UN-Kaufrecht statt BGB – Verschuldensunabhängige Haftung vertraglich vereinbaren?

Das UN-Kaufrecht (CISG) ist ein einheitliches Regelwerk für grenzüberschreitende Kaufverträge, das in über 90 Staaten gilt. Es wurde geschaffen, um die Besonderheiten des internationalen Geschäftsverkehrs zu berücksichtigen und eine einheitliche, praxisnahe Rechtsgrundlage für Unternehmen zu bieten. Dabei legt das UN-Kaufrecht besonderen Wert auf die Vertragsfreiheit, eine effiziente Abwicklung internationaler Geschäfte und eine ausgewogene Risikoverteilung zwischen Käufer und Verkäufer.

Bei internationalen Verträgen ist die Wahl des anwendbaren Rechts ein zentraler Punkt, der oft pauschal mit dem Satz „UN-Kaufrecht wird ausgeschlossen“ geregelt wird. Doch ist diese Formulierung wirklich ausreichend und immer gültig? Die Antwort ist: Es kommt darauf an.

Warum das UN-Kaufrecht nicht immer ausgeschlossen ist
Das UN-Kaufrecht (CISG) gilt grundsätzlich automatisch, wenn beide Vertragsparteien ihren Sitz in Vertragsstaaten haben und den Anwendungsbereich des CISG erfüllen. Ein Ausschluss muss daher ausdrücklich und klar erfolgen. Allgemeine Formulierungen wie „Es gilt deutsches Recht“ reichen nicht immer aus, um das UN-Kaufrecht sicher auszuschließen, da das UN-Kaufrecht Teil des deutschen Rechts ist. Nur eine explizite Formulierung sorgt für Klarheit – aber auch dann kann es im Einzelfall Streit über die Reichweite dieses Ausschlusses geben. Daneben sollte immer eine inländische Rechtswahl vereinbart werden, da das UN-Kaufrecht nicht abschließend ist und z.B. Fragen der Vertretung oder der Verjährung nicht regelt.

Zudem kann das UN-Kaufrecht trotz Ausschlussklausel in bestimmten Fällen weiterhin Auswirkungen auf den Vertrag haben. Beispielsweise können Gerichte prüfen, ob die Parteien tatsächlich eine bewusste und wirksame Rechtswahl getroffen haben. Fehlt eine klare vertragliche Vereinbarung, kann es sein, dass das UN-Kaufrecht als anwendbares Recht herangezogen wird. Daher ist eine präzise Vertragsgestaltung unerlässlich.

Unterschiedliche Auswirkungen für Verkäufer und Käufer
Ob das UN-Kaufrecht oder das deutsche BGB/HGB günstiger ist, hängt dabei davon ab, ob man auf Käufer- oder Verkäuferseite steht:

  • Für Verkäufer: Das UN-Kaufrecht sieht in vielen Fällen eine verschuldensunabhängige Haftung für Vertragsverstöße vor. Dies kann nachteilig sein, wenn man sich auf fehlendes Verschulden berufen möchte. Zudem sind Schadensersatzansprüche des Käufers oft weitreichender als im deutschen Recht. Ein Ausschluss des UN-Kaufrechts kann hier vorteilhaft sein. Hinzu kommt, dass das UN-Kaufrecht dem Käufer in manchen Fällen erweiterte Rücktrittsrechte zugesteht, was für Verkäufer zu einem erhöhten Risiko führen kann.
  • Für Käufer: Umgekehrt profitieren Käufer oft von der strengen Vertragshaftung des UN-Kaufrechts, da der Verkäufer auch ohne Verschulden für die Vertragsdurchführung haftet. Auch die Beweislastverteilung kann käuferfreundlicher sein als im deutschen BGB. Zudem sind die Regelungen des UN-Kaufrechts oft flexibler, da sie internationalen Handelsgepflogenheiten Rechnung tragen. In diesem Fall könnte ein Verbleib beim UN-Kaufrecht sinnvoll sein, insbesondere wenn eine schnelle und unkomplizierte Durchsetzung von Ansprüchen gewünscht ist.

Weitere wichtige Unterschiede zwischen UN-Kaufrecht und BGB
Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Mängelhaftung. Während nach deutschem Recht der Käufer grundsätzlich eine Frist zur Nacherfüllung setzen muss, kann nach UN-Kaufrecht unter bestimmten Umständen unmittelbar Schadensersatz gefordert oder vom Vertrag zurückgetreten werden. Auch das Widerrufsrecht und die Regelungen zu Vertragsstrafen unterscheiden sich erheblich, sodass eine sorgfältige Prüfung der Vor- und Nachteile notwendig ist.

Fazit: Einzelfallprüfung ist entscheidend
Statt das UN-Kaufrecht pauschal auszuschließen, sollte eine präzise Analyse erfolgen, welche Regelungen für das Unternehmen vorteilhafter sind. Eine fundierte Vertragsgestaltung minimiert rechtliche Risiken und sorgt für Sicherheit im internationalen Handel. Unternehmen sollten sich der Unterschiede bewusst sein und ihre Vertragsstrategie entsprechend anpassen, um wirtschaftliche Vorteile zu sichern und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

KUNZ Salary Partnerin und Fachanwältin für Internationales Wirtschaftsrecht Sarah Emmes hat bereits in einer Vielzahl von Fällen unsere Mandanten erfolgreich bei Rahmen- und einzelnen Handelsvertragsgestaltungen unterstützt und so präventiv rechtliche Risiken minimiert. Sie steht Ihnengemeinsam mit unserem Kompetenzteam International Business gerne für alle Fragen rund um das internationale Wirtschaftsrecht zur Verfügung.

 

Sarah Emmes Salary Partnerin Fachanwältin für Internationales Wirtschaftsrecht Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht Lehrbeauftragte an der Frankfurt School of Finance & Management