Urteile zum Recht der Vorstandshaftung (Genossenschaft, eG)
zum Kompetenzbereich zu Unternehmen und Wirtschaft
Nachfolgend finden Sie eine der umfassendsten und aktuellsten Sammlung interessanter Urteile der letzten Jahre zum Recht der Vorstandshaftung. Weitere Urteile im Unternehmensrecht zu anderen gesellschaftsrechtlichen Themen finden Sie auf der Übersichtsseite.
Die Urteile werden fortlaufend aktualisiert.
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Haftung des Vorstands wegen Eingehens unvertretbarer Risiken
OLG Brandenburg 2020
1. Der Geschäftsleiter einer Baugenossenschaft überschreitet sein unternehmerisches Ermessen, wenn er dem Aufsichtsrat ein Bauvorhaben empfiehlt, dessen Kosten für eine ungewisse Zeit nicht durch die zu erwartenden Einnahmen gedeckt werden können.
2. Die Verjährung des auf die pflichtwidrige Empfehlung des Geschäftsleiters gestützten Schadensersatzanspruchs beginnt mit Abschluss des ersten auf das Bauvorhaben bezogenen Vertrags.
Schadensersatzanspruch gegen Vorstand einer Genossenschaft wegen Abschluss eines nachteiligen Kaufvertrages
KG 2020
1. Handelt der Vorstand einer Genossenschaft bei dem Verkauf von Grundstücken trotz des ihm eingeräumten weiten unternehmerischen Handlungsspielraums pflichtwidrig und schließt einen für die Genossenschaft nachteiligen Kaufvertrag, entfällt die Kausalität für Schäden aufgrund der Belastung u.a. mit Architektenhonoraren nicht dadurch, dass die Genossenschaft die Ursache für einen Rücktritt des Käufers setzt, um die weitere Realisierung des Verkaufs zu verhindern.
2. Soweit die Genossenschaft dadurch Eigentümerin der Grundstücke bleibt und von einer erneuten Veräußerung absieht, kommt es in Betracht, eine zwischenzeitlich eingetretene erhebliche Erhöhung der Grundstückspreise nicht zu berücksichtigen und die Grundsätze der Vorteilsausgleichung nicht anzuwenden.
3. Legt ein in der Hauptsache obsiegender Beklagter gegen eine ihn teilweise belastende, gemischte Kostenentscheidung, soweit sie aufgrund übereinstimmender teilweiser Erledigungserklärung auf § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO beruht, nicht fristgemäß sofortige Beschwerde ein, kann sein Vorbringen in der Berufungserwiderung als Anschlussberufung gegen die Kostenentscheidung, soweit für ihn nachteilig, ausgelegt werden.
Haftung des Vorstands einer Genossenschaft für satzungswidrige Darlehensvergabe
OLG Brandenburg 2020
1. Es liegt eine Untreuehandlung des geschäftsführenden Vorstands einer Genossenschaft vor, wenn dieser entgegen der Satzung ohne Abstimmung mit anderen Vorstandsmitgliedern und ohne Zustimmung des Aufsichtsrats ein im Außenverhältnis wirksames Darlehen vereinbart und die Auszahlung veranlasst hat, obwohl die Darlehensgewährung nicht zu den im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs anfallenden Entscheidungen gehörte, die er entsprechend dem Inhalt seines Dienstvertrages allein treffen durfte.
2. Für die Feststellung, ob der Genossenschaft durch die Darlehensgewährung ein Vermögensnachteil entstanden ist, ist zu ermitteln, was die Rückzahlungsforderung am Markt wert ist.
Haftung des Geschäftsleiters einer Baugenossenschaft
OLG Brandenburg 2020
1. Der Geschäftsleiter einer Baugenossenschaft überschreitet sein unternehmerisches Ermessen, wenn er dem Aufsichtsrat ein Bauvorhaben empfiehlt, dessen Kosten für eine ungewisse Zeit nicht durch die zu erwartenden Einnahmen gedeckt werden können.
2. Die Verjährung des auf die pflichtwidrige Empfehlung des Geschäftsleitersgestützten Schadensersatzanspruchs beginnt mit Abschluss des ersten auf das Bauvorhaben bezogenen Vertrags.
Befangenheitsablehnung eines Handelsrichters
OLG Frankfurt a. M. 2018
Gehört ein Handelsrichter dem Aufsichtsrat einer der Prozessparteien an, begründet dies einen Ablehnungsgrund wegen Besorgnis der Befangenheit.
Insolvenzverwalter, Wohnungseigentumsgesetz, Wohnungseigentumsanlage, Wohnungseigentumsgemeinschaft, Wohnungseigentümergemeinschaft, Insolvenzmasse, Schuldner
OLG Köln 2017
Insolvenzschuldner, Überschuldung, Debitorisch geführtes Konto, Insolvenzverwalter, Nebenintervenient, Genossenschaften, Insolvenzantrag, Inhalt der Klageschrift, Zahlungsunfähigkeit, Herausgabe von Unterlagen, Prozeßbevollmächtigter, Vertragsverhältnisse, Steuerberater, Nebenansprüche, Einrede der Verjährung, Verjährungseinrede, Verjährungsfrist, Beratungsvertrag, Gesamtschuldnerische, Insolvenzgericht
LG Arnsberg 2016
Verjährungshemmende Wirkung eines Güterantrages
LG Traunstein 2015
Ein Güteantrag muss zur Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ausreichend individualisiert sein. Er muss das angestrebte Verfahrensziel zumindest so weit umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Bezifferung des Klagebegehrens.
Genossenschaft, Haftung
LG Düsseldorf 2014
1. Wenn eine Genossenschaft Vorstandsmitglieder in Anspruch nimmt, hat sie darzulegen und nachzuweisen, dass ihr ein Schaden durch möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Vorstandsmitglieder entstanden ist. Die Vorstandsmitglieder haben darzulegen, dass sie ihre Sorgfaltspflichten eingehalten haben oder dass der Schaden auch durch rechtmäßiges Alternativverhalten entstanden wäre. Dabei hat der Vorstand einer Genossenschaft ebenso wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft einen weiten Handlungsspielraum, ohne den unternehmerische Tätigkeit kaum denkbar ist. Der Spielraum ist überschritten, wenn aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters das hohe Risiko eines Schadens unabweisbar ist und kein vernünftiger wirtschaftlicher Grund dafür spricht, es dennoch einzugehen. Für die Ausübung des Ermessens ist allerdings erst Raum, wenn der Vorstand die Entscheidungsgrundlage sorgfältig ermittelt und das Für und Wider abgewogen hat.
Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus Pflichtverletzung einer Genossenschaft gegen ihren Nachtragsliqudator
BGH 2012
1. Der Schadensersatzanspruch einer Genossenschaft gegen ihren Nachtragsliquidator wegen Verletzung seiner Pflichten verjährt nach § 34 VI GenG in fünf Jahren.
Baugenossenschaft, Vergütungsanspruch, Feststellungsantrag, Aufrechnung, Vorstandsmitglied, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Bauvorhaben, Schadensersatzanspruch, Genossenschaft, Netto-Kaltmiete, Mieteinnahmen, Pflichtverletzung
OLG Brandenburg 2012
Insolvenzverwalter, Vereinszweck, Eigenheimerrichtung, Nachbarschaftshilfe, Vorstandsmitglied
OLG Düsseldorf 2010
Regressprozess, Vorstandsmitglieder, Pflichtverletzung
OLG Naumburg 2010
Konkurrenz mietrechtlicher Kautionsvorschriften mit Genossenschaftsrecht - Pflicht zum Anteilserwerb auslösender "Erhöhungsbeschluss"
LG Regensburg 2009
1. Die Mietkautionen betreffende Norm des § 551 BGB findet auf zu übernehmende Genossenschaftsanteile keine Anwendung, weil es sich bei den Genossenschaftsanteilen um die finanzielle Beteiligung an der Genossenschaft als Unternehmen selbst handelt und diese mithin deren Eigenkapital darstellen.
