Vergabekammer Hamburg: Ausschreibungspflicht von privaten Zuwendungsempfängern klargestellt

Nach einem aktuellen Beschluss der Vergabekammer (VK) Hamburg vom 27.9.2021 (60.29-319/2021/009) müssen private Zuwendungsempfänger Planungsleistungen nur dann europaweit ausschreiben, wenn sowohl der Bauauftrag als auch die dafür notwendigen Planungsleistungen die maßgeblichen Schwellenwerte erreichen und das Vorhaben zu mehr als 50 % subventioniert wird.

Die Entscheidung stellt den Umfang der Ausschreibungspflicht klar und schafft Klarheit für eine Vielzahl von geförderten Bauvorhaben. Nach § 99 Nr. 4 GWB gelten Personen des Privatrechts insoweit ausnahmsweise als öffentliche Auftraggeber, wenn die in der Vorschrift benannten Bauvorhaben zu mehr als 50 % von anderen öffentlichen Auftraggebern subventioniert werden. Sehr häufig überschreiten dabei die Honorare für Planungsleistungen den EU-Schwellenwert (EUR 215.000 ab dem 01.01.2022), die Baukosten aber nicht den Schwellenwert für Bauaufträge (EUR 5,382 Mio. ab dem 01.01.2022). In diesen Fällen ist dann fraglich, ob die den Schwellenwert übersteigenden Planungsleistungen trotzdem europaweit ausgeschrieben werden müssen oder von einer Ausschreibung abgesehen werden darf.

Nach dem Beschluss der VK Hamburg kann in dieser Konstellation künftig auf eine europaweite Ausschreibung der Planungsleistungen verzichtet werden. Im streitgegenständlichen Verfahren hatte eine private Auftraggeberin eine Planungsleistung in einem geförderten Vorhaben wegen Überschreitens des EU-Schwellenwertes für Dienstleistungen europaweit ausgeschrieben. Ein nicht berücksichtigter Bieter wandte sich im Anschluss gegen die Wertungsentscheidung der Vergabestelle und stellte einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer.

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag jedoch als unzulässig zurück. Die private Auftraggeberin sei keine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB. Zwar erhielt die Auftraggeberin Subventionen der Stadt für das Gesamtvorhaben in Höhe von mehr als 50 % der Baukosten. Allerdings fehle der Vergabekammer die sog. „doppelte Akzessorietät“. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des GWB-Vergaberechts in einem geförderten Vorhaben im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB sei nämlich nicht nur das Überschreiten des EU-Schwellenwertes für Dienstleistungsaufträge. Darüber hinaus müsse auch der mit dem Dienstleistungsauftrag funktional verbundene Bauauftrag den Schwellenwert für Bauaufträge erreichen bzw. überschreiten. Daran fehlte es im vorliegenden Fall.

Die Entscheidung betrifft ausdrücklich öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB. Andere öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB sind von der Entscheidung nicht erfasst und unterfallen weiter der Ausschreibungspflicht, sobald bei Planungsaufträgen der EU-Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge erreicht oder überschritten ist.

Bei weitergehenden Fragen, insbesondere zum Thema Ausschreibungspflicht für private Auftraggeber, steht ihnen unser Kompetenzteam „Vergabe und Ausschreibung“ gerne zur Verfügung.


Ihre Ansprechpartner:

Katharina Strauß                                                                   Dr. Andreas Ziegler
Rechtsanwältin                                                                        Partner
Fachanwältin für Vergaberecht                                             Rechtsanwalt
Fachanwältin für Verwaltungsrecht                                     Lehrbeauftragter an der Universität Mannheim                                                                                                                                                                                                für Vergaberecht