BFH: Keine Kürzung der Betriebseinnahme bei Veräußerung eines überwiegend privat genutzten Pkw

In einer aktuellen Entscheidung hat der BFH mit Urteil v. 16.6.2020, VIII R 9/18 (veröffentlicht am 21.10.2020) entschieden, dass für den Fall, dass ein zum Betriebsvermögen gehörendes, jedoch teilweise privat genutztes Kfz veräußert wird, der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn i.S. der §§ 4 und 5 EStG erhöht. Diese Fallkonstellation kommt in der Praxis häufig vor, sodass die Entscheidung von hoher praktischer Relevanz ist. 

Sachverhalt: Verkauf eines voll abgeschriebenen PKW

X hatte in 2008 einen PKW angeschafft, den er bis 2013 zu 25% für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75% für private Zwecke nutzte. Das FA anerkannte antragsgemäß AfA bei einer fünfjährigen Nutzungsdauer, so dass der PKW bis zum Abgang aus dem Betriebsvermögen in 2013 vollständig abgeschrieben war. Für die private Verwendung setzte das FA eine Nutzungsentnahme in Höhe von 75% der entstandenen Aufwendungen (einschließlich AfA) an.

In 2013 schaffte X einen neuen PKW an und gab den bis dahin genutzten (abgeschriebenen) PKW in Zahlung. Ausgehend von dem betrieblichen Nutzungsanteil setzte er aber nur ein Viertel des Veräußerungspreises als Betriebseinnahme an. Das FA berücksichtigte dagegen den gesamten Betrag. Dem folgte das FG. Der PKW habe zu 100% zum (gewillkürten) Betriebsvermögen gehört. Folglich stelle der gesamte Veräußerungserlös eine Betriebseinnahme dar. 

Auffassung des BFH: Keine Minderung des Veräußerungsgewinns

Der BFH wies die Revision zurück. Der Veräußerungserlös ist trotz der jährlichen Nutzungsentnahme (einschließlich AfA) von 75% weder anteilig zu kürzen noch ist eine Gewinnkorrektur in Höhe der auf die Privatnutzung entfallenden AfA möglich, er stellt in voller Höhe eine Betriebseinnahme dar.

Der in Zahlung gegebene PKW stellte gewillkürtes Betriebsvermögen des X dar. Er hatte ihn in den Anlageverzeichnissen eindeutig zugeordnet. In der Inzahlunggabe liegt eine steuerbare Veräußerung. Die Betriebseinnahme ist mit dem gemeinen Wert des hingegebenen PKW, der dem vereinbarten Anrechnungsbetrag entsprach, anzusetzen.

Das FG ist zutreffend von einem steuerbaren Veräußerungsgeschäft über den in Zahlung gegebenen Pkw und einem daraus erzielten Erlös i.H.v. 28.000 € ausgegangen.

Der Veräußerungserlös ist trotz der jährlichen Nutzungsentnahme i.H.v. 75 % weder anteilig zu kürzen, noch findet eine gewinnmindernde Korrektur in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA statt. Diese Sichtweise basiert auf dem Umstand, dass die Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens in Form der Nutzungsentnahme und dessen spätere Veräußerung zwei unterschiedliche Vorgänge darstellen, die getrennt zu betrachten sind. Aus dem Gesetz, insbesondere aus § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG, lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten. In der Besteuerung des vollständigen Veräußerungserlöses ist auch kein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das objektive Nettoprinzip zu sehen.

Der BFH schließt sich damit der ganz überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung an. Dass die Besteuerung der Nutzungsentnahme einschließlich der anteiligen AfA sich nicht auf den Veräußerungsgewinn auswirkt, ist bereits durch das BFH-Urteil v. 25.3.2015, X R 14/12 (BFH/NV 2015, 973) vorgezeichnet. Das Ergebnis entspricht der Gesetzessystematik. Es erscheint konsequent, weil umgekehrt im Falle einer betrieblichen Mitnutzung eines zum Privatvermögen gehörenden Wirtschaftsguts der Aufwand im Umfang des betrieblichen Nutzungsanteils einschließlich der anteiligen AfA im Wege der Aufwandseinlage als Betriebsausgabe anzusehen ist, ein Gewinn aus der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts aber grundsätzlich als nicht steuerbar behandelt wird (BFH v. 25.3.2015, X R 14/12, BFH/NV 2015, 973, Rz 21).

(BFH, Urteil v. 16.6.2020, VIII R 9/18; veröffentlicht am 21.10.2020)

Zu den Auswirkungen der Entscheidungen und zu alternativen Gestaltungsmöglichkeiten berät Sie gerne Rechtsanwalt Georg Kaiser, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Erbrecht und Lehrbeauftragter Frankfurt School of Finance & Management