Betriebsschließungsversicherung wegen Corona: Das Landgericht München I weist zwar mit aktuellem Urteil vom 17.9.2020 die Klage einer Kindertagesstätte auf Versicherungsleistungen ab, lässt Münchner Gastronomen aber weiter hoffen.
Wie wir bereits mit unserem News-Beitrag vom 31.07.2020 berichtet haben, ist die auf Versicherungsstreitigkeiten spezialisierte 12. Zivilkammer das Landgericht München I aktuell mit einer Vielzahl an Klagen auf Versicherungsleistungen wegen einer Corona-bedingten Betriebsschließung befasst.
Mit seinem aktuellen Urteil vom 17.09.2020 (Az. 12 O 7208/20) hat das Gericht eine Klage einer Kindertagesstätte abgewiesen. Die Klage scheiterte im Ergebnis daran, dass eine vollständige Schließung, wie sie nach den Versicherungsbedingungen grundsätzlich erforderlich ist, vorliegend aus Sicht des Gerichts in diesem Fall nicht gegeben war. Zwar sei durch eine Allgemeinverfügung der Regelbetrieb der Kindertagesstätte untersagt. Allerdings sei eine Weiterführung der Betreuung als Notbetreuung möglich geblieben. Aus Sicht der Versicherungskammer durfte die klagende Kindertagesstätte daher ihren Betrieb teilweise fortführen. Sie sei in der Lage gewesen, im Rahmen der sogenannten Notbetreuung zwei von normalerweise sechs Gruppen weiter zu betreiben und hätte daher in ihrer Einrichtung - wenn auch in verringertem Umfang – die Leistungen erbracht, die sie auch außerhalb der Corona-Pandemie anbiete. Dass der Klägerin durch die Behörden der Regelbetrieb untersagt war und dass deswegen auch für Personen, die sonst Zutritt zu der Einrichtung hatten, ein Betretungsverbot bestand, ändere daran nichts. Da im Versicherungsvertrag Leistungen nur für den Fall der vollständigen Schließung vereinbart sind, stand der Klägerin nach der Urteilsbegründung deshalb kein Leistungsanspruch zu.
Auch wenn diese Entscheidung aus Sicht der Versicherungsnehmer zur Frage einer teilweisen bzw. faktischen Betriebsschließung negativ ausgefallen ist, dürften diese dennoch positiv zur Kenntnis genommen haben, dass das Gericht eine Allgemeinverfügung als ausreichend angesehen hat, eine Schließung der Einrichtung aufgrund einer behördlichen Anordnung im Sinne der Versicherungsbedingungen zu begründen. Denn nach dem Bedingungstext komme es allein darauf an, dass die zuständige Behörde den Betrieb schließt. Eine nähere Regelung, wie dies zu erfolgen hätte, ließe sich den Bedingungen nicht entnehmen. Es sei daher unerheblich, dass die Schließung im vorliegenden Fall durch eine Allgemeinverfügung und danach ergehenden Rechtsverordnungen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege erfolgt sei. Dabei handle es sich bei dem vorgenannten Staatsministerium auch um die zuständige Behörde im Sinne der Bedingungen, da das Gesundheitsministerium dem örtlichen Gesundheitsamt übergeordnet sei. Es sei daher für den Erlass der streitgegenständlichen Anordnung zuständig gewesen (vgl. § 32 Satz 1 IfSG in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 BayZustV und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 GDVG ). Die vorgenannte Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
In den weiteren Rechtsstreiten zu der vorgenannten Problematik sind entgegen der ursprünglichen Anordnung noch keine Entscheidungen ergangen. Die Versicherungskammer ließ allerdings im Hinblick auf die Klage bekannter Münchner Gastronomen durchblicken, dass die Betriebsschließungsversicherung wohl vorliegend auch dann eintrittspflichtig sein dürfte, soweit der Covid-19-Erreger in den zugrunde liegenden Policen nicht explizit genannt sei. Maßgeblich sei die Auslegung der jeweils konkret vereinbarten Versicherungsbedingungen. Aufgrund weiteren Sachvortrags der Parteien wurde der ursprünglich anberaumte Verkündungstermin aufgehoben, da hiernach gegebenenfalls eine Beweisaufnahme erfolgen muss.
Für eine Überprüfung Ihrer individuellen Verträge und Versicherungsbedingungen stehen Ihnen in unserer Kanzlei Rechtsanwalt Alexander Baulig, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht, und Rechtsanwalt Christian Rech, Fachanwalt für Versicherungsrecht, als Ansprechpartner zur Verfügung.
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