Mehr Flexibilität bei der Losvergabe – Neues Rundschreiben konkretisiert Ausnahmen nach § 7 Abs. 2 MFG in Rheinland-Pfalz

Mit der zum 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Änderung des § 7 Abs. 2 Mittelstandsförderungsgesetz (MFG) sollte der bislang strenge Grundsatz der Losvergabe im Unterschellenbereich spürbar an Flexibilität gewinnen. Ziel der Reform war die Entbürokratisierung im Haushaltsvergaberecht, um das Vergabeverfahren stärker an den tatsächlichen Bedarf anzupassen.

In der praktischen Anwendung zeigt sich jedoch Unsicherheit, wann ein Verzicht auf die Losverteilung zulässig ist und wie die entsprechende Begründung zu erfolgen hat. Das Rundschreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW) Rheinland-Pfalz MWVLW vom 22.Oktober 2025 soll der Konkretisierung der Neuregelung dienen.

Zunächst stellt das Schreiben klar, dass die Verpflichtung zur Aufteilung von Aufträgen in mehrere Lose auch nach der Änderung von § 7 Abs. 2 S. 2 MFG weiterhin der Regelfall bleibt. Neben wirtschaftlichen und technischen Gründen können durch jedoch auch „sachlicheGründe“ einen Rechtfertigungsgrund für die Ausnahme von der Losvergabe darstellen.

Sachliche Gründe sind, sofern diese objektiv vorliegen und den Beschaffungsprozess bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unterstützen, vielfältig und somit nicht abschließend konkretisierbar. Das Rundschreiben führt beispielhaft personelle Gründe auf, wonach fehlendes qualifiziertes Personal zur Koordination mehrere Lose eine Gesamtvergabe rechtfertigen kann. Daneben können auch zeitlicheGründe eine Gesamtvergabe rechtfertigen, sofern diese nicht vom Auftraggeber selbst verursacht sind – etwa bei förderungsgebundenen Vorgaben. Auch die Vermeidung von Bauzeitverzögerungen können einen sachlichen Grund darstellen, wenn es sich um gesellschaftlich bedeutsame Infrastrukturmaßnahmen handelt. Unzulässig ist es hingegen, eine Gesamtvergabe auf die pauschale Annahme zu stützen, dass der Verzicht auf die Losvergabe ein beschleunigtes Verfahren und einen geringeren Verwaltungsaufwand mit sich bringt.

Überdies wird nochmals klargestellt, dass die Vereinfachung nicht dazu führt, dass stets eine Gesamtvergabe begründet ist. Sofern es sachgerecht erscheint, ist auch die Bündelung einzelner Teilleistungen geboten. Ziel ist somit nicht die Vergabe an ein Generalunternehmen, sondern eine praxisnahe und wirtschaftlich sinnvolle Strukturierung des Leistungszuschnitts.

Für die Praxis bringt die Änderung somit für die Auftraggeber einen größeren Gestaltungsspielraum mit sich. Es bleibt dennoch eine sorgfältige Begründung und Dokumentation der Entscheidungsgründe unerlässlich, um ein rechtssicheres Vergabeverfahren zu gewährleisten. Da nunmehr eine Gesamtvergabe leichter zu begründen ist, bedeutet dies für kleinere und mittlere Unternehmen jedoch, dass sie sich ggf. nur noch in der Konstellation der Bietergemeinschaften oder Nachunternehmerschaften beteiligen können, was mit großen internen Haftungsrisiken verbunden ist. Insgesamt also eine Beschneidung des Mittelstandschutzes.

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Katharina Strauß
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Vergaberecht
Fachanwältin für Verwaltungsrecht