, 336 ff.; BGH VersR 1994, 711 ff.).
2. Gab es bei dem Versicherungsnehmer in der Zeit vor Antragstellung bis zu vier Phasen der Erschöpfung und Niedergeschlagenheit, verbunden mit Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Unruhezuständen, wobei dies jeweils Reaktionen auf Belastungen durch die familiäre Situation waren, handelte es sich dabei aber nicht um depressive Episoden und war die Versicherungsnehmerin deswegen weder in ärztlicher Behandlung noch nahm sie Medikamente, ist nachvollziehbar, dass die Versicherungsnehmerin diese jeweils anlassbezogenen und familiär bedingten (Trennung des Ehemanns) Beeinträchtigungen nicht als Auffälligkeiten wertete; sondern davon ausging, es handle sich um Beschwerden vorübergehender Natur.
3. Der Versicherungsnehmer darf in einem solchen Fall berechtigterweise davon ausgehen, dass es sich bei den zeitweilig aufgetretenen Beschwerden lediglich um Beeinträchtigungen seines Wohlbefindens handelte, die alsbald vergehen und für die Risikoabschätzung der Beklagten offenkundig ohne Belang sind.

Parteivernehmung und Anhörung der Partei über Inhalt eines Vier-Augen-Gespräches setzt entsprechenden prozessualen Antrag voraus
OLG Oldenburg
1. Das Gericht ist nicht verpflichtet, zu dem umstrittenen Inhalt eines Vier-Augen-Gesprächs neben dem Zeugen der Gegenpartei von Amts wegen auch die Partei nach § 448 ZPO zu vernehmen oder nach § 141 ZPO anzuhören. Es bedarf vielmehr eines entsprechenden Antrages der Partei.
2. Wird der Antrag erstmals in der Berufungsinstanz gestellt, so handelt es sich um ein neues Beweismittel, das den Schranken des § 531 Abs. 2 ZPO unterliegt.

Wahrung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. durch fristgerechtes Einreichens eines Antrags auf PKH beim sachlich unzuständigen Gericht (hier OLG statt LG)
OLG Stuttgart
1. Ein PKH-Antrag ist grundsätzlich geeignet, die Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG a. F. zu wahren
2. Dass der PKH-Antrag zunächst beim Oberlandesgericht eingereicht hat, schadet bei der Auslegung der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. nicht. Die bei einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht eingereichte Klage wahrt nach ständiger Rechtsprechung die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. Auch die versehentliche Einreichung bei einem sachlich unzuständigen Gericht - hier beim Oberlandesgericht Stuttgart, statt beim Landgericht Stuttgart (§§ 119 Abs. 2, 71 Abs. 1 GVG) - ändert hieran ebensowenig etwas wie der Umstand, dass eine Verweisung gem. § 281 ZPO vom Oberlandesgericht an das Landgericht nicht möglich ist. Die Rechtsprechung unterscheidet zu Recht nicht zwischen sachlicher Unzuständigkeit gleichgeordneter oder der sachlichen Unzuständigkeit über- und untergeordneter Gerichte. Selbst die im falschen Gerichtszweig erhobene Klage reicht zur Wahrung von materiellrechtlichen Ausschlussfristen aus, wie §§ 17a, 17b GVG, § 48 Abs. 1 ArbGG, § 83 VwGO und § 98 SGG zu entnehmen ist. Für den PKH-Antrag gilt nichts anderes.
3. Die Klägerin durfte nach Zurückweisung ihres Prozesskostenhilfegesuchs die vom Gesetz gem. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingeräumte Beschwerdefrist von einem Monat ausschöpfen.

 

Füllt die Gefahrperson auf Verlangen des Versicherers eine Gesundheitsauskunft aus, handelt er als Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers, so dass sich letzterer eine arglistige Täuschung des Wissenserklärungsvertreters zurechnen lassen muss (Heino Fall)
OLG Köln
1. Verlangt der Versicherer im Rahmen der Antragsprüfung, dass der Versicherungsnehmer (hier: Konzertveranstalter) eine Gesundheitsauskunft der Gefahrperson (hier: Heino) einreicht, handelt die Gefahrperson beim, Ausfüllen dieser Auskunft als Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers.
2. Denn bei der in solchen Fällen vorzunehmenden wertenden Betrachtung der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, NJW 2001, 358) genügt es, dass das Ausfüllen mit Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers erfolgte. In diesem Fall muss sich der Versicherungsnehmer das Verhalten der Gefahrperson als dessen Hilfs- und Vertrauensperson zuzurechnen lassen. Die Gefahrperson kann dann nicht mehr nur als außenstehender Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB betrachtet werden.
3. Unter einem "Betrauen" durch den Versicherungsnehmer hat man sich keinen formalen Rechtsakt vorzustellen. Es muss weder eine förmliche Bevollmächtigung noch eine ausdrückliche Beauftragung vorliegen. Ausreichend ist, dass der Wille des Versicherungsnehmers zutage tritt, der andere solle für ihn etwas erklären (Felsch in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, § 28 Rn. 115). Dieser zumindest schlüssig erklärte Wille ist im Anschluss an die Aufforderung, der Versicherungsnehmer möge die für die Risikoabschätzung als unverzichtbar bezeichnete Gesundheitserklärung vorlegen, mit Abgabe eben dieser Erklärung durch die Gefahrperson zu Tage getreten.

Kollusives Zusammenwirken von Versicherungsvertreter und Versicherungsagenten, wenn Versicherungsagent auf Probleme bei der Vertragsannahme für den Fall der Angabe des verschwiegenen Umstands hinweist
OLG Koblenz
1. Die Wissenszurechnung auf dem Gebiet des Versicherungsrechts dient, wie der in § 166 Abs. 1 BGB für das Zivilrecht allgemein geltende Grundsatz der Kenntniszurechnung zum Ausdruck bringt, dem Schutz des redlichen Vertragspartners, jedes künftigen Versicherungsnehmers, dem der Versicherer für den beabsichtigten Vertragsschluss einen zu seiner passiven Stellvertretung bevollmächtigten und damit zur Entgegennahme antragsbezogener Erklärungen ausschließlich zuständigen Versicherungsagenten gegenüberstellt. Danach ist eine Wissenszurechnung nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der künftige Versicherungsnehmer nicht schutzwürdig ist. Das ist der Fall, wenn er mit dem Versicherungsagenten arglistig zum Nachteil des Versicherers zusammenwirkt. Eine solche Kollusion - als besonders schwerer Fall des Vollmachtsmissbrauchs - setzt dabei voraus, dass der Versicherungsnehmer auf die Auskunft des Agenten, eine erhebliche Vorerkrankung sei nicht anzeigepflichtig, nicht vertraut, sondern im Bewusstsein der Anzeigeobliegenheit erkennt und billigt, dass der Versicherer durch das Vorgehen des Agenten über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst wird und er deshalb - im Einvernehmen mit dem Versicherungsagenten - will, dass die betreffende Erkrankung im Antragsformular unerwähnt bleibt (BGH, Urteil vom 27.02.2008 - Az. IV ZR 270/06 m. w. N.).
2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Versicherungsagent dem Versicherungsnehmer nach Schilderung der verschwiegenen Umstände erklärt, dass es bei Aufnahme dieser Erkrankung Schwierigkeiten geben könne, ob der Versicherungsnehmer beim Versicherer eine derartige Versicherung überhaupt erhalten würde. Durch eine solche Aussage ist für den Versicherungsnehmer eindeutig und unzweifelhaft zu erkennen, dass der Versicherer der Mitteilung dieser Erkrankung besonderes Gewicht beimessen würde und dass die Gefahr bestand, dass er bei wahrheitsgemäßer Angabe die gewünschte Versicherung nicht in Deckung bringen würde.
3. Es ist weiterhin offensichtlich, und zwar auch für einen in Versicherungsfragen Unerfahrenen, dass ein Versicherungsagent nicht befugt ist, eigene Entscheidungen darüber zu treffen, ob er beim Ausfüllen eines Antrags auf Abschluss einer Versicherung dem Versicherer Umstände verschweigt, die bei dessen Entscheidung dazu führen können, dass der Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages abgelehnt wird.
4. Damit ist auch offensichtlich, dass der Versicherungsvertreter seine Vollmacht, für den Versicherer zu handeln, zugunsten des Versicherungsnehmers missbrauchte, um den Abschluss des von diesem gewünschten Versicherungsvertrages nicht zu gefährden.

Versicherer darf sich auch bei unzureichender eigener Gesundheitsprüfung auf eine arglistige Täuschung berufen
OLG Köln
Das Unterlassen einer ausreichenden Gesundheitsprüfung durch den Versicherer rechtfertigt eine arglistige Täuschung im Zusammenhang mit der Ausfüllung des Gesundheitsfragebogens nicht. Insoweit darf sich der versicherer auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Antworten auf die hinreichend präzise gestellten Fragen verlassen.

Anwendbarkeit des alten Rechts auf eine vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung bei einer im Jahr 2008 erfolgten Vertragsumstellung
Oberlandesgericht Karlsruhe
Wird ein bestehender Versicherungsvertrag unter „Wahrung seiner Identität modifiziert" und ohne wesentliche Umgestaltung des Vertragsverhältnisses fortgeführt, gilt für Änderungen im Jahre 2008 das „alte" Versicherungsvertragsgesetz.

Auch die Abrechnung eines nicht federführenden Versicherers ist eine abschließende Feststellung im Sinne des § 12 VVG a. F.
OLG Koblenz
Einigen sich zwei Versicherer auf einen gemeinsamen Gutachtenauftrag für einen Versicherungsfall und die federführende Bearbeitung des Versicherungsfalls durch einen der Versicherer bedeutet ein nach abschließender Begutachtung für seine Leistungspflicht ergehender Bescheid auch des nicht federführend gewesenen Versicherers ohne weiteres seine abschließende Feststellung im Sinne von § 12 VVG a. F.. Das weitere Verhalten des anderen Versicherers führt insoweit nicht zu einer Verjährungshemmung.

Erstattung der Reisekosten des „Hausanwalts" des Haftpflichtversicherers einer Partei
OLG Nürnberg
Die Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Hausanwalts eines Versicherers sind auch auf Fälle anwendbar, in denen der Versicherer nicht selbst Partei ist, aber den Rechtsstreit aufgrund seiner Rechtsschutzverpflichtung im Namen des Versicherungsnehmers (bzw. dessen Erben) führt.

Verjährung eines Anspruchs aus „culpa in contrahendo" des Versicherungsvertrags
BGH
Ein Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers aus Verschulden beim Vertragsschluss unterfällt nur dann der Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVG a. F., wenn er wirtschaftlich die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs einnimmt. Das ist nicht der Fall, wenn der Versicherungsnehmer Schadensersatz begehrt, weil er vor Abschluss des Versicherungsvertrags falsch beraten wurde und deshalb einen über seine Bedürfnisse hinausgehenden Versicherungsschutz erhält.

Anforderung an die Belehrungspflicht des Versicherers nach neuem VVG
OLG Brandenburg
1. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG erfordert eine inhaltlich umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Versicherungsnehmers eindeutige Belehrung. Fehlt der Hinweis, dass die Möglichkeit der Kündigung des Versicherungsvertrags auch nur bei einer leicht fahrlässigen oder gar schuldlosen Verletzung gegeben ist, so erfüllt der Hinweis diese Anforderungen nicht.
2. Voraussetzung für eine Anzeigenobliegenheit bei Antragstellung ist, dass sich der Versicherungsnehmer bei Ausfüllen des Antragsformulars des Krankheitswertes der Beschwerden bewusst gewesen ist.

Bei Eintritt des Versicherungsfalls bis zum 31.12.2008 richten sich die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung für Altverträge nach den §§ 16 ff. VVG
LG Dortmund
Die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung bestimmen sich nach den §§ 16 ff. VVG a. F., wenn in einem vor dem 01.01.2008 geschlossenem Versicherungsvertrag (Altvertrag) der Versicherungsfall bis zum 31.12.2008 eingetreten ist.

Leistung des Versicherers an einen Dritten als Erfüllung gegenüber dem Versicherungsnehmer
KG
Überweist der Versicherer die Versicherungssumme auf das Konto eines Dritten, das in dem Versicherungsantrag für die Abbuchung der Beiträge und die Überweisung von Versicherungsleistungen angegeben war, und wurde in der Zahlungsankündigung an den Versicherungsnehmer dieses Konto genannt, ohne dass der Versicherungsnehmer dem widersprochen hat, so ist die Versicherungssumme an den Versicherungsnehmer geleistet. Damit kann der Versicherer diese Leistung nicht vom Dritten aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen, wenn dieser den überwiesenen Betrag nicht an den Versicherungsnehmer weitergeleitet hat.

Beratungspflichten eines Versicherers gegenüber einem Arbeitslosenhilfe beantragenden Versicherungsnehmer
OLG Bamberg
1. Die Beratungspflicht des Versicherers erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Inhalt und Voraussetzungen eines vom arbeitslosen Versicherungsnehmer bei der Arbeitsagentur gestellten Leistungsantrags.
2. Der Versicherer ist auch nicht verpflichtet, dem Versicherungsnehmer "rechtzeitig" eine Vertragsauflösung oder Vertragsumschreibung eines bestehenden Versicherungsvertrages anzuraten, damit dieser in den "Genuss" staatlicher Transferleistungen gelangen kann.

Kein Rechtsmittel gegen die Ablehnung eines weiteren Gutachtens
BGH
Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.

Anzeigepflichtverletzung setzt Kenntnis des Krankheitswertes der Beschwerden voraus
OLG Brandenburg
Voraussetzung für eine Anzeigenobliegenheit bei Antragstellung ist, dass sich der Versicherungsnehmer bei Ausfüllen des Antragsformulars des Krankheitswertes der Beschwerden bewusst gewesen ist.

Besorgnis der Befangenheit wegen Häufung von Verfahrensfehlern
OLG Karlsruhe
1. Der Lauf der Frist zur Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit beginnt frühestens mit seiner Ernennung, weil zuvor eine Ablehnung nicht möglich ist.
2. Die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen kann sich daraus ergeben, dass ihm bei Aufnahme und Auswertung des Sachverhaltes ihm für den Probanden auch bei objektiver Sicht der Dinge in wichtigen Punkten Fehler unterlaufen, die im starken Maße auf mangelnde Sorgfalt deuten.

Schadenszahlungen und Regulierungskosten eines Versicherungsnehmers kein Versicherungsentgelt - Merkmal für ein "Versicherungsverhältnis" i.S. des § 1 Abs. 1 VersStG - Versicherungsteuer als Verkehrsteuer
BFH
Schadenszahlungen und Regulierungskosten, die ein Versicherungsnehmer in der Kfz-Haftpflichtversicherung entsprechend einer mit dem Versicherer getroffenen Vereinbarung selbst trägt, sind kein Versicherungsentgelt i.S. des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 VersStG

Strafbare Abtretung von Provisionsansprüchen eines Versicherungsvertreters
BGH
1. Zu den in § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB der Geheimhaltung unterworfenen Personen gehört auch ein selbständiger Versicherungsvertreter.
2. Bei einer privaten Personenversicherung sind nicht nur die vom Betroffenen preiszugebenden gesundheitlichen Daten geschützt. Auch der Umstand, dass ein Betroffener zur Absicherung bestehender oder künftiger gesundheitlicher Risiken finanzielle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, unterfällt der Geheimhaltungspflicht, da er Auskunft über die persönliche, der Öffentlichkeit nicht zugängliche wirtschaftliche Lebensgestaltung des Versicherungsnehmers gibt.
3. Die Abtretung von Provisionsansprüchen eines Versicherungsvertreters, der Personenversicherungen vermittelt, ist wegen der mit der Abtretung verbundenen Pflicht, dem Zessionar nach § 402 BGB die zur Geltendmachung der abgetretenen Forderung nötigen, jedoch der Geheimhaltung unterworfenen (§ 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB) Auskünfte zu erteilen, nach § 134 BGB nichtig.

Vorvertragliche Anzeigepflicht - Nachfrageobliegenheit des Versicherers
OLG Hamm
Macht der Antragsteller bei der mündlichen Beantwortung von Antragsfragen dem das Antragsformular ausfüllenden Versicherungsvertreter gegenüber erkennbar unvollständige Angaben, so hat der Versicherungsvertreter für die nach der Sachlage gebotenen Rückfragen zu sorgen. Geschieht dies nicht und unterlässt der Versicherer die ihm bei ersichtlich unvollständigen oder unklaren Angaben obliegende Rückfrage, so kann sich dieser nach Treu und Glauben nicht auf die Unvollständigkeiten der Angaben des Antragstellers berufen.

Vorvertragliche Anzeigepflicht beim Maklervertrieb und Kenntniszurechnung bei offener Mitversicherung
LG Hagen
1. Die Fragestellung in Textform ist Voraussetzung für § 19 Abs. 1 VVG; das Gesetz unterscheidet weder zwischen privaten und gewerblichen Versicherungsnehmern, noch danach, ob der Versicherungsnehmer durch Makler beraten wurde.
2. Kenntnis des führenden Versicherers muss sich der Versicherer bei der offenen Mitversicherung zurechnen lassen (§ 166 BGB).

Erfüllungsrückstand wegen Kundenbetreuung bei einem Versicherungsvertreter
BFH
Ein Versicherungsvertreter befindet sich in keinem Erfüllungsrückstand, wenn er sich der Versicherung gegenüber vertraglich nicht verpflichtet hat, die von ihm ermittelten Versicherungsverträge zu betreuen und abzuwickeln .

Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit muss erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen abzinsen
BFH
1. Durch § 21 Abs. 3 KStG 1999 werden nur erfolgsabhängige, nicht aber erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen vom Abzinsungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 ausgeschlossen
2. Ein substitutiver Krankenversicherer in Form eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit muss Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen abzinsen, da sich der körperschaftssteuerrechtliche Ausnahmetatbestand nur auf erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen bezieht. Dies gilt auch dann, wenn davon auszugehen ist, dass dem Rechtsgedanken der Verzinslichkeit bereits dadurch Rechnung getragen wird, dass sowohl in den Fällen der erfolgsabhängigen wie der erfolgsunabhängigen Beitragsrückerstattung der Zinsvorteil nicht beim steuerpflichtigen Versicherungsunternehmen verbleibt, sondern über die Einbeziehung in die Berechnung der Folgejahre den Versicherten wieder zugute kommt.

Keine Beweiserleichterungen für Inhalt des Antragsgespräches bei „erinnerungslosen" Versicherungsagenten, wenn das Antragsgespräch „nur" dreieinhalb Jahre vor der Beweisaufnahme stattfand und der Versicherungsagent zudem nur wenige Verträge vermittelt hat
LG Koblenz
1. Zwar billigt die Rechtsprechung dem Versicherer hinsichtlich der Darlegungsintensität des als Zeugen benannten Versicherungsagenten einige Erleichterungen zu, weil sich die Versicherungsagenten angesichts der Vielzahl von ihnen durchgeführten Antragsaufnahmegespräche und des in vielen Fällen länger zurückliegenden Zeitraums häufig nicht mehr so gut oder nur äußerst lückenhaft an das jeweils streitgegenständlichen Antragsaufnahmegespräch zu erinnern vermögen.
2. Solche Darlegungserleichterungen sind dem Versicherer jedoch dann nicht zuzubilligen, wenn das Antragsaufnahmegespräch nur etwa dreieinhalb Jahre vor dem Beweisaufnahmetermin stattfand und der Versicherungsagent nur wenige solcher Anträge vermittelt hat (hier: ca. 8 pro Monat).

Zur Kündigungsfrist von Altverträgen
AG Düsseldorf
1. Nach § 11 Abs. 4 VVG n. F. kann ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, vom Versicherungsnehmer bereits zum Schluss des dritten und jeden darauffolgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
2. Auf Verträge, die vor dem 1.1.2008 abgeschlossen wurden (Altverträge) ist das Gesetz in der Altfassung bis zum 31.12.2008 anzuwenden. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ab 1.1.2009 neues Recht auf Altverträge anzuwenden ist.

Für die Geltendmachung von Schadensersatz wegen Falschberatung gegenüber Versicherung gelten allgemeine Verjährungsregeln
BGH
1. Die Verjährungsregelung im Versicherungsvertragsgesetz ist nicht auf jedweden Schadensersatzanspruch, den der Versicherungsnehmer auf Verschulden beim Vertragsschluss stützt, anwendbar. Maßgeblich ist, ob der Schadensersatzanspruch wirtschaftlich die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs einnimmt und sich insoweit als "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen" darstellt.
2. Macht der Versicherungsnehmer die Versicherung haftbar, weil er falsch beraten worden sei, begehrt er gerade nicht den Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen. Sein Begehren ist von dem zustande gekommenen Versicherungsvertrag noch weiter entfernt als ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr einer nach Maßgabe des Versicherungsvertrages nicht geschuldeten Leistung, sodass die allgemeinen Verjährungsregeln gelten.

Zur Kündigungsfrist von Altverträgen
AG Düsseldorf
§ 11 Abs. 4 VVG n.F. sieht zwar für Versicherungsverträge, die für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen sind, ein Sonderkündigungsrecht des Versicherungsnehmers nach Ablauf des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres vor. Im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 i.V. m. Abs. 4 EGVVG wird diese dreijährige Frist, nach deren Ablauf das vorzeitige Kündigungsrecht entsteht, bei einem Altvertrag, d.h. einem solchen, der bis zum 01.01.2008 abgeschlossen wurde (vgl. Definition in Art. 1 Abs. 1 EGVVG), jedoch erst ab dem 01.01.2008 berechnet.

Anwendung der sechsmonatigen Klagefrist in "Altfällen"
LG Düsseldorf
In Art 1 Abs. 4 EGVVG hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass bis zum 31. Dezember 2007 in Gang gesetzte Klagefristen über den 1. Januar 2008 hinaus fortlaufen können. Die Intention des Gesetzgebers, die bestehende Rechtsunsicherheit und Diskussion zur analogen Anwendung des Art. 3 Abs. 4 EGVVG mit Art. 1 Abs. 4 EGVVG zu beenden, ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der Begründung des Bundestags-Rechtsausschusses zur Einführung des Abs. 4.

Klagefrist zu § 12 Abs. 3 VVG a. F. konnte bei Altverträgen auch 2008 noch wirksam gesetzt werden
LG Dortmund
1. Bei Ansprüchen aus Altverträgen konnte die Frist des § 12 VVG a. F. auch im Jahr 2008 noch wirksam gesetzt werden.
2. Der Prozessbevollmächtigte verschuldet die Fristversäumnis, wenn das Gericht ihm keine Vorschussanforderung übersendet, weil die Klage auf dem Postweg verloren gegangen ist, und er über einen Zeitraum von 3 Monaten keine Nachfrage erhält.
3. § 12 VVG a. F. ist als Ausschlussfrist materiellen Rechts in zivilprozessualen Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht zugänglich.

Keine demnächstige Zustellung zur Wahrung des Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. wenn Gerichtskosten erst 3 Wochen nach Aufforderung eingezahlt werden
KG Berlin
Die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. ist versäumt und die Zustellung der Klage nicht mehr als "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO anzusehen, wenn zwischen dem Eingang der Anforderung der Gerichtskosten bei der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten und der Erteilung des Überweisungsauftrags drei Wochen liegen. Der Partei ist über den Zeitraum von zwei Wochen hinaus, innerhalb derer ihr nachlässiges Verhalten noch nicht schadet, nicht noch eine weitere Woche für die Überweisung der Gerichtskosten zuzubilligen; nach Eingang der Kostenanforderung darf eine Anweisung am übernächsten Werktag erwartet werden (in Abgrenzung zu OLG Köln VersR 2000, 1485: mindestens eine Woche; OLG Hamm VersR 2004, 362: vier Werktage).

Die Rechtsfolgen einer im Jahr 2007 begangenen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung richten sich bei Rücktrittserklärung des Versicherers im Jahr 2009 nach neuem Recht
LG Köln
Die Rechtsfolgen eines im Jahr 2009 erklärten Rücktritts des Versicherers von einem im Jahr 2007 geschlossenen Versicherungsvertrages, richten sich gemäß Artikel 1 EGVVG, § 19 Abs. 2 VVG, nach neuem Recht. Fehlt es bei der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung an Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers, hätte der Versicherer die Kündigung erklären müssen.

Örtliche Zuständigkeit für Klagen nach dem 1. Januar 2009
KG Berlin
1. Seit dem 1. Januar 2009 kann der Versicherungsnehmer den Versicherer gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG stets am eigenen Wohnsitz verklagen. Das gilt ungeachtet Art. 1 Abs. 2 EGVVG auch dann, wenn ein Altvertrag (Art. 1 Abs. 1 EGVVG) zugrunde liegt und der geltend gemachte Versicherungsfall vor dem 1. Januar 2009 eingetreten ist.
2. Sich für den letztgenannten Fall auf den gegenteiligen Standpunkt zu stellen, lässt eine Verweisungsentscheidung des angerufenen Wohnsitzgerichts des Versicherungsnehmers im Allgemeinen nicht willkürlich erscheinen. Anders liegt es aber dann, wenn der Versicherer dem Kunden im Jahre 2008 einen zu den Vertragsunterlagen zu nehmenden Nachtrag übersandt hatte, der zur Überschrift "Gerichtsstand" ohne Einschränkungen bestimmt, dass der Versicherungsnehmer ab dem 1. Januar 2009 Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auch bei seinem Wohnsitzgericht geltend machen könne, und das Gericht hierzu vor oder bei der Verweisung trotz entsprechenden ausdrücklichen Vorbringens des Klägers keinerlei nähere Überlegungen anstellt.

Hemmung der Verjährung durch Mahnbescheid über Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen setzt genaue Aufschlüsselung der Forderungen voraus
BGH
Die Zustellung eines Mahnbescheides, mit dem ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, hemmt die Verjährung nicht, wenn eine genaue Aufschlüsselung der einzelnen Forderungen unterblieben ist und die Individualisierung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im anschließenden Streitverfahren nachgeholt wird.

Stillschweigendes Zu-Eigen-Machen
BGH
1. Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zueigen.
2. In der Nichtberücksichtigung eines Beweisergebnisses, das sich eine Partei als für sie günstig zueigen gemacht hat, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegen.

Kosten der Anschlussberufung
OLG Koblenz
Der Berufungskläger trägt bei einer Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch die Kosten der Anschlussberufung. Eine Quotelung kommt nicht in Betracht.

Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen des Hinweises des Versicherers nach § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F.
LG Dortmund
1. Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen eines dem Versicherer nach § 19 Abs. 5 S. 1 VVG aufgegebenen Hinweises über die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung
2. Eine Belehrung, die den Eindruck erweckt, dass nur bei Ausübung des Rücktrittsrechts der Versicherungsschutz für Vergangenheit und Zukunft verloren gehen kann und deshalb dem Antragsteller nicht vor Augen führt, dass dieselbe Rechtsfolge auch durch eine rückwirkende Einfügung eines Risikoausschlusses im Wege der Vertragsanpassung eintreten kann, ist unrichtig und verwehrt dem Versicherer die Ausübung der ihm in § 19 Abs. 2 bis 4 VVG eingeräumten Rechte.

Reisekosten des Hausanwalts einer Versicherung können erstattungsfähig sein
OLG Nürnberg
Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Hausanwalts einer Versicherung sind auch auf Fälle anwendbar, in denen die Versicherung nicht selbst Partei ist, aber den Rechtsstreit aufgrund ihrer Rechtsschutzverpflichtung im Namen des Versicherungsnehmers führt.

Umlagefinanzierung der BaFin ist mit den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion vereinbar
Bundesverfassungsgericht
Die Umlage zur Finanzierung der BaFin in den Aufsichtsbereichen Kredit- und Finanzdienstleistungswesen und Wertpapierhandel ist mit den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion vereinbar.

Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen des Versicherers
OLG Frankfurt
Lässt sich der Versicherer nach einer endgültigen Leistungsablehnung wieder auf Verhandlungen ein, so ist die Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB i. V. m. § 12 Abs. 2 VVG a. F. so lange gehemmt, bis der Versicherer erneut schriftlich entschieden hat.

Zur Legitimationswirkung des Versicherungsscheins
LG Dortmund
1. Durch Auszahlung der Versicherungsleistung an den Inhaber des Original-Versicherungsscheins wird der Versicherer von seiner Leistungspflicht frei, wenn zwischen den Parteien eine so genannte Inhaberklausel vereinbart worden ist.
2. Hierbei kommt es nicht darauf an, wer infolge einer Bezugsrechtsänderung einen Anspruch auf die Versicherungsleistung hatte. Denn mit der durch die Inhaberklausel dem Versicherer eingeräumten Berechtigung, an den Inhaber des Versicherungsscheins mit befreiender Wirkung zu leisten, wird der Versicherungsschein zu einem qualifizierten Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB. Die Legitimationswirkung des § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB erstreckt sich auf die vertraglich versprochene Leistung.
3. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Legitimationswirkung des Versicherungsscheins ausnahmsweise dann nicht eingreift, wenn der Versicherer die mangelnde Verfügungsbefugnis positiv kennt oder sonst gegen Treu und Glauben die Leistung bewirkt hat. Ob die Legitimationswirkung auch dann entfällt, wenn der Versicherer die mangelnde Berechtigung des Inhabers aufgrund grober Fahrlässigkeit verkannt hat, ist streitig und vom BGH bisher unentschieden gelassen worden.

Ausschluss für Leistungen bei „carzinoma in situ" ist bei einer „Versicherung bei schweren Krankheiten" (Dread disease) nicht überraschend
OLG Oldenburg
Wird bei einer für den Fall einer Krebserkrankung geschlossenen Versicherung bei schweren Krankheiten in den AVB eine Versicherungsleistung für carzinoma in situ ausgeschlossen, so ist diese Regelung weder überraschend noch unklar.  

Bei Arglist des Versicherungsnehmers sind Gesundheitsdaten auch ohne wirksame Schweigepflichtentbindung verwertbar
BGH
1. Der anlässlich der Beantwortung von Gesundheitsfragen bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig getäuschte Versicherer ist bei einer Anfechtung nach § 123 BGB, § 22 VVG a. F., nicht darauf beschränkt, den abgeschlossenen Versicherungsvertrag insoweit bestehen zu lassen, als er ihn auch ohne die Täuschung abgeschlossen hätte. Vielmehr kann er sich insgesamt vom Vertrag lösen, ohne dass es etwa auf eine Kausalität im Sinne des § 21 VVG a. F. ankäme.
2. Erlangt der Versicherer im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer zu weit gefassten und deshalb unwirksamen Schweigepflichtentbindung (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht, VersR 2006, 1669) Informationen über den Gesundheitszustand des Versicherten, die eine arglistige Täuschung durch die unrichtige Beantwortung von Gesundheitsfragen bei der Anbahnung des Versicherungsvertrages aufdecken, führt dies nicht in jedem Fall zur Unverwertbarkeit dieser Erkenntnisse. Vielmehr kann die insoweit gebotene Güterabwägung ergeben, dass der Versicherer weder unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) an der Anfechtung, noch wegen eines prozessualen Verwertungsverbots an der Einführung der gewonnenen Erkenntnisse in einen Rechtsstreit gehindert ist.

Die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung bestimmen sich nach §§ 16ff. VVG a.F., wenn in einem vor dem 1. Januar 2008 geschlossenen Versicherungsvertrag (Altvertrag) der Versicherungsfall bis 31. Dezember 2008 eingetreten ist
LG Dortmund
1. Gem. Art 1 Abs. 1 EGVVG findet das "alte" VVG bis zum 31.12.2008 auf Versicherungsverträge Anwendung, die bis zum Inkrafttreten des VVG 2008 -1.1.2008- entstanden sind (Altverträge). Die Ausnahmen hierzu sind in den Abs. 2 bis 6 des Art. 1 EGVVG geregelt, wovon der auch von der Klägerin herangezogene Art. 1 Abs. 2 EGVVG für den vorliegenden Rechtsstreit einschlägig ist. Danach findet auch über den 31.12.2008 hinaus das "alte" VVG insoweit weiterhin Anwendung, als ein Versicherungsfall bis zum 31.12.2008 eingetreten ist. In der amtlichen Gesetzesbegründung zu § 19 VVG ist dazu ausgeführt, dass zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung in Art 1 Abs. 2 EGVVG bestimmt ist, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles bis zum 31.12.2008 auf die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien weiterhin das "alte" VVG anzuwenden ist (BT-Drucks. 16/3945 S. 118).
2. Trotz dieser Gesetzesbegründung ist allerdings der Anwendungsbereich von Art 1 Abs. 2 EGVVG umstritten. Die h.M. geht von einer über den 31.12.2008 hinaus reichenden Anwendbarkeit der §§ 16ff. VVG a.F. bei Altverträgen auch hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung aus, wenn der Versicherungsfall jedenfalls noch im Jahre 2008 eingetreten ist. Für die Voraussetzungen der vorvertraglichen Anzeigepflicht und deren Verletzung bleiben ohnehin stets die bei Vertragsschluss zu beachtenden Regelungen weiterhin anwendbar (Amtl. Begründung in BT-Drucks. 16/ 3945 S. 118).
3. Bei Verletzung der vorvertraglichen und damit bei Vertragsschluss zu erfüllenden Anzeigepflicht sehen die §§ 19ff. je nach dem Grad des Verschuldens Rücktritt, Kündigung, Vertragsanpassung und Arglistanfechtung durch den Versicherer vor, wobei das Rücktrittsrecht im Gegensatz zum alten Rechtszustand bei einer nur leicht fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung nicht mehr ausgeübt werden kann, § 19 Abs. 3 S. 1 VVG, und in der Krankenversicherung gem. § 194 Abs. 1 S. 3 VVG bei schuldloser Verletzung der Anzeigepflicht dem Versicherer das Kündigungs- und Vertragsanpassungsrecht verwehrt bleibt. Ein quotales Leistungskürzungsrecht sehen die §§ 19ff. VVG nicht vor. Ein solches ist vielmehr u.a. bei grob fahrlässiger Verletzung einer nach Vertragsschluss zu erfüllenden Obliegenheit in § 28 VVG vorgesehen, die in dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt allerdings nicht stattgefunden hat.

Bei der Quotenbildung im Rahmen der groben Fahrlässigkeit nach neuem VVG sind Stufen von 0, 25, 50, 75 und 100 % sachgerecht
LG Münster
Die bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gebotene Quotenbildung gemäß § 81 Abs. 2 VVG ist ohne starre Vorgaben nach den besonderen Umständen des Einzelfalls vorzunehmen. Um ein zu großes Auseinanderklaffen möglicher Entscheidungen zu verhindern, sind Quotenstufen von 0, 25,50,75 und 100 % sinnvoll und sachgerecht.

Die Leistung des Versicherers ist erst fällig, wenn er die Möglichkeit der Einsicht in Ermittlungsakten hatte und dann eine 2-3-wöchige Überlegungsfrist abgelaufen ist
AG Coburg
1. Gemäß § 11 Abs. 1 VVG sind Geldleistungen des Versicherers mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Hierzu gehört die Beschaffung der Unterlagen, die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer dieses Zweiges braucht, um den Versicherungsfall festzustellen und abschließend zu prüfen, nicht nur in welchem Umfang, sondern auch ob und wem gegenüber er zur Leistung verpflichtet ist, einschließlich dieser Prüfung (vgl. Prölss/Martin, § 11 VVG, Rn 3). Zu den nötigen Erhebungen gehören nicht nur solche, die der Versicherer selbst anstellt, sondern zum Beispiel auch die Ermittlungen von Behörden, deren Ergebnis dem Versicherer einschlägige Informationen liefern. Fälligkeit tritt daher nicht ein, bevor der Versicherer die Möglichkeit der Einsicht in behördliche Ermittlungen hatte. Ab dem Zeitpunkt der Einsichtnahme ist dem Versicherer abschließend noch eine - in der Regel 2 bis 3-wöchige - Überlegungsfrist zuzubilligen. Dem Versicherer muss die Möglichkeit eingeräumt werden, anhand der Ermittlungsakten zu prüfen, ob diese Einfluss auf seine eigenen Ermittlungen haben. Er darf diese Prüfung freilich nicht verzögern.
2. Hierbei ist die Fälligkeit freilich vom Schuldnerverzug zu unterscheiden. Denn wenn die Forderung fällig ist, befindet sich der Schuldner noch nicht ohne weiteres in Verzug, wenn er nicht leistet. Es müssen - von der Ausnahme einer endgültigen Deckungsablehnung abgesehen - zusätzlich die allgemeinen Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB vorliegen. Voraussetzung ist also u.a. eine Mahnung. Eine Mahnung vor Fälligkeit kann die Verzugsfolge aber nicht begründen kann.
3. Das Gericht verkennt nicht, dass der Versicherungsnehmer - gerade auch bei hohen Regulierungsbeträgen - ein erhebliches Interesse an einer möglichst schnellen Regulierung durch den Versicherer hat. Dieses rechtfertigt es indes nicht, den Versicherer auf vorläufige Erkenntnisse zu verweisen, die sich im Laufe eines nicht abgeschlossenen Verfahrens noch ändern können. Dies folgt auch aus § 11 Abs. 2 VVG, wonach eine Abschlagszahlung nur verlangt werden kann, wenn der Grund des Anspruchs außer Streit ist.

Ein durch einen Dritten mitgehörtes Telefonat zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer unterliegt einem Beweisverwertungsverbot
LG Neuruppin
Ein durch einen Dritten mitgehörtes Telefonat zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer unterliegt einem Beweisverwertungsverbot, wenn dem Versicherer das Mithören des Gesprächs durch den Dritten nicht mitgeteilt wurde und es keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Einwilligung gab. Die im Geschäftsverkehr weit verbreiteten Mithöreinrichtungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass ein Gesprächspartner sich auf ein Mithören einstellen müsse und daher bereits das Führen des Telefonats als schlüssige Einwilligung in ein Mithören anzusehen ist.

Wirksamkeit einer Ausschlussklausel für „ernsthafte Erkrankungen" ist zweifelhaft
OLG Hamm
Ob die Ausschlussklausel einer Restschuldversicherung für bekannte ärztliche Erkrankungen wirksam ist, ist sehr zweifelhaft und kann im Prozesskostenhilfeverfahren jedenfalls nicht bejaht werden.

Versicherungsausschluss „behandlungsbedürftige psychische Erkrankung"
OLG Karlsruhe
Die Klausel nach der der Versicherer nicht leistet, wenn der Versicherungsfall verursacht ist „.... durch eine Arbeitsunfähigkeit infolge einer behandlungsbedürftigen psychischen Behandlung" ist nicht überraschend, da er auch in anderen Versicherungszweigen Anwendung findet und in der Gesamtabwägung der Interessen von Versicherer und Versicherungsnehmer nicht unangemessen ist, da das Interesse des Versicherers, nur bei objektiv fassbaren, möglichst unproblematisch zu diagnostizierenden Erkrankungen leisten zu müssen, bei einer im Rahmen einer Restschuldversicherung abgeschlossenen Arbeitsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch dem Interesse des Versicherungsnehmers dient, neben einer ihm zugute kommenden günstigen Tarifkalkulation eine mit vertretbarem Aufwand zeitnahe Entscheidung des Versicherers zu erhalten, was bei Einbeziehung von schwer zu verifizierenden psychischen Erkrankungen nicht gewährleistet ist.

Die Unvollständigkeit der Angaben des Versicherungsnehmers mit der Folge der Nachfrageobliegenheit des Versicherers kann sich auch aus Angaben gegenüber dem Agenten ergeben
OLG Hamm
1. Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nach der so genannten Auge-und-Ohr-Rechtsprechung gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer - isoliert - die Feststellung begehrt, dass ein Versicherungsvertrag durch eine Rücktrittserklärung des Versicherers nicht beendet sei.
2. Macht der künftige Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Antragsfragen ersichtlich unvollständige oder unklare Angaben, so trifft, wenn nicht der Versicherungsnehmer arglistig handelt, den Versicherer eine Nachfrageobliegenheit. Dabei ist die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung zu berücksichtigen und dem Versicherer das Wissen seines Agenten zuzurechnen. Dass Angaben ersichtlich unvollständig oder unklar sind, kann sich daher auch aus dem ergeben, was der Versicherungsnehmer dem Agenten - unwiderlegt - mündlich erklärt hat. Unterlässt der Versicherer die gebotene Nachfrage, ist ihm ein Rücktritt, gestützt auf die unvollständige oder falsche Antwort verwehrt.

 

Urteile aus dem Jahr 2009

Kündigung von langjährigen Altverträgen nach neuem Recht
Amtsgericht Daun
Die 3-jährige Frist des § 11 Abs. 4 VVG, nach deren Ablauf ein vorzeitiges Sonderkündigungsrecht des Versicherungsnehmers bei langjährigen Versicherungsverträgen entsteht, beginnt bei so genannten Altverträgen, d. h. Versicherungsverträgen, die vor dem 01.01.2008 abgeschlossen wurden, erst ab dem 01.01.2008 zu laufen.

Zur Wirksamkeit der Anfechtung im Hinblick auf die Vorgaben des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)
OLG Saarbrücken
1. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG ist im Zivilrecht eine Benachteiligung wegen einer Behinderung bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, grundsätzlich unzulässig.
2. Für den Behinderungsbegriff ist die Legaldefinition u. a. in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB X heranzuziehen. Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
3. Bei der Anfechtung eines Versicherungsvertrages wegen vorvertraglicher Obliegenheitsverletzung handelt es sich um eine von § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG erfasste rechtsgeschäftliche Handlung des Versicherers. Als „Beendigung" sind insbesondere die Kündigung und der Rücktritt von Verträgen aber auch Aufhebungsverträge und deren Modalitäten zu verstehen. Auch wenn streng genommen die Anfechtung einer vertraglichen Willenserklärung das Schuldverhältnis nicht „beendet" ist, weil es wegen der in § 142 Abs. 1 BGB angeordneten Rückwirkung zu keinem Zeitpunkt bestanden hat, ist zur umfänglichen Gewährleistung des gesetzlichen Schutzes auch eine auf prinzipiell unzulässige Kriterien gestützte Anfechtung an den Vorgaben des AGG zu messen.
4. Fechtet der Versicherer wegen arglistiger Täuschung das Versicherungsverhältnis an, fehlt es an einer Benachteiligung des Versicherungsnehmers „aus Gründen [...] einer Behinderung" im Sinne des § 19 AGG. Mit der Anfechtung behandelt der Versicherer den Versicherungsnehmer ebenso wie jeden anderen am Rechtsverkehr Teilnehmenden, der durch vorsätzliche Falschangaben die Absicht verfolgt, einen potentiellen Vertragspartner zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen. Sie reagiert auf die Täuschung, nicht auf die Behinderung. Hierfür gilt § 19 AGG nicht.
5. Es kann dahinstehen, inwieweit eine - unterstellt unzulässige - Benachteiligung nach dem AGG einen Kontrahierungszwang zu begründen geeignet ist.
6. Die Übergangsvorschrift des § 33 Abs. 4 Satz 1 AGG schließt - abgesehen von späteren Vertragsänderungen - die Geltung des § 19 Abs. 1 AGG für vor dem 22.12.2007 begründete Versicherungsverhältnisse aus.
7. Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG lässt - unter eng begrenzten Voraussetzungen - eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu. Das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot soll vor allem vor willkürlichen Benachteiligungen - u. a. - wegen Behinderung schützen. An einer willkürlichen Schlechterstellung fehlt es indessen, wenn den Erfordernissen des § 20 Abs. 2 AGG entsprochen wird. Dieser erklärt eine unterschiedliche Behandlung wegen einer Behinderung im Rahmen privatrechtlicher Versicherungen dann für zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematischen ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen.
8. Der Begriff der „anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation" ist unbestimmt und führt für den Versicherer zu einer gesteigerten Darlegungs- und Beweislast. Sie bezieht sich auf die Grundsätze, die von Versicherungsmathematikern bei der Berechnung von Prämien und Deckungsrückstellungen anzuwenden sind. U. a. können mathematische Formeln, kalkulatorische Herleitungen, statistische Grundlage und anerkannte medizinische Erfahrung mit Einschätzungstabellen der Rückversicherer herangezogen werden.
9. In Fällen, in denen nach allgemeiner Lebenserfahrung auf der Hand liegt, dass der Antragsteller an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, ist es ausreichend, wenn der Versicherer anhand seiner Einschätzungsgrundsätze darlegt, dass er den Vertrag jedenfalls nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Erst wenn der Versicherungsnehmer dem widerspricht, ist über die Rechtfertigungsfähigkeit Beweis zu erheben.

Bei Arglist des Versicherungsnehmers sind Gesundheitsdaten auch ohne Schweigepflichtentbindung verwertbar
OLG Saarbrücken
1. Unter Verstoß gegen eine zeitlich begrenzte Schweigepflichtentbindung erhobene Gesundheitsdaten dürfen nicht schon deshalb verwertet werden, weil sie unstreitig sind. Ihre Verwertbarkeit ergibt sich jedoch aufgrund einer Güterabwägung jedenfalls dann, wenn der Versicherungsnehmer Vorerkrankungen arglistig verschwiegen hat.
2. Der Wille zur Täuschung kann nur dann unter Berufung auf Schaden erfolgreich in Zweifel gezogen werden, wenn mit ihm zugleich die Annahme einhergeht, der verschwiegene Umstand sei für die Vertragsabschlussbereitschaft des Versicherers nicht wirklich maßgeblich. Davon kann bei einem Suizidversuch mit anschließender stationärer Behandlung nicht ausgegangen werden.

Bei Ansprüchen aus Altverträgen konnte die Frist des § 12 VVG a.F. auch im Jahr 2008 noch wirksam gesetzt werden
LG Dortmund
1. Bei Ansprüchen aus Altverträgen konnte die Frist des § 12 VVG a.F. auch im Jahr 2008 noch wirksam gesetzt werden.
2. Der Prozeßbevollmächtigte verschuldet die Fristversäumnis, wenn das Gericht ihm keine Vorschußanforderung übersendet, weil die Klage auf dem Postweg verloren gegangen ist, und er über einen Zeitraum von drei Monaten keine Nachfrage hält.

Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Klagegefrist nach § 12 Abs. 3 VVG a. F.
LG Dortmund
§ 12 Abs. 3 VVG a. F. ist als Ausschlussfrist materiellen Rechts den zivilprozessualen Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zugänglich.

Keine Verwendereigenschaft des Versicherers bei auf Veranlassung des Maklers in den Vertrag einbezogener Maklerbedingungen
BGH
Der Versicherer ist nicht Verwender der AVB, die von einem Makler entworfen und auf dessen Veranlassung in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sind.

Stornogefahrmitteilung kann an Versicherungs- und Finanzmakler auch per Recherchewerkzeug im Internet übermittelt werden
LG Köln
Eine Vertriebsplattform für Finanzdienstleistungsprodukte und Versicherungen kann einen Makler, der ihr Verträge vermittelt, Stornogefahrmitteilungen auch über ein Recherchewerkzeug im Internet übermitteln, wenn die Übermittlung über das Internet vertraglich vereinbart ist. Zulässig ist es, wenn die Vertriebsplattform für Verträge, die eine monatliche Zahlweise vorsehen, eine Auflistung zur Verfügung stellt, der sich entnehmen lässt, wie viele Tage seit der Einzahlung der letzten Sparrate auf die von der Beklagten vermittelten Verträge vergangen sind. Damit lässt sich erkennen, wann 30 Tage vergangen sind und damit ein Beitragsrückstand vorliegt.

Zulässige Verwendung der im Jahr 2005 nicht geschützten Bezeichnung „Versicherungsberater"
BGH
Die Bezeichnung „Vorsorge- und Versicherungsberater" war im Jahr 2005 weder durch das RBerG noch durch ein anderes Gesetz geschützt und, soweit sie für Mitarbeiter einer Versicherung verwendet wurde, auch nicht irreführend.

Eine Zeugenaussage hat kein größeres Gewicht als die Erklärung einer persönlich angehörten Partei (hier: Nach Abtretung des Anspruchs nach einem Verkehrsunfall)
KG
1. Es gibt keine auf einen entsprechenden Erfahrungssatz gestützte Beweisregel, dass der Aussage eines wirtschaftlich Interessierten, eine Beifahrers, Freundes oder Verwandten überhaupt nicht oder nur bei Bestätigung bei objektive Beweismittel geglaubt werden darf.
2. Es wirkt sich nicht zwingend zu Lasten der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage eines Kfz-Eigentümers aus, dass er sich durch Abtretung seiner Ansprüche an seinen Ehegatten die prozessuale Stellung eines Zeugen verschaffen konnte; denn einer Zeugenaussage kommt nicht schon per se ein höheres Gewicht zu, als den Erklärungen einer persönlich angehörten Partei.

Steuerfreiheit für die Benennung von Versicherungsinteressenten gegenüber einem Versicherungsmakler gegen Unterprovision (Tipp geben)
BFH
1. Die Steuerfreiheit für die Tätigkeit als Versicherungsvertreter nach § 4 Nr. 11 UStG 1999 setzt voraus, dass die Leistungen des Unternehmers die spezifisch und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung erfüllen, nämlich die am Abschluss der Versicherung interessierten Personen zusammenzuführen.
2. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmer einem Versicherungsmakler am Abschluss eines Versicherungsvertrags potentiell interessierte Personen nachweist und hierfür eine so genannte „Zuführungsprovision" erhält.

Auch ein Versicherungsvertreter kann wie ein Versicherungsmakler auftreten und somit aus einem konkludenten Beratungsvertrag haften
OLG Hamm
1. Auch ein Versicherungsvertreter schließt einen Versicherungsmaklervertrag ab, wenn er dem Kunden gegenüber wie ein Versicherungsmakler auftritt und mit ihm Leistungen eines Versicherungsmaklers vereinbart. Dass die Erklärungen des Vermittlers als Angebot auf Abschluss eines Versicherungsmaklervertrages auszulegen sind, kann sich aus dem auf die Betreuung und Beratung des Kunden gerichteten Verhalten des Vermittlers im Vorfeld der Beantragung des Versicherungsschutzes ergeben.
2. Kommt es aufgrund der Ablehnung eines Versicherungsvertrages durch einen Versicherer nicht zur Deckung des Versicherungsbedarfes des Kunden, verletzt der Versicherungsmakler seine vertraglichen Pflichten, wenn für den Kunden nicht umgehend ein (mögliches) gleichwertiges Angebot eines anderen Versicherers einholt und ihm zum Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages rät.
3. Haftet der Versicherungsmakler für den fehlenden Versicherungsschutz des Kunden, hat er dem Kunden beim Eintritt eines Versicherungsfalls als Schaden den Betrag zu ersetzten, den der Kunde bei einer bestehenden Versicherung als Leistung des Versicherers erhalten hätte.

Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung nach neuem Recht - Kündigung statt Rücktritt bei fehlendem schweren Verschulden
LG Köln
1. Gemäß § 19 II VVG n.F., kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht verletzt. Nach § 16 I VVG a.F., der, da der Antrag vor Inkrafttreten des VVG n.F. gestellt wurde, gemäß Art. 1 EGGVG vorliegend hinsichtlich der Tatsachenregelungen der in Rede stehenden vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung Anwendung findet, hat der Versicherungsnehmer bei Ab-schluss des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Als erheblich sind im Zweifel alle diejenigen Tatsachen anzusehen, nach denen der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat. Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist jedoch gemäß § 19 III VVG n.F. ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen, § 19 III 2 VVG n.F..
2. Es ist fraglich, ob die gemessenen erhöhten Blutwerte überhaupt eine Anzeige-pflichtverletzung im Sinne des § 16 I VVG a.F. darstellen. Denn es handelte sich um lediglich geringfügig erhöhte Blutzucker- und Cholesterinwerte, wegen derer unstrei-tig eine Behandlung des Klägers nicht erfolgt ist. Auch Beschwerden oder Beein-trächtigungen des Klägers aufgrund der erhöhten Blutwerte behauptet die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht. Vor diesem Hintergrund ist bereits zweifelhaft, ob es sich überhaupt um gefahrerhebliche Umstände handelt, die sei-tens des Klägers auf die Gesundheitsfragen der Beklagten hin hätten angegeben werden müssen. Jedenfalls fehlt es angesichts der vorgenannten Umstände an dem gemäß § 19 III VVG n.F. für den Rücktritt erforderlichen schweren Verschulden des Klägers. Allenfalls kann ihm leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Diese recht-fertigt nach neuem Recht indes lediglich den Ausspruch der Kündigung, nicht einen Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Diese wurde seitens der Beklagten vorliegend nicht, auch nicht hilfsweise erklärt. Die insoweit geltende Monatsfrist gemäß § 19 III 2 VVG n.F. ist auch verstrichen, so dass eine fristgerechte Kündigung nicht mehr erfol-gen kann.

Aktivlegitimation eines rechtsschutzversicherten Klägers zur Geltendmachung au-ßergerichtlicher Anwaltskosten nur bei Rückabtretung des Rechtsschutzversicherers
LG Köln
Ist ein Rechtsschutzversicherer für die außergerichtlichen Kosten des Klägers einge-treten und die vorgerichtlichen Anwaltskosten beglichen, geht der Anspruch nach § 67 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über. Nur durch eine Rückabtretung wird der Kläger wieder Forderungsinhaber und damit aktivlegitimiert.

Bei einem unstreitigen Zugang eines Schreibens des Versicherers kann der Zeitpunkt des Zugangs nach § 270 Satz 2 ZPO vermutet werden
OLG Frankfurt
1. Erklärt der Gebäudeversicherer die Arglistanfechtung, liegt darin gleichzeitig eine Leistungsablehnung im Sinne von § 12 Abs. 2 VVG a. F.. Die parallele Einholung eines Gutachtens ändert daran nichts, wenn es der Einholung dieses Gutachtens schon bedurfte, um den gesetzlichen Anspruch des Realgläubigers gemäß § 102 VVG a. F. zu berechnen.
2. § 12 Abs. 3 VVG a. F. und § 12 Abs. 1 VVG a. F. sind unabhängig voneinander, so dass es bezüglich der Verjährung keiner Rechtsfolgenbelehrung bedarf.
3. Wenn der Zugang eines Schreibens des Versicherers unstreitig ist, wird der Zeit-punkt des Zugangs nach § 270 Satz 2 ZPO vermutet. Dieser Bestimmung, die unmit-telbar nur die Übersendung gerichtlicher Schriftstücke an die Parteien betrifft, liegt ein allgemeiner Erfahrungswert hinsichtlich des Postverkehrs zugrunde, weshalb sie in anderen Zusammenhängen analog angewendet werden kann.
4. Eine Zustellung „demnächst" im Sinne von § 167 ZPO liegt nicht vor, wenn die Kla-ge am letzten Tag des Fristablaufs eingereicht, jedoch der Gerichtskostenvorschuss erst nahezu 6 Monate später eingezahlt wird. Der Zugang der abgesandten Vor-schussanforderung wird nach § 270 Satz 2 ZPO vermutet.

Frist für die Ablehnung eines medizinischen Sachverständigen wegen der Gefahr der Befangenheit beginnt mit dem Datum der Zustellung des schriftlichen Gutachtens und verlängert sich nicht um die gesetzte Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten
OLG Bamberg
1. Ergibt sich der Grund zur Ablehnung eines Sachverständigen aus dem Inhalt sei-nes schriftlichen Gutachtens, so darf die (verlängerte) Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gleichwohl nicht ausgeschöpft werden, wenn
a) es zur Begründung des Ablehnungsgesuchs, etwa weil es um die die Umstände einer erst im Gutachten mitgeteilten Kontaktaufnahme mit dem Prozessgegner geht, keines Rückgriffs auf die sonstigen - sachbezogenen - Inhalte des Gutachtens bedarf,
b) die betroffene Partei schon wenige Tage nach der Übersendung des Gutachtens auf das Vorliegen eines möglichen Ablehnungsgrundes hingewiesen hat und
c) der ablehnungswidrigen Partei die von ihr verlangte „Auskunft" des Sachverstän-digen bereits mehrere Wochen vor Ablauf der verlängerten Frist nach § 411 Abs. 4 ZPO zugegangen ist.
2. Der Umstand, dass ein in einer Arzthaftungssache tätiger Sachverständiger erst in seinem schriftlichen Gutachten offen legt, dass er bestimmte - in der gutachterli-chen Aufarbeitung im Einzelnen erläuterte und ausgewertete - Behandlungsunter-lagen unmittelbar bei der Arztseite angefordert hat, begründet für sich genommen noch nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen.

Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstelle als Niederlassung im Sinne des § 21 ZPO
OLG Hamm
Eine Betriebsstelle (Niederlassung) eines Versicherers erfüllt nur dann die Vorausset-zungen von § 21 ZPO, so dass der Versicherungsnehmer am Ort der Betriebsstelle Klage erheben kann, wenn dort eigenständig Versicherungsverträge geschlossen werden oder der Versicherer einen entsprechenden Rechtschein gesetzt hat. Letz-teres gilt nicht, wenn der Versicherer selbst von einer „Niederlassung" spricht und die Vertragsbetreuung (Leistungsabwicklung, Prämienmitteilungen) durch die Betriebs-stelle erfolgt; auch aus der Größe der (hier u. a. für die Leistungsabwicklung in der Krankenversicherung zuständigen) Betriebstelle darf der Versicherungsnehmer nicht auf die Voraussetzungen des § 21 ZPO schließen. Das Vorliegen dieser Vorausset-zungen hat der Kläger zu beweisen.

Jedenfalls für ab dem 01.01.2009 erhobene Klagen bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach § 215 VVG
OLG Köln
§ 215 VVG ist bei Altverträgen für Versicherungsfälle bis 31.12.2008 nicht anwendbar. Für ab dem 01.01.2009 erhobene Klagen des Versicherungsnehmers gegen den Ver-sicherer bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach § 215 VVG und nicht mehr nach § 48 VVG a. F..

Beratungspflichten des Maklers beim Wechsel der Krankenversicherung
LG Dortmund
1. Einen Versicherungsmakler, der den Wechsel zu einem anderen privaten Kran-kenversicherer begleitet, treffen weitgehende Pflichten.
2. Er muß explizit von einer Kündigung des Vertrages mit dem Altversicherer abraten, solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gesundheitsprüfung des Neu-versicherers zu einer Ablehnung oder Einschränkung des Versicherungsschutzes führt.

Entgangener Gewinn eines Versicherungsmaklers durch unerlaubte Konkurrenztätigkeit des für ihn tätigen Versicherungsvertreters
BGH
Zur Schätzung der Höhe des einem Versicherungsmakler - infolge unerlaubter Konkurrenztätigkeit des für ihn tätigen Versicherungsvertreters - entgangenen Gewinns („Mindestschaden").

Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte für Regressklage einer deutschen Krankenkasse gegen ausländischen Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers nach Auslandsunfalls
OLG Celle
1. Der Grundsatz, dass Gerichtsstand der Wohnort des Beklagten ist, wird nur in den enumerativ gewohnten Fällen der Abschnitte 2 bis 7 des Kapitels II EuGVVO durch-brochen.
2. Eine Erweiterung des Gerichtsstands von dem Geschädigten auf den hinter die-sem stehenden Zessionar wird weder vom Wortlaut noch vom Zweck der Vorschrift des Artikel 9 Abs. 1 b EuGVVO gedeckt.

Voraussetzungen für Provisionsrückforderungen gelten auch für Overhead-Vergütungen
OLG Brandenburg
Bei der Rückforderungen von bevorschusst bezahlten Overhead-Vergütungen gilt die Rechtsprechung des BGH zur Rückforderung von Provisionen.

Erstattungsfähigkeit für Kosten eines vorprozessualen Privatgutachtens
OLG Hamm
Die Auslagen einer Partei für ein vor Prozessbeginn eingeholtes Privatgutachten sind nur dann erstattungsfähig, wenn die Tätigkeit des Sachverständigen in unmittelbarem Bezug zu einem konkreten Rechtsstreit steht. Es genügt nicht, das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit zu verwenden. Es muss sich vielmehr auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf diese konkrete gerichtli-che Auseinandersetzung in Auftrag gegeben worden sein. Wird ein Privatgutachten in Auftrag gegeben, um einen medizinischen Sachverhalt aufzubereiten und um mögliche Behandlungsfehler festzustellen, sind die dadurch verursachten Kosten nicht erstattungsfähig.  

Keine Anwendung des § 215 VVG auf Versicherungsfälle, die vor dem 31.12.2008 eingetreten sind
LG Bonn
Für die Frage der (örtlichen) Zuständigkeit gilt nicht die neue Vorschrift des § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG. Aus Artikel 1 Abs. 1 EGVVG ergibt sich vielmehr, dass das VVG auf die Fälle anzuwenden ist, die vor dem 31.12.2008 eingetreten sind. Nach inzwischen herrschender Auffassung, die auch der Rechtsprechung der Kammer entspricht, ergibt sich aus Artikel 1 Abs. 1, 2 EGVVG ein Verweis auf das gesamte VVG in seiner früheren Fassung, wozu auch die - insoweit hier einschlägige - Zuständigkeitsregelung aus § 48 VVG a. F. gehört. Für eine Anwendung des § 215 VVG bleibt danach kein Raum, da der klare Wortlaut nach Artikel 1 Abs. 1 EGVVG alle Versicherungsverhältnisse betrifft, mithin auch die Prozessnorm des § 215 VVG einem Anwendungsausschluss unterliegt.

§ 15a RVG ist auch auf Altfälle anwendbar 
BGH

Privatgutachten ist kein Beweismittel gem. §§ 402 ff ZPO
OLG Koblenz
1. Beweismittel im Sinne der Zivilprozessordnung ist nur das gemäß §§ 402 ff. ZPO eingeholte Sachverständigengutachten eines durch das Gericht beauftragten Sachverständigen, nicht aber das vorprozessual durch eine Partei eingeholte Gutachten eines privaten Sachverständigen. Dieses stellt lediglich qualifizierten Parteivortrag dar, der im Einzelfall durch die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen widerlegt werden kann.
2. Ein Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO soll dem Berufungskläger nicht die Möglichkeit geben, außerhalb der Berufungsbegründungsfrist und ohne Rücksicht auf Verspätungsregeln neuen Sachvortrag bringen zu können. Mit dem Hinweis soll lediglich rechtliches Gehör und Gelegenheit zur Äußerung gewährt, eine Überraschungsentscheidung vermieden und dem Berufungskläger die Möglichkeit gegeben werden, kostensparend die Berufung zurückzunehmen.

Bei Einwilligung des Gegners ist einer Partei auf Antrag zwingend die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern
BGH
Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihrem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben wird, der lediglich mit der Einwilligung des Gegners begründet wird. Weitere erhebliche Gründe braucht sie nicht vorzutragen.

Pflicht zur Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens nach entsprechendem Antrag einer Partei
BGH
Das Gericht muss dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens grundsätzlich entsprechen, auch wenn es das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht.

Privatgutachten sind keine Beweismittel sondern bloßer Parteivortrag
BGH
Bei einem Privatgutachten handelt es sich um Parteivortrag, nicht um ein Beweismittel. Wenn der Gegner die Richtigkeit des Privatgutachtens bestreitet, muss das Gericht Beweis erheben.

Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs wegen Verlustes des Ablehnungsrechts durch Einlassung in die weitere Verhandlung
OLG Köln
1. Selbst eine aus fachlicher Sicht offensichtlich unzutreffende Auffassung einer Partei ist durch einen Sachverständigen sachlich zu beurteilen.
2. Wenn sich eine Partei, nachdem ihr Sachvortrag vom medizinischen Sachverständigen in einem Verhandlungstermin als „frech" bezeichnet wurde, gleichwohl weiterhin auf die Anhörung des Sachverständigen einlässt, ohne die Rüge der Besorgnis der Befangenheit zu erheben, dann ist die spätere Ablehnung des Sachverständigen gestützt auf diesen Grund gemäß § 43 ZPO präkludiert.
3. Dem steht nicht entgegen, dass die ablehnende Partei vorbringt, sie habe sich über die Ausführungen des Sachverständigen zunächst mit einem Privatgutachter beraten müssen.

Allein die Vermittlung einer Mehrzahl von Verträgen gegenüber demselben Versicherungsnehmer genügt nicht für eine Eigenhaftung des Agenten
OLG Celle
1. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat bezüglich der so genannten Sachverhalthaftung keine Änderung der bestehenden Praxis, sondern nur deren Kodifikation beabsichtigt (§ 311 Abs. 3 BGB).
2. Der Umstand, dass eine Mehrzahl von Versicherungsverträgen vermittelt wurde, genügt für eine Eigenhaftung des Agenten grundsätzlich nicht.

Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung bei erkennbaren, vom Versicherer nicht in Frage gestellten Unvollständigkeiten und Widersprüchen in der Schadensanzeige?
OLG Düsseldorf
Wenn der Versicherer es unterlassen hat, den Versicherungsnehmer auf die erkennbar unvollständige und in sich widersprüchliche Schadenanzeige hinzuweisen und auf eine Vervollständigung und Klärung hinzuwirken, kann er sich deswegen nicht ohne Weiteres auf Leistungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 VVG berufen.

Pflichten des Versicherungsmaklers beim Ausfüllen des Versicherungsantrags
OLG Celle
1. Im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrags ist der Versicherungsmakler von sich aus verpflichtet, das Risiko zu untersuchen, das Objekt zu prüfen und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse, das aufgegebene Risiko zu platzieren, zu unterrichten.
2. Der Versicherungsmakler hat seine Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer verletzt, wenn er die Nutzungsart des zu versichernden Gebäudes trotz ihrer Offenkundigkeit in dem von ihm ausgefüllten Antrag unrichtig angegeben hat.
3. Dem Versicherungsnehmer ist ein erhebliches und im Rahmen des Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigendes Mitverschulden anzulasten, wenn er den vom Versicherungsmakler offenkundig falsch ausgefüllten Versicherungsantrag unterschreibt (hier: mit 2/3 bewertet).

Befangenheit eines Sachverständigen („postmortale Klugscheißerei")
OLG Frankfurt
Ein Gerichtssachverständiger darf sich gegen Angriffe einer Partei in Bezug auf seine Feststellungen grundsätzlich auch in akzentuierter Form verteidigen. Das darf ihn aber nicht dazu veranlassen, das Gebot der Sachlichkeit zu verlassen und in einer Weise sprachlich zu entgleisen, die von einer vernünftigen Partei nur noch als Ausdruck seiner Voreingenommenheit interpretiert werden kann. Dieses Gebot wird immer mit den Äußerungen einer „postmortalen Klugscheißerei" missachtet.  

Die örtliche Zuständigkeit für vom Versicherungsnehmer gegen den Versicherer im Jahr 2008 erhobene Klagen richtet sich nach § 48 VVG a. F.
LG Osnabrück
Die örtliche Zuständigkeit für vom Versicherungsnehmer gegen den Versicherer im Jahr 2008 erhobene Klagen bestimmt sich weiterhin nach § 48 VVG a. F. und nicht nach § 215 VVG.

§ 215 VVG n.F. findet gemäß Art. 1 Abs. 1 EGVVG bei Altverträgen bis zum 31.12.2008 keine Anwendung
OLG Köln
1. Für eine unbegrenzte Fortgeltung sämtlicher Vorschriften des VVG a.F. in den Fällen des Eintritts des Versicherungsfalls bis zum 31.12.2008 sieht der Senat indes keine Veranlassung.
2. Art. 1 Abs. 1 VVGEG sieht grundsätzlich eine Anwendung des VVG a.F. bei Altverträgen nur bis zum 31.12.2008 vor, es sei denn in Absatz 2 oder den Artikeln 2 bis 6 ist etwas anderes bestimmt. Gemäß dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 EGVVG könnte zwar in den Fällen des Eintritts des Versicherungsfalls bis Ende des Jahres 2008 eine Fortgeltung des VVG a.F. insgesamt in Betracht kommen, da diese Vorschrift nicht zwischen materiellen und prozessrechtlichen Vorschriften des VVG a.F. differenziert. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs zu Artikel 1 Abs. 2 VVGEG (BT- Drucksache 16/3945 Seite 117) heißt es allerdings: „Das Inkrafttreten des VVG zum 21.Dezember 2008 für Altverträge ist im Hinblick auf bereits laufende Schadensfälle problematisch. Die Neuregelung für Obliegenheitsverletzungen kann dazu führen, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles bestehende Ansprüche und Verpflichtungen verändert werden, wenn sie nach dem Recht, das im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eines Prozesses gilt, zu beurteilen sind. Um eine verfassungsrechtlich problematische Rückwirkung der Übergangsregelung in diesen Fällen zu vermeiden, bestimmt Absatz 2, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles bis zum 31.12.2008 auf die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien weiterhin das Gesetz über den Versicherungsvertrag anzuwenden ist."
Da ausweislich der Begründung auf die "Rechte und Pflichten" der Vertragsparteien - also materielles Recht - abgestellt wird, besteht keine Veranlassung, auch prozessrechtliche Vorschriften weiter anzuwenden. Jedenfalls bei der Anwendung des § 215 VVG ist eine verfassungsrechtlich problematische Rückwirkung nicht ersichtlich. Der Normzweck des § 215 VVG, nämlich die Rechte des Verbrauchers durch einen Gerichtsstand an seinem Wohnort zu stärken (vgl. BT- Drucksache 16/3945, Seite 117), tritt jedenfalls ab dem 01.01.2009 in den Vordergrund.

Pflicht des zur Abwicklung eines Unfallschadens beauftragten Maklers zur Belehrung über die in den AUB enthaltenen Fristen
BGH
Der in die Abwicklung eines Unfallschadens eingeschaltete Versicherungsmakler muss den Versicherungsnehmer regelmäßig auf die Frist zur ärztlichen Feststellung einer Invalidität und ihrer Geltendmachung gegenüber dem Versicherer nach § 7 I (1) AUB (1994) hinweisen, wenn für ihn erkennbar ist, dass Ansprüche wegen Invalidität gegen den Unfallversicherer ernsthaft in Betracht kommen.

Klagefrist konnte bei Altvertrag auch im Jahre 2008 noch wirksam gesetzt werden
LG Dortmund
Die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. konnte bei der Ablehnung von Ansprüchen aus einem "Altvertrag" auch im Jahre 2008 noch wirksam in Gang gesetzt werden.  

Pflicht des Gerichts zur weiteren Sachverhaltsaufklärung bei zwei sich widersprechenden Gutachten
BGH
1. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, darf der Tatrichter - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zwei gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.
2. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gemäß § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen.

Kündigung von langfristigen Altverträgen nach neuem Recht
Versicherungsombudsmann
Nach Auffassung des Ombudsmanns kann die Kündigung eines Vertrags, der für die Dauer von mehr als 3 Jahren geschlossen worden ist, nach § 11 Abs. 4 VVG bereits dann zum Schluss des 3. Jahres gekündigt werden, wenn dieser Zeitpunkt nach der Anwendbarkeit des neuen VVG liegt.

Versicherungsnehmer ist beweispflichtig für die Rücksendung des Fragebogens
Amtsgericht Düsseldorf
Schickt ein Versicherungsnehmer trotz zweimaliger Nachfrage seitens des Versicherers das Formular zur Schadenanzeige nicht ausgefüllt an diesen zurück, so hat er keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen Verletzung der Obliegenheit zur Aufklärung des Versicherungsfalls. Auch wenn grundsätzlich der Versicherer die Verletzung der Obliegenheit seines Versicherungsnehmers nachweisen muss, so ist hiervon Abstand zu nehmen, wenn dieser Nachweis gar nicht zu führen wäre und es dem Versicherungsnehmer problemlos möglich ist, sich Mittel zum Beweis der Erfüllung zu sichern. Die Beweislast bezüglich des Absendens des Fragebogens liegt somit beim Versicherungsnehmer.

Der Teil der Versicherungsleistung, der nicht mit Leistungsantrag eingeklagt, sondern mit Feststellungsantrag geltend gemacht wird, verjährt spätestens nach zwei Jahren und sechs Monaten nach Rechtskraft, wenn der Feststellungsantrag rechtskräftig als unzulässig abgewiesen wurde
OLG Koblenz
1. Die durch ein Klageverfahren eingetretene Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB endet gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung.
2. Wird ein Feststellungsantrag durch Urteil als unzulässig abgewiesen, endet die Hemmung der Verjährung des dem Feststellungsantrag zugrunde liegenden Anspruchs mithin sechs Monate nach der Rechtskraft des Urteils hinsichtlich dieses Anspruchs.

Versicherungsmakler muss bei Versicherungsbetrug trotz Falschangaben im Antrag Schaden nicht ersetzen
Oberlandesgericht Celle
Liegen ausreichend Indizien für einen Versicherungsbetrug durch den Versicherungsnehmer vor, muss der Versicherungsmakler trotz Falschangaben im Antrag den Schaden nicht ersetzen.

Keine arglistige Täuschung, wenn Versicherungsnehmer eine von einem Makler falsch ausgefüllte Schadensanzeige vor Unterzeichnung nicht gelesen hat
BGH
1. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken.
2. Eine arglistige Auskunftsverletzung über Vorerkrankungen nach Eintritt des Versicherungsfalls ist nicht nachgewiesen, wenn der Versicherungsmakler bei Vertragsschluss sich erkundigt hat, ob der Versicherungsvertrag ohne Gesundheitsprüfung abgeschlossen wird, ohne dass der Versicherungsnehmer diese Anfrage initiiert hat und der Versicherungsnehmer eine vom Versicherungsmakler falsch ausgefüllte Schadenanzeige unterschrieben hat und nicht feststeht, dass der Versicherungsnehmer die Schadenanzeige vor Unterzeichnung genau durchgelesen hat.

Zur Berechtigung des Versicherungsvertreters zur Benutzung von Kundendaten des früheren Dienstherrn nach Beendigung des Agenturvertrages
BGH
1. Ein Versicherungsvertreter darf Kundendaten, die ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Dienstherren darstellen, nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses nicht schon deshalb für eigene Zwecke verwenden, weil er die Kunden während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses selbst beworben hat. Soweit der Versicherungsvertreter für solche Kunden Verträge auch an andere Versicherer vermittelt hat, kann er weiterhin auf diese Daten zurückgreifen.
2. Der Versicherungsvertreter kann nach Beendigung des Agenturvertrages nur solche Kundendaten weiterhin verwenden, die er in seinem Gedächtnis bewahrt hat. Kundendaten, die ihm nur deshalb bekannt sind, weil er auf schriftliche, während seiner Beschäftigungszeit angefertigte Unterlagen zurückgreifen kann, darf er nicht weiter verwenden.
3. Dies gilt auch für den Untervertreter eines Versicherungsvertreters, dessen Handelsvertreterverhältnis beendet ist.

Uneingeschränkte Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB auch bei Verstoß gegen halbzwingende Vorschriften des VVG
BGH
AVB, die zum Nachteil des Versicherungsnehmers von halbzwingenden Vorschriften des VVG abweichen (hier: § 15 a VVG a. F.), unterliegen uneingeschränkt der Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB und sind an den halbzwingenden Normen zu messen.

Analoge Anwendung von § 67 Abs. 2 VVG a.F. auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
BGH
§ 67 Abs. 2 VVG a.F. ist analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar. In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft trifft die Inanspruchnahme des Partners den Versicherungsnehmer wirtschaftlich nicht minder als in einer Ehe. Der häusliche Friede zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften kann durch zwischen diesen auszutragende Streitigkeiten über die Verantwortung für Schadenszufügungen in gleicher Weise gestört werden wie bei Ehegatten. Der Institutionsschutz von Ehe und Familie steht der analogen Anwendung der genannten Norm nicht entgegen. Er verpflichtet nicht dazu, nichtehelichen Lebensgemeinschaften jedwede rechtliche Anerkennung zu versagen und sie zu bekämpfen.

Zur Haftung des Maklers wegen unrichtigen Ausfüllens der Antragsfragen und anschließendem Rücktritt des Versicherers und zur Höhe des Mitverschuldens des den Antrag unterzeichnenden Versicherungsnehmer
OLG Celle
1. Ein Versicherungsmakler ist dem Versicherungsnehmer zum Schadensersatz verpflichtet, wenn infolge erkennbar unrichtiger Angaben gegenüber der Versicherung diese nach Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherungsvertrag zurücktritt und dadurch gegenüber dem Versicherungsnehmer leistungsfrei wird.
2. Zum erstattungsfähigen Schaden des Versicherungsnehmers gehören auch Prozesskosten gegen die Versicherung.
3. Den Versicherungsnehmer trifft ein erhebliches Mitverschulden, wenn er einen offenkundig unrichtigen Versicherungsantrag unterschreibt.

Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG auf alte Verträge bis zum 31.12.2008
OLG Frankfurt
Die örtliche Zuständigkeit für vom Versicherungsnehmer gegen den Versicherer nach dem 1. Januar 2008 erhobene Klagen bestimmt sich nach § 215 VVG in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung und nicht mehr nach § 48 VVG a.F.

§ 215 VVG ist seit dem 01.01.2008 anwendbar
LG Hechingen
1. Die örtliche Zuständigkeit für vom Versicherungsnehmer gegen den Versicherer im Jahre 2008 erhobene Klagen bestimmt sich nach § 215 Abs. 1 VVG. Artikel 1 EG VVG vermag die Geltung dieser zum 01.01.2008 in Kraft getretene Vorschrift nicht zu beschränken.
2. Ist nach den Bedingungen für einen Rechtsschutzfall vor Beginn des Versicherungsschutzes auch dann Deckung zu gewähren, wenn das betroffene Risiko seit mindestens 5 Jahren bei diesem Versicherer versichert ist, bezieht sich diese Frist nicht auf die Zeit zwischen Eintritt des Schadensfalls und Zustandekommen des Versicherungsschutzes, sondern auf die Zeitdauer des vertraglichen Versicherungsschutzes.

Angebot, nach Leistungsablehnung eine Kulanzzahlung zu prüfen, hemmt die Verjährung nicht
OLG Saarbrücken
1. Durch die nach Ablehnung einer weiteren Entschädigungsleistung erfolgende Mitteilung, eine Kulanzzahlung zu prüfen, wird die Verjährung nicht gehemmt.
2. Der Versicherungsnehmer muss sein Recht auf Neufestsetzung des Grades der Invalidität innerhalb eines Monats nach Eingang des Anerkenntnisses dem Versicherer gegenüber durch eine diesem zugehende Erklärung ausüben.

Versicherungsagent als Empfangsbote des Versicherers
OLG Hamm
1. Versicherungsagenten können Empfangsboten sein, auch wenn (abweichend von § 43 Nr. 2 VVG in den Versicherungsbedingungen) wie z. B. in § 12 Abs. 1 Satz 3 ARB 86, bestimmt ist, dass die Agenten zur Entgegennahme von Erklärungen nicht „bevollmächtigt" sind. Leitet ein solcher Agent eine ihm vom Versicherungsnehmer übergebene Erklärung nicht an den Versicherer weiter, ist diese Erklärung dem Versicherer im Rechtssinne zugegangen, zu dem Zeitpunkt, zu welchem nach dem regelmäßigen Lauf der Dinge mit dem Eingang dort zu rechnen war.
2. Als schriftliche Anzeige einer Abtretung durch den bisher Berechtigten genügt es, wenn der abtretende Versicherungsnehmer eine von ihm und dem Abtretungsempfänger unterschrieben Abtretungsvereinbarung dem Versicherer übergibt.
3. Hat der Versicherungsnehmer Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur Sicherheit an einen Dritten abgetreten und wird über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist der Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 2 InsO befugt, die Versicherung zu kündigen und den Rückkaufswert einzuziehen. Der absonderungsberechtigte Abtretungsempfänger hat einen Anspruch auf Auskehrung des Rückkaufswertes abzgl. der Feststellungs- und Verwertungskosten des Insolvenzverwalters gemäß § 171 InsO.

Haftung des Versicherungsmaklers wegen Falschberatung bei Wechsel des Krankenversicherers
OLG Frankfurt
1. Der Versicherungsmakler hat als Sachwalter des Versicherungsnehmers von sich aus das Risiko zu prüfen, den Versicherungsnehmer umfassend und zutreffend zu beraten und diesen ständig, unverzüglich und ungefragt zu unterrichten. Diese Beratungspflicht verletzt der Versicherungsmakler, wenn er dem Versicherungsnehmer im Jahr 2004 entgegen der höchst richterlichen Rechtsprechung sagt, dass dieser bei einem Wechsel seines privaten Krankenversicherers die Alterungsrückstellung des bisherigen Versicherers teilweise mitnehmen kann und er sich nicht ausreichend über den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers informiert (der Tarif beim bisherigen Versicherer enthielt einen Risikozuschlag wegen Bluthochdruck und Übergewicht) und diesen nicht über die gesundheitlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wechsel be- und gegebenenfalls von einem Wechsel abrät.
2. Vereinbart der Versicherungsnehmer mit seinem Arbeitgeber eine Gehaltsreduzierung bei verringerter Arbeitszeit, um sich nach dem misslungenen Krankenversichererwechsel gesetzlich zu versichern, weil kein privater Krankenversicherer ihn aufnehmen will, so ist der Verdienstausfall adäquate Folge der fehlerhaften Beratung und die gesundheitlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Versichererwechsel. Nicht adäquat ist die fehlerhafte Beratung zur Alterungsrückstellung für diesen Schaden, weil die Änderung des Arbeitsvertrags außerhalb des Schutzzwecks der Normen liegt.  

Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG auf alte Verträge bis zum 31.12.2008
LG Saarbrücken
Die örtliche Zuständigkeit für vom Versicherungsnehmer gegen den Versicherer im Jahr 2008 erhobene Klagen aus dem Versicherungsvertrag bestimmt sich nach § 215 Abs. 1 VVG 2008 und nicht mehr nach § 48 VVG a. F..

Keine Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG auf alte Verträge bis zum 31.12.2008
OLG Hamburg
Für Klagen, die Versicherungsnehmer bis zum Ende des Jahres 2008 gegen den Versicherer aufgrund von Versicherungsverhältnissen, die bis zum Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 am 1. Januar 2008 entstanden sind (Altverträge), erheben, ist der Gerichtsstand nach § 215 VVG n.F. nicht begründet.

Beweisschwierigkeiten nach vernichteter Abtretungsanzeige
OLG München
1. Die Legitimationswirkung des Versicherungsscheins wirkt nur zugunsten des Versicherers. Dieser ist berechtigt, die Leistungen an den Inhaber dieser Urkunde mit befreiender Wirkung zu erbringen, er ist jedoch nicht verpflichtet, an den Inhaber zu leisten.
2. Vernichtet der Versicherer aus Gründen bürotechnischer Rationalisierung eine Abtretungsanzeige, so ist es ihm nicht verwehrt, sich im Verhältnis zu Dritten (Abtretungsgläubiger) auf die durch die Vernichtung des Originals der Abtretungsanzeige entstehenden Beweisschwierigkeiten zu berufen. Den die Abtretungsanzeige unterschreibenden Parteien obliegt es, selbst für den erforderlichen Nachweis zu sorgen.

Keine demnächstige Zustellung bei einem Zeitraum von 8 Monaten zwischen Zugang der Kostenanforderung durch das Gericht und Zahlung des Gerichtskostenvorschusses
LG Dortmund
1. Eine Rückwirkung der Zustellungswirkung (§ 167 ZPO) auf den Tag des Eingangs der Klageschrift ist zu verneinen, wenn die Zustellung nicht "demnächst" erfolgt ist. Nach gefestigter Rechtsprechung ist der Begriff "demnächst" nicht rein zeitlich zu verstehen. Vielmehr ist damit eine Zustellung innerhalb einer angemessenen, selbst längeren Frist gemeint, sofern nur die Partei alles ihr zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat. Der Partei sind Verzögerungen zuzurechnen, die sie bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können. Eine Verzögerung von bis zu 14 Tagen gilt regelmäßig als unschädlich, eine solche von 18 oder 19 Tagen hingegen wird schon als nicht mehr geringfügig angesehen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der bis zur Zustellung verstrichenen Frist hat der Zeitraum vom Fristablauf bis zum Zugang der Anforderung des gerichtlichen Vorschusses außer Betracht zu bleiben, denn der Kläger darf die Vorschussanforderung abwarten. Außer Betracht zu bleiben hat ferner der Zeitraum zwischen der Zahlung des Vorschusses und der Klagezustellung; entscheiden ist somit der Zeitraum vom Eingang der Kostenanforderung bis zur Zahlung des Vorschusses.
2. Beträgt der - somit entscheidende - Zeitraum zwischen Eingang der Kostenanforderung und der Zahlung des Vorschusses etwa 8 Monaten ist die Zustellung nicht „demnächst" erfolgt.
3. Die Einschaltung einer Rechtsschutzversicherung entlastet den Kläger nicht. Die Anforderungen an den Versicherungsnehmer bei der Einhaltung der Frist hängen nicht davon ab, ob er einen Rechtsschutzversicherer einschaltet oder nicht. Insofern ist es auch ohne Bedeutung, dass der Kläger zunächst irrtümlich als Rechtsschutzversicherer gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten den ADAC benannt haben mag.

Zusendung eines Nachtrags gemäß dem mündlichen Wunsch des Versicherungsnehmers ändert den Vertrag
OLG Köln
1. Eine vom Versicherer auf mündlichen Antrag des Versicherungsnehmers hin durch Zusendung eines Nachtrags angenommene Vertragsänderung ist wirksam.
2. Eines Hinweises des Versicherers im Sinne von § 5 Abs. 2 VVG a. F. bedarf es in diesem Fall nicht, wenn der Versicherungsnehmer ausdrücklich die Geltung anderer Bedingungen wünscht.

Pflicht zur Bildung von Rückstellungen für künftige Aufwendungen zur Betreuung von Bestandskunden
Finanzgericht Münster
Versicherungsmakler müssen für die künftigen Aufwendungen zur Betreuung von Bestandskunden Rückstellungen bilden.

Provisionen aus ringweiser Vermittlung sind steuerpflichtig
Bundesfinanzhof
Bei gegenseitiger Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen oder auch zwischen fremden Dritten sind die dafür erhaltenen Provisionen jeweils als Entgelt für eine sonstige Leistung nach § 22 Nummer 3 Einkommensteuergesetz steuerpflichtig.

Verwendung von Kundendaten nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses
BGH
Ein Versicherungsvertreter darf Kundendaten, die ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Dienstherrn darstellen, nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses nicht schon deshalb für eigene Zwecke verwenden, weil er die Kunden während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses selbst geworben hat.

Schadensersatz des Handelsvertreters bei schuldhafter fristloser Kündigung
BGH
1. Hat der Kündigungsgegner auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung eines unbefristeten Handelsvertretervertrages verzichtet, so ist der Schadenersatzanspruch seines Vertragspartners aus § 89 a Abs. 2 HGB, der den Vertrag als Reaktion auf eine vom Kündigungsgegner schuldhaft veranlassten, unberechtigte fristlose Kündigung ebenfalls gekündigt hat, zeitlich nicht begrenzt.
2. Der Schadenersatzanspruch eines selbstständigen Handelsvertreters ist nicht in Fortschreibung des in seinem im letzten Vertragsjahres erzielten Gewinns zu ermitteln, sondern maßgebend ist, wie sich die Einnahmen und die Kosten seiner selbstständigen Tätigkeit auf lange Sicht entwickelt hätten. Hat der Schädiger gleichlautende Verträge mit zahlreichen anderen Handelsvertretern, so bietet es sich an, für die Schadenermittlung die Entwicklung dieser Vertragsverhältnisse zu berücksichtigen.

Keine Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG auf alte Verträge bis zum 31.12.2008
AG Augsburg
Die örtliche Zuständigkeit für Klagen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer im Jahr 2008 bestimmt sich nach 48 VVG a.F. und nicht nach § 215 VVG 2008

Keine Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG auf alte Verträge bis zum 31.12.2008
LG Berlin
Auf Versicherungsfälle, die bis zum 31.12.2008 bei vorgenannten Altverträgen (Abschluss vor dem 01.01.2008) eingetreten sind, ist § 215 Abs. 1 VVG nicht anwendbar. 

Keine Zurechnung von außerhalb des Auftrags des Versicherers erlangten Wissens (hier: Vorbehandlungen) des vom Versicherer zur Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses beauftragten Arztes
BGH
Dem Versicherer ist das Wissen des mit der Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses beauftragten Arztes nur insoweit zuzurechnen, als dieser es durch den Antragsteller im Rahmen der "Erklärung vor dem Arzt" erlangt hat (Fortführung des Senatsurteils vom 7. März 2001, IV ZR 254/00, VersR 2001, 620). Eine weitergehende Zurechnung von Wissen, das sich für den Arzt aus früheren Untersuchungen oder Behandlungen ergeben hat, kommt nicht in Betracht.

Keine Vertretereigenhaftung wegen Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens trotz zahlreich vermittelter Versicherungsverträge
OLG Celle
1. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat bzgl. der sog. Sachwalterhaftung keine Änderung der bestehenden Praxis, sondern nur deren Kodifikation beabsichtigt (§ 311 Abs. 3 BGB).
2. Der Umstand, dass eine Mehrzahl von Versicherungsverträgen vermittelt wurde, genügt für eine Eigenhaftung des Agenten grundsätzlich nicht.

Der Versicherer haftet für das Scheitern einer Vertragsänderung durch einen Fehler des Versicherungsagenten auf Schadenersatz gegenüber dem Versicherungsnehmer
KG
1. Wendet sich der Versicherungsnehmer mit dem Wunsch zur Änderung eines bestehenden Vertrags an einen Versicherungsagenten, so ist dieser zur Beratung über bestehende Tarifalternativen verpflichtet. Übernimmt er es im weiteren zudem, die Umstellung des bisherigen auf einen neuen Tarif in die Wege zu leiten, so muss er darauf hinwirken, dass der dazu erforderliche Antrag mit allen zur Bearbeitung erforderlichen Informationen versehen wird.
2. Enthält der Antrag nicht alle notwendigen Informationen und hat dies zur Folge, dass die Vertragsänderung scheitert, so kann der geschädigte Versicherungsnehmer im Wege des Schadensersatzes die angestrebte vertragliche Leistung vom Versicherer verlangen, wie wenn die vertragliche Regelung zustande gekommen wäre, da der Agent als dessen Erfüllungsgehilfe gehandelt hat.  

Eine ordnungsgemäße Belehrung des Versicherungsnehmers setzt die drucktechnische Hervorhebung des Textes voraus
OLG Köln
1. Eine ordnungsgemäße Belehrung im Sinne der Relevanzrechtsprechung setzt voraus, dass sie sich entweder durch eine größere Schrift oder durch Fettdruck deutlich von dem übrigen Formulartext abhebt.
2. Nur Angaben zur Kilometerleistung, die von der tatsächlichen Laufleistung um mehr als 10 % abweichen, sind geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Eine darunter liegende Differenz wirkt sich nur marginal auf den Kaufpreis aus.

Kaufmännischer Sorgfaltsmaßstab in Allgemeinen Versicherungsbedingungen erweitert nicht gesetzlichen Risikoausschluss auf leichte Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers
BGH
1. Der Grundsatz der engen Auslegung von Risikoausschlussklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen gilt auch, wenn es um die Frage geht, ob eine Bestimmung überhaupt einen Risikoausschluss enthält oder einen im Bedingungswerk an anderer Stelle enthaltenen oder einen gesetzlichen Risikoausschluss (wie § 61 VVG a.F.) zum Nachteil des Versicherungsnehmers erweitert.
2. Eine Klausel, nach der der Versicherungsnehmer bei allen Handlungen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns seines Geschäftszweiges wahrzunehmen hat, ist als solche nicht als Erweiterung der Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. schon bei leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles zu verstehen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 24. November 1971, IV ZR 135/69, VersR 1972, 85).

Haftung des Versicherungsmaklers für unterbliebenen Hinweis auf die im Versicherungsfall einzuhaltenden Fristen
OLG Karlsruhe
1. Ein Versicherungsmakler ist verpflichtet, seinen Kunden auch nach Abschluss eines vermittelten Versicherungsvertrags weiter zu betreuen. Diese Betreuungspflicht betrifft zum einen die Frage, ob die Versicherungen weiterhin angemessen sind. Zum anderen hat der Versicherungsmakler auf Veränderungen zu reagieren, die den Versicherungsschutz gefährden können. Schließlich ist ein Versicherungsmakler im Schadensfall verpflichtet, den Versicherungsnehmer, der die Dienste des Versicherungsmaklers bei der Abwicklung der Versicherungsansprüche aus dem Schadensfall in Anspruch nimmt, zu unterstützen. Hierzu zählt auch die Pflicht, den Versicherungsnehmer über besondere Umstände und Risiken aufzuklären, die den Versicherungsanspruch gefährden könnten.
2. Ein Versicherungsmakler, der es übernommen hat, den Versicherungsnehmer hinsichtlich der Schadensmeldung für eine Unfallversicherung zu unterstützen, muss diesen in diesem Zusammenhang auch auf die Regelung des § 7 I. Abs. 1 Satz 2 AUB 94 hinweisen. Die Regelung des § 7 I. Abs. 1 AUB gefährdet den Versicherungsschutz erheblich; wird die Frist versäumt oder fehlt es an einer ärztlichen Feststellung der Invalidität, ist der Versicherungsschutz oft nicht mehr durchsetzbar. Gerade in der Unfallversicherung kommt es nicht selten dazu, dass der Anspruch allein deshalb verloren geht, weil Fristen versäumt werden.
3. Dem steht nicht entgegen, dass die Versicherung selbst möglicherweise nicht gehalten wäre, den Versicherungsnehmer auf die Regelung des § 7 I. Abs. 1 Satz 2 AUB hinzuweisen. Insoweit ist bereits die Ausgangssituation des Versicherungsmaklers nicht mit der der Versicherung vergleichbar. Der Versicherungsmakler unterstützt den Versicherungsnehmer im Schadensfall und ist daher in erster Linie diesem verpflichtet.
4. Den Versicherungsnehmer trifft jedoch in der Regel ein hälftiges Mitverschulden. Zwar kann sich der pflichtwidrig handelnde Vertragspartner in der Regel nicht darauf berufen, der ihm vertrauende Geschädigte habe seine Interessen noch anderweit schützen und insbesondere mit einer Pflichtverletzung rechnen müssen. Jedoch betrifft die Pflichtverletzung des Maklers hier nur seine als Nebenpflicht bestehende Hinweispflicht auf die Regelung des § 7 I. Abs. 1 Satz 2 AUB 94. Diese Frist zu wahren obliegt dem Versicherten selbst. Der Versicherungsnehmer kann nicht erwarten, dass der Makler die Abwicklung des gesamten Versicherungsfalls übernehmen und insbesondere die Einhaltung der Fristen überwachen würde. Vielmehr ist es - auch im Verhältnis zu einem Versicherungsmakler - im Schadensfall in erster Linie Sache des Versicherungsnehmers, seine eigenen Interessen zu wahren und demgemäß die Versicherungsbedingungen zur Kenntnis zu nehmen.  

Hat der Versicherungsnehmer am Sitz des Versicherers Klage gegen den Versicherer erhoben, ist er nicht mehr berechtigt, im laufenden Verfahren Verweisung an das nach § 215 VVG ebenfalls zuständige Wohnsitzgericht zu beantragen
LG Koblenz
Unabhängig davon, ob man der Entscheidung des OLG Saarbrücken (VersR 2008, 1337) folgt, ergibt sich aus § 215 VVG n.F. kein ausschließlicher Gerichtsstand. Es verbleibt daneben jedenfalls der allgemeine Gerichtsstand des § 17 I, 21 I ZPO. Hat der Versicherungsnehmer am Gerichtsstand des § 17 I , 21 I ZPO geklagt, ist er deshalb nicht berechtigt, im laufenden Rechtsstreit Verweisung an das nach § 215 VVG (auch) zuständige Wohnsitzgericht zu beantragen. An sein ausgeübtes Wahlrecht nach § 35 ZPO bleibt der Versicherungsnehmer gebunden, so dass das angerufene Gericht weiterhin örtlich zuständig ist.

Kein Beweisverwertungsverbot bei Verwertung persönlicher Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers
LG Karlsruhe
1. Ein Beweisverwertungsverbot besteht nur, wenn durch die Beweiserhebung in ein verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht eingegriffen wurde und die Verwertung nicht durch eine Güterabwägung gerechtfertigt ist.
2. Der Versicherungsnehmer ist Kraft gesetzlicher Regelung (§§ 16 ff. a. F.) verpflichtet, bei Vertragsschluss wahrheitsgemäße Angaben über seinen Gesundheitszustand zu machen. Verstößt er gegen diese Pflicht, so handelt er rechtswidrig. Rechtswidrig erlangte oder angestrebte Vorteile werden von der Rechtsordnung grundsätzlich nicht geschützt. Daher überwiegt das Interesse des Versicherers an der Ermittlung und Verwertung der persönlichen Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers zum Zwecke der Vermeidung ungerechtfertigter Versicherungsleistungen gegenüber dem Interesse des Versicherungsnehmers in einem Ausgang der Übermittlung und Verwertung seiner persönlichen Daten.

Prozesskosten einer nicht existierenden Partei
OLG Düsseldorf
Zugunsten eines nicht existenten Beklagten kann ein Kostenfestsetzungsbeschluss nicht erlassen werden, wenn sich der für ihn tätige Prozessbevollmächtigte gar nicht mit der fehlenden Existenz gegen die Klage verteidigt hat.

Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
BGH
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensachauftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2008, VI ZB 16/08).

Erinnerungslücken des Versicherungsnehmers an einzelne im Antragsgespräch gestellte Fragen rechtfertigen ein Bestreiten mit Nichtwissen nur bei glauhaftgemachten Erinnerungslücken
LG Bonn
Es ist nach § 138 IV ZPO unzulässig, dass der Versicherungsnehmer mit Nichtwissen bestreitet, dass ihm vom Versicherungsagent eine konkrete Antragsfrage gestellt worden ist, weil die behauptete Fragestellung Gegenstand eigener Wahrnehmung des Klägers gewesen ist. Eine Nichtanwendung von § 138 Abs. 4 ZPO kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn eine Partei nach der Lebenserfahrung glaubhaft macht, sich an gewisse Vorgänge nicht mehr erinnern zu können; die bloße Behauptung, sich nicht zu erinnern, reicht nicht aus.

Auslegung und Wirksamkeit einer Prozessführungsklausel bei Mitversicherung
OLG Köln
1. Eine Führungsklausel im Rahmen der Mitversicherung dahingehend, dass die Führung der Versicherung ausschließlich in den Händen eines Mitversicherers liegt und sich die mitbeteiligten Versicherer diesem in jeder den Versicherungsvertrag betreffenden Erklärung anschließen, stellt eine Ermächtigung im Sinne von § 185 BGB dar, die die Handhabung des Vertrages für alle Beteiligten vereinfachen soll. Eine solche Klausel ist weder überraschend noch unklar im Sinne des AGB-Rechts.
2. Eine vereinbarte Prozessführungsklausel schafft nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht des Versicherungsnehmers, im Streitfall nur den führenden Versicherer zu verklagen. Die Regelung hat u. a. den Sinn, das Kostenrisiko für beide Teile zu vermindern. Es handelt sich um ein Pactum de non petendo, das bewirkt, dass eine Klage gegen den mitbeteiligten Versicherer abzuweisen ist, wenn er sich auf diese Klausel beruft.
3. Aufgrund dieses Pactum de non petendo fehlt einer Klage gegen die mitbeteiligten Versicherer auf Feststellung, dass diese Versicherungsschutz zu gewähren haben, das rechtliche Interesse.

Form der Belehrung im Sinne der Relevanzrechtsprechung
OLG Köln
1. Eine Belehrung im Sinne der Relevanzrechtsprechung ist nicht ausreichend, wenn sie sich zwar am Ende des Fragebogens über der Überschriftenzeile befindet, sich drucktechnisch aber nicht von dem übrigen Formulartext absetzt, weil sie in der gleichen Größe gedruckt und auch nicht durch Fettdruck hervorgehoben ist.
2. Wenn der Versicherungsnehmer im Zeitpunkt des Ausfüllens eines Fragebogens zu der Kfz-Entwendung nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist, eine solche Belehrung aber in dem später ausgefüllten Formular der eigentlichen Schadensanzeige erfolgt ist, fehlt es (weiterhin) an einer ordnungsgemäßen Belehrung für die in dem Fragebogen falsch beantworteten Fragen.

Auch bei einer alsbaldigen Berichtigung gegenüber dem Versicherer bleibt ein Verschweigen von Vorschäden arglistig
OLG Saarbrücken
Bei einem arglistigen Verschweigen des Versicherungsnehmers von Vorschäden eines gestohlenen Fahrzeugs ist der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit. Dies gilt auch bei einer späteren Korrektur der Angaben. Zwar bleibt der Versicherer leistungspflichtig, wenn der Versicherte falsche Angaben korrigiert, bevor der Versicherer den Fahler bemerkt. Dies gilt aber nicht bei einer versuchten vorsätzlichen Schädigung des Versicherers. Liegt der letzte Schaden erst ein paar Monate zurück, ist nicht nachvollziehbar, dass sich ein Versicherungsnehmer daran nicht mehr erinnern kann, und es ist von einer vorsätzlichen und arglistigen Täuschung auszugehen.

Schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorsätzlichen Anzeigeobliegenheit führt auch bei einem Analphabeten zur Leistungsfreiheit des Versicherers
LG Bonn
Der über der Unterschriftszeile des Anzeigeformulars befindliche Hinweis auf die Leistungsfreiheit des Versicherers bei vorsätzlich unrichtigen Angaben enthält eine ausreichende Belehrung des Versicherungsnehmers. Die Behauptung des Versicherungsnehmers, nicht nur "im schriftlichen Ausdruck eingeschränkt" zu sein, sondern als Analphabet Deutsch weder lesen noch schreiben zu können, ist unerheblich. Abgesehen davon, dass es in diesem Falle vorrangig Sache des Versicherungsnehmers ist, sich entsprechend helfen zu lassen, kann eine andere (d. h. hier mündliche) Belehrung allenfalls dann erwartet und verlangt werden, wenn die Verständigungsschwierigkeiten durch den Versicherungsnehmer offenbart werden. Ohne Angabe konkreter Umstände, die erkennen lassen, dass der Versicherungsnehmer nicht lesen kann, fehlt einer solchen Vermutung jede tatsächliche Grundlage.

Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers wenn der Versicherungsagent Rückfragen des Versicherers zu einem Antrag nicht beantwortet bzw. den Antrag schuldhaft unvollständig ausgefüllt hat, so dass erst dadurch die Rückfragen erforderlich wurden
KG Berlin
1. Werden vertragliche Nebenpflichten im Rahmen der Vertragsanbahnung oder - bei einem bestehenden Vertragsverhältnis- im Rahmen angestrebter Vertragsänderungen verletzt und hat diese Pflichtverletzung zur Folge, dass der Vertrag bzw. die Vertragsänderung scheitert, so kann der Geschädigte im Wege des Schadenersatzes die angestrebte vertragliche Leistung verlangen, so als wenn die vertragliche Regelung zustande gekommen wäre.
2. Wendet sich der Versicherungsnehmer mit einem Änderungswunsch - hier: Verringerung der Versicherungsprämien - an den Versicherungsagenten, ist jener zur Beratung über bestehende Tarifalternativen aus dem Angebot des Versicherers verpflichtet. Übernimmt der Versicherungsagent es im Weiteren die Umstellung von dem bisherigen auf den neuen Tarif in die Wege zu leiten, hat er außerdem darauf hinwirken, dass dieser Antrag mit allen zur Bearbeitung notwendigen Informationen versehen ist.
3. Diese Nebenpflicht ist verletzt, wenn der Versicherungsagent den Antrag auf Tarifumstellung zwar an den Versicherer weiterleitet es sodann aber pflichtwidrig unterlässt, darauf hinzuwirken, dass die Rückfragen des Versicherers, die zur Bearbeitung des Antrags erforderlich sind, beantwortet werden.
4. Bei der Frage des kausalen Schadens ist es unerheblich, ob der Versicherer zur Annahme eines Änderungsantrages nicht verpflichtet war. Allein entscheidend ist, ob es seinerzeit - ohne die dargestellte, falsche Behandlung des Änderungsantrags - zur Annahme des Antrags gekommen wäre. Zwar wäre dieses bei bestehender Annahmepflicht ohne weiteres zu bejahen, auch ohne Annahmepflicht können aber ebenso die Umstände des Einzelfalles, den sicheren Schluss rechtfertigen, dass der Vertrag ohne die vorwerfbare Pflichtverletzung zustande gekommen wäre.
5. Allerdings ist auch einem Versicherungsnehmer zuzumuten, zum Erfolg eines Änderungsantrags beizutragen und etwa beim Ausbleiben einer Reaktion des Versicherungsunternehmens auf einen gestellten Antrag nachzufragen und so den Fortgang zu fördern. Ein Unterlassen dieser Pflicht kann ein Mitverschulden und damit eine Kürzung des Anspruchs begründen.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines außergerichtlichen Sachverständigen
BGH
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können.

Wann und in welcher Höhe ist die Abschluss-Courtage des Maklers zu aktivieren?
Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Die Ansprüche eines Versicherungsmaklers auf Abschluss-Courtage sind bereits bei der Zahlung der Erstprämie durch den Versicherten zu aktivieren, weil die Forderung in diesem Zeitpunkt nicht mehr mit besonderen Risiken behaftet ist. Das gilt ebenso für die Courtage-Ansprüche, bei denen zusätzlich noch die Fälligkeit hinausgeschoben ist.

Urteile aus dem Jahr 2008

Auch eine gutgläubig ins Blaue hinein angegebene Behauptung ist arglistig
OLG Frankfurt
1. Macht ein Versicherungsmakler Angaben zu den Vorschäden nach eigener Kenntnis und ohne Rücksprache mit der Versicherungsnehmer sowie ohne Einblicknahme in die ihm vorliegenden Vertragsunterlagen des Vorversicherers handelt dieser arglistig.
2. Arglist setzt Vorsatz voraus, wobei bedingter Vorsatz ausreicht. Arglistig handelt bereits, wer ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage und somit „ins Blaue hinein" unrichtige Zusicherungen abgibt (vgl. BGH NJW 75, 642; 98, 3197; 06, 2839). Am Vorwurf der Arglist ändert sich auch dann nichts, wenn der Versicherungsmakler die Angaben gutgläubig gemacht hat. Zur Arglist ist nämlich nicht notwendigerweise das Wissen erforderlich, dass die angegebene Tatsache nicht der Wahrheit entspricht. Arglistig kann auch derjenige täuschen, dem - wie er weiß - entgegen der offensichtlichen Erwartung des Erklärungsempfängers jegliche zur sachgemäßen Beurteilung des Erklärungsgegenstandes erforderliche Kenntnis fehlt und der dies verschweigt; der gute Glaube an die Richtigkeit des Erklärten schließt in einem solchen Fall Arglist nicht aus (vgl. BGH NJW 80, 2460). Das arglistige Verhalten liegt dann darin, dass dem Erklärenden, was ihm auch bewusst war, die zur sachgemäßen Beantwortung erforderliche tatsächliche Grundlage fehlt und dass er gleichwohl diesen Umstand gegenüber dem anderen Teil verschweigt; es wird die Zuverlässigkeit einer Angabe vorgespiegelt, obwohl die dafür erforderliche objektive Grundlage fehlt.

Zurechnung arglistigen Verhaltens eines Maklers
OLG Frankfurt 
Hat der Versicherungsnehmer die Ausfüllung des Versicherungsantrages dem Versicherungsmakler vollständig überlassen und ist dieser mit Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers allein vom Versicherungsmakler unterzeichnet worden, der zudem bei der Unterschriftszeile für den Versicherungsnehmer den Hinweis „Maklervertrag" hinzugefügt hat, ist der Versicherungsmakler Vertreter des Versicherungsnehmer, so dass § 166 Abs. 1 Anwendung findet.

Beweis für den Zugang eines Faxes kann im Einzelfall durch einen auf dem Sendebericht enthaltenen „Ok"-Vermerk geführt werden
OLG Karlsruhe
Ein Telefax des Versicherungsnehmers ist dem Versicherer zugegangen, wenn die gesendeten technischen Signale vollständig im Telefaxgerät des Versicherers angekommen sind und Anhaltspunkte dafür fehlen, dass ein ordnungsgemäßer Ausdruck des Schreibens aus vom Versicherer nicht zu vertretenen Gründen gescheitert sein könnte. Das Vorliegen eines OK-Vermerks im Sendebericht belegt das Zustandekommen der Verbindung (i. A. OLG Celle, Urteil vom 19.07.2008, 8 U 80/07).

Keine anlassunabhängige Verpflichtung des Versicherers zur Information seiner Versicherungsnehmer über neue Vertragsbedingungen
OLG Düsseldorf
1. Es besteht keine von jedem konkreten Anlass losgelöste, allgemeine Hinweispflicht des Versicherers zur Information seiner Versicherungsnehmer über die Einführung neuer Bedingungen für einen bestimmten Versicherungszweig und über deren Einbeziehung in bestehende Verträge.
2. Eine Pflicht zum Hinweis auf neue Bedingungen kommt in Betracht, wenn konkrete Vertragsverhandlungen über die Umgestaltung oder Verlängerung des Versicherungsvertrages geführt werden. Automatisiert ablaufende Vertragsanpassungen, -änderungen und -verlängerungen aufgrund von vereinbarten Fortsetzungsklauseln oder regelmäßiger Dynamisierung von Prämie und Leistung sind jedoch Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien nicht gleichzusetzen.
3. Ob eine Hinweispflicht ausgelöst wird, wenn die Bedingungsänderungen ausnahmslos im Interesse des Versicherungsnehmers liegen, ist nicht entscheidungserheblich und kann offenbleiben.

Keine Verjährungshemmung bei offensichtlicher Nichtweiterverfolgung der Ansprüche (hier: 6 Jahre)
OLG Saarbrücken 5. Zivilsenat
Die Hemmung der Verjährung entfällt, wenn der Versicherungsnehmer nach einem unvollständig ausgefüllten Unfallbericht nahezu 6 Jahre wartet, bis er sich wieder an seinen Versicherer wendet.

Nachgeholte Behandlungstermine mindern den Betriebsunterbrechungsschaden eines Arztes nicht
OLG Saarbrücken 5. Zivilsenat 
Ein auf Ersatz eines Betriebsunterbrechungsschadens einer Arztpraxis in Anspruch genommener Versicherer kann nicht einwenden, ein Umsatzausfall habe durch eine Verlegung oder Nachholung von Behandlungsterminen ausgeglichen werden können.

Recht des Versicherers auf Einsicht in die Insolvenzakte im Rahmen der Prüfung einer Eigenbrandstiftung des Versicherungsnehmers
OLG Frankfurt
Das erforderliche Interesse eines Versicherers an der Einsicht in die Insolvenzakte im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO ergibt sich aus einem Rechtsverteidigungsinteresse in einem Rechtsstreit um eine Sachversicherungsleistung, da die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeinschuldners eine maßgebliche Indizwirkung für das Vorliegen einer Eigen- bzw. Auftragsbrandstiftung im Sinne des § 61 VVG a. F. darstellen könnten - und zwar auch, wenn es in dem Rechtsstreit um einen vom Schuldner an den Leasinggeber abgetretenen Anspruch geht, den der Insolvenzverwalter freigegeben hat.

Der Versicherer darf sich auf Beweisschwierigkeiten wegen Vernichtung des Originals einer Abtretungsanzeige berufen
OLG München
1. Ein Versicherungsschein legitimiert den Inhaber gegenüber dem Versicherer nach § 808 Abs. 1 BGB lediglich insoweit, dass der Versicherer durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit ist. Dieser ist jedoch nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.
2. Einem Versicherer ist es nicht verwehrt, sich auf Beweisschwierigkeiten zu berufen, die auf die Vernichtung des Originals einer Abtretungsanzeige zurückzuführen sind.

Gerichtsstand für im Jahr 2008 erhobene Klagen aus dem Versicherungsvertrag
OLG Saarbrücken
Die örtliche Zuständigkeit für vom Versicherungsnehmer gegen den Versicherer im Jahr 2008 erhobene Klagen aus dem Versicherungsvertrag bestimmt sich nach § 215 Abs. 1 VVG 2008 und nicht mehr nach § 48 VVG a. F..

Zulässigkeit einer Zeugenvernehmung des neben dem Versicherer als einfachen Streitgenossen mitverklagten Versicherungsvertreters
AG Koblenz
1. Verklagt der Versicherungsnehmer sowohl den Versicherer als auch den Versicherungsagenten als einfache Streitgenossen, ist die Vernehmung des mitverklagten Versicherungsagenten als Zeuge zulässig, sofern die Tatsachen, zu denen er vernommen werden soll, ausschließlich den anderen Streitgenossen betreffen.
2. Dies ist immer dann der Fall, wenn ersichtlich kein unmittelbarer Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den mitverklagten Versicherungsagenten besteht, sondern allenfalls gegen den ebenfalls verklagten Versicherer.

Glaubwürdigkeit der Aussage eines Versicherungsagenten trotz fehlender konkreten Erinnerung an das Kundengespräch
AG Koblenz
Allein der Umstand, dass ein Versicherungsvertreter keine konkrete Erinnerung mehr an ein Kundengespräch hat, stellt keinen Grund dar, ihm nicht zu glauben, dass er im konkreten Fall entsprechend seiner geschilderten ausnahmslosen Übung korrekt vorgegangen ist.

Nichtkenntnis von vertraglich vereinbarten Obliegenheiten ist grob fahrlässig
OLG Köln
Die Nichtkenntnis von den vertraglich vereinbarten Obliegenheiten (hier: Absperren der Wasserzuleitung bei Leerstand des Hauses) ist nicht geeignet, den Versicherungsnehmer vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu entlasten. Es ist vielmehr grob fahrlässig, die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten nicht zu kennen.

Kein Rückerstattungsanspruch des Versicherers gegen den Dritten, an den auf Weisung des Versicherungsnehmers die Versicherungsleistung gezahlt wurde, auch wenn der Dritte die Versicherunsgleistung nicht an Versicherungsnehmer weiterleitet
KG Berlin
Dem Versicherer, der entsprechend einer vorherigen, unwidersprochen gebliebenen Ankündigung eine Versicherungsleistung auf das Konto eines Dritten überweist, das in dem Antrag des Versicherungsnehmers ausdrücklich als „Konto für ... Überweisungen von Versicherungsleistungen" bezeichnet worden ist, steht gegen den Dritten kein Rückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 BGB zu, (auch) wenn der Dritte die Versicherungsleistung nicht an den Versicherungsnehmer weiterleitet.

Keine starre zeitliche Begrenzung beim Schadensersatzanspruch nach § 89 a HGB
BGH
Der Schadensersatzanspruch aus § 89 a Abs. 2 HGB wegen einer von dem Kündigungsgegner schuldhaft veranlassten fristlosen Kündigung ist nicht zeitlich begrenzt, wenn der Kündigungsgegner auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung des unbefristeten Handelsvertreterverhältnisses verzichtet hat.

Bei Ausbleiben des Versicherungsfalls und unwirksamen Versicherungsvertrag besteht kein bereicherungsrechtlicher Prämienanspruch
LG Berlin
1. Durch die Mitteilung des Versicherers, der Vertrag sei „aufgehoben", und darauf folgendes Schweigen des Versicherungsnehmers bei Nichtzahlung der Beiträge, kommt ein Aufhebungsvertrag zustande.
2. Ein gesetzlicher Prämienanspruch des Versicherers in entsprechender Anwendung des § 40 VVG kommt nicht in Betracht, wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden ist.
3. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Prämienzahlung scheidet bei Nichteintritt des Versicherungsfalls aus, da die bloße Bereitstellung des Versicherungsschutzes nur vorbereitenden Charakter hat und erst die Entschädigungszahlung des Versicherers im Versicherungsfall die eigentliche Leistung darstellt.

Keine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht, wenn das Gericht nicht darauf hinweist, dass bislang kein Beweis für eine strittige Behauptung des Versicherungsvertreters angeboten wurde und die Klage deshalb abgewiesen wird
OLG Koblenz
Allein der Umstand, dass ein nahe liegender Zeuge (hier: Versicherungsagent für eine angeblich mündlich erteilte Kostenübernahme) von einer Partei nicht benannt wird, begründet nicht die Vermutung, dass die Partei die Benennung dieses Zeugen erkennbar übersehen hätte, mit der Folge dass das Gericht einen entsprechenden Hinweis hätte erteilen müssen. Vielmehr kann das Unterlassen der Zeugenbenennung einerseits auf prozesstaktischen Erwägungen beruhen andererseits bewusst im Hinblick darauf erfolgen, dass die Partei von dem Zeugen keine für sie günstige Aussage erwartet. Es obliegt nicht dem Gericht, die Motive für das Unterlassen von Beweisangeboten zu erforschen.

Keine Wissenszurechnung bei evidentem Vollmachtsmissbrauch des Versicherungsagenten (kollusives Zusammenwirken)
LG Kleve 3. Zivilkammer
Ein kollusives Zusammenwirkens zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsagent (Einreichung fingierter Rechnungen) lässt eine arglistige Vorgehensweise des Versicherungsnehmers nicht entfallen. Zwar ist ein Versicherungsvertreter gemäß § 43 Nr. 2 VVG a.F. zur Entgegennahme derartiger Erklärungen grundsätzlich berechtigt mit der Folge, dass seine Kenntnis als "Auge und Ohr" des Versicherers grundsätzlich dem Versicherer zuzurechnen ist. Der Versicherungsnehmer kann sich aber auf die Vertretungsmacht und Kenntnis des Agenten nicht berufen, wenn ihm bewusst war, dass der Agent gezielt eine "falsche Rechnung" unter Vorspiegelung der Richtigkeit an den Versicherer weiterleitet. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist der Versicherte dann nicht schutzwürdig, wenn er kollusiv mit dem Versicherungsagenten bzw. -vertreter zusammenarbeitet und ihm dessen Missbrauch evident ist.

Erstattungspflicht von Darlehenszinsen nach verspäteter Schadensregulierung nur unter Anrechnung bereits zugesprochener Zinsen
LG Dortmund 22. Zivilkammer
Ist ein Versicherungsnehmer gezwungen, wegen verspäteter Regulierung eines Schadensfalles durch seinen Versicherer ein Darlehen aufzunehmen, so sind auf den daraus resultierenden Anspruch aus Verzug im Wege der Vorteilsausgleichung Zinsen anzurechnen, die ihm bereits in einem Vorprozeß gegen den Versicherer zugesprochen wurden.

Erstattungsfähigkeit von Ermittlungskosten
LG Düsseldorf
Ermittlungskosten sind als notwendige Prozesskosten erstattungsfähig, wenn sie in Bezug auf einen unmittelbar bevorstehenden und doch mit Sicherheit zu erwartenden Prozess zur Erhärtung eines bereits bestehenden Verdachts aufgewandt worden sind und die Ermittlungen sodann Eingang in den Rechtsstreit gefunden haben.

Antrag auf Deckungsschutz beim Rechtsschutzversicherer begründet keine Entlastung für eine verfristet zugestellte Klage
OLG Karlsruhe 
Gegenüber einer verfristet zugestellten Klage kann sich der Versicherungsnehmer nicht darauf berufen, dass er statt Prozesskostenhilfe zu beantragen zunächst versucht hat, Deckungsschutz in einer Rechtsschutzversicherung zu bekommen.

Ausschreibungspflicht öffentlicher Auftraggeber für Versicherungsdienstleistungen
BGH
Öffentliche Auftraggeber können nicht als Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit Versicherungsdienstleistungen im Wege eines „In-House"-Geschäftes ohne Ausschreibung beschaffen.

Bei Erkennbarkeit des verklagten „richtigen Versicherers" ist das Rubrum von Amts wegen zu berichtigen
OLG Nürnberg
1. Wird in einer Klage offensichtlich irrtümlich eine - tatsächlich existierende - Partei als Beklagte bezeichnet (hier: einem Verbund von Versicherungen angehörende Versicherungsgesellschaft), so gilt die in wirklich gemeinte Partei (hier: Schwestergesellschaft) als verklagt. Insoweit ist die Parteibezeichnung anhand des Klagevorbringens einschließlich der angegebenen Beweismittel auszulegen.
2. Nach Feststellung der Partei, die unzweifelhaft verklagt werden sollte, ist das Rubrum entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Fehlende Erinnerung an den genauen Inhalt des Antragsgesprächs spricht für Glaubwürdigkeit des Agenten
LG Mühlhausen
1. Es wäre wenig glaubhaft, wenn der Agent 3,5 Jahre nach Antragstellung noch alle Einzelheiten des Gesprächs präsent hat, da die Aufnahme von Versicherungsverträgen für ihn ein alltägliches Geschäft ist. Daher spricht die fehlende konkrete Erinnerung nicht gegen den Agenten.
2. Die Risikoprüfungsobliegenheit kann durch Nachfrage an den Versicherungsnehmer gewahrt werden. Ist der Inhalt der Antwort weder ersichtlich unvollständig noch unklar, besteht keine weitere Nachfrageobliegenheit. Ohnehin besteht bei Arglist eine solche nicht. Denn wer besonders schwer vorwerfbar treuwidrig handelt (Arglist), darf den bewussten Missbrauch des Vertrauens seines Verhandlungspartners nicht damit rechtfertigen, dass diesem Nachlässigkeiten oder Unaufmerksamkeiten unterlaufen sind

Kein Schadensersatzanspruch bei unterbliebener Überwachung des Zugangs eines Antrags beim Versicherer durch den Agenten
LG Dortmund
Behauptet der Agent, den Antrag auf Abschluss einer Bauwesenversicherung an den Versicherer übersandt zu haben, der indes beim Versicherer nie ankam, besteht kein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers. Insbesondere bestehen keine Überwachungspflichten hinsichtlich des Schicksals des Antrags, da es dem Antragsteller, d. h. dem Versicherungsnehmer obliegt, die Kontrolle darüber zu behalten, ob er den beantragten Versicherungsschutz erhält oder nicht. Er muss seinerseits beim Versicherungsvermittler oder dem Versicherer selbst Rücksprache halten und zieht sich u. U. den Vorwurf eines Mitverschuldens zu, wenn er dies unterlässt (vgl. auch BGH VersR 1986, 329; OLG Hamm r+s 1989, 388). Ein gesonderter Überwachungsauftrag des Klägers an den Vermittler erfolgte nicht, kann indes auch dahinstehen, weil dieser dann Erfüllungsgehilfe des Versicherungsnehmers und nicht des Versicherers wird.

Keinen besonderen Hinweispflichten des Versicherers bei Einführung des gesetzlichen Beitragszuschlags zum 01.01.2000
Amtsgericht Köln
Landgericht Köln VersR 2008, 1100
Den Versicherer traf keine über § 12 e Nr. 3 VAG hinausgehende Hinweispflicht bei Einführung des gesetzlichen Beitragszuschlags zum 01.01.2000. Ohne besonderen Anlass musste er nicht darauf hinweisen, dass gezahlte Zuschläge bei einem späteren Wechsel zu einem anderen Versicherer nicht auf diesen übertragen werden können.

Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten eines Kfz-Haftpflichtversicherers bei Versicherungsbetrugsverdacht
OLG Brandenburg
Ein Gutachten, das ein Versicherer wegen der Vermutung des Versicherungsbetruges aufgrund verabredeten Unfalls vor Klageerhebung in Auftrag gegeben hat und das während laufenden Rechtsstreits erstellt worden ist, ist unmittelbar prozessbezogen. Die dabei entstandenen Kosten sind erstattungsfähig und können im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden.

Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
Amtsgericht Stuttgart-Bad Canstadt
Voraussetzung für die Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens ist die unmittelbare Prozessbezogenheit. Diese liegt vor, wenn es im Rahmen eines laufenden Verfahrens in Auftrag gegeben wurde.

Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus
BGH
Die für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners setzt grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus.

Beweis für der Zugang eines Faxes kann im Einzelfall durch einen auf dem Sendebericht enthaltenen „OK"-Vermerk geführt werden
OLG Celle 8. Zivilsenat 
AG Koblenz, Urt. v. 05.08.2008, 411 C 910/08
1. Im Einzelfall kann nach sachverständiger Beratung aus dem im Sendebericht eines Faxes enthaltenen "OK"-Vermerk bezüglich der erfolgreichen Übermittlung auf einen Zugang des Faxes beim Empfänger geschlossen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass der "OK"-Vermerk trotz einer möglichen Fehlerquote von 10 - 15 % bei den übertragenen Pixel-Punkten erfolgt, da die Wahrscheinlichkeit, dass vollständige, für das Verständnis des Textes relevante Textzeilen fehlen, äußerst gering ist.
2. Kommt ein Fax mit unvollständigem Inhalt beim Versicherer an, kann er aber den Absender erkennen, so ist er nach Treu und Glauben verpflichtet, den Versicherungsnehmer hierauf hinzuweisen.
3. Für den Zugang eines Faxes genügt es, wenn die gesendeten Signale im Empfangsgerät empfangen bzw. gespeichert werden. Auf den Ausdruck des Faxes sowie die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es grundsätzlich nicht an.

Auch bei Vorliegen eines (bestrittenen) Privatgutachtens bedarf es in der Regel noch der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens
BGH
Ein Privatgutachten stellt qualifizierten Parteivortrag dar. Das Gericht darf sich dem nur anschließen und von der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens absehen, wenn es darlegt, dass es aufgrund eigener Sachkenntnis die streitigen Fragen abschließend beurteilen kann.

Eine Untätigkeit des Versicherungsnehmers bei der Anspruchsverfolgung über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren führt zum Wegfall der Verjährungshemmung
LG Hamburg
Verfolgt der Versicherungsnehmer den von ihm zunächst angemeldeten Anspruch offensichtlich (hier: über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren) nicht mehr weiter und ist deshalb bei objektiver Betrachtung davon auszugehen, dass er ein endgültiges Ablehnungsschreiben des Versicherers gar nicht mehr erwartet, besteht für eine Hemmung der Verjährung kein Schutzbedürfnis mehr.

Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des betreuenden Rechtsanwalts in überörtlicher Sozietät
BGH
Die durch die Terminswahrnehmung anfallenden Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftssitz der auswärtigen Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten sind regelmäßig nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen und damit erstattungsfähig. Dieser Grundsatz gilt selbst dann, wenn der sachbearbeitende Rechtsanwalt einer überörtlichen Anwaltssozietät angehört, die auch am Sitz des Prozessgerichts mit dort postulationsfähigen Rechtsanwälten vertreten ist.

Arglistige Täuschung durch den Makler ist dem Versicherungsnehmer zuzurechnen
BGH
1. Eine arglistige Täuschung des Versicherers allein durch den Makler, der nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, ist dem Versicherungsnehmer nach § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
2. Will der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast.
3. Falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein genügen nicht, um den Schluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtfertigen. Die Annahme von Arglist setzt in subjektiver Hinsicht vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde.

Arglistige Täuschung durch den Makler ist dem Versicherungsnehmer zuzurechnen
OLG Köln
1. Wenn der Versicherungsmakler dem Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen behilflich ist, wird er in dessen Interesse tätig und übernimmt damit eine Aufgabe, die dem Versicherungsnehmer selbst oblegen hätte.
2. Ein Fehlverhalten des Maklers bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen, das eine arglistige Täuschung darstellt, wird dem Versicherungsnehmer zugerechnet, weil der Makler nicht als Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB angesehen werden kann.

Keine Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten im Kostenfestsetzungsverfahren
LG Koblenz
Ein vom Versicherer eingeholtes Privatgutachten gehört nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO, wenn die betroffenen Fragen keinen unmittelbaren Einfluß auf den Ausgang des Rechtstreits hatten.

Gegenüber einer nach § 12 III VVG nicht fristgerecht zugestellten Klage kann sich der Versicherungsnehmer nicht darauf berufen, dass er statt Prozesskostenhilfe zu beantragen, zunächst vergeblich versucht hat Deckungsschutz in einer Rechtsschutzversicherung zu erlangen
OLG Karlsruhe
1. Eine Zustellung drei Monate nach Anhängigkeit ist nicht mehr demnächst im Sinne des § 167 ZPO.
2. Wird erst über 6 Wochen nach Aufforderung des Kostenvorschusses ein PKH-Antrag gestellt, überschreitet dies den Zeitrahmen erheblich, der dem Kläger üblicherweise für die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses nach entsprechender Aufforderung zuzubilligen ist.
3. Die Fristversäumnis wird auch nicht dadurch entschuldigt, dass der Kläger zunächst bei zwei Rechtsschutzversicherungen um Versicherungsschutz nachgesucht hat und Prozesskostenhilfe erst beantragt hat, nachdem beide Rechtsschutzversicherungen die Deckung verweigert haben. Vielmehr ist der Kläger verpflichtet, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine alsbaldige Zustellung der Klage zu ermöglichen. Diese Anforderungen hängen nicht davon ab, ob der Kläger einen Rechtsschutzversicherer einschaltet oder nicht. Vielmehr hätte der Kläger die Gerichtskosten notfalls selbst einzahlen müssen. Sofern er dazu nicht in der Lage war, hätte er von Anfang an Prozesskostenhilfe beantragen und dabei darauf hinweisen müssen, dass er rechtsschutzversichert sei, der Versicherungsschutz aber noch nicht geklärt sei, insbesondere die Versicherungen bislang keine Deckung zugesagt hätten. Eine Partei, die die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe im übrigen erfüllt, ist solange bedürftig, bis eine Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage erteilt (BGH, NJW 1991, 109). Ein solcher Prozesskostenhilfeantrag hätte jedenfalls die Klagefrist gewahrt. Zumindest hätte der Kläger gemäß § 14 Nr. 3 GKG eine sofortige Zustellung der Klage ohne Zahlung des Kostenvorschusses beantragen müssen.

Die Frist des § 12 III erfasst keine Rückforderungsansprüche des Versicherers wegen bereits erbrachter  (BUZ-) Leistungen nach Anfechtung des Versicherungsvertrags
OLG Brandenburg
Die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG erfasst nicht vom Versicherer erhobene Rückzahlungsansprüche Von seinem Wortlaut her erfasst die Regelung nur die Fälle, in denen der Versicherungsnehmer von sich aus tätig werden muss, um eine von ihm begehrte Leistung aus dem Vertrag zu erhalten. Vor diesem Hintergrund können von § 12 Abs. 3 VVG allenfalls diejenigen Ansprüche erfasst sein, die der Versicherer über den bereits von dem Versicherungsnehmer gezahlten Betrag hinaus noch geltend zu machen beabsichtigt. Nicht erfasst sind demgegenüber Rückforderungsansprüche aus bereits geleisteten Zahlungen, für die es möglicherweise eine Rechtsgrundlage nicht gegeben hat. Insoweit ist der Versicherer nicht schutzwürdig, denn es bleibt ihm überlassen, ob und innerhalb welchen Zeitraums er beabsichtigt, seine vermeintlichen Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.

Zur Abgrenzung positiver Kenntnis des Versicherungsfalles vom bloßen Kennenmüssen im Rahmen einer den Versicherungsnehmer treffenden Obliegenheit, bei Eintritt des Versicherungsfalles dem Versicherer den Schaden anzuzeigen
BGH
1. Sowohl die Obliegenheit zur Schadensanzeige als auch das Veränderungsverbot setzen voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von denjenigen Umständen oder Tatsachen hat, die die Anzeigeobliegenheit und das Veränderungsverbot auslösen. Der Versicherungsnehmer ist deshalb erst dann zur Schadensanzeige verpflichtet und ihm sind Veränderungen der Schadensstelle untersagt, wenn er Kenntnis vom Eintritt des Versicherungsfalls hat. Fehlt ihm dieses Wissen, so ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er etwas anzeigen oder die Schadensstelle unverändert lassen muss. Das positive Wissen um die die Obliegenheiten auslösenden Umstände ist deshalb Teil des objektiven Tatbestandes dieser Obliegenheiten, den der Versicherer, will er sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheiten berufen, beweisen muss
2. Seit langem ist geklärt, dass in Fällen, in denen eine vertraglich vereinbarte, nach dem Versicherungsfall zu beachtende Obliegenheit an die Kenntnis des Versicherungsnehmers von einem bestimmten Umstand oder Ereignis anknüpft, ein Kennenmüssen nicht ausreicht, vielmehr positive Kenntnis erforderlich ist..

Nichtmitteilung der vom Versicherer bewiesenen Kenntnisse des Versicherungsnehmers über den Versicherungsfall begründet Vermutung für vorsätzliches Handeln
BGH
1. Die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalls mitzuteilenden Umstände wird zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den der Versicherer zu beweisen hat.
2. Steht fest, dass der Versicherungsnehmer zunächst Kenntnis von den von dem Versicherer mitzuteilenden Umständen hatte, wird vorsätzliches Handeln vermutet, wenn er diese dem Versicherer nicht vollständig mitteilt. Für seine Behauptung, die Kenntnis der betreffenden Umstände nachträglich durch eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung verloren zu haben (hier: retrograde Amnesie) trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast.

Pfändung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen
BGH
Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch dann wirksam, wenn in dem Beschlussformular auf angeheftete Anlagen verwiesen wird, in denen die gepfändete Forderung bezeichnet ist. Die Anlagen als solche müssen nicht unterschrieben werden.

Ohne Kenntnis des Versicherers von der Forderungsabtretung wirkt die dem früheren Gläubiger gesetzte Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG auch gegen den Abtretungsempfänger
OLG Koblenz
1. Nach der Abtretung des vermeintlichen Anspruchs auf Versicherungsleistungen muss die Fristsetzung gemäß § 12 Abs. 3 VVG nur dann gegenüber dem neuen statt dem ursprünglichen Gläubiger erfolgen, wenn der Versicherer Kenntnis von der Abtretung hatte. Ist dies nicht der Fall, wirkt die dem ursprünglichen Gläubiger gesetzte Frist zur Klageerhebung auch gegen den Abtretungsempfänger.
2. Erhebt der ursprüngliche Gläubiger zu einem Zeitpunkt im Eigennamen Klage auf Versicherungsleistungen, zu denen er nicht Inhaber der Forderungen ist, ist die Frist des § 12 Abs. 3 VVG durch die Klageerhebung nicht gewahrt.

Keine Hinweispflicht des Versicherers auf eine für den Versicherungsnehmer günstigere vertragliche Konstellation
Amtsgericht Düsseldorf
Der Versicherer ist nicht verpflichtet, den Versicherungsnehmer von sich aus auf eine für ihn günstigere vertragliche Konstellation hinzuweisen. Eine solche Betreuungspflicht des Versicherers gegenüber ihren Versicherungsnehmern würde zu weit gehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Versicherungsnehmer ausdrücklich nach günstigeren Konstellationen fragt.

Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten eines Kfz-Haftpflichtversicherers bei Verdacht des Versicherungsbetruges Im Kostenfestsetzungsverfahren
OLG Koblenz
1. Bestand bei Sicht ex ante ein zureichender Anhalt für einen versuchten Versicherungsbetrug, sind die Kosten eines vom Kfz-Haftpflichtversicherers eingeholten Privatgutachten erstattungsfähig, wenn mit einer Klage zu rechnen war.
2. Der Einwand, bei einem derartigen Gutachten habe es sich um einen weitgehend erfolgsloses Verteidigungsmittel im Sinne des § 96 ZPO gehandelt, ist im Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich.

Reichweite eines strafprozessualen Beweisverwertungsverbots im nachfolgenden Zivilprozess nach einem Versicherungsbetrug
LG Dortmund
Aus einem strafprozessualen Beweisverwertungsverbot folgt nicht zwangsläufig ein Beweisverwertungsverbot im nachfolgenden Zivilprozess. Vielmehr ist über die Frage der Verwertbarkeit aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall zu entscheiden, wobei ein Schutzbedürfnis der Partei regelmäßig jedenfalls nicht mehr gegeben ist, wenn das Strafverfahren bereits rechtskräftig zu einem Freispruch geführt hat.

Im Falle der Rückforderung von betrügerisch erlangten Versicherungsleistungen kann der Versicherer auf Feststellung klagen, dass die Hauptforderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Versicherungsnehmers zum Nachteil des Versicherers herrührt
OLG Stuttgart
Ein rechtliches Interesse der Klägerin an dieser Feststellung folgt aus §§ 850 f Abs. 2 ZPO, 302 Nr. 1 InsO, wonach Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung privilegiert vollstreckt werden können und, soweit sie der Gläubiger als solche angemeldet hat, im Insolvenzverfahren von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht berührt werden.

Kostenverteilung bei Rechtstreit über die Höhe der Invaliditätsleistung
LG Nürnberg-Fürth
Hängt der Erfolg der Klage von der Tatsachenermittlung durch einen Sachverständigen ab, so kommt es im Rahmen des § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht auf ein bestimmtes Verhältnis des eingeklagten zum zugesprochenen Betrag an; § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist vielmehr anwendbar, wenn die Zuviel-Forderung auf einen ex ante betrachtet verständlichen Schätzfehler beruht.

Zulässigkeit einer Feststellungsklage auf Kostenübernahme der Kosten einer zukünftigen IVF-Behandlung jedenfalls bei näherer Beschreibung der zu übernehmenden einzelnen Behandlungsmaßnahmen im Klageantrag
LG Dortmund
1. Die Zulässigkeit von auf die Feststellung der Eintrittspflicht des privaten Krankheitskostenversicherers gerichteter Klagen wegen der Erstattung künftiger Kosten in Aussicht genommenen Heilbehandlungen ist zu bejahen, wenn die Feststellung ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis in dem Sinne betrifft, dass die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden, was wiederum dann der Fall ist, wenn das Begehren nicht nur auf künftige, mögliche, sondern auf bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlungen gerichtet ist. Hierneben bedarf es einerseits des Erfordernisses des Feststellungsinteresses dahingehend, dass durch ein Feststellungsurteil eine sachgemäße und erschöpfende Lösung des Streits über die Erstattungspflichten zu erwarten ist.
2. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist eine Klage, welche auf Feststellung der Verpflichtung des Versicherers zur Übernahme der Kosten eines beabsichtigten Versuchs einer künstlichen Befruchtung gerichtet ist, jedenfalls dann zulässig, wenn der Versicherungsnehmer in seinem Feststellungsantrag die Leistungen des Versicherers für einen avisierten zweiten Versuch einer IVF/ICSI näher beschreibt. In diesem Fall ist sein Begehren nicht lediglich auf künftige mögliche, sondern auf bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlungen gerichtet.

Keine Berufung des Versicherungsnehmers auf nicht erfolgten Zugang eines qualifizierten Mahnschreibens bei nicht angezeigtem Wohnsitzwechsel
LG Koblenz
Der Versicherungsnehmer kann sich nicht auf den Nichterhalt eines qualifizierten Mahnschreibens berufen, wenn die Zustellung nur deshalb scheiterte, weil dem Versicherer ein Wohnsitzwechsel zuvor nicht angezeigt wurde. Gemäß § 10 Abs. 1 VVG genügt in einem derartigen Fall zur Abgabe einer Willenserklärung die bloße Absendung eines eingeschriebenen Briefes nach der letzten dem Versicherer bekannten Adresse.

Der Nachweis des Inhalts eines Mahnschreibens kann von dem Versicherer nach substantiierter Schilderung des EDV-Programmablaufs auch durch Vorlage eines Musterschreibens geführt werden
LG Koblenz
Der Nachweis des Inhalts des Mahnschreibens kann auch durch Vorlage eines Musterschreibens (z.B. Fiche) geführt werden, wenn die Annahme nahe liegt, dass bei dem substantiiert zu schildernden EDV-Programmablauf dieses Schreiben auch tatsächlich versandt wurde.

Unverwertbarkeit einer Zeugenaussage über Inhalt eines verdeckten Telefonats betreffend die Beantwortung von Gesundheitsfragen
OLG Frankfurt
Verdecktes Mithören eines Telefonats über Gesundheitsfragen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsmakler durch einen Dritten führt regelmäßig zur Unverwertbarkeit der Zeugenaussage dieses Dritten über den Inhalt des Telefonats.

Die Auskunftsobliegenheiten des Versicherungsnehmers entfallen nicht durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur generellen Schweigepflichtsentbindungserklärung
OLG Nürnberg
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.2006 zur Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrecht durch eine generelle Schweigepflichtsentbindungserklärung entbindet den Versicherungsnehmer nicht von seinen vertraglichen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Prüfung, ob ein Versicherungsfall vorliegt.

Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch Nachbenennung einer Zeugin
BGH
1. Nach der Rechtsprechung des Senats gehört die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalls mitzuteilenden Umstände zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den der Versicherer zu beweisen hat. Diese Obliegenheit kann der Versicherungsnehmer bei Unkenntnis schon objektiv nicht verletzen, denn es gibt nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand den Versicherer aufklären könnte.
2. Wenn der Versicherungsnehmer erst erstinstanzlich und ohne weitere Erklärung eine weitere Zeugin für das Abstellen des als gestohlen gemeldeten Fahrzeugs benannt hat, belegt dieser Vortrag im Prozess für sich genommen noch nicht, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von den Beobachtungen dieser weiteren Zeugin schon bei Abfassung der Schadenanzeige hatte. Es ist Sache des Versicherers, solche Kenntnis zu behaupten und ggf. zu beweisen.

Nachmeldeobliegenheit nach Antragsstellung
OLG Saarbrücken
1. Der Versicherer muss beweisen, dass der Versicherungsnehmer seiner Nachmeldeobliegenheit nicht genügt hat. Auch insoweit gilt die „Auge- und Ohr-Rechtssprechung"
2. Die Nachmeldeobliegenheit setzt in der Regel eine ausdrückliche Belehrung des Versicherungsnehmers bei der Antragsaufnahme voraus oder eine so erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands, dass sich dem Versicherungsnehmer deren Bedeutung für den Versicherer aufdrängen muss.
3. Die Beschränkung der Vollmacht des Versicherungsagenten für das „Versicherungsverhältnis betreffende Mitteilungen" gilt erst ab Vertragsschluss; deshalb genügt der Versicherungsnehmer seiner Nachmeldeobliegenheit gegenüber dem Versicherer auch durch mündliche Anzeigen an dessen Versicherungsagenten.

Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen Falschberatung mit Schluss des Jahres, in dem der Versicherungsvertrag geschlossen wurde
LG München
Der Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers in der fondsgebundenen Lebensversicherung wegen Falschberatung aus culpa in contrahendo bzw. gewohnheitsrechtlicher Erfüllungshaftung entsteht nicht erst mit der Realisierung von Verlusten, sondern in dem Moment, in dem der Versicherungsnehmer eine nicht genehmigte Anlageart aufgrund vorgetragener Falschberatung gewählt hat. Da es im Rahmen des § 12 Abs. 1 VVG zudem nicht auf eine Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs ankommt, beginnt die Verjährung des gel-tend gemachten Schadensersatzanspruches mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Versicherungsvertrag geschlossen wurde.

Unzulässige Nichterhebung eines angebotenen Sachverständigenbeweises über Verfälschung des nur noch mikroficheverfilmten Antrags des Versicherungsnehmers
BGH
1. Die Vernichtung des Originals des Antrags des Versicherungsnehmers durch den Versicherer infolge von Mikroficheverfilmung schließt Feststellungen über das Schriftbild in unterschiedlichen Antragsexemplaren nicht aus.
2. Der Versicherer, der Beweisschwierigkeiten des Versicherungsnehmers infolge der Vernichtung des Antragsoriginals zu vertreten hat, muss den Versicherungsnehmer so stellen, als sei diesem der Beweis der Fälschung gelungen.

Haftung des Versicherungsmaklers
OLG Brandenburg
1. Hatte der Versicherungsnehmer bei seinem Antrag auf Abschluss einer Risikolebensversicherung mit BUZ seinen Drogenkonsum nicht angegeben und ist der Versicherer deswegen nach Kenntniserlangung im Versicherungsfall zurückgetreten und verlangt der Versicherungsnehmer von dem ihm beratenden Makler Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung, weil er bei richtiger Belehrung den Drogenkonsum angegeben und der Versicherer den Ver-trag dann doch geschlossen hätte, so hat der Versicherungsnehmer dies zu beweisen. Bleibt offen, ob der Versicherer auch bei richtiger Beantwortung den Vertrag geschlossen hätte, so geht dies zu Lasten des beweispflichtigen Versicherungsnehmers.
2. Verlangt der Versicherungsnehmer vom vermittelten Makler aus positiver Vertragsverletzung Ersatz der von ihm bis zum Rücktritt des Versicherers gezahlten Prämie zurück, weil der Makler ihm Gesundheitsfragen überhaupt nicht gestellt habe, und kann er den Inhalt des Vermittlungsgespräches nicht nachweisen, so geht dies zu seine Lasten, weil er zu beweisen hat, dass der Makler die Pflichten aus dem Vermittlervertrag verletzt hat.

Kündigung eines Gruppenversicherungsvertrages durch den Versicherer nur bei gleichzeitigem Angebot der Vertragsfortsetzung als Einzelversicherung an alle versicherten Personen
LG Köln
Die Kündigung eines Gruppenversicherungsvertrages durch den Versicherer ist nach § 178 i Abs. 3 VVG nur zulässig, wenn den versicherten Personen die Vertragsfortsetzung als Einzelversicherung angeboten wird. Dies gilt nicht nur für die substitutive, sondern für alle Arten der Krankenversicherung.

Familienprivileg auch bei nicht ehelicher Lebensgemeinschaft
OLG Naumburg
Das Familienprivileg aus § 67 Abs. 2 VVG ist auch auf eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden, wenn sich diese einer Ehe vergleichbar verfestigt hat (hier: langjährige Lebensgemeinschaft mit gemeinsamer Ausübung der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind; enge Verflechtung der finanziellen Verhältnisse: gemeinsamer Kredit für das gemeinsam genutzte Einfamilienhaus).

Kein Versicherungsvertragsschluss mit Annahmeverzicht nach Verkehrssitte
OLG Frankfurt
Im Bereich der Versicherungsverträge geht die Verkehrssitte dahin, dass der Versicherer seinen Annahmewillen durch die Übersendung einer Police oder eines Nachtrags zu erklären pflegt. Eine allgemeine Verkehrssitte, dass eine Annahmeerklärung des Versicherers entbehrlich sei, besteht hingegen nicht.

Keine Festsetzung der vollen Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren, wenn der An-walt des Versicherungsnehmers bereits außergerichtlich für diesen tätig war
BGH
1. Es wird daran festgehalten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (Nr. 2400 VV RVG aF) auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gericht-lichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr vermindert (Senatsur-teile vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049; vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500).
2. Für die Anrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend ge-macht, tituliert oder bereits beglichen ist.
3. Eine vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallene Geschäftsgebühr kann nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein 

Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverstän-digen
BGH
1. Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten (hier: vom Haftpflichtversicherer beauftragtes Gutachten zur Frage, ob ein Unfallgeschehen vorgetäuscht war) können nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit ver-wendet wird, sondern das Gutachten muss sich auf den konkret rechtshängigen oder sich abzeichnenden Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig.
2. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen. Dies ist der Fall bei Beauftragung eines Sachverständigengutachtens durch den Versicherer nach Klageandrohung des Versicherungsnehmers. Ausreichend ist auch, dass das Gutachten zwar vor Klageandrohung beauftragt, aber erst nach Klageandrohung erstellt wurde (BGH. Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 -) und die die Kosten des Sachverständigengutachtens somit erst nach seiner Erstellung - und damit nach Klageandrohung - entstanden sind.
3. Aufwendungen für ein Gutachten, welches lediglich der allgemeinen und eher routinemäßigen Prüfung der Frage dient, ob es sich um ein vorgetäuschtes Unfallgeschehen handelte, sind nicht erstattungsfähig, denn es diente im Ergebnis der Prüfung der Einstandspflicht des Versicherers. Diese Prüfung hat der Versicherer grundsätzlich in eigener Verantwortung vorzunehmen hat. Den dadurch entstehenden Aufwand hat er mithin grundsätzlich selbst zu tragen (vgl. Senat BGHZ 153, 235, 236 f.).
4.Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn hinreichende Anhaltspunkte für einen lediglich vorgetäuschten Verkehrsunfall und einen bevorstehenden Versuch eines Versicherungsbetrugs sprechen und deshalb zu besorgen ist, dass ohne die zeitnahe Einschaltung eines Privatsachverständigen Beweismittel für einen späteren Prozess verloren gehen oder ihre Benutzung erschwert wird, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Denn dem Vorbringen des Versicherungsnehmers sind solche konkreten Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass die Fahrzeuge der Beklagten in der Vergangenheit häufig für manipulierte Verkehrsunfälle benutzt wurden, reicht für sich allein nicht aus, um die Kosten für die Einholung vorgerichtlicher Privatgutachten zur generellen Prüfung dieser Frage zu "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 ZPO und damit zum Gegenstand eines späteren Kostenfestsetzungsverfahrens zu machen.

Keine Anwendung der Bestimmungen über die Hemmung und Unterbrechung auf die Ausschlußfrist des § 12 III VVG a.F.
OLG Naumburg
1. Die Bestimmungen über die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung sind auf die Ausschlussfristen des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG weder direkt noch entsprechend anwendbar, weil es sich um vollständig verschiedene Rechtseinrichtungen handelt (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGHZ 98, 295 f.).
2. Es gehört deshalb zu den Pflichten einer unbemittelten Partei, in den Fällen, in denen eine fristgebundene Prozesshandlung vorzunehmen ist, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe innerhalb der Frist ordnungsgemäß darzulegen (vgl. BGH, Bes. vom 30.11.2006, Az.: III ZR 23/06 zu § 13 StrEG m.w.N.).

Eine Parteibezeichnung ist grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Kla-geschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen.
BGH
1. Bei der Auslegung der Parteibezeichnung ist der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich Anlagen zu berücksichtigen. Wird daraus unzweifelhaft deutlich, welche Partei wirklich gemeint ist, so steht der entsprechenden Auslegung auch nicht entgegen, dass der Kläger irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person gewählt hat.
2. Auf Antrag des Scheinbeklagten ist dieser durch eine Entscheidung des Gerichts aus dem Rechtsstreit zu entlassen, wobei gleichzeitig dem Kläger, sofern dieser die falsche Zustellung veranlasst hat, die Kosten des Scheinbeklagten aufzuerlegen sind, die zur Geltendmachung von dessen fehlender Parteistellung notwendig waren. Für eine Klageabweisung ist kein Raum.

Bei einer Teilklage ist der Versicherungsnehmer verpflichtet darzutun, auf welche Rechnun-gen, in welcher Reihenfolge und in welcher Höhe er sein Klagebegehren stützt
OLG Koblenz
Macht der Versicherungsnehmer im Wege einer Teilklage Heilbehandlungskosten in Höhe von 15.000,00 € geltend und reicht er hierzu einen Ordner mit Rechnungen über 43.000,00 € ein, ohne anzugeben, mit welchem Anteil bzw. in welcher Reihefolge die einzelnen Ansprüche durch das Gericht geprüft werden sollen, ist die Klage unzulässig

Beweislast des Versicherers für nachteilige Folgen einer Obliegenheitsverletzung im Rückfor-derungsprozess gegen den Versicherungsnehmer
BGH
1. Dem Versicherer obliegt im Rückforderungsprozess gegen den Versicherungsnehmer - anders als im Prozess des Versicherungsnehmers auf Entschädigungsleistung - die Darlegungs- und Beweislast für nachteilige Folgen einer Obliegenheitsverletzung.
2. Bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall ist die Leistungsfreiheit des Versicherers davon abhängig, dass der Versicherungsnehmer ausdrücklich und unmissverständlich über den Verlust seines Leistungsanspruchs auch für den Fall unterrichtet worden ist, dass die Obliegenheitsverletzung beim Versicherer zu keinen Nachteilen geführt hatte.

Anforderungen an die drucktechnische Gestaltung der Belehrung über die Folgen einer Ob-liegenheitsverletzung
OLG Köln
Für die drucktechnische Hervorhebung der Belehrung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung im Sinne der Relevanzrechtssprechung ist allein entscheidend, ob der Leser aufgrund der Gestaltung des Schriftbildes in seinem Lesefluss auf den Text der Belehrung als solche aufmerksam gemacht wird. Ob die Herausstellung einzelner Worte der Belehrung die wich-tigsten Begriffe erfasst, ist insoweit irrelevant.

