„Vereinfachte“ kommunale Vergabe in Nordrhein- Westfalen

Die Landesregierung Nordrhein- Westfalen hat am 11.02.2025 einen Gesetzesentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften beschlossen. Dieser hätte weitreichende Auswirkungen auf die kommunale Vergabe in NRW.

Befreiung von Verpflichtung zur förmlichen Ausschreibung

Durch die Änderung der kommunalvergaberechtlichen Vorschriften, die bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, sollen die bisherigen landesrechtlichen Wertgrenzen aufgehoben werden. Das hat zur Folge, dass die Kommunen von der Verpflichtung zur förmlichen Ausschreibung unterhalb der EU-Schwellenwerte befreit werden. Dadurch würden sie genauso viel Handlungsfreiheiten bei der Vergabe wie ihre Tochterunternehmen erhalten.

Ziel des landesrechtlichen Gesetzgebers ist es, das kommunale Vergabeverfahren zu vereinfachen. So sieht der Gesetzesentwurf u.a. die Streichung des § 26 Kommunalhaushaltsverordnung vor, was die Pflicht zur Anwendung der Vorschriften der VOB/A sowie der UVgO entfallen ließe. Ohne Bindung hieran könnten Kommunen flexibler und ohne bürokratischen Aufwand agieren.

Fokus auf Effizienz der Vergabe

Die Vergabe erfolgt allerdings nicht schrankenlos. Durch die Einführung des neuen § 75a Gemeindeordnung soll dennoch sichergestellt werden, dass die Kommunen die Grundprinzipien der Vergabe im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Sparsamkeit einhalten. Darüber hinaus seien die Kommunen aufgrund Art. 3 des Grundgesetzes bereits gehalten, die Grundsätze der Transparenz und Diskriminierungsfreiheit bei der Vergabe zu beachten. Zudem steht den Kommunen nach § 75 a. Abs. 2 die Möglichkeit offen, eigene Vergaberegelungen per Satzung zu normieren.

Orientierung an „Schweizer Modell“

Mit der Gesetzesänderung orientiert sich der Landesgesetzgeber am sog. „Schweizer Modell“. Danach ist der Zuschlag nicht zwangsläufig auf das günstigste Angebot, sondern auf das Wirtschaftlichste zu erteilen. In Zukunft soll ein daher ein vermehrter Fokus auf eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Beschaffung gelegt werden und nicht mehr der niedrigste Preis im Vordergrund stehen.

Nicht nur Vorteile

Die Gesetzesänderung bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich. So führt sie auf der einen Seite zwar zu einer Vereinfachung der kommunalen Vergabe auf Seiten der öffentlichen Hände. Andererseits wird ec schwer sein, eine sparsame und wirtschaftliche Beschaffung zu dokumentieren, ohne ein förmliches Verfahren durchführen zu müssen. Auch auf der Bieterseite könnten hierdurch erhebliche Unsicherheiten entstehen. Mangels Vereinheitlichung des kommunalen Vergabeverfahrens muss sich der Bieter bei jeder Angebotsabgabe ggf. auf ein anderes, neues Verfahren ohne bekannte Mechanismen einstellen. Dies führt nicht nur zu Verwirrung, sondern ist auch fehleranfälliger für beide Seiten.

Zudem wird der Verwaltungsaufwand vom Vergabeverfahren nur in andere Verwaltungsbereiche verlagert. Die Vergabestellen werden zwar entlastet, Rechnungsprüfungsämter, Gemeindeprüfanstalten und ähnliches werden aber durch die Gesetzesänderung mit einem erheblichen Mehraufwand belastet werden. Darüber hinaus werden die Kommunen einen größeren Fokus auf die Korruptionsprävention und Transparenz legen müssen, um zu gewährleisten, dass die zentralen Grundsätze des Vergaberecht ohne die Formalia eines förmlichen Verfahrens dennoch eingehalten werden.

Bei Fragen zu diesem sowie zu weiteren Themen stehen Ihnen unsere Kollegen unseres Kompetenzteams „Vergabe und Ausschreibung“ gerne zur Verfügung.


Ihre Ansprechpartnerin:

Katharina Strauß                                                            
Salary Partnerin
Rechtsanwältin                                                               
Fachanwältin für Vergaberecht
Fachanwältin für Verwaltungsrecht