Initiative zur Anhebung der Schwellenwerte und Einführung eines Sonderschwellenwerts für Planungsleistungen

In einem Entschließungsantrag des Freistaates Bayern an den Bundesrat (Bundesrat Drs.602/22 vom 23.11.2022) wird die Bundesregierung aufgefordert sich unverzüglich für eine inflationsbedingte Erhöhung der EU-Schwellenwerte einzusetzen. Für Planungsleistungen und freiberufliche Leistungen soll ein Sonderschwellenwert eingeführt werden.

Bisher werden die Schwellenwerte alle zwei Jahre gemäß den Vorgaben des Übereinkommens der Welthandelsorganisation (WHO) über das öffentliche Beschaffungswesen neu festgesetzt.

Der Freistaat Bayern begründet seinen Entschließungsantrag damit, dass die Schwellenwerte für Liefer- und Dienstleistungen (derzeit 215.000 Euro) sowie Bauleistungen (5.382.000 Euro) seit 1994 zwar angepasst wurden, im Wesentlichen aber nur geringfügigen Schwankungen unterlagen, während die Marktpreise im gleichen Zeitraum deutlich gestiegen sind.

Marktpreisbereinigt würden die Schwellenwerte seit 1994 demnach faktisch kontinuierlich sinken.

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, sich „auf europäischer Ebene unverzüglich für eine inflationsbedingte Erhöhung der EU-Schwellenwerte einzusetzen“. Entsprechende Verhandlungen müssten durch die EU-Kommission mit der Welthandelsorganisation im Rahmen des Government Procurement Agreement (GPA) geführt werden. Ferner wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für einen inflationsbedingten jährlichen Anpassungsturnus (statt bisher zweijährig) der EU-Schwellenwerte einzusetzen.

Für Planungsleistungen und freiberufliche Leistungen wird die Einführung eines Sonderschwellenwerts gefordert. Der derzeit geringe Auftragswert für europaweite Ausschreibungen bedeute für die staatlichen und kommunalen Bauämter eine enorme Mehrbelastung. Die mögliche Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV werde aufgrund einer generellen Additionspflicht zu einem deutlichen Anstieg europaweiter Ausschreibungen kleinerer Aufträge führen. Dies, obwohl sich bereits gezeigt habe, dass die Ausschreibung solcher Planungsleistungen und freiberuflicher Leistungen in der Regel nicht binnenmarktrelevant seien.

Die Systematik, wonach Bauleistungen erst ab 5.382.000 EUR, Planungsleistungen für Bauprojekte jedoch bereits bei viel geringeren Bausummen europaweit ausgeschrieben werden müssten, führe außerdem zu einem nicht begründbaren Wertungswiderspruch.

Sollte die Einführung eines Sonderschwellenwerts für Planungsleistungen und freiberufliche Leistungen nicht umsetzbar sein, wird die Bundesregierung gebeten, auf eine Erfassung solcher Leistungen als soziale und andere besondere Dienstleistungen für öffentliche Auftraggeber gemäß Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/EU hinzuwirken.

Dann würde für diese Dienstleistungen ein Schwellenwert in Höhe von derzeit 750.000 Euro gelten.

Der Antrag wurde am 25.11.2022 in erster Lesung im Bundesrat behandelt und federführend an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Dr. Dr. Stefanie Theis. L.L. M. Rechtsanwältin Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Fachanwältin für Vergaberecht Richterin am Verfassungsgerichtshof RLP von 06/2009 bis 06/2021

David Frisch MLB Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Master of Law & Business (MLB) Immobilienverwalter (IHK)

Katharina Strauß Rechtsanwältin Fachanwältin für Vergaberecht Fachanwältin für Verwaltungsrecht