VK Bund: Hohe Anforderungen an Protokollierung von mündlichen Präsentationen

Mit jüngstem Beschluss hat die Vergabekammer des Bundes (Beschl. v. 13.04.2022 – VK1-31/22) ihre hohen Anforderungen an die Vergabedokumentation nach § 8 VgV noch einmal Nachdruck verliehen. Im streitgegenständlichen Verfahren hatte die Auftraggeberin Architektenleistungen ausgeschrieben und im Rahmen der Verhandlungen zu einer mündlichen Präsentation bestehend aus 45 Minuten Vortrag und 20 Minuten Fragerunde geladen. Dabei wurde die Bewertung der einzelnen Kriterien von der Wertungskommission teilweise direkt in die Matrix mit kurzen Ausführungen eingetragen, teilweise wurde das Ergebnis handschriftlich zur Vergabeakte genommen und lediglich ein Punktwert in der Matrix eingetragen. In einer „Niederschrift über die Vergabegespräche“ wurde eine Abfolge des Termins mit Uhrzeitangaben in kurzen Stichpunkten auf eineinhalb Seiten aufgelistet. Fragen der Auftraggeberin an die Bieter einschließlich Antworten wurden nicht protokolliert.

Haltung der Kammer:

Schon in früheren Beschlüssen hatte die Kammer festgehalten, dass bei der Dokumentation mündlicher Präsentationen gem. § 8 VgV zwischen Inhalt der Präsentation und Wertungsvorgang zu trennen sei, sodass die Vergabekammer nachvollziehen könne, wie das Wertungsergebnis zustande gekommen ist. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks seien dabei aus Gründen der Nachvollziehbarkeit besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Büros beruht. Ein hinreichendes Maß an Detaillierung sei insbesondere auch deshalb geboten, um den Nachprüfungsinstanzen eine Überprüfung der Wertungsentscheidung des Auftraggebers überhaupt erst zu ermöglichen.

Zwar ist die VK Bund nicht auf die in der Richtlinie 2014/24/EU erwähnte Möglichkeit von Ton- oder Videomitschnitten eingegangen (vgl. Art. 22 Abs. 2 Satz 3 RL 2014/24/EU sowie Erwägungsgrund 58 der Richtlinie 2014/24/EU), diese könnte sich aber zukünftig als (zusätzliches) Dokumentationsmittel anbieten. Mit dem OLG München hält die VK Bund auch die Beifügung von Handzetteln der Mitglieder eines Wertungsgremiums zur Vergabedokumentation als Ergänzung zur Wertungsmatrix für empfehlenswert. Insbesondere bei größeren Wertungsgremien ergibt sich aber die Gefahr, dass sich in den verschiedenen handschriftlichen Aufzeichnungen Widersprüche untereinander und Inkonsistenzen zu der sonstigen Dokumentation ergeben. In solchen Konstellationen kann es ratsam sein, die Mitschriften unmittelbar in elektronischer Form durchzuführen und eine einheitliche Begründung für die Wertungsentscheidung des gesamten Gremiums unmittelbar im Anschluss an die Präsentation zu formulieren.

Ausblick

Der neuerliche Beschluss zeigt, dass mündliche Präsentationen nur mit nicht unerheblichem Dokumentationsaufwand rechtssicher durchgeführt werden können. Dies sollte Auftraggeber aber nicht von notwendigen Verhandlungen abhalten, weil die Vorteile einer Verhandlung in der Regel die Herausforderungen überwiegen. Wer die Leitlinien der Vergabekammern zur Dokumentation konsequent beachtet und entsprechenden Sachverstand bei der Planung des Vergabeverfahrens hinzuzieht, wird die Dokumentation auch zukünftig gut in den Griff bekommen.

Bei weitergehenden Fragen sowie zu weiteren Themen steht Ihnen unser Kompetenzteam „Vergabe und Ausschreibung“ jederzeit gerne zur Verfügung.


Ihre Ansprechpartnerin:

Katharina Strauß
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Vergaberecht
Fachanwältin für Verwaltungsrecht