Kein Versicherungsschutz für Flutkatastrophe? – Schadenersatzansprüche gegen Makler und sonstige Versicherungsvermittler möglich!
Weiterhin prägen die Bilder der Flutkatastrophe die Medien. Die Schäden gehen in die Milliarden. Die meisten Betroffenen verfügen über keinen ausreichenden Versicherungsschutz. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass den Betroffenen keine Ansprüche zustehen. Denkbar sind hier insbesondere Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Beratungspflichten durch Versicherungsvermittler wegen des unterbliebenen Hinweises auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Elementarschadenversicherung.
Deutschlandweit mehr als 50 % ohne Versicherungsschutz für Überschwemmungen und Starkregen
Während bundesweit laut Angaben des Statistikportals Statista mit Stand 2019 fast alle Wohngebäude (94 Prozent) gegen Sturm und Hagel abgesichert sind, liegt die Versicherungsdichte für Elementarschäden wie beispielsweise Starkregen, Hochwasser oder Überschwemmungen lediglich bei 45 Prozent. In den aktuell am stärksten betroffenen Bundesländern liegt die Quote mit 45 % (NRW) und 35 % (Rheinland-Pfalz) sogar noch einmal deutlich niedriger. Oftmals liegt das daran, dass den Betroffenen niemals der Abschluss einer Elementarschadenversicherung angeboten wurde. nun kommt das "böse Erwachen", das regelmäßig existenzvernichtende Ausmaße erreicht.
Haftung von Versicherern und Versicherungsvermittlern für fehlende Elementardeckung möglich
Weil praktisch jeder Haushalt über eine Hausratversicherung und/oder eine Gebäudeversicherung verfügt, drängt sich die Frage auf, warum ein Versicherungsschutz für weitere Elementargefahren, der praktisch von jedem Versicherer als Zusatzbaustein angeboten wird, bei so vielen Haushalten fehlt. Hier ist genau hinzuschauen. Beruht der fehlende Versicherungsschutz darauf, dass dem Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrages die Möglichkeit einer Zusatzdeckung für Elementargefahren nicht aufgezeigt oder empfohlen wurde, kann eine Haftung des Versicherungsunternehmens oder des bei Vertragsschluss involvierten Versicherungsvermittlers in Betracht kommen, sofern das Risiko bei ordnungsgemäßer Beratung versichert worden wäre.
Unterschiede je nach Beratung/Vertragsschluss – Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler
Bei der Frage der Haftung für fehlenden Versicherungsschutz ist grundsätzlich danach zu differenzieren, inwiefern der Versicherungsnehmer eine Beratung in Anspruch genommen hat und wer beteiligt war. Bei Beteiligung von Versicherungsvermittlern ist die Unterscheidung zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern von erheblicher Bedeutung.
Möglich ist einerseits die Anbahnung von Versicherungsschutz über einen Versicherungsmakler. Ein Versicherungsmakler ist, wer im Auftrag des Versicherungsnehmers die Vermittlung von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein Der Makler wird in ständiger Rechtsprechung als treuhänderischer Sachwalter des Kunden bezeichnet und hat – sofern im Maklervertrag keine Beschränkungen vereinbart sind - sehr weitreichende Pflichten. Er schuldet grundsätzlich die Beschaffung des bestmöglichen Versicherungsschutzes aus dem gesamten Marktangebot. Zusätzlich wird nicht nur die einmalige Beschaffung eines Versicherungsschutzes, sondern auch die Dauerbetreuungdes Kunden geschuldet, wozu es auch gehört, den Versicherungsschutz des Kunden immer wieder zu überprüfen und ggf. anzupassen. Verstößt der Makler gegen seine weitreichenden Pflichten, haftet er hierfür persönlich gegenüber seinem Kunden.
