BMWi: Neues Rundschreiben zur Beschaffung in den Hochwasserkatastrophengebieten

Am 17. August hat das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) ein neues Rundschreiben zur Beschaffung von Leistungen zur Bewältigung der Notlage in den Hochwasserkatastrophengebieten erlassen. Darin bezieht sich das BMWi unter anderem auf die vergleichbare Auslegung in den Leitlinien der Europäischen Kommission (2020/C 108 I/01) in Bezug auf die COVID-19-Pandemie und schafft Privilegierungen bei der Verfahrensart und die Möglichkeit von sehr kurzen Fristen.

Oberhalb der maßgeblichen EU-Schwellenwerte gemäß § 106 GWB soll danach von den vorgesehenen Möglichkeiten zur Vereinfachung und Beschleunigung Gebrauch gemacht werden. Als maßgebliche Verfahrensart darf – ohne weitere Begründung – das  Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gewählt werden (nach §§ 14 Abs. 4, 17 VgV; § 3a Abs. 3 Nr. 4 VOB/A EU; § 13 Abs. 2 Nr. 4 SektVO; § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VSVgV). Dabei ist aber darauf zu achten, dass diese Ausnahmeregelungen nur für die kurzfristige Bewältigung der schlimmsten und akuten Auswirkungen dienen (z. B. Beschaffungen von Bautrocknern, Absicherung von standsicherheitsgefährdeten Gebäuden oder Infrastruktur). Mit Blick auf die sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln sind dabei aber nach wie vor mehrere Vergleichsangebote einzuholen; ein kompletter Verzicht auf Wettbewerb komme nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Ein einziges Unternehmen kann direkt nur dann angesprochen werden, wenn nur dieses Unternehmen in der Lage ist, die durch die zwingende Dringlichkeit auferlegten technischen und zeitlichen Zwänge zu erfüllen.

Hinsichtlich der Verfahrensfristen sind sogar solche bis hin zu 0 Tagen möglich. Dabei ist aber stets die Grenze der Angemessenheit nach § 20 VgV zu beachten.

Auch unterhalb der EU-Schwellenwerte steht das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 8 Abs. 4 Nr. 9 UVgO zur Verfügung. Dabei sind ebenfalls mindestens drei Vergleichsangebote einzuholen, jedoch können angemessen kurze Fristen gesetzt werden. In Ausnahmefällen im Sinne des  § 12 Abs. 3 UVgO kann auch nur ein Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Nach § 132 Abs. 2 GWB besteht außerdem die Möglichkeit, bereits bestehende Verträge im Einvernehmen der Vertragsparteien ohne neues Vergabeverfahren zu verlängern oder wertmäßig auszuweiten. In Betracht komme insbesondere eine Vertragsänderung, -verlängerung und/oder -ausweitung gemäß § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GWB. Für Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte gilt diese Vorschrift nach § 47 Abs. 1 UVgO entsprechend. Im Oberschwellenbereich sind diese Änderungen nach § 132 Abs. 5 GWB zu gegebener Zeit im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen.

Wichtig und nicht zu unterschätzen ist für die beschaffenden Stellen weiterhin stets eine Einzelfallprüfung und insbesondere eine ausführliche Dokumentation.

Für weitergehende Fragen bezüglich der neuen Rechtslage sowie bei der Durchführung von Vergabeverfahren steht ihnen unser Kompetenzteam „Vergabe und Ausschreibung“ jederzeit gerne zur Verfügung.
 

Ihre Ansprechpartnerin:

Katharina Strauß
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Vergaberecht
Fachanwältin für Verwaltungsrecht

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