Sekundäre Darlegungslast des begünstigten Dritten beim Beweis der arglistigen Täuschung
BGH
Will der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des Versicherungsvertrags arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast; er muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den falschen Angaben gekommen ist.

Unwirksamer Leistungsausschluss bei vorläufigem Versicherungsschutz
OLG Saarbrücken
Die Klausel „unsere Leistungspflicht ist - soweit nicht etwas vereinbart ist - ausgeschlossen für Versicherungsfälle, zu deren Eintritt gefahrerhebliche Erkrankungen, Beschwerden oder Gesundheitsstörungen zumindest mitursächlich beigetragen haben, die ihnen bzw. der zu versichernden Person bei Antragstellung bekannt waren, auch wenn diese im Antrag angegeben wurden. Gefahrerheblich sind solche Erkrankungen, Beschwerden oder Gesundheitsstörungen, die geeignet sind, auf unseren Entschluss, den Vertrag überhaupt oder zu dem verein-barten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Erkrankungen, Beschwerden oder Ge-sundheitsstörungen, nach denen wir bei Antragstellung ausdrücklich und schriftlich gefragt haben, gelten im Zweifel als erheblich", ist unwirksam, weil intransparent.

Keine Erstattungsfähigkeit der Kosten des nicht vor Ort ansässigen „Versicherer-Hausanwalts"
OLG Oldenburg
Überlässt der Versicherungsnehmer gemäß § 5 Nr. 4 AHB dem Haftpflicht-Versicherer die Prozessführung und beauftragt dieser seinen „Hausanwalt", der weder am Sitz des Gerichts noch am Wohn- oder Geschäftsort des Versicherungsnehmers ansässig ist, so sind die dadurch ent-stehenden höheren Reisekosten nicht erstattungsfähig.

Ermittlungskosten bei vorgetäuschtem Versicherungsfall
AG Paderborn
Sowohl Versicherungsnehmer als auch Anspruchsteller haben bei betrügerischen Behauptungen zum Schadensfall gegenüber dem Versicherer die Ermittlungskosten sowie anteiligen Sach- und Personalkosten auf Grund deliktischer Haftung zu tragen.

Erfüllungshaftung des Versicherers bei falschen Auskünften zu privater Rentenversicherung (Arbeitgeberwechsel)
OLG Celle
1. Dem Versicherten (Arbeitnehmer) in einem zwischen dem Versicherungsnehmer (bisheriger Arbeitgeber) und dem Versicherer zu seinen Gunsten geschlossenen privaten Rentenversicherungsvertrag für eine betriebliche Altersvorsorge steht ein Anspruch nach den Grundsätzen der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung gegen den Versicherer zu, wenn der Versi-cherungsagent bei den zum Vertragsschluss führenden Gesprächen auf ausdrückliche Frage des Versicherten erklärt, im Falle eines Wechsels des Arbeitgebers sei die Fortführung des Vertrags mit keinen Änderungen verbunden, ohne hinzuzufügen, dass es wegen der unterschiedlichen Tarife und Konditionen in den vom Versicherer mit dem alten und dem neuen Arbeitgeber geschlossenen Gruppenversicherungsverträgen Änderungen im Bereich von Prämie und Leistungen geben kann.
2. Es liegt kein anspruchsausschließendes erhebliches Eigenverschulden vor, wenn sich aus den Vertragsunterlagen nicht eindeutig entnehmen lässt, dass beim Wechsel des Arbeitgebers trotz gleich bleibender Prämie auch eine Reduzierung der versprochenen Leistungen eintreten kann.

Versicherungsmaklerhaftung für unzureichenden Versicherungsschutz
OLG Hamm
1. Der Versicherungsmaklervertrag verpflichtet den Makler zur Beschaffung und Aufrechterhaltung eines bestmöglichen Versicherungsschutzes und in diesem Rahmen zur Beratung und Betreuung seines Auftraggebers.
2. Übersieht der Versicherungsmakler, der für ein Fahrzeug Versicherungsschutz ohne Begrenzung der Frachtführerhaftung beschaffen soll, dass sich aus der ihm zugegangenen Durchschrift der Versicherungsunterlagen eine Beschränkung des Versicherungsschutzes auf Schüttguttransporte ergibt, dann haftet er für den Schaden, der sich aus dem Fehlen des Versicherungsschutzes anlässlich eines Schadensfalls bei dem Transport einer Straßenwalze ergibt.

Würdigung einer Zeugenaussage nach Einzelrichterwechsel - Kaskoentschädigungsklage wegen behaupteter Kfz-Entwendung
OLG Hamm
Nach einem Wechsel des Einzelrichters darf die Aussage eines zuvor vernommenen Zeugen nicht ohne weiteres als glaubhaft angesehen werden. Vielmehr ist, wenn es auf den persönlichen Eindruck ankommt und der vernehmende Richter dazu nichts aktenkundig gemacht hat, die Vernehmung zu wiederholen.

Grenzen der Beratungspflicht des Vermittlers bei rechtzeitiger Überreichung eines die Chan-cen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlichenden Kapitalanlageprospekts
BGH
Zur (im konkreten Fall verneinten) Pflicht des Anlagevermittlers, den Anlageinteressenten über die Risiken der Beteiligung an einem in der Rechtsform einer GbR betriebenen geschlossenen Immobilienfonds hinzuweisen, wenn der Vermittler dem Interessenten rechtzeitig ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht hat, der nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln.

Rechtsmittelzuständigkeit des OLG für amtsgerichtliche Urteile gegen Versicherer mit Sitz im Ausland
BGH
Die Anknüpfung der Rechtsmittelzuständigkeit des OLG daran, dass eine Partei bei Klageerhebung keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, ist formal zu verstehen. Sie greift auch dann ein, wenn sie im Einzelfall keine besonderen Fragen des international Privatrechts stellen.

Arglistanfechtung des Versicherungsvertrages trotz Verletzung einer Nachfrageobliegenheit
BGH
Ein Versicherer verliert das Recht zur Arglistanfechtung des Versicherungsvertrages nicht schon deshalb, weil er einer Nachfrageobliegenheit nicht nachgekommen ist.

Voraussetzung für eine Klage am Gerichtsstand der Niederlassung des (Kfz-Haftpflicht) Versicherers
LG Dortmund
Die örtliche Zuständigkeit für die Klage gegen eine Haftpflichtversicherungsgesellschaft nach § 21 ZPO ist nicht bei jeder beliebigen Niederlassung der Gesellschaft innerhalb der Bundesrepublik Deutschland gegeben, sondern nur dann, wenn zwischen dem Unfallereignis und der klagenden Partei einerseits und andererseits zu der betreffenden Niederlassung ein Bezug besteht.

Keine Arglist bzw. Obliegenheitsverletzung, wenn dem den Versicherungsantrag ausfüllenden Versicherungsagenten die Gesundheitsfragen zutreffend beantwortet wurden und dieser die Gesundheitsfragen gleichwohl verneint
OLG Köln
Hat der Agent das Ausfüllen des Versicherungsantrages nach telefonischer Absprache mit dem Versicherungsnehmer zum Teil vorab vorgenommen und hat der Versicherungsnehmer später unterschrieben, lässt sich allein mit dem Inhalt des ausgefüllten Antragsformulars nicht beweisen, dass der Versicherungsnehmer falsche Angaben gemacht hat. Es muss hinzukommen, dass der Agent die Fragen zutreffend gestellt und der Versicherungsnehmer sie wie ein-getragen beantwortet hat.

Örtliche Zuständigkeit des Gerichts des Wohnsitzes bei Verkehrsunfall in der EU
EuGH
Wird ein Bürger der Europäischen Union in einem anderen Mitgliedstaat der EU Opfer eines Verkehrsunfalls, so kann er vor dem Gericht des Ortes seines Wohnsitzes Klage gegen den Versicherer des Unfallverursachers erheben. Nach dem Gemeinschaftsrecht ist dieses Recht allein davon abhängig, dass der Versicherer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig ist und dass das nationale Recht die Möglichkeit einer unmittelbaren Klage kennt.

Fehlende Information über alternative Gestaltungsmöglichkeiten stellt keine Verletzung der vorvertraglichen Beratungspflichten des Versicherers dar
OLG Köln
Es stellt keine Verletzung von vorvertraglichen Beratungspflichten dar, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Abschluss eines Kapitallebensversicherungsvertrages über 12 Jahre lediglich auf die Kapitalertragssteuerpflicht hinweist, nicht aber über alternative Gestaltungsmöglichkeiten wie etwa die Einrichtung eines Beitragsdepots mit Verteilung der Prämienentnahme auf 5 Jahre informiert.

Urteile aus dem Jahr 2007

Schuldhafte Verletzung der Nachmeldepflicht durch die Nichtangabe einer mittelschweren depressiven Erkrankung im Zusammenhang mit der Übersendung eines Zusatzfragebogens
OLG Köln
Fehlt es an einem deutlichen Hinweis auf die Nachmeldepflicht des Versicherungsnehmers, wird teilweise angenommen, dass dieser einem unverschuldeten Rechtsirrtum unterlegen ist, wenn er gegen diese Verpflichtung verstoßen hat. Bei einer mittelschweren depressiven Erkrankung, die sogleich zu einer Krankschreibung führt und fachärztlich behandelt wird, liegt jedoch eine Erkrankung von „einigem Gewicht" vor, so dass der Versicherungsnehmer bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt wissen muss, dass er diese nachzumelden hat. Dies gilt erst Recht, wenn er nach deren Bekanntwerden einen Zusatzbogen zu einer im Antrag angegebenen, weniger erheblichen Erkrankung ausgefüllt hat.

Erhebliche Straftat zum Nachteil des Versicherers stellt alleine keinen dinglichen Arrestgrund dar
OLG Hamm
Ein Arrestgrund liegt nicht allein deshalb vor, weil dem Versicherungsnehmer eine erhebliche Straftat zum Nachteil des Versicherers vorgeworfen wird.

Gewohnheitsrechtlich anerkannte Erfüllungshaftung eines Versicherers bei Falschauskunft des Vermittlungsagenten über Auswirkungen eines Arbeitgeberwechsels auf die Rentenversicherung
OLG Celle
1. Dem Versicherten (Arbeitnehmer) in einem zwischen dem Versicherungsnehmer (bisheriger Arbeitgeber) und dem Versicherer zu seinen Gunsten geschlossenen privaten Rentenversicherungsvertrag für eine betriebliche Altersvorsorge steht ein Anspruch nach den Grundsätzen der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung gegen den Versicherer zu, wenn der Versicherungsagent bei den zum Vertragsschluss führenden Gesprächen auf ausdrückliche Frage des Versicherten erklärt, im Falle eines Wechsels des Arbeitgebers sei die Fortführung des Vertrages mit keinen Änderungen verbunden, ohne hinzuzufügen, dass es wegen der unterschiedlichen Tarife und Konditionen in den vom Versicherer mit dem alten und dem neuen Arbeitgeber geschlossenen Gruppenversicherungsverträgen Änderungen im Bereich von Prämie und Leistungen geben kann.
2. Es liegt kein anspruchsausschließendes erhebliches Eigenverschulden vor, wenn sich aus den Vertragsunterlagen nicht eindeutig entnehmen lässt, dass beim Wechsel des Arbeitgebers trotz gleichbleibender Prämie auch eine Reduzierung der versprochenen Leistungen eintreten kann.

Versicherer ist beweispflichtig für den rechtzeitigen Zugang einer Mahnung wegen fälliger Prämie
OLG Hamm
Ein Versicherer wird nicht zwangsläufig von seiner Leistungspflicht frei, wenn ein Versicherungsnehmer eine fällige Prämie nicht zahlt. Der Versicherer muss innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zur Zahlung der Prämie dem Versicherten eine qualifizierte Mahnung zusenden und den rechtzeitigen Zugang beweisen. Die Absendung allein beweist weder den Zugang noch den Zeitpunkt. Es bestehen keine Erfahrungssätze, dass Postsendungen innerhalb einer bestimmten Zeit den Empfänger erreichen.

Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsverhältnisses wahrt nicht die Klageausschlussfrist
OLG Rostock
Die Erhebung einer Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsverhältnisses stellt kein Feststellungsbegehren in Bezug auf die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung dar und wahrt deshalb nicht die Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG. 

Keine eigene Wertung des Versicherungsnehmers bei Beantwortung von Gesundheitsfragen
OLG Frankfurt
Auf die Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag sind nicht nur Krankheiten oder Beschwerden von erheblichem Gewicht anzugeben, sondern auch solche Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sich nicht bereits als Gesundheitsschaden oder Krankheit darstellen, sondern als Störungen oder Beschwerden zu bezeichnen sind (hier: disseminierte Marklagenläsionen). Eine Wertung wird dem Befragten nicht abverlangt.

Berufen des Versicherers auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG trotz Hinweises auf deren Nichtgeltung und weiterer Korrespondenz mit dem Versicherungsnehmer ist treuwidrig
OLG Koblenz
1. Weist ein Mitarbeiter des Versicherers auf Nachfrage des Versicherungsnehmers telefonisch darauf hin, die Klagefrist gelte nicht mehr, eine schriftliche Fristverlängerung müsse aber von seinem Vorgesetzten unterschrieben werden, und korrespondieren die Parteien nachfolgend ohne Hinweise auf die Klagefrist, ist das Berufen des Versicherers auf den Fristablauf im Prozess treuwidrig.
2. Die Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren setzt bei vereinbarter abstrakter Verweisung eine Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse oder den Erwerb neuer beruflicher Kenntnisse voraus.

Anforderungen an die Gewährung rechtlichen Gehörs bei Vorwurf einer arglistigen Täuschung durch den Ehemann der Versicherungsnehmerin
BGH
Eine tatrichterliche Beweiswürdigung bezüglich des Vorwurfs einer arglistigen Täuschung durch den Ehemann der klagenden Versicherungsnehmerin verletzt deren Recht auf rechtliches Gehör, wenn wesentlicher Parteivortrag, Zeugenaussagen und aus der Akte ersichtliche Erkenntnismöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen werden.

Bei einer Unterversicherung muss der Versicherer für ein fehlerhaftes Verhalten seines Agenten einstehen
KG
Der Versicherungsnehmer hat im Falle der Unterversicherung einen Schadensersatzanspruch, wenn der Versicherer bei der Beantragung der Versicherung einen falschen Rat über die Höhe der zu vereinbarenden Versicherungssumme erteilt oder die hierbei gebotene Aufklärung unterlässt. Dies gilt in gleicher Weise, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsantrag nach vorausgegangener Beratung durch eigene interne Mitarbeiter oder sonstige Beauftragte des Versicherers stellt und diese einen falschen Rat erteilen oder ihre Aufklärungspflicht verletzen.

Pflicht zur Wiederholung der Belehrung zur Aufklärungsobliegenheit ist Frage des Einzelfalls.
BGH
Ob eine schon im Formular für die Schadensmeldung enthaltene Belehrung über die Folgen einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit bei einer späteren Nachfrage des Versicherers wiederholt werden muss, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Die Ausschlussfrist nach § 12 Abs. 3 kann nur gegenüber einem Anspruch nicht aber zur Frage des Fortbestandes oder Beendigung des Versicherungsverhältnisses gesetzt werden
OLG Hamm
Die nach erfolgter Anfechtung erteilte Belehrung „Wenn Sie meinen, dass Ihnen Versicherungsleistungen zustehen und die BUZ-Versicherung und die Lebensversicherung weitergeführt werden müssen, können Sie diesen Anspruch nur innerhalb von 6 Monaten nach Empfang dieses Briefes gerichtlich geltend machen. Wird dieses Recht nicht genutzt, erlischt der Anspruch allein schon wegen des Fristablaufes (§ 12 Abs. 3 VVG)." setzt die Frist nicht in Lauf. Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG kann nur gegenüber einem Anspruch aus einem Versicherungsfall, nicht aber zur Frage des Fortbestandes oder Beendigung eines Vertrages (z. B. durch Anfechtung oder Rücktritt) gesetzt werden.

Wahrung der Klagefrist nur durch ordnungsgemäßes Gesuch auf Prozesskostenhilfe
OLG Celle
Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG kann auch durch ein ordnungsgemäßes Gesuch auf Prozesskostenhilfe gewahrt werden. Dazu gehört, dass dem Antrag die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gemäß § 117 Abs. 2 ZPO beigefügt ist.

Keine Erstattung der Kosten eines Versicherers für ein nicht prozessbezogenes vorprozessuales Privatgutachten
OLG Koblenz
Die vorprozessualen Privatgutachterkosten eines Versicherers sind nicht prozessbezogen und daher nicht erstattungsfähig, wenn das Gutachten lediglich der Prüfung der vertraglichen Einstandspflicht diente. Ein Indiz für die fehlende Prozessbezogenheit kann der erhebliche zeitliche Abstand zwischen Gutachten und Prozessbeginn sein.

Erstattung der Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen
BGH
Die Kosten eines Privatgutachtens zur Kompatibilität der geltend gemachten Unfallschäden sind auch dann „Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wenn der Haftpflichtversicherer den Sachverständigen schon vor Klageandrohung mit Erstellung des Gutachtens beauftragt hat.

Frist des § 12 III VVG - schuldhafte Verzögerung der Klagezustellung um mehr als 14 Tage
OLG Düsseldorf
1. Eine schuldhafte Verzögerung der Klagezustellung durch den Versicherungsnehmer oder seinen Anwalt wahrt die Klagefrist des § 12 III VVG nur dann, wenn sie 14 Tage nicht überschreitet. Zu einer großzügigeren Bemessung dieser Frist bietet § 691 II ZPO keine Veranlassung, weil es sich dabei um eine Sonderregelung handelt, die außerhalb des Mahnverfahren keine entsprechende Anwendung findet.
2. Das gilt jedenfalls in Verfahren mit Anwaltszwang auch dann, wenn der Kläger länger braucht, um den Gerichtsgebührenvorschuss einzuzahlen. Er braucht die Höhe des Vorschusses zwar nicht selbst zu berechnen und den so ermittelten Betrag unaufgefordert einzuzahlen. Aufgrund anwaltlicher Beratung kann er sich aber schon bei Klageeinreichung darauf einstellen, die Mittel für eine nicht unerhebliche Gebührenforderung aufzubringen oder Prozesskostenhilfe zu beantragen, wenn ihm das nicht möglich ist.

Unzureichende Belehrung über Folgen eines Prämienverzugs
LG Dortmund
Der Versicherer ist nicht nach § 39 Abs. 2 VVG wegen Zahlungsrückstandes des Versicherungsnehmers mit einer Folgeprämie leistungsfrei, wenn er den Versicherungsnehmer in der Mahnung nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass dieser sich bei unverschuldeter Versäumnis seinen Versicherungsschutz auch für die Vergangenheit durch nachträgliche Zahlung erhalten kann.

Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG kann auch durch eine Feststellungsklage, die sich gegen die Wirksamkeit einer vom Versicherer erklärten Arglistanfechtung richtet, gewahrt werden
BGH
Hängt die Leistungsablehnung des Versicherers nach dessen schriftlicher Erklärung allein von der Auseinandersetzung um den Bestand des Versicherungsvertrages ab, so kann der Versicherer aus einer fristgerechten, auf den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses zielenden Feststellungsklage des Versicherungsnehmers ebenso wie aus seiner fristgerechten Klage auf lediglich einen Teil der beanspruchten Versicherungsleistungen erkennen, dass der Versicherungsnehmer nicht nur auf den Vertrag, sondern auch seiner Erfüllung, also auch auf seinem Leistungsanspruch beharrt. In beiden Fällen ist die Frist des § 12 Abs. 3 VVG als gewahrt anzusehen.

Anders als im Bereich der Ausschlußfrist nach § 12 III VVG wahrt eine Teilklage die Verjährung nur hinsichtlich des eingeklagten Teils
OLG Hamm
Der zur Frist des § 12 Abs. 3 VVG geltende Grundsatz, dass eine Teilklage die Frist für den gesamten Anspruch wahrt, ist auf die Verjährungsunterbrechung nicht anwendbar.

Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts ist verfassungsgemäß
Bundesverfassungsgericht
Artikel 1 Nr. 7 und 16, 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, §§ 34 b, 34 e, 156 GewO n. F.; §§ 42 b, 42 c, 42 j VVG n. F. verletzen die nach der bisherigen Rechtslage zugelassenen Versicherungsberater nicht in ihren Grundrechten aus Artikel 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG.

Beweislast für den Zugang der qualifizierten Mahnung
OLG Hamm
Die Beweislast für den Zugang der qualifizierten Mahnung nach § 39 Abs. 1 VVG und deren Zeitpunkt liegt beim Versicherer. Beweiserleichterungen kommen ihm dabei nicht zugute. Erfahrungssätze, etwa zu bestimmten Postlaufzeiten, gibt es nicht.

Verletzung der Nachfrageobliegenheit durch den Versicherer schließt Arglistanfechtung nicht aus
BGH
Der Versicherer verliert das Recht zur Arglistanfechtung nicht schon deshalb, weil er seine Nachfrageobliegenheit verletzt hat (Bestätigung der Aufgabe der früheren Rechtssprechung durch BGH VersR 2007, 96).

Geschäftsgebühr von 20% der Jahresprämie wegen Nichtzahlung der Erstprämie ist angemessen, wenn keine Verwaltungskosten entstanden sind
Amtsgericht Arnsberg
Der Versicherer einer Automatenversicherung, der wegen Nichtbezahlung der Prämien gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 VVG von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten ist, kann als Geschäftsgebühr 20 % der Jahresprämie (172,07 €) verlangen, wenn wegen Vertragsanbahnung durch einen Makler keine äußeren Verwaltungskosten entstanden sind und die Verwaltungsgebühren von dem Versicherer nicht konkret dargelegt worden sind.

Erstmaliges konkretisiertes Bestreiten einer Versicherungsvertragskündigung im Berufungsverfahren ist nicht verspätet, wenn die Kündigung erstinstanzlich überhaupt bestritten wurde
BGH
Das Bestreiten des Zugangs des Kündigungsschreibens eines Kraftfahrzeugvollversicherers im Berufungsverfahren kann nicht als verspätet zurückgewiesen werden, wenn in erster Instanz die Kündigung überhaupt bestritten worden ist.

Versicherung muss vorprozessuale Gutachterkosten auch bei Obsiegen tragen
OLG Koblenz
Ein Versicherter darf nicht für ein Gutachten zur Kasse gebeten werden, das seine Versicherung in Auftrag gegeben hat, um ihre Zahlungspflicht prüfen zu lassen. Insbesondere fielen die Kosten auch nicht unter die Prozesskosten, wenn sich die Versicherung vor Gericht erfolgreich gegen ihre Zahlungspflicht gewehrt habe. Eine Ausnahme gelte allenfalls, wenn sie auf diese Weise einen Betrug nachweisen könne.

Pflicht des Gerichts zur Rubrumsberichtigung bei Erkennbarkeit des verklagten „richtigen Versicherers"
OLG Köln
1. Bei unrichtiger Parteibezeichnung im Rubrum der Klageschrift ist die Partei angesprochen, die aus dem Inhalt der Klageschrift und der als Anlage beigefügten Korrespondenz ersichtlich ist. Das Gericht muss in diesem Fall von Amts wegen eine Rubrumsberichtigung vornehmen.
2. Nach Zustellung der Klageschrift an den „richtigen Versicherer" kann sich dieser nach Treu und Glauben nicht auf einen Ablauf der Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG berufen, wenn er von der Klage innerhalb der Frist hätte Kenntnis erhalten müssen.

Versicherer trägt die volle Beweislast auch für den Zeitpunkt des Zugangs einer qualifizierten Mahnung
OLG Hamm
Es obliegt dem Versicherer voll zu beweisen, wann eine qualifizierte Mahnung gemäß § 39 Abs. 1 VVG dem Versicherungsnehmer zugegangen ist. Beweiserleichterungen oder Erfahrungssätze, etwa zu den Postlaufzeiten, zugunsten des Versicherers gibt es nicht.

Kenntnis des Agenten von einer Obliegenheitsverletzung setzt die Kündigungsfrist nur bei dessen Beauftragung zur Feststellung in Gang
OLG Hamm
Die Frist zur Kündigung des Vertrages nach Verletzung einer Obliegenheit vor Eintritt des Versicherungsfalls beginnt erst mit der Kenntnis des Versicherers oder der Kenntnis einer Person, die mit der Feststellung des Tatbestands beauftragt worden ist. Die Auge-und-Ohr-Rechtssprechung ist auf Agenten insoweit nicht anzuwenden.

Keine Verwirkung des Anspruchs wenn Versicherungsnehmer gegen eine neuerliche Ablehnung nicht klagt
OLG Saarbrücken:
Ein Versicherungsnehmer, der rechtzeitig Klage auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit erhoben hat, muss nach einer weiteren, anders begründeten und mit einer Fristsetzung nach § 12 III VVG versehenen Ablehnung seines Anspruchs nicht erneut Klage erheben, um eine Verwirkung seines Anspruchs zu vermeiden.

Unzureichende Belehrung des Versicherers über gerichtliche Geltendmachung eines Versicherungsanspruchs
OLG Koblenz:
Folgende, drucktechnisch nicht hervorgehobenen Ausführungen eines Versicherers in einem Ablehnungsschreiben genügen nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG, wenn zuvor noch ein gesondertes Abrechnungsschreiben angekündigt wird: „Selbstverständlich möchten wir uns nicht mit Ihnen streiten. Gleichwohl haben Sie ein Anrecht darauf, von uns zu erfahren, dass Sie Ihren vermeintlichen Anspruch nur innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend machen können. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem Sie dieses Schreiben erhalten haben. Mit Fristablauf verlieren Sie allein aus diesem Grunde Ihren Versicherungsanspruch."