Alternativ zu einer Beratung durch einen Makler kann der Vertragsschluss bzw. die Beratung darüber auch unmittelbar bei einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter erfolgen. Der Versicherungsvertreter steht im Lager des Versicherers; er wird auch als „Auge und Ohr“ des Versicherers bezeichnet. Der Versicherungsvertreter vermittelt nur Versicherungsverträge von einem einzigen Versicherer (Ausschließlichkeitsvertreter) oder einiger weniger Versicherer (sogenannter Mehrfachvertreter). Sowohl das Versicherungsunternehmen selbst als auch der Versicherungsvertreter schulden ebenso wie der Versicherungsmakler eine Beratung des Kunden nach dessen individuellen Bedürfnissen. Im Unterschied zum Versicherungsmakler, der prinzipiell aus der gesamten Breite des Marktes das beste Produkt irgendeines Versicherers zu ermitteln hat, muss der Versicherer oder der Versicherungsvertreter aber grundsätzlich nur über seine eigenen Produkte beraten. Wenngleich nicht so weitreichend wie im Falle des Versicherungsmaklers schuldet auch der Versicherungsvertreter während der gesamten Vertragsdauer eine interessengerechte Beratung des Versicherungsnehmers. Gerade auch im Bereich der Gebäude- und Hausratversicherung bestehen teils jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen. Ist in den laufenden Vertragsbeziehungen trotz erheblichen Zeitablaufes eine Anpassung des Versicherungsschutzes nicht erfolgt, obgleich es dafür – zum Beispiel aufgrund von Treffen mit dem Vertreter, Änderung der Versicherungsbedingungen, Umzug etc. – einen Anlass gegeben hätte, kann auch daraus eine Haftung wegen eines Beratungsverschuldens resultieren.
Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter müssen gleichermaßen über die Beratung des Kunden eine Beratungsdokumentation erstellen und dem Kunden zur Verfügung stellen. Darin sind die Ermittlung des Bedarfs des Kunden, der Inhalt der Beratung und die begründete Empfehlung eines entsprechenden Produktes zu dokumentieren. Lässt die Beratungsdokumentation wesentliche Hinweise – zu der in der Gebäude- und Hausratversicherung auch der Abschluss einer erweiterten Elementardeckung gehören dürfte, nicht erkennen, kann dies im Einzelfall bereits entscheidend für die Beweisführung des Versicherungsnehmers über ein Fehlverhalten des Versicherungsvermittlers sein.
Bei Haftung wird Betroffener im Einzelfall gestellt, als hätte er lückenlosen Versicherungsschutz
Hat der Versicherungsnehmer nur wegen einer unzureichenden Beratung des Versicherungsvermittlers – z.B. weil ihm eine zusätzliche Elementarversicherung gar nicht angeboten wurde – keinen Versicherungsschutz, wird der Versicherungsnehmer so gestellt, als ob er nach einer ordnungsgemäßen Beratung und Empfehlung den erforderlichen Verssicherungsschutz erhalten hätte. Im Wege dieser sogenannten „Quasideckung“ muss der Versicherungsvermittler dem Kunden gegenüber alle Leistungen erbringen, die bei korrekter Beratung ein Versicherer erbringen müsste – also im Regelfall Zahlung aller Kosten der Schadenbeseitigung einschließlich Hotelkosten bis hin zur Zahlung aller Kosten der Errichtungen eine neuen Gebäudes, wenn das Haus durch die Fluten vollständig zerstört wurde.
Ob Ansprüche des Einzelnen in Betracht kommen, hängt vom Einzelfall ab
Selbstverständlich hängt das Bestehen von Schadensersatzansprüche gegen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler vom Einzelfall ab; insbesondere von der Frage, ob das Risiko im Falle ordnungsgemäßer Beratung überhaupt versicherbar gewesen wäre, was bei unmittelbar in den Gefahrenzonen liegenden Objekten fraglich sein kann. Des Weiteren muss der Versicherungsnehmer nachweisen, dass er sich im Falle einer ordnungsgemäßen Beratung für den Abschluss der Versicherung entschieden hätte. Ein solches beratungskonformes Verhalten wird allerdings zugunsten des Versicherungsnehmers von dem BGH regelmäßig vermutet. In diesem Falle muss sich der Versicherungsnehmer nur die nicht geleisteten Prämien anspruchsmindernd auf seinen Schaden anrechnen lassen.
Ob und in welcher Höhe die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch in Ihrem individuellen Fall erfüllt sind, prüft unser Kompetenzteam "Versicherung und Haftung" gerne und steht in diesem Zusammenhang selbstverständlich für ein kostenloses Erstgespräch zur Verfügung.
vgl. hierzu auch unseren Beitrag vom 15.7.2021:
Welche Versicherung zahlt für die Schäden durch Starkregen, Überflutungen und Hochwasser?
Ihre Ansprechpartner:
Dr. jur. Carsten Fuchs Christian Rech
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