Vorstand Schadenersatz Kreditvergabe Darlehen, Vorstand, Schadenersatz, Kreditvergabe, Darlehen, Lebensversicherung, Verwertungserlös
OLG Frankfurt 2009
Vorstand, Vorstandsmitglied, Vergütung, Entlastung, Anstellungsverhältnis
LG Neuruppin 2009
Grenzen unternehmerischen Vorstandsermessens
BGH 2008
1. Für die Ausübung unternehmerischen Ermessens durch den Vorstand einer Genossenschaftsbank ist erst dann Raum, wenn er die Entscheidungsgrundlagen sorgfältig ermittelt und das Für und Wider verschiedener Vorgehensweisen abgewogen hat.
2. Weist das Berufungsgericht Sachvortrag, den eine Partei zu einem in der ersten Instanz unbeachtet gebliebenen rechtlichen Gesichtspunkt hält, entgegen § 531 II Nr. 1 ZPO zurück, obwohl es erkennt, dass dieser Gesichtspunkt erstmals in der Berufungsinstanz von Bedeutung war, verletzt es zugleich den Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Revision, Quartal, Kostenerstattung, Haftung, fehlendes Verschulden, Darlegungs und Beweislast, Beweislast, Aufhebung, Anfechtung, Aberkennung, Amtsführung
OLG Brandenburg 2008
Schadensersatz, Vorstandsmitglied, Wohnstättengenossenschaft, Überschuldung, unwirksame fristlose Kündigung, mangelnder wichtiger Grund, Beweisfälligkeit, Umdeutung, ordentliche Kündigung
OLG Naumburg 2008
Haftung von Vorstandsmitgliedern einer Genossenschaftsbank für Ausreichung nicht ausreichend besicherter Darlehen
OLG Dresden 2007
1. Vorstandsmitglieder einer Genossenschaftsbank dürfen Kredite grundsätzlich nicht ohne die üblichen Sicherheiten und nur unter Beachtung der Beleihungsobergrenzen sowie bei positiver Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit gewähren. Ein Verstoß durch die Vorstandsmitglieder gegen § 18 KWG ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn sie sich trotz der Ausreichung eines betragsmäßig hohen Darlehensvaluta keine ausreichenden Urkunden vorlegen lassen, um sich ein klares, zeitnahes und hinreichend verlässliches Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers machen zu können. Das gilt auch dann, wenn die Darlehen nicht für gewerbliche Zwecke ausgereicht werden.
2. Die auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Vorstandsmitglieder einer Genossenschaftsbank haben weder einen Anspruch gegen die Genossenschaft auf Abtretung der Ansprüche aus einer D & O-Versicherung noch auf Aushändigung des Versicherungsscheins.
Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer Bank für die Kreditvergabe
OLG Koblenz 2007
1. Ein Entlastungsbeschluss der Gesellschafterversammlung ist bei Selbstentlastung von Aufsichtsratsmitgliedern nicht ohne weiteres nichtig. Unwirksam sind nur die zu Unrecht abgegebenen Stimmen. Zu prüfen ist daher, ob das Abstimmungsergebnis sich nach Abzug der nichtigen Stimmen ändert. Eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung über die Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses wirkt für und gegen jedermann. Ein am Anfechtungsprozess nicht Beteiligter, der von der Rechtskraftwirkung der Nichtigkeitsfeststellung betroffen ist, kann im Fall einer entscheidungserheblichen Verletzung seines Anspruchs auf Gehör vor Gericht nachträglich die Anhörungsrüge oder eine Verfassungsbeschwerde erheben.
2. Dem Geschäftsführer einer Bank, der in die Vorbereitung von Entscheidungen interner Kontrollgremien bei der Vergabe großer Kredite eingeschaltet ist, aber nicht alleine selbst entscheiden kann, kommt im Vorfeld der Entscheidung des Gremiums kein Ermessensspielraum bezüglich der Informationen zu der unternehmerischen Entscheidung zu. Er hat den Aufsichtsrat vollständig und zutreffend zu informieren.
3. Eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers liegt zudem bei einer Kompetenzüberschreitung vor. Das gilt insbesondere, wenn das zuständige Aufsichtsgremium weisungswidrig nicht eingeschaltet wird. Dann gibt es für den Geschäftsführer auch keine Entlastungsmöglichkeit.
5. Eine Beschränkung des Verschuldens des Geschäftsführers auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen der gefahrgeneigten Tätigkeit findet nicht statt. Es gibt auch keinen Anspruch des Geschäftsführers gegen die Gesellschaft auf Abschluss einer speziellen Haftpflichtversicherung.
Schadensersatzansprüche einer Genossenschaft gegen ihren Vorstand - Darlegungs- und Beweislast
BGH 2007
1. Eine Genossenschaft trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Vorstand gem. § 34 II 2 GenG die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch ein sich als möglicherweise pflichtwidrig darstellendes Verhalten des Vorstands in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute kommen können; demgegenüber hat der Geschäftsleiter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gem. § 34 I GenG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.
2. Zu den Sorgfaltspflichten des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaftsbank bei der Kreditbewilligung und der nachfolgenden Kreditausreichung.
Abfindung, Pflichtverletzung, Schadensersatz
OLG Naumburg 2006
Verpflichtung zur Entrichtung von Gebühren und Beiträgen für Genossenschaftsmitglieder durch Satzung
LG Karlsruhe 2006
1. Mitgliedern einer Genossenschaft können durch die Satzung keine Verpflichtung zur Entrichtung von Gebühren und Beiträgen auferlegt werden. Eine hiergegen verstoßende Satzungsänderung ist nicht nur anfechtbar, sondern nichtig.
2. Ein gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat beschlossener Ausschluss eines Genossenschaftsmitglieds ist unwirksam, wenn nach der Satzung der Vorstand für den Ausschluss und der Aufsichtsrat zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Ausschluss berufen ist.
3. Ein Beschluss einer Genossenschaft, der ohne ein zu Unrecht nicht zur Generalversammlung zugelassenes Mitglied gefasst wird, ist grundsätzlich nur anfechtbar, nicht nichtig. Mit welchen Mitteln dem Mitglied die Mitwirkung an der Beschlussfassung verwehrt wird, ist unerheblich.
Persönliche Gesamtverantwortung des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft
OLG Frankfurt a. M. 2006
1. Bei einer Genossenschaft trägt jedes Vorstandsmitglied außer der fachlichen Einzelverantwortung für den ihm nach der Geschäftsordnung des Vorstandes zugewiesenen eigenen Geschäftsbereich grundsätzlich auch die persönliche Gesamtverantwortung für die ganze Breite der Geschäftsleitung. Sofern für ein Vorstandsmitglied ein greifbarer Anlass besteht, nicht mehr darauf zu vertrauen, dass der Mitvorstand die satzungsgemäß ihm allein obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen werde, tritt seine fachliche Verantwortung nicht mehr hinter derjenigen dieses Mitvorstandes zurück.
2. Die Pflichtprüfung des genossenschaftsrechtlichen Prüfungsverbandes ersetzt oder vermindert die Überwachungs- und Überprüfungsaufgaben des Vorstandes nicht.
Aufsichtsrat, Mitverschulden, Heizung, Abfindungsanspruch
LG Dessau 2005
Anstellungsvertrag, Aufsichtsrat, Ausschlussfrist, fristlose Kündigung, Insolvenzantrag, Vorstandsmitglied
OLG Naumburg 2005
Haftung des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaftsbank
BGH 2005
Pflichtverletzungen als Liquidator - Fehlerhafte Einberufung der Versammlung, durch die der Liquidator bestellt wurde
BGH 2004
Genossenschaft, Haftung
BGH 2003
OLG Rostock Urt. v. 28.2.2001 – 6 U 227/99, BeckRS 9998, 42605
OLG Rostock 2001
Gem. § 34 II GenG ist ein geschäftsführendes Vorstandsmitglied, das die Obliegenheiten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft verletzt, verpflichtet, der Genossenschaft den hieraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Nach allgemeinen Grundsätzen muss die Genossenschaft sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen, also objektive Pflichtwidrigkeit, Kausalität, Schaden und Verschulden darlegen und beweisen.
OLG Hamm Urt. v. 16.10.2000 – 8 U 197/99, BeckRS 2000, 8818
OLG Hamm 2000
1. § 34 Abs. 2 S. 1 GenG kann nicht analog dahingehend angewendet werden, dass auch einzelne Genossen zur Geltendmachung von Ansprüchen befugt sind.
2. In einer Genossenschaft mit mehr als 500.000 Mitgliedern begründet das normale Handeln als Vorstandsmitglied gegenüber den Genossen kein besonderes Vertrauen, das eine persönliche Inanspruchnahme aus culpa in contrahendo wegen unzureichender Informationen über die wirtschaftliche Lage der Genossenschaft rechtfertigt.
OLG Karlsruhe Urt. v. 15.6.1999 – 3 U 33/98, BeckRS 9998, 42275
OLG Karlsruhe 1999
1. a) Die Frist des § 626 II BGB beginnt erst zu laufen, wenn aus Einzelumständen oder aus einem Verdacht ein sicherer Sachverhalt erwächst und dem Berechtigten hinreichend sichere Tatsachen so zur Kenntnis gelangen, daß er sich nunmehr ein eigenes Urteil über die Tragweite der Gesamtumstände bilden und daraufhin über die Kündigung entscheiden kann.
b) Auch wenn der Aufsichtsrat einer Genossenschaftsbank über die wirtschaftliche Situation der Bank und die Pflichtversäumnisse des Vorstandsvorsitzenden informiert ist, entsteht ein neuer außerordentlicher Kündigungsgrund, wenn vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen eine aufsichtsrechtliche Mißbilligung des Vorstandsvorsitzenden ausgesprochen wird oder wenn die Garantieeinrichtung der Raiffeisen- und Volksbanken seine Abberufung verlangt.
2. a) Die Gesellschaft kann das Anstellungsverhältnis des Vertretungsorgans außerordentlich kündigen, wenn das betreffende Organ den Entzug des Vertrauens durch die Gesellschafter nicht nur geringfügig schuldhaft veranlaßt hat. Dies ist der Fall, wenn der Vorstandsvorsitzende der Bank trotz einer angesichts der schwierigen Situation der Bank gebotenen vorsichtigen Kreditpolitik Darlehensgewährungen zuließ, die mit überdurchschnittlichen Risiken verbunden waren.
BGH Beschluß v. 14.6.1993 – II ZR 142/92, BeckRS 9998, 87647
1993
1. Eine noch nicht dem Unverfallbarkeitsschutz des BetrAVG unterliegende Ruhegehaltszusage kann unter Hinweis auf § 242 BGB widerrufen werden, wenn der Begünstigte sich über Jahre pflichtwidrig verhalten und dadurch seinem Dienstherrn schweren, die Existenz bedrohenden Schaden zugefügt hat.
2. Das Vorstandsmitglied einer Kreditgenossenschaft macht sich ihr gegenüber schadenersatzpflichtig, wenn es entgegen aller banküblichen Vorsicht einer einzigen Gruppe von Schuldnern Kredit in unverantwortlichem Umfang gewährt, dabei jede Sorgfalt bei der Besicherung der Kredite vermissen läßt und wiederholte Hinweise, Warnungen und Rügen des Prüfungsverbandes und des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen nicht beachtet.