Vergleichsgespräche können zu einer Verlängerung der Klagefrist führen
OLG Brandenburg:
Finden nach Zusendung der Deckungsablehnung Vergleichsgespräche zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer statt, so kann sich eine Verlängerung der Klagefrist aus § 242 BGB ergeben. In diesem Fall verlängert sich die Klagefrist jedoch nur bis zu einer erneuten Ablehnung zzgl. einer kurzen Überlegungsfrist von 1 bis 2 Wochen.

Keine Haftung des Versicherungsmaklers, wenn pflichtgemäßes Handeln nicht zu einem Versicherungsvertrag geführt hätte
OLG Koblenz:
Hat der Versicherungsmakler eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vermittelt, die wegen falscher Angaben zum Gesundheitszustand angefochten wird, kommt eine Haftung des Maklers nur in Betracht, wenn wahrheitsgemäße Angaben zum Abschluss eines wirksamen Versicherungsvertrages geführt hätten. Dafür ist der Maklerkunde beweispflichtig

Zusendung einer Kopie der Deckungsablehnung ohne Hervorhebung der Klagefrist genügt den Anforderungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG
OLG Brandenburg:
1. Eine drucktechnische Hervorhebung des Hinweises auf die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Deckungsablehnung.
2. Die Zusendung einer Kopie der Deckungsablehnung genügt dann den Anforderungen an die Schriftform, wenn der Kopie ein von demselben Sachbearbeiter unterschriebenes Anschreiben beigefügt ist, das auf die Deckungsablehnung und die Unterschrift der Kopie Bezug nimmt.

Für die Rücktrittsfrist kommt es auf den Zeitpunkt der Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters des Versicherers von der Anzeigenpflichtverletzung an
OLG Stuttgart:
1. Maßgeblich für die Kenntnis des Versicherers von einer Anzeigepflichtverletzung ist die Kenntnis desjenigen Mitarbeiters, der mit der Bearbeitung des Falls befasst ist, regelmäßig also des zuständigen Sachbearbeiters in der Leistungsabteilung, zu dessen Aufgaben die Überprüfung der Antragsangaben gehört.
2. Da der Versicherungsnehmer in der Regel über keine Kenntnisse der Verwaltungsabläufe, insbesondere der Postverteilung, im Geschäftsbereich des Versicherers verfügt, obliegt dem Versicherer insoweit eine sekundäre Darlegungslast.

Beginn der Kündigungsfrist für den Versicherer bei Obliegenheitsverletzung vor Versicherungsfall
OLG Hamm:
Die Frist zur Kündigung des Versicherungsvertrags nach Verletzung einer Obliegenheit vor dem Versicherungsfall beginnt erst mit der Kenntnis des Versicherers oder einer Person, die mit der Feststellung des Tatbestands beauftragt worden ist. Die Auge-und-Ohr-Rechtssprechung ist auf Agenten insoweit nicht anzuwenden.

Versicherungswechsel: Schadensersatz aus c.i.c. bei unzureichender Aufklärung durch Agenten
OLG Koblenz:
Will der Versicherungsnehmer mit einem anderen Versicherer nur abschließen, wenn er Versicherungsschutz wie bisher erhält, und ermittelt der Agent diesen Unfall nicht hinreichend mit der Folge, dass der neue Versicherungsschutz hinter dem bisherigen zurückbleibt, haftet der Versicherer aus c.i.c. auf Schadensersatz, wenn ein Ereignis bei dem bisherigen Versicherer versichert gewesen wäre, nach dem neuen Vertrag hingegen nicht.

Beweislast für Kenntnis des Versicherungsnehmers bei Verletzung der Aufklärungsobliegenheit
BGH:
1. Die Kenntnis des Versicherungsnehmers von den mitzuteilenden Umständen gehört zum objektiven Tatbestand der Aufklärungsobliegenheiten und ist vom Versicherer zu beweisen.
2. Behauptet der Versicherungsnehmer, die Kenntnis von einem mitzuteilenden Umstand infolge einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung nachträglich verloren zu haben, trägt er hierfür die Beweislast.

Beratungs- und Betreuungspflichten des Versicherungsmaklers
OLG:
Vermittelt der Makler den Abschluss eines Versicherungsvertrages, begründet dies nur dann ein Dauerschuldverhältnis mit einer permanenten Beratungs- und Betreuungspflicht, wenn über die Vermittlungstätigkeit hinaus dem Makler die Bestandspflege des Inhalts übertragen ist, das versicherte Risiko zu überwachen und für die Anpassung der Deckung der veränderten Umstände Sorge zu tragen.

Angaben des Versicherungsnehmers zum Gesundheitszustand der zu versichernden Person „ins Blaue hinein" als arglistige Täuschung
KG:
Selbst bei gutem Glauben im Hinblick auf die Richtigkeit der eigenen Angaben handelt der Versicherungsnehmer arglistig, wenn er bei der Antragstellung „ins Blaue hinein" objektiv unrichtige Angaben zum Gesundheitszustand der zu versichernden Person macht, ohne offen zu legen, dass es ihm an einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage fehlt.

Voraussetzungen für grob fahrlässige Unkenntnis des Versicherungsnehmers von der fehlenden Empfangszuständigkeit des Agenten
OLG Koblenz:
Grob fahrlässige Unkenntnis des Fehlens der Empfangszuständigkeit des Agenten für eine Kündigung liegt nicht schon voraussetzungslos immer dann vor, wenn die Beschränkung bei sorgfältiger Lektüre den AVB entnommen werden kann. Vielmehr sind die Gesamtumstände des Einzelfalls, insbesondere der laufenden Geschäftsverbindung, zu berücksichtigen, möglicherweise auch die konkrete Fassung der AVB.

Verjährungsbeginn für Zinsforderungen aus Versicherungsleistungen
BGH:
Nach § 12 Abs. 1 VVG beginnt die Verjährungsfrist für Versicherungsleistungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen gesondert zu laufen. Die Verjährungsfrist für Zinsforderungen aus Versicherungsleistungen beginnt deshalb nicht zugleich mit der Hauptforderung zu laufen, sondern erst nach Ende des Jahres, in welchem der jeweilige Zins angefallen ist.

Selbstständiges Beweisverfahren wahrt nicht die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG
OLG Koblenz:
1. Nach § 12 III VVG wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. Diesen Anforderungen genügt ein selbständiges Beweisverfahren schon deshalb nicht, weil in diesem Verfahren ein bestimmter Anspruch auf Leistung nicht erhoben wird.
2. Da die Frist des § 12 III VVG eine gesetzliche Ausschlußfrist und keine Verjährungsfrist ist, kommt auch eine Hemmung ihres Ablaufs gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB nicht in Betracht

Voraussetzung einer die Hauptsache vorwegnehmenden so genannten Leistungsverfügung auf fortgesetzten Bezug von Versicherungsleistungen (hier: Berufsunfähigkeitsrente)
OLG Saarbrücken:
Nach einer Einstellung von Leistungen aufgrund einer Nachprüfung kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich Fortzahlung der Zahlungen im Wege der einstweiligen Verfügung beanspruchen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Existenzgefährdung des Versicherungsnehmers durch die Zahlungseinstellung glaubhaft gemacht wird.

Überträgt der Versicherungsnehmer einem Dritten die selbständige Wahrnehmung seiner Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich, ist die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens darauf beschränkt
BGH:
1. Hat der Versicherungsnehmer die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag einem Dritten übertragen, ist dieser insoweit sein Repräsentant.
2. Überträgt der Versicherungsnehmer dem Dritten die selbständige Wahrnehmung seiner Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich - hier: Vertragsverwaltung, ist die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens darauf beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden.

Die in den §§ 16 bis 22 VVG vorgesehenen Sanktionen der Verletzung vor vertraglicher Anzeigenobliegenheiten sind grundsätzlich abschließend
BGH:
1. Täuscht der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss über einen gefahrerheblichen Umstand im Sinne der §§ 16, 17 VVG, so sanktionieren die §§ 16 bis 22 VVG die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit grundsätzlich abschließend. Daneben bestehen keine Ansprüche des Versicherers aus culpa in contrahendo.
2. Nur wo die §§ 16 ff. VVG nicht eingreifen oder andere geschützte Interessen des Versicherers nicht abschließend behandeln, kommt ein über die Sanktionen der §§ 16 ff. VVG hinaus gehendes Leistungsverweigerungsrecht des Versicherers in Betracht. Das kann der Fall sein bei Schadensersatzansprüchen des Versicherers aus unerlaubten Handlungen, insbesondere bei den Tatbeständen der §§ 826, 823 Abs. 2 BGB, die neben den § 16 ff. VVG anzuwenden sind.

Keine Hinweispflicht des Versicherers auf geplante Gesetzesänderung während der Vertragslaufzeit
OLG Hamm:
Der Versicherer schuldet bei Vertragsschluss zutreffende Beratung. Während der Laufzeit des Vertrags muss er dagegen auf beabsichtigte Änderungen des Steuer- oder Sozialabgabenrechts nicht hinweisen.

Versicherer kann verpflichtet sein, auch bei einer späteren Nachfrage über die Rechtsfolgen einer folgenlosen vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit zu belehren
BGH:
Es ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls, ob der Versicherer die schon im Schadensanzeigenformular enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer folgenlosen vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit bei einer späteren Nachfrage wiederholen muss, wenn er daraus Leistungsfreiheit herleiten will.

Auge- und -Ohr-Rechtsprechung gilt auch bei Nachmeldepflicht
OLG Saarbrücken
Der Versicherer muss beweisen, dass der Versicherungsnehmer seine Nachmeldeobliegenheit nicht genügt hat. Auch insoweit gilt die „Auge-und-Ohr-Rechtsprechung".

Zu den Indizien der Beweiswürdigung in Fällen eines Streits um den Inhalt und den Ablauf der Aufnahme eines Versicherungsvertrages
OLG Saarbrücken:
1. In Fällen, in denen die Angaben des Versicherungsvertreters zu dem Ablauf einer Antragsaufnahme von jenen des Versicherungsnehmers unvereinbar abweichen, darf nicht gewissermaßen regelhaft eine Beweislastentscheidung zu Lasten des Versicherers erfolgen. Es kann nicht ohne weiteres erwartet werden, dass sich ein hauptberuflich tätiger und über Jahre hinweg mit einer Vielzahl von Verträgen befasster Agent nach längerer Zeit noch an das genaue Geschehen bei der Erörterung eines bestimmten Angebotes erinnert.
2. Für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Versicherungsvertreters, wonach er stets die Fragen im Antragsformular wörtlich vorlese und alle mitgeteilten Gesundheitsbeeinträchtigungen auch aufnehme kann sprechen, dass er auch in anderen gleich gelagerten Fällen ihm berichtete Beschwerden redlich in das Antragsformular aufgenommen hat.
3. Der Versicherer kann sich nicht auf einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht berufen, wenn die vom Versicherer gestellten Fragen Bewertungsspielräume zulassen.

Zurechnung des Repräsentantenverhaltens kann auf einen bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich beschränkt werden
BGH:
1. Hat der Versicherungsnehmer die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag einem Dritten übertragen, ist dieser insoweit sein Repräsentant.
2. Überträgt der Versicherungsnehmer dem Dritten die selbstständige Wahrnehmung seiner Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich - hier: Vertragsverwaltung -, ist die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens darauf beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden.

Keine eigene Wertung des Versicherungsnehmers bei Beantwortung von Gesundheitsfragen
OLG Frankfurt:
Auf die Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag sind nicht nur Krankheiten oder Beschwerden von erheblichem Gewicht anzugeben, sondern auch solche Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sich nicht bereits als Gesundheitsschaden oder Krankheit darstellen, sondern als Störungen oder Beschwerden zu bezeichnen sind (hier: disseminierte Marklagenläsionen). Eine Wertung wird dem Befragten nicht abverlangt.

 

Urteile aus dem Jahr 2006 

Zulässige Berufung des VR auf den Ablauf der Klagefrist des § 12 III VVG in der Berufungsinstanz
BGH
1. Das Berufen auf den Ablauf einer zuvor nach § 12 Abs. 3 VVG gesetzten Klagfrist steht im Prozess zur Disposition des Versicherers. Das Gericht hat den Fristablauf deshalb nur dann zu beachten, wenn sich der Versicherer im Prozess ausdrücklich darauf beruft. Eine Prüfung von Amts wegen kommt insoweit nicht in Betracht.
2. Beruft ein Versicherer sich auf den Ablauf der Klagfrist erstmals in der Berufungsinstanz, so liegt allein darin weder ein (erstinstanzlich konkludent erklärter) Verzicht auf die sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebende Leistungsfreiheit noch ein Rechtsmissbrauch.
3. Auch die Auslegung des § 12 Abs. 3 VVG ergibt keine Verpflichtung des Versicherers, den Ablauf der Klagfrist im Prozess unverzüglich geltend zu machen.

Wahrung der Klagefrist im PKH-Verfahren
OLG Celle
1. Ein bis zum Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 12 Abs. 3 VVG ordnungsgemäß bei Gericht eingegangenes Prozesskostenhilfegesuch kann die Klagefrist wahren.
2. In diesem Fall muss der Versicherungsnehmer aber alles ihm Zumutbare tun, damit die Zustellung „demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgen kann. Er muss im Sinne einer größtmöglichen Beschleunigung wirken. Das ist nicht der Fall, wenn nach Akteneinsicht durch den Verfahrensbevollmächtigten am 2. Mai eine Begründung der Beschwerde gegen einen die Gewährung von Prozesskostenhilfe verneinenden Beschluss angekündigt, jedoch erst am 1. Juni bei Gericht eingereicht wird.

Klageausschlussfrist gilt nicht für Rückforderungsansprüche des Versicherers
OLG Oldenburg 
Erbringt der Versicherer zunächst Vorauszahlungen, verneint aber später seine Einstandspflicht und fordert die erbrachte Leistung unter gleichzeitigem Hinweis auf § 12 Abs. 3 VVG zurück, so ist der Versicherungsnehmer hinsichtlich der bereits erhaltenen Beträge nicht verpflichtet, innerhalb der Frist negative Feststellungsklage zu erheben. Berühmt sich der Versicherungsnehmer hingegen weiterer Ansprüche, so muss er diese innerhalb der Frist gerichtlich geltend machen.

Rechtsfolgenbelehrung eines Ablehnungsschreiben muss alle in Betracht kommenden Rechtsschutzbegehren nennen
OLG Saarbrücken
1. Will der Inhaber einer Pizzeria nach einem Brandschaden Entschädigung in einer Geschäfts-Inhaltsversicherung beanspruchen und lehnt der Versicherer die Leistung unter Hinweis auf eine Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung und eines hilfsweise erklärten Rücktritts ab, muss die erforderliche Rechtsbelehrung nach § 12 Abs. 3 VVG im Ablehnungsschreiben zwar nicht alle Möglichkeiten der gerichtlichen Geltendmachung des Versicherungsanspruchs enthalten.
2. Wenn aber der Versicherer unter Abweichung vom Wortlaut des Gesetzes Möglichkeiten der gerichtlichen Geltendmachung erläutert, dürfen sie nicht geeignet sein, den Versicherungsnehmer in die Irre zuführen und ihm Hürden des Rechtsschutzes vorzuspiegeln, die so nicht bestehen. Dann ist der Versicherer gehindert, sich auf den Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 12 Abs. 3 VVG zu berufen.
3. Die Rechtsbelehrung darf z.B. nicht den Anschein erwecken, die Rechtsverfolgung könne nur durch "Klage" geschehen. Eine solche Belehrung ist irreführend, weil auch der kostengünstigere Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides oder ein Antrag auf Prozesskostenhilfe genügen können.
4. Ungeachtet einer vorliegend wegen fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit eines Prozesskostenhilfeantrages irreführenden und damit fehlerhaften Rechtsbelehrung hat die Rechtsverfolgung des Versicherungsnehmers aber deshalb keinen Erfolg, weil der Versicherer den Vertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten hat. In dem Versicherungsantrag war nämlich nach Vorversicherungen oder Vorschäden des versicherten Anwesens gefragt. Diese Frage hat der Versicherungsnehmer vorsätzlich falsch beantwortet, indem er verschwiegen hat, dass die vormals das Lokal betreibende GmbH, deren Gesellschafter er war, Vorversicherungen unterhalten und Vorschäden erlitten hat.

Nachfragepflicht des Anwalts bei ungewöhnlich langem Ausbleiben der Klagezustellungsnachricht OLG Düsseldorf
Die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG ist mit der Folge der Leistungsfreiheit des Versicherers jedenfalls dann versäumt, wenn der Prozessbevollmächtigte des VN ohne weitere Nachfrage tatenlos hinnimmt, dass die noch innerhalb der Frist bei Gericht eingegangene Klage dem Versicherer erst neun Wochen später zugestellt wird, weil den Anwalt eine erste gerichtliche Anfrage zur örtlichen Zuständigkeit aus ungeklärten Gründen nicht erreicht hat, auch wenn er eine zweite Anfrage innerhalb von zwei Wochen beantwortet. Auch dann hat der Anwalt nicht alles ihm Zumutbare für eine "demnächstige Zustellung" getan. Das gilt selbst dann, wenn das Gericht der Klageschrift sowohl seine örtliche Zuständigkeit als auch den Umstand entnehmen konnte, dass die Klage zur Wahrung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG erhoben wurde.

Telekopie der Klagefrist genügt nicht dem Schriftformerfordernis
BGH
1. Eine Telekopie der Erklärung nach § 12 Abs. 3 VVG genügt nicht dem Schriftformerfordernis. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG beginnt erst mit dem Zugang des vom Aussteller unterzeichneten Originals zu laufen.
2. Der Tatrichter hat Widersprüche aufzuklären, die sich daraus ergeben, dass sich eine Partei auf andere Erfahrungssätze beruft als sie der Sachverständige seinem Gutachten zugrunde gelegt hat.

Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung gemäß der Klagefrist
OLG Koblenz
Hat ein Versicherer seine Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag abgelehnt, dann beginnt die sechsmonatige Klagefrist zur gerichtlichen Anspruchsgeltendmachung mit einer Leistungsklage gem. § 12 Abs. 3 S. 2 VVG erst dann, nachdem der Versicherer den Versicherungsnehmer darüber belehrt hat, dass er durch bloßen Zeitablauf seinen Versicherungsanspruch verliert, wenn er ihn nicht vor Fristende gerichtlich geltend gemacht hat. Die Rechtsfolgenbelehrung erfordert daher für ihre Wirksamkeit, dass sie im Ablehnungsschreiben drucktechnisch besonders hervorgehoben wird. Zudem muss der Text der Belehrung - wie bei einer Rechtsmittelbelehrung - das Schreiben der Versicherung klar und deutlich abgesetzt abschließen.

Fehlerhafte Belehrung des Versicherers nach § 12 III VVG
OLG Nürnberg 

Demnächste Klagezustellung im Rahmen von PKH bei der Klagefrist
OLG Köln 
Der Prozessbevollmächtigte des Versicherungsnehmers muss nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG alles Zumutbare tun, damit bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Klagezustellung „demnächst" erfolgen kann. Die Regelfrist von 14 Tagen ist bei Einreichung der Klageschrift 24 Tage nach Zugang der Prozesskostenbewilligung eindeutig überschritten.

Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Detektivkosten
OLG Düsseldorf
1. Die Kosten eines vorgerichtlich vom Versicherer beauftragten Detektivs und eines Schlüsselgutachtens sind in der Regel nicht als "notwendige Kosten" der Rechtsverfolgung erstattungsfähig.
2. Kosten des Versicherers für breit angelegte Nachforschungen in der Nachbarschaft des Versicherungsnehmers bei Verdacht der Vortäuschung eines Versicherungsfalls sind nur unter besonderen Umständen erstattungsfähig, nicht aber dann, wenn angesichts nur wenig dringlicher Verdachtsmomente und mittlerer Schadenshöhe die kostenträchtige Einschaltung eines Detektivs nicht gerechtfertigt ist.
3. Die Einholung eines Schlüsselgutachtens gehört zu den Ermittlungen, die Versicherer heute schon routinemäßig zur Klärung ihrer Einstandspflicht anstellen, auch wenn nur diffuse Zweifel aufkommen, die noch nicht den Grad eines fassbaren Vortäuschungsverdachts erreichen.

Wirksame Ausschlußfrist setzt Schriftform nach § 126 BGB erforderlich - Ablehnung per Fax reicht nicht
BGH
Eine Telekopie der Erklärung nach § 12 Abs. 3 VVG genügt nicht dem Schriftformerfordernis. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 beginnt erst mit dem Zugang des vom Aussteller unterzeichneten Originals zu laufen.

Störung der Geschäftsgrundlage einer Regulierungsvereinbarung bei gemeinsamen Irrtum über wesentliche Umstände (hier: Annahme einer Unterversicherung)
OLG Hamm 
Haben die Parteien einer Regulierungsvereinbarung gemeinsam zu Unrecht das Vorliegen einer Unterversicherung angenommen, ist die Vereinbarung im Regelfall dahin anzupassen, dass die Entschädigung ohne Unterversicherungsabzug zu zahlen ist.

Belehrung über Erstprämienverzugsfolgen bei vorläufiger Deckung
BGH 
1. Die Vereinbarung einer erweiterten Einlösungsklausel im Versicherungsvertrag schließt es nicht aus, dass die Vertragsparteien daneben einen Vertrag über vorläufige Deckung schließen.
2. Zur Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer bei vereinbarter vorläufiger Deckung über die Rechtsfolgen einer verspäteten Zahlung der Erstprämie zu belehren.

Keine Leistungsfreiheit des Versicherers wegen § 12 III VVG, solange der Versicherungsnehmer noch ein Sachverständigenverfahren verlangen kann, z.B. nach § 19 I VHB 98
BGH

Fehlerhafte Belehrung nach § 12 III VVG (hier: Setzung der Ausschlussfrist in Zusammenhang mit einer Anfechtung); § 12 III VVG bezieht sich nicht auf Weiterführung des Vertrages, gilt also nicht für Überprüfung der Anfechtung bzw. des Rücktritts
OLG Hamm 

Den Versicherungsnehmer trifft kein Verschulden an der Versäumung der Frist des § 12 III VVG wenn er sich auf die normalen Postlaufzeiten verlässt
OLG Frankfurt 
1. Den Versicherungsnehmer trifft an der Versäumung der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung um 4 Tage kein Verschulden, wenn er sich auf die von der Post angegebenen regelmäßigen Laufzeiten verlässt und kein besonderer Anlass besteht, sich des rechtzeitigen Zugangs zu vergewissern.
2. Der Versicherungsnehmer verletzt gegenüber dem Feuerversicherer seine Aufklärungsobliegenheit, wenn er nach dem Versicherungsfall auf Befragen seine Vermögensverhältnisse als geordnet bezeichnet, obwohl er in der Vergangenheit die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. In der Feuerversicherung wird das Fehlverhalten eines Versicherten den anderen Mitversicherten zugerechnet.
3. Hat das erstinstanzliche Gericht auf die Bedeutung der unstreitigen Obliegenheitsverletzung des Verschweigens eines aufklärungspflichtigen Umstands hingewiesen, die Klage jedoch aus anderen Gründen abgewiesen, so ist in der zweiten Instanz das neue Vorbringen, der Regulierungsbeauftragte sei zutreffend unterrichtet worden, nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Kein Verschulden des Versicherungsnehmers an der Versäumung der Ausschlussfrist, wenn dies auf einen Fehler einer Angestellten des Prozessbevollmächtigten des Versicherungsnehmers zurückzuführen ist; Versicherungsnehmer muss sich nur das Verschulden seines Anwalts nicht aber das Verschulden einer Hilfskraft des Anwalts zurechnen lassen
OLG Frankfurt 
1. Voraussetzung der Repräsentanteneigenschaft ist, dass sich der Versicherungsnehmer im Rahmen der Risikoverwaltung der Verfügungsbefugnis und der Verantwortlichkeit für den versicherten Gegenstand vollständig begeben hat.
2. Bei der Vorabübermittlung der Klageschrift per Telefax ist es dem Verschulden des Prozessbevollmächtigten nicht zuzurechnen, wenn er eine Kanzleiangestellte mit dem Heraussuchen und Einsetzen der Faxnummer des Gerichts beauftragt und die Richtigkeit der so eingesetzten Faxnummer nicht überprüft.

Beweis des Zugangs der Vertragsunterlagen gem. § 5a Abs. 1 VVG
OLG Karlsruhe
1. Zum Beweis des Zugangs der Unterlagen gemäß § 5a Abs. 1 VVG.
2. Ein verfristeter Widerspruch gemäß § 5a VVG kann bei Vorliegen eines Rechts zur Lösung des Versicherungsvertrags wegen Erhöhung der Beiträge in eine Kündigung umgedeutet werden.

Arglistanfechtung führt stets zur Nichtigkeit des Versicherungsvertrages von Anfang an (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung)
OLG Nürnberg
Das Oberlandesgericht Nürnberg gibt seine bisherige Rechtsprechung auf (Urteil vom 21. August 1997, 8 U 1297/96, VersR 1998, 217 ff.; Urteil vom 23. Dezember 1999, 8 U 3364/99, VersR 2000, 437 ff.; Urteil vom 26. Oktober 2000, 8 U 282/00, VersR 2001, 1368 ff.), wonach der Versicherer für Versicherungsfälle vor der Anfechtung eintrittspflichtig ist, wenn sie unstreitig oder evident nicht mit dem arglistig verschwiegenen oder falsch angezeigten Umstand zusammenhängen.

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