LAG Köln: Keine Urlaubsnachgewährung bei Quarantäneanordnung

Unlängst entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21 und 9 AZR 234/21, dass Urlaubskürzungen bei Kurzarbeit „Null“ zulässig seien (siehe hierzu unseren Beitrag vom 1.12.2021) . Nun liegt eine weitere richtungsweisende Entscheidung zum Themenkomplex „Urlaub und Pandemie“ vor. Mit seinem Urteil vom 13.12.2021, Az. 2 Sa 488/21, entschied das Landesarbeitsgericht Köln, dass ein Anspruch auf Nachgewährung entgangenen Urlaubs im Falle einer Quarantäneanordnung während des Urlaubs nicht besteht.


1.
Eine Arbeitnehmerin hatte für die Zeit vom 30.11.2020 bis 12.12.2020 Erholungsurlaub beantragt, welchen der Arbeitgeber genehmigte. Da ein Kind der Mitarbeiterin zwischenzeitlich mit COVID-19 infiziert wurde, ordnete die Stadtverwaltung ihr gegenüber als Kontaktperson am 27.11.2020 eine Quarantäne bis zum 07.12.2020 an. Die Quarantäneanordnung legte die Mitarbeiterin dem Arbeitgeber vor, ein ärztliches Attest jedoch nicht. In Folge der Quarantäneanordnung konnte die Mitarbeiterin fünf Urlaubstage (Montag bis Freitag) nicht wie gewünscht nutzen.

Sie forderte deshalb die Nachgewährung von fünf Urlaubstagen gemäß § 9 BUrlG aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs. Als der Arbeitgeber dies ablehnte, klagte die Mitarbeiterin – ohne Erfolg. Ihre gegen die erstinstanzlich ergangene Entscheidung eingelegte Berufung wies das LAG Köln nun – jedoch unter Zulassung der Revision – zurück.


2.
Die für den Fall maßgebende Regelung des § 9 BUrlG lautet:

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

Demnach besteht ein Anspruch auf Nachgewährung des Urlaubs nur dann, wenn während des Urlaubs a) eine Arbeitsunfähigkeit in Folge einer Erkrankung vorliegt und diese sowie deren Dauer b) durch ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist.

Im nun entschiedenen Fall war bereits das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit fraglich. So stellte das LAG Köln zutreffend fest, dass eine Arbeitsunfähigkeit selbst im Falle einer Infektion mit SARS-CoV-2 nicht zwangsläufig gegeben sein müsse. Gerade bei symptomlosen Verläufen bleibe ein infizierter Arbeitnehmer grundsätzlich arbeitsfähig. Deshalb ergebe sich die Arbeitsunfähigkeit aus der Quarantäneanordnung, nicht aber aus der Erkrankung.

Auch eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG könne nicht erfolgen, da bereits eine planwidrige Regelungslücke nicht gegeben sei und kein mit einer Arbeitsunfähigkeit in Folge einer Erkrankung vergleichbarer Sachverhalt vorliege.

Letztlich stützt das LAG Köln seine Entscheidung jedoch primär auf das fehlende ärztliche Attest der klagenden Mitarbeiterin und stellte fest, dass eine behördliche Quarantäneanordnung dieses nicht ersetzen könne. Wohl auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, hat das LAG Köln die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Ob sich das BAG den Vorinstanzen anschließt, bleibt zwar abzuwarten, dürfte jedoch nicht fernliegen.

 

Praxistipps:

Im Falle einer Quarantäneanordnung ist stets zu prüfen, ob der betroffene Mitarbeiter infiziert ist oder nicht.

  1. Liegt keine Infektion vor, so besteht mangels Erkrankung kein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG. Ob entgangener Urlaub nachgewährt werden muss, ist noch nicht rechtskräftig entschieden, allerdings argumentiert das LAG Köln seine ablehnende Haltung durchaus schlüssig und nachvollziehbar.
     
  2. Ist der Mitarbeiter infiziert und deshalb arbeitsunfähig, ist dies zwingend durch ärztliches Attest nachzuweisen. Beruht die Arbeitsunfähigkeit jedoch – etwa bei einem milden oder symptomlosen Verlauf – nur auf der Quarantäneanordnung und nicht auf einer Erkrankung, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG. Hinsichtlich der Nachgewährung von Urlaub bleibt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abzuwarten.


Unser Kompetenzteam Arbeit und Personal steht für Rückfragen gerne zur Verfügung und berät Sie auch bei Zweifeln an einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung individuell.


Ihr Ansprechpartner:
 

Marcus Menster
Partner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht