VG Koblenz: Verpflichtung des Schienennetzbetreibers zur Instandhaltung zum Zwecke der Gewährleistung der Betriebspflicht und zum Netzzugang

Nach einem aktuellen Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11.03.2022, 1 L 35/22.KO kann ein Schienennetzbetreiber zu Instandhaltungs- und -setzungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Betriebspflicht und zum Netzzugang verpflichtet sein. Die Entscheidung kann  weitreichende Auswirkungen auf Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben. Unser Kompetenzbereich "Eisenbahn & Schiene" stellt die Entscheidung vor:

Hintegrund der Entscheidung war eine Eisenbahnstrecke (Stromberg bis Büchenbueren), die in einem nicht betriebsbereiten Zustand war. Aus diesem Grunde verpflichtete das Eisenbahnbundesamt  den Netzbetreiber dazu, die Strecke nebst den dazugehörigen Serviceeinrichtungen in einen technischen Zustand zu versetzen, der einen Zugverkehr ermöglicht und setzte ein Zwangsgeld in Höhe von 200.000,00 € fest. Dagegen wandte sich der Netzbetreiber im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und unterlag.

Im Rahmen der Interessenabwägung stützte das Gericht seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass die Pflicht, eine Strecke nebst den dazugehörigen Serviceeinrichtungen in einem technischen Zustand zu versetzen, der den Zugverkehr ermöglicht, aus § 5a Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) erwächst.

Eine Zwangsgeldandrohung von bis zu 500.000,00 € findet ihre Grundlage in § 5a Abs. 9 AEG i.V.m. § 6 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Buchst. B, § 11, § 13 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG). Nach diesen Vorschriften kann die zuständige Eisenbahnaufsichtsbehörde gegenüber den nach § 5 Abs. 1 AEG Verpflichteten Maßnahmen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sind. Zu dieser Pflicht gehört die Pflicht des Betreibers von Eisenbahnanlagen, ihre Eisenbahninfrastruktur zu betreiben und in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten. Die Instandhaltungsverpflichtung des Schienennetzbetreibers war bereits Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.10.2007, 3 C 51.06.

Das Verwaltungsgericht stellte insbesondere fest, dass es auf die Kosten der notwendigen Instandhaltungs- und -setzungsmaßnahmen nicht ankomme, da die Betriebspflicht nicht unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit stehe und bezog sich dabei auf die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 129, 381-392, Rn. 29 f.).

Bei der vorzunehmenden Folgenabwägung führte das Gericht aus, dass dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Vorrang gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse gebührt, da die Instandsetzung der Eisenbahnstrecke auch die Verwirklichung des Anspruchs anderer Eisenbahnunternehmen auf diskriminierungsfreien Netzzugang nach § 10 Abs. 1 Eisenbahnregulierungsgesetz betrifft und dieser andernfalls verzögert oder vereitelt werden könnte.

Gerne berät Sie unser Kompetenzteam „Eisenbahn und Schiene“ in allen Fragen des öffentlichen und zivilrechtlichen Eisenbahnrechts und unterstützt Sie bei der Vertragsgestaltung und dem Schadensmanagement nach Eisenbahnunfällen 

 

Michael Frohn                                              Dr. Hanna Deutgen
Partner                                                           Rechtsanwältin         
Rechtsanwalt