Die Neuregelung der Honorarsätze der HOAI ist als Reaktion auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 (Rs. 377/17) zu verstehen, wonach der deutsche Gesetzgeber durch die Aufrechterhaltung der bisher geltenden Fassung das europäische Gemeinschaftsrecht verletzt hat.
Schon unser Newsletter aus dem Oktober beschäftigte sich mit bereits bekanntgewordenen Änderungen in der Neufassung der HOAI, die nun in Kraft treten wird. Wie erwartet, wurde der Entwurf gebilligt und kann nun Anfang des neuen Jahres in Kraft treten.
Anders als bisher gelten keine zwingenden Höchst- und Mindestsätze für die Honorarberechnung mehr. An deren Stelle treten individuelle vertragliche Vereinbarungen, nach denen das Honorar an sich frei vereinbart werden kann. Statt fester Sätze bietet die neue HOAI nunmehr Orientierungssätze, wobei der untere Honorarsatz von nun an Basishonorarsatz und der zuvor als Höchstsatz bekannte Satz nun oberer Honorarsatz heißt.
Das Erfordernis gemäß § 7 HOAI 2013, ein Honorar vor Auftragserteilung zu vereinbaren, entfällt ersatzlos, sodass eine Vereinbarung technisch auch noch nach Auftragserteilung geschlossen werden kann und darf. Wird, wie in der Praxis durchaus nicht unüblich, keine (wirksame) Vereinbarung getroffen, gilt für die Grundleistungen der Basishonorarsatz als vereinbart, der sich bei der Anwendung der Honorargrundlagen des § 6 HOAI 2021 ergibt. In dieser Hinsicht ändert sich dementsprechend gegenüber der bisherigen Rechtslage nichts: Bei fehlender oder formnichtiger Honorarvereinbarung gelten die gleichen Berechnungsfaktoren wie bisher.
Neben den Änderungen hinsichtlich der Honorarhöhe und der Lösung vom Grundsatz des zwingenden Preisrechts mit Mindest- und Höchstsätzen müssen die vertraglichen Vereinbarungen nicht mehr schriftlich, das heißt in Schriftform im Sinne des § 126 BGB, erfolgen. Die Textform nach § 126b BGB reicht nunmehr aus. Zwar genügt künftig eine bloß mündliche oder gar fernmündliche Absprache noch immer nicht, jedoch können Absprachen durch elektronisch speicherbare Nachrichten, zum Beispiel E-Mails oder andere Textnachrichten, getroffen werden.
Eine Antwort auf die folgende, wichtige Frage bleibt aber auch die „neue“ HOAI schuldig: Welche Honorarhöhe gilt für Verträge, die vor dem 31.12.2020 geschlossen wurden, im Rahmen derer Streit über die Honorierung nach Mindestsätzen entsteht?
In der zuvor genannten Entscheidung hat der EuGH die noch geltende HOAI für europarechtswidrig erklärt. Die Konsequenzen dieser Entscheidung beurteilten die deutschen Oberlandesgerichte unterschiedlich. Eine abschließende Klärung bleibt abzuwarten, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese streitige Rechtsfrage noch nicht geklärt, sondern zunächst erneut das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem EuGH zur Beurteilung vorgelegt (BGH Beschluss vom 14.05.2020 – VII ZR 174/19). Die notwendige Entscheidung des EuGH liegt noch nicht vor – die Beantwortung einer solchen Vorlagefrage dauert aber erwartungsgemäß mindestens ein Jahr, sodass mit einem Ergebnis voraussichtlich Ende 2021 zu rechnen sein wird.
Allgemeine fachliche als auch juristische Fragen beantwortet die von der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz eingerichtete Honorar und Vergabeinformationsstelle (HVI), deren juristische Abteilung kompetent und federführend durch unsere Kollegin aus dem Kompetenzteam „Vergabe und Ausschreibung“ Frau Dr. Dr. Theis geleitet wird.
Selbstverständlich beraten Sie Frau Katharina Strauß und Frau Dr. Dr. Stefanie Theis aus unserem Kompetenzteam „Vergabe und Ausschreibung“ gerne zu weiteren